Der verschwundene Schmuck - Eine Kurzgeschichte für kleine und große Kinder - Gute Nacht Geschichte Sie fuhr sich mit der Hand durch die grauen Haare. „Verflixt, ich kann ihn einfach nicht finden“, sagte sie und keiner verstand, was Oma meinte. René und seine Familie, also Mama, Papa und sein kleiner Bruder Pascal, waren eingeladen worden von den Großeltern. Oma und Opa waren zwei Wochen im Urlaub gewesen und erst gestern zurückgekehrt.„Ich kann mich nicht erinnern, wo ich ihn versteckt habe“, sagte Oma und schüttelte den Kopf. „Was meinst du, Oma?“ fragte René. Krümel des Schokoladenkuchens hingen rings um seinen Mund. Statt Oma antwortete Opa: „Oma sucht ihren Schmuck. Sie versteckt ihn immer, bevor wir in den Urlaub fahren. Sie glaubt, dass er sehr wertvoll ist und will ihn vor Einbrechern schützen.“ René machte große Augen. „Ist er wertvoll?“ „Natürlich ist er wertvoll. Opa macht sich immer lustig über mich“, sagte Oma und war etwas eingeschnappt. „Ich hab‘ schon alles abgesucht und kann ihn nicht finden. Ich werde einfach nicht jünger.“ „Was für Schmuck vermisst du denn?“ wollte René von seiner Großmutter wissen. Sie überlegte und sagte dann: „Meinen schönsten Schmuck. Einige Ringe und ein paar Halsketten. Wenn ich in den Urlaub fahre, kann ich ja nicht alles mitnehmen. Wenn ich alles tragen würde, sähe ich aus wie ein geschmückter Weihnachtsbaum.“ Die ganze Familie lachte. René suchte sofort die ganze Wohnung ab. Es war verflixt, er drehte sich im Kreis. Oma hatte ihren Schmuck versteckt und wusste nicht mehr wo. Spuren eines Einbruchs gab es weder an der Tür noch an den Fenstern. Warum musste Oma auch so vergesslich sein und sich so schwierige Verstecke ausdenken. Weil er nicht wusste, wie er den Fall lösen konnte, und Lust auf ein Eis spürte, fragte er seinen Opa: „Darf ich ein Eis haben?“ „Schaffst du das denn noch nach dem ganzen Kuchen, den du verputzt hast?“ wollte Opa wissen. „Na klar doch!“ „Für mich auch“, mischte sich Pascal ein. Mama legte den Kopf in ihre beiden Hände und fragte, wie es sein könne, dass ein so kleines Kind so viel essen konnte. „Du weißt doch, wo bei uns das Eis zu finden ist, oder?“ fragte Opa. „Im Gefrierfach“, antwortete René. „Genau. Dann geh‘ und hol‘ dir ein Eis und bring für deinen kleinen Bruder eines mit“, sagte Opa und René düste los. In der Küche öffnete er erst den Kühlschrank und dann das Gefrierfach. Ihm war klar, dass der Kühlschrank nicht zum Spielen gedacht war, nahm aber dennoch eine bunte Plastikdose heraus. Sie klapperte verdächtig. Dann ging René ein Licht auf und ein breites Lächeln war sofort auf seinem Gesicht zu sehen. „Oma, Oma!“ rief René, „ich habe deinen Schmuck gefunden!“ Mo, die Künstlerin - Geschichte über einen Delfin In dem weiten, großen Meer, dort wo die Sonne golden auf den kleinen Wellen glitzert, da lebt ein kleiner Delfin mit seiner Familie. Während die großen Delfine für Nahrung sorgten, spielten die kleinen Delfine den ganzen Tag über. Mo war einer der kleinsten Delfine. Sie war zwar schon älter, allerdings wuchs sie nicht mehr. Sie liebte es mit ihren Freunden knapp unter der Oberfläche entlang zu gleiten und ab und zu kleine Hechtsprünge aus dem Wasser zu machen. Doch während die anderen Delfinkinder mit der Zeit begannen sich weiter zu entwickeln und sich mehr bei den großen Delfinen aufzuhalten, konnte Mo nicht aufhören zu spielen. Alle versuchten sie zu überreden, wie die anderen Delfine zur Schule zu gehen, doch sie wollte spielen. Sie schwamm nun immer allein und übte neue Sprünge. Sie lernte Saltos, Rollen und vieles mehr. Und es machte ihr immer mehr Spaß. Als die kalte Jahreszeit vorrüber