Richtig honoriert

D as Unternehme
mermagazin
Ihrerr Volksbankk Raiffeisenbank
Vergütung
Richtig
honoriert
Ausgabe 05/2015
#
Ein Thema,
viele Facetten
#1 #2
Gehalt ist nicht alles. Wenn Mitarbeiter gebunden werden sollen, lohnt sich Kreativität.
Wirtschaftsprüfer Dr. Christian Gebhardt hat
im Laufe der Zeit viele Ideen entwickelt. Seite 4
Das Unternehmermagazin der Volksbanken und Raiffeisenbanken stellt Ihnen
kompakt und tiefgründig Antworten aus dem Unternehmeralltag vor.
!
Der Überblick mit
nur einem Heft
Was wird hier
vergütet?
• Nutzwertige und lesenswerte
Geschichten von Unternehmern
für Unternehmer
Mittelstand
im Fokus
• Hintergründe, zusätzliche Informationen, Infografiken, Literatur, Links
und Checklisten
#3
Festgehalt, „Benefits“, Prämien? Ein
Lohnzettel kann
heute viele Bausteine
umfassen.
Seite 10
„Vergütung ist
nur ein Aspekt“
#4
Michael Fürst von
der DZ BANK spricht
über Lohnanreize,
Transparenz und
Motivation.
Seite 12
Ihre Volksbanken und Raiffeisenbanken beraten Sie gerne!
Sie haben Fragen zum Thema Mitarbeiterbindung oder zu Sozialleistungen? Sprechen Sie uns an! Ihr persönlicher Berater hilft Ihnen
gerne weiter. Wir loten mit Ihnen die Möglichkeiten zur betrieblichen
Altersversorgung oder zu Zusatzversicherungen aus.
Bisherige Ausgaben u. a.:
• Altersvorsorge
• Liquidität
• Krisenmanagement
• Industrie 4.0
Auf Kurs
05 2015
Einen Einstieg in das Thema
Personalpolitik und Vergütung
bietet die Broschüre „Flexibilität
und Stabilität in Balance“ des
Fraunhofer ISI und des IW
(siehe auch Seite 14).
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#1
Vergütung ist für Mitarbeiter wichtig. Das weiß auch Dr. Christian Gebhardt,
Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfungskanzlei „Dr. Gebhardt + Moritz“ in Fulda.
Vergütung ist aber mehr als das Monatsgehalt. Im Wettbewerb um Fachkräfte
lohnt es sich, dabei kreativ zu sein.
Richtig honoriert
4
„Wir sind auf unsere Mitarbeiter angewiesen,
vielleicht mehr noch als ein durchschnittliches
Industrieunternehmen“, stellt Gebhardt nüchtern fest. Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung
und Rechtsberatung bietet seine Kanzlei an.
Bereiche, in denen zwar der Computer das
zentrale Werkzeug, aber ohne die Leistung
der Fachkraft wertlos ist. Nur sind Fachkräfte
heute noch schwerer zu finden als vor 25
Jahren, als Gebhardt in die bereits seit 1924
bestehende Kanzlei eingestiegen war. Umso
drängender ist daher die Frage, wie man die
richtigen Leute von der eigenen Firma überzeugt.
„Gehalt ist natürlich immer wichtig, man will
ja leben“, sagt Gebhardt. „Man möchte auch
nicht weniger bekommen als einem zusteht,
sich nicht unter Marktwert verkaufen.“ Das angemessene Gehalt festzusetzen ist Chefsache:
Es geht darum, die richtigen Mitarbeiter zu
bekommen, aber sich am Ende des Jahres
nicht von den Lohnkosten erdrücken zu lassen.
Allerdings: Gehalt ist nicht alles.
Der Begriff „Vergütung“ lässt sich bis in das
Althochdeutsche „guot“ zurückverfolgen, das
so viel wie „passend“ oder „richtig“ bedeutet.
