Körnermais mit der Rübendrille säen?

Fotos: Nübel, agrar-press
Pflanzenbau
Betriebe mit Mais und Rüben können dasselbe Sä- und Hackgerät nutzen, wenn sie die Reihenweiten bei Körnermais verändern.
Mais-Bestelltechnik Auch
Körnermais lässt sich demnächst reihenunabhängig
ernten. Das macht engere
Reihenabstände möglich.
Erste Versuche zeigen höhere
Erträge und geben Hinweise
auf besser ausgenutzten
Bodenstickstoff. Veit Nübel,
FH Weihenstephan, hat nach
Lösungen gesucht.
D
er Reihenschluss von Mais findet
meist erst Ende Juni / Anfang Juli statt. Von der Ernte der Vorfrucht bis zu diesem Termin bleibt der
Boden größtenteils unbedeckt. Die Bodennährstoffe zwischen den Reihen
werden von den Pflanzen, solange sie
noch kein ausreichendes Wurzelwerk
gebildet haben, lange Zeit nicht erreicht. Fehlender Schatten begünstigt
das Verdunsten von Bodenwasser über
das Kapillarsystem und die Unkrautent-
58
Körnermais mit
der Rübendrille
säen?
wicklung. Kurze Abstände in der Reihe
können das Konkurrenzverhalten beeinflussen und bewirken eventuell ein
verstärktes Längenwachstum. Darunter
kann die Ausbildung des Kolbens leiden.
Verringerte Reihenabstände und die damit verbundene Erhöhung des Abstandes in der Reihe erreicht eine gleichmäßigere Standraumverteilung und optimiert so die Flächennutzung. Das beeinflusst den Bodenzustand und die
Pflanzenvegetation. Seit es möglich ist,
im Silomaisanbau reihenunabhänig zu
ernten, verringerten Maisanbauer den
Abstand von 75 bis auf 30 cm. In Rheinland-Pfalz wurde in einem 14-jährigen
Versuch ein Mehrertrag von elf Prozent
und eine Reduktion des Reststickstoffgehaltes im Boden um 17 Prozent durch
engeren Reihenabstand erreicht. Mittlerweile wird dort Silomais auf über
5000 ha mit verringertem Reihenabstand von 30 cm angebaut.
2002 sind auch bei der Ernte von Körnermais erstmals reihenunabhängige
Pflücker im Einsatz gewesen. Der Einfluss engerer Reihenabstände auf den
Körnermaisertrag und den Reststickstoffgehalt im Boden wird in einer
2/2003
mehrjährigen Versuchsserie an verschiedenen Standorten untersucht.
Der Versuch am Bodensee
Im Versuch wird die herkömmliche Variante von 75 cm Reihenabstand mit einer verringerten Reihenweite von 45 cm
am Standort westlicher Bodensee verglichen. Um die Ergebnisse statistisch zu
untermauern, wird jedes Versuchsglied
mit dreifacher Wiederholung angelegt.
Jede einzelne Parzelle umfasst eine Größe von rund 0,22 ha.
Ein Sorteneinfluss wird geprüft, indem
jedes Versuchsglied mit den zwei Sorten
Sandrina und Lambada angelegt ist. In
beiden Varianten wird eine Pflanzenzahl von 8,5 Pfl./m2 angestrebt.
Die Auswirkung der engeren Reihenabstände auf den Reststickstoffgehalt im
Boden wird durch Nmin-Untersuchungen nach der Ernte ermittelt. Dabei werden in der Reihe und zwischen den Reihen in allen drei Bodenschichten Bodenproben genommen.
Die Ernteergebnisse 2002
Für die Ernte kam ein Versuchsparzellenmähdrescher zum Einsatz. Von jeder
Parzelle wurde ein Kern von rund 40 m2
gedroschen. Das Gewicht der Frischmasse wurde direkt auf dem Versuchsmähdrescher mit einer Waage erfasst.
Von jeder Parzelle wurden zwei Proben
gezogen und der TS-Gehalt bestimmt.
