Ergebnisse einer Unternehmensbefragung im IHK-Bezirk Leipzig zu den Auswirkungen des Mindestlohnes im Frühjahr 2015 Ausgangslage: Seit Jahresbeginn gilt für Unternehmen ein Mindestlohn von 8,50 €. Bereits im Vorfeld der Einführung gab es Bedenken wegen Kostensteigerungen, Entlassungen und zusätzlicher Bürokratie. Die Konjunkturumfrage der IHK Leipzig ist diesen Kritikpunkten nachgegangen und hat drei Fragen zum Thema Mindestlohn gestellt. Anzahl der befragten Unternehmen: 563 mit mehr als 31.000 Beschäftigten Ergebnisse: 1. Wie schätzen Sie insgesamt die Auswirkungen des seit Januar geltenden Mindestlohns von 8,50€ pro Stunde auf ihr Unternehmen ein? Gesamtwirtschaft 5,5% 30,7% positiv neutral 63,8% - Die überwiegende Mehrheit der Unternehmer steht dem Mindestlohn neutral gegenüber. Fast ein Drittel beurteilt die Auswirkungen des Mindestlohnes auf sein Unternehmen kritisch. Nur knapp 6 Prozent ziehen ein positives Fazit. negativ - Erwartungsgemäß sind die Unterschiede in der Bewertung zwischen den Wirtschaftsbereichen recht groß. - So schätzen - prozentual betrachtet - im Einzelhandel, im Verkehrsgewerbe und im Tourismusgewerbe eine Mehrheit der Unternehmer die Einführung des Mindestlohns negativ ein. Bewertung nach Wirtschaftsbereichen Gesamtwirtschaft 5,5 63,8 Baugewerbe 4,3 30,7 87,0 Industrie 3,4 8,7 79,3 17,2 positiv Dienstleistungen 6,4 70,6 23,0 neutral Großhandel 5,1 61,5 33,3 negativ Verkehrsgewerbe 8,7 41,3 Einzelhandel 3,2 Tourismusgewerbe 46,0 7,6 0 50,0 50,8 34,8 20 57,6 40 60 Anteil der Unternehmen in % IHK zu Leipzig 2015/Abteilung Wirtschafts- und Standortpolitik 80 100 2. Welche konkreten Auswirkungen haben sich dadurch ergeben? (Mehrfachnennung möglich) Welche Auswirkungen durch Mindestlohn zusätzlicher Bürokratieaufwand (z.B. Nachweisführung) - Für zwei Drittel der Unternehmen hatte die Einführung des Mindestlohnes verschiedene Auswirkungen. Nur ein Drittel sieht sich davon nicht betroffen. 43 Lohnerhöhungen auf Mindestlohn nötig 33 gesunkener Gewinn 26 Lohnerhöhungen oberhalb des Mindestlohns nötig - Meistgenannte Auswirkung ist dabei der zusätzliche Bürokratieaufwand, dem sich die Unternehmen gegenüber sehen. 20 Sonstige Auswirkungen 9 Verringerung von Lohndumping 8 Fortbestand des Unternehmens gefährdet 5 steigende Kaufkraft/Umsatz 2 keine 34 0 20 40 Anteil der Unternehmen in % 60 - In einem Drittel der befragten Firmen waren Lohnanpassungen auf Mindestlohnniveau notwendig. In jedem Fünften Unternehmen auch oberhalb des Mindestlohnes, um den Lohnabstand auch weiterhin zu gewährleisten. - Die dafür notwendigen zusätzlichen Kosten führten in gut einem Viertel der Unternehmen zu sinkenden Gewinnen. Etwa 5 Prozent sehen sich sogar in Ihrer Existenz gefährdet. - Nur 2 Prozent können durch Umsatz- bzw. Kaufkraftsteigerungen von der Einführung des Mindestlohns profitieren. - 9 Prozent der Unternehmen nennen sonstige Auswirkungen. Nachfolgend eine Auswahl der Nennungen: - Rechtsunsicherheit, Verlust von Flexibilität, Anpassung von Arbeitsverträgen - Preissteigerungen bei Lebensmitteln, - weniger Geld bei Kunden, viele dürfen nach Mindestlohn weniger Stunden arbeiten - tägl. Anfragen zur Bestätigung des MiLoG von