Bulletin 4/2015 Bericht des Arbeitskreises Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Rund 100 Mitglieder des Arbeitskreises Presse- und Öffentlichkeitsarbeit trafen sich zur Herbsttagung am 19. und 20. November 2015 im Kulturforum / Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen zu Berlin zum Thema „Bewegtbild in der Museums-PR“. Die Publizistik und Filmwissenschaft prognostiziert seit ein, zwei Jahren: Bewegtbild wird zu dem Kommunikationsmedium: „Ein Großteil unserer künftigen (Online-)Kommunikation wird über Video laufen. Mehr noch als heute werden wir Tutorials schauen statt Handbücher zu lesen, wir werden Video-Botschaften aufnehmen statt E-Mails zu schreiben und statt zu telefonieren Video-Skypen wir. Vine statt WhatsApp, Video statt Text.“ (vgl. http://youtuberrelations.de/5plus1-thesen-zur-zukunft-der-bewegtbildkommunikation/) Tatsächlich ist ein Online-Auftritt ohne Bewegtbild nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Museums-PR heute kaum noch denkbar. Videos sind entscheidender Bestandteil eines crossmedialen Content-Marketings, sie steigern die Konversionsraten nachweislich und sorgen in Suchmaschinen wie Google für eine bessere Sichtbarkeit. Was bedeutet nun diese Entwicklung für die Museums-PR? Welche Herausforderungen und Chancen birgt sie? Jedes Museum, das in der heutigen Gesellschaft (inter)agieren möchte, muss sich diesen Fragen stellen. Daher haben wir einige Kollegen und Kolleginnen aus dem Museumsbereich gebeten, ihre Erfahrungen und Strategien vorzustellen und darüber hinaus Filmproduzenten wie auch einen Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht als Experten eingeladen. Mechtild Kronenberg präsentierte zusammen mit ihren Kolleginnen Friederike Foitzik, Manja Weinert und Sven Stienen Strategien und Maßnahmen der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB). Auf dem YouTube-Channel der SMB (www.youtube.com/user/smbchannel) sind sämtliche Filme hinterlegt. Als eine Kategorie entwickeln die SMB Imagefilme für die einzelnen Häuser. Weiterhin werden Videos im Ausstellungsmarketing eingesetzt, wie aktuell zur Botticelli-Ausstellung. Besonders sehenswert ist in diesem Zusammenhang die BotticelliVideokampagne mit Kinotrailer und sechs einzelnen Trailern, die jeweils Bezüge zu Orten in Berlin herstellen. Neben dem eigenen YouTube-Channel ist der Blog des SMB, siehe blog.smb.museum, ein wichtiges Medium zur Kommunikation, das ebenfalls mit Bewegtbild arbeitet. So wird auch hier u.a. die Botticelli-Videokampagne vorgestellt, siehe blog.smb.museum/botticelli-and-the-city. In der Produktion ihrer Videoclips arbeiten die Staatlichen Museen zu Berlin mit BBOXXFILME Berlin zusammen, die bereits zahlreiche Projekte im Museumsbereich realisiert haben, siehe bboxxfilme.de. Die Inhaber und Betreiber Felix von Boehm und Constantin Lieb sprachen über die Herausforderungen der museumsspezifischen Filmproduktion. Auch BBOXXFILME bestätigt, dass Videos einen entscheidenden Beitrag zum Viralen Marketing leisten. “Ein einminütiges Video ist so viel Wert wie 1,8 Millionen Wörter”, sagt Dr. James McQuivey von Forrester (forrester.com). Die Aussage ist schwierig zu belegen, jedoch stimmt die Intention. Allein die Tatsache, dass Facebook und selbst Twitter mittlerweile Video-Einbettungen ermöglichen, belegt die zunehmende Relevanz dieses Mediums. In der Pressearbeit gewinnt die Pressemappe in elektronischer Form, das sogenannte EPK (Electronic Press Kid), an Bedeutung. Web-Channels wie museumsfersehen.de, art-tv.ch oder channel.louisiana.dk, sicherlich eines der Best Practice Beispiele weltweit, sorgen für eine weltweite Verbreitung von Filmen über Kunst, Kultur und Museum. Museumsspezifische Filmproduktionen können ganz unterschiedliche Formate hervorbringen: vom Imagefilm über den Sonderausstellungstrailer bis hin zur Dokumentation, 360 Grad Panoramaaufnahmen, dem Kuratoren- oder Künster-Interview oder dem Blick hinter die Kulissen. Wichtig wird in diesem Zusammenhang auch für Museen die Archivierung von Filmmaterial, idealerweise gekoppelt an die digitale Inventarisierung der Sammlungsbestände. Knut Eigler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, BERNDORFF