Der ermittelte TM-Ertrag lag in den Varianten mit dem verringerten Reihenabstand um 8,9 Prozent höher als bei der
herkömmlichen Reihenweite von 75
cm. Die Bodenuntersuchungen ergaben
einen durchschnittlich geringfügig gesenkten Reststickstoffgehalt um 2,22
Prozent. Dieser geringe Wert lässt nach
Mehrkosten bei Umstellung
... von 75 cm auf 45 cm
4 Säelemente
Kalkulatorische Zinsen *
3688 €
848 €
Mehrkosten
4536 €
... von 75 auf 30 cm
9 Säelemente
Turbine
Fahrgassenschaltung
8298 €
450 €
1013 €
Summe
Kalkulatorische Zinsen*
9761 €
2244 €
Mehrkosten
12 005 €
* Zinssatz 8 %, Abschreibung 8 Jahre
dem ersten Jahr noch keine Beurteilung
zu. Die übrige Fläche der 45 cm und 75
cm-Parzellen wurde praxisüblich mit einem New Holland TF 44, ausgestattet
mit herkömmlichem 75 cm-GeringhoffPlücker, geerntet. Ein Feuchtigkeitsmessgerät ermittelte den H2O-Gehalt.
Die Ertragssteigerung lag hier bei 5,8
Prozent. Eine Quantifizierung der Pflückerverluste begründet die Ertragsdifferenz von 3,1 Prozent nicht. Die Ursache
ist vielmehr in der Diskrepanz zwischen
Versuch und Praxis zu suchen. Nach statistischen Auswertungen ist der höhere
Ertrag der engeren Reihe im Vergleich
zur konventionellen Reihenweite statistisch allerdings in diesem Versuch nicht
nachweisbar. Er lässt lediglich eine Tendenz erkennen.
Letztes Jahr gab es an anderen Standorten weitere Beobachtungen. In SachsenAnhalt wurde bei Bandau ein Mehrertrag von zwölf Prozent ermittelt. Jedoch
lag die Pflanzenzahl/m2 in der engeren
Variante dort höher, so dass dies sicher
eine Auswirkung auf den Ertrag hatte.
Deshalb ist dieser Wert nur eingeschränkt zu vergleichen.
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Advanta
Was die Umstellung kostet
Links üblicher 75 cm-Abstand, rechts verminderter Reihenabstand auf 45 cm:
Mehrkosten schnell wieder eingefahren.
2/2003
Die gleichmäßigste Standraumverteilung ist durch die Gleichstandssaat
möglich. Dabei wird im Dreiecksverbund eine gleichmäßige Verteilung der
Körner erreicht. Bei 30 cm-Reihenabstand ist der Pflanzenabstand in der Reihe sowie zwischen den Nachbarpflanzen ausgeglichen (Saatstärke 9,5 Pfl.
/m2). Der Reihenabstand beträgt 30 cm.
Dementsprechend mehr Säelemente
sind für die Saat nötig. So entstehen
deutlich höhere Anschaffungskosten.
Für 4,50 m-Arbeitsbreite und 75 cm-Reihenabstand sind sechs Säelemente nötig. Bei einem Reihenabstand von 45 cm
sind bei gleicher Arbeitsbreite zehn Elemente erforderlich, also vier zusätzli59
Pflanzenbau
che. Wird auf 30 cm gesät, sind 15, also
neun zusätzliche Elemente nötig.
Das einzelne Säelement wird mit einem
Preis von 922 € inklusive Säscheiben
und Schlauch angesetzt. Durch die hohe
Anzahl an Elementen bei der Gleichstandsaat ist zudem eine zweite Turbine
notwendig, die mit 450 € kalkuliert
wird. Der enge Reihenabstand zwingt
zum Anlegen von Fahrgassen. Das setzt
eine Fahrgassenschaltung voraus, die
mit 1013 € in die Rechnung eingeht.
Die versetzte Ablage benachbarter Elemente ist durch geringe Änderung am
Antrieb zu ermöglichen (siehe Tabelle
„Mehrkosten bei Umstellung”).
Die Sämaschinen-Mehrkosten bei der
Reihenweite von 30 cm gegenüber 45
cm liegen bei knapp 7500 €. Bei einem
Ertrag von 8,8 t/ha mit 14 Prozent
Feuchtigkeit und einem Preis von 110 €/t
amortisieren sich die Mehrkosten der Umstellung auf 45 cm schon ab einer Auslastung von 53 ha allein im ersten Jahr.