Erst später entwickelte sich der heute vorherr-
schende Sinn von vergüten als Entschädigung
für eingesetzte Mühen. Die Wurzel aber weist
noch immer auf einen zentralen Teil hin: Was
ist richtig? Was ist passend? Die Antwort kann
immer nur subjektiv ausfallen, und das macht
die Vergütung so schwierig. Was Unternehmer
und Mitarbeiter jeweils als angemessen empfinden, unterliegt nicht nur persönlichen Ansichten und Branchenunterschieden, sondern
ändert sich auch im Laufe der Zeit. Die „Generation Y“ ist für Unternehmer Gebhardt keine
Modefloskel: „Mitarbeiter setzen sich heute
enorm ein, aber Freizeit und Ungebundenheit
sind für sie mindestens genauso entscheidend.“
Hilfe: An Andrea van Gerven (links) können sich Mitarbeiter bei Fragen rund um das Thema „Pflege“ wenden.
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Gute Zusammenarbeit: Dr. Christian Gebhardt, Firmenkundenberater Karsten Schäfer und Ingeborg Gebhardt.
Sind Mittelständler benachteiligt?
„Das Thema Mitarbeiter brennt jedem Unternehmer auf den Nägeln“, stellt auch Firmenkundenbetreuer Karsten Schäfer von der
VR Genossenschaftsbank Fulda fest. Auch im
Landkreis Fulda hat sich die Suche nach Fachkräften bemerkbar gemacht, egal ob es sich
um Metallbauer, Logistikfirmen oder Zahnärzte
handelt. Erschwerend kommt hinzu, dass
Mittelständler sich oft im Nachteil gegenüber
Großunternehmen fühlen, weil ihnen die
Schlagkraft in Lohnfragen fehlt. Wer die großen
Gehälter nicht zahlen kann, hat bei der Mitarbeitersuche das Nachsehen. „Das muss nicht
unbedingt so sein“, sagt Schäfer. „Schnelle
Boote sind schließlich wendiger als große
Tanker.“ Er selbst war überrascht, wie kreativ
die Unternehmer im Landkreis Fulda zu Werke
gehen. Wie zum Beispiel die Kanzlei „Dr. Gebhardt + Moritz“. „Das Unternehmen hat sich
den Ruf erarbeitet, sich um seine Mitarbeiter
zu kümmern.“
Mit einem neuen Leuchtturmprojekt hat sich
die Kanzlei das Thema „Pflege“ auf die Fahnen
geschrieben. Dazu kooperieren die Wirtschafts-
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prüfer eng mit dem Malteser-Hilfsdienst im Bistum Fulda: „Wenn bei einem Mitarbeiter ein
Pflegefall in der Familie eintritt, soll er wissen,
dass er bei uns in der Firma einen kompetenten Ansprechpartner hat“, sagt Gebhardt. Bei
einer darauf abzielenden Fortbildung nahm
fast die gesamte Belegschaft von 50 Mitarbeitern teil. Und auch Gebhardt selbst wurde klar:
Pflege kann ein einschneidendes Thema sein.
„Bei einer Geburt haben Sie neun Monate Zeit,
sich vorzubereiten. Die Pflegesituation tritt über
Nacht ein. Mein Interesse als Arbeitgeber ist,
dass dem Mitarbeiter bewusst wird, was das
bedeutet.“
Der Mitarbeiter als Mensch
Die Kanzlei ist dabei schon lange gut aufgestellt.
Seit Jahrzehnten gibt es dort verschiedene
Arbeitszeitmodelle, und Gebhardt ist stolz darauf, sämtliche damaligen jungen Mütter, die
davon profitiert hatten, in der Firma gehalten
zu haben. 2004 investierte die Kanzlei noch
einmal erheblich in ein Dokument- und Managementsystem. Seitdem ist, wo es sich anbietet, auch Heimarbeit möglich. „Der Aufwand hat sich gelohnt“, sagt Gebhardt: „Wir
können unsere hoch qualifizierten Fachkräfte
seitdem noch flexibler einbinden.“ Zwar seien
Teilzeitstellen natürlich mit unternehmerischem
Risiko verbunden gewesen, hätten sich aber als
vorteilhaft erwiesen, weil die Firma in der Vergangenheit stetig gewachsen sei. „Wir hatten
vorsichtshalber immer zunächst befristete
Arbeitsplätze geschaffen. Diese Mitarbeiter
wurden aber alle übernommen“, beschreibt
Gebhardt. All diese Ansätze haben auch mit
Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern
zu tun: Heimarbeit ist verknüpft mit Vertrauen.