ging, schwamm die Familie los, um an dem großen Fest dabei zu sein, welches die Delfine jährlich feierten, um die Wärme zu empfangen. Man traf eine Woche vor den Vorstellungen ein und traf sich mit alten Freunden. Mo war ganz aufgeregt und freute sich sehr. Auch die anderen Delfine, die einmal Mo's Freunde waren, freuten sich. Denn auf dem Fest würden viele junge Delfine sein und oft fanden sich dort dann die richtigen Partner um eine neue Familie zu gründen. Die Delfine waren nun ausgebildet um eigenständig eine Familie zu versorgen, nur Mo nicht. Doch sie verschwendete daran keine Gedanken, denn das einzige woran sie denken konnte, waren die Sprünge. Als die Delfinfamilie zu dem Ort kam, wo das Fest stattfinden würde, konnte man überall Künstler sehen, die ihre Kunststücke einübten und unter den Augen der Betrachter aufblühten. Es waren tausende von Delfinen da, die sich hier herum trieben und man musste aufpassen, dass man sich nicht verlor. Doch genau das geschah Mo bald. Sie verlor die anderen und fand sich allein vor einem alten Delfin wieder, der einige müde Drehungen vollzog. Er blickte sie traurig an. "Als ich jung war, konnte ich höher springen als alle anderen! Und jetzt bin ich alt und alle erwarten, dass ich immer noch so gut bin, weil ich nie etwas anderes gelernt habe..." Mo fand es sehr traurig den alten Delfin so zu sehen und unterhielt sich weiter mit ihm. Als das Fest dann begann, war sie so aufgeregt, dass ihre Schwanzflosse zitterte. Sie sahen die tollsten Vorstellungen und als der alte Delfin angesagt wurde, schwamm sie so schnell sie konnte in die Mitte und begann mit ihren Kunststücken. Alle anderen Delfine waren begeistert und applaudierten. Und der alte Delfin war sehr dankbar und stolz. Auch Mo's Familie war stolz und sah ein, dass man auch ein guter Delfin sein kann, wenn man etwas anders ist. Und Mo entschloss sich, ihre Leidenschaft weiter auszuleben und zog mit der Künstlergruppe davon. Als sie ein Jahr später wieder zu dem Fest kam, war sie bereits Mutter und trotzdem noch immer die beste Springerin. Die kleine Maus und ihre Freunde - Mäusegeschichte In einem kleinen Mauseloch, in einem großen Haus, lebte eine kleine Mäusefamilie. Vater Hans, Mutter Sandra und 4 kleine Mäuschen. Das kleineste Mäuse-Baby, Gigi, liebt es sich gerne in Gefahr zu bringen. Denn in diesem großen Haus, lebte eine alte gemeine Katze, die Trudel hieß. Aber es ist wirklich nie etwas schreckliches passiert, weil Klein Gigi viele, gute Freunde hat. Da ist z.B. der Hund Rocky, der Wellensitich Lori und Fredi, das Zwergkaninchen. Eines Tages ging Gigi wieder auf "Katzenjagd". Doch sie hatte diesmal Pech, denn Trudel musste heute zum Tierarzt. Da freuten sich aber die Freunde alle zusammen. Denn wie ein Sprichwort sagt: " Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. In diesem Fall kann man auch von Hund, Vögeln und Hasen sprechen. Da sagte die kleine Maus: " Kommt der Frühstückstisch ist noch gedeckt, greifen wir alle zu bevor die alte schreckliche Katze zurück kommt." Alle stürmten auf den Tisch zu , was sie aber nicht bemerkten, als sie den leckeren Käse, die Wurst und das Brot aßen, dass sie heimlich beobachtet wurden. Als das Frauchen Trudel in den Katzenkäfig und dann ins Auto getan hatte, ist die Katze heimlich ausgestiegen und ist wieder zurück ins Haus gegangen. Sie beobachtete die "Party" eine zeitlang aus dem Fenster und dachte sich:" Wartet ihr nur, gleich werde ich die kleine Maus fressen, das wird euer letzer Frühstücksschmaus gewesen sein." Die vier Freunde ahnten noch nichts, was bald passieren würde. Als sie nach einer knappen Stunde fertig mit