SVP hofft nur noch auf einen Sitz

Baselland
24
az | Freitag, 16. März 2012
Ein Kiffer
auf Kurve
VON PATRICK RUDIN
Gericht Das Baselbieter Strafgericht
bestätigte eine unbedingte Freiheitsstrafe für einen Hanfzüchter. «Er ist
im ‹Exil› und ausserstande, an der
Verhandlung teilzunehmen», erklärte der Verteidiger schulterzuckend.
Er wisse nicht, wo sich der 32-jährige
IV-Rentner aufhalte, er habe lediglich
per E-Mail Kontakt. Die letzte Adresse liegt in einem Weiler in der Nähe
von Porrentruy, nur einen Steinwurf
weit von der französischen Grenze
entfernt.
sammenstehen würden, um den Sitz
der SVP zu retten. Und am Sonntag
habe sie von Vertretern aller Parteien
gehört, die SVP als starke Einwohnerratsfraktion müsse unbedingt im Gemeinderat vertreten sein. Gleichzeitig gibt Mall zu erkennen, dass sie
von der Wahl Tondis ausgeht.
Unberührt von diesen Ungereimtheiten im bürgerlichen Lager blickt
Tondi mit Zuversicht auf den
22. April. Die Grüne Désirée Lang, die
am Wochenende einige Stimmen
mehr als Bader auf sich vereinigte,
verzichtet auf den zweiten Wahlgang. Also darf Tondi das ganze linke
Lager hinter sich wissen. Zusätzlich
hofft er auf Unterstützung aus der
Mitte.
Diverse Indoor-Plantagen
Der Mann hatte bis zum Herbst
2009 diverse Indoor-Hanfplantagen
in Grellingen betrieben, die Staatsanwaltschaft geht von insgesamt
sechs Ernten mit einem Gesamtertrag von rund 18 Kilogramm Marihuana auf. Der THC-Gehalt betrug
dabei zwischen 1,4 und 14 Prozent,
erlaubt wären höchstens 0,3 Prozent. Frühere Strafbefehle aus Arlesheim wegen einer früheren Hanfplantage und Basel wegen Kiffens sahen noch bedingte Geldstrafen vor,
doch der dritte Strafbefehl war deutlich: Sechs Monate unbedingte Freiheitsstrafe.
Normalerweise gilt das Nichterscheinen vor Gericht als Rückzug
der Einsprache, der Strafbefehl
wird dann rechtskräftig. Das Gericht hatte in diesem Falle das Erscheinen des Mannes allerdings
ausdrücklich angeordnet (er war bereits einer früheren Verhandlung
ferngeblieben), um auch die Frage
seiner Schuldfähigkeit zu prüfen.
Er lebe im Wald und sei auch durch
seine eigene Sucht eigentlich nicht
lebenstüchtig, hatte sein Verteidiger betont. Der Mann hatte im März
2010 in seinem Hof auch Bretter
verbrannt und dabei beinahe noch
eine Nachbarliegenschaft angezündet, die Feuerwehr musste den
Brand löschen.
Mobilisierung wird entscheiden
Tondi schwebt im Gemeinderat eine gestärkte Mitte-Links-Koalition
vor, die zusammen mit den Bürgerlichen Konsenspolitik macht. «Es geht
bei meiner Wahl nicht primär um einen Linken mehr im Gemeinderat.»
Seine Wahlchancen sieht er als «intakt» an. Auf «50 zu 50» schätzt Böhlen seine Wahlchancen ein. Er ist
überzeugt: «Entscheidend wird sein,
wie gut die Bürgerlichen ihre Wähler
mobilisieren können.»
Keine dritte Verhandlung
Einzelrichter André Brunner verzichtete auf die Ansetzung einer dritten Verhandlung und bestätigte damit den Strafbefehl: Sollte der Mann
von einer Grenzpatrouille aufgegriffen werden, muss er die sechs Monate absitzen. Die Frage, ob er mit dem
Handel mit Marihuana auch seine Invalidenrente aufs Spiel gesetzt hat,
blieb vor Gericht offen. Ein Weiterzug an die zweite Instanz ist nur beschränkt möglich.
