Auf der Suche nach der verlorenen Zukunft

Der Pfaffenhofener
Ausgabe 4 / KW 17
FREITAG, 24. APRIL 2015
Preis: gratis!
Nichts für Elefanten!
Traditionell und modern
Ein Besuch in der Porzellan-Werkstatt
von Birgitta Schrader wird zum sinnlichen Vergnügen
Begeisterung und Gespür für die Kunden
zeigen Eva und Margot Kanzler im Modehaus
Seite 7
Seite 3
„SCHMECKT MA NED“
Hellmuth Inderwies
im Gespräch mit dem
Kabarett-Debütanten
Stefan Reischl
Seite 4
FESTSOMMER
Vorbereitung für „Natur
in der Stadt 2017“ läuft
Seite 5
QUALIFIKATION
Mit Auszubildenden aus
allen Bereichen startet die
BDS-Azubi-Akademie
Seite 6
NEUES GEWAND
Im Café „Molly Bloom“
bleibt Hartmut Eitner
Torten und Kuchen treu
Seite 7
BELICHTUNG
Fotos: Schaipp; Trapp
Drei Ausstellungen
begleiten vom Atelier
zur Digitalfotografie
Seite 8
Auf der Suche nach der verlorenen Zukunft
von Lorenz Trapp
Am Anfang, so steht es in der Schöpfungsgeschichte, schuf Gott Himmel
und Erde. Und die Erde war wüst und
leer – „tohu wa bohu“. Gut also, dass
er weitergearbeitet hat, mit Licht und
Pflanzen, mit Sonne, Mond und Sternen, mit Tieren und Menschen, und
als er das Seinige getan hatte, krempelten eben wir Menschen selbst die
Ärmel hoch, bis die Welt so war, wie
sie sich heute unserem staunenden
Auge darbietet – mit Augenschutz
und Tierschutz, mit Lärmschutz und
mit Pflanzenschutz, mit Grenzschutz
und mit vielen Schutzen mehr. Nicht
zu vergessen: der Denkmalschutz.
Da sind wir gerade fleißig dabei,
unserer Stadt einen Riesenstempel
der Natur ins Herz zu drücken, auf
dass alles blühe und gedeihe, wie es
eigentlich Gott schon hätte geschaffen haben sollen, da tauchen diese
Damen und Herren auf, wollen ein
Denkmal schützen und bremsen
unseren Arbeitseifer. Denn bei den
Bauarbeiten an der Arlmühle auf
dem Gelände des künftigen Bürgerparks, der im Rahmen der „Kleinen
Landesgartenschau 2017“ entstehen
soll, sind alte Mauern, Fundamente
und ein alter Mühlstein gefunden
worden. Was haben wir zu erwarten?
Ein keltisches Oppidum? Ein Hallertauer Pompeji? Bei einem Ortstermin
mit Vertretern des Landesamtes für
Denkmalpflege wurde bestätigt, dass
es sich bei den Funden um Überreste
der alten Arlmühle sowie bauliche
Reste aus verschiedenen Zeiten handelt. Wer hätte das gedacht?
Es gibt Leute, die sich wünschen,
dass der Mensch aus der Geschichte,
aus der Vergangenheit lernen möge,
um die Zukunft besser zu gestalten.
Das Erforschen der Vergangenheit
ist dazu unabdingbar. Lassen wir
sie also weitergraben. Der Bau der
Fischtreppe, heißt es, könne schon in
der kommenden Woche „unter den
Augen der Archäologen“ fortgesetzt
werden, und die „Kleine Landesgartenschau 2017“ bleibt im Plan. Da
werden sich die Fische freuen. Freuen werden auch wir Besucher uns,
wenn die „Gartenschau“ pünktlich
ihre Pforten öffnet und wir das Areal betreten dürfen wie einen zoologisch-botanischen Garten: Aaah, so
schön kann die Natur sein!, werden
wir begeistert rufen, gut, dass unsere Forscher so fleißig und akribisch
in der Vergangenheit gebuddelt haben und das Wissen über die Natur
so zauberhaft zu demonstrieren in
der Lage sind! Und unsere Architekten werden begeistert sein über
die Erkenntnisse, die sie sich aus der
Anordnung der vorgefundenen Fundamente vom Vorgängerbau des ehemaligen Schlachthofbaus erschließen
konnten.
Wieder was gelernt. Nicht nur wir
lernen aus der Vergangenheit und
suchen die Zukunft. Archäologen
(Sie wissen: Das sind die Damen und
Herren, die ihre Augen gerade über
die Fischtreppe halten) haben festgestellt, dass der homo sapiens, also
quasi du und ich, vor 40 000 Jahren
seinen Wanderstab in die Hand genommen und sich aufgemacht hat,
seine Gene in den Rest der Welt zu
tragen, was Menschen halt so machen. Lustigerweise lebte der homo
sapiens damals in Afrika; in Europa, auch im Neandertal, tummelte
sich zu dieser Zeit ein Nachfahre des
homo erectus, der erste Mensch mit
dem aufrechten Gang, der jedoch,
so lehrt die Geschichte (sic!), nicht
zwingend mit Aufrichtigkeit in Verbindung gebracht werden darf.
Kurz und gut: Der homo sapiens ist,
wie der Name schon sagt, nicht blöd,
und so musste der Neandertaler im
Laufe der Zeit die Segel streichen,
bis auch ganz Europa erhobenen
Hauptes das Siegel des homo sapiens
tragen durfte. Und der homo sapiens
in Afrika war stolz darauf, dass er
zur geistigen Entwicklung Europas
beitragen durfte.
Bis er vor einiger Zeit aus dem Fenster blickte: Irgendwie schufen die
Europäer Himmel und Erde. Und
seine Erde war wüst und leer – „tohu
wa bohu“, karges Land und schmale
Ernten, Armut, Ausbeutung, marodierende Banden, Bomben, Gewehre
und allgegenwärtige Gewalt. Also
macht er sich auf übers Mittelmeer,
in die Welt seiner europäischen Artgenossen mit diesen wundervollen
Oasen, die alles schützen, was zu
schützen ist – mit Augenschutz und
Tierschutz, mit Pflanzenschutz und
Lärmschutz, mit Denkmalschutz und
vielen Schutzen mehr. Nicht zu vergessen: der Grenzschutz.
Da wird der homo sapiens erst mal
staunen. Und ich bin gespannt, was
der homo sapiens bis 2017 aus der
Gegenwart lernt.
STADTKULTUR
Seite 2 | Der Pfaffenhofener
Liebe Pfaffenhofenerinnen
und Pfaffenhofener,
unsere Innenstadt hat sich in den
letzten Jahren und Jahrzehnten
stark verändert. Dass der Hauptplatz und einige Straßen in der
Altstadt heute sehr viel ansprechender gestaltet sind, dass es
deutlich mehr Leben in der Stadt
gibt als früher und dass auch etliche Gebäude schön renoviert
wurden, ist nicht zuletzt der finanziellen Unterstützung durch
die Mittel der Städtebauförderung
von Bund und Land zu verdanken.
Vor 30 Jahren ist Pfaffenhofens
Altstadtgebiet in das Bayerische
Städtebauförderungsprogramm
aufgenommen worden. Rund 5,7
Millionen Euro für 17 Baumaßnahmen hat Pfaffenhofen seitdem
an Städtebauförderung bekommen. Viele Bereiche der Altstadt,
allen voran der Hauptplatz, sind
bereits saniert. Das Ergebnis erleben wir jeden Tag: Das Stadtbild
ist attraktiver, die Innenstadt lebendiger geworden. Und weitere
Projekte stehen bevor.
30 Jahre Städtebauförderung in
Pfaffenhofen – das ist für uns ein
guter Grund, beim bundesweiten
„Tag der Städtebauförderung“ am
Samstag, 9. Mai, mitzumachen.
Ich darf Sie alle, liebe Pfaffenhofenerinnen und Pfaffenhofener,
herzlich dazu einladen. In einer
Ausstellung im Rathaus und bei
eigens konzipierten Stadtspaziergängen wollen wir für Sie erlebbar
machen, welche Gebäude, Plätze
und Straßenzüge saniert wurden
und wie dadurch die Innenstadt
aufgewertet wurde. Für alle kleinen Baumeister wird zudem ein
Riesensandkasten vor dem Rathaus aufgebaut, in dem die Mädchen und Buben den ganzen Tag
nach Herzenslust wühlen, spielen
und bauen können.