essen waren, waren ihre Bäuche so voll, dass sie sich nicht mehr bewegen konnten. " Meine Gute, diesmal haben wir echt übertrieben", bellte Rocky und alle stimmte ihm zu. Doch plötzlich schoss was ganz schnelles auf den Tisch und hatte die kleine Gigi schon im Maul. "Hilfe, Hilfe", schrie die kleine Maus. Doch zu spät, Trudel war schon weg. Rocky, Lori und Fredi liefen bzw. flogen hinterher, doch Katze und Maus waren aus dem Haus. Die drei Freunde erschracken, als ein Auto vor dem Haus quietschte und jemand laut anfing zu brüllen. Trudel ist vors Auto ihres Frauchens gelaufen und lag verletzt auf der Straße. Die kleine Gigi lief zurück zu ihren Freunden und erzählte:" Als Trudel das Auto sah, war sie so schockiert, dass sie mich hat fallen lassen. Ich hatte ganz großes Glück." " Gut, dass dir nichts passiert ist", riefen alle im Chor. Doch die fiese Katze hatte sich leider nur die Schulter weh getan. Trudel ist dann doch noch beim Tierarzt gelandet und es war ihr letzter Versuch, die kleine Maus fressen zu wollte. Am Abend verabschiedeten sie sich wie immer: " Gute Nacht euch allen, bis morgen und danke wieder für eure Hilfe", sagte das kleine Mäuschen. Da antworteten die Freunde:" Auch dir eine gute Nacht, war uns ein Vergnügen dir mal wieder zu helfen." Alle schliefen mit dem Gefühl ein, dass es vielleicht nie wieder lustig wird, da Trudel verletzt ist und sie sich nicht mehr gegenseitig ärgern würden. Tobi mag nicht schlafen - Gute Nacht Geschichte über eine Pony Das Ponyfohlen Tobi stürmte übermütig über die Wiese. Den ganzen Tag war es draußen gewesen. Es hatte Grashalme gekostet, sich gewälzt und sogar versucht, unter dem Zaun hindurch zu kriechen. Jetzt kam es atemlos bei seiner Mutter an und stieß ihr die Nase in die Seite. „Lass uns Fangen spielen“, bat es. Die Stute ließ sich jedoch nicht erweichen. „Es ist Zeit zum Schlafen“, erklärte sie und trabte ihm voraus in den Stall. „Ich bin noch gar nicht müde“, meckerte Tobi. „Ich möchte lieber noch eine Runde um die Wiese rennen.“ Aber seine Mutter bestand darauf, dass er sich neben sie ins Stroh legte. Murrend ließ sich Tobi auf seinen Schlafplatz plumpsen. Doch er dachte gar nicht daran zu schlafen. Sobald das Pony seine Mutter leise schnarchen hörte, stand es vorsichtig wieder auf. Zuerst stakste es zum Futtertrog. Bestimmt würde es dort etwas Leckeres finden. Doch außer einer alten, verschrumpelten Möhre gab es hier nichts zu entdecken. Enttäuscht pustete Tobi durch die Nase. Er hätte gerne an einigen Haferkörnern gelutscht, und war sicher gewesen, dass seine Mutter nicht alle aufgegessen hatte. „Suchst du die hier?“ Eine Maus saß hinter dem Trog und hielt ihm eine Handvoll Körner hin. Ihre Augen glitzerten schelmisch. „Das ist unser Hafer“, protestierte Tobi. „Hol ihn dir doch“, kicherte die Maus. „Fang mich, wenn du kannst!“ Dann drehte sie sich um und war blitzschnell im Stroh verschwunden. Verblüfft blickte Tobi ihr nach. Er konnte kaum glauben, dass die Körnerdiebin mit ihren kurzen Beinen so schnell laufen konnte. Immerhin wusste er nun, wohin der Hafer verschwunden war. Ein Windstoß rüttelte an der Stalltür. Mit einem leisen Knacken sprang das alte Schloss auf, und die Tür öffnete sich ein Stück. Das Pony hob den Kopf und stellte die Ohren aufmerksam nach vorn. Dann trottete es nachdenklich zum einladenden Türspalt. Wenn es durch die Tür ginge, wäre es wieder auf der Weide. Aber inzwischen war es dunkel geworden, und das kleine Pferd konnte die Wiese nicht mehr erkennen. Ob sie überhaupt noch da war, fragte sich Tobi. Vielleicht verschwanden nachts die Bäume, das Gras und auch alles andere, und es war deshalb