rechtsanwälte Berlin, verdeutlichte die rechtliche Dimension, die bei der Produktion und Veröffentlichung von Filmen zu berücksichtigen ist. Beim Film gibt es Berührungspunkte mit folgenden geschützten Bereichen: Personen, Objekten und Gebäuden, Fotografien und Musik. Herr Eigler stellte sämtliche Szenarien vor, die hier rechtlich zu bedenken sind. Martin Otto-Hörbrand berichtete über Erfahrungen mit Bewegtbild im Linden-Museum Stuttgart. Die Bewegtbild-Kommunikation des Linden-Museum konzentriert sich insbesondere auf (die) eine große Sonderausstellung im Jahr, da hier erforderliche Vorlaufzeiten gegeben und finanzielle Ressourcen vorhanden sind, wenn auch nur in einem geringen Rahmen. Grundsätzlich ist die Finanzierung von Video-Kommunikation für Museen mit geringen Budgets problematisch. Das Linden-Museum bemüht sich daher um Kooperationen mit der Hochschule der Medien in Stuttgart oder Schulen, die in Video-AGs Bewegtbild produzieren. Auf der eigenen Website des Hauses werden die Videoproduktionen in einer Mediathek zusammengetragen, siehe www.lindenmuseum.de/sehen/mediathek/. Die Videos werden über YouTube-Implikationen abgespielt: auch das Linden-Museum nutzt als zentralen Vertriebskanal YouTube. siehe www.youtube.com/user/LiMuStuttgart. Zur aktuell laufenden Ausstellung „Die Welt des Schattentheaters“ hat das Linden-Museum einen mit tanzenden Silhouetten animierten 20sekündigen Trailer produziert, den es erstmals auch in lokalen Kinos zeigt. Die Produktionsund Vertriebskosten liegen hier im noch 4-stelligen Bereich. Das Video zur Eröffnungszeremonie der Ausstellung „Mãori. Die ersten Bewohner Neuseelands“ ist ebenfalls sehenswert. Eine Mãori-Gruppe führt hier den heute noch auch über Neuseeland hinaus bekannten Ritualtanz „Haka“ auf. Einen weiteren Beitrag aus Stuttgart leistete Heike Scholz mit Beispielen aus dem Landesmuseum Württemberg (LMW), die unter www.youtube.com/user/LMWStuttgart versammelt sind. Eine außergewöhnliche und lustige Videokampagne entwickelte das LMW mit drei Spots zur Ausstellung „Die Welt der Kelten“. Die Kampagne entstand in Zusammenarbeit mit einer großen Webeagentur und war mit einem Budget von über 20.000 Euro ausgestattet. Die drei Videospots zeigen Kelten, die das heutige Stuttgart erobern. Sie machen Jagd auf Fische in städtischen Brunnen oder rennen über einen Golfplatz. Ein mit deutlich weniger Aufwand produziertes Video entstand zur Ankündigung der Neueröffnung der Sammlungsbereiche Antike, Kunstkammer und Kelten, siehe unter „Schausammlungen“ auf dem LMW-YouTube-Channel. Hier berichten die drei KuratorInnen über die Besonderheiten ihrer Sammlungen, indem sie Fragen beantworten wie „Was haben Sie in Ihrer Sammlung, das Ihre beiden Kollegen nicht haben?“. Als viertes Beispiel aus dem Museumsbereich berichtete Ute Rauschenbach zu Low Budget Videoprojekten am Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim. Trotz nicht vorhandener Budgets sind einige Filme entstanden, die auf dem eigenen YouTube-Channel veröffentlicht werden. Videos wie „Küche und Kochen im Wandel des Zeit“ belegen, wie gut ein solches Medium Geschichte, in diesem Fall zur Ernährung vom Mittelalter bis zu den 1960er Jahren, veranschaulichen kann und gleichzeitig die Besonderheit und Bildungsarbeit eines Freilichtmuseums repräsentieren kann. Dass Freilichtmuseen auch als Ort für Filmproduktionen mit historischer Kulisse von Interesse sind, verdeutlicht der vielbeachtete Spot „ADOLF“, siehe www.youtube.com/user/Sharehoster, der bereits über 5 Mio. Klicks zählt. „Ein kleines Dorf in Österreich, eine fette Karosse aus Stuttgarter Fertigung und das automatische Bremssystem der Luxuslimousine im Einsatz: Was zunächst aussieht wie ein Werbespot von Mercedes, ist in Wahrheit die Abschlussarbeit von Filmstudenten der Filmakademie in Ludwigsburg. Das Motto dabei: Erkennt Gefahren, bevor sie entstehen." Das kleine Dorf ins Österreich ist tatsächlich das Freilandmuseum in Bad Windsheim. Hier gilt es zu überlegen, ob und wie das Museum den Spot für seine eigene Kommunikation nutzen kann. Marcel Wehn, freischaffender Regisseur aus Berlin, greift in seinem Vortrag