Die beiden Stadtspaziergänge
beginnen am 9. Mai um 14 bzw.
15 Uhr vor dem Rathaus. Altbürgermeister Hans Prechter und ich
werden Sie zu ca. 20 Stationen
führen, u. a. zum Flaschlturm,
durch Türltor- und Löwenstraße,
rund um den Hauptplatz und als
Höhepunkt auf den Kirchturm,
von wo sich die gesamte Altstadt
im Überblick betrachten lässt. Die
Teilnahme ist selbstverständlich
kostenlos, da aber die Teilnehmerzahlen begrenzt sind, müssen
wir um eine Anmeldung bitten
(im Internet unter www.stadtfuehrungen-pfaffenhofen.de/staedtebaufoerderung oder telefonisch
unter 08441 405500).
Wie Pfaffenhofen konkret von
der Städtebauförderung profitiert
hat und was sich in den letzten
30 Jahren verändert hat, wollen
wir Ihnen auch in einer Ausstellung im kleinen Sitzungssaal im
2. Stock des Rathauses mit vielen
Informationen und Vorher-nachher-Bildern zeigen. Eröffnet wird
die Ausstellung am 9. Mai um 9.30
Uhr und auch an den folgenden
Tagen ist sie noch zu sehen. Falls
Sie also am 9. Mai keine Zeit haben, den Tag der Städtebauförderung zu besuchen, steht Ihnen
die Ausstellung noch bis zum 13.
Mai offen. Aber eigentlich rechne
ich am 9. Mai mit Ihnen: Ich würde mich sehr freuen, Sie um 9.30
Uhr in der Ausstellung und am
Nachmittag beim Stadtrundgang
begrüßen zu dürfen!
Herzlich Ihr
Thomas Herker,
Bürgermeister
Freitag, 24. April 2015
Baustellen zwischen alt und neu
Pfaffenhofen verändert sich auch in den nächsten Jahren sichtbar
von Claudia Erdenreich
Vor fünf Jahren wurde der Hauptplatz grundlegend umgestaltet, es
gab einige Abrisse und Neubauten.
Bis vor kurzem dachten viele Pfaffenhofener noch, damit seien die größten
Veränderungen und Baumaßnahmen
abgeschlossen.
Erst jetzt wird vielen klar, dass dies
erst der Anfang war, der Beginn einer Verwandlung von der eher unscheinbaren Kleinstadt hin zu einer
wirklich sehens- und liebenswerten
Stadt. Einer Stadt, die man herzeigen, präsentieren kann.
Nach dem Abbruch des Schlachthofes wird erst klar, welchen Umfang dieses Areal hat, das gerade
noch eine Brache war und sich nun
binnen zwei Jahren zum Zentrum der
Gartenschau wandeln soll und wird.
Viele können es noch gar nicht fassen, ein Park, ein richtiger Park wird
entstehen, und das in einer Stadt, die
bisher einfach nur gebaut hat.
Lange wurde vor allem Wert darauf
gelegt, Neues und Nützliches zu
schaffen, um fast jeden Preis, finanziell wie optisch. Und jetzt geht es
um Schulen, Parks, Touristen, Rundund Radwege, vielleicht sogar um
ein Museum. Das Ganze passiert in
einer Geschwindigkeit, der manche
nur schwer folgen können, so rasant
sind die Pläne, Beschlüsse und Veränderungen.
Es passiert, was viele nicht für möglich gehalten hätten, und es passiert,
weil plötzlich alle Scheu vor Veränderungen, vor gravierenden Eingriffen verflogen ist. Es werden Dinge
gewagt, die jahre- und jahrzehntelang unter „geht nicht, braucht man
nicht, wird nichts“ abgehandelt wur-
Renovierung zum Geburtstag: 300 Jahre Spitalkirche
von Roland Scheerer
Lieber Dr. Christopher Harrison,
Sie fragen mich, wie es mir heute
geht, und da muss ich Ihnen sagen: Nun ja, man lebt, der leidige
Job, dies und jenes, bisschen was
Dermatologisches, Sie kennen es
ja vielleicht selbst, ansonsten im
Großen und Ganzen zufrieden,
danke der Nachfrage. Aber nach
dem Angebot, das Sie mir heute unterbreiten, wird ja wohl schon bald
in meinem Leben nichts mehr so
sein, wie es war.
Zuerst einmal, Dr. Harrison, wollte
ich Ihnen zu ihrem Namen gratulieren. Der weckt gleich Vertrauen.
Angelsächsisch solide, nicht etwa
irgendein windiger Inder. Ungefähr
so wie: Kinderarzt Dr. Engel. Und
dann arbeiten Sie, Harrison, für die
Lloyds-Bank in London. Ich bin
in Finanzsachen nicht bewandert,
aber das klingt doch auch für mich
sehr beeindruckend, mit diesem
Doppel-L am Anfang.
Um so dankbarer und beschämter
bin ich, dass Sie in dieser Angelegenheit ausgerechnet an mich
gedacht haben, einen kleinen Provinzschreiberling irgendwo im
fernen Deutschland. Es hat Ihnen
sicher viel Mühe bereitet, meine
Mailadresse ausfindig zu machen
und ihre letzten Brocken Deutsch
zusammenzukratzen, um mir von
dem Hubschrauberabsturz zu berichten. Woher wussten Sie nur von
mir?
Ja, es war im vergangenen Jahr,
genau am 8. Juni 2012 – stimmt
das auch wirklich, Harrison? –, als
der Heli mit dem 45-jährigen Geschäftsmann Ron Blamlage und
seiner 43-jährigen Frau Rebecca an
Bord „in Florida Sumpf“ stürzte.
Wie Sie mir voll Anteilnahme berichten, kamen auch die Kinder des
Paares, Brandon (15), Boston (13),
Beau (11), und die 8-jährige Roxanne ums Leben, ebenso wie der Pilot.
Warum Sie, Harrison, diese Geschichte, die man tatsächlich im Internet finden kann, verändert und
aus dem Kleinflugzeug einen Hub-
den. Mit der wilden Entschlossenheit
einer fröhlichen, reichen Stadt geht
dann doch praktisch alles.
Manche ganz großen Ideen müssen
platzen, so wird es keine Surfwelle
auf der Ilm geben, keine Tiefgarage
unter der Gartenschau und keine UBahn direkt zum Bahnhof. Das ist
selbst kreativsten Geistern, selbst
in Pfaffenhofen einige Nummern
schrauber gemacht haben? Meinen
Sie, Hubschrauber gehe noch mehr
ans Herz? Oder haben Sie das in Ihrer Betroffenheit verwechselt, waren
es doch Hubschrauber, mit denen
die Bergungskräfte den Absturzort
erreichten? Das werden Sie mir sicher alles berichten, wenn wir unsere
kleine „sensible Transaktion“ sicher
über die Bühne gebracht haben und
uns bei einem Gläschen Bier endlich
persönlich kennen lernen.
Denn es ist für Sie, Dr. Harrison,
schwer erträglich, dass, in Worten,
sechzehn Millionen fünfhunderttausend „Pfund und Pfund Sterling“,
die den Unfallopfern gehörten, herrenlos auf einem Konto Ihres Arbeitgebers herumliegen, was in der Tat
eine Schande ist, all das schöne Geld,
und einfach so herumliegen. Und da
ist es nur nachvollziehbar, dass Sie
mir helfen wollen, in den Besitz we-
nigstens eines großen Teils der Summe zu kommen.
Dr. Harrison, mehr noch denn als
Finanzexperten schätze ich Sie als
Autor, denn nun haben Sie die Unfallgeschichte verwoben mit der
Pressemeldung, dass die LloydsBank sich von einer Reihe von
Filialen trennen will, und plötzlich
fällt es mir wie Schuppen von den
Augen, warum wir, wie Sie schreiben, jetzt sofort, innerhalb von genau
sieben Tagen, handeln müssen. Denn
ist die Filiale erst verkauft, was bereits im nicht mehr allzu weit entfernten Jahr 2013 der Fall sein soll,
dann kommen wir nie wieder an die
Kröten heran!
Die Unternehmerfamilie Blamlage
gehörte zu den ganz großen Wohltätern von Kansas City. Sie engagierte sich in unzähligen Vereinen und
Komites; ein Baseballstadion, ein
Park und ein Einkaufszentrum sind
nach ihr benannt. Und dennoch, Dr.