Und die Angebote zur Teilzeitarbeit sind ein
Signal, dass der Mitarbeiter als Mensch wahrgenommen wird, der ein Leben außerhalb
des Büros hat. Daher ist auch der sinnvolle
Ausgleich von Überstunden für Gebhardt Teil
eines attraktiven Angebots für Arbeitnehmer.
Diese Wertschätzung ist eine Form von Würdigung. Oder anders gesagt: von Vergütung.
„Betriebsklima und
Qualität sind wichtiger.“
Darüber hinaus bietet die Kanzlei noch eine
ganze Reihe anderer Bausteine an, die sich mit
dem Monatsgehalt ergänzen lassen. Die Mitarbeiter können Benzingutscheine bekommen,
Erholungshilfen und Kindergartenbeihilfen. Oder
sich über eine Direktversicherung zusätzlich für
die Rente absichern. Zweifellos spielt bei vielen
dieser Bestandteile auch das Know-how des
Steuerberaters eine Rolle: „Für Mitarbeiter bedeuten solche Zusatzleistungen mehr Netto
vom Brutto, und die Unternehmer sparen sich
die Arbeitgeberanteile“, weiß Gebhardt aus Erfahrung, dem allerdings auch die Nachteile
bewusst sind: „Solche Bestandteile zählen für
den Mitarbeiter nicht zum Kranken- oder Arbeitslosengeld und zählen nicht für die gesetzliche Rente. Wenn man aber bewusst plant,
Bezahlung wichtig, Tätigkeit wichtiger
Was ist entscheidend im Beruf? Eine sinnvolle Tätigkeit, sagen 70 Prozent aller
Befragten in einer Langzeitstudie am
Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften der Fachhochschule Köln.
Erst an zweiter Stelle (60 Prozent) folgte
die Bezahlung, mit Abstand die sichere
Stelle (52 Prozent), die Kollegen (37 Prozent) oder die Vorgesetzten (33 Prozent).
wirken sich die freiwilligen Zusatzleistungen
für beide Seiten durchaus vorteilhaft aus.“
Das Monatsgehalt ergänzen
Firmenkundenberater Schäfer kennt auf Anhieb eine ganze Reihe von Fuldaer Unternehmen, die ähnliche Ansätze verfolgen und ein
Grundgehalt mit passenden Zusatzdienstleistungen und Angeboten ergänzen. Das „Autohaus Scheller“ bietet seinen Mitarbeitern ein
kostenloses Fitnessstudio. Die Zeitarbeitsfirma
„Schütze und Seifert“ hat ein eigenes Programm zur Gesundheitsprävention. „Man ist
dort zu Recht stolz darauf, besonders viele
langjährige Mitarbeiter zu haben“, berichtet
Schäfer. „Mitarbeiter schätzen solche Leistungen und geben dem Arbeitgeber etwas zurück.“ Auch so kann Vergütung funktionieren:
Im Idealfall vergütet dann der Mitarbeiter den
Einsatz des Unternehmers mit Loyalität und
guter Arbeit.
Schäfer sind diese Beispiele geläufig, weil
sie immer wieder bei den Jahresgesprächen
zwischen Bank und Unternehmer zum Thema
werden. „Die genossenschaftliche Bank ist
deutlich mehr als nur Kreditlieferant“, sagt er.
