Kiesewetter vdw-Magazin 04 2015

Analyse
„Generationengerechtes Wohnen in Niedersachsen
– Perspektive 2035“ ermöglicht landesweite
Orientierung und standortgenaue Aussagen
von Michael Kiesewetter,
Vorstandsvorsitzender Investitions- und Förderbank Niedersachsen - NBank
Viele ländliche Räume in Niedersachsen verlieren Einwohner und Haushalte. Die meisten Großstädte dagegen wachsen wieder. Weiteres neues
Bauland für nicht mehr vorhandene junge Familien hilft den ländlichen
Kommunen genauso wenig, wie immer mehr teure Neubauprojekte das
knappe bezahlbare Wohnungsangebot in den Städten erhöht.
Wohnungsmärkte in Niedersachsen entwickeln sich in Land
und Stadt unterschiedlich. Diesen Trend bekräftigt die neue
NBank-Wohnungsmarktbeobachtung. Was unsere Studie in
vielen Karten und Grafiken dokumentiert, sind für die Akteure
vor Ort konkrete Herausforderungen – z.B. in der Stadt Einbeck
im strukturschwachen Südostniedersachsen. Darum haben wir
die Stadt im Landkreis Northeim als eines von sechs über das
Land verteilte „Schaufenster Wohnen“ ausgewählt. In diesen
Schaufenstern reflektieren Akteure aus Wohnungs- und Bauunternehmen sowie Stadt- und Kommunalverwaltungen
Herausforderung und Chancen, denen sie sich an ihren
Standorten und Wohnungsmärkten gegenübersehen.
allein nicht immer allen individuellen Ansprüchen genügt. Für
eine Steuerung mit Augenmaß sollten jedoch die vorhandenen
Instrumente der Innenentwicklung wie das Baulücken- / Leerstandskataster noch stärker genutzt werden.
Die ausgewählten Schaufenster sollen andere Regionen anregen,
es ihnen nachzutun. So musste sich die Einbecker Wohnungsbaugesellschaft (EWG) etwas einfallen lassen, um der schwierigen Marktlage in der strukturschwachen Region zu begegnen:
die EWG-WGs. „Mit den EWG-WGs haben wir ein zugkräftiges
Angebot für Erstmieter: moderne, trendy möblierte WG-Zimmer,
die wir einzeln vermieten“, beschreibt Birgit Rosenbauer, Geschäftsführerin der EWG, das Konzept. Die Zielgruppe sind
Schüler einer überregionalen Berufsschulklasse für Pflanzentechnologie in Einbeck. Sie kommen aus einem großen Umkreis
zum Blockunterricht und suchen für diese Zeit vor Ort eine
günstige Wohnung. In diese Marktnische sind die EWG-WGs
jetzt gestoßen.
Ideen wie die EWG-WGs werden im Land händeringend
vor allem dort gebraucht, wo in den kommenden Jahren die
Einwohner und in der Folge die Haushaltszahlen stark abnehmen
werden. Denn hier werden künftig deutlich weniger Wohnungen benötigt (Abb. 1). Leerstände sind vorgezeichnet. Damit umzugehen, ist die wesentliche Herausforderung. Ein geringes Maß
an Neubau wird indes weiterhin nötig bleiben, weil der Bestand
4
Grafik: NBank
Schrumpfung und Alterung begegnen
Wohnungsüberhänge (beige) und Wohnungsneubaubedarfe (blau)
(inklusive Wohnungsabgang) in Prozent des Wohnungsbestands 2013
124
93
-9,0
79
0
65
7,5
57
16,0
Niedersachsen Überhänge: 4,0 %
Kommunen
Prozent
Niedersachsen Neubaubedarfe: 7,6 %
Datenbasis: NBank-Wohnungsbedarfsprognose 2013 bis 2035
Kartenbasis: Lutum+Tappert DV Beratung
Abb. 1 Wohnungsneubaubedarfe und
Wohnungsüberhänge bis 2035
Analyse
von ihren gewünschten Preisvorstellungen für einen möglichen
Verkauf in der Regel verabschieden müssen (Abb. 3). In einigen
Fällen fehlen Kaufinteressenten sogar vollständig. Betroffen
ist zum einen der ländliche Raum. Zum anderen werden heutige
Pendlerwohnorte im „zweiten Ring“ der Suburbanisierungsphase der 1960er und 1970er Jahre künftig immer weniger
attraktiv. Umso mehr sind innovative Lösungen gefragt, um
adäquates Wohnen im Alter zu ermöglichen.
