Alain Badiou: Philosophie und die Idee des Kommunismus.

Alain Badiou: Philosophie und die
Idee des Kommunismus.
Im Gespräch mit Peter Engelmann. Passagen Gespräche 1.
Zum 25. Geburtstag des Passagen-Verlags diskutiert der Passagen-Verleger Peter Engelmann in
einem eindrucksvollen zweiteiligen Gespräch mit dem Mathematiker und Philosophen Alain Badiou
(*1937) im gleichnamigen Buch über die ‚Philosophie und die Idee des Kommunismus’.
Eine zentrale Unterscheidung, die selten so deutlich ausgedrückt wird, betrifft die Person Marx:
Badiou differenziert zwischen dem Geschichtsphilosophen, dem ökonomischen Analysten und dem
politischen Menschen. Dabei kommt es, dass sich beispielsweise die Idee der zyklisch wiederkehrenden
Krisen der Überproduktion in der kapitalistischen Gesellschaft bereits bei Adam Smith finden lässt,
womit Marx in dieser Hinsicht als Analytiker und nicht als Dialektiker verstanden werden kann. Und
der politische Mensch Marx ist jener, der die Internationale gegründet hat und in den Klassenkampf
in Frankreich intervenierte. Marx war eben weder nur das eine noch das andere. Entsprechend hatte
er auch drei Ziele. Die Herstellung einer geschichtlichen Evolution, die Bereitstellung einer Analytik
der Mechanismen der Gesellschaft seiner Zeit sowie die Konstruktion eines Werkzeugs, mit dem die
alteingesessene Ordnung umgestürzt werden kann.
Diese Unterscheidung der Person ermöglicht ein verfeinertes Verständnis der Idee des Kommunismus. In diesem Sinne ist sie eine Idee, die weder dialektisch noch analytisch ist. Jedoch gibt es
eine „dialektische Version“ von ihr, wie Badiou es ausdrückt. Diese findet sich beispielsweise im Marx
des Manifests der Kommunistischen Partei. Doch vor allem handelt es sich um eine formale Idee im
doppelten Sinn, da sie hilft, die allgemeine Form der „laufenden politischen Bewegung zu bezeichnen“
(46) und zugleich normativ ist.
Ferner von der Idee und näher am Historischen ist Badious Feststellung wesentlich, dass der
Kommunismus keine Macht sein kann, sondern eine Bewegung ist. Somit sind Formen wie Staat,
Partei oder Staatspartei davon ausgeschlossen. Doch der Realsozialismus sah anders aus. Es gab sowohl
das Gebilde des Staates, die Staatspartei und auch die Arbeitsteilung wurde weiter ausgebaut. Und die
Demokratie? Ja, sie verkörpert vor allem die hegemoniale Macht, „das Protokoll, das Legitimation
schafft, das die Vorherrschaft ausmacht“ (54). Scharf schießt Badiou gegen den Kapitalismus, der nicht
selten in Zusammenhang mit demokratischen Staaten steht. Nichts an den kapitalistischen Staaten,
mit ihren imperialistischen Zügen und schlagkräftigen Armeen, die Afrika ausplündern und im Irak
Menschen töteten, geht in Richtung Gemeinschaftlichkeit oder Gleichheit. Badiou hält sie für einen
„Krankheitszustand“ (56). Die Demokratie als Repräsentation und die Repräsentation als Verfälschung
des Universalen.
Wer den Ex-Maoisten Badiou und seine Kritik am Repräsentativen verstehen will, muss dieses
Buch lesen. Es lohnt sich.
| Dona Barirani
Engelmann (2014): Alain Badiou. Philosophie und die Idee des Kommunismus. Im Gespräch mit Peter Engelmann. Passagen. 112
Seiten.
engagée | 85