Mehr Parasiten bei Kurzrasenweide?

Durch den frühen Austrieb bei der Kurzrasenweide steigt das Parasitenrisiko im Laufe der Saison an. Jungrinder sind aufgrund
ihrer noch nicht belastbaren Immunität deutlich stärker von Parasiten befallen als Kühe.
Mehr Parasiten bei
Kurzrasenweide?
Durch wärmere Winter und den Trend zur Kurzrasenweide verändert sich die Parasitenbürde
auf den Flächen. Das zeigen erste Untersuchungen in Praxisbetrieben. Es berichten
Dr. Elisabeth Deckinger und Dr. Norbert Meier vom Tiergesundheitsdienst Bayern.
ass die Weidehaltung von Rindern
in der aktuellen Tierwohl-Debatte ihren festen Platz hat, ist
angesichts der positiven Effekte für das
Tier kaum verwunderlich. Weniger beachtet wird dagegen, dass das Weidesystern und der Zeitpunkt des Austriebs
auch maßgeblich über das Vorkommen
und die Häufigkeit von Weideparasiten
entscheiden.
D
Studie in 39 Betrieben: Das zeigt sich
vor allem, wenn man sich die Parasitenbürde bei einer relativ neuen Weideform
wie z. B. der Kurzrasenweide ansieht.
Das hat der Tiergesundheitsdienst Bayern im Rahmen eines strategischen Parasitenmonitorings seit 2010 getan.
Derzeit nehmen 39 Betriebe mit KurzR12 top agrar 4/2015
rasenweide aus Ober- und Niederbayern
an dem Projekt teil. Bei der Kurzrasenweide handelt es sich um ein Weidesystem, das als Standweide betrieben wird.
Die Weidegröße wird dabei so bemessen, dass der tägliche Graszuwachs möglichst genau mit dem Futterverzehr der
Rinder übereinstimmt. Eine Zufütterung ist in der Regel nicht nötig. Typisch
ist der frühe Austrieb der Tiere bereits
im März/April. Sind mehrere getrennte
Weiden vorhanden, so werden diese im
Schnellumtrieb bewcidet.
Zu den wichtigsten Voraussetzungen
für die erfolgreiche Umsetzung dieses
Konzepts gehören ausreichende Flächen in Hofnä he, die Umstellung auf
Winterabkalbung sowie eine systematische Parasitenbekämpfung.
In den 39 Betrieben werden jährlich
jeweils im Frühjahr, Sommer und
Herbst Kotproben von Jungrindern und
Kühen auf Magen-Darm-Würmer, r.cberegel, Lungenwürmer, Bandwürmer
und Kokzidien untersucht. Das waren
jährlich etwa 1000 bis 1500 Proben.
Durch die ausführliche Diagnostik und
Beratung wird eine individuell auf jeden Betrieb zugeschnittene Parasitenbekämpfung möglich.
Die Parasitennachweise unterscheiden sich bei Jungrindern und Kühen
zum Teil erheblich (Übers. I und 2).
Kokzidien: So konnten in Kotproben
von Jungrindern stets deutlich häufigf'f
Kokzidien nachgewiesen werden, als in
den Proben von Kühen. Im Jahr 2012
b
AKNTJ E N
waren sogar 77 % der Proben von
Jungrindern Kokzidien-positiv gegenüber 28 % bei den untersuchten Kühen.
Im vergangenen Jahr 2014 schieden 69%
der Jungrinder und 26% der Kühe Kokzidien aus.
Dass Jungrinder deutlich stärker befallen sind, liegt hauptsächlich daran,
dass sie mit den Parasiten in der Regel
zum ersten Mal konfrontiert sind und
in ihrer ersten Weidesaison spezifische
Abwehrkräfte bzw. eine belastbare Immunität entwickeln müssen.
Tiere, die an Kokzidien erkrankt sind,
scheiden eine große Menge an Eiern, die
sog. Oozysten, mit dem Kot aus. Diese
sind gegenüber UmwelteinAüssen extrem hartnäckig und können monatelang infektiös bleiben. Auf intensiv genutzten Standweiden wie der Kurzrasenweide kann es deshalb zu einer
starken Ansammlung kommen.