Euro
300.000
250.000
200.000
150.000
100.000
Grafik: NBank
Gleichzeitig mit dem Rückgang der Einwohnerzahlen steigt der
Altersdurchschnitt der Bevölkerung. Für den Übergang Leerstände mit jungen Bewohnern zu füllen, ist das eine. Das andere
und entscheidendere bleibt aber auch für die EWG in Einbeck,
Wohnungen für ältere Menschen barrierefrei umzubauen.
Unter anderem in Kooperation mit dem Roten Kreuz werden
zusätzliche Serviceleistungen angeboten. Nur so können sich
die EWG-Bestände auf dem Markt weiter behaupten.
Aber nicht nur in Südniedersachsen, auch im Nordosten
des Landes und in Teilen der Küstenlandkreise stellen die stark
zurückgegangenen Einwohnerzahlen die Kommunen vor große
Herausforderungen. Und diese Herausforderungen wachsen
in dem Maß, in dem die Einwohnerzahlen weiter zurückgehen
und die Menschen älter werden. Die höchsten Anteile älterer
Menschen finden sich im Süden und im Nordosten Niedersachsens. Hier sind Jüngere vielfach abgewandert. Naturgemäß steigt
der Altersdurchschnitt der Bevölkerung in diesen Regionen nicht
mehr so stark wie in Regionen mit einer noch jüngeren Altersstruktur, wie z.B. in weiten Teilen Westniedersachsens. Dort wird
der Altersdurchschnitt der Bevölkerung in den nächsten Jahren
spürbar nach oben gehen. Außerdem wandern nicht mehr so
viele kinderreiche Familien wie einstmals in die Region. Die Zahl
der potenziellen Mütter und die Kinderzahl pro Familie werden
daher zurückgehen.
Mit der Alterung steigt die Zahl derer, die aus einem großen
Eigenheim in eine kleinere, barrierearme Wohnung ziehen
möchten (Abb. 2). Dafür müssen sowohl geeignete Wohnungen
verfügbar sein als auch finanzielle Mittel, z.B. aus dem Verkauf
des Eigenheims. Diese Erlöse bilden für die älteren Haushalte die
Grundlage für einen Umzug in eine barrierearme, zentral gelegene (Eigentums) Wohnung. Vor allem ältere Bewohner in peripheren Regionen mit geringer Eigenheimnachfrage werden sich
50.000
0
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Niedersachsen
Oldenburg / Münsterland
südliches Hamburger Umland
südliches Niedersachsen
Hannover, Landeshauptstadt
Lüneburg, Hansestadt
Datenbasis: OGA
Abb. 3
Kaufpreise für Eigenheime in ausgewählten Regionen
Grafik: NBank
Boomtowns nicht nur dem Markt überlassen
Veränderung der Haushaltszahlen vom 31.12.2013 bis 31.12.2035
(Basis: Zensus 2011, Mikrozensus; Berechnungen und Schätzungen der CIMA)
76
47
17,0
91
27,0
92
42,0
112
60,0
Kommunen
Prozent
Niedersachsen: 34,8 %
Datenbasis: NBank-Haushaltsprognose 2013 bis 2035
Kartenbasis: Lutum+Tappert DV Beratung
Abb. 2
Über-65-Jährige in kleinen Haushalten 2013 bis 2035
Ganz anders stellt sich die Lage in den wirtschaftlich dynamischen Regionen dar (Abb. 1). Städte und Kommunen mit günstigen Arbeitsmarktbedingungen sind attraktiv für überregionale
Zuzüge, die sich an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen orientieren.
