Einführung: Das misslungene Examen

Prof. G. Biaggini / Dr. D. Hofstetter
Übungen im Öffentlichen Recht III (FS 2016)
Einführung: Das misslungene Examen
X. legt im Herbst 2015 das Anwaltsexamen im Kanton B ab. Am 17. November 2015 teilt
ihm die Prüfungsbehörde mit, er habe das Anwaltsexamen zum zweiten Mal nicht bestanden
und werde nun definitiv abgewiesen, da er in zwei der drei Prüfungen des schriftlichen Teils
des Examens* ungenügende Leistungen erbracht habe. Gemäss dem Prüfungsreglement des
Kantons B hätte sich X. für das Bestehen der Anwaltsprüfungen im schriftlichen Teil des
Examens nur eine ungenügende Note erlauben dürfen. Aus dem beigelegten Notenblatt geht
hervor, dass die schriftliche Klausur mit öffentlich-rechtlichen Schwerpunkten mit der Note
3.5 und die (innert 14 Tagen zuhause zu verfassende) thematische Arbeit mit der Note 3 bewertet wurde.
Nach Durchsicht der ungenügenden schriftlichen Klausur verlangt X. bei der Prüfungsbehörde Einsicht in das Bewertungsraster, welches die Prüfungsexperten anlässlich der Korrektur
der Klausuren verwendet hatten. Dies wird ihm verweigert.
Auch mit der Beurteilung seiner Hausarbeit will sich X. nicht abfinden. Im Gutachten des
Examinators wird unter anderem ausgeführt, der Teil „Rangordnung unter Grundpfandrechten
und Pfandstellensystem” (Ziff. II/1/B; S. 15–18) enthalte gravierende Fehler; die Aussagen
seien teilweise derart falsch, dass sie bereits für sich genommen die Arbeit als ungenügend
qualifizieren würden. Die Gegenüberstellung des Gutachtens und der Hausarbeit zeigt, dass
der Experte seine negative Beurteilung auf knapp einen Drittel der vierzigseitigen Arbeit abstützt.
X. ruft das kantonale Verwaltungsgericht an. Er verlangt insbesondere Einsicht in das Bewertungsraster der schriftlichen Klausur sowie eine Neubeurteilung seiner Hausarbeit, die nur
oberflächlich und unvollständig korrigiert worden sei, durch einen unabhängigen, unbefangenen, prüfungserfahrenen Sachverständigen. Mit Urteil vom 15. Januar 2016 weist das Verwaltungsgericht die Beschwerde von X. und alle darin enthaltenen Anträge ab.
X. gelangt an das Bundesgericht.
Frage 1:
Welches Rechtsmittel steht zur Verfügung?
Frage 2:
Wird das Bundesgericht auf das Rechtsmittel eintreten?
Frage 3:
Angenommen, das Bundesgericht trete ein: Wie ist in der Sache zu entscheiden?
*
Der schriftliche Teil des Anwaltsexamens umfasst eine vierzehntägige Hausarbeit und zwei schriftliche Klausuren von je 12 Stunden Dauer.
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Fall 1: Der Wintergarten
Y reicht am 15. März 2015 beim Gemeinderat (Exekutive) der Gemeinde W ein Baugesuch
für die Erstellung eines Wintergartens auf seiner Parzelle Nr. 123 in der Gemeinde W ein.
Nach entsprechender Prüfung des Baugesuchs legt der Gemeinderat dieses vom 3. April 2015
bis zum 2. Mai 2015 öffentlich auf. Die öffentliche Auflage wird im amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde W angezeigt.
Gegen das Bauvorhaben erhebt X innerhalb der Auflagefrist Einwendungen. X ist Eigentümer
der in der Gemeinde W gelegenen Parzelle Nr. 124. Die Parzelle von X grenzt unmittelbar an
die Parzelle von Y. X beantragt die Abweisung des Baugesuchs von Y. Er macht in seinen
Einwendungen einerseits geltend, der Wintergarten könne aufgrund seiner Dimensionen nicht
bewilligt werden. Zudem befürchtet er, dass vom Wintergarten bzw. den sich darin aufhaltenden Personen störende Lärmemissionen ausgehen und die Baubewilligung auch aus diesem
Grund nicht erteilt werden dürfe.
Mit Entscheid vom 26. Juni 2015 erteilt der Gemeinderat der Gemeinde W die Baubewilligung für den Wintergarten unter Bedingungen und Auflagen und weist die Einwendungen
von X ab. Den Entscheid eröffnet der Gemeinderat sowohl Y wie auch X.
X ist mit dem Entscheid des Gemeinderats nicht einverstanden und erhebt fristgerecht Beschwerde beim zuständigen (kantonalen) Departement. Das Departement tritt auf die Beschwerde nur teilweise ein. Auf die Rüge, der Wintergarten hätte aufgrund seiner Dimensionen nicht bewilligt werden dürfen, tritt es mangels eines Rechtsschutzinteresses nicht ein. Auf
die Rüge betreffend die Lärmemissionen tritt es zwar ein, weist diese aber als unbegründet ab.
X zieht den Entscheid des Departements an das kantonale Verwaltungsgericht weiter. Dieses
bestätigt den vorinstanzlichen Entscheid vollumfänglich und weist das Rechtsmittel ab. Den
Entscheid des Verwaltungsgerichts nimmt X am 4. Februar 2016 in Empfang.
Fragen:
1) Worum handelt es sich bei einer Baubewilligung in der Terminologie des Allgemeinen
Verwaltungsrechts? Wie charakterisieren sich Bedingungen und Auflagen?
2) Was sind Einwendungen in verwaltungsprozessrechtlicher Hinsicht und welcher
Zweck wird damit verfolgt?
3) Welches Rechtsmittel kann X gegen den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts erheben? Bis wann hätte er seine Rechtsschrift spätestens einzureichen?
4) Wird die angerufene Rechtsmittelbehörde auf das Rechtsmittel eintreten?
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Relevante Rechtsnormen:
Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700)
Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG: «Es [das kantonale Recht] gewährleistet die Legitimation [gegen
Verfügungen betreffend die Raumplanung] mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht.»
Auszug aus dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRPG)
§ 42 Abs. 1 lit. a VRPG: «Zur Beschwerde ist befugt, wer ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der Aufhebung oder der Änderung des Entscheids hat.»
Auszug aus dem kantonalen Baugesetz (BauG)
§ 4 Abs. 1 und 2 BauG: «1Soweit dieses Gesetz keine besonderen Vorschriften enthält, gelten
für das Verfahren und für den Rechtsschutz die Bestimmungen der Gesetzgebung über die
Verwaltungsrechtspflege.»