nichts mehr zu sehen. Tobi scharrte unruhig mit dem Huf. Er fürchtete sich ein bisschen, aber neugierig war er auch. Plötzlich schwebte ein leuchtender Punkt vor der Tür. Das seltsame Licht wollte sich Tobi genauer angucken, also wagte er sich mutig aus dem Stall. Draußen war es so finster, dass er nicht den Huf vor Augen sah. Doch dann kam der Mond hinter einer Wolke hervor, und er erkannte die Umrisse der Bäume und des Zaunes. Es ist alles noch da, jubelte Tobi. Die Nacht verschluckt die Sachen nicht, sie versteckt sie nur. Während sich das Pony noch umschaute, flog der helle Punkt direkt an seiner Nase vorbei. Das Fohlen schnappte danach, aber es erwischte ihn nicht. Das Licht schien sogar mit ihm spielen zu wollen, denn immer wenn das Pferd herankam, flog es ein Stückchen zur Seite. Dich krieg ich noch, grummelte Tobi, und bald drehte er sich wild im Kreis. Irgendwann blieb das Pony erschöpft stehen. Das helle Pünktchen wartete einen Moment, aber als klar war, dass Tobi es nicht mehr verfolgen würde, schwirrte es davon. Müde ließ sich das Fohlen ins Gras fallen und gähnte. Keinen Schritt würde er heute mehr laufen, beschloss Tobi und legte den Kopf ins Gras. Schnell war er eingeschlafen, aber hin und wieder zuckten seine Beine, denn im Traum verfolgte er das Glühwürmchen immer noch. Im Zoo Heute waren wir im Zoo. Das war schön, ich wurde von Käfig zu Käfig getragen und konnte mir alle Tiere anschauen. Da gab es riesengroße Elefanten, friedlich schlafende Löwen, riesengroße Giraffen mit laaangem Hals, ein Streichelgehege und viele, viele andere Tiere. Außerdem gab es auch einige Stände, an denen man was zu essen kaufen konnte. Die Kinder wollten unbedingt ein Eis haben. Da es sehr warm war, ist das Eis sehr schnell geschmolzen und hat getropft. Und zwar genau auf meine Schnauze. Das war ganz schön unangenehm klebrig. Wieder zuhause wurde ich dann gewaschen, getrocknet und ins Bett gebracht. Da ging es mir dann gleich wieder viel besser. Der alte Sultan [von den Brüdern Grimm] Es hatte ein Bauer einen treuen Hund, der Sultan hieß, der war alt geworden und hatte alle Zähne verloren, sodass er nichts mehr fest packen konnte. Zu einer Zeit stand der Bauer mit seiner Frau vor der Haustüre und sprach: "Den alten Sultan schieß ich morgen tot, der ist zu nichts mehr nütze." Die Frau, die Mitleid mit dem treuen Tiere hatte, antwortete: "Da er uns so lange Jahre gedient hat und ehrlich bei uns gehalten, so könnten wir ihm wohl das Gnadenbrot geben." "Ei was", sagte der Mann, "du bist nicht recht gescheit; er hat keinen Zahn mehr im Maul, und kein Dieb fürchtet sich vor ihm, er kann jetzt abgehen. Hat er uns gedient, so hat er sein gutes Fressen dafür gekriegt." Der arme Hund, der nicht weit davon in der Sonne ausgestreckt lag, hatte alles mit angehört und war traurig, dass morgen sein letzter Tag sein sollte. Er hatte einen guten Freund, das war der Wolf, zu dem schlich er abends hinaus in den Wald und klagte über das Schicksal, das ihm bevorstände. "Höre, Gevatter", sagte der Wolf, "sei guten Mutes, ich will dir aus deiner Not helfen. Ich habe etwas ausgedacht. Morgen in aller Frühe geht dein Herr mit seiner Frau ins Heu, und sie nehmen ihr kleines Kind mit, weil niemand im Hause zurückbleibt. Sie pflegen das Kind während der Arbeit hinter die Hecke in den Schatten zu legen. Lege dich daneben, gleich als wolltest du es bewachen. Ich will dann aus dem Walde herauskommen und das Kind rauben, du musst mir eifrig nachspringen, als wolltest du mir es wieder abjagen. Ich lasse es fallen, und du bringst es den Eltern wieder zurück, die glauben dann, du hättest es gerettet, und sind