Grenzerfahrungen im Winter - Migros

REISEN | MM39, 21.9.2015 | 27
Wintersaison
Grenz-Erfahrungen
Bis an die Grenze gehen und darüber hinaus: Das ist in den drei grenzübergreifenden
Wintersportgebieten der Schweiz auf Ski ganz einfach. Das Migros-Magazin stellt Samnaun/Ischgl,
Zermatt/Cervinia und die Portes du Soleil im Unterwallis mit ihren Eigenheiten vor.
Text: Hans Schneeberger
Ischgl/Samnaun
Sun and Fun
Schluss- und
Höhepunkt der
Saison: Open Air in
Samnaun/Ischgl.
Das Silvretta-Gebiet bietet
sich vor allem für jüngere
Skifahrer an, die Action und
Après-Ski suchen.
Was ist neu: Die
Pardatschgrat-Seilbahn ins
Skigebiet. Immer mehr gluten- und lactosefreie An­
gebote in den Restaurants.
Nicht verpassen: Ein Mal
beim Après-Ski im «Kuhstall» die Kuh rauslassen.
Fremdschämen kann man
später! Im Ischgl Snowpark
die Monsterbuckel befahren – andere machen noch
schlechtere Figur. Nach der
Talabfahrt nach Samnaun
in der «Schmuggleralm»
ein Fondue geniessen und
zollfrei einkaufen.
Zahlen
238
Pistenkilometer
(davon 80 in der Schweiz)
Bild: TVB Paznaun-Ischgl
Action, Après-Ski und Nachtleben
Wer nach Ischgl ins Paznauntal
Skifahren geht, sucht nicht Ruhe,
sondern Action, Unterhaltung,
gutes Essen, Nightlife und jede
Menge Après-Ski. Natürlich sind
Skifahrer aus Österreich, der
Schweiz und Deutschland noch
in der Mehrheit. Doch es g­ esellen
sich immer mehr Osteuropäer,
Russen und Nordländer dazu.
Und Junge aus ganz Europa.
­Ischgl ist in den letzten 20 Jah-
ren förmlich explodiert. Ein riesiges Angebot an 3- bis 5-Sterne-­
Hotels steht zur Auswahl, und wer
vom Ortskern aus die Dorfstrasse
hinausgeht, hat das Gefühl, durch
ein bunt beleuchtetes Ski-Disneyland zu spazieren.
Samnaun hat sich in diesem
so unterschiedlichen Duo als die
ruhige Alternative etabliert. Keine Hetze, kein Halligalli, sondern
Beschaulichkeit, Alpenflair und
Winterruhe. In dem Schweizer
Zollausschlussgebiet kann zollfrei
eingekauft werden. Das ist fast
das einzig Aufregende in dem
800-Seelen-Ort im Unterengadin,
neben der Spitzenküche im Hotel
Homann, die vom Guide Michelin
mit zwei Sternen ausgezeichnet
wird. Die jüngeren Skifahrer zieht
es mit der ersten doppelstöckigen
Seilbahn auf die österreichische
Seite des Skigebiets.
45
Liftanlagen
(davon 17 in der Schweiz)
23 000
Gästebetten
(davon 2600 in der Schweiz)
14
Pistenrestaurants
(davon 5 in der Schweiz)
28 | MM39, 21.9.2015 | REISEN
Zahlen
360
Pistenkilometer
(davon 200 in der Schweiz)
54
Liftanlagen
(davon 34 in der Schweiz)
30 000
Gästebetten
(15 000 in der Schweiz)
80
Pistenrestaurants
(davon 50 in der Schweiz).
Zermatt/Cervinia
Carven, schlürfen
und schlemmen
Der Schweizer Skiort
schlechthin. Mit einem
­Ableger jenseits der Grenze, der sich für begeisterte
Carver anbietet. Zermatt
bietet jeden Luxus an: Wellness-Oasen, Gourmet-­
Pistenbeizli, Edel-AprèsSki-Plätze und natürlich
den Berg der Berge.
Nicht verpassen: Après-
Ski am Ende der Abfahrt
vom Rothorn beim Hotel
Cervo. Ein Mal im Chez
Vrony lunchen. Aber
um drei Uhr, nicht um
zwölf! Die schräge Architektur des Hotels Omnia
bei ­einem Glas Wein
oder noch besser beim
­gepflegten Diner spüren.
Fünf-Sterne-Aussicht vom Bergrestaurant Paradies in Findeln ob Zermatt.
Für gourmetbegeisterte Skifahrer
Im wohl bekanntesten Skiort
­Europas ist das Publikum sehr
­international. Und entspannt. Der
Ort mit dem weltberühmten Gipfel hat sich in den letzten ­Jahren
immer mehr zum Mekka für gourmetbegeisterte Skifahrer entwickelt. Die nehmen sich zum Essen
Zeit. Wohl kein anderer Wintersportort der Welt hat eine derart
hohe Dichte an guten R
­ estaurants
vorzuweisen wie Zermatt.
