Ein Dreschtag in Dinhard im Jahre 1925

Agrotechnorama Tänikon / Beilage zum Jahresbericht 1995
UEBER DEN GETREIDEDRUSCH IN DER ERSTEN HÄLFTE DES 20. JAHRHUNDERTS
Ein Dreschtag in Dinhard im Jahre 1925
Ruedi Studer, Elgg
Ueber das ganze Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war der Flegel in unseren Gegenden das
wichtigste Handgerät für das Dreschen d.h. das Herauslösen der Getreidekörner aus den Aehren. Mit der
in den Mittelmeerländern und im Orient üblichen Methode, das Getreidekorn durch den Tritt von Ochsen
oder durch den Dreschschlitten aus der Aehre zu befreien, konnten sich unsere Vorfahren - wohl vor
allem aus hygienischen und klimatischen Gründen - nicht befreunden. Weil das Flegeldreschen eine zeitraubende, anstrengende Arbeit war, wurde diese in die ruhigeren Wintermonate verlegt. Dann hörte man
in den Dörfern und Weilern Tag für Tag, viele Wochen lang, von frühmorgens bis spätabends, das
dumpfe Klopfen und Hämmern der im Takt auf und ab tanzenden Flegel.
Zwar war die Dreschmaschine mit der rotierenden, mit Schlagleisten oder Zinken besetzten
Dreschtrommel und dem sie teilweise umschlingenden Dreschkorb vom Schotte Andrew Meikle bereits
um 1788 erfunden worden. Eine erste handbetriebene, aus Schottland importierte Dreschmaschine stand
bereits 1826 in der Gegend von Genf im Einsatz.
Doch der Durchbruch zum Maschinendrusch erfolgte erst um die Jahrhundertwende, als sich neue leistungsfähige Antriebssysteme wie vorerst Dampfmaschinen und später Verbrennungs- und Elektromotoren zu verbreiten begannen. Solche Dreschsätze waren aber so teuer, dass sich ihre Anschaffung
nur genossenschaftlich realisieren liess. Ueberall in den Getreideanbaugebieten des Mittellandes wurden
- wie z.B. bereits 1892 in der Ortsgemeinde Herdern - sogenannte Dreschgenossenschaften gegründet.
Auch in der Gemeinde Dinhard im Zürcher Weinland zeichneten rund ein Dutzend fortschrittliche Landwirte Anteilscheine und gründeten eine Dreschgenossenschaft zum Erwerb und Betrieb einer fahrbaren
Lanz-Grossdreschmaschine samt Strohpresse und Binder. Zum Antrieb dieser Maschine sowie zum
Transport von Hof zu Hof wurde gleichzeitig ein Rohöltraktor Lanz HL 12 beschafft. Der Dreschlohn
wurde auf Fr. 8.-- pro Stunde festgelegt. Die Druschleistung betrug 300 bis 500 kg Körner pro Stunde
oder 100 bis 200 Garben je nach deren Grösse .
Für die Bedienung, Ueberwachung und Wartung des Dreschsatzes wurden zwei Maschinisten, deren Entlöhnung auf Fr. 1.-- festgesetzt war, verpflichtet. Diese Maschinisten waren für das fachgerechte
Aufstellen sowie den guten störungsfreien Lauf der Dreschmaschine verantwortlich. Damit die Maschine
die volle Leistung erbringen konnte, hatte der Bauer selbst genügend Personal - je nach den Gebäulichkeiten 5 bis 10 Personen - zu stellen, das er nebst den eigenen Familienangehörigen bei Nachbarn
ausborgte oder bei Taglöhnern beschaffte. So gestaltete sich oft der Dreschtag - wie die beigefügte Fotoaufnahme aus dem Jahre 1925 zeigt - zu einem gesellschaftlichen "Grossanlass" eines ganzen Weilers.
Am 10. August 1930 ging die Lanz Dreschmaschine samt Binder bei einem Scheunenbrand verloren. Sie
wurde durch eine neue Maschine der Schweizer Marke Rauschenbach zum Preis von Fr. 12'500.-- ersetzt. Die Dreschgenossenschaft Dinhard hatte, wie das sauber geführte, grösstenteils noch in deutscher
Spitzschrift verfasste Protokollbuch festhält, bis zu ihrer Auflösung in den 60er Jahren eine wechselvolle
Geschichte.
Die Einsicht in das Protokollbuch sowie weitere Auskünfte wie die Erkennung der auf der Foto abgebildeten Personen verdanke ich Ernst Huber, Altlandwirt auf dem Forenhof in Welsikon.
Beilage: Fotoaufnahme auf dem Hof der Familie Trindler, Eschlikon / Dinhard aus dem Jahre 1925