viel zu dankbar, als dass sie dir ein Leid antun sollten; im Gegenteil, du kommst in völlige Gnade, und sie werden es dir an nichts mehr fehlen lassen." Der Anschlag gefiel dem Hund, und wie er ausgedacht war, so ward er auch ausgeführt. Der Vater schrie, als er den Wolf mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah; als es aber der alte Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte: "Dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst das Gnadenbrot essen, solange du lebst." Zu seiner Frau aber sprach er: "Geh gleich heim und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, das schenk ich ihm zu seinem Lager." Von nun an hatte es der alte Sultan so gut, als er sich es nur wünschen konnte. Bald hernach besuchte ihn der Wolf und freute sich, dass alles so wohl gelungen war. "Aber, Gevatter", sagte er, "du wirst doch ein Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer, sich durchzuschlagen." "Darauf rechne nicht", antwortete der Hund, "meinem Herrn bleibe ich treu, das darf ich nicht zugeben!" Der Wolf meinte, das wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue Sultan das Vorhaben des Wolfes verraten hatte, passte ihm auf und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haare. Der Wolf musste ausreißen, schrie aber dem Hund zu: "Wart, du schlechter Geselle, dafür sollst du büßen!" Am andern Morgen schickte der Wolf das wilde Schwein und ließ den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden als eine Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinausgingen, humpelte die arme Katze daher und streckte zugleich vor Schmerz den Schwanz in die Höhe. Der Wolf und sein Beistand waren schon an Ort und Stelle, als sie aber ihren Gegner daherkommen sahen, meinten sie, er führte einen Säbel mit sich, weil sie den aufgerichteten Schwanz der Katze dafür ansahen. Und wenn das arme Tier so auf drei Beinen hüpfte, dachten sie nichts anders, als es höbe jedes Mal einen Stein auf, wollte damit auf sie werfen. Da ward ihnen beiden Angst. Das wilde Schwein verkroch sich ins Laub, und der Wolf sprang auf einen Baum. Der Hund und die Katze, als sie herankamen, wunderten sich, dass sich niemand sehen ließ. Das wilde Schwein aber hatte sich im Laub nicht ganz verstecken können, sondern die Ohren ragten noch heraus. Während die Katze sich bedächtig umschaute, zwinste das Schwein mit den Ohren; die Katze, welche meinte, es regte sich da eine Maus, sprang darauf zu und biss herzhaft hinein. Da erhob sich das Schwein mit großem Geschrei, lief fort und rief: "Dort auf dem Baum, da sitzt der Schuldige." Der Hund und die Katze schauten hinauf und erblickten den Wolf, der schämte sich, dass er sich so furchtsam gezeigt hatte, und nahm von dem Hund den Frieden an. Das Nusszweiglein Es war einmal ein reicher Kaufmann, der musste für seine Geschäfte in fremde Länder reisen. Da er nun Abschied nahm, sprach er zu seinen drei Töchtern: "Ihr lieben Töchter, ich möchte euch bei meiner Rückkehr gerne eine Freude bereiten. Sagt mir daher, was ich euch mitbringen soll?" Die Älteste sprach: "Lieber Vater, ich wünsche mir eine schöne Halskette aus Perlen!" Die Mittlere sprach: "Und ich wünsche mir einen Fingerring mit einem Diamantstein!" Die Jüngste schmiegte sich an des Vaters Herz und flüsterte: "Mir ein schönes, grünes Nusszweiglein, Väterchen." "Gut, meine lieben Töchter", sprach der Kaufmann, "ich will's mir merken. So lebet wohl." Der Kaufmann reiste weit fort und machte große Einkäufe. Und er dachte auch treulich an die Wünsche seiner Töchter. Eine kostbare Perlenhalskette hatte er bereits in seinen Reisekoffer gepackt, um seine Älteste zu