Factsheet Finanzen & Landwirtschaft Im Zusammenhang mit verschiedenen Themen und Entscheiden in den eidgenössischen Räten wurde die Landwirtschaft stark kritisiert. „Bauern kriegen den Hals nicht voll“, „noch mehr Geld für die Landwirtschaft“, „Bauern müssen nicht sparen“, „Bauern werden verhätschelt“ und einiges mehr in diese Richtung war in der Presse zu lesen. Diese Vorwürfe sind nicht berechtigt und fussen auf nicht korrekten Grundlagen. Die Fakten sehen anders aus. Fakt I: Die Landwirtschaft wird immer weniger durch die öffentliche Hand gestützt Die Ausgaben des Bundes für die Landwirtschaft waren in den letzten Jahren stabil und nahmen anteilsmässig ab. Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) (2015b = budgetierter Wert) Rechnet man die Ausgaben bis aus Stufe Gemeinde zusammen, beträgt der Anteil der Landwirtschaft noch weniger als 2.9 Prozent der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand. In 1000 CHF Gesamtausgaben der öffentlichen Hand Ausgaben der öffentlichen Hand für Landwirtschaft, Wald, Fischerei & Jagd Anteil 1990 1995 86'018'898 109'330'401 4'111'401 4,7 % 2000 2005 120'007'999 138'428'266 4'724'977 4'828'897 4'603'570 4,3 % 4,0 % 3,3 % 2010 147'647'924 4'671'838 3,2 % 2012 156'262'974 4'664'382 2,9 % Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) 1|6 In den 90er Jahren wurde von Preisstützung auf vermehrte Direktzahlungen umgestellt. Insgesamt nahm die Stützung der Landwirtschaft relativ zum BIP ab. Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) Die Stützung der Landwirtschaft durch Steuerzahler und Konsumenten hat in der Schweiz mit der Umstellung von Preisstützung auf Direktzahlungen – relativ zum BIP betrachtet – stark abgenommen. Die OECD verwendet eher harte Massstäbe (Weltmarktpreise als Vergleichsbasis) um die Preisstützung zu schätzen. Quelle: OECD, Total Support Estimate 2|6 Fakt II: Die Schweizer Bauern haben mit der Agrarpolitik 2014-17 einen öffentlichen Leistungsauftrag erhalten Ein Grundargument für die Einführung des neuen Direktzahlungssystems im Rahmen der Agrarpolitik war der versprochene gleich bleibende Zahlungsrahmen wie im letzten Jahr des alten Systems. Eineinhalb Jahre nach der Einführung wäre es ein Vertragsbruch, wenn der Bund die bestellten Leistungen nicht bezahlen würde. Die Landwirtschaft bekommt nach dem Willen des Parlaments nicht mehr Geld, sondern ihr Sparanteil ist kleiner als vom Bundesrat vorgesehen. Damit hält das Parlament einigermassen Wort – nicht mehr und nicht weniger. Fakt III: Schweizer Bauern verdienen viel weniger als andere vergleichbare Branchen Der Arbeitsverdienst in der Landwirtschaft ist bedeutend tiefer als entsprechende Vergleichslöhne in der Restwirtschaft. In der Talregion verdient eine Familienarbeitskraft in der Landwirtschaft pro Jahr 51‘667 Franken (Median 2011/2013), der Vergleichslohn in anderen Branchen liegt bei 74‘232 Franken (Quelle: Die wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft 2013 - Hauptbericht Nr. 37; Agroscope 2014). Besonders schlecht steht es um die Betriebe in der Bergregion. Diese verdienen für den 100%-igen Einsatz 27‘703 Franken pro Jahr, während der ausserlandwirtschaftliche Vergleichslohn bei 63‘170 Fr. liegt. Darin sind die Direktzahlungen bereits inbegriffen. Gemäss Verfassung hat der Bund die Aufgabe sicherzustellen, dass die Bauernfamilien als Abgeltung für die Leistungen ein angemessenes Einkommen erzielen können. Artikel 104, Absatz 3 a: Er ergänzt das bäuerliche Einkommen durch Direktzahlungen zur Erzielung eines angemessenen Entgelts für die erbrachten Leistungen, unter der Voraussetzung eines ökologischen Leistungsnachweises. Quelle: Forschungsanstalt Agroscope ART Tänikon, zentrale Auswertung von Buchhaltungsdaten 3|6 Fakt IV: Die Schweiz hat nicht nur bei den Nahrungsmitteln ein hohes Preisniveau Die Schweiz hat ein hohes Preisniveau. Aber bei weitem nicht nur im Nahrungsmittelbereich. Besonders teuer sind in der Schweiz das Wohnen, die Gesundheit sowie Erziehung und Unterricht. Quelle: EUROSTAT, 2013 4|6 Fakt V: Die Schweizer geben so wenig wie nie zuvor für ihr Essen aus Ein durchschnittlicher Haushalt gibt noch 6.3 Prozent seines verfügbaren Einkommens für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke aus. Dieser Wert sinkt seit Jahrzenten und ist so tief wie nirgends sonst auf der Welt. Dafür sind andere Posten höher geworden: Wohnen, Verkehr, Versicherungen (+ Krankenkasse). Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Haushaltbudgeterhebung Fakt VI: Die Lebensmittelpreise beruhen zu einem sehr geringen Anteil auf höheren Preisen für die landwirtschaftlichen Rohstoffe Der Anteil der Landwirtschaft am Konsumentenfranken sinkt stetig. Quelle: Agristat, neue Methode ab 1990 (*provisorische Zahlen) 5|6 Fakt VII: Die Landwirtschaft ist für die Wirtschaft im ländlichen Raum wichtig 160‘000 Personen sind im Primärsektor beschäftigt. Dazu kommen 47‘800 Stellen in der Landwirtschaft vorgelagerte Unternehmen, plus 150‘000 Stellen in nachgelagerten Unternehmen. Gesamthaft sind dies gegen 360‘000 Arbeitsplätze. Die nachgelagerten Betriebe sind weniger stark von der einheimischen Landwirtschaft abhängig, sie können auch ausländische Rohstoffe verarbeiten. Längerfristig dürfte aber die Verarbeitung in diesem Fall aus Kostengründen ebenfalls ins Ausland abwandern. Quelle: Agristat Produktionswert Der Produktionswert der Landwirtschaft lag im Jahr 2014 bei 10.6 Milliarden. Rund 6 Milliarden davon fliessen in Vorleistungen, von denen wiederum zu grossen Teilen Firmen im ländlichen Gebiet profitieren. Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS) (sd= semi-definitiv, *= provisorisch, **= geschätzt) 6|6
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