„Wir sind Sparringspartner, wir stehen auf
7
#2 Mitarbeiter
Wunsch auch zum Meinungsaustausch zur
Verfügung.“ Dass Unternehmer dieses Angebot wahrnehmen, sieht er als Beweis dafür,
wie vertrauensvoll das Verhältnis zur VR
Genossenschaftsbank Fulda ist. Im Gegenzug
kann Schäfer auch mit Tipps und Kontakten zu
anderen Unternehmern weiterhelfen – weil er
die Situation vor Ort und die regionalen Unternehmen gut kennt: „Das Allumfassende ist
ja Wesensmerkmal der genossenschaftlichen
Beratung.“
Der nächste Schritt für die Kanzlei „Dr. Gebhardt +
Moritz“ könnte auch sein, eine flexible Vergütung einzuführen, also ein zusätzliches Gehalt
vom Erreichen bestimmter Ziele abhängig
zu machen. „Wir beschäftigen uns seit drei
Jahren damit. Aber noch fehlt der passende
Schlüssel“, sagt Gebhardt. Die Ziele müssten
schließlich nachvollziehbar, motivierend und
gleichzeitig gerecht sein. „Aus der Wundertüte
hat es keinen Motivationseffekt, im schlimmsten Fall fällt es dem Unternehmer in schlechten Zeiten auf die Füße“, gibt Gebhardt zu bedenken. Er will auf jeden Fall verhindern, dass
zum Beispiel keine Ausbildung mehr stattfindet, weil die erfahrenen Mitarbeiter zu sehr
damit beschäftigt sind, ihre Ziele zu erfüllen.
„Entscheidend ist, gleichzeitig die Qualität zu
halten“, sagt Gebhardt. „Wenn ich jemandem
Dr. Gebhardt + Moritz
Die Kanzlei existiert seit 1924 und verfolgt einen
ganzheitlichen Ansatz aus Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Rechtsberatung. Sie ist sowohl
für Unternehmen als auch für Privatpersonen
tätig und beschäftigt derzeit rund 50 Mitarbeiter.
Seit 2006 hat die G+M Steuerberatung auch
eine Niederlassung in Bad Salzungen.
www.gebhardt-moritz.de
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binden
Mit den richtigen Sozialleistungen lassen sich nicht nur qualifizierte Mitarbeiter
an das Unternehmen binden. Nebenbei können Unternehmer auch die damit
verbundenen steuerlichen Vorteile nutzen.
Ergänzung zum Lohn: Dr. Christian Gebhardt überreicht
Mitarbeiterin Sabrina Fladung einen Tankgutschein.
die Wurst vor die Nase halte, rennt er zwar
schneller, schaut aber nicht mehr zur Seite.“
Tatsächlich hat der Wirtschaftsprüfer festgestellt, dass viele seiner Mandanten gerade in
den Krisenjahren 2008/09 mit variabler Vergütung schlechte Erfahrungen machten, weil sie
nicht durchdacht genug eingeführt wurde.
„Wenn wir etwas Passendes finden, machen
wir es sofort“, sagt Gebhardt. „Aber erst einmal sind uns Betriebsklima und Qualität wichtiger.“ Kaum zu bezweifeln, dass die Mitarbeiter
diesen Ansatz zu schätzen wissen.
Es sieht auf den ersten Blick nicht so aus, als
könne man mit dem etwas altbacken klingenden Begriff „betriebliche Altersversorgung“ die
begehrten jungen, talentierten Fachkräfte locken
und an die eigene Firma binden. Tatsächlich
schlägt eine vom Unternehmen zusätzlich organisierte Altersversorgung gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Da der Staat den Aufbau
von Betriebsrenten fördert, können Arbeitnehmer netto mehr ansparen. Arbeitgeber können
sich zusätzlich beteiligen. Verpflichtet sind sie
zwar nicht, allerdings können auch sie bei einer
betrieblichen Altersversorgung Lohnnebenkosten sparen oder sich Steuervorteile sichern.