erfreuen. Einen Diamantring, der gleich viel wert war, hatte er für die mittlere Tochter gekauft. Doch einen grünen Nusszweig konnte er nirgends erblicken, wie sehr er sich auch bemühte. Auf der Heimreise ging er schließlich weite Strecken zu Fuß. Denn er hoffte endlich einen Nussbaum anzutreffen, da sein Weg ihn vielfach durch Wälder führte. Es schien aber alles vergeblich, und der gute Vater fing an betrübt zu werden. Sollte er die harmlose Bitte seines jüngsten und liebsten Kindes nicht erfüllen können? Der Weg führte gerade durch einen dunklen Wald, an dichtem Gebüsch vorbei, da stieß er mit seinem Hut an einen Zweig. Es raschelte, als fielen Regentropfen darauf. Wie der Vater so aufsah, war es aber ein schöner, grüner Nusszweig, daran eine Traube goldner Nüsse hing. Da war der Vater hoch erfreut, langte mit der Hand empor und brach das herrliche Zweiglein ab. Aber in demselben Augenblicke brach ein wilder Bär aus dem Dickicht. Er stellte sich grimmig brummend auf die Hintertatzen, als wollte er den Kaufmann gleich zerreißen. Mit furchtbarer Stimme brüllte der Bär: "Warum hast du meinen Nusszweig abgebrochen, warum? Sag es, oder ich werde dich auffressen." Bebend vor Schreck und am ganzen Leibe zitternd sprach der Kaufmann: "O lieber Bär, friss mich nicht. Lass mich doch mit dem Nusszweiglein meiner Wege ziehen. Ich will dir auch einen großen Schinken und viele Würste dafür geben!" Aber der Bär brüllte wieder wütend: "Behalte deinen Schinken und deine Würste! Versprich mir, dass ich bekommen werde, was dir zu Hause als Erstes begegnet. Wenn du das versprichst, so will ich dich nicht fressen." Dies Versprechen ging der Kaufmann gerne ein, war es doch immer sein Pudel, der ihm gewöhnlich zuerst entgegenlief. Dieses Tier wollte er gerne opfern, um sein eigenes Leben zu retten. Nach derbem Handschlag tappte der Bär ruhig ins Dickicht zurück, und der Kaufmann schritt froh und erleichtert von dannen. Der goldene Nusszweig prangte herrlich am Hut des Kaufmanns, als er seiner Heimat zueilte. Freudig hüpfte die jüngste Tochter ihrem lieben Vater entgegen, und mit tollen Sprüngen kam der Pudel hinterher. Die älteren Töchter und die Mutter blieben aber an der Haustüre, um den Ankommenden zu begrüßen. Wie erschrak da der Kaufmann, als seine jüngste Tochter vor allen Anderen ihm entgegenflog! Bekümmert und betrübt löste sich der Vater aus der Umarmung des glücklichen Kindes. Dann teilte er den Seinigen mit, was ihm mit dem Nusszweig widerfahren war. Da weinten nun alle bitterlich. Doch schon bald fasste die jüngste Tochter wieder Mut und versprach, des Vaters Wort zu erfüllen. Auch die Mutter fand bald einen guten Rat und sprach: "Ängstigen wir uns nicht, meine Lieben. Sollte je der Bär kommen und dich, meinen lieben Mann, an das Versprechen erinnern, so geben wir ihm einfach die Tochter des Hirten. Mit dieser wird er schon zufrieden sein." Dieser Vorschlag galt, und die Töchter waren wieder fröhlich und freuten sich über die schönen Geschenke. Die Jüngste trug ihren Nusszweig immer bei sich, und sie dachte bald gar nicht mehr an den Bären und an das Versprechen ihres Vaters. Aber eines Tages rasselte ein dunkler Wagen durch die Straße vor das Haus des Kaufmanns. Der hässliche Bär stieg heraus und trat brummend in das Haus ein. Dann stellte er sich vor den erschrockenen Vater und forderte die Erfüllung des Versprechens. Schnell und heimlich wurde die Hirtentochter herbeigeholt. Die war nicht sehr schön, wurde aber mit einem ansehnlichen Kleidchen hübsch herausgeputzt und in den Wagen des Bären gesetzt. Auch der Bär stieg in den Wagen, und so ging die Reise schließlich fort. Unterwegs