Darüber hinaus suchen immer mehr Familien die Zentren als
Wohnstandorte. Damit steigt vor allem die Nachfrage nach
geeigneten Mietwohnungen. Viele befristete Arbeitsverhältnisse
oder Arbeitgeber, die eine hohe räumliche Mobilität einfordern,
stehen im Gegensatz zum klassischen Wohneigentum junger
Familien am Stadtrand oder im Umland. Außerdem sind die Mobilitätskosten gestiegen. Pendler müssen viel Geld und (Frei)Zeit
aufwenden. Wohneigentum bedarf allgemein einer langfristig
verlässlichen finanziellen Basis. Es bindet überdies Eigentümer an
den ausgewählten Wohnstandort.
Dass die vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten und gute
Infrastrukturen große Städte attraktiv für Zuzüge insbesondere
von jungen Menschen und Familien machen, zeigen die Zahlen
für Wolfsburg und Braunschweig. Hier werden bis 2035 rund
20 Prozent mehr Familienhaushalte erwartet. Damit entstehen
Herausforderungen wie der Ausbau der Bildungs- und Betreuungsinfrastrukturen, die Integration von Migrantenfamilien
sowie das ausreichende Angebot an familiengerechtem Wohnraum. In Großstädten gibt der Wohnungsbestand die gesuchten
Qualitäten im gefragten Umfang kaum her. Größere Räume,
zusätzliche Arbeits- oder Spielzimmer und ein moderner Schnitt
mit offener Küche sind in den Zwei- bis Drei-Zimmerwohnungen
der Nachkriegszeit selten vorhanden.
g
5
Analyse
Auch muß der Wohnraum bezahlbar bleiben. Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen fällt es gerade in den wachsenden Großstädten immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu
finden. Das entsprechende Angebot wächst nicht mit oder geht
zurück. Die derzeit stark steigende Zahl von Flüchtlingen verschärft die Situation. Zu ihrer dezentralen Unterbringung werden
immer mehr preisgünstige Wohnungen angemietet.
Wichtige Instrumente, bezahlbaren Wohnraum zu sichern,
sind die Wohnraumförderung des Landes und das Wohngeld.
Ungeachtet der steigenden Flüchtlingszahlen kann die öffentliche Förderung indes nur unterstützen und Härten abmildern. In
den Städten leisten die vielen kommunalen Wohnungsunternehmen einen unverzichtbaren Beitrag, Menschen mit bezahlbarem
Wohnraum zu versorgen. Durch die hohe Zuwanderung von
Menschen mit Migrationshintergrund und ohne ausreichende
finanzielle Mittel stoßen Wohnraumförderung und privates
Engagement jedoch an ihre Grenzen. Hier bleibt die Politik gefordert, neue Möglichkeiten der Unterstützung auszuloten.
Flüchtlinge in Mietwohnungen?
Die Zahl der Flüchtlinge, die aus Krisengebieten nach Europa
kommen, hat in der jüngsten Vergangenheit stark zu genommen. In der amtlichen Wanderungsstatistik werden sie als
Zuzüge aus dem Ausland erfasst. Die zugangsstärksten Herkunftsländer, aus denen die Asylantragsteller nach Niedersachsen kommen, sind derzeit Syrien, Kosovo, Irak und Serbien.
Insgesamt überwiegen jedoch noch deutlich die arbeitsmarktorientierten Zuzüge vor allem aus dem Osten und Südosten
Europas (Abb. 4).
Als Nachfrager auf dem Wohnungsmarkt tritt nur ein Teil der
Flüchtlinge in Erscheinung, und dies sogar mit einer gewissen
40.000
Niedersachsen (bereinigt): Saldo Insgesamt nach Herkunftsregion
35.000
30.000
Verzögerung. Nach einer ersten dreimonatigen Phase der Unterbringung in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung (in Niedersachsen an den Standorten Braunschweig, Bramsche, Friedland
und zukünftig Osnabrück) werden die Asylsuchenden auf die
Städte und Gemeinden verteilt. Dabei müssen große Städte
mehr Menschen aufnehmen als kleine.