Kunden; unsichere Lage bei MiLoG & Gehaltshöhe (gleitender Durchschnitt möglich?) - Ungleichbehandlung: ungelernte studentische Hilfskraft vs. gelernte Fachkraft - Auftragsverlust IHK zu Leipzig 2015/Abteilung Wirtschafts- und Standortpolitik Die Auswirkungen des Mindestlohnes unterscheiden sich auch zwischen den Wirtschaftsbereichen deutlich. Übersicht nach ausgewählten Auswirkungen: IHK zu Leipzig 2015/Abteilung Wirtschafts- und Standortpolitik 3. Wie haben Sie reagiert oder werden Sie reagieren? (Mehrfachnennung möglich) - 61% der Unter-nehmen haben Maßnahmen zur Kompensation der Finanzbelastung des Mindestlohns ergriffen. - Am häufigsten wurden die Preise auf Produkte und Dienstleistungen erhöht. In mehr als jedem dritten Unternehmen war diese Maßnahme erforderlich. - Jede fünfte Firma versucht an anderer Stelle Kosten zu senken und 17 % haben Anpassungen bei den Arbeitszeiten vorgenommen. *keine Reaktion - betrifft zumeist Unternehmen mit neutraler Bewertung (Frage 1) - In etwa jedem siebenten Unternehmen werden die Investitionsplanungen zurückgefahren bzw. die Zahl der Neueinstellungen reduziert. - In jedem achten Unternehmen wurden Änderungen in der Entlohnungsstruktur vorgenommen und in ebenso vielen Betrieben wird die Zahl der Praktikumsplätze eingeschränkt werden. - Entlassung aufgrund des Mindestlohnes erfolgte bisher dagegen nur in 6 Prozent der Unternehmen. Mit 53 Stellen hält sich auch die absolute Zahl in den befragten Unternehmen in Grenzen. Die gute Konjunktur und die zunehmende Fachkräfteknappheit verhindern hier ein schlechteres Ergebnis. Sonstige Angaben der Befragten (Auswahl): - Der sinnlose und ärgerliche Bürokratieaufwand wird eigenverantwortlich auf ein machbares und verantwortbares Maß angepasst. Abbau von Arbeitsplätzen für Aushilfen/Schüler und Studenten. Streichung von freiwilligen Leistungen. Wir haben uns eine Maschine gekauft um Personal einzusparen. IHK zu Leipzig 2015/Abteilung Wirtschafts- und Standortpolitik Wie schon bei den Auswirkungen, so sind auch hinsichtlich der verschiedenen Reaktionen deutliche Unterschiede zwischen den Wirtschaftsbereichen festzustellen: Übersicht nach ausgewählten Reaktionen: IHK zu Leipzig 2015/Abteilung Wirtschafts- und Standortpolitik Fazit: - Der gesetzliche Mindestlohn wirkt sich auf den Großteil der Unternehmen (zwei Drittel) aus darunter auch auf Firmen, die bisher bereits den Mindestlohn von 8,50 Euro zahlten - und fordert entsprechende Reaktionen. Neben Kostensteigerungen führt er insbesondere zu weiterem bürokratischen Aufwand und hinterlässt Rechtsunsicherheit (Haftungsrisiko). - Besonders betroffen sind Unternehmen im Tourismusgewerbe (Gastgewerbe), im Einzelhandel und im Verkehrsgewerbe. - Insbesondere durch Preiserhöhungen versuchen die Unternehmen, die durch den Mindestlohn entstandenen zusätzlichen Kosten aufzubringen. Aber auch Maßnahmen im Bereich der Personal- und Arbeitszeit- und Investitionsplanung sind oftmals erforderlich. - Aufgrund der guten konjunkturellen Situation konnte zumindest ein größerer Personalrückgang vermieden werden. IHK zu Leipzig 2015/Abteilung Wirtschafts- und Standortpolitik
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