legte der Bär sein wildes zotteliges Haupt auf den Schoß der Hirtin und brummte: "Kraule mich, krabble mich, hinter den Ohren zart und fein, oder ich fress' dich mit Haut und Bein!" Und das Mädchen fing an zu krabbeln. Aber sie machte es dem Bären nicht recht, und er merkte, dass er betrogen war. Schon wollte der Bär die geputzte Hirtin fressen, da sprang diese in ihrer Todesangst rasch aus dem Wagen. Darauf fuhr der Bär abermals vor das Haus des Kaufmanns und forderte mit gefletschten Zähnen die Herausgabe der rechten Braut. So musste denn das liebliche Töchterlein herbei, um nach schwerem Abschied mit dem hässlichen Bräutigam zu fahren. Unterwegs legte der Bär wieder seinen rauen Kopf auf des Mädchens Schoß und brummte: "Kraule mich, krabble mich, hinter den Ohren zart und fein, oder ich fress' dich mit Haut und Bein!" Und das Mädchen krabbelte ihn so sanft, dass sein furchtbarer Bärenblick freundlich wurde. Das behagte dem Bären fürwahr, und er gewann allmählich einiges Vertrauen in die arme Bärenbraut. Die Reise dauerte gar nicht lange, denn der Wagen fuhr so schnell, als brause ein Sturmwind durch die Luft. Bald kamen sie in einen sehr dunklen Wald, und dort hielt plötzlich der Wagen vor einer finster gähnenden Höhle an. Das war die Wohnung des Bären. Sie stiegen aus und der Bär umschlang das kleine Mägdelein mit seinen furchtbaren Klauenarmen. Oh, wie zitterte sie da, doch der Bär sprach mit freundlichem Gebrumm: "Hier sollst du wohnen, Bräutchen, und glücklich sein. Benimm dich brav hier drinnen, dass mein wildes Getier dich nicht zerreißt." Als beide in der dunklen Höhle einige Schritte getan hatten, schloss der Bär eine eiserne Türe auf und trat mit der Braut in ein Zimmer. Dieses war mit giftigem Gewürm angefüllt, welches gierig ihnen entgegenzüngelte. Und der Bär brummte seinem Bräutchen ins Ohr: "Schau dich nicht um! Nicht rechts, nicht links; gerade zu, so hast du Ruh!" Da ging auch das Mädchen, ohne sich umzublicken, durch das Zimmer. Und es regte und bewegte sich kein Wurm. So ging es weiter, noch durch zehn Zimmer. Das letzte war aber von den scheußlichsten Kreaturen angefüllt: Drachen und Schlangen, giftgeschwollene Kröten, Basilisken und Lindwürmer. Und der Bär brummte in jedem Zimmer: "Schau dich nicht um! nicht rechts, nicht links; gerade zu, so hast du Ruh!" Das Mädchen zitterte wie Espenlaub und bebte vor Angst, doch blieb sie standhaft. Sie sah sich nicht um, nicht rechts, nicht links. Als sich aber das zwölfte Zimmer öffnete, strahlte beiden ein glänzender Lichtschimmer entgegen. Drinnen erschallte eine liebliche Musik, und es jauchzte überall wie Freudengeschrei, wie Jubel. Doch ehe sich die Braut nur ein wenig besinnen konnte, tat es plötzlich einen furchtbaren Donnerschlag, als breche die Erde und der Himmel zusammen. Aber bald ward es wieder ruhig. Der Wald, die Höhle, die Gifttiere, der Bär, alles war verschwunden. Dafür stand ein prächtiges Schloss mit goldgeschmückten Zimmern und schön gekleideter Dienerschaft da, und der Bär hatte sich in einen schönen jungen Mann verwandelt. Er war der Fürst des herrlichen Schlosses, der nun sein liebes Bräutchen an das Herz drückte und ihr tausendmal dankte. Wer sonst hätte ihn und seine Dienerschaft, das teuflische Getier, so liebreich aus seiner Verzauberung erlösen können, wenn nicht sie. Die neue Fürstin trug aber um so lieber ihren schönen Nusszweig im Haar. Denn dieser welkte nie und war der Schlüssel zu ihrem holden Glück geworden. Bald wurden ihre Eltern und ihre Geschwister von diesem freundlichen Geschick benachrichtigt. Sie wurden auf dem Schloss des Bärenfürsten herzlich empfangen und hatten