Harrison, ist Ihre langwierige Suche
nach Erben ergebnislos geblieben. Es
ist ein Mysterium: Niemand will mit
diesen Leuten etwas zu tun gehabt
haben. Wahrscheinlich ist es das düstere Schicksalszeichen des Unfalls,
das die abergläubischen Menschen
zu groß. Aber alles andere klappt,
Kultur wie in einer Großstadt, neugierige Gäste rundherum, eine Gartenschau und ein Park in einer Stadt,
die bisher Grün nur als Farbe kannte
und die Ilm als bemitleidenswertes
Bächlein.
Zwischen all den Neubauten wird
saniert und renoviert, plötzlich erinnert man sich auch an die Vergangenheit, ohne die Tourismus nicht
funktioniert. Das barocke Dachwerk der Spitalkirche wird ab sofort
aufwändig saniert, teuer aber mit
Zuschüssen. Diese Kirche des ehemaligen Franziskanerklosters feiert
auch bald Geburtstag, sie wurde zwischen 1716 und 1719 gebaut. Alt und
neu, das würde wunderbar als Feier
zur Gartenschau passen und wenn es
ganz gut läuft, könnte sogar noch ein
Museum dazukommen.
Ob Pfaffenhofen dann rund ist, gesättigt, fertig? Das wird sich zeigen,
vermutlich war das alles nur ein
Anfang, der Beginn einer weiteren,
unaufhaltsamen Entwicklung, die
wenige verschreckt und viele sehr
erfreut. Ein wenig muss man aufpassen, dass zwischen all der Betriebsamkeit noch Platz ist für Ruhe, für
Erholung, fürs Genießen der Neuheiten. Dafür wird sicher auch der
Bürgerpark sorgen, auf den alle sehr
neugierig sein dürfen.
davon abhält, die Finger nach dem
Geld auszustrecken.
Und da reifte in Ihrem Büro „in
North West London“ der wasserdichte Plan, mich, Roland Scheerer,
als „nächsten Angehörigen / Begünstigter des Verstorbenen“ aus
dem Hut zu zaubern. Sie haben
sogar schon einmal im Voraus „alle
notwendigen rechtlichen Dokumente, die wir verwendet werden,
um diese Behauptung wir machen
gesichert“. Alles, was noch fehlt,
ist, meinen Namen „zu den Dokumenten füllen und legalisiert es in
den Hof und die Lloyds Bank hier,
um Ihnen zu beweisen, als berechtigten Empfänger“.
Das klingt, Dr. Harrison, nicht übel,
und ich denke, Sie können auf mich
zählen, denn „ehrliche Zusammenarbeit, Verschwiegenheit und Vertrauen“ sind zufällig meine Spezialität. Keiner wird von unserem
kleinen Plan erfahren, ich schwör’s,
zumal Sie mir garantieren, „dass
dies unter einer legitimen Anordnung, die Sie von einem Verstoß gegen das Gesetz hier in England und
in Ihrem Land zu schützen wird
ausgeführt.“
Sie bieten mir vierzig Prozent. Das
halte ich für fair. Das Einzige, was
Sie von mir brauchen, ist „1. Vollständiger Name, 2. Telefonnummer, 3. Kontaktadresse, 4. Alter /
Geschlecht, 5. Kern Job / Beruf“.
Das werde ich Ihnen alles umgehend mitteilen, nur bei „Kern“ bin
ich mir nicht so sicher: Geht da ein
normaler Kirschkern, oder sollte es
schon ein Avocado- oder Atomkern
sein?
Und dann werde ich innerhalb von
fünf Bankarbeitstagen die Summe
auf dem Konto haben. Vierzig Prozent von sechzehneinhalb Millionen
Pfund, das sind, lassen Sie mich
kurz rechnen, über neun Millionen
Euro, nun, ziehen wir mal großzügig Steuern ab, da bleiben mir
immer noch an die vier. Ich plane,
damit ein kleines Baseballstadion
zu errichten, das ebenso wie die dazugehörige Hotdog-Bude und der
Anfahrtsweg meinen Namen tragen soll. Ich werde keine Kolumnen
mehr schreiben, sondern dort jeden
Sonntag Hotdogs verkaufen, und
das wird mein neues Leben sein.
Nach Ihnen, Dr. Harrison, werde ich ein Blumenbeet oder einen
Parkplatz benennen.
DIE SEITE 3
Freitag, 24. April 2015
Der Pfaffenhofener | Seite 3
Traditionell und modern
von Lorenz Trapp
Begeisterung und Gespür für die
Bedürfnisse der Kundin machen
Einkaufen im Modehaus Kanzler
zum Erlebnis – auch für Männer
A
Modehaus Kanzler
Löwenstraße 18 – 20
85276 Pfaffenhofen
Tel. 08441 89494
www.modehaus-kanzler.de
lso dieser Versuchung
sollte man einfach widerstehen. Denn wie wohl
sähe es aus, wenn ein gestandener Mann auf ein Holzpferd
steigt und mit der Zunge schnalzend
Peitschenknall simuliert? Noch dazu
in einem Fachgeschäft für Damenmoden? Ziemlich dämlich wahrscheinlich.
Was uns Männer allerdings nicht
davon abhalten sollte, die Dame des
Herzens zum Kanzler in die Löwenstraße zu begleiten. Schließlich gibt
es dort auch eine hübsche Theke,
an der man, auf einem Barhocker reitend und Espresso
schlürfend, die Zeit problemlos überbrücken
kann, in der sich die
Dame des Herzens
mit dem Sortiment
im Modehaus Kanzler vertraut macht.
Manchmal übt die
„next Generation“
im Hause Kanzler
bereits den perfekten
Service am Kunden;
wenn nämlich Emma und
Amelie, die Töchter von Eva
Kanzler, den Kaffee oder ein anderes Getränk servieren, blitzt schon
auf, was das Flair im „Kanzler“ ausmacht: Die Kundin – und natürlich
deren Begleiter – fühlen sich wohl
beim Einkauf. Und wer seinen Espresso von Eva und Margot Kanzler
kredenzt bekommt, kann ganz nebenbei auch einiges über die Familiengeschichte und die Gewerbetradition der Kanzlers in Pfaffenhofen
erfahren.
Maria Kanzler mit Sohn Manfred (2.v.l.) und seinen Geschwistern
„Ich habe auf der Löwenstraße das
Fahrradfahren gelernt“, erinnert
sich Margot Kanzler, die 2004 in das
Geschäft ihrer Schwester Eva mit
eingestiegen ist, „damals, in den 60er
Jahren des letzten Jahrhunderts lag
noch der Duft der Malzabfälle im
Hinterhof der Brauerei am Hauptplatz in der Luft, und beim Bauer
Niedermaier vorne gab’s noch Milchkühe mitten in der Stadt!“ Manfred
Kanzler, ihr Vater, hatte in dieser Zeit
dazu noch Hopfenanbau betrieben.
Die Hopfendarre und der Hopfenboden befanden sich ebenfalls dort –
neben und über dem damaligen Tex-
tilgeschäft ihrer Mutter Paula. Eva
Kanzler hat die Geschichte der Familie bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgt: 1797 erwirbt der Rotgerber
Lorenz Kanzler das Rotgerberanwesen in der Münchener Str. 18 sowie
die Bäckerbehausung mit dem an
der Stadtmauer liegenden Turm in
der Scheyerer Str. 6. Zwar wird ihm
der Durchbruch der Stadtmauer zugunsten seines Betriebes genehmigt,
das Aufhängen von Leder an öffentlichen Wegen und Straßen wird ihm
jedoch verboten. Sein Nachfahre,
der Weißgerber Ludwig Kanzler, erwirbt 1904 zwei Anwesen in der da-
Die Kanzlers in zwei Generationen: Eva, Emma, Margot und Amelie
mals so genannten Judengasse, die
heutigen Löwenstr. 16 und 18, und
steigt nebenerwerbstätig ins Hopfengeschäft ein. Sein Sohn Alfons betreibt ab 1927 in der Hausnummer 18
eine Teigwarenfabrik (Nudeln beim
Kanzler!) und erweitert den Betrieb
drei Jahre später um einen Eiergroßhandel.
