engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:37 Uhr Seite 1 Eigen Herd und eigen Stert ... Engelchristine Band 2 engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 2 Kartoffelernte bei Fredelsloh. engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 3 Hanshenderk Solljer Eigen Herd und eigen Stert ... Engelchristine: Lebenserinnerungen einer Landfrau aus dem Solling Band 2 Mit einem Nachwort von Ira Spieker und Wolfgang Schäfer engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 4 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Bibliothek ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich Herausgegeben von Ira Spieker und Wolfgang Schäfer in Zusammenarbeit mit dem Geschichts- und Heimatverein Fredelsloh ISBN 3-931656-76-4 Verlag Jörg Mitzkat, Holzminden www.mitzkat.de Für Informationen, Fotos, wertvolle Hinweise und Mitarbeit danken wir: Detlef Leonhardt Gerd Borchert Regina Löneke Friedrich-Wilhelm Ehrenheim † Rainer Müller Harald Henne Arno Schelle Johannes Klett-Drechsel Manfred Kraus-Schelle Besonderer Dank gilt Elisabeth Fischer für die Übersetzungen aus dem Plattdeutschen und die Auswahl der historischen Fotos aus dem Bild-Archiv des Geschichts- und Heimatvereins Fredelsloh Textgrundlage: Maschinengeschriebene Abschrift des handschriftlichen Manuskripts von August von Ohlen aus dem Jahre 1947 [s.S. 7] Druck: Lönneker, Stadtoldendorf und durch die Frauenbeauftragte des Landkreises Northeim engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 5 Inhalt Kapitel 1 - 39: Mägdealltag und Mädchenträume - Engelchristine: Jugenderinnerungen aus einem Sollingdorf. Holzminden, 2000 Vorwort 40 Warum ein Böttchermeister Steinhauerlehrling wurde 41 „Luzeie” 42 Wenn eine Braut im Hause ist 43 Wie wir zu einem Neste kamen 44 Als zwei liebe Sterne erloschen 45 Wie wir in unserer Heimat festen Fuß faßten 46 Als ich einmal nicht wußte, was die Glocke geschlagen hatte 47 „Ümmeslag ernährt den Mann” 48 Unsere Hochzeit 49 Wie klein wir anfingen, und auf welch’ großem Fuße andere lebten 50 „As eck’ n betten raiker wurd” und doch einen Sommer lang „Feldsluiter” spielen mußte 51 Von unserer uralten Dorfuhr 52 „De Preußen kuemet! De Preußen kuemet!” 53 „Zwei Mann Einquartierung!” 54 Wie unsere alte Dorfuhr zum Stillstand und Hanfriech zu einer „Kuhzunge” kam 55 Das letzte Kranzjagen in Dießeloh 56 Der Große und der kleine Karl 57 Kinder machen Kinderaffären 58 Wie wir auf den Hund kamen 59 Der eine geht – der andere kommt. So ist es Gottes Gesetz 60 Krieg und Frieden 61 Unser eigen Herr! 62 Eigen Herd und eigen Stert sind Goldes wert 63 Kompanie ist Lumperie 64 Unser erster Knecht 65 Himpendrescher 66 Trauer und Freude 67 „Wie gefällt dir dein Nachbar?” 68 Wie bei uns Bauernfrauen die Wochen und Sonntage verliefen 69 Von unsern und andern Kindern 7 9 11 14 16 20 24 26 30 33 38 45 49 53 59 63 68 71 73 76 78 80 84 87 93 96 98 100 104 108 112 5 engel_layout_2_komplett 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 6 Wie „der babylonische Turm” erbaut wurde und die Welt untergehen sollte Was wir aus der Franzosenzeit zu erzählen wußten Von Äpfeln, Immen und Kämpen Wie eine Maus fünf Füchse fing, und wie es ihrer einem ging Wie wir steinreiche Leute wurden Wenn einen das Heimweh faßt „Es gibt nur ein Deutschland!” Bergine „Teufelswerk” Vom Schätzegraben Auf welch unerwartete Weise die Dießeloher einmal zu Feld und Geld kamen Wie mein Hanfriech umsattelte und dem Teufel zu Leibe ging Hier werden Steine reden Eine Freundschaft, die an meinem Küchenfenster anfing und auf dem Kirchhof endete Mit zwei Bauernjungens auf dem Wege zur Schulmeisterei Ein Kapitel mit wenig Worten, aber viel Tränen