Vorausgesetzt, dass sich der Mehrertrag
von 8,9 Prozent über mehrere Jahre bestätigt, sind nach dieser Kalkulation die
Mehrkosten nicht allein entscheidungsrelevant. Vielmehr müssen weitere Umstellungskosten, zum Beispiel bei der
Erntetechnik, bewertet und verglichen
werden. Folgende Faktoren sind betriebsspezifisch zu bewerten:
● Wasser- und Nährstoffversorgung des
Standortes,
● Synergieeffekte zu anderen Kulturen
wie beispielsweise Reihenweite und
Spurweite.
Eine nähere ökonomische Betrachtung
ist am Ende der Versuchsserie geplant.
Bei allen Betrachtungen muss berücksichtigt werden, dass engerer Reihenabstand das Gewicht des Sägerätes und damit den Bodendruck des Säschleppers
deutlich erhöht. Ein Element wiegt je
nach Hersteller rund 70 kg. Das entspricht einem Mehrgewicht durch die
Elemente bei 30 cm-Reihenweite von
630 kg und bei 45 cm-Reihenweite von
280 kg.
Pro und Kontra im Überblick
Eine gleichmäßigere Standraumverteilung auch für Körnermais bringt etliche
positive Auswirkungen:
● Die Konkurrenz der Pflanzen untereinander um Nährstoffe, Wasser und
Licht verringert sich,
● der Boden wird früher beschattet;
● das erhöht den Erosionsschutz und
● verringert meist Spätverunkrautung,
● fördert die Bodengare und
● reduziert die Wasserverdunstung;
● das bewirkt Ertragssteigerungen,
● die ergänzt werden durch erhöhte
Pflanzenanzahl bei ausreichender Wasser- und Nährstoffversorgung;
● größere Abstände in der Reihe setzen
die Drehzahl der Säscheiben herab. Das
könnte höhere Sägeschwindigkeiten ermöglichen.
Unerwünschte Auswirkungen sind etwa
● höhere Anschaffungskosten des Sägerätes,
● mehr Säelemente bei gleicher Arbeitsbreite, was den Verschleiß erhöht,
● höheres Sägerätgewicht,
● gegebenenfalls sind andere Säscheiben für größere Ablageabstände nötig,
● hinzu kommen sonstige Umstellungskosten und eventuell
● höhere Anschaffungskosten des reihenunabhängigen Pflückers.
Die Technik: ausgereift
Die reihenunabhängigen Maishäcksleraggregate haben sich in der Praxis bewährt und erfahren ihre Akzeptanz. Im
Silomaisanbau steht deshalb verringerten Reihenabständen nichts mehr entgegen.
Erntetechnik: Auf der Agritechnica 2001
stellte der Pflückerhersteller Kemper,
Stadtlohn, der zu John Deere gehört, einen neu entwickelten reihenunabhängigen Erntevorsatz vor. Während der
Ernte 2002 wurden die Prototypen getestet. In Kürze wird der Hersteller den
Pflücker zum Verkauf anbieten.
Die RDS-Vorsätze von Geringhoff sind
bis auf 51 cm verstellbar. Von den Herstellern John Deere und New Holland
werden für den amerikanischen Markt
seit mehreren Jahren Pflücker mit verringertem Reihenabstand von 51 und
56 cm (20 und 22 Zoll) hergestellt.
Sätechnik: Die meisten Sägeräte lassen
sich mit geringem Aufwand an andere
Reihenabstände anpassen. An dem Trägerrahmen können die Elemente in der
Regel stufenlos verschoben und gegebenenfalls zusätzliche Elemente angebracht werden. Der italienische Hersteller Matter Mac ermöglicht eine hydraulische Reihenweitenverstellung.
Verschiedene Hersteller beschäftigen
sich auch damit, zwei Säschare mit einem Dosieraggregat zu beschicken.
Welches Fazit bleibt?
Die Erntetechnik macht es in Kürze
möglich, auch Körnermais reihenunabhängig zu ernten. Durch verringerte Reihenweite und damit gleichmäßigere
Pflanzenverteilung ist es ganz offenbar
möglich, die Erträge zu steigern. Das jedenfalls zeigen die Auswertungen des
ersten Versuchsjahres. Erste Ergebnisse
über den Reststickstoffgehalt deuten auf
positive Auswirkungen hin. Allerdings
sind für eine abschließende Beurteilung
weitere Erkenntnisse nötig.
Mehrerträge bei 45 cm Reihenweite
im Vergleich
110%
100%
90%
80%
100,0%
105,7%
100,0%
105,9%
70%
60%
50%
Sandrina 75
Kurz vor Reihenschluss zeigen sich viele Vorteile von engeren
Reihenabständen (rechts) in Mais besonders eindrucksvoll.