Der Zweite Weltkrieg veränderte
vieles: Nach Alfons Kanzlers Tod im
April 1945 wird der Betrieb eingestellt, und dessen Frau Maria, eine
geborene Schrag, erwirbt 1946 die
Genehmigung zum Textilhandel. Die
gelernte Verkäuferin und Witwe mit
vier Kindern führt von da an in der
Löwenstraße ein Textilgeschäft und
legt in den schweren Nachkriegsjahren den Grundstein für das heutige
Traditionsunternehmen. 1957 übergibt sie den Betrieb an ihren Sohn
Manfred und seine Frau Paula, eine
geborene Böswirth, die aus dem Textilgeschäft mit Vollsortiment mit der
Zeit ein Modehaus machen. „Und
schon sind wir in der Gegenwart“,
schließt Eva Kanzler den Blick in die
Chronik des Hauses Kanzler. Sie trat
1995 die Nachfolge ihrer Eltern an
und spezialisierte sich auf Damenmode. Letztes Jahr begann mit Abriss und Neubau in der Löwenstr. 20
die Umgestaltung des Traditionsunternehmens, und vor gerade mal vier
Wochen eröffnete das modernisierte und neu ausgerichtete Modehaus
Kanzler in der Löwenstr. 18 – 20 auf
einer Gesamtfläche von 280 Quadratmetern – mit neuer Optik und erweitertem Sortiment.
„Wie viele Frauen“, erklären Eva
und Margot Kanzler, „lieben auch
wir Shoppen, Mode und Schmuck“.
Diese Begeisterung und diese Liebe
zur Mode sind im Modehaus Kanzler
nicht nur zu sehen, sondern vor allem
zu spüren. Wer mag, kann mit einem
Gläschen Sekt durch das Geschäft
schlendern und sein Lieblingsstück
finden oder sich erst mal bei Kaffee
und ausgewählten kleinen Köstlichkeiten ausgiebig beraten lassen
– so stellt man sich echtes WohlfühlShoppen vor. Dazu gehört an erster
Stelle ehrliches Interesse und Gespür
für die Bedürfnisse der Kundin – und
ihren eigenen Stil.
Nicht von ungefähr also gibt es im
Modehaus Kanzler Kundinnen, die
schon in zweiter Generation dort
einkaufen.
Sportlich-funktionelle
Marken und klassische Damenmode
bestimmen das Sortiment, und Eva
Kanzler plant für die Zukunft, Höhepunkte aus der abwechslungsreichen
Firmengeschichte als jährliches Thema im Geschäft darzustellen. Demnächst machen da wohl die Nudeln
(siehe oben!) einen interessanten Anfang, und weil Einkaufen bei ihnen
ein Erlebnis sein soll, bieten Eva und
Margot Kanzler auch Bio-Tees und
ausgewählte österreichische Schnäpse einer Feinbrennerei vom Bodensee.
Das Herz im Hause Kanzler allerdings ist und bleibt das modische
Outfit. Wer Genaueres darüber wissen will: „Von Stall bis Ball“, so formulieren es Eva und Margot Kanzler
salopp, „findet der Kunde bei uns
alles!“ Einfach mal reinschauen bei
den beiden und ihrem kompetenten
Team wäre natürlich auch eine Option – eventuell gar mit Espresso!
KULTUR
Seite 4 | Der Pfaffenhofener
K
abarett ist in der Hallertau seit langer Zeit
schlechthin der Besuchermagnet unter den darstellenden Künsten. Ob da Gerhard
Polt, Bruno Jonas, Sigi Zimmerschied, Herbert und Schnipsi, Wolfgang Krebs, Christian Springer oder
Monika Gruber u. a. als Gäste ihre
Aufwartung machten, die Säle waren
stets überfüllt mit einem begeisterten
Publikum. Nun hat sich aus den eigenen Reihen einer auf den Weg gemacht, um sich in diesem Genre Sporen zu verdienen. Der Pfaffenhofener
Stefan Reischl bestand im Soundkeller beim Stegerbräu, in dem gleichermaßen kein Platz leer blieb, mit
seinem Programm „Des schmeckt ma
ned“ eine durchaus erfolgreiche Feuertaufe. Seine vielfach aus der Problematik des gesellschaftlichen und
politischen Alltags aufgegriffenen
Sachverhalte und sein artistisches
Spiel mit der Sprache erinnerten den
Interviewer an eine Vorstellung des
klassischen Ehepaars des Kabaretts
„Herbert und Schnipsi“ (Hans Meilhammer und Claudia Schlenger),
mit denen er nach ihrem erstmaligen
fulminanten Auftritt in der Nieder-
scheyerer Dreifachturnhalle im März
2008 ein recht aufschlussreiches Gespräch über ihre vergleichbare Thematik „Weil wir uns net geniern!“
führen konnte. Ähnliche Fragen galten dem Pfaffenhofener Debütanten:
Inderwies: Das Kabarett hat zumindest in Deutschland in seiner
Geschichte außerordentliche Höhen und Tiefen durchstehen müssen. Gegenwärtig scheint es wieder
einmal einen Boom zu erleben. Wo
mögen die Gründe hierfür zu suchen sein?
Reischl: Zunächst denke ich, dass
Genres der Kunst wie Vieles im Leben einem „Auf“ und „Ab“ oder
einem „In“ und „Out“ unterliegen.
Wenn das Kabarett heute in der Öffentlichkeit verstärkt wahrgenommen wird, so mag das den neuen Medien, wie dem Internet und diversen
Multimedia-Plattformen zu verdanken sein, mit denen ein jeder relativ
leicht ein breites Publikum erreicht
und sich so einer breiten Masse präsentieren kann. Ich würde da nicht
unbedingt von einem Boom sprechen. Zum andern mag diese Entwicklung vor allem auch mit einer
Freitag, 24. April 2015
Übersättigung im gegenwärtig oft
recht seichten Unterhaltungsbereich
zusammenhängen. Die Menschen
sind kritischer und anspruchvoller
geworden.
Inderwies: Premiere und zweimalige Wiederholung deines Programms „Des schmeckt ma ned!“,
das du als Debütant zum Auftakt
einer hoffentlich anhaltenden kabarettistischen Präsentation dargeboten hast, sind auf ein breites
öffentliches Interesse gestoßen. Wie
hast du diese ersten Auftritte auf
der Bühne persönlich empfunden?
Reischl: Seltsamerweise war ich bei
der Premiere außerordentlich ruhig
und gelassen, obwohl der Soundkeller bis auf den letzten Platz gefüllt
war. Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass das Publikum fasziniert
war und mitgegangen ist. Bei den
beiden Wiederholungen sind mir ein
paar Fehler unterlaufen, weil ich
wohl zu schnell zu hohe Ansprüche
an mich gestellt habe, obwohl es mir
ja noch an Bühnenerfahrung fehlt.
Dazu gehört vor allem die Vertrautheit damit, dass nicht jedes Publikum auf die gleiche Art und Weise
„Des schmeckt ma ned“
Stefan Reischl nach erfolgreichem kabarettistischen Debüt im Interview mit …
… Hellmuth Inderwies
Bühnengag
Auf der Bühne im Soundkeller beim Stegerbräu
reagiert. Aber auch da hat es mir
einfach Spaß gemacht, Menschen
zum Lachen und zum Nachdenken
zu bringen. Von Vorteil war es, den
Soundkeller im Stegerbräu mit seiner recht intimen Atmosphäre für
das Debüt gewählt zu haben. Da
springt der Funke hin zum Publikum
viel schneller über. Man sollte allenthalben in altbayerischen Gaststätten
ein volksnahes künstlerisches Programm anbieten, um die alte Wirtschafts- bzw. Wirtshauskultur, die
ja vom Aussterben bedroht ist, zu
erhalten.
Inderwies: Was bewegt einen, dessen Beruf in einem ganz anderen
Bereich angesiedelt ist, nun plötzlich auch einen künstlerischen Weg
einzuschlagen und sich auf den
Brettern, die die Welt bedeuten, zu
verwirklichen?
Reischl: Was bewegt einen erfolgreichen Versicherungsvertreter, seinen Beruf aufzugeben und sich der
Bildhauerei zu widmen? Es geht tatsächlich um Selbstverwirklichung.
