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If you think compliance is expensive, try non-compliance
Die möglichen Konsequenzen von Non-Compliance dargestellt anhand eines aktuellen
Beispiels
Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren Compliance-Programme eingeführt, aber deren
interne Umsetzung nicht ausreichend gefördert. Im Ernstfall kann dies erhebliche, negative Folgen
nach sich ziehen. Für ein Unternehmen, seine Manager und die verantwortlichen Mitarbeiter steht
bei Gesetzesverstößen Einiges auf dem Spiel. Im schlimmsten Fall kann dies sogar die Existenz
des Unternehmens bedrohen.
Diese Problematik zeigt sich in voller Wucht an einem aktuellen Beispiel:
Dem Volkswagen-Konzern wird vorgeworfen, Abgaswerte verschiedener Modelle bewusst
manipuliert zu haben. Die Ermittlungen der amerikanischen Umweltbehörde „United Environmental
Protection Agency“ (EPA) erregen diesbezüglich weltweites Aufsehen.
Was kann nun auf den Volkwagen-Konzern zukommen?
Zunächst kann die Umweltbehörde EPA Verletzungen des sog. Clean Air Act selbständig ahnden
und empfindliche Bußgelder verhängen. Für jedes betroffene Fahrzeug entsteht ein Bußgeld bis
zu $ 37.500. Nach Schätzung der EPA sind für die Jahre 2009 bis 2015 insgesamt 482.000 Autos
betroffen, sodass auf Volkswagen Strafzahlungen von bis zu $ 18 Milliarden zukommen.
Zudem muss Volkswagen in den USA strafrechtliche Konsequenzen fürchten, denn im Gegensatz
zu Deutschland werden in den USA Unternehmen juristisch zur Verantwortung gezogen. Die New
Yorker Staatsanwaltschaft und weitere Bundesstaaten haben bereits Ermittlungen aufgenommen.
Doch damit nicht genug. Auf Volkswagen rollt darüber hinaus eine zivilrechtliche Klagewelle zu:
Enttäuschte Kunden, Vertragshändler und Anleger verlangen Ersatz für den entstandenen
Schaden. Vor amerikanischen Gerichten können Schadensersatzsummen die Milliardengrenze
schnell überschreiten. Unter den Klägern finden sich nicht nur Privatpersonen, auch der
Bundesstaat Texas zum Beispiel verklagt Volkswagen, um eine einstweilige Verfügung sowie
Rückerstattungs- und Schadensersatzzahlungen zu erwirken.
Neben Strafzahlungen in Milliardenhöhe droht Volkswagen auch ein nicht zu beziffernder
Reputationsverlust. Jahrelange Investitionen und Arbeit am positiven Image des Konzerns werden
so mit einem Schlag zu Nichte gemacht. Der entstandene Ansehensverlust kann sich anhaltend
negativ auf die Geschäfte des Volkswagenkonzerns auswirken. Darüber hinaus droht auch der Ruf
der deutschen (Automobil-)Industrie zu leiden.
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Was haben einzelne Manager zu befürchten?
Den Vorstandsmitgliedern drohen Schadenersatzansprüche bis zu dreistelligen Millionenbeträgen;
auch strafrechtliche Konsequenzen sind nicht auszuschließen. Denn US-Behörden ermitteln selbst
gegen ausländische Staatsbürger, die sich nicht in den USA aufhalten. Besonders prekär wird die
Lage für deutsche Volkswagen-Manager durch das seit Anfang September geltende „Yates
Memorandum“. Ein Vergleich zwischen einem Unternehmen und der Staatsanwaltschaft führt nicht
mehr zur Straffreiheit der Manager. Im Gegenteil – Ermittlungen richten sich nun gezielt gegen
einzelne Verantwortliche. Sie sollen sich nicht hinter einem Konzern verstecken können, sondern
persönlich zur Verantwortung gezogen werden. Nach Einschätzung von Experten könnte an
Volkswagen und seinen Managern ein Exempel statuiert werden.
Auch in Europa steht Volkswagen eine Klagewelle bevor: die Staatsanwaltschaft Braunschweig
hat ebenfalls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Die Haftung der Vorstandsmitglieder ergibt sich aus den sog. „Organpflichten“. Der Vorstand eines
Unternehmens muss durch ein hinreichendes Compliance-Programm dafür sorgen, dass aus dem
Unternehmen heraus keine Gesetzesverstöße begangen werden. Verletzt der Vorstand diese
Pflicht, ist er gegenüber der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet (§ 93 AktG).Vorstände
und Aufsichtsräte haften bereits dann, wenn sie ihren Kontrollpflichten nicht ausreichend
nachkommen. Ob sie von den konkreten Vorfällen wussten, spielt aus juristischer Sicht keine
Rolle.
Versicherungsschutz gegen Haftung
Um die persönliche Haftung zu begrenzen, schützen sich Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte
durch sog. Directors- and Officers-Versicherungen (D&O) gegen Schadensersatzansprüche ihres
Arbeitgebers. D&O Versicherungen bieten jedoch keinen Freibrief für Manager. Der
Versicherungsschutz wird an zahlreiche Bedingungen geknüpft und greift nur bis zu einer
bestimmten Deckungssumme. Wissentlich verursachte Verstöße decken D&O Versicherungen
generell nicht ab. Würde nachgewiesen, dass der Volkswagen-Vorstand von den
Abgasmanipulationen wusste, greift die Versicherung nicht und die Manager haften unbeschränkt
mit ihrem Privatvermögen.
Zusammenfassend zeigt das Beispiel Volkswagen einmal mehr, dass die formale Einrichtung
eines Compliance-Systems nicht ausreicht. Compliance muss aktiv gelebt und in der
Unternehmenskultur verankert werden. Jeder Mitarbeiter muss ein Bewusstsein dafür
entwickeln, dass die Einhaltung gesetzlicher Regeln und ethischer Standards das Image des
Unternehmens in der Öffentlichkeit bestimmt und somit einen erheblichen Beitrag zum
wirtschaftlichen Erfolg leistet.
Noor Naqschbandi, Projektleiter, Allianz für Integrität (AfIn)
www.allianceforintegrity.org
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