Vortrag 4 Gewässerrenaturierung der unteren Eder in Fritzlar mit der

Büro für
Ingenieurbiologie und
Landschaftsplanung
Gewässerrenaturierung der Unteren Eder in Fritzlar
mit der Schaffung von Aufweitungen, Kiesbänken, Altarmen und Inseln
Foto: Haaß, 2015
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Landschaftsplanung
Gewässerrenaturierung der Unteren Eder in Fritzlar
mit der Schaffung von Aufweitungen, Kiesbänken, Altarmen und Inseln
- Erfassen des Bestandes und der ökologischen Defizite
- Erfassen der Restriktionsbereiche
- Planung zur Beseitigung der ökologischen Defizite
Schwerpunkt des Vortrages:
• Defizite im aquatischen und amphibischen Bereich
• Darstellung der geplanten Maßnahmen
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Auswirkungen der Edertalsperre auf die Untere Eder
Foto: Haaß, 2015
Die Defizite im aquatischen
Bereich der Unteren Eder
hängen wesentlich mit der
Edertalsperre zusammen
• Die Edertalsperre hält Geschiebe wie Steine, Kies, Sand vollständig zurück.
• Die Edertalsperre führt zu einer deutlichen Dämpfung der Hochwasserspitzen.
• Die Abgabe kalten Tiefenwassers führt zu einer thermischen Veränderung der
gesamten Unteren Eder (Frage: ist dies ein Defizit?).
• These: Die Edertalsperre führt zur Kolmation der Sohle der Unteren Eder.
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Veränderungen der Wassertemperatur
Edersee
Veränderung der Wassertemperatur in der Eder durch den Edersee.
Quelle: Schwevers, U. & B. Adam (2003): Zum Einfluss des Kormorans auf die Fischbestände der Unteren
Eder.- Fisch- und Teichwirt 54. Messung am 21.07.2001. leicht verändert
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Auswirkungen der thermischen Veränderungen der Eder?
Bachforelle. Foto: Haaß 2015
Junge Äschen aus der Eder
bei Edertal. Foto: Haaß 2015
In Folge der thermischen Beeinflussung durch den Edersee finden sich
in der „Barbenregion Untere Eder“
statt Cypriniden vor allem die Bachforelle und die Äsche
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Auswirkungen der thermischen Veränderungen der Eder?
Der Anteil rhithraler Arten in der Unteren Eder (Bacharten) ist
gegenüber Gewässern ähnlicher Größe deutlich erhöht: ca. 70 %
(Quelle: Haaß, 2012, Makrozoobenthosuntersuchungen in der Eder im Auftrag des
Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie)
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These: Der Edersee führt zu einer Kolmation
Was kann in der Gewässersohle unterhalb von Stauseen wie dem Edersee
passieren?
• Kleinere Steine, Kies und Sand werden bei Hochwässern bevorzugt aus
der Sohle gelöst und abtransportiert; einen „Antransport aus dem
Oberwasser gibt es nicht.
• In der Sohle verbleibt nur ein Substrat aus grobem Schotter und
größeren Steinen.
• Feinsedimente wandern in den Lückenraum der Sohle, das
hyporheische Interstitial, ein und verstopfen diesen = Kolmation?
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Definition Kolmation
Unter Kolmation wird der Eintrag und die
Ablagerung von Feinmaterialien in das
Lückensystem poröser Fließgewässersohlen
infolge der Infiltration (Einstrom) von Flusswasser
verstanden (physikalische Kolmation).
(Chemische Kolmation, biogene Kolmation)
Zeichnungen: Haaß, 2015
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Folgen einer Kolmation der Sohle
• Der Lückenraum in der steinigen Sohle, dem hyporheischen Interstitial, geht
als Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Arten verloren.
• Die Gewässersohle verfestigt sich.
• Die Sauerstoffversorgung im Interstitial wird deutlich schlechter.