Und diese finde ich als ein Mensch,
der den Dingen des Lebens aufgeschlossen gegenübertritt und sich
mit ihnen auseinandersetzt, in erster Linie im kreativen Umgang mit
der Sprache. Dass dies für mich ein
inneres Anliegen ist, weiß ich lange, dass ich aber auch ein gewisses
Talent hierfür besitze, das habe ich
erst sehr spät gemerkt, obwohl mich
das Kabarett mit seinen vielschichtigen Ausdrucksformen der Sprache
schon immer fasziniert hat. Ich gehöre eben zu denen, die gewissermaßen für einen Sprung ins kalte
Wasser ein bestimmtes Alter erreicht
haben müssen. Auch die Lebensumstände spielen dabei eine Rolle. Das
Feedback aus meinem persönlichen
Umfeld auf meine ersten Auftritte
verleiht mir augenblicklich einen
gewaltigen Motivationsschub: „Das
hätte ich dir nie zugetraut! Endlich
machst du das, was du schon immer
hättest tun sollen!“
Inderwies: Gibt es Vorbilder, die
dich dazu motiviert haben, diesen
Weg einzuschlagen?
Reischl: Ich bin mit „Scheibenwischer“, Polt und Co. aufgewachsen.
Reicht das als Antwort?
Autogramm für den Stegerwirt
Premiere im Soundkeller
Inderwies: Gewiss reicht das! Dieter Hildebrandt gehörte zu den
ganz Großen des deutschen Kabaretts. Er war ja auch Mitbegründer
der „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“. Zurück zu deinem
Premierenprogramm, das 90 Minuten dauert! Das ist für den Soloauftritt eines Debütanten ein ansehnliches Pensum. Auf welchem Weg
ist es entstanden?
Reischl: Von Anfang an war ich
mir darüber im Klaren, dass es ein
abendfüllendes Soloprogramm sein
müsse und da kann man das Publikum nicht nach fünfzehn Minuten
wieder nach Hause schicken, weil ein
Einzelner auf der Bühne nur Langeweile verbreitet. Wenn man ganz
alleine für eine solche Veranstaltung
die Verantwortung trägt, dann bedeutet dies für einen Anfänger im
Vorfeld eine ungeheuere Belastung,
bis er interessante Inhalte gefunden
und sie in eine bildhafte und überraschende Sprachform gebracht hat:
Das heißt unermüdlich „Sichten –
sichten – sichten! Denken – denken
– denken! Umsetzen – umsetzen –
umsetzen! Üben – üben – üben! Wiederholen – wiederholen – wiederholen!“ Eine regelrechte Ochsentour!
Aber ich habe mir dabei Zeit gelassen, um möglichst stabil im Text zu
stehen.
Inderwies: Lagen hierbei Gewichtung und Intention mehr auf der
Unterhaltung im Sinne einer Comedy oder sollte der gesellschaftskritische Charakter in erster Linie
in Erscheinung treten? Wo ist dein
Programm anzusiedeln?
Reischl: Ich mag schon den Begriff
„Comedy“ nicht sonderlich gern. Er
klingt für mich so ein bisschen nach
Kaugummi. Wenn man diesen kaut,
verliert er nach kurzer Zeit seinen
Geschmack und wird zur zähen geschmacklosen Masse, die man gelangweilt ausspuckt. Ich habe schon
angedeutet, dass Unterhaltung in
den Medien heutzutage oft zu oberflächlich und eben viel zu seicht
über die Bühne geht, vielfach nur als
kurzlebiger Gaumenschmaus. Mir
schwebt da eher so eine Art „Umweltverträgliches Kabarett mit nachhaltigen Texten aus ökologischem
Satzbau“ vor.
Inderwies: Die Sprache besitzt
demnach den höchsten Stellenwert?
Reischl: Dass sich Sprache als ein
Organismus verändert, gehört zu ihrer Geschichte. Sie ist aber für mich
der wichtigste Ausdruck kultureller
Identität, die es zu schützen und zu
pflegen gilt, und das vor allem in einer Zeit zunehmender sprachlicher
Rationalisierung und „Ver-abkürzung“: Allerweltsanglizismen ohne
Aussagekraft, Kürzel, symbolhafte
Zeichen und eine oft katastrophale
grammatisch-stilistische Form, die
nicht selten Sprachverwirrung stiftet, sind vielfach Mode geworden. Ich
bin da etwas altmodisch, wenn es um
den Verlust der Muttersprache geht,
zumal in meinem kabarettistischen
Programm manches Wortspiel eingebaut ist, das eben nur in meiner Muttersprache – und dazu gehört mein
bayerischer Dialekt – ausgedrückt
und verstanden werden kann. Kabarett muss auch Sprachkultur und
damit Spracherziehung sein.
Inderwies: Welche Wirkung soll
beim Publikum erzielt werden?
Kann Kunst überhaupt einen Beitrag leisten, um die Gesellschaft
hin zu einer höheren Lebensqualität zu führen?
Reischl: Wenn der Mensch nur
schwerlich aus seiner Geschichte etwas zu lernen imstande ist, bin ich
mir nicht sicher, ob Kunst die Welt
hin zum Besseren verändern kann.
Das heißt aber nicht, dass man sich
deswegen nicht ständig darum bemühen muss. Einen Anstoß über sich
nachzudenken und sich selbst zu erkennen, vermittelt die Kunst allemal.
STADTKULTUR
Freitag, 24. April 2015
Der Pfaffenhofener | Seite 5
Thomas Herker,
Bürgermeister
Eva Linder,
Geschäftsführerin
E
va Linder ist zusammen mit Walter Karl
Geschäftsführerin
bei
der Natur in Pfaffenhofen 2017 GmbH. Die Gartenbauingenieurin ist absoluter Profi,
seit 30 Jahren betreut sie die entsprechende Veranstaltungen in
Bayern. Begonnen hat sie dabei
mit der IGA in München. Bis 2022
stehen die Orte fest, an denen eine
Gartenschau stattfinden wird, für jedes Jahr
gibt es zahlreiche Bewerbungen.
Zusammen mit einigen
Mitarbeiterinnen hat
Eva Linder ein Büro in
der Türltorstraße bezogen, ab jetzt wird intensiv und vor allem auch
für alle sichtbar geplant
und gebaut. Bisher liefen die Vorbereitungen
für die kleine Landesgartenschau eher im
Hintergrund und waren
auch für die Pfaffenhofener nicht
direkt wahrnehmbar.
Erst mit dem Abriss des Schlachthofes zeigte sich der neu entstehende Park, der allen auch nach
der Gartenschau als Bürgerpark
zur Verfügung stehen wird. Der
Spatenstich für die Baumaßnahmen wird in diesem Juli
erfolgen. Danach wird es Baustellenführungen geben, weitere
Infoveranstaltungen und Veröffentlichungen, um die Pfaffenhofener auf dem Laufenden zu halten.
Wie groß das Interesse ist, zeigte
die kürzlich anberaumte Informationsveranstaltung im Festsaal
des Rathauses. Unter dem Motto
„Du bist Gartenschau“ kamen
mehr als 200 Bürger, um sich über
Planungen, Baumaßnahmen und
Highlights zu informieren und um
Die genauen Planungen werden
jetzt umgesetzt.
Ein wunderbarer Festsommer
Vorbereitungen für „Natur in der Stadt 2017“ laufen
von Claudia Erdenreich
das Organisationsteam kennenzulernen.
Die zahlreichen interessierten
Pfaffenhofener erfuhren dabei,
wie das rund acht Hektar große
Gelände, bestehend aus drei Teilen zur Erholungsfläche in der
Stadt wird.
Bürgermeister Thomas Herker
machte klar, dass es hierbei nicht
nur um die Gartenschau geht,
sondern der Bürgerpark bleiben
wird, als erster Pfaffenhofener
Park.
Walter Karl von der „Natur in
Pfaffenhofen GmbH“ hatte ausgerechnet: Der entstehende Park
ist im Verhältnis so groß wie der
Englische Garten in München!
„Die Gartenschau wird in die Zukunft wirken“, betonte er. Immerhin entsteht damit der erste Park
in Pfaffenhofen. Ein Stadtpark
wurde allerdings schon viel früher
geplant. Wie Andreas Sauer vom
Stadtarchiv herausfand, hatte der
„Verschönerungsverein“ bereits
Ideen zu einer „englischen Anlage“ unter Einbeziehung der Ilm.