Der Gourmetführer GaultMillau
zeichnet hier 19 Restaurants
mit mindestens 12 Punkten aus.
Wel­ches Skigebiet glänzt schon
mit Gourmetgenüssen wie Variationen von der Ente, Kalbs­milken
oder Steinbutt und Zander – in
Lokalen gleich an der Piste?
Nein, Zermatt hat von sich noch
nie behauptet, es sei günstig.
­Allerdings sind die Preise für
­Ferienwohnungen nicht teurer als
in Verbier, Saas-Fee oder in
Crans Montana. Und es müssen ja
nicht jeden Abend Spanferkel­
rilletten mit Gänseleber und eine
Flasche Caymus Special Selection
(220 Fr.) sein. Eine Käseschnitte
Bilder: Thomas Linkel/Laif/Keystone,
Matthieu Vitré/Portes du Soleil
Was ist neu: SechserSesselbahn auf das Hirli, die
das Skigebiet Schwarzsee
aufwertet. Das Restaurant
Alphitta auf der Riffelalp
wird neu eröffnet, ebenso
das Restaurant Waldhaus
in Winkelmatten.
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Portes du Soleil
Gross und
beschaulich
Champéry, Morgins und
Les Crosets sind die kleinen Orte, die zum grössten
Skigebiet der Welt ge­
hören. Trotzdem ist in den
Orten alles kleiner und
­beschaulicher als anderswo. Wenig Hotellerie.
Berühmt-berüchtigt:
Die Skistadt im Niemandsland: Avoriaz auf der
­französischen Seite.
Nicht verpassen: In Mor-
Super für Kinder (und Erwachsene): die Portes du Soleil.
Für Familien und Furchtlose
und ein Glas Walliser Weisser tuts
auch.
Cervinia, der italienische Teil
des Kombi-Skigebiets, ist ein Eldorado für Carver. Die Pisten sind
perfekt angelegt, haben vielerorts
genau den richtigen Winkel und
sind sehr schneesicher. Und Essen
tut man hier auch gut. Carven und
schlemmen – was will man mehr?
Das am wenigsten bekannte
grenzübergreifende Skigebiet
ist nicht weniger attraktiv als
Ischgl/Samnaun und Zermatt.
Jedenfalls für Familien. Die
Portes du Soleil im Grenzgebiet
zwischen dem Wallis und
Frankreich bezeichnen sich selber als das «grösste Skigebiet
der Welt». 650 Kilometer Piste
in 12 Alpendörfern bietet niemand sonst an. Hier kann man
eine Woche lang eine Gegend so
gross wie ein mittlerer Deutschschweizer Kanton mit den Ski
erkunden, ohne je auf der gleichen Piste zu fahren. Einziges
Problem: sicherzustellen, dass
man abends sicher wieder in
der eigenen Wohnung ist (der
Schreibende hat eine solche
Schlampigkeit mal mit einem
zweieinhalbstündigen Aufstieg
in der Dunkelheit bezahlt). Mit
der berühmt-berüchtigten
­Chavanette, der Verbindungs­
piste zwischen dem Walliser
Ort Champéry und Avoriaz in
den französischen Alpen, bietet
das Gebiet eine der steilsten,
brutalsten Pisten Europas an.
Wer die Chavanette besiegt,
kommt überall runter.
Auf Schweizer Seite gehören
Morgins, Champéry, Champoussin und Torgon dazu. Die
bekanntesten Orte auf fran­
zösischer Seite sind das grossstädtische Morzine-Avoriaz,
Châtel und Les Gets. Die P
­ ortes
du Soleil führen nur Super­
lative: 200 Bergbahnen und
Lifte, Hunderte Kilometer
Freeride, Snowparks und
­Halfpipes fast im Dutzend
– kleine fran­zösische Pinten
mitten auf der Strecke und
­viele wenig berührte Land­
striche. Grosse Schwäche: Das
Skigebiet liegt recht tief,
­zwischen 950 und 2450 Metern. In schneearmen Wintern
ziehen sich oft braunweisse
Schneebänder durch die Landschaft. MM
Mehr Infos Skigebiete-test.de, die
­vielleicht beste Site für Wintersportler,
hat vorletzte S
­ aison eine ausführliche
Rangliste der besten Skigebiete der Welt
­erstellt. Wenig überraschend: Alle
drei vorgestellten S
­ kiregionen finden
sich in den Top ten.
gins: Im «Black Chili» ohne
schlechtes Gewissen
­Escalopes de foie gras mit
Orangenchutney essen.
In Champéry: Zuerst lesen:
Travelvivi.com/the-mostextreme-routes-of-theworld. Dann die Chavanette (Platz 1!) befahren. In
Avoriaz: Auf dem Skilift
durch den Ort mit dem Liftpartner über die hässlichen
Hochhäuser schimpfen.
Zahlen
650
12
Pistenkilometer
Orte
(davon 3 in der Schweiz)
204
Liftanlagen
(davon 20 in der Schweiz)
40 000
90
Gästebetten
Pistenrestaurants