Betroffene Artengruppen:
• Zahlreiche Makrozoobenthosarten
• Jungstadien von Muscheln (Flussperlmuscheln, Bachmuschel)
• Embryonalstadien, Jungstadien von Fischen
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Ist nun auch die Sohle der Eder kolmatiert?
Jein
Hinweis, der für eine Kolmatierung spricht:
• Die Gewässersohle ist in vielen Bereichen deutlich verfestigt.
Hinweise, die gegen eine ausgeprägte Kolmatierung sprechen:
• In der Gewässersohle sind noch in 25 cm Tiefe an vielen Probestellen
hohe Sauerstoffgehalte (bis zu 100 % Sättigung) festzustellen
(Eligehausen, mdl. Mitteilung).
• Bei Stocherproben werden an zahlreichen Probestellen nur in relativ
geringem Aufmaß Feinsubstrate aufgewirbelt.
• Die Makrozoobenthos-Zönose, die auch auf ein gut durchströmtes Substrat
angewiesen ist, ist stellenweise sehr artenreich (bis zu 60 Arten bei einer
Probennahme) und besteht aus Reinwasserarten, die eine gute
Sauerstoffversorgung benötigen.
Fazit: Die Sohle der Eder weist in vielen Bereichen keine typische
Kolmation auf.
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Warum ist die Sohle der Eder trotzdem für die Fischfauna
nur schlecht geeignet?
Durch Hochwässer ist Feinmaterial bis hin zum Feinund Mittelkies abtransportiert worden.
Der Nachschub von
Feinkies, Mittelkies, Sand
aus der Oberen Eder fehlt
fast vollständig.
Das verbleibende
Sohlsubstrat ist sehr grob
und deshalb verfestigt.
Lockeres Substrat für
Laichgruben von z.B.
Äschen und Bachforellen
fehlt deshalb nahezu
vollständig.
Quelle: Bundesanstalt für Wasserbau. Fotograf:
unbekannt, 17.05.1943
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Erfassung wesentlicher Defizite als Grundlage für die Planung
Defizit 1:
Die Sohle der Eder
bestand vor Durchführung der Renaturierungsmaßnahmen vor
allem aus Grobsubstraten, die als Laichhabitat
nicht geeignet waren.
Fein- und Mittelkies
sowie sandige Bereiche
fehlten.
Foto: Haaß, 2015
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Erfassung wesentlicher Defizite als Grundlage für die Planung
Foto: Haaß, 2008
Defizit 2: Die Untere Eder ist (war) in vielen Bereichen begradigt und kanalisiert.
Die Breitenvarianz ist gering.
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Breitenvarianz – ein wesentlicher Parameter für die
Bewertung der Gewässerstruktur
Wilhelmshäuser Bach,
Abschnitt mit geringer
Breiten- und
Strömungsvarianz
Wilhelmshäuser
Bach, Abschnitt mit
hoher Breiten- und
Strömungsvarianz
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Breitenvarianz – ein wesentlicher Parameter für die
Bewertung der Gewässerstruktur
Nur adulte Bachforellen,
keine Reproduktion
Wilhelmshäuser Bach, Abschnitt mit
geringer Breiten- und Substratvarianz
Bachforellen aller Altersstadien,
Groppe, Bachneunauge
Wilhelmshäuser Bach, Abschnitt mit hoher Breiten- und Substratvarianz
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Auswirkungen der Kanalisierung der Eder?
Die Makrozoobenthos-Zönose
der Unteren Eder in Fritzlar ist mit
bis zu 60 Arten oder höheren
Taxa bei einer Probestelle sehr
artenreich.
Quelle: Haaß, 2012:
Makrozoobenthosuntersuchungen an der
Eder. Auftraggeber: HLUG 2012
Aber:
Die Kanalisierung und die Begradigung der Eder hat zu einer deutlichen
Erhöhung der durchschnittlichen
Fließgeschwindigkeit geführt.
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Auswirkungen der Kanalisierung der Eder?
Perla marginata
Foto: Braukmann, 2012
Die Untere Eder ist deshalb geprägt durch rheophile, also strömungsliebende
Makrozoobenthosarten
Lenitische, eher strömungsmeidende Arten sind deutlich unterrepräsentiert.
