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Research Note
29. September 2015
Abspaltung von Tochterunternehmen:
Was die Art der Trennung für den zukünftigen
Investmenterfolg bedeutet
Research Note
29.09.2015
Dr. Christian Funke
Vorstand / Fondsmanager (S4A)
Julien Jensen
Geschäftsführer (KJL)
Prof. Dr. Lutz Johanning
Aufsichtsratsvorsitzender (S4A)
Source For Alpha (Deutschland) AG
Zum Laurenburger Hof 76
60594 Frankfurt am Main
[email protected]
KJL Capital GmbH
Bockenheimer Landstr. 51-53
60325 Frankfurt
[email protected]
Lehrstuhl für Empirische
Kapitalmarktforschung
WHU – Otto Beisheim School of
Management, Vallendar
[email protected]
Der Börsengang von Covestro
Anfang Oktober ist es soweit: Bayer spaltet seinen Kunststoffgeschäftsbereich Covestro ab und bringt
ihn als eigenständige Gesellschaft an die Börse. Viele Anleger hoffen bereits auf eine gute Kursentwicklung wie zuletzt bei der Abspaltung von Osram durch Siemens im Sommer 2013. Auch die erfolgreiche Abspaltung von Lanxess durch Bayer in 2005 ist vielen Aktionären noch in guter Erinnerung.
Doch Vorsicht: Die Kapitalmarktforschung hat gezeigt, dass der langfristige Erfolg der Tochterunternehmen entscheidend von der Art der Abspaltung abhängt. Diesbezüglich unterscheiden sich Osram
und Lanxess fundamental von Covestro. Bei Osram und Lanxess erfolgte eine vollständige Abspaltung
in Form einer sog. Aktiendividende, bei der jeder bestehende Aktionär neue Aktien der Tochtergesellschaft erhält und die Muttergesellschaft keinen Emissionserlös erzielt. Diese Form der Abspaltung
wird in der Finanzliteratur als „Spin-off“ bezeichnet. Beim Börsengang (IPO) von Covestro handelt es
sich um einen sog. „Equity Carve-out“. Hierbei verkauft der Mutterkonzern einen Teil der Tochtergesellschaft im Zuge eines IPO über die Börse und erzielt einen Emissionserlös, behält jedoch üblicherweise die Mehrheit der Aktien. 1 Im Folgenden werden wir detailliert beschreiben, inwieweit diese
beiden unterschiedlichen Arten der Abspaltung Einfluss auf den erwarteten Investmenterfolg haben.
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Beim Börsengang von Covestro verhält es sich wie folgt: Bayer verkauft die ersten Anteile an Covestro nur „indirekt“.
Beim angestrebten Börsengang behält der Konzern zunächst seine Anteile. Die neuen Aktien für die Börsennotierung
kommen vollständig aus einer Kapitalerhöhung. Die im Zuge des Börsengangs eingenommen Gelder werden zum Großteil dazu verwendet, um von Bayer übernommene Schulden zu begleichen. Nach dem Börsengang wird die Mehrheit
der Aktien bei Bayer verbleiben. Diese kann der Konzern dann einige Monate nach dem IPO verkaufen.
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Spin-offs – Nach der Trennung geht es bergauf
Prominente Beispiele für Spin-offs am deutschen Aktienmarkt sind wie oben erwähnt Osram und
Lanxess. Beide Firmen haben sich direkt nach ihrer Abspaltung besser entwickeln können als der
DAX. Dies ist nicht verwunderlich, da die empirische Kapitalmarktforschung gezeigt hat, dass sich
Spin-offs im Durchschnitt deutlich besser entwickeln als der Vergleichsindex.2
Obwohl die Forschungsgemeinde die relative Outperformance der Spin-offs in mehreren Studien
bestätigt hat, herrscht noch Unsicherheit bezüglich der Quellen dieser Überrendite. Auffallend ist vor
allem, dass institutionelle Investoren stark dazu tendieren, die Spin-offs nach der Trennung zu verkaufen, was einen kurzzeitigen Preisrückgang auslöst. Die neuen Aktiengesellschaften scheinen daher
nicht gut zu den Präferenzen der institutionellen Anleger zu passen und müssen somit – ähnlich wie
Small-Cap-Aktien – eine zusätzliche langfristige Renditeprämie bieten.3
Unsere eigenen Untersuchungen bestätigen die Ergebnisse der Wissenschaftler. Die zu untersuchende Stichprobe umfasst 306 Spin-offs, welche seit 1990 am amerikanischen Markt durchgeführt wurden. Die untenstehende Abbildung zeigt die durchschnittliche Überrendite der untersuchten Spinoffs gegenüber dem gleichgewichteten S&P 500 Index. Im ersten Jahr nach der Abspaltung weisen
die Spin-offs eine Outperformance von 10,4 % auf. Für das Folgejahr ist die Rendite deutlich kleiner,
beträgt aber immer noch 8,4 %.
Abbildung 1:
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Durchschnittliche Überrendite (gleichgewichtete Buy-and-Hold Abnormal Returns gegenüber
dem S&P 500 Equal Weight Index) von 306 US-Spin-offs von Januar 1990 bis August 2015
Cusatis, Miles und Woolridge (1993) sowie Desai und Jain (1999) konnten dies bereits in den 90iger Jahren nachweisen.
Vgl. Abarbanell, Bushee und Raedy (2003). Ein anderer Erklärungsansatz geht dahin, dass die Übernahmewahrscheinlichkeit für Spin-offs aufgrund ihres sehr fokussierten Geschäftsmodells sehr hoch ist und sie damit durchschnittliche eine Übernahmeprämie generieren, ohne dass der Kapitalmarkt dies ausreichend antizipiert.
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Equity Carve-outs – Dem Börsengang folgen schwierige Zeiten
Beim Equity Carve-out spaltet sich das Tochterunternehmen vom Mutterkonzern in Form eines IPO
ab. Die Mutter trennt sich hierbei nur von einem Teil des Aktienanteils und behält üblicherweise die
Mehrheit. Derartige Börsengänge von Tochterunternehmen sind am deutschen Kapitalmarkt nicht
neu. Prominente Beispiele für durchgeführte Equity Carve-outs sind T-Online, Infineon, Comdirect
oder die Postbank. Anders als Spin-offs lieferten die Equity Carve-outs allerdings im Durchschnitt
keine gute Rendite nach ihrer Abspaltung. Von den genannten Beispielen konnte sich lediglich die
Postbank positiv gegenüber dem DAX entwickeln. Dies ist nicht verwunderlich, da Studien gezeigt
haben, dass sich Equity Carve-outs im Durchschnitt schlechter entwickeln als der Vergleichsindex.4
Der dominierende Erklärungsansatz für diese Underperformance fußt auf denselben Argumenten wie
generell bei der schlechten langfristigen Performance von Börsengängen (IPO-Underperformance):
Ritter (1991) sowie Loughran and Ritter (1995) zeigen auf, dass Unternehmensmanager opportunistisch neue Aktien häufig nur dann begeben, wenn die Marktsituation vorteilhaft ist, hohe Bewertungsniveaus vorliegen und dementsprechend hohe Aktienkurse realisiert werden können. Hierdurch
maximieren sie den anfänglichen Emissionserlös, nehmen allerdings langfristige schlechtere Renditen
für die Investoren in Kauf.5
Unsere eigenen Untersuchungen zeigen ebenfalls, dass sich Equity Carve-outs in den ersten Jahren
nach dem Börsengang schlecht entwickeln: Unsere Stichprobe beinhaltet 129 Equity Carve-outs, welche seit 1990 am amerikanischen Markt stattgefunden haben. Die untenstehende Abbildung zeigt,
wie sich die Equity Carve-outs gegenüber dem gleichgewichteten S&P 500 Index entwickelt haben.
Auffallend ist, dass der Renditeverlauf konträr zu den Ergebnissen für die Spin-off-Unternehmen ist.
Weisen die Spin-offs in den ersten zwei Jahren nach der Abspaltung eine Outperformance von über
18,8 % auf, so hinken die Equity Carve-outs dem Index deutlich hinterher. Nach zwei Jahren weisen
sie im Schnitt eine Underperformance von -9,5 % gegenüber dem gleichgewichteten S&P 500 auf.
Abbildung 2:
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Durchschnittliche Überrendite (gleichgewichtete Buy-and-Hold Abnormal Returns gegenüber
dem S&P 500 Equal Weight Index) von 129 US-Carve-outs von Januar 1990 bis August 2015
In einer umfangreichen Untersuchung analysiert bspw. Thompson (2013) die langfristige Performance von Equity Carveouts. Seine Ergebnisse zeigen, dass Equity Carve-outs in den ersten drei Jahren signifikant negative Renditen aufzeigen.
Schultz (2003) bestätigt diese Ergebnisse generell für IPOs. Vijh (1999) untersucht spezifisch die langfristigen Renditen
von US-Equity Carve-outs. Er zeigt, dass die negative Performance von Equity Carve-outs vor allem ein Resultat der Charakteristika (Größe, Bewertungsniveau, etc.) der abgespaltenen Tochterunternehmen ist. Werden die Renditen auf diese Effekte adjustiert, so sind sie nicht mehr negativ.
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Unsere Analyse lässt sich wie folgt zusammenfassen: Viele Anleger hoffen, dass ein Investment in
neu abgespaltene Firmen große Renditen verspricht. Unsere Untersuchungen zeigen, dass der langfristige Erfolg der Tochterunternehmen entscheidend von der Art der Abspaltung abhängt. Klassische Spin-offs konnten sich in der Vergangenheit deutlich besser entwickeln als der Vergleichsindex. Häufig werden Tochtergesellschaften jedoch in Form eines Equity Carve-outs abgespalten.
Unsere Analyse zeigt, dass Equity Carve-outs nach ihrer Trennung vom Mutterkonzern eine deutliche Underperformance aufweisen.
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Referenzen
Abarbanell, Jeffery und Bushee, Brian und Raedy, Jana (2003): Institutional Investor Preferences and Price Pressure: The
Case of Corporate Spin-Offs. Journal of Business. Volume 76. Nummer 2. S. 233-261.
Cusatis, Patrick und Miles, James und Woolridge, Randall (1993): Restructuring through Spinoffs: The stock market evidence. Journal of Financial Economics. Volume 33. Issue 3. S. 293-311.
Desai, Hemang und Jain, Prem (1999): Firm performance and focus: long-run stock market performance following spinoffs.
Journal of Financial Economics. Volume 54. Issue 1. S. 75-101.
Loughran, Tim und Ritter, Jay (1995): The New Issues Puzzle. The Journal of Finance. Volume 50. Issue 1. S. 23-51.
Ritter, Jay (1991): The Long-Run Performance of Initial Public Offerings. The Journal of Finance. Volume 46. Number 1. S. 327.
Schultz, Paul (2003): Pseudo Market Timing and the Long-Run Underperformance of IPOs. The Journal of Finance. Volume
58. Number 2. S. 483-517.
Thompson, Thomas (2013): An examination of ex-ante factors and their influence on equity carve-out long-term performance. Journal of Economics and Finance. Volume 37. S. 159-172.
Vijh, Anand (1999) Long-term returns from equity carveouts. Journal of Financial Economics. Volume 51. S. 273-308.
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