«2Einwendungen können erhoben werden, bevor der erstinstanzliche Entscheid ergeht. Sie
sind schriftlich einzureichen und haben einen Antrag und eine Begründung zu enthalten. Wer
es unterlässt, Einwendungen zu erheben, obwohl Anlass dazu bestanden hätte, kann den ergehenden Entscheid nicht anfechten. Vorbehalten bleiben Bestimmungen über die Wiederherstellung bei unverschuldeter Säumnis.»
§ 60 Abs. 2 BauG: «Der Gemeinderat veröffentlicht das Baugesuch und legt es während 30
Tagen öffentlich auf. Einwendungen sind innerhalb der Auflagefrist zu erheben.»
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Fall 2: Gänsesäger und Graureiher
Die Vereinigung „Schweizer Vogelschutz SVS / BirdLife Schweiz“ setzt sich im Kanton Y
für den Schutz der Gänsesäger und Graureiher ein. Der SVS möchte rechtzeitig über allfällige
Abschussanordnungen informiert werden, damit er sich gegebenenfalls mit Beschwerde dagegen zur Wehr setzen kann. Deshalb stellt der SVS bei der zuständigen kantonalen Behörde
(Jagdinspektorat) das Gesuch, es sei mittels anfechtbarer Verfügung festzustellen, dass in
Anwendung bestimmter Vorschriften des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1986 über die Jagd
und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz; JSG; SR 922.0) ergehende
Abschussanordnungen des Jagdinspektorats ihr in Form von beschwerdefähigen Verfügungen
zu eröffnen seien.
Das Jagdinspektorat erlässt daraufhin eine Verfügung folgenden Inhalts:
1. Es wird festgestellt, dass Regulationsmassnahmen nach Art. 12 Abs. 4 JSG sowie Anordnungen
von mehreren geplanten Einzelabschüssen von geschützten Vogelarten nach Art. 12 Abs. 2 JSG,
insbesondere im Rahmen von Schutzprojekten – z.B. zum Artenschutz bedrohter Fischarten – dem
SVS beschwerdefähig zu eröffnen sind.
2. Im Übrigen wird das Gesuch des SVS abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dies
bedeutet insbesondere, dass die Anordnung ad hoc getroffener Einzelmassnahmen gemäss Art. 12
Abs. 2 JSG gegen geschützte, schadenstiftende Vogelarten nicht zu eröffnen ist, solange eine Grenze von 10% der lokalen Population nicht überschritten wird.
Der SVS möchte erwirken, dass die Eröffnungspflicht auch Anordnungen betreffend Einzelabschüsse von Graureihern und Gänsesägern erfasst, und beschreitet den kantonalen Rechtsweg. Das Verwaltungsgericht weist die Beschwerde des SVS ab, soweit es darauf eintritt. Zur
Begründung führt es aus, dass eine Abschussanordnung, die mindestens 10 Prozent der Population betreffe, zwar in Anwendung der Verwaltungspraxis des Bundesamtes für Umwelt
(BAFU) als (durch anfechtbare Verfügung zu erlassende) Regulierungsmassnahme (Art. 12
Abs. 4 Jagdgesetz) zu qualifizieren sei. Bei Abschussanordnungen für weniger als 10 Prozent
der Population (Einzelmassnahmen i.S.v. Art. 12 Abs. 2 JSG) fehlten hingegen sowohl die
Strukturmerkmale einer Verfügung als auch das Rechtsschutzbedürfnis. Da keine anfechtbare
Verfügung ergehen müsse, bestehe auch kein Verbandsbeschwerderecht.
Der SVS ist mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht einverstanden und gelangt mit Beschwerde an das Bundesgericht. Der SVS ist der Meinung, im Interesse des Artenschutzes
müsse ihm das Verbandsbeschwerderecht auch bei Anordnungen zum Abschuss geschützter
Vögel, die weniger als 10 Prozent der lokalen Population betreffen, offenstehen; dies selbst
dann, wenn man die Abschussordnung nicht als Verfügung einstufe.
Frage 1:
Wie sind die Abschussanordnungen des kantonalen Jagdinspektorats nach den
anerkannten Regeln und Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts rechtlich zu qualifizieren?
Frage 2:
Wie hat das Bundesgericht vorliegend zu entscheiden?
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Frage 3:
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Angenommen, die Verfügungsqualität der Abschussanordnung werde vom Bundesgericht verneint. Welche Möglichkeiten hätte der SVS, gegen Einzelmassnahmen vorzugehen?
Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass es sich beim SVS um eine Organisation handelt, welche vom Bundesrat
i.S.v. Art. Art. 12 Abs. 3 NHG als zur Beschwerde berechtigt bezeichnet wurde.
Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG, SR 451), Auszug
1. Abschnitt: Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege bei Erfüllung von Bundesaufgaben
Art. 12 Beschwerderecht der Gemeinden und der Organisationen
1
Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu:
a. den Gemeinden;
b. den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen
widmen, unter folgenden Voraussetzungen:
1. Die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig.
2. Sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen
Zwecke dienen.
2
Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn
Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden.
3
Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen.
4
Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation.
5
Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für
deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von
Beschwerden ermächtigen.
Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni 1986 (JSG,
SR 922.0), Auszug
Art. 12 Verhütung von Wildschaden
1
Die Kantone treffen Massnahmen zur Verhütung von Wildschaden.
2
Sie können jederzeit Massnahmen gegen einzelne geschützte oder jagdbare Tiere, die erheblichen Schaden
anrichten, anordnen oder erlauben. Mit der Durchführung dieser Massnahmen dürfen sie nur Jagdberechtigte und
Aufsichtsorgane beauftragen.
2bis
Der Bundesrat kann geschützte Tierarten bezeichnen, bei denen das Bundesamt die Massnahmen nach Absatz
2 anordnet.
3
Die Kantone bestimmen, welche Selbsthilfemassnahmen gegen jagdbare Tiere zum Schutze von Haustieren,
Liegenschaften und landwirtschaftlichen Kulturen zulässig sind. Der Bundesrat bezeichnet die geschützten Tierarten, gegen die solche Selbsthilfemassnahmen ergriffen werden dürfen.
4
Weist eine geschützte Tierart einen zu hohen Bestand auf und entsteht dadurch grosser Schaden oder eine erhebliche Gefährdung, so können die Kantone mit vorheriger Zustimmung des Departements Massnahmen zur
Verringerung des Bestandes treffen.
5
Der Bund fördert und koordiniert die Massnahmen der Kantone zur Verhütung von Wildschaden, der durch
Grossraubtiere an Nutztieren verursacht wird.
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Urteilsanalyse: Das verpasste Champions-League-Spiel FCB gegen FCB
Lesen Sie bitte die beiden folgenden Urteile:
 Bundesverwaltungsgericht, Urteil C-8376/2010, vom 19. Februar 2013
 Bundesgericht, Urteil 1C_370/2013, vom 14. Oktober 2013
Beantworten Sie dazu die folgenden Fragen:
A. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
1. Welcher Sachverhalt und welche Prozessgeschichte liegen dem Urteil zugrunde?
2. Warum wurde der Verfügung des BAP die aufschiebende Wirkung entzogen? In welcher
Form hat das Bundesverwaltungsgericht zur Frage der aufschiebenden Wirkung Stellung
genommen?
3. Welche Rechtsbegehren hat X gestellt und welche Rügen hat er erhoben?
4. Welche Fragen hat das Bundesverwaltungsgericht bei der Prüfung der Prozessvoraussetzungen vertieft untersucht?
5. Der Beschwerdeführer wurde vor Erlass der Verfügung nicht angehört. Warum hat das
Gericht dennoch auf die Prüfung der Gehörsverletzung verzichtet?
6. Wie ordnet das Gericht die verfügte Massnahme ins System der verwaltungsrechtlichen
Massnahmen ein?
7. Liegt laut Bundesverwaltungsgericht ein schwerer oder ein leichter Eingriff in die Garantien gemäss Art. 10 Abs. 2 BV bzw. Art. 24 BV vor?
8. Erachtet das Gericht die Anforderungen an eine genügende gesetzliche Grundlage als erfüllt?
9. Warum sieht das Gericht die Verhältnismässigkeit der Massnahme als gegeben an?
10. Der Beschwerdeführer rügt, das BAP habe den Grundsatz von Treu und Glauben sowie
der Rechtsweggarantie verletzt, indem die Verfügung so spät zugestellt worden sei, dass
die Beschwerde faktisch obsolet geworden sei. Wie stellt sich das Gericht zu diesen Rügen?
11. In E. 9. führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass „die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und vollständig feststellt; sie ist auch angemessen (vgl. Art. 49 VwVG)“. In welchen Erwägungen hat das Gericht eine Angemessenheitsprüfung vorgenommen?
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B. Urteil des Bundesgerichts
1. Sachverhalt und Prozessgeschichte sind im Vergleich zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts deutlich kürzer dargestellt. Warum?
2. Welche Rechtsbegehren hat X gestellt? Erachtet das Gericht diese Begehren als zulässig?
3. Welche Rügen hat X erhoben? Welche Rügen sind neu? Setzt sich das Gericht materiell
mit diesen Rügen auseinander?
4. Was ist Sinn und Zweck von E. 3?
5. Nimmt das Bundesgericht in E. 4 eine Rechts- oder eine Sachverhaltskontrolle vor?
6. Warum stellt das Bundesgericht die Verfassungsverletzung durch die Vorinstanz in Ziff. 1
des Dispositivs förmlich fest?
Warum hebt das Bundesgericht Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils des
Bundesverwaltungsgerichts förmlich auf?
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Fall 3: Örtliche Sitten und Gebräuche
A. wurde 1962 im Iran geboren. Nach seiner Flucht in die Türkei im Jahre 1987 anerkannte
ihn die UNO als Flüchtling. 1989 gelangte er in die Schweiz. Er lebt seither, mit Ausnahme
einiger Monate, die er im Kanton Freiburg verbrachte, in T. im Kanton X.
A. ist geschieden und hat eine inzwischen volljährige Tochter. Vom April 1995 bis zum Februar 2001 bezog er Sozialhilfe, und für sein Scheidungsverfahren wurde ihm im Oktober 2010
die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. A. arbeitet als Taxifahrer.
Am 3. April 2012 ersucht A. die Bürgergemeinde T. um Einbürgerung. Am 5. Dezember
2012 erfährt die Bürgergemeinde von den zuständigen Behörden, dass die formellen Voraussetzungen des Bundes und des Kantons X. erfüllt seien. Am 21. Februar 2013 findet ein Einbürgerungsgespräch vor dem Bürgerrat statt. Dieser teilt A. mit, dass sein Gesuch nur geringe
Chancen habe, weshalb ihm nahegelegt werde, dieses zurückzuziehen. In der Folge unterzeichnet A. das vorbereitete Rückzugsschreiben.
Am 4. März 2013 teilt A. der Bürgergemeinde über seinen Rechtsvertreter mit, er sei überrumpelt worden, zumal nicht angekündigt worden sei, dass es bei der Besprechung auch
schon um die Überprüfung das Wissens gehen werde. Er halte am Gesuch fest. Die Bürgergemeinde antwortet am 20. März 2013, sie stelle der Bürgerversammlung einen negativen
Antrag, weil die Voraussetzungen für eine Einbürgerung nicht erfüllt seien. A. hält auch danach an seinem Gesuch fest. An der Bürgerversammlung vom 19. April 2013 lehnt die Bürgergemeinde das Einbürgerungsgesuch von A. mit 28 zu 0 Stimmen ab. Dieser Entscheid
wird dem Gesuchsteller am 3. Mai 2013 eröffnet und schriftlich im Wesentlichen damit begründet, dass er keine erkennbaren sozialen Beziehungen in der Gemeinde, zu Vereinen oder
anderen lokalen Institutionen pflege; überdies nehme er kaum an öffentlichen Dorf- und
Quartierveranstaltungen teil und mangle es ihm an Grundlagenkenntnissen über die politische
und gesellschaftliche Ordnung sowie am Wissen über örtliche Lebensgewohnheiten, Sitten
und Gebräuche. An derselben Bürgerversammlung wird hingegen die Tochter von A. eingebürgert.
Frage 1:
Ist der Kanton verfassungsrechtlich verpflichtet, gegen negative Einbürgerungsentscheide gerichtlichen Rechtsschutz vorzusehen?
Mit Urteil vom 19. Februar 2016 weist das Verwaltungsgericht des Kantons X. eine gegen die
Ablehnung der Einbürgerung gerichtete Beschwerde von A. ab. Zur Begründung führt es im
Wesentlichen aus, die Bürgergemeinde habe sich bei ihrer Einschätzung, A. sei nicht hinreichend sozial integriert, auf mehrere sachliche Integrationskriterien gestützt und diese korrekt
festgestellt und gewürdigt. Aus dem Umstand, dass seine Tochter eingebürgert worden sei,
könne der Gesuchsteller nichts zu seinen Gunsten ableiten. Überdies vermittle der Erhebungsbericht vom 21. Februar 2013 den Eindruck, dass bei A. auch das Erfordernis der Vertrautheit mit den kantonalen und kommunalen Lebensgewohnheiten bzw. mit der politischen
und gesellschaftlichen Ordnung zu verneinen wäre, was aber offenbleiben könne. Unter den
gegebenen Umständen müsse auch nicht mehr geprüft werden, ob die nicht erfolgte Rückzahlung der Kosten für die unentgeltliche Rechtspflege zu Lasten des A. ins Gewicht falle.
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A. will vor Bundesgericht wenn immer möglich seine Einbürgerung erstreiten, zumindest aber
die Feststellung erwirken, dass er unfair behandelt worden sei.
Frage 2:
Welches Rechtsmittel steht A. zur Verfügung?
Frage 3:
Welche Rügen sollte A. sinnvollerweise erheben?
Frage 4:
Wie stehen die Chancen, dass das Bundesgericht auf das Rechtsmittel eintritt?
Frage 5:
Wie stehen die Chancen, dass A. in der Streitsache obsiegt?
Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass der Kanton X. die materiellen Einbürgerungsvoraussetzungen gleich umschreibt wie das Bundesrecht.
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Fall 4: Schulgeld
Der Grosse Rat des Kantons X beschliesst mit Schlussabstimmung vom 13. April 2015 mehrere Änderungen des kantonalen Schulgesetzes. Neu sollen die Eltern von schulpflichtigen
Kindern (1. bis 9. Klasse) verpflichtet werden, nach dem Einkommen abgestufte Beiträge an
die Ausbildung ihrer Kinder zu leisten (sog. «Schulgeld»). Die Änderungen des kantonalen
Schulgesetzes werden mit der angespannten Lage des öffentlichen Haushalts begründet. Diese
Lage erfordere Einsparungen bei sämtlichen Staatsaufgaben. Die öffentliche Schule könne
hiervon nicht ausgenommen werden.
Gegen die vom Grossen Rat beschlossenen Änderungen des kantonalen Schulgesetzes wird
kein Referendum ergriffen. Der Regierungsrat des Kantons X beschliesst daher nach Ablauf
der Referendumsfrist, die Änderungen des Schulgesetzes und damit die Pflicht zur Bezahlung
des Schulgeldes auf den 1. Januar 2016 in Kraft zu setzen.
Z besucht die vierte Klasse der öffentlichen Schule in einer Gemeinde im Kanton X. Die Eltern von Z, welche im Kanton X ihren Wohnsitz haben, erfahren von den Änderungen des
Schulgesetzes über die Medien, kümmern sich aber nicht weiter darum. Erst, als die Rechnung für das Schulgeld von Z bei ihnen eintrifft (am 1. April 2016), wird ihnen das ganze
Ausmass der Gesetzesänderung bewusst.
Die Eltern von Z sind der Meinung, dass die Volksschule (wie bis anhin) unentgeltlich zu sein
habe und dass der Kanton X mit der Änderung des kantonalen Schulgesetzes bestimmt gegen
die Verfassung verstossen habe. Sie werden von den Eltern von Z am 4./5. April 2016 aufgesucht und um Rat gebeten. Bei dieser Gelegenheit eröffnen Ihnen die Eltern von Z, dass sie
über kein hohes Einkommen verfügen und auch kein nennenswertes Vermögen haben. Sie
hätten aber gehört, dass es für mittellose Personen die Möglichkeit gebe, unentgeltlich
Rechtsschutz zu erhalten.
Fragen:
1) Besteht für die Eltern von Z die Möglichkeit, sich gegen die Auferlegung des Schulgeldes zu wehren?
2) Innert welcher Frist haben Sie das/die entsprechenden Rechtsmittel zu erheben? Ändert sich etwas an Ihrer Antwort, wenn die Eltern von Z bereits am 15. Januar 2016
Ihre Hilfe in Anspruch nehmen?
3) Falls die Möglichkeit von Rechtsmitteln besteht: welche Rügen bringen Sie vor?
4) Prüfen Sie die Möglichkeit, den Prozess für die Eltern von Z unentgeltlich zu führen.
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Relevante Rechtsnormen:
Auszug aus der Verfassung des Kantons X
§ 34 Abs. 1: «Der Unterricht an öffentlichen Schulen ist für Kantonseinwohnerinnen und
Kantonseinwohner unentgeltlich.»
Auszug aus dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons X (VRPG)
§ 34 Abs. 1 und 2 VRPG: «1Auf Gesuch befreit die zuständige Behörde natürliche Personen
von der Kosten- und Vorschusspflicht, wenn die Partei ihre Bedürftigkeit nachweist und das
Begehren nicht aussichtslos erscheint.»
«2Unter den gleichen Voraussetzungen kann einer Partei eine unentgeltliche Rechtsvertretung
bestellt werden, wenn es die Schwere einer Massnahme oder die Rechtslage rechtfertigt und
die Vertretung zur gehörigen Wahrung der Interessen der Partei notwendig ist.»
§ 70 Abs. 1 VRPG: «Vorschriften verwaltungsrechtlicher Natur in kantonalen Gesetzen, Dekreten und Verordnungen sowie Erlassen von Gemeinden, öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten können dem Verwaltungsgericht jederzeit zur Prüfung auf ihre Übereinstimmung mit übergeordnetem Recht unterbreitet werden.»
§ 71 Abs. 1 VRPG: «Zum Antrag ist befugt, wer durch die Anwendung dieser Vorschriften in
absehbarer Zeit in seinen schutzwürdigen eigenen Interessen verletzt werden könnte.»
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Fall 5: „Ja zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug“
Die Initiative „Ja zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug“ wird am 20. November 2012
zur Vorprüfung bei der Justizdirektion des Kantons X eingereicht. Die Initiative hat folgenden
Wortlaut:
Das Gesetz über das Gesundheitswesen vom 4. November 1962 (Gesundheitsgesetz) ist folgendermassen
zu ändern:
§ 17 (Neuformulierung) Privatapotheken
„Zur Führung einer ärztlichen Privatapotheke ist eine Bewilligung der Direktion des Gesundheitswesens
erforderlich. Die Bewilligung wird praxisberechtigten Ärztinnen und Ärzten erteilt. Die Inhaberinnen und
Inhaber von ärztlichen Privatapotheken dürfen Arzneimittel nur an Patientinnen und Patienten abgeben,
die bei ihnen in Behandlung stehen. Die Abgabe hat unter ärztlicher Aufsicht und Verantwortung zu erfolgen.“
Dem Volksbegehren ist die folgende Begründung beigegeben:
Gemäss der aktuellen (und heute veralteten) Regelung, dürfen die Ärztinnen und Ärzte in den Städten Y
und Z keine Medikamente abgeben, die Ärztinnen und Ärzte auf dem Land hingegen schon. Diese rechtsungleiche Behandlung soll beseitigt werden. Alle Bewohnerinnen und Bewohner im Kanton Y sollen frei
wählen können, ob sie ihre Medikamente in der Apotheke oder bei ihrer Ärztin/ihrem Arzt beziehen
möchten. Deshalb soll es auch den Ärzten in den Städten Y und Z möglich sein, ihren Patienten Medikamente abgeben zu können.
Die Justizdirektion entscheidet am 1. März 2013, dass die Initiative die Anforderungen von
§ 123 des Gesetzes über die politischen Rechte (GPR) des Kantons X erfüllt. Apotheker A ist
der Meinung, dass sowohl der Titel als auch die Begründung der Initiative irreführend sind
und seine politischen Rechte verletzen.
Frage 1:
Ist A legitimiert, den Entscheid der Justizdirektion anzufechten?
Die Initiative kommt in der Folge zustande. Das Datum der Volksabstimmung wird auf den
6. April 2014 festgesetzt. Der anschliessende Abstimmungskampf wird heftig geführt. Am 15.
Februar 2014 verteilen das Initiativkomitee und verschiedene Ärzte in den Landbezirken des
Kantons X Flyer mit folgenden Slogans: „Ja, zur freien Medikamentenabgabe, damit Ärzte
weiterhin auf dem Land und neu auch in den Städten Medikamente abgeben dürfen“ und
„Schluss mit der Bereicherung der Apotheker auf Kosten aller Ärzte“. Gemäss einem Interview mit einem Mitglied des Initiativkomitees, welches am 17. März 2014 erscheint, ist im
Fall einer Ablehnung der Initiative, „die Medikamentenversorgung im Kanton Zürich im Notfall nicht mehr gewährleistet“. Ausserdem prognostiziert der Ärzteverband des Kantons X am
26. März 2014, dass die Versicherungsprämien für die Krankenversicherung bei einer Annahme der Initiative um über 10% sinken werden.
Die Initiative wird vom Volk am 6. April 2014 mit 53.7% Ja-Stimmen angenommen. A gibt
sich aber noch nicht geschlagen und möchte den Volksentscheid anfechten. Am 8. April 2014
schickt er seine Einsprache an den Regierungsrat des Kantons X per A-Post Plus (nicht eingeschrieben) ab, welcher den Erhalt der Einsprache am 9. April 2014 bestätigt. Mit Beschluss
vom 29. April 2014 tritt der Regierungsrat (letzte kantonale Instanz) auf die Einsprache nicht
ein. Das Nichteintreten wird mit der Missachtung der Formvorschriften bzw. der Frist gemäss
§ 10d VRG begründet.
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A ist mit diesem Beschluss des Regierungsrates nicht einverstanden und zieht ihn an das
Bundesgericht weiter.
Frage 2:
Wird das Bundesgericht auf die Beschwerde eintreten?
Frage 3:
Hätte der Regierungsrat auf die Einsprache eintreten müssen?
Frage 4:
Wie beurteilen sie die einzelnen Vorkommnisse im Abstimmungskampf aus
materiell-rechtlicher Sicht?
Angenommen, zwei Jahre nach Annahme der Initiative zeige sich, dass die Wirkungen der
Initiative viel gravierender sind, als sie vom Regierungsrat im Beleuchtenden Bericht vorausgesagt wurden (insb. Schliessung zahlreicher Apotheken in den Städten Y und Z mangels
Kundschaft):
Frage 5:
Hat A heute (d.h. am 11./12. April 2016) eine Möglichkeit, gegen die betreffende
Volksabstimmung vorzugehen?
Relevante Rechtsnormen:
Auszug aus dem Gesetz über die politischen Rechte (GPR):
§ 123
1
Jede Unterschriftenliste enthält folgende Angaben: a. (…)
b. den Titel, den Text und eine kurze Begründung der Initiative, (…)
2
Der Titel und die Begründung der Initiative dürfen nicht irreführend, ehrverletzend oder übermässig
lang sein, keine kommerzielle oder persönliche Werbung enthalten und zu keinen Verwechslungen Anlass geben.
Auszug aus dem kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG):
§ 10d
Gegen erstinstanzliche Handlungen des Regierungsrates, welche die politische Stimmberechtigung der
Bürgerinnen und Bürger oder Volkswahlen oder Volksabstimmungen betreffen, kann bei ihm innert fünf
Tagen eingeschrieben Einsprache erhoben werden. § 21a gilt sinngemäss.
§ 21a
In Stimmrechtssachen sind rekursberechtigt:
a.
die Stimmberechtigten des betreffenden Wahl- oder Abstimmungskreises und die Kandidierenden,
b.
politische Parteien und Gruppierungen, die im betreffenden Wahl- oder Abstimmungskreis tätig
sind,
c.
betroffene Gemeindebehörden,
d.
die Mitglieder des Initiativkomitees gegen Verfügungen der Direktion der Justiz über die formelle
Gültigkeit der Unterschriftenliste und betreffend den Titel der Initiative.
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Fall 6: Die Rückerstattungsverfügung
Sachverhaltsvariante A:
A wird von den Sozialen Diensten der Stadt X im Kanton Y (nachfolgend: Sozialbehörde)
zwischen Juli 2012 und März 2014 mittels Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen wirtschaftlich unterstützt. Aufgrund von Abklärungen im Rahmen einer Kontrolle des Dossiers von A
findet die Sozialbehörde heraus, dass A falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. So hat er es unterlassen, ein auf ihn lautendes Konto mit einem erheblichen
Vermögensbetrag gegenüber der Sozialbehörde zu deklarieren.
Die Sozialbehörde der Stadt X leitet gegen A ein Verfahren auf Rückerstattung der zu Unrecht ausgerichteten Sozialhilfeleistungen ein. Sie verpflichtet ihn mittels Verfügung, insgesamt CHF 12'000 zu Unrecht bezogener Leistungen an die Stadt X zurückzuzahlen.
A ficht die Rückerstattungsverfügung bei der zuständigen Behörde an. Diese heisst seine Beschwerde gut und hebt die Rückerstattungsverfügung der Sozialbehörde auf. Gegen diesen
Entscheid führt die Sozialbehörde Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht. Das
Verwaltungsgericht tritt auf die Beschwerde der Sozialbehörde nicht ein, weil es ihr an der
notwendigen Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde fehle.
Die Sozialbehörde hält den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts für falsch und
möchte diesen vor Bundesgericht anfechten.