60
Sandrina 45 Lambada 75 Lambada 45
Ertragssteigerung der Reihenweite von 45 cm im Vergleich zu 75 cm bei den Sorten
Sandrina und Lambada.
2/2003
Marktfruchtbetriebe mit unterschiedlichen Reihenkulturen können durch
angepasste Maisreihenabstände unter
Umständen Arbeitserledigungskosten
einsparen. Die Umrüstung eines sechs-
reihigen Maislegegerätes mit 75 cm Reihenabstand auf 45 cm amortisiert sich
bei einem Mehrertrag von 8,9 Prozent
schon ab einer Einsatzfläche allein im
ersten Jahr von 53 ha.
Warum überhaupt verringerte Abstände?
Bevor Pflegemaßnahmen im Mais mit
dem Schlepper durchgeführt wurden,
war das Hinterteil der Zugpferde mit
mehr als 100 cm das Maß für den Abstand bei Reihenkulturen. Seit dem Einsatz von Schleppern gibt es immer eine
Wechselwirkung zwischen den Ansprüchen des Pflanzenbaues und den Grenzen durch die Technik. Das gilt vor allem
für den Bereich Pflege. Die jeweils allgemein übliche Spurweite der Traktoren
hat bisher maßgeblich die Reihenweite
bei Mais bestimmt. Die Reifen sollen
möglichst mittig zwischen den Pflanzenreihen laufen, um Pflanzenbeschädigungen zu vermeiden. Das gilt nicht nur für
Mais, sondern auch für andere Reihenkulturen wie Zuckerrüben und Kartoffeln.
Immer breitere Spur- und Reihenweiten: In den 60er Jahren war die Reihenweite von 62,5 cm weit verbreitet, weil
die Traktoren mit geringer Motorleistung
überwiegend mit 125 cm-Spurweite gebaut wurden. Ende der 70er Jahren wurden die Traktoren leistungsstärker und
die Spurweiten sowie die Reifen breiter.
Die übliche Spurweite von 150 cm führte zu 75 cm Reihenabstand.
Die USA, weltweit Maisproduzent Num-
mer eins, hatten vor Jahrzehnten ebenfalls mehr als 100 cm Reihenabstand.
Auch dort verringerte er sich auf 30 Zoll
= 76 cm. Seit einigen Jahren zeichnet
sich in den USA an Standorten mit ausreichender Wasserversorgung ein Trend
zu geringeren Reihenabständen ab. So
stieg etwa seit 1998 der Flächenanteil an
Körnermais im US-Bundesstaat Minnesota mit engerem Reihenabstand als 30
Zoll von 9 auf 20 Prozent an.
Handfeste Gründe für 45 cm Abstand:
Da sich die Spurweiten von 180 oder
200 cm und mehr verbreitert haben,
liegt es nahe, die Reihenweiten von 45
oder 50 cm anbautechnisch zu untersuchen. Für verringerte Reihenabstände
sprechen viele Faktoren, die Auswirkungen auf die Arbeitserledigungskosten
von Marktfruchtbetrieben mit verschiedenen Reihenkulturen haben. Beispiele:
● Betriebe mit Zuckerrüben- und Maisanbau können dasselbe Sä- und Hackgerät für beide Kulturen verwenden und
dadurch Geräte einsparen.
● Einheitliche Reihenabstände für Mais
und Zuckerrüben sowie die folglich gleiche Spurweite führen zu einheitlichen
Arbeits- und Spurweiten in der Pflegetechnik.
– vn –
In Silomais arbeiten
längst reihenunabhängige Häcksler. Auch für Körnermais
sind inzwischen Pflücker mit verringerten
Reihenabständen entwickelt.
Letztendlich wird es den optimalen Reihenabstand nicht geben, da er von vielen Faktoren abhängt. Wichtige Faktoren bleiben sicher der Standort und die
jeweils betriebsspezifischen Kulturen.
Für 2003 ist geplant, den Versuch an
möglichst vielen Standorten anzulegen.
Interessierte mit geeigneten Versuchsstandorten für Körnermais können sich
melden unter www.mais45.de oder bei
Redaktion dlz agrarmagazin
Lothstr. 19, 80797 München,
Tel. 089 / 12705 -276, Fax -546
E-mail: [email protected]
www.dlz-agrarmagazin.de (kb/wö)
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