Hinzu kommt: Als Arbeitgeber zu zeigen, dass
einem die Altersabsicherung der Mitarbeiter
am Herzen liegt, ist ein starkes Signal.
tioniert sich so als attraktiver Arbeitgeber, der
auch außerhalb der vorgeschriebenen Leistungen Verantwortung übernimmt.
Private Zusatzversicherungen
Eine Gruppenunfallversicherung schützt vor
den finanziellen Folgen eines Unfalls und ergänzt die Lücke zur gesetzlichen Versicherung
um Bausteine wie einen weltweiten Schutz
rund um die Uhr. Finanzielle Anreize entstehen
durch günstigere Gruppentarife und Steuervorteile. Eine Krankenzusatzversicherung kann
Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld
bieten oder private Zusatzoptionen wie Zahnersatz mit aufnehmen. Das Unternehmen posi-
Bunter Baukasten der Benefits
Unter dem Stichwort Zusatzleistungen oder
„Benefits“ lassen sich noch ganz andere Angebote versammeln: Weiterbildungsmöglichkeiten, Dienstwagen, Tank- und Essensgutscheine
oder Personalrabatte. Hinzu kommen Zuschüsse wie für die Kinderbetreuung. Einige dieser
Leistungen sind teilweise steuerfrei, andere
müssen als geldwerter Vorteil versteuert werden. Attraktiv sind sie in jedem Fall, weil am
Ende „mehr Netto vom Brutto“ bleibt.
Staat hilft beim Sparen
Das Unternehmen legt was drauf, und der
Staat spendiert die Zulage: Vermögenswirksame Leistungen sollen Mitarbeiter dazu animieren, mit Bausparverträgen oder Fonds für später vorzusorgen. Der Arbeitgeber kann diesen
Betrag auch zusätzlich zum Lohn zahlen und
somit das Gehalt aufbessern. Bei all diesen Sozialleistungen, von der Altersversorgung bis zu
den vermögenswirksamen Leistungen, beraten
die Volksbanken und Raiffeisenbanken vor Ort
mitsamt den Spezialisten der genossenschaftlichen FinanzGruppe.
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Aus Unternehmersicht
Personalkosten sind Fixkosten. Während Materialkosten
bei schlechtem Umsatz häufig ebenfalls rückläufig sind,
müssen die Gehälter weiter bezahlt werden. Unternehmer müssen vor allem ihre Liquidität im Auge behalten:
Die Personalkosten sollten möglichst so geplant werden, dass ein zu hoher Anteil nicht plötzlich das Wachstum erdrückt oder in schlechten Zeiten für fehlendes
Geld sorgt.
Festgehalt
„Leistungsgerecht, marktgerecht, fair und konsistent“
solle ein Festgehalt sein – so schreiben es die Lehrbücher. Ein Festgehalt stellt für den Mitarbeiter eine
gewisse Sicherheit dar.
Was wird
hier vergütet?
Variable Vergütung
Festgehalt, variable Vergütung, Provision, Tantiemen, Zusatzleistungen und Sonderzahlungen – die Fülle an möglichen Gehaltsbausteinen wirkt erschlagend. Was ist hier eigentlich was,
und wie hängt es zusammen? Die Grafik gibt den Überblick.
Der Übergang zur variablen Vergütung ist fließend. Alle
drei Begriffe bezeichnen leistungsabhängige Boni, die
zum Beispiel einmal jährlich oder direkt nach Abschluss
bestimmter Geschäfte und Erfolge ausgezahlt werden.
Teilweise unterscheiden sie sich steuerrechtlich.
Durch vorher genau festgesetzte Ziele oder Kennzahlen
wird festgelegt, wie das Gehalt gegebenenfalls noch
weiter ansteigt. Studien gehen davon aus, dass ein
variabler Anteil von weniger als zehn Prozent kaum
Anreiz bietet, ein Anteil von mehr als 30 Prozent wiederum zu viel Druck bedeutet und eher hinderlich ist.