Fragen:
1) Welches Rechtsbegehren stellen Sie vor Bundesgericht?
2) Ist die Sozialbehörde zur Beschwerde an das Bundesgericht legitimiert?
Sachverhaltsvariante B:
Gleiche Ausgangslage wie bei Sachverhaltsvariante A, jedoch mit den nachfolgenden prozessualen Änderungen:
A ficht die Rückerstattungsverfügung bei der zuständigen Behörde an. Er macht geltend, das
Vorgehen der Sozialbehörde erweise sich als unverhältnismässig, da anstelle einer Rückerstattung eine Verwarnung als milderes Mittel ebenso zielführend gewesen wäre. Die Rückerstattung treffe ihn übermässig hart. Die zuständige Behörde weist seine Beschwerde ab und bestätigt die Rückerstattungsverfügung der Sozialbehörde.
A gelangt an das Verwaltungsgericht. Dieses weist seine Beschwerde ebenfalls ab. A möchte
an das Bundesgericht gelangen.
Fragen:
1) Tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde von A ein?
2) Wie beurteilen Sie die von A vorgebrachte Rüge der Unverhältnismässigkeit der
Rückerstattungsverfügung, falls das Bundesgericht auf die Beschwerde eintritt?
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Relevante Rechtsnormen:
Auszug aus dem Sozialhilfegesetz des Kantons Y (SHG)
§ 18 Abs. 1 SHG: «Der Hilfesuchende gibt vollständig und wahrheitsgetreu Auskunft über:
a.) seine finanziellen Verhältnisse im In- und Ausland, namentlich auch über Ansprüche gegenüber Dritten, (…).»
§ 26 SHG: «Zur Rückerstattung von wirtschaftlicher Hilfe ist verpflichtet, wer a.) diese unter
unwahren oder unvollständigen Angaben erwirkt hat oder b.) diese für andere als von der Fürsorgebehörde festgelegten Zwecke verwendet hat und dadurch bewirkt, dass die Behörde erneut zahlen muss.»
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Fall 7: Der Projektleiter
A wird im Jahr 2009 mit Verfügung der Vollzugsstelle für den Zivildienst ZIVI (nachfolgend:
Vollzugsstelle) zum Zivildienst zugelassen und zur Leistung von insgesamt 390 Diensttagen
verpflichtet. Im Jahr 2010 leistet A einen ersten Zivildiensteinsatz beim Einsatzbetrieb B von
26 Diensttagen.
Die Zusammenarbeit zwischen A und dem Einsatzbetrieb B verläuft zufriedenstellend, so
dass der Einsatzbetrieb dem A nach Absolvierung seines ersten Zivildiensteinsatzes im Jahr
2010 eine feste Anstellung als Projektleiter mit einem Pensum von 100% anbietet. Diese Stelle nimmt A an.
Mit Schreiben vom 19. November 2010 ersucht A die Vollzugsstelle um Dienstverschiebung
für die Einsatzjahre 2011 bis 2013. Dieses Gesuch begründet er im Wesentlichen damit, dass
er eine dreijährige Anstellung als Projektleiter beim früheren Einsatzbetrieb B angetreten habe
und Absenzen seinerseits mit dem Projekt nicht vereinbar seien, was der Einsatzbetrieb B
schriftlich bestätigt. Die Vollzugsstelle bewilligt das Gesuch um Dienstverschiebung einstweilen für das Jahr 2011 und fordert A auf, für das Jahr 2012 eine Einsatzvereinbarung oder
aber ein weiteres Dienstverschiebungsgesuch einzureichen.
Im März 2012 geht bei der Vollzugsstelle eine Einsatzvereinbarung für einen Einsatz von 180
Diensttagen zwischen A und dem Einsatzbetrieb B ein. Der Einsatz soll im August 2012 beginnen und Ende Januar 2013 enden. Die Vollzugsstelle erstellt in der Folge am 21. Mai 2012
das Aufgebot (Verfügung) für den Zivildiensteinsatz. A tritt den Einsatz gemäss dem Aufgebot an.
Anlässlich einer Inspektion im Einsatzbetrieb stellt die Vollzugsstelle fest, dass A im Einsatzzeitraum neben der Erwerbsausfallentschädigung vom Einsatzbetrieb B durchgehend einen
Lohn für ein 100%-Pensum bezog.
Mit Verfügung vom 10. Februar 2013 widerruft die Vollzugsstelle ihr Aufgebot vom 21. Mai
2012 und stellt fest, dass dem Beschwerdeführer für die Zeit vom August 2012 bis Ende Januar 2013 (gesamte Einsatzdauer) keine Diensttage an die Leistung der Zivildienstpflicht angerechnet würden.
A ist nicht bereit, den Widerruf des Aufgebots zu akzeptieren und will dagegen vorgehen.
Fragen:
1) Wie gestaltet sich der Rechtsmittelweg gegen die Verfügung vom 10. Februar 2013?
2) Ist die Widerrufsverfügung vom 10. Februar 2013 zu Recht ergangen?
Relevante Rechtsnormen (bitte in die Übungsstunde mitbringen):
Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 6. Oktober 1995 (ZDG; SR 824.0); Verordnung über den zivilen Ersatzdienst vom 11. September 1996 (ZDV; SR 824.01)
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Fall 8: Lohnkürzung (Fallbearbeitung – Abgabetermin: 5. April 2016)
Die Gemeindeexekutive der Stadt X (Stadtrat) sieht sich aufgrund der in Folge der Finanzkrise zunehmend schlechten Finanzlage der Stadt gezwungen, lohnwirksame Sparanstrengungen
ins Auge zu fassen. Zu diesem Zweck hat der Stadtrat in seiner letzten Sitzung beschlossen,
gestützt auf eine entsprechende Ermächtigung im Personalgesetz der Stadt X die Personalverordnung zu ändern; der entsprechende Beschluss wurde ordnungsgemäss im „Anzeiger der
Stadt X“ publiziert:
„Die Verordnung über die Besoldung des Personals der Stadt X vom 10. August 2009 wird
wie folgt ergänzt:
Art. 7
1
Unverändert.