das Stichwort „Low Budget“ auf und erläutert zunächst, wieso die Produktion von Filmen eigentlich so teuer ist: die Gagen für den Regisseur, den Kameramann, den Editor/Cutter, die Schauspieler und Sprecher, die Tonmischung, die Farbkorrektur und schließlich die Anteile für den Produzenten. Low Budget bedeutet 3.000 bis 20.000 Euro, 1-3 Personenteam, keine Produktionsfirma, keine Agentur, alles „inhouse“, keine Spezialeffekte, kein aufwendiges Titeldesign, kein Locationscout, kein Setdesign, Kostüm, Licht und keine Reisen. Die richtigen Partner für Low Budget sind selbst produzierende Regisseure und „Cloud Worker“ Netwerke. Museen haben hier viele Möglichkeiten: sie können unendlich viele Geschichten erzählen, sie können vor Ort produzieren, sie können eigenes Archivmaterial (z.B. Fotografien) nutzen, aber auch lizenzfreies Stockfootage, das auf Portalen wie Pond5.com, Gettyimages.de, Freesound.org oder PremiumBeat.com bereitgestellt wird. Dennoch sollte man nicht an der falschen Ecke sparen: benötigt wird ein gutes und überzeugende Konzept, eine angemessene Postproduktion, ein einheitliches Auftreten (Corporate Design) und ein Vertrieb und Marketing. Schließlich stellen Sylvia Willkomm und Sybille Greisinger das Projekt #MuseumSound vor – eine Crowdsourcing-Aktion zum Internationalen Museumstag 2015 initiiert vom Deutschen Museumsbund und begleitet u.a. durch eine Podcastreihe von den Kulturkonsorten. Idee dieses Projektes ist es, dass Museen akustisch erlebbar werden. Es geht hier also um Soundfiles. Die Ergebnisse waren vielfältig: vom Klang einer Strohfiedel im Museum der Strohverarbeitung Twistringen, über rhythmische Klänge aus Afrika und Tibet vom Dach des Linden-Museum bis hin zu Geräuschen aus den Tiefen des Meeres, der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Sämtliche Einreichungen sind unter www.museumstag.de/aktuelles/ dokumentiert und wurden am Internationalen Museumstag intensiv über Social Media Kanäle verbreitet. Besonders attraktiv war diese Aktion für kleinere, unbekanntere Häuser: eine einfache und kostenneutrale Ton-Aufnahme mit dem Smartphone konnte bereits zur „Sichtbarkeit“ eines Hauses beitragen. Aber es gab auch professionelle Musikbeiträge von Externen wie der Rap-Song „Geh mal wieder ins Museum“, den die Berliner Musiker Effendi Eins und Pifd dem Deutschen Historischen Museum gewidmet haben, siehe https://www.youtube.com/user/dhmchannel. Ein besonderer Dank gilt dem Gastgeber: den Kolleginnen und Kollegen der Staatlichen Museen zu Berlin, die diese Tagung mit großem Einsatz möglich gemacht haben. Ebenso Herrn Dr. Ralf Nitschke, der uns einen spannenden Einblick gab in die Bauvorhaben am Kulturforum. In Hinblick auf interne Angelegenheiten des Arbeitskreises ist bekanntzugeben, dass der Sprecherkreis neu gewählt wurde. Nach vierjähriger Amtszeit bin ich zum 1.1.2016 als Sprecherin des Arbeitskreises zurückgetreten, bleibe aber dem Arbeitskreis als Beiratsmitglied verbunden. Als neue Sprecherin wurde Sonja Mißfeldt, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, gewählt. Jutta Frings, Bundeskunsthalle Bonn, bleibt für weitere zwei Jahre stellvertretende Sprecherin, ebenso Marit Teerling, Technoseum Mannheim, Schriftführerin. Als Beiratsmitglieder wurden benannt: Tatjana Kimmel, Stiftung Insel Hombroich Mechtild Kronenberg, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz Silke Oldenburg, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg Ute Rauschenbach, Fränkisches Freilandmuseum Christine Schmid-Egger, Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern Das nächste Treffen des AK Öffentlichkeitsarbeit findet am 11. Mai 2016 im Rahmen der DMB-Jahrestagung in Erfurt statt gemeinsam mit dem AK Bildung und Vermittlung. Thema: „Kommunikation und Vermittlung stärken. Was können wir gemeinsam? In der Region und für die Region.“ Das genaue Programm wird ab März 2016 unter www.museumsbund.de angekündigt. Zur AK-Herbsttagung im November 2016 hat Sonja Mißfeldt nach Nürnberg ins Germanische Nationalmuseum eingeladen. Der genaue Termin und das Thema werden noch bekannt gegeben. Silke Oldenburg
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