Zu viel Druck
30 %
Kaum Anreiz
10 %
Prämien, Provision und Tantiemen
Zusatzleistungen
Mitarbeiter ...
… müssen einem variablen Vergütungsmodell zustimmen und
können nicht dazu gezwungen
werden.
Eine Altersabsicherung (betriebliche Altersversorgung) fällt ebenso darunter wie eine zusätzliche private Unfallversicherung. Dazu
sind Angebote denkbar aus dem Bereich Gesundheit (private
Zusatzversicherung, Fitnesskurse), Familie (Zuschuss für Kinderbetreuung) oder Mobilität (Dienstwagen, Tankgutscheine). Das
Ergebnis kann sich deutlich auf das Nettogehalt auswirken.
Wertschätzung
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Die Studien sind sich überraschend einig: Etwa ein Drittel aller Befragten antwortet regelmäßig, dass zur besseren Motivation vor
allem „mehr Wahrnehmung durch den Vorgesetzten“ eine Rolle
spiele. Lob und Anerkennung der geleisteten Arbeit sind also ein
nicht unerheblicher Faktor. Ein Faktor, der sich in Bargeld gar nicht
messen lässt.
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„Vergütung ist nur
ein Teilaspekt“
Wie lässt sich ein Vergütungssystem sinnvoll gestalten? Welche Rolle spielt dabei
die Transparenz? Michael Fürst, bei der DZ BANK Produktmanager für Vergütung,
erklärt im Interview, was die Herausforderung an variabler Vergütung ist und warum Lohn sogar demotivieren kann.
Ist eine variable Vergütung in jeder
Branche möglich?
Theoretisch ja. Die Frage ist, ob es überall
sinnvoll ist. Jeder sollte sich fragen, auch gerade kleine und mittelständische Unternehmer:
Was will ich überhaupt damit bezwecken? Ich
kann meine Mitarbeiter stärker an das Unternehmen binden. Ich kann auch den kundenorientierten, nachhaltigen Vertrieb stärker forcieren oder bestimmte Anreize hinsichtlich der
Qualität setzen.
Aber einer der Gründe, die häufig genannt werden, ist, dass man in schlechten Zeiten Lohnkosten sparen kann.
In der Theorie mag das richtig sein, aber nehmen wir mal an, die Mitarbeiter verdienen im
Durchschnitt 30.000 Euro, und man entscheidet sich jetzt für eine variable Vergütung von
zehn Prozent: Ist es wirklich realistisch, dass
plötzlich 3.000 Euro des bisherigen Festgehalts
variabel werden und zukünftig wegfallen können? Sie dürfen ja nicht einseitig das Gehalt
reduzieren. In der Praxis führt die Einführung
einer variablen Vergütung erst einmal zu einer
Kostensteigerung. Die zweite Frage ist, woran
genau ich den variablen Teil binde. Ich kann
Vergütung vom Unternehmenserfolg oder
auch von der individuellen Performance ab-
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hängig machen. Für beide Varianten müssen
dann noch gute Zielgrößen gefunden werden.
Denn wenn ich es falsch aufsetze,
riskiere ich einen Scherbenhaufen?
Es ist eine hohe Kunst, gute Ziele zu vereinbaren. Die Ziele dürfen nicht aus der Luft gegriffen sein. Im Idealfall leiten sie sich aus der Unternehmensstrategie ab. Sie sollen spezifisch
und messbar sein, anspruchsvoll, gleichzeitig
realistisch und mit einem Zeithorizont versehen. Das ist eine schwere Aufgabe, die für die
Wirksamkeit ganz entscheidend ist. Sonst bewirke ich eventuell ungewollte Fehlanreize.
Wie wichtig ist Transparenz?
Auf das Vergütungssystem an sich bezogen:
sehr wichtig. Die Mitarbeiter sollen wissen,
welche Nebenleistungen, welche Angebote
es gibt und wie die variable Vergütung funktioniert. Eher kritisch betrachte ich eine Transparenz der Vergütungshöhen untereinander.