2
Der Stadtrat ist ermächtigt, die Besoldungsansätze gemäss Art. 3 ff. dieser Verordnung aus
triftigen finanziellen Gründen um maximal fünf Prozent des Monatsgehaltes zu kürzen.“
Herr A, seit über zehn Jahren städtischer Angestellter beim Strassenbauamt, erhob gegen diesen Beschluss fristgerecht Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht; ebenfalls angefochten wurde der Beschluss vom städtischen Angestelltenverband, dem die meisten städtischen Angestellten angehören. Herr A macht geltend, eine derartige lineare Lohnreduktion
treffe ihn als einen in der tiefsten Gehaltsklasse eingereihten Staatsbediensteten ungleich härter als die Staatsangestellten mit hohen und höchsten Löhnen. Weiter greife die Massnahme in
unzulässiger Weise in seine wohlerworbenen Rechte ein. Einer Rechtsänderung stehe nicht
zuletzt der Umstand entgegen, dass die Besoldungsverordnung erst vor sechs Jahren geändert
worden sei, so dass er sich auf deren Weitergeltung verlassen dürfe. Der Angestelltenverband
ist der Ansicht, eine solche Sparmassnahme sei völlig ungeeignet, um die Stadtfinanzen längerfristig zu sanieren. Die Stadt könne in anderen Bereichen wirksamer sparen als bei den
Löhnen ihrer Angestellten. Ein indirekter Spareffekt liesse sich höchstens durch die Reduktion der Kaderlöhne erzielen, da durch ein solches Lohnopfer das letztlich für die Staatsausgaben hauptverantwortliche Kader zu einem sparsameren Einsatz motiviert würde.
Der Stadtrat hielt in seiner Stellungnahme fest, die finanzielle Notlage erfordere dringend, auf
allen Ebenen und in sämtlichen Bereichen Sparanstrengungen zu unternehmen. Der Lohnbereich könne davon nicht ausgenommen werden. Gerade auch die städtischen Angestellten
seien nun zu einem Solidaritätsbeitrag ihrem Arbeitgeber und dem Gemeinwesen gegenüber
aufgerufen. Weiter erachte er eine lineare Kürzung sämtlicher Löhne als die gerechteste aller
denkbaren Massnahmen, treffe sie doch sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig von der Gehaltsstufe gleich. Hinzu komme, dass das Lohnniveau in der Stadt X im Vergleich zu benachbarten Städten und zum Kanton sehr hoch sei und ein generelles Absenken
des Lohnniveaus sich auch aus diesen Gründen rechtfertige. Die übrigen Rügen seien offensichtlich unzutreffend.
Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation des Stadtrats und wies die Beschwerden
vollumfänglich ab. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde Herrn A und dem Angestelltenverband vor einer Woche schriftlich eröffnet.
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Fragestellung
1.
Welches Rechtsmittel steht Herrn A und dem Angestelltenverband gegen das Urteil
des kantonalen Verwaltungsgerichts offen?
Wird die angerufene Rechtsmittelinstanz darauf eintreten?
Wie beurteilen Sie die Stichhaltigkeit der vorgebrachten Rügen?
Wie lautet das Urteil (Dispositiv) im Fall der Gutheissung des Rechtsmittels, wie lautet es im Fall der Abweisung?
2.
3.
4.
Beilagen:
1. Statuten Angestelltenverband der Stadt X
Art. 1 Der Angestelltenverband der Stadt X ist eine Gewerkschaft mit Sitz in X. Er ist als
Verein gemäss Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches im Handelsregister eingetragen.
Art. 2 Zweck des Verbands ist, das im öffentlichen Dienst tätige Personal in beruflicher,
wirtschaftlicher, sozialer, politischer und kultureller Hinsicht zu schützen und zu fördern.
Der Verband kann die Interessen einzelner Mitglieder unterstützen und auch gegen aussen
vertreten, sofern es sich um Anliegen von allgemeinem Interesse für das Personal im öffentlichen Dienst handelt.
Der Verband kann im Rahmen des umschriebenen Zweckes die Interessen von Mitgliedern
vertreten und ist namentlich befugt, den Rechtsweg zu beschreiten.
Art. 3 Die Mitgliedschaft im Angestelltenverband steht allen im öffentlichen Dienst der Stadt
X stehenden Beschäftigten offen.
2. Auszug aus dem Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons X
Art. 24 Das Verwaltungsgericht beurteilt als letzte kantonale Instanz Beschwerden gegen
a.
Verfügungen, einschliesslich raumplanungsrechtlicher Festlegungen,
b.
unrechtmässiges Verweigern oder Verzögern einer anfechtbaren Verfügung,
c.
Handlungen staatlicher Organe, welche die politische Stimmberechtigung der Bürgerinnen und Bürger oder Volkswahlen oder Volksabstimmungen betreffen (Stimmrechtssachen),
d.
Erlasse, ausgenommen die Kantonsverfassung und kantonale
Gesetze.
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Fall 9: Pech beim Glücksspiel
A ist ein leidenschaftlicher Spieler von Glücksspielen. Er besucht regelmässig die Casinos in
seiner Region. Als sich die Verluste aus seiner Spieltätigkeit häufen, sein Verlangen nach
Glücksspielen aber trotzdem nicht abnimmt, veruntreut A im grossen Umfang Gelder seines
Arbeitgebers, um weiterhin dem Glücksspiel nachgehen zu können. Das veruntreute Geld
verspielt er im Casino der X AG.
Im Februar 2015 erfährt die Eidgenössische Spielbankenkommission (nachfolgend: ESBK),
dass gegen A ein Strafverfahren wegen Veruntreuung eingeleitet wurde und dieser die veruntreuten Gelder im Casino der X AG verspielt hat.
Die ESBK teilte daraufhin der X AG mit, dass gegen sie ein Administrativverfahren eröffnet
werde, um zu prüfen, ob im Zusammenhang mit A die spielbankenrechtlichen Vorschriften
eingehalten seien.
Mit Verfügung vom 2. Oktober 2015 spricht die ESBK gegen die X AG eine Verwaltungssanktion in Höhe von CHF 4'939'000 aus. Sie begründet den Entscheid damit, dass den im
Sozialkonzept vorgesehenen Prozessen nicht nachgekommen worden sei. Die X AG als Betreiberin des Casinos habe damit gegen die Spielbankengesetzgebung verstossen.
Die Sanktionshöhe von CHF 4'939'000 begründet die ESBK damit, dass die X AG durch das
Verhalten von A einen Vorteil von gerundet CHF 2'822'420 erzielt habe. Es müsse von einem
mittelschweren Verstoss ausgegangen werden, so dass sich ein Multiplikationsfaktor von 1.75
rechtfertige. Dies ergebe den Betrag von CHF 4'939'000.
Die X AG bestreitet, dass sie sich Unterlassungen habe zuschulden kommen lassen, die eine
Sanktionierung rechtfertigen würden. Sie will daher gegen den Entscheid der ESBK vom 2.
Oktober 2015 vorgehen.
Fragen:
1) Wie gestaltet sich der Rechtsmittelweg gegen die Verfügung der ESBK vom 2. Oktober 2015?