Neben der altersabhängigen Behandlung der erkrankten Tiere mit geeigneten Wirkstoffen (siehe Übersicht 3,
Seite R 14) bleibt dan n nur noch ein
Weidewechsel zur Verringerung des
Infektionsdrucks.
Magen-Darm-Würmer: Bei den Nachweisen von Magen-Darm-Würmern ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei den
Kokzidien. Auch von diesen sehr häufigen Weideparasiten waren Jungrinder
stärker befallen als Kühe. Allerdings ist
der Verlauf in den letzten fünf Jahren
in beiden Tiergruppen sehr ähnlich.
Im letzten Jahr verzeichneten wir einen deutlichen Anstieg von MagenDarm-Wurm-Nachweiseo, bei den
Jungrindern von 26,7% im Jahr 2013 auf
nun 42,1 % und bei den Kühen von 12,6 %
auf aktuell 29,2 %. Vermutlich spielen
die milden Witterungsverhältnisse im
Winter 201312014 eine Rolle, die zahlreichen Wurmlarven das Überleben auf
der Weide bis zum Frühjahr 2014 ermöglichten. Gegen Magen-Darm-Würmer
gibt es viele Drench-, Aufguß- oder Injektionspräparate. Seit einiger Zeit sind
auch Kombinationspräparate mit einer
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Übersicht 1: Parasitenfunde bei Jungrindern ...
90 Anteil positiver Proben in %
80
_
Kokzidien
_
Magen-DarmWürmer
70
_
leberegel
l ungenwurm
_
Bandwurm
60
50
Arnljen Fresh Air Fans slehen fÜr:
• Vermeidung von Hitzestress
• Frische Luft in Slall, Vorwartehof eIe.
• Mensch und Tier fühlen sich wohler
• Fliegen und Vögel meiden den Stall
40
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30
20
10
•
•
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2010
2011
2012
2013
2014
Vor allem Kokzidien und Magen-Darm-Würmer setzten den Jungrindern auf der
Kurzrasenweide im Laufe der Jahre immer mehr zu.
Übersicht 2: ... und bei Kühen
90 Anteil positiver Proben in %
80
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70
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Kokzidien
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Magen-Darm-Würmer
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Bandwurm
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Bei den Kühen
stieg das
Erkrankungsrisiko für
Magen-DarmWürmer und
Leberegel auf
den Flächen
deutlich an.
Lieferprogramm:
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Tiergesundheit
Band- und Lungenwürmer: Der Nachweis von Band- und Lungenwürmern
war in den letzten Jahren sowohl bei
Jungrindern als auch bei Kühen selten.
Allerdi ngs können sie beim Einzeltier
zu erheblichen Schäden bis hi n zum
Verenden führen. Bandwürmer schieden 0,5% bis 3,9% der Tiere aus, Lungenwürmer konnten bei 0,1 % bis 2 %
nachgewiesen werden.
Zur Behandlung des Bandwurmes
sind albendazolhaltige Produkte verfügbar. Für den Lungenw urm gibt es wie
für die Magen-Darm-Würmer Drench-,
Aufguß- und Injektionspräparate.
Auch für den Lungenwurm waren die
milden Winter in den letzten Jahren
und der frühe Austrieb bei der Kurzrasenweide förderlich, sodass es erste
Funde schon Ende Mai statt bisher Ende
Juni gab. Am häufigsten sind sie jedoch
nach wie vor im Herbst, weil die Menge
an Parasiten durch gut empfängliche
Weidetiere ohne spezifischen Immunschutz im Laufe der Weidesaison steigt.
Feuchtkühles Wetter fördert die Überlebensfä higkeit und die Verbreitung der
Lungenwurm-Larven auf der Weide.
Ein Teil davon kann den Winter überdauern. Außerdem bleiben die im
Herbst vom Rind aufgenommenen dritten Larven in einer Ruhephase und sorgen gleich im nächsten Frühjahr für
eine Kontamination der Weiden.
Beim Festlegen des Behandlungszeitpunktes muss berücksichtigt werden,
dass eine Infektion zu Beginn der Weidesaison stattfinden solt damit die
Tiere eine Immunität aufbauen.
Leberegel: Seit 2011 bzw. 2012 werden
die entnommenen Kotproben auch auf
Eier des großen Leberegels untersucht.