Gartenbauingenieurin Eva Linder bringt ihr Fachwissen von der
„Gesellschaft zur Förderunge der
bayerischen Landesgartenschau“
ein. Die inzwischen bestens etablierten Veranstaltungen gibt es
seit 1980, immer in geraden Jahren als Landesgartenschau in
größeren Städten, in ungeraden
Jahren als „Natur in der Stadt“ in
kleineren Orten.
Die Fachfrau wohnt in Ingolstadt,
hat damit kurze Wege. Ihr macht
es immer wieder Spaß, etwas
aufzubauen, „bis zum schönen
Ende“, wie sie lachend betont.
„Den Pfaffenhofenern wird eine
Menge geboten werden“: Während der zwölf Wochen dauernden
Gartenschau sind insgesamt rund
1.500 Veranstaltungen geplant,
man rechnet mit rund 300.000 Besuchern.
Das wird selbstverständlich auch
eine Herausforderung für die
Stadt, die Gastronomie muss sich
auf 10.000 Besucher an Spitzentagen einstellen. Gerade in Pfaffenhofen, wo die Gartenschau
sehr zentral liegt, werden viele
Gäste die Möglichkeit nutzen,
auch die Stadt anzusehen.
Die verschiedenen Vereine werden
sich mit vielfältigen Angeboten
beteiligen, weiteres Engagement
und Ideen sind herzlich willkommen.
Es werden Führungen durch die
Gartenschau angeboten, selbstverständlich werden auch die
Natur in
Pfaffenhofen an der Ilm
24. Mai – 20. August 2017
www.gartenschau-pfaffenhofen.de
Stadtführungen gefragt sein, für
die Besucher werden verschiedene Angebote geschnürt. „Der
typische Gartenbaubesucher erwartet Blütenpracht und Informationen“, weiß Eva Linder. Es
werden Vereine erwartet, Senioren
auf Tagesauflügen, aber auch junge Familien, die ein umfangreiches
Kinderprogramm und schöne
Spielplätze zu schätzen wissen.
Parkprobleme sieht die
Fachfrau hier nicht,
es wird ausgewiesene
Parkflächen geben, die
nach ihrer Erfahrung
von fast allen Besuchern angefahren werden. Busse können die
Gäste direkt am Eingang aussteigen lassen
und dann einen Busparkplatz
anfahren,
Bahnreisende und Individualgäste
fahren
mit Shuttle-Bussen und
die Einheimischen und
Pendler werden ihre gewohnten
Parkplätze weiter für sich haben.
Die Parkplätze werden
ausreichen
„Wir sind im Zeitplan“, beruhigt Geschäftsführerin Eva Linder die Skeptiker. Es wird zwar
auch einmal Herausforderungen
geben, denn jede Gartenschau ist
anders, aber sie sieht keine Probleme. Obwohl keine Großbaumpflanzungen geplant sind, dürfen
sich die Besucher auf ausreichend
Grün und Schatten freuen sowie
auf einen wunderbaren Sommer
2017. Das ganz besondere Flair
dieser Großveranstaltung überträgt sich regelmäßig auf die Einheimischen. Eva Linder ist überzeugt: „Die Menschen werden
begeistert sein!“
STADTKULTUR
Seite 6 | Der Pfaffenhofener
Freitag, 24. April 2015
Kulturtermine
Fotos
„Wer kennt wen“ zeigt unbekannte Fotos, die Vernissage
findet am 24.5. um 19.30 Uhr im
Haus der Begegnung statt.
Ausbilder der teilnehmenden Betriebe, KUS-Vorstand Johannes Hofner, KUS-Projektkoordinatorin Melanie Krauß, Geschäftsführer des BDS Oberbayern West Uwe Jennerwein und Landrat Martin Wolf mit der Startklasse der BDS-Azubi-Akademie im Landkreis Pfaffenhofen.
Neu
Das Kreativquartier lädt am
25.4. um 19.30 Uhr zur Vernissage der Ausstellung 150 Jahre
Fotografie „Historisch neu interpretiert“.
Kunst
Kunstwerke der Stadt können
wieder am 7.5. ab 15 Uhr in der
Artothek im Anbau der Spitalkirche ausgeliehen werden.
Musik
Die Stadt lädt am 9.5. um 10 und
10.30 Uhr zu einer kostenlosen
musikalischen
Stadtführung,
Treffpunkt am Rathaus.
Picknick
Im InterKulturGarten findet am
9.5. von 14 bis 20 Uhr ein offenes
Picknick statt, Ausweichtermin
16.5.
Bands
„Saitensprung“, das Nachwuchsbandfestival, steigt am 15.4.
ab 12 Uhr auf der Alten Stadionwiese neben dem Freibad.
Ausstellung
Zum 40. Todestag von Eduard
Luckhaus zeigt der Neue Pfaffenhofener Kulturverein ab
15.5., 19.30 Uhr Skizzen und
Entwürfe in der Kulturhalle.
Bücher
Massimo Danielis zeigt „Künstlerbücher“ in der Städtischen
Galerie, Vernissage am 22.5. um
19.30 Uhr.
Jazz
Am 22.5. spielt KUU! ab 21 Uhr
eine Mischung aus Jazz, Punkrock und elektronischer Musik
in der Künstlerwerkstatt.
Graffiti
Unter dem Motto „Kreativ an die
Wand“ findet am 23.5. von 10 bis
17 Uhr ein Graffiti-Workshop
der Stadtjugendpflege statt.
E
s macht den Azubis Spaß“,
fasst Melanie Krauß die
Erfahrungen aus anderen
Landkreisen mit der Akademie zusammen. Sie ist Mitarbeiterin
im Kommunalunternehmen Strukturentwicklung Landkreis Pfaffenhofen a. d. Ilm (KUS) und betreut
dort verschiedene Projekte im Bereich Wirtschaftsentwicklung, wozu
auch die Azubi-Akademie zählt.
Derzeit kümmern sich sieben Fachleute in der Spitalstraße um Wirtschaft und die Bereiche Freizeit, Erholung und Tourismus im Landkreis.
Melanie Krauß, die ursprünglich aus
der Nähe von Regensburg stammt,
studierte im Rheinland Medien- und
Kulturwissenschaft. Seit gut einem
Jahr arbeitet sie in Pfaffenhofen für
das Kommunalunternehmen.
Als Teil des KUS-Teams berät auch
Melanie Krauß Existenzgründer,
begleitet Unternehmen bei der Neuansiedelung, sitzt mit Fachstellen
zusammen am Runden Tisch des
Landratsamtes und betreut Bestandsunternehmen.
Landrat und Unternehmer bei der Gründungsveranstaltung
Zusatzqualifikationen
für Auszubildende
BDS-Azubi-Akademie startet im Landkreis
von Claudia Erdenreich
Die erste Klasse der
Akademie startet
Das neueste Projekt des KUS ist die
Azubi-Akademie, die es, initiiert
vom Bund der Selbständigen, seit
2006 in Bayern gibt. Die Grundidee
ist so einfach wie erfolgreich: Gerade kleinere mittelständische Betriebe
können kaum innerbetrieblichen Unterricht neben den Berufsschulen anbieten. Hierfür schließen sich in der
Azubi-Akademie ganz unterschiedliche Betriebe eines Landkreises zusammen. Jede Firma übernimmt eine
Unterrichtseinheit zu fachübergreifenden Themen. Die Auszubildenden
dieser Betriebe werden in einer Klasse zusammengefasst und erhalten ein
Schuljahr lang circa alle drei Wochen
vier Stunden Unterricht in einem der
Betriebe. Zeitpunkt und Inhalt bestimmen die teilnehmenden Unternehmen dabei selber.
Schon bei der Auftaktveranstaltung
stellte sich heraus, dass besonders
Themen zur Sozialkompetenz gefragt
sind. Die ersten Unterrichtseinheiten
drehen sich um „Azubi-Knigge“, um
Erarbeitung eines Wertesystems oder
Melanie Krauß, Ansprechpartnerin für Azubis und Unternehmen
die Frage, wie ein mittelständischer
Unternehmer tickt.
Derzeit nehmen 14 Betriebe aus dem
ganzen Landkreis teil mit insgesamt
26 Lehrlingen. „Eine sehr gute Zahl
für den Start“, findet Melanie Krauß.