Auf der Höhe Es ist bestimmt in Gottes Rat ... Was nun wurde Es wird ein Schwert durch deine Seele dringen In Nacht und Not Ein Frühlingsanfang und Engelchristines Ende Anhang Engelchristine - ein Frauenleben auf dem Dorf von Ira Spieker und Wolfgang Schäfer Die Lebenswege von Ludwig und Christiane Hagedorn von Rainer Müller Literaturverzeichnis 6 118 123 127 133 136 141 146 153 159 163 165 167 172 176 180 185 187 193 197 199 203 209 213 245 253 engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 7 Vorwort zum 2. Teil von „Heimekenbrinks Engelchristine” Engelchristine hat nie etwas halb getan oder unvollendet gelassen. Darum konnte sie auch mit der Erzählung ihrer Jugenderlebnisse, die vor 25 Jahren im Widder-Verlag, Berlin, erschienen, schlechterdings nicht aufhören, sondern mußte „den ganzen Faden ihrer Lebensspule abhaspeln”. Und ich habe andachtsvoll dabeigesessen, die vollen „Binde” abgenommen und nachher versucht, ein buntfarbiges Bild daraus zu weben. Die alte Spinnerin konnte es leider nicht fertig sehen, ihre Augen waren die letzte Zeit ihres Lebens dunkel, und als sie 84 Jahre zählte, „da klopfte der Hammer” – und die Spule war zu Ende. Jahrzehnte hat die Handschrift des zweiten Teils der Lebenserinnerungen der Engelchristine in der Truhe gelegen: Krieg und Jahre voll Not und Unrast beherrschten alle Gemüter. 1945 haben Enkel der Engelchristine 2 Abschriften der Handschrift angefertigt, und nun schreibt Fritz Dörries, ein Enkel des wackeren Langensalzakämpfers, dessen Bild im 53. Kapitel dieses Buches geschildert ist: „Ich habe das Manuskript gelesen und bin begeistert davon. Aber für den Kreis Menschen, die der Engelchristine nahestanden, sind 2 Exemplare zu wenig. Ich will 20 bis 30 Abschriften davon anfertigen, damit mehr Freude und Erbauung daran finden.” Mag es geschehen! Bei Fritz Dörries ist die Sache in besten Händen. Ich danke ihm herzlichst. Im März 1947 Aug. v. Ohlen 7 engel_layout_2_komplett 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 8 Postkarte aus Fredelsloh. 8 engel_layout_2_komplett 40. 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 9 Warum ein Böttchermeister Steinhauerlehrling wurde An einem schönen Maitage machte sich der alte Förster einmal auf den Weg nach Dießeloh, um einen neuen Schleifstein zu bestellen, denn die Sensen mußten für die Heuernte in Ordnung gebracht werden. Als er zurückkam, tischte er uns „eine große Neuigkeit” auf: „Der Steinhauermeister Org Dörnte hat einen Meister als Lehrling angenommen.” „Aber Papa”, erwiderte unser Fräulein, „du erzählst ja Jägerlatein!” „Gewiß nicht”, sagte der Alte, „wenn morgen der Schleifstein gebracht wird, werdet ihr’s schon hören.” Am andern Tage fuhr ein Schiebkarren auf unseren Hof, und als ich hinausging, dem Manne beim Abladen des Schleifsteins etwas behülflich zu sein, stand mein Bruder Heinrich vor mir. „Junge, wie kommst du denn dazu, uns den Stein zu bringen?” „Mein Meister schickt mich.” „Welcher Meister?” „Na, Org Dörnte, bei dem ich doch seit Maitag in der Lehre bin.” „Aber du bist doch schon Böttchermeister!” „Ich will auch noch Steinhauermeister werden.” Indem trat der alte Daak in die Tür und rief: „Na, mein Junge, nun komm man erst einmal rein! Die wollen mir’s nämlich nicht glauben, daß du vorhast, ein Doppelmeister zu werden.” Heinrich mußte mit an den Kaffeetisch und nun beichten, was wir über sein Vorhaben wissen wollten. Er hatte ebenso wie unser Ludwig die Böttcherei erlernt und betrieb sie bisher in einem Schuppen hinter unserm elterlichen Hause. Nun hatte er aber allmählich eingesehen, erzählte er, daß er von diesem Handwerk allein nicht leben oder gar eine Familie ernähren könne. Er wäre