Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann Symposium 50 Jahre LWL-Klinik Montag, 09. November, 10 Uhr Sehr geehrte Ministerin Steffens, sehr geehrter Herr Löb, sehr geehrter Prof. Dr. Holtmann, sehr geehrte Damen und Herren! Seit einigen Wochen ist Sophie die beste Freundin von Lena. Die beiden Siebenjährigen können stundenlang miteinander spielen, reden und herumtollen. Sie essen zusammen und schlafen gemeinsam ein. Kurzum: Sophie ist immer da. Sie begleitet Lena zum Kinderarzt, löst Streitigkeiten mit den Eltern oder hilft ihr bei Problemen in der Schule. Lenas Eltern kennen Sophie nicht. Oder besser gesagt: Sie kennen sie nur vom Hörensagen. Gesehen haben sie Sophie nicht - und werden sie auch nicht. Denn Sophie ist eine Phantasie-Freundin ihrer Tochter. Damit ist Lena nicht allein: Schätzungen zufolge hat jedes dritte Kind irgendwann einmal einen unsichtbaren Freund. Vielen Eltern machen die imaginären Begleiter ihrer Kinder Angst. Sie fühlen sich hilflos. Sie fragen sich, warum sich ihr Kind so einen "Unfug" ausdenkt und ob sie etwas in der Erziehung falsch gemacht haben. Haben sie aber nicht. Solch unsichtbare Freunde zeugen von lebhafter Phantasie. Und sie helfen Kindern, sich zu sozialisieren. Sehr geehrte Damen und Herren, es sind oft die Dinge, die wir nicht auf Anhieb sehen können, die uns verunsichern und die uns nicht selten Angst machen. Krankheiten machen da keine Ausnahme, im Gegenteil: nicht sichtbares, nicht greifbares verunsichert die Menschen. Dies ist auch ein Grund, warum viele Menschen Schwierigkeiten im Umgang mit psychischen Erkrankungen haben. Umso wichtiger ist die Arbeit in professionellen Einrichtungen wie der LWL-Klinik für Kinder-und Jugendpsychatrie. Die LWL-Universitätsklinik Hamm ist eine der größten Fachkliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland. In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Einrichtung in Hamm einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Mit rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deckt die LWL-Klinik die gesamte Bandbreite psychisch bedingter Krankheitsbilder ab: von Depressionen und verschiedensten Süchten über Ess- und Verhaltensstörungen bis hin zu ADHS. Die fachliche Qualifikation der einzelnen Mitarbeiter garantiert eine bestmögliche Behandlung der Kinder und Jugendlichen. Trotz rund 1.100 stationären Patienten und einem Vielfachen an ambulanten Patienten im Jahr unterscheidet sich die LWL-Klinik von anderen Einrichtungen. Es gibt keine – böse gesagt „Massenabfertigungen“. Das Wohl des Patienten steht im Mittelpunkt. Von Anfang an geht es darum, Ängste zu nehmen und für ein Gefühl der Sicherheit zu sorgen. Das betrifft nicht nur die Kinder und Jugendlichen, sondern vor allem auch deren Eltern. Persönlichkeit, aktuelle Lebenssituation und soziales Umfeld fließen mit in die Betrachtung ein. Dadurch wird ein individueller Therapieplan für jeden Patienten entwickelt. Es gibt nicht die eine Lösung. Jeder Patient und jedes Krankheitsbild ist anders – und damit auch die Therapiemöglichkeiten. Diese Vielfalt der Therapiemöglichkeiten ist eine der großen Stärken der LWL-Klinik. Und doch ist es fraglich, ob sie in Zukunft weiterhin garantiert werden kann. Grund dafür ist das PEPP-System, das in den kommenden Jahren umgesetzt werden muss. Ich hoffe, dass sich diese Pauschalisierung des Entgelts nicht negativ auf die stationäre Behandlung psychisch Erkrankter auswirkt. Um es mit den Worten des Präsidenten der deutschen Ärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, zu sagen: "Die übertriebene Standardisierung führt dazu, dass nicht mehr der kranke Mensch mit einer Diagnose gesehen wird, sondern nur noch die Diagnose." Sehr geehrte Damen und Herren, das PEPP-System ist sicherlich eine der Herausforderungen , die im Rahmen des heutigen Symposiums zum Thema „Herausforderungen und Handlungsfelder der Kinder- und Jugendpsychatrie“ genannt werden. Das Internet und neue Medien sind sicherlich ebenfalls Herausforderungen der Zukunft - Cyber-Mobbing und OnlineSucht sollten hier als Stichworte genügen. Und auch das allgegenwärtige FlüchtlingsThema hat Auswirkungen auf die Arbeit Ihrer Einrichtung. Unter den tausenden Flüchtlingen sind viele, die durch Kriege traumatisiert sind. Allerdings benötigen nicht nur die Flüchtlinge Hilfe, sondern auch die vielen ehrenamtlichen Helfer vor Ort. Menschen, die nicht wissen und nicht wissen können, wie sie mit dem Leid der Flüchtlinge umgehen müssen. Es ist nicht leicht, mit so vielen persönlichen Schicksalen konfrontiert zu werden, Rückschläge zu verkraften und diese stets professionell zu verarbeiten. Für diese Leistung möchte ich allen Beteiligten ganz herzlich danken. In den vergangenen Jahren haben Sie dafür gesorgt, dass eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie kein Ort ist, vor dem man sich fürchten muss oder in dem man weggesperrt wird. Sondern eine hochqualifizierte Einrichtung, in der jeder Hilfe bekommt, der sie benötigt. Ich wünsche Ihnen allen einen unterhaltsamen Tag und Gottes Segen. Vielen Dank.
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