Zum einen aus datenschutzrechtlichen Gründen, zum anderen ist es so, dass Vergütung
eine starke Unzufriedenheit erzeugen kann,
wenn sich jemand benachteiligt fühlt. Wenn
man alle Gehälter offenlegen würde, würden
sich wohl viele Mitarbeiter ungerecht vergütet
fühlen.
Mancher „Benefit“
lässt sich recht einfach
verwirklichen.
Verschwiegenheit ist besser?
Tarifgruppen der jeweiligen Branche bieten einen guten Indikator. Das kann dem Mitarbeiter
helfen, seine aktuelle Situation besser einzuschätzen. Eine Variante für den außertariflichen
Bereich ist, Gehaltsbänder zu definieren und
offenzulegen. Also: Ein Mitarbeiter mit einer
bestimmten Funktion verdient zwischen diesem und jenem Wert. Aber selbst solche Angaben verhindern nicht, dass Kollegen untereinander Mutmaßungen anstellen. Es ist so,
dass man die Vergütung des Kollegen meist
höher einschätzt, als es tatsächlich der Fall ist.
Wirkt Vergütung als Motivation?
Manche Studien gehen davon aus, dass die
absolute Vergütungshöhe nur einen geringen
Einfluss hat. Aber Vergütung kann sehr wohl
demotivieren, wenn sich Mitarbeiter ungerecht behandelt fühlen. Dabei geht es weniger
um die absolute Höhe als um den Vergleich zu
den anderen Mitarbeitern. Und das hat dann
wiederum schnell negative Effekte auf die Mitarbeiterbindung und die Arbeitsleistung.
#4
Wie wichtig sind zusätzliche Bestandteile?
Ich kann so zur Attraktivität beitragen, aber
auch hier ist die Frage, wie groß ist mein Aufwand? Wichtig ist außerdem die bereits angesprochene Transparenz. Was gibt es alles in
meiner Firma? Häufig kommt hier auch die
Kreativität zum Tragen. Manche Angebote
lassen sich ganz leicht umsetzen, haben aber
eine große Wirkung: Wer ein großes Grundstück hat, kann vielleicht kostenlose Mitarbeiterparkplätze anbieten.
Welche Vorteile haben Mittelständler
gegenüber großen Unternehmen?
Wenn es um den viel beschworenen Kampf
um Talente geht, ist Vergütung nur ein Teilaspekt. Mindestens genauso wichtig ist die
Unternehmenskultur. Da haben kleine Unternehmen viel zu bieten: flache Hierarchien mit
kurzen Entscheidungswegen zum Beispiel. Von
Vorteil ist auch, dass Unternehmer ihre Mitarbeiter besser kennen und deswegen die Vergütung passgenauer sein kann als in größeren
Unternehmen.
Michael Fürst ist bei der DZ BANK, Zentralbank für rund 900 Genossenschaftsbanken, stellvertretender Abteilungsdirektor und Produktmanager
für Vergütung. Zu seinen Aufgaben gehört die Konzeption und Betreuung von Vergütungssystemen.
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Stichwort
Transparenz: Es gibt
heutzutage viel mehr Möglichkeiten herauszufinden, wie einzelne
Firmen die Arbeit ihrer Mitarbeiter belohnen, unter anderem
durch das Internet. Eine Studie
fand auf Basis der Daten von
240.000 Arbeitnehmern in
Deutschland heraus, dass 70 Prozent
der Mitarbeiter den Eindruck haben, es
bestehe keine klare Verbindung zwischen
ihrer Leistung und ihrer Vergütung. „Ein
Risiko und ein Warnsignal“, so die
Verfasser der Studie. (Quelle:
Hay Group, 2014)
70 %
i
Personalpolitik: Das Projekt VITNESS ist
aus einem Programm des Forschungsministeriums entstanden. Es beschäftigt sich aus
wissenschaftlicher Sicht mit der Balance von
Flexibilität und Stabilität in der Unternehmenswelt: Wie lässt sich der aktuelle Trend
nach Veränderung und flexibler Arbeitshaltung vereinen mit dem Wunsch nach langfristigen und stabilen Arbeitsbeziehungen?