dort viele glückliche Tage. Eine ganz kurze Geschichte Ursel sagt verlegen zur Mutter: "Ach, Mutti, du hast doch kurze Geschichten so gern?" "Ja, mein Kind." "Soll ich dir eine erzählen?" "Oh ja - wenn sie wahr ist." "Ganz wahr ist sie, denn ich habe sie selbst erlebt." "Nun, dann erzähle!" sagt die Mutter neugierig. "Wird sie dir aber auch gefallen?" fragt zweifelnd Ursel. "Du nusst dir eben Mühe geben, mein Kind." "Aber sie ist so schrecklich kurz!" "Das schadet doch nichts, desto besser!" "Also, es war einmal ein Porzellankännchen ..." "Schön. Weiter, Urselchen!" "Und - und - und das habe ich vorhin fallen lassen. Da ist es zerbrochen!" Am Bach Welch ein schöner Tag ist heute! Gestern hat es noch geregnet. Davon ist der Bach angeschwollen. Karl und Dieter stehen an seinem Ufer. Sie wollen einen Schiffshafen bauen. "Ihr werdet euch nasse Füsse holen!" warnt die Mutter. Dieter steht aber schon auf einem Stein mitten im Bach. Mit einem grossen Schritt konnte er ihn erreichen. Der Stein, auf dem er steht, wackelt bedenklich. Ein Fischlein schiesst pfeilschnell darunter hervor. Dieter greift danach. Das Fischlein ist aber schon fort. Beinahe hätte Dieter das Gleichgewicht verloren. Karl lacht: "Um ein Haar wärst du ins Wasser gefallen! Ich rate dir, gehe an Land." "Fällt mir nicht ein! Gib nur die Steine dort her, damit ich bauen kann", antwortet Dieter. Karl reicht ihm eifrig einen Stein nach dem andern. Kunstgerecht schichtet sie Dieter zu einem Wall. An einer Stelle lässt er eine Lücke. Die Schiffe müssen doch ein- und ausfahren können. Am Ende des Walles wird eine grössere Anzahl Steine aufeinandergebaut. "Das ist der Leuchtturm!" ruft Dieter. "Und jetzt holen wir unsere Schiffe. Wir machen eine Wettfahrt." Sie eilen davon. Als Karl und Dieter endlich zurückkehren, patscht ganz vergnüglich eine Ente in ihrem Schiffshafen herum. "Willst du wohl hinaus!" ruft Karl entrüstet. Er tut, als wolle er werfen. Erschreckt fliegt die Ente weg. Mit ihr ist auch der Turm verschwunden. Die Ente hat ihn beim Wegflattern umgerissen. ärgerlich stehen die beiden Jungen am Ufer. "Einer von uns hätte als Wächter dableiben sollen", meint Karl. "Jetzt fangen wir eben wieder von vorne an!" ruft Dieter und springt auf den Stein. Dachs und Eichhörnchen Vor seinem Bau stand ein fauler Dachs. Er schaute verwundert den Sprüngen eines Eichhörnchens zu, das sich lustig auf einer hohen Fichte herumtrieb. "Seltsam", sagte der Dachs, "den ganzen Tag ist das spitzohrige Ding auf den Beinen. Und noch am Abend hüpft es lustig umher. Ich schone mich und schlafe viel, kann aber keine so kühnen Sprünge machen." "Das ist es ja eben", rief ihm das Eichhörnchen zu. "Meine Flinkheit kommt vom fleissigen üben, deine Schwerfälligkeit aber vom Nichtstun." Das Fräulein Naseweis Fräulein Naseweis, das ist unsere Stubenfliege. Immer ist sie da! Esse ich mein Butterbrot, schwupp, sitzt sie schon darauf. Sie leckt von der Butter und fliegt dann auf den Tellerrand. Dort putzt sie mit den Beinen ihre Flügel. Gleich darauf setzt sie sich auf Grossvaters Nase. Sie ist so frech, dort herumzuspazieren. "Nein, so was", sagt Mutter und jagt sie davon. Nun summt sie um die Lampe herum und tut, als ob alles ihr gehöre. Deshalb haben wir sie auch Fräulein Naseweis getauft. Eines Tages stand der Schieber am Froschglas offen. Fräulein Naseweis, neugierig wie sie war, schüpfte ins Froschglas hinein. Als sie keinen Ausweg mehr fand, sumste sie ärgerlich darin umher. Sogleich kam unser Fröschlein angehüpft. Es sperrte das Maul auf und schwapp - war Fräulein Naseweis darin verschwunden.
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