Sie wollen in den Gemeinderat: Paul Wenger (SVP), Jacqueline Bader Rüedi (FDP), Beat Böhlen (BDP) und Silvio Tondi (SP, von links). ARCHIV/ZVG
SVP hofft nur noch auf einen Sitz
Reinach Für zwei noch vakante Gemeinderatssitze kandidieren drei Bürgerliche und ein Linker
VON MICHEL ECKLIN
Eins steht jetzt schon fest: Egal, wie
am 22. April der zweite Wahlgang
der Reinacher Gemeinderatswahlen
ausgeht, die SVP wird mindestens einen ihrer zwei Gemeinderatssitze
verlieren. Die Bisherigen, Paul Wenger und Franz Hartmann, verpassten
im ersten Wahlgang das absolute
Mehr. Wenger fehlten rund 180 Stimmen. Hartmann landete abgeschlagen auf dem fünften Rang der nicht
Gewählten. Beide lagen hinter dem
Sozialdemokraten Silvio Tondi, der
das absolute Mehr um nur 21 Stimmen verfehlte.
Wenigstens noch ein Bürgerlicher
Jetzt hat die Reinacher SVP die
Konsequenzen aus dem mässigen Abschneiden am Wochenende gezogen.
Sie tritt am 22. April nur noch mit
Wenger an. Die Partei habe sich den
Entscheid nicht leicht gemacht, sagt
Präsidentin Caroline Mall, die selber
im ersten Wahlgang zwei Stimmen
mehr als Hartmann erhalten hatte.
«Es ist die beste Variante, mit nur einem Bisherigen anzutreten, der gute
Arbeit geleistet hat», erklärt sie. Ihre
Partei leide in zweierlei Hinsicht. Erstens lasse die Presse viel Negatives
auf die SVP niederprasseln, das habe
sich jetzt auch auf Gemeindeebene
ausgewirkt. Und zweitens sei erstmals im Majorzsystem gewählt worden, das der SVP erfahrungsgemäss
nicht liege. Den Entscheid zugunsten
von Wenger fällte Hartmann. Schon
am Sonntag beschloss er, nach 22
Jahren zumindest der Reinacher Politik den Rücken zu kehren. «Wir müssen schauen, dass wir wenigstens
noch einen Bürgerlichen reinbringen», sagt Mall.
Damit meint sie nicht Beat Böhlen
von der BDP. Dieser versteht sich selber aber als Bürgerlicher. Nach seinem überraschend guten Abschneiden im ersten Wahlgang – er wurde
knapp hinter Wenger Dritter – tritt
«Weil drei Bürgerliche
antreten, wird wohl ein
Roter reinrutschen.»
Beat Böhlen, BDP-Kandidat
er nochmals an. «Ich habe ja nichts
zu verlieren», sagt er. Hingegen kritisiert er die fehlende Strategie der anderen bürgerlichen Parteien. Sie hätten sich zusammen mit der BDP auf
ein Zweierticket einigen sollen. Das
mache Tondi zum lachenden Dritten.
«Weil drei Bürgerliche antreten, wird
wohl ein Roter reinrutschen.» Böhlens Kritik richtet sich an die Adresse
der FDP. Nachdem mit Hans-Ulrich
Zumbühl der bisherige Sitz gesichert
ist, will sie mit Jacqueline Bader Rüedi einen zweiten ergattern. Im ersten
Wahlgang hatte Bader 36 Stimmen
weniger als Hartmann erreicht.
Parteipräsidentin Gerda Massüger
verteidigt den Entscheid, nochmals
anzutreten. Man müsse den ganzen
Gemeinderat anschauen. «Je zwei
Vertreter von SP und CVP und einer
von uns sind schon drin. Da ist noch
Platz für einen Freisinnigen und einen SVPler.» Bürgerliche, die die SVP
nicht mögen, könnten jetzt Bader
wählen, weil die CVP nicht mehr zur
Verfügung stehe. Für Massüger ist
Böhlen kein Bürgerlicher, sondern
nicht richtig einzuordnen. Dass Bader und Wenger gewählt werden,
hält sie für realistisch. «Sonst hätten
wir Bader nicht mehr aufgestellt.»
Laut Mall haben unter den Bürgerlichen vor dem zweiten Wahlgang
Gespräche stattgefunden. «Eine Zusammenarbeit wäre natürlich schön
gewesen» sagt sie. Doch jetzt gehe jede Partei allein ins Rennen. Sie geht
davon aus, dass die Bürgerlichen zu-
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