Ganz bewusst können sich Unternehmen aller Branchen beteiligen,
anders als in der Berufsschule lernt
hier auch einmal der Metzgerlehrling
neben dem Mediengestalter. „Wir
verstehen uns nicht als Konkurrenz
zur Berufsschule, sondern als Ergänzung“, betont die Koordinatorin. Es
gibt keine Hausaufgaben, statt dessen Einblick in ganz unterschiedliche Firmen. Die bewusst gewählte
Branchenvielfalt reicht derzeit vom
Hotel bis zur Schreinerei, von der
Computerfirma bis zum Maler.
Auch Fabian Stahl von der Stahl
GmbH steht hinter dem Projekt, von
ihm werden gleich drei Auszubildende teilnehmen.
Die Azubi-Akademie ist offen für
Unternehmen aller Branchen und
Größen, die Firmeninhaber oder Geschäftsführer gestalten die Unterrichtseinheiten selber. Für die Azubis
bietet das neben spannender Abwechslung und zusätzlicher Qualifikation auch ein Netzwerk zu anderen jungen Menschen. Man lernt sich
untereinander kennen, wenn man ein
Jahr lang immer wieder zusammen
trifft. Die Azubis organisieren sich
untereinander, bilden Fahrgemeinschaften, schulen im Unterricht auch
ihre Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen.
Auszubildende
aus allen Branchen
Die teilnehmenden Auszubildenden
genießen in aller Regel den spannenden und abwechslungsreichen
Unterricht und wissen die Chance
zu schätzen. Die Teilnahme ist nach
Anmeldung sowohl für die Azubis als
auch die Unternehmen verpflichtend,
der Unterricht entfällt lediglich in
den Schulferien, insgesamt gibt es
rund 12 Unterrichtseinheiten. Das
Jahr schließt mit einem Zertifikat ab,
das auch den Lebenslauf der Teilnehmer positiv ergänzt.
Mittelständische Unternehmen tragen mit dem Unterricht auch zum
Erfolg des Wirtschaftsstandortes bei,
beugen dem Fachkräftemangel vor.
Gut ausgebildete Nachwuchskräfte
sind ein Gewinn für alle.
Der Unterricht ist dabei kostenlos,
die Unternehmer halten ihre Unterrichtseinheiten ehrenamtlich. Da
jeder nur ein bis maximal zwei Einheiten pro Jahr gestaltet, hält sich
der Aufwand für alle in Grenzen.
„Ein Geben und Nehmen“, fasst Koordinatorin Melanie Krauß zusammen, die für alle Fragen rund um das
Projekt zur Verfügung steht.
KUS Kommunalunternehmen
Strukturentwicklung
Landkreis Pfaffenhofen
Melanie Krauß
Spitalstraße 7
85276 Pfaffenhofen
Tel. 08441 4007446
www.kus-pfaffenhofen.de
„Kunst im Gut“ – drei Tage Kulturfrühling im Klostergut Scheyern
IMPRESSUM
Verlag/Herausgeber/Herstellung:
KASTNER AG – das medienhaus,
Schloßhof 2–6, 85283 Wolnzach,
Telefon 08442/9253-0
V.i.S.d.P.: Kilian Well
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Claudia Erdenreich,
Kilian Well, Hellmuth Inderwies,
Lorenz Trapp
Gleich drei Tage öffnen sich vom 1.
bis 3. Mai die Tore des Klosterguts
Scheyern für die 31. Kunst im Gut.
Viel Neues zeigt Veranstalterin
Margit Grüner zum diesjährigen
Frühlingsfestival mit Kunst, Musik und Theater. Schon von weitem
sieht man den Skulpturengarten
des ehemaligen Klosterguts, wo
Bildhauer ihre Werke ausstellen
und ihre Kunst vorführen. Rund
100 Künstler und Kunsthandwerker aus ganz Deutschland und dem
nahen Ausland sind in diesem Jahr
eingeladen. Maler und Bildhauer zeigen aktuelle Werke verschiedenster
Stile. Die teilnehmenden Designer,
Schreinermeister, Keramiker, Restauratoren, Goldschmiede und TextilDesigner sind allesamt professionelle
Vertreter ihres Fachs. Diese große
Ausstellung, das Herzstück von Kunst
im Gut, füllt alle Innenräume, Höfe
und Gärten des weitläufigen Klosterguts mit zeitgenössischer Kunst und
Kunsthandwerk. Zwei Sonderschauen setzen künstlerische Akzente:
Wolfgang Mussgnug zeigt Glaskunstwerke. Das Schrobenhausener Künstlerpaar Annemarie Mießl & Richard
Gruber gestaltet eine gemeinsame
Werkschau mit Zeichnungen, Skulpturen und Plastiken aus Bronze und
Layout: Monika Lang
Anzeigen: Claudia Sünder
Telefon: 0 84 42 / 92 53-7 05
Mobil: 01 71 / 1 22 27 22
Erscheinungsweise: monatlich
Der Pfaffenhofener erhalten Sie in der
Buchhandlung Osiander, der Buchhandlung Kilgus, bei Schreibwaren Daubmeier, Schreibwaren Prechter, Tabak
Bergmeister, Tabak Breitner etc.
Nächste Ausgabe voraussichtlich
Freitag, 22. 05. 2015
00 bis 19.00 Uhr geöffnet
1. / 2. / 3. Mai 2015, jeweils von 10.
er unter 12 Jahren frei
Eintritt pro Person 7,50 Euro, Kind
Tel. 08441 803834
er,
Grün
it
Marg
Info:
/
Veranstalterin
von Bayern
old
Leop
z
Schirmherr: S.K.H. Prin
-gut.de und auf Facebook
st-im
.kun
www
:
ramm
Prog
und
Mehr Info zu Ausstellung
Stein. Das eigene Talent entdecken und ausprobieren kann man
in Kunstaktionen und Workshops
vom Drechseln, Siebdrucken bis
zum Vergolden. Ein umfangreiches
Unterhaltungsprogramm für Groß
und Klein mit Live-Musik, Theater, Märchen, Zirkus, Bier- und
Kaffeegarten machen „Kunst im
Gut“ zu einem Erlebnis für die
ganze Familie.
STADTKULTUR
Freitag, 24. April 2015
P
orzellan! Man denkt wohl
schnell an Marco Polo, den
Venezianer, der im 13. Jahrhundert die Kunde von diesem edlen Material, das die Chinesen
als Tafelgeschirr benutzten, nach
Europa brachte. Oder fällt Ihnen der
berühmte Elefant im Porzellanladen
ein? Sollten Sie stolzer Besitzer eines
Exemplars dieser Gattung sein, Sie
dürfen es gerne mitbringen, wenn Sie
Birgitta Schrader in ihrer Porzellanwerkstatt besuchen. Allerdings: Nur
gucken, nicht umschmeißen!
Der Pfaffenhofener | Seite 7
Seit Jahresbeginn arbeitet Birgitta
Schrader in ihrer neuen und größeren Werkstatt im Reichertshausener
Ortsteil Lausham, wo auch ihre Arbeiten ausgestellt sind. Nach dem
Volontariat in der bekannten Keramikwerkstatt von Petra Magda-
Nichts für Elefanten!
Puristische Ausstrahlung und zarte Farbigkeit machen einen Besuch in
Birgitta Schraders Porzellan-Werkstatt zum sinnlichen Vergnügen
von Lorenz Trapp
Porzellan-Werkstatt Birgitta Schrader
Reichertshausener Straße 16
85293 Reichertshausen-Lausham
Tel. 0173 2849400
www.birgittaschrader.de
N
Ein Kleinod in neuem Gewand
ur 285 Schritte vom
Hauptplatz entfernt,
einen Katzensprung quasi für uns Sportler und
Nichtsportler, zieht sich das gastronomische Kleinod „Molly Bloom“ in
der Spitalstraße ein neues Gewand
an, besser gesagt: einen neuen Chef.
Zu Entspannung und Genuss lädt ab
sofort Hartmut Eitner ein. Kennengelernt hat der gebürtige Schwabe
die Stadt und ihre Menschen bereits
bei seiner Tätigkeit in der Buchhandlung Pesch und war sofort begeistert
von der Herzlichkeit und der Offenheit, mit „Zugereisten“ ins Gespräch
zu kommen.