2) Sie vertreten die X AG als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt. Die X AG macht insbesondere geltend, die ESBK habe im Verwaltungssanktionsverfahren auf Unterlagen zur
Ermittlung des Sachverhaltes Bezug genommen, welche sie (die X AG) unter Zwang
habe herausgeben müssen. Wie argumentieren Sie?
Relevante Rechtsnormen (bitte in die Übungsstunde mitbringen):
Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken vom 18. Dezember 1998 (SBG; SR 935.52)
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Fall 10: Die gestrenge Zollverwaltung
Die politischen Gemeinden des Kantons Zug haben sich zum „Zweckverband der Zuger Einwohnergemeinden für die Bewirtschaftung von Abfällen“ (Zeba) zusammengeschlossen. Dieser Gemeindeverband lässt das Abfallaufkommen in ausserkantonale Kehrichtverwertungsanlagen verbringen. Hierzu unterhält er Verträge mit mehreren Transporteuren, so auch mit der
Einwohnergemeinde der Stadt Zug (nachfolgend die Transporteurin). Der Transport der Kehrichtcontainer erfolgt nach der Methode des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV).
Danach holen die Transporteure die Container am Verladeort ab und befördern diese per
Lastwagen bis zum ersten Umschlagsbahnhof („Vorlauf“ des UKV). Dort erfolgt der Umlad
von der Strasse auf die Schiene. Alsdann gelangen die Container per Bahn bis zum zweiten
Umschlagsbahnhof („Hauptlauf“ des UKV), ehe der "Nachlauf" des UKV (von dort bis zum
Entladeort, hier: Kehrichtverwertungsanlage), falls ein solcher überhaupt erforderlich ist,
wiederum mit Lastwagen bewältigt wird. Soweit Strassenfahrzeuge im unbegleiteten kombinierten Verkehr – für den Vor- und/oder Nachlauf – eingesetzt werden, haben die Transporteure von Gesetzes wegen die Möglichkeit, die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
(LSVA) zurückzuverlangen (Art. 4 Abs. 3 SVAG). Nach der Verordnung zur LSVA bedingt
dies jedoch insbesondere, dass die Ladebehälter oder Sattelanhänger eine Mindestlänge von
5,5 Meter (entsprechend 18 Fuss) aufweisen (Art. 8 Abs. 2 lit. a SVAV).
Im Mai 2011 kontrolliert die Eidgenössische Zollverwaltung die vom Gemeindeverband verwendeten Container. Sie kommt zum Ergebnis, dass die eingesetzten Ausführungen eine Aussenlänge (ohne Aussenbügel) von 5'343 Millimetern (Typ A) bzw. 5'249 Millimetern (Typ B)
aufweisen und somit die für die Rückerstattung erforderliche Länge nicht erreichen. Die
Nachkontrolle durch die RUAG Schweiz AG bestätigt dies. Unter Einbezug der Aussenbügel
wären die Längenerfordernisse nach Art. 8 Abs. 2 lit. a SVAV hingegen erfüllt. Mit Blick auf
diese Messergebnisse eröffnet die Zollverwaltung gegen die Transporteurin eine Zollstrafuntersuchung wegen unrechtmässig beanspruchter Rückerstattungen der LSVA für die Jahre
2007 bis 2011. Am 30. Mai 2012 erlässt die Zollverwaltung gegenüber der Transporteurin
eine Nachleistungsverfügung (Art. 12 Abs. 1 und 2 VStrR) mit einer Nachforderung von
Fr. 59'890.45.
Gegen diese Verfügung erhebt die Transporteurin erfolglos verwaltungsinterne Beschwerde.
Nun will die Transporteurin an das Bundesverwaltungsgericht gelangen. Sie ist der Meinung,
bei der Längenmessung nach SVAV müssten die Aussenbügel – in dubio contra fiscum –
berücksichtigt werden. Zudem sei es nicht nachvollziehbar, ja geradezu spitzfindig, die Untergrenze für die Rückerstattung der LSVA bei 18 Fuss zu ziehen, zumal von einer solchen
Untergrenze im Gesetz keine Rede sei.
Frage 1:
Welche Anträge und Rügen sollen in der Beschwerde sinnvollerweise vorgebracht
werden? (mit welcher Begründung?)
Vor der Kontrolle im Mai 2011 hat die Eidgenössische Zollverwaltung der Transporteurin die
LSVA 10 Jahre lang ohne den geringsten Vorbehalt zurückerstattet.
Frage 2:
Kann die Transporteurin daraus allenfalls etwas zu ihren Gunsten ableiten?
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Angenommen, das Bundesverwaltungsgericht heisse die Beschwerde der Transporteurin gut
und hebe die Nachleistungsverfügung auf:
Frage 3:
Kann die Eidgenössische Zollverwaltung gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorgehen? Was kann sie gegebenenfalls geltend machen?
Bundesgesetz über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerverkehrsabgabegesetz, SVAG)
vom 19. Dezember 1997 (SR 641.81), Auszug
Art. 4 Ausnahmen und Befreiungen
[…]
3
Für Fahrten im unbegleiteten kombinierten Verkehr besteht Anspruch auf eine pauschale Rückerstattung. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
Verordnung über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerverkehrsabgabeverordnung,
SVAV) vom 6. März 2000 (SR 641.811), Auszug
Art. 8 Im unbegleiteten kombinierten Verkehr eingesetzte Fahrzeuge
1
Halterinnen und Halter von der Abgabe unterliegenden Fahrzeugen, mit denen Fahrten im unbegleiteten
kombinierten Verkehr (UKV) ausgeführt werden, erhalten für die Fahrten im Vor- und Nachlauf des
UKV von der Zollverwaltung auf Antrag eine Rückerstattung.
2
Pro Ladebehälter oder Sattelanhänger, der von der Strasse auf die Bahn oder das Schiff oder von der
Bahn oder dem Schiff auf die Strasse umgeschlagen wird, beträgt die Rückerstattung:
Franken
a.
für Ladebehälter oder Sattelanhänger mit einer Länge
zwischen 5,5 und 6,1 m oder zwischen 18 und 20 Fuss
24
b.
für Ladebehälter oder Sattelanhänger mit einer Länge
über 6,1 m oder über 20 Fuss
37
3
Der Rückerstattungsantrag ist zusammen mit der Deklaration nach Artikel 22 an die Zollverwaltung zu
richten.
4
Der Rückerstattungsbetrag darf die gesamte Abgabe der im UKV eingesetzten Fahrzeuge der Antragstellerin oder des Antragstellers pro Abgabeperiode nicht übersteigen. 3
21