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Auswirkungen der Kanalisierung der Eder?
Bachneunauge, Ansprüche:
• hohe Strukturdiversität
• unterschiedliche
Fließgeschwindigkeiten
• Wechsel von feinsandig-schlammigen
Sedimentbereichen mit sandigkiesigem bis steinigem Substrat aus.
Foto: C. Edler, aus: Niedersächsische Strategie
zum Arten- und Biotopschutz,
www.nlwkn.niedersachsen.de/download/50795
Eintagsfliege Ephemera danica
(Maifliege). Lebt in langsam
fließenden Bereichen von
Fließgewässern.
Foto: Haaß, 2015
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Zusammenfassung Defizite
Kanalisierung und
Begradigung der Eder und
damit:
Geringe Breitenvarianz
und damit geringe
Lebensraumdiversität
Foto: Haaß, 2014
Fehlen feinkörniger
Substrate
Foto: Haaß, 2008
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Zusammenfassung der wesentlichen Maßnahmen
Zur Erhöhung der Breiten-, Tiefen-, Strömungs- und Substratvarianz:
• Herstellen von Gewässeraufweitungen in Form von Furkationen.
• Herstellen von Gewässeraufweitungen durch den Anschluss von
Kiesteichen.
Zum Beheben des Defizits an feinkörnigeren kiesig-sandigen Substraten:
• Einbau von Kies unterschiedlicher Körnungen aus dem Uferbereich in
die Eder.
Zusätzliche Maßnahmen:
• Ausweisung von Uferstreifen als Entwicklungsfläche für eine
eigendynamische Entwicklung.
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Ungedanken
Geringe Breitenvarianz
mit den daraus
resultierenden Folgen
Herstellen einer Furkation/
Aufweitung der Eder bei
Ungedanken.
Nebeneffekt: Anbindung
einer Auwaldfläche an das
Hochwasserregime der Eder
Einbau des Kiesmaterials
aus dem Uferbereich in die
Eder.
Planung: Büro für Ingenieurbiologie und Landschaftsplanung, 2015
Büro für
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Ungedanken
Foto oben: Zwei Jahre
alte Kiesbank in
Edertal, bewachsen.
Foto: Haaß, 2015
Ziel: teilweiser Abtransport des Kieses
und Verteilung in der
Eder
Fotos oben und links:
Kiesbänke unterschiedlicher Form,
Größe und Höhe in
Fritzlar
Fotos: Haaß, 2015
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Ungedanken
Strömungsdiversität in der Eder
im Renaturierungsbereich in
Fritzlar – Ungedanken
Fotos: Haaß, 2015
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Obermöllrich
Einbau von Kies in die
Eder
Anschluss eines
Teiches an die Eder
Herstellen einer
Flutmulde,
Anschluss an eine
vorhandene Mulde
Planung: Büro für Ingenieurbiologie und Landschaftsplanung, 2015
Herstellen eines Teiches
bei Mittelwasserführung
an die Eder
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Obermöllrich
Foto oben:
anzuschließender Kiesteich
parallel zur Eder.
Foto rechts: Ausleitung aus
dem Kiesteich
Fotos: Haaß, 2015
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Obermöllrich
Ausleitungsmulde aus
den angeschlossenen
Kiesteichen
Foto: Haaß, 2015
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Renaturierung der Eder in Fritzlar - Obermöllrich
Kiesinseln in der Eder
Foto: Haaß, 2015
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Wenn es einen Wirklichkeitssinn gibt, muss es auch einen
Möglichkeitssinn geben (Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften)
Foto: Haaß, 2013
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Kiesuferbänke zwei Jahre nach Aufschüttung.
Bewachsen mit unterschiedlicher Vegetation
feuchter Standorte. Schwarzerlen werden sich
zT. zu Prallbäumen entwickeln, welche die
dynamische Entwicklung fördern.
Fotos: Haaß, 2015
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Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit