Tragik und Triumph in Biel

Datum: 08.02.2016
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Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 43'723
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 833.009
Abo-Nr.: 833009
Seite: 24
Fläche: 54'257 mm²
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Intime Inszenierung: «La Traviata» vom Theater Orchester Biel-Solothurn mit Maria Bochmanova und Diego Silva.
Ben Zurbriggen
Tragik und Triumph in Biel
OPER Verdis Hit «La Traviata»
wird vom Theater Orchester
Biel-Solothurn (Tobs) mit re-
duzierten Mitteln umgesetzt
und berührt tief. Die Sopranistin Maria Bochmanova als Violetta ist ein Glücksfall.
Traviata als Kammerspiel. Ein
dunkler Raum, angedeutetes
Kopfsteinpflaster, ein Stuhl und
weisse Gardinen, die sachte im
einfache Stilmittel und erzeugt des 1853 in Venedig uraufgeführdamit eine Intimität, die unter ten Opus erinnert an die ungedie Haut geht. Derart reduziert künstelte Atmosphäre des US auf das Maximum, auf Verdis be- Off-Theaters.
rührende Musik und das Libretto
von Francesco Mario Piave, hat Kühner Kontrast
man «La Traviata» selten gese- Es ist eine Gratwanderung, eine
hen. Unkonventionell ist bereits musikalisch opulente Oper wie
der Spielort, einmal im Jahr zieht «La Traviata» in einem minimadas Stadttheater Biel ins Kino listisch-impres sionistischen SetTheätre Palace. Doch gezeigt ting darzustellen. Doch das ambi-
Wind wehen. Viel mehr Requisite wird keine Direktübertragung tionierte Unterfangen gelingt.
wird man nicht erblicken. Regis- aus London oder New York, son- Zum einen erliegt Louis Desire
seur Louis Desire, der auch für dern Musiktheater aus Fleisch nicht der Verlockung, aus der
Bühnenbild und Kostüme ver- und Blut. Einen Hauch Big Apple Oper etwas zu machen, was sie
antwortlich zeichnet, setzt auf gibt es trotzdem: Desires Lesart nicht ist. Seine Interpretation,
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kongenial getragen vom Sinfonie Tobs-Liebling differenzierte AkOrchester Biel-Solothurn unter zente.
Peter Wäch
der Leitung von Jeröme Pillement, ist nahe am Werk. Regisseur Desire setzt der Abstraktion,
die sich allein durch die karge
Ausstattung ergibt, kein Krönchen auf. Desire präsentiert an-
Nächste Vorstellung: morgen,
19.30 Uhr, Theätre Palace,
Biel. Ab FR 12.2. im Stadttheater
Solothurn.
stelle von intellektuellen Überlagerungen ein fein dosiertes Spiel,
das sich durch eine unaufgeregte
Personenführung und gezielte
Lichteffekte auszeichnet: Dem
Schwarz der Wände und den
gekleideten Figuren
stellt er die Hauptprotagonistin
als einzigen Lichtpunkt gegenüber. Eine Metapher für Glaube,
Liebe und Hoffnung. Stark sind
die Momente, in denen der Chor
die Gesellschaft mit ausdrucksloser Maske am Hinterkopf in
ihrer Manipulierbarkeit entlarvt.
schwarz
Betörende Sopranistin
Dass dieses feinfühlige Kammer-
spiel zum Hochgenuss wird, hat
auch viel mit der russischen Sopranistin Maria Bochmanova zu
tun. Ihre grazile Verkörperung
der Kurtisane Violetta Valery, deren innige Liebe zum gut situierten Alfedo ihr Sterben nicht ver-
hindern kann, berührt von Anfang an. Die Sängerin fühlt sich
sichtlich wohl in dieser Paraderolle, ihre astreinen Koloraturen
betören, ihre Bögen sind elektrisierend, und in der Reduktion gewinnt sie eine Intension, die zu
Tränen rührt. Daneben hat der
mexikanische Tenor Diego Silva
einen schweren Stand. Er täte gut
daran, auf die Kraft seiner Stimme zu vertrauen und dem unheilvollen Vibrato abzuschwören.
Der lang anhaltende Schluss-
applaus vom Premierenpublikum, darunter viele Junge, galt
auch dem italienischen Bariton
Michele Govi. Mit seiner Darbietung von Alfredos Vater setzt der
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