Erfolgreich ins Berufsleben gestartet

Nr. 28 Freitag, 8. April 2016
www.frutiglaender.ch Seite 5
Zwei Beispiele erfolgreicher Integration: Luca Aeschlimann (l.) arbeitet bei der Firma GROBAU, Roman Brügger bei der LUAG. BILDER TONI RÜTTI
Erfolgreich ins Berufsleben gestartet
EMDTHAL Etwa acht Personen beenden
in der Stiftung Bad Heustrich jeden Sommer ihre Ausbildung – mit dem Ziel der
Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Gartenbauer Luca Aeschlimann
und Schreiner-Praktiker Roman Brügger
haben den Schritt geschafft.
TONI RÜTTI
ten und stets gut gelaunten jungen Mann,
der bei allen unseren Mitarbeitern die für
seine jeweiligen Aufgaben notwendige Unterstützung abholen kann». Neben den
fachlichen Anforderungen stelle die Kommunikation und das gegenseitige Verständnis die wohl grösste Herausforderung dar. LUAG-Werkstattchef Roger
Willener erklärt: «Wir bieten Bewerbern
mit gewissen Leistungseinschränkungen
immer mal wieder Beschäftigungsmöglichkeiten, nachdem sie bei uns ein Praktikum absolvieren konnten und es sich
dabei gezeigt hat, dass sie sich gut in unser
Team einfügen können und für ihre Aufgaben geeignet sind.» Und tatsächlich
fühlt sich Roman Brügger hier «bestens
aufgehoben»: «Mir gefällt es in dieser
Schreinerei gut. Klar, kommt man zwischendurch schon ins Schwitzen, besonders wenn die Zeit drängt.» Eingesetzt
wird er überall dort, wo gerade Not am
Mann ist.
Jungen Lehrabgängern mit einer gewissen Leistungseinschränkung den Weg in
den Arbeitsmarkt zu ebnen, setzt eines
voraus: Die Unternehmen müssen
grundsätzlich bereit sein, den Betroffenen überhaupt eine Chance zu bieten.
Eine geglückte Eingliederung ist gewiss
ein Gewinn für beide Parteien und alle
direkt oder indirekt Beteiligten, also
auch die Angehörigen. Diese Erfahrung
machen konnten mit Luca Aeschlimann
(Wimmis) die Garten- und Tiefbaufirma
GROBAU Grossen & Co. (Reichenbach),
und mit Roman Brügger (Interlaken) die
Schreinerei und Innenausbaufirma
LUAG Luginbühl AG (Krattigen).
«Positive Erfahrungen bestätigen uns»
Zu seinen bisher gemachten ErfahrunDort eingesetzt, wo gerade Not am Mann gen mit Betroffenen im Allgemeinen und
mit Luca Aeschlimann im Speziellen sagt
herrscht
LUAG-Geschäftsleiter Fred Luginbühl Urs Grossen: «Es ist Teil unserer Gesieht in Roman Brügger «einen motivier- schäftspolitik, regelmässig auch Men-
schen zu beschäftigen, welche vom
Leben etwas benachteiligt wurden. Viele
positive Erfahrungen bestätigen uns
darin.» Laut dem Mitinhaber der Firma
GROBAU «ist Luca Aeschlimann für
unser Team sogar eine grosse Bereicherung». Und: «Seine hohe Motivation
macht einen höheren Aufwand unsererseits wieder wett. Seine stets gute Laune
wirkt ansteckend und wird von Mitarbeitern und Kunden gleichermassen geschätzt.» Darauf angesprochen, ist Luca
Aeschlimann selber voll des Lobes, was
seinen Arbeitsplatz, die ihm anvertrauten Aufgaben, die Zusammenarbeit mit
dem GROBAU-Team sowie den Kundenkontakt anbelangt. Irgendwelches Unbehagen, etwa vor einem Montagmorgen,
kennt er anscheinend nicht – im Gegenteil: «Ich freue mich stets auf die Arbeit,
also die Mitwirkung bei der Gestaltung
von neuen sowie der Sanierung von bestehenden Gartenanlagen.»
Stiftung Bad Heustrich macht berufliche
Integration möglich
«Für einen zukünftigen Arbeitnehmer bedeutet die Eingliederung in den weitgehend normalen Arbeitsprozess einen
wichtigen Schritt in Richtung Selbststän-
digkeit, was ihm auch Selbstvertrauen
gibt», so Michael Gehrig von der Fachstelle berufliche Integration der Stiftung
Bad Heustrich. Dabei richtet sich der Lohn
einerseits nach der Leistungsfähigkeit des
Stellenbewerbers und anderseits auch
nach dem erhöhten Anleitungs- und Betreuungsanteil einer Firma. Zudem verfügt die Invalidenversicherung heute über
Möglichkeiten, um die finanzielle Belastung für einen Arbeitgeber besonders zu
Beginn einer Anstellung abzufedern. Michael Gehrig fasst zusammen: «In den vergangenen Jahren war es immer wieder
möglich, für unsere Ausbildungsabgänger
wohlwollend gesinnte und geeignete Arbeitgeber zu finden. So auch für Luca
Aeschlimann und Roman Brügger.» Die
betreffenden Unternehmen sorgten dafür,
dass der berufliche Weg der BadHeustrich-Klienten nach der Ausbildung
weitergeht. «Wobei unser Dank auch
jenen Arbeitgebern gilt, welche unseren
Klienten und Klientinnen bereits während
der Ausbildung in Emdthal ein mehrwöchiges Praktikum in ihrem Betrieb ermöglichen. So erhalten die jungen Leute einen
ersten Eindruck, was dann im ersten Arbeitsmarkt von ihnen erwartet und gefordert wird», erklärt Michael Gehrig.
Im Velosattel Gold, Silber und Bronze
erkämpft
Letzten Sommer gehörten Roman
Brügger und Luca Aeschlimann zur
Schweizer Delegation der World Summer Games Los Angeles 2015 von Special Olympics. Sie traten in der Sportart Rad in verschiedenen Disziplinen
an. Luca Aeschlimann erkämpfte sich
eine Gold- und zwei Silbermedaillen,
Roman Brügger eine Gold- und zwei
Bronzemedaillen. Beide schwärmen
immer noch von dem mit nichts vergleichbaren Feeling, vor der grandiosen Special-Olympics-Kulisse und dem
internationalen Publikum fahren und
sogar aufs Podest steigen zu dürfen.
TR
Wirtschaftsmotor – auch ohne Bunker und Baracken
MILITÄR Die Armee gilt immer noch als
grösster Arbeitgeber im Berner Oberland. Das war am Wirtschaftsbrunch der
Volkswirtschaft Berner Oberland zu
hören. Doch welche Bedeutung hat sie
noch im Frutigland?
YVONNE BALDININI
1,5 Millionen Franken für die Region
Laut dem Waffenplatzkommandanten
leisten pro Jahr vier bis sechs Bataillone zu durchschnittlich mindestens
400 Mann Dienst im Frutigland. Während ihres dreiwöchigen Einsatzes verbringen sie zusammen rund 42 000 bis
50 000 Tage im Gebiet. Pro Person werden täglich Gemüse, Früchte, Brot,
Fleisch und Käse im Wert von fünf
Franken gekauft. «Rechnen wir dies
mal auf alle Diensttage aus, erwirtschaften regio­nale Frischwarenhändler
ungefähr 230 000 Franken», erläutert
Haldimann. Die Soldaten wohnen meist
in Gemeindeunterkünften. Dafür wird
etwa fünf Franken pro