Die Unterbringung der Asylsuchenden soll in der Regel in
Gemeinschaftsunterkünften erfolgen. Alternativ steht es den
Kommunen frei, die Kosten einer Mietwohnung zu übernehmen. In den einzelnen Bundesländern und Kommunen wird
dies sehr unterschiedlich gehandhabt. In Niedersachsen wird
ein großer Teil der Flüchtlinge dezentral untergebracht. In
Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten, insbesondere
in den dynamischen Städten und ihrem direkten Umfeld, ist es
meist preiswerter, die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften
unterzubringen, als knappen Wohnraum anzumieten. Dementsprechend wird in den Städten und ihrem Umfeld die Gemeinschaftsunterkunft häufiger genutzt als in der Fläche. Gerade in
Regionen mit Leerständen kann die dezentrale Unterbringung
dagegen ein sinnvolles und für die Kommunen kostensparendes
Vorgehen sein.
Mittelfristig muss bei wachsenden Flüchtlingsströmen mit
einer Erschöpfung der für Gemeinschaftsunterkünfte mobilisierbaren Kapazitäten gerechnet werden. In der Folge werden die
Kommunen in stärkerem Maße auf eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen zurückgreifen müssen. Mit dieser zusätzlichen Nachfrage dürfte sich der Druck auf das vielerorts ohnehin
angespannte preisgünstige Segment weiter erhöhen. Betroffen
sind besonders die großen Städte. Sie haben aufgrund ihrer
Einwohnerzahl relativ viele Flüchtlinge aufzunehmen. Gleichzeitig kämpfen sie bereits heute häufig mit den größten Engpässen
beim preisgünstigen Wohnraum.
Niedersachsen steuert diesen Entwicklungen entgegen. 2016
wird das Land die Mittel für Betreuung und Unterbringung von
Asylbewerbern mehr als verdoppeln. Darüber hinaus werden für
die soziale Wohnraumförderung 400 Millionen Euro zusätzlich
zu den knapp 40 Millionen Euro aus den Kompensationszahlungen des Bundes über die NBank bereitgestellt.
25.000
Kommunale Daten und Informationen
20.000
15.000
10.000
5.000
0
-5.000
-10.000
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2013
Sonstiges
Russische Förderation/ Kasachstan
Vereinigte Staaten
Baltikum
übriges Amerika
Osteuropa (PL, CZ, H, SLO)
Afrika
Türkei
China
süd-östliches Europa (u.a. RO, BG,
SRB)
südliches Europa (GR, I, E, P)
übriges Asien/ Australien/
Ozeanien
Syrien, Arabische Republik
übriges Europa
Russische
Förderation/
Kasachstan
Abb.
4 Aussenwanderungssaldo
Niedersachsen
6
2012
Wechselnde Trends wie die aktuellen Flüchtlingsströme oder
die Veränderungen in der Altersstruktur fordern die Kommunen
kontinuierlich heraus. Umso notwendiger ist ein planvolles
Handeln der lokalen Akteure und Entscheider.
Ein historisches Stadtbild allein reicht heute nicht mehr aus,
um die Standortattraktivität zu erhalten. Brigit Rosenbauer
von der Einbecker Wohnungsbaugesellschaft hat dies erkannt.
Darum unterstützt die EWG die örtliche Bürgerinitiative „Sch(l)
aufenster Einbeck“. Die Initiative setzt sich mit Gewerbeleerständen auseinander. Möglichst viele leere Schaufenster sollen mit
einfachen Mitteln beleuchtet und mit lokalen oder regionalen
Themen attraktiv gestaltet werden. Das Ziel dieser Aktion: die
Innenstadt nachhaltig und sinnvoll neu beleben und die Einbecker im Einsatz für ihre Stadt mobilisieren. Die EWG hilft den
Initiatoren, indem sie Vermieter für das Projekt wirbt, deren
Objekte sie verwaltet.