„Grund genug“, sagt
Hartmut Eitner und
lächelt, „hier meine
Zelte bzw. mein Bistro
aufzuschlagen!“ Mit
seinem
erfahrenen
Team bietet er im Tagescafé durchgehend
die
Köstlichkeiten
aus der Küche an –
und natürlich aus
dem Backofen, denn
der
Schwerpunkt
bei „Molly Bloom“
liegt auf den Kuchen
und Torten: „Selbst
gemacht und immer frisch!“ Die
Frühstücksvariationen mit frischen
Landeiern und Bio-Tees aus fairem
Handel serviert Hartmut Eitner übrigens den ganzen Tag – für Langschläfer also auch am Nachmittag!
Mittags, wenn’s schnell gehen muss,
bietet „Molly Bloom“ eine deftige
Suppe oder einen schmackhaften
Eintopf; Weißwürst‘, Wiener und
Debreziner gibt’s immer, weitere
Schmankerl nennt die Tageskarte.
Eine wunderschöne Idee ist
die „Mitnehm- und
Bring-Bibliothek“:
Aus
dem
MollyBloom-Bücherregel
darf ein Buch mitgenommen,
wieder
zurückgebracht oder
durch ein anderes ersetzt werden – oder in
der Abendsonne auf
der Terrasse gar gelesen werden. Die Räumlichkeiten mit Service
sind selbstverständlich
für private Feiern und
geschlossene Veranstal-
tungen buchbar. Darüber hinaus bietet Hartmut Eitner freies WLAN, und
auch Haustiere dürfen mit ins Café –
„in angemessener Größe“,
lacht Hartmut Eitner, „aber
bei einem Elefanten würde
ich ein Auge zudrücken!“
Alt, jung, links, rechts – bei Hartmut Eitner sind vorurteilsfrei jede
und jeder willkommen, und bei so
lena Kammerer studierte sie an der
Münchener Akademie der Bildenden
Künste in der Keramikklasse bei
Prof. Klaus Schultze und Prof. Norbert Prangenberg. Anschließend arbeitete sie „mehr handwerklich“ in
Richtung Gebrauchsgeschirr, allerdings relativ sporadisch: „Arbeit, Familie und meine zwei Kinder mussten schließlich auf die Reihe gebracht
werden“. Doch seit vier Jahren kann
sie ihrer Arbeit wieder mehr Zeit
widmen – und der Entscheidung für
das Porzellan.
„Mit Porzellan zu arbeiten“, erklärt
Birgitta Schrader, „bedeutet mehr
als Drehscheibe und Brennofen“. Ihr
Porzellan wird vom Ansetzen und
Einfärben des Limoge-Porzellanpulvers bis zum fertigen Serviceteil von
Hand gearbeitet. Das Pulver wird
mit Wasser angemacht und in Gipsformen gegossen. Diese Formen designt sie selbst und lässt sie von
einem Modellbauer nach ihren Vorgaben fertigen. Nach einer kurzen
Standzeit wird die Porzellanmasse wieder ausgegossen, und an der
Wand der Gipsform hat sich eine
feine Porzellanschicht abgesetzt. Einen Tag später ist diese Schicht soweit getrocknet – man spricht vom
„lederharten“ Zustand –, dass das
Gefäß aus der Form gestülpt werden
kann. Mit Messer und Schwamm begradigt Birgitta Schrader die Ränder,
und nach zwei bis drei Tagen Trockenzeit folgt der Schrühbrand auf
980 °C. Nach dem Schrühen werden
die noch porösen Gefäße das erste
Mal poliert. Auf der Außenseite trägt
Birgitta Schrader Schellack auf, damit beim darauf folgenden Glasieren in die Außenfläche keine Glasur
gelangen kann. Nach dem zweiten
Brand, dem Glasurbrand bei 1250 °C,
ist der Scherben (nicht zu verwechseln mit der Scherbe!) absolut dicht
– und spülmaschinenfest! Er wird
ein zweites Mal poliert, um die angenehme Haptik zu erreichen.
„Ich habe“, sagt Birgitta Schrader,
„viel experimentiert, um die Dinge
so zu bekommen, wie ich sie haben
will“. Deshalb bleibt die Mischung
ihres Porzellans auch weiterhin das
„Betriebsgeheimnis“ von Birgitta
Schraders Porzellan-Werkstatt. Ihr
Porzellan jedoch ist ein traditionelles
Tafelservice, das durch Form- und
Farbgebung, durch seine Materialität und seine Dünnwandigkeit außergewöhnlich und modern wirkt.
Die puristische Ausstrahlung in Verbindung mit der sanften Haptik und
der zarten Farbigkeit ist ein sinnliches Vergnügen für alle, die Porzellan lieben.
Und sollten Sie beim Besuch in Birgitta Schraders Porzellan-Werkstatt
tatsächlich einen Elefanten dabei
haben: Halten Sie ihn im Zaum!
bunt gemischter Gästeschar kann
Einem durchaus mal „Molly Bloom“
über den Weg laufen – muss ja nicht
unbedingt die untreue Gattin aus
James Joyces Roman „Ulysses“ sein.
Und wenn: Ein Espresso bei „Molly
Bloom“ wirkt auch da Wunder! (lot)
ANSICHTEN
Seite 8 | Der Pfaffenhofener
Belichtungszeit: Drei Vaterunser lang
Ausstellung über 150 Jahre Fotografie im Rathaus
von Claudia Erdenreich
or 150 Jahren eröffnete das erste Fotostudio in
Pfaffenhofen. Zu diesem Jubiläum präsentiert die
Stadt gleich drei Ausstellungen in kurzer Folge. Die
erste Ausstellung der Reihe zeigt historische Aufnahmen und Fotoapparate. Präsentiert werden dabei im
Foyer und im ersten Stock des Rathauses Fotos von
1850 bis 1950. Sie erlauben einen ganz anderen Blick auf
die Stadt, aber auch auf die Menschen dieser Zeit.
Konzipiert wurde die Ausstellung von Stadtarchivar
Andreas Sauer, der immer noch auf der Suche ist nach dem
verschollenen „ersten“ Foto aus Pfaffenhofen, auf dem die
Liedertafel 1849 abgelichtet ist.
„Bitte lächeln“ galt vor 150 Jahren nicht für Fotografien,
dafür waren die Belichtungszeiten viel zu lang. „Drei Vaterunser lang“ erklärt Andreas Sauer schmunzelnd. So lange
konnte niemand lächelnd still halten, zudem bewahrte man
für die seltenen Aufnahmen Würde und Haltung.
Dennoch gelang es bald, auch Kinder zu fotografieren und
Situationen einzufangen, die wie zufällig aussahen. Die ersten Fotografen waren zudem oft auch Kunstmaler, nachkolorierte Bilder waren bald in Mode. Ebenso kamen um 1900
Postkarten mit Fotos auf.
Vom ersten Atelier zur Digitalfotografie
Solange es keinen Fotografen in Pfaffenhofen gab, mussten
die Menschen bis München oder Ingolstadt fahren, um Fotografien anfertigen zu lassen oder Reisefotografen abwarten.
Andreas Bauer eröffnete das erste Fotostudio im März 1865
in der Ingolstädter Straße. Ganz sicher war er sich anfangs
nicht mit seiner Geschäftsidee, er war gleichzeitig noch als
Sattler, Tapezierer und Hopfenzwischenhändler tätig.
Er war trotz seiner anfänglichen Zweifel bald erfolgreich,
konnte sein Atelier mehrmals an bessere und größere Standorte verlegen und auch immer wieder in neueste Technik investieren. Ein Sohn und Enkel führten das Atelier noch bis
1945 weiter.
Zeitgleich zu den drei Ausstellungen erschien eine neue Ausgabe der Pfaffenhofener Stadtgeschichte mit dem Titel: In
Szene gesetzt – die Anfänge der Fotografie in Pfaffenhofen
und ihre Entwicklung ab 1865. In dieser 15. Folge der Stadtgeschichte geht Andreas Sauer detailliert und spannend auf
die Entwicklung der Fotografie in Pfaffenhofen seit der Mitte
des 19. Jahrhunderts ein, auch einige historische Aufnahmen
der Ausstellung sind abgedruckt.
Sebastian Daschner,
Kulturmanager
Andreas Sauer,
Stadtarchivar
In Szene gesetzt – 150 Jahre Fotografie in Pfaffenhofen
Bis 16. Mai im Rathaus
Wer kennt wen
25. April bis 17. Mai im Haus der Begegnung
Thomas Herker,
Bürgermeister
Historisch neu interpretiert
26. April bis 10. Mai in der Alten Kämmerei
Freitag, 24. April 2015