Erinnerung an Hansruedi Jost

AARAU 21
AARGAUER ZEITUNG
MONTAG, 11. APRIL 2016
Auf Wiedersehen im Elysium – grosser Sportler, starker Mann!
Zum Gedenken an den Hammerwerfer Hansruedi Jost, er starb an seinem 82. Geburtstag
Veeser innert weniger Jahre von 51,21 Metern auf 61,93 Meter. Was für eine Ambiance und Chance für den Verfasser dieser Zeilen!
Ich verdanke Hansruedi Jost alles: meine Entdeckung, meine Begeisterung,
meine Schulung als Hammerwerfer,
kurz, meine «Erstkarriere von 1957 bis
1965. (Die «Zweitkarriere» von 1979 bis
1989 hatte mit Jost nur noch insofern zu
tun, als ich zu Neubeginn eben bereits
ein Hammerwerfer war.)
VON HANSRUEDI WEHRLI*
Der Hinschied seines sportlichen Entdeckers und Mentors trifft den Autor dieser
Zeilen persönlich. Er erinnert sich, wie
sich vor 50 Jahren aus einem MeisterLehrling-Verhältnis Jost-Wehrli rasch das
Spitzenduo der Schweizer Hammerwerfer-Szene herausbildete.
Erstbegegnung, Bekanntschaft
Wir waren im selben Aarauer Quartier
aufgewachsen, der Kaminfeger und der
Bezirksschüler, die sich im Herbst 1956
auf dem Turngelände des fünfjährigen
Gönhard-Schulhauses «vor ihren Haustüren» erstmals und zufällig begegneten, er
22, ich 14. Was wir teilten, waren der
Vorname Hansruedi und die Begeisterung für die Leichtathletik. Der Ältere
war der aufstrebende Stern unter den
Schweizer Werfern, und am Ende des
Nachmittags war der Jüngere ein anderer
Kugelstösser.
Hansruedi Jost hatte mich in die neue
Technik des Olympiasiegers O’Brien eingeführt: Beginn mit dem Rücken zur
Stossrichtung, Anschwung, Gleiten auf
einem Fuss, Abstoss aus maximaler Körperspannung.
Die Offerte an den Zögling
Mit der Kugel (15,32 Meter) und dem
Diskus (45,97 Meter) mischte der Modellathlet mit dem Gardemass 186 cm und
dem Bürstenschnitt nach Mode der USCracks an der Schweizerspitze mit. Weltklasse aber verkörperte er mit dem 7,26
kg schweren Wurfhammer, was ihn 1960
an die Olympischen Spiele in Rom führte. Der siebenfache Schweizer Meister
verbesserte die Rekordweite von Roger
«Dies mirabilis»: Drei Rekorde auf
einen Streich
«Ich verdanke
Hansruedi Jost
alles: meine
Entdeckung, meine
Begeisterung, meine
Schulung als Hammerwerfer, kurz, meine
Erstkarriere.»
Hansruedi Wehrli
ehemaliger Hammerwerfer
Sonntag, der 3. Juni 1962, mein 20. Geburtstag, schenkte dem BTV die Sternstunde der Hammerwerfer. In einem Versuch der Schweizerischen Vereinsmeisterschaft SVM, Kategorie A, auf der
Heimanlage im Aarauer Schachen katapultierte der Maestro seinen letzten
Schweizerrekord auf phänomenale 61,93
Meter (heute noch gültiger Aargauer Rekord), während sein Zögling, das Geburtstagskind, als erster Schweizer Junior die Schallmauer von 50 Meter exakt
«tüpfte». Der Disziplinen-Durchschnitt
von 56 Meter (und damit eine Riesenpunktzahl) war unser dritter Landesrekord an diesem wundersamen Tag – ein
Triumph von Josts Perfektion und Beharrlichkeit als Athlet und Betreuer und
eine nationale Anerkennung für den BTV
Aarau.
*Hansruedi Wehrli ist Schreiber und Werber am Rohrdorferberg. Als Hammerwerfer
zeichnete er sich in seiner Jugend und in
seinem Alter aus. Dazwischen pausierte er
14 Jahre. In der Aargauer Bestenliste aller
Zeiten liegt er mit 59,14 m an zweiter Stelle.
Hansruedi Jost 1961 an der Schweizer
Meisterschaft in Bern: Mit dem Rücken zur
Wurfrichtung in der letzten Drehung zum
Meistertitel. KEYSTONE/WALTER SCHEIWILLER