Damit solche Aktionen zum gewünschten Erfolg führen,
benötigen Initiatoren und Planer verlässliche Informationen zu
den lokalen Entwicklungen. Diese erhalten sie über die Kommunalprofile der NBank. Die Profile unterstützen Schlüsselakteure
vor Ort wie Birgit Rosenbauer, aber auch Stadtbauräte, Kreis-
Analyse
entwickler oder Wirtschaftsförderer in ihrem Bemühen um eine
bessere zukünftige Entwicklung ihrer Städte und Gemeinden.
Die Profile enthalten eine Vielzahl wohnungsmarktrelevanter und
wirtschaftlicher Daten und Indikatoren. Sie liefern Informationen
zum Bauland, zum Wohnungsbestand und dessen Veränderung
sowie zur Immobilienpreisentwicklung. Darüber hinaus stellt das
Kommunalprofil sozioökonomische Indikatoren, den Arbeitsmarkt und nicht zuletzt die Prognose der Einwohner- und Haushaltszahlen dar. Jedes Profil vergleicht den Zielstandort mit zwei
weiteren Gebietseinheiten. Jedes Profil vergleicht den Zielstandort mit zwei weiteren Gebietseinheiten. Das sind entweder vergleichbare Kommunen, Landkreise oder das Land Niedersachsen.
In den letzten Jahren zogen wieder mehr Menschen nach
Niedersachsen als von hier fort. Davon haben allerdings in erster
Linie die großen Ausbildungs- und Arbeitsmarktzentren profitiert. Der Landkreis Northeim und auch die Stadt Einbeck haben
durch die Wanderungen per Saldo Einwohner verloren (Abb. 5).
in den Jahren 2000, 2013 und 2035. In Einbeck wird der Anteil
der über 75-Jährigen von zehn Prozent (2000) auf 17 Prozent
(2035) steigen. Während sich im Jahr 2000 noch die Hälfte
aller Einbecker in der ersten Lebenshälfte befand, wird dies im
Jahr 2035 nur noch für knapp 40 Prozent der Stadtbevölkerung
gelten. Diese Ergebnisse bestätigen die Strategie der EWG, ihre
Wohnungsangebote verstärkt auf die Senioren und damit auf
barrierearmes Wohnen in zentralen Lagen auszurichten.
In Niedersachsen stagnieren aufgrund der aktuell hohen
Zuwanderungszahlen aus dem Ausland die Haushaltszahlen.
Auch die Verkleinerung der Haushalte hält an: Immer weniger
Personen bilden durchschnittlich einen Haushalt. Im Landkreis
Northeim wie in Einbeck gehen die Haushaltszahlen jedoch deutlich zurück (Abb. 6).
Abb. 6 Kommunalprofil Einbeck, LK Northeim &
Niedersachsen – Auszug Seite 10: Haushalte
Abb. 5 Kommunalprofil Einbeck, LK Northeim &
Niedersachsen – Auszug Seite 9: Bevölkerung
Weil die Zahl der Sterbefälle kontinuierlich die Zahl der Geburten
übersteigt und sich dies in den kommenden Jahren verstärkt
fortsetzen wird, fällt die Prognose für Einbeck wie auch für den
Landkreis Northeim mit einem Minus von mehr als 20 Prozent
bis 2035 deutlich ungünstiger aus als für das Land insgesamt.