schon lange auf der Suche nach einer Nebenbeschäftigung gewesen. Hausschlachter wie unser Vater möchte er nicht werden, er brächte es höchstens übers Herz, ein Huhn oder eine Gans zu schlachten, aber zur Steinhauerei hätte er wohl Lust gehabt. So wäre er denn kurz entschlossen zu Meister Dörnte gegangen, und der hätte ihn mit Genehmigung „der löblichen Gilde der Schleif- und Wetzsteinmacher in Dießeloh” als Lehrling angenommen. „Und deine Böttcherei?”, warf ich ein. „Die liegt solange still.” „Wie alt ist eigentlich Eure Gilde?”, fragte der Förster. „Wohl nicht ganz so alt wie die der Töpfer, aber nach unseren Akten hat sie 1769 ihr Reglement erhalten.” „Die Töpfer sind stolzer und sehen euch nicht für ebenbürtig an”, meinte der alte Daak. „Ja, sie sind zahlreicher und wohlhabender als wir”, entgegnete Heinrich, „aber Schleif- und Wetzsteine sind oft nötiger als Topfgeschirr. Das haben die Topfhändler längst begriffen; 9 engel_layout_2_komplett 10 03.12.2004 13:38 Uhr Seite 10 denn sie tragen in ihren Kiepen die Erzeugnisse beider Gilden ins Land hinaus und bekräftigen diese Eintracht auch mit ihrem Rufe: „Pötte, Pötte, Näppe, Wettsteine!!” „Da bist du auch wohl schon eingeschrieben?”, wollte ich wissen. „Ja, vorigen Montag, mit dem vierzehnjährigen Stille zusammen.” „Du alter Kerl mit so einem Jungen?”, rief ich. „Wenn diese Handlung vor der offenen Lade nicht so ernst genommen würde, hätten die Gildemitglieder gewiß auch alle über uns ungleiches Paar gelacht. So aber taten wir unser Gelübde, bezahlten jeder 2 Taler 12 Gutegroschen Aufnahmegebühr und wurden nach Hause geschickt, während Meister und Gesellen jetzt, da die Lade wieder geschlossen war, laut hinter uns her lachten und nun für unser Geld „zünftigen Umtrunk” aus dem alten „Willkommen” hielten. „Geht das da so streng her, daß man bei offener Lade nicht einmal lachen darf?”, wunderte sich das Fräulein. „Sehr streng”, antwortete der Bruder, „wie ich aus der Unterweisung unseres Gesellen entnehme. Daß Meister und Gesellen zu ihren Gildeversammlungen stets im Sonntagszeug, mit Hut, Stock und Handschuh erscheinen müssen, obwohl diese Zusammenkünfte nur an Werktagen abgehalten werden dürfen, ist ja bekannt. Wer dagegen verstößt, wird mit 1 Groschen 4 Pf. bestraft, ebenso wer bei solcher Tagung ohne Erlaubnis des Altmeisters spricht, trinkt oder hinausgeht. Eine Prise bei geöffneter Lade kostet anderthalb Groschen Strafe und einer muß den andern mit ,ehrbarer Meister’ oder ,ehrbarer Mitgesell’ anreden, wenn’s auch der Vater zum Sohne spricht oder umgekehrt.” „Altes Handwerks Brauch und Gewohnheit”, nickte Vater Daak. „Wenn nun aber einer widersetzlich ist und kehrt sich an die überkommenen Sitten nicht?” „Die Gilde kann Strafen bis zehn Groschen verhängen, bei Sachen von größerem Belang muß sie bei der Obrigkeit Hilfe suchen.” „Nun gucke einer den Lehrling an, wie der schon in der Gilde Bescheid weiß!”, lachte der Alte. Als Heinrich gegangen war, sagte der junge Förster: „Dein Bruder hat uns aber nicht verraten, daß er hauptsächlich deswegen in die Gilde eingetreten ist, um desto leichter seinen Schatz, die Tochter des Töpfermeisters Behrens zu kriegen. Der ist nämlich gegen diese Verbindung und will durchaus einen zünftigen Meister zum Schwiegersohn haben.” „Da hat ja der Heinrich noch allerhand Widerstände zu bewältigen, ehe er seine Auserwählte heimführen kann”, meinte Vater Daak. „Nach dem Gildebrief muß einer auch erst noch Hausbesitzer und ,Reihemann’ sein, bevor ihm die Meisterwürde verliehen wird.” „Dann wird er das ebenfalls zu erreichen suchen”, erklärte ich, „denn für seine Luise tut er alles.”
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