Nanu, was ist den das - Behindertenbeirat

sie zurück. Kalt ist es nur, wenn Leute
sich wegdrehen oder ganz lange
starren, wenn Sandra ihnen begegnet.
Mittlerweile wissen wir, dass die
Menschen, die ihre Offenheit und
Freundlichkeit nicht erwidern können,
selbst eine ernste Behinderung haben.
Aber zum Glück ist das fast so selten
wie das Wolf-Hirschhorn Syndrom.
BEWUSST-SEIN als Thema – das
Leben mit Behinderung ist so vielfältig
und erlebnisreich wie die Natur selbst
– vielleicht manchmal ein bisschen
anders, als man so meint ... aber –
wer will sich nicht von anderen
unterscheiden und eben selbst ein
bisschen anders SEIN ...
Unsere Tochter ist heute 29 Jahre alt.
Das ist vielleicht für Sie normal, für
uns aber nicht. Sandra sieht aus wie
ein Grundschulkind, spricht nicht, tut
sich schwer beim Laufen und hat viele
kleine Marotten, die man kennen
muss, wenn man mit ihr zusammen
ist. Aber Sandra strahlt andere
Menschen an, und zumeist leuchten
Und wie verständigen wir uns mit
Sandra? Wichtige Fragen im Leben
kann man mit Gesten, Mimik, Stimmlage, Gebärden stellen, Antworten
können wir an der Haltung, am
Gesichtsausdruck und am Verhalten
ablesen. Immer wieder stellen wir uns
die Frage, wie können wir ihr zu mehr
Selbstbestimmung verhelfen. Wie
kann sie unterstützt werden bei den
vielen kleinen Entscheidungen des
täglichen Lebens. Willst Du etwas
essen oder trinken? Wie steht es mit
einem Toilettenbesuch? Wie wär´s mit
Aufräumen? Willst Du Musik hören?
Willst Du alleine sein? Seit einiger Zeit
zeigt Sandra auf „Ja“ und „Nein“Karten, das hat ihre Lebensqualität
und ihr Selbstwertgefühl erheblich
gesteigert. Sie hat gelernt, eigene
Entscheidungen zu treffen, und ist
nicht immer von der „Bevormundung“
der Person abhängig, die angeblich
weiß, was gut für sie ist.
Sandra lebt in einer Wohngruppe mit 8
anderen Menschen zusammen, die
alle einen hohen Hilfebedarf haben.
Sie ist gerne dort, denn für sie ist es
ein geschützter Raum, der
verständlich und begreifbar ist und wo
die Hektik, die Schnelllebigkeit und die
stete Veränderung unserer Welt nicht
so leicht eindringt. Andererseits
kommt sie gerne nach Hause, liebt ihr
Zimmer, geht leidenschaftlich gerne
im Wald spazieren und trifft dort viele
Hundebesitzer, die sie seit Jahren
kennen und herzlich begrüßen.
Sandra ist unsere kleine Elfe, ein
Sonnenschein, der unser Leben
bereichert hat. Ich kann mit ihr durch
Geschäfte bummeln und nach kurzer
Zeit hat ihr jemand ein Keks, eine
Wurst oder einen Euro zugesteckt.
Sandra öffnet Herzen, und Menschen
erzählen uns ihr Schicksal. Die
Unzulänglichkeit eines Behinderten
gibt den ersehnten Anlass, die eigne
Unzulänglichkeit zu bekennen.
Hiltrud Coqui mit Peter Zarecky
für den Behindertenbeirat
in der Gemeinde Neubiberg