Mit dem Rückgang der Einwohnerzahlen von 2013 bis 2035
wächst das Durchschnittalter der Bevölkerung – in Niedersachsen
um drei auf 47 Jahre, im Landkreis Northeim um gut vier auf 51
Jahre und in Einbeck um drei auf 50 Jahre. Das Kommunalprofil
zeigt die Anteile der wohnungsmarktrelevanten Altersgruppen
Der deutlich rückläufige Anteil der Menschen im Alter von
30 bis 45 Jahren spiegelt sich wider im Bedeutungsverlust der
großen Haushalte mit drei und mehr Personen. In 35 Jahren geht
der Anteil dieser Haushalte in Niedersachsen von knapp 30 auf
22 Prozent zurück. In Regionen mit hohem Durchschnittsalter
leben bereits heute in drei von vier Haushalten ein oder höchstens zwei Personen. Bis 2035 wird dies in Einbeck für vier von
fünf Haushalten gelten.
Damit ist das typische Bauträgergeschäft im Bereich Eigenheime auf dem Rückzug. Dies gilt mit wenigen Ausnahmen
landesweit.
g
7
Analyse
Fazit
Die neuen Herausforderungen an den Wohnungsmärkten zu bewältigen heißt einerseits, das Wachstum in den großen Städten
sozialverträglich zu managen. Andererseits gilt es, mit Schrumpfung und Alterung umzugehen. Dabei gibt es Strategien, die
gleichermaßen für wachsende wie auch für schrumpfende
Märkte geeignet sind. Dazu gehören z.B. Maßnahmen zur (Re-)
Aktivierung von Baulücken und Leerständen in zentralen Lagen
oder die Beteiligung der Bewohner im Quartier bzw. vor Ort. In
engen großstädtischen Märkten geht es darum, auch in Zukunft
bezahlbare Wohnungsangebote für alle Einkommensgruppen
bereit zu stellen. Kommunen mit rückläufigen Einwohner- und
Haushaltszahlen tun z.B. gut daran, mobile Angebote zur Nahversorgung mitzudenken.
Ob schrumpfend oder wachsend: Althergebrachte Denkweisen
sind auf den Prüfstand zu stellen. Kommunen sollten sich mit
ihrer zukünftigen Entwicklung auseinandersetzen und diese
strategisch planen. Dies setzt einerseits fundierte Kenntnisse
über die aktuelle Situation sowie über das Woher und das
Wohin voraus. Andererseits müssen die grundlegenden Wirkungszusammenhänge bekannt sein. Dabei verändern sich die
Rahmenbedingungen unterschiedlich schnell. Gefragt sind also
möglichst rollierende Analysen und darauf aufbauende Konzepte
zur Standortentwicklung. Im besten Fall berücksichtigen diese
Konzepte neben dem Thema Wohnen auch alle Themen der
Daseinsvorsorge und der wirtschaftlichen Entwicklung und sind
darüber hinaus regional abgestimmt. Ziel ist eine starke Region
mit attraktiven Standorten. h
Gedaschko auf Sommertour in Südniedersachsen
Zwei Tage, vier Stationen, viele Gespräche – GdW-Präsident Axel Gedaschko war auf seiner wohnungswirtschaftlichen Sommertour Gast in Südniedersachsen. Es war eine Tour „zum Anfassen“,
denn in Salzgitter, Goslar, Osterode und Northeim wurde der GdW-Präsident durch die Bestände
gefahren, um Neubau-, Modernisierungs- und soziale Maßnahmen „hautnah“ zu erleben. Grobes
Fazit: Trotz ähnlicher Ausgangsbasis reagieren die Wohnungsunternehmen mit ganz unterschiedlichen Strategien auf die Herausforderungen des durchgreifenden demografischen Wandels.
Begleitet von vdw-Verbandsdirektor Heiner Pott, machte
Gedaschko zunächst bei der Wohnbau Salzgitter halt, wo er
von Geschäftsführer Detlef Dürrast und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf Stratmann empfangen wurde. Beide berichteten
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über die Besonderheiten der Stadtentwicklung: die enorme Zahl
an Arbeitsplätzen und die dennoch rapide zurückgegangene
Einwohnerzahl; die gravierenden Leerstände in den Beständen
auswärtiger Immobilieninvestoren; die Übernahme und Entf