Bei den Jungrindern ging der Anteil po-
sitiver Proben aufgrund intensiver Beratung der Landwirte und strategischer
Behandlung der Tiere von 10,7% im Jahr
2012 auf 2,3% im letzten Jahr kontinuierlich zurück.
Bei den Kühen zeigt sich dagegen ein
völlig anderes Bild. Seit 2011 stieg der
Anteil an Kühen mit Leberegelbefall
von 11,8 % auf aktuell 16,9 % stetig an.
Bayernweit geht man davon aus, dass
rund 32% aller Rinderherden vom großen Leberegel betroffen sind. In Gebie·
ten mit vielen FeuchtsteIlen gehen die
Schätzungen auf bis zu 97 %.
Der Schaden kann bei einem Leberegelbefall durch die reduzierte Milchleistung, verringerte Mastleistun g sowie
massive Fruchtbarkeitsstörungen mehrere 100€ betragen. Die blutunterlaufe·
nen Wanderwege der jugendlichen Leberegel in der Leber eines verendeten
Rindes sind häufig mit bloßem Auge zu
Übersicht 3: Auswahl an verfügbaren Parasiten-Bekämpfungsmitteln
Produktname
WartezeIt in Tagen für
WIrkspektrum
Baycox Bovis 50 mg/mi Bayer
Toltranil 50 mg/mi
Virbac
Tratcl 50 mg/mi
Zoetis
Vecoxan
Elanco
Milch
Fleisch
_ 'I
63
Toltrazuril
Kokzid ien
Halb·
wertszeit
2,5 Tage
orale
Eingabe
Kalb: 3 ml pro
10 kg KGW
Diclazuril
Kokzidien
Keine
Angabe
orale
Eingabe
1 ml pro
2,5kg KGW
u.a. MagenDarm-Würmer
21 bis
35 Tage
Pour-On
1 ml pro
10 kg KGW
_'I
28
Bei
Kälbern : 0
Virbamec Pour-On
Serumwerk
Bernburg/ IvermecMedistar
tin
Virbac
Eprinex Pour-On
Merial
Eprinomectin
u.a. MagenDarm- u.
Lungenwürmer
14 bis
28 Tage
Pour-On
1 ml pro
10 kg KGW
0
15
Eprizero Pour-on
5 mg/mi
Bayer
Eprinomectin
u.a. Magen- und
Darm-Würmer,
Lungenwürmer
14 bis
28 Tage
Pour-On
1 ml pro
10 kg KGW
0
10
Albendazol1 0 %
Suspension
Animedica
Albendazol
u.a. MagenDarm-, Lungenu. Bandwürmer,
adulte Leberegel
Keine
Angabe
Drench
Würmer: 7,5
mg/kg KGW,
Leberegel: 10
mg/kg KGW
5
21
Closamectin Pour-On
Merial
Ivermectin ,
Closantel
u.a. Leberegel ab
7 Wochen-StadiStallum, Magen-Darmperiode
und Lungenwürmer
Pour-On
1 ml pro
.10 kg KGW
und nicht bei
Färsen in 2.
Hälfte der
Trächtigkeit
28
Cydectin TriclaMox
Pour-On
Zoetis
Moxidectin, TriclabendazoJ
u.a. MagenWürmer:
Darm- u. Lungen5 Wochen
würmer, Leberegel
Pour-On
1 ml pro
10 kg KGW
-"
143
Endofluke 100 mg/mi
Animedica
Triclaben 10 %
Serumwerk Triclaben- Leberegel,
alle Stadien
Bernburg/ dazol
Medistar
Keine
Angabe
Drench;
orale
Eingabe
12 mg pro
kg KGW
und nicht
innerhalb 45
56
Tage vor Kalbung
Flukiver
Elanco
großer Leberegel, Keine
adulte Stadien
Angabe
orale
Eingabe
1 ml pro
5kg KGW
_ 'I
Chanectin Pour-On
Lösung 0,5%
Closantel-Natrium
_ 1}
_ I)
1) Nicht bei Tieren, deren Milch für den menschlichen Verzehr vorgesehen ist. Von top agrar zusammengestellt; Stand: 10.3.201 5.
Für die Behandlung von milchliefernden Tieren gegen den großen Leberegel fehlen derzeit geeignete Präparate.
R
14
top agrar 4/2015
28
Echt r
stark.
r
Oie Gallengänge einer
verworfenen
Ainderleber
und die aus ihr
entfernten
Leberegel.
erkennen. Das größte Schadpotenzial
dieser Infektionsphase ergibt sich beim
Zusammentreffen mit der Geburt und
dem Laktationsbeginn. Gerade deshalb
verdient die Eiausscheidung chronisch
kranker Kühe besonderes Augenmerk.
Daneben ist eine gute Weidehygiene
unverzichtbar. Feuchtflächen mit guten
Lebensbedingungen für die Zwergschlammschnecke als Zwischenwirt
sollten ausgezäunt und das Futter dieser
Flächen allenfalls heißluftgetrocknet
oder siliert verfüttert werden.
Behandlungsnotstand: Ein möglicher
Grund für den Anstieg der Leberegel
bei Kühen ist, dass die Behandlung
schwieriger ist als bei Jungrindern.
Denn alle derzeit für laktierende Rinder
zugelassenen Medikamente haben eine
Wartezeit auf Milch. Viele Betriebe haben deshalb vermutlich auf eine Behandlung verzichtet.
Für nicht-laktierende Rinder stehen
dagegen eine Reihe von Wirkstoffen zur
Verfügung. Albendazol wirkt nur gegen
erwachsene Leberegel in den Gallengängen. Die Wirkstoffe Closantel und
Clorsulon erfassen adu lte Leberegel.
Tric1abendazol hat das breiteste Wirkspektrum, weil es auch gegen die jugendlichen Larven wirkt und daher zu
jedem Zeitpunkt der Infektion eingesetzt werden kann. Allerdings sind
mehrere Drenchpräparate mit diesem
Wirkstoff seit Monaten nicht lieferbar,
was Tierärzte und Bauern ärgert.
Weil es in Deutschland bisher kein
zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung einer Leberegelinfektion bei
milchliefernden Rindern gibt, müssen
f!) ii#ii'
Eine Tabelle mit allen verfügbaren
Parasiten-Bekämpfungsmitteln
finden Sie im Internet unter
www.topagrar.com. Heft+.
Die Weidezaun
Experten
Schnell gelesen
• Die milderen Winter und die
Weideform der Kurzrasenweide verändern das
Parasitenmu ster.
• Bei Jungrindern wurden
gegenüber Kühen auf Kurzrasenweide mehr Kokzidien
und Magen-Darm-Würmer
gefunden.
• Leberegel waren 2014 vor
allem bei Kühen ein Problem.
• In Deutschland herrscht ein
Behandlungsnotstand bei
milchliefernden Tieren mit
Leberegelbefall.
• Der Einsatz von ParasitenBekämpfungsmitteln sollte
zielgenau und zeitlich
begrenzt sein .
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den neuen
Gesomtkotalog 2015
(458 Seiten) onfordern!
• Weidezaun-Programm
• 51011- und Weidelechnik
• Stall einrichtungen
Produkte (z. B. Za nil, Wirkstoff: Oxyclozanid) aus dem europäischen Ausland eingeführt werden. Allerdings bekämpfen auch Oxyc1ozanid-haltige
Arzneimittel bevorzugt den erwachsenen Leberegel. Zudem gilt seit 2014
auch für diesen Wirkstoff bei Milch
eine Wartezeit, sodass Tierhalter Behandlungen vermehrt auf Zeiträume
ohne Milchlieferung beschränken. Es
liegt in der Verantwortung der Pharmaindustrie, diese Lücken in der arzneilichen Versorgung unserer Milchkühe
bald zu schließen!
Einsatz zeitlich begrenzen: Generell
sollte auch beim Einsatz von ParasitenBekämpfungsmitteln das Risiko von
Resistenzen nicht unterschätzt werden.
Die Maßnahme sollte daher zielgenau
und zeitlich begrenzt sein. Damit ein
Parasitennachweis als Folge einer Resistenzbildung nicht mit einer erneuten
Infektion verwechselt wird, bedarf es
einer genauen Fallanalyse.
2015
Ge5am rkol o log