Auf der Website finden sich dazu allerhand
Materialien und Forschungsergebnisse, darunter der sehr ausführliche VITNESS-Leitfaden, herausgegeben vom Fraunhofer-Institut
für System- und Innovationsforschung und
dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
Er umfasst Fallbeispiele, Handlungsempfehlungen und Arbeitsmaterialien.
www.vitness.info
Checkliste
Spielen Sie mit dem Gedanken einer variablen Vergütung? Die
Checkliste zeigt, welche Fragen Sie sich dazu stellen müssen und
welche Entscheidungen es im Vorfeld zu treffen gilt.
Ja
Nein
Tipps & Links !
Ich habe konkrete Ziele im Auge, die ich mit der Maßnahme erreichen will.
Geht es um „harte Ziele“ wie Ertrag, Rendite oder Umsatz oder eher um „weiche Ziele“
wie Prozesse und Zusammenarbeit?
Ich will Mitarbeiter/Betriebsrat in einzelne Planungsschritte einbeziehen.
Damit kann die Akzeptanz des Ergebnisses erhöht oder gemeinsame Ideen entwickelt
werden. Es bedeutet allerdings auch mehr Aufwand.
Ich will eine variable Vergütung, die zusätzlich zur aktuellen erfolgen soll.
Die einfachste, aber kostspieligste Variante. Alternativ können auch bislang fixe Bestandteile
variabel gestaltet oder in Zusatzleistungen umgewandelt werden (beides erfordert Zustimmung).
Ich weiß, in welchen Schritten die Einführung vonstattengehen wird.
Werden alle Abteilungen auf einen Schlag in das neue System überführt oder erst nacheinander? Wird es Veranstaltungen geben, Fortbildungen, die mit der Änderung einhergehen?
Die Messgrößen für die variable Vergütung sind definiert.
Worauf wird Bezug genommen? Auf die Tätigkeit oder das Ergebnis? Werden Prozesse
definiert, oder sollen Zahlen gemessen werden?
i
Sozialer Ansatz: Zukunftsorientierte Arbeitsplatzgestaltung durch Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, durch Gesundheitsschutz oder einen fairen Umgang mit
der Belegschaft – die Wirtschaftsförderung
Stuttgart hat zu diesem Themenkomplex das
Projekt SIA ins Leben gerufen und die Broschüre „Soziale Unternehmensverantwortung für mittelständische Unternehmen“
aufgelegt. Darin finden sich zahlreiche Praxisbeispiele, wie sich die Zufriedenheit der
Mitarbeiter steigern lässt und Unternehmer
gleichzeitig ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. www.sia-projekt.de
Es ist festgelegt, woran sich der Wert der Ausschüttung bemisst.
Ist der Zusatz prozentual gekoppelt an das Grundgehalt, gibt es feste Zahlengrößen?
Ist eine Deckelung geplant?
Es steht fest, wer die Zielgespräche führen soll.
Gleichzeitig muss auch überlegt werden, welche Inhalte in den Zielgesprächen
dokumentiert werden: Ziele? Messgrößen? Potenzial?
Quellen: Markt und Mittelstand; I. O. Business; eigene Recherche.
IMPRESSUM
Herausgeber: Deutscher Genossenschafts-Verlag eG (DG VERLAG), Leipziger Straße 35, 65191 Wiesbaden, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Schellingstraße 4, 10785 Berlin | Objektleitung: Ricarda Schweers (DG VERLAG), [email protected], Tim Zuchiatti (BVR), [email protected] |
V. i. S. d. P.: Peter Erlebach, DG VERLAG, Postfach 2140, 65011 Wiesbaden | Chefredaktion: David Frogier de Ponlevoy, Profilwerkstatt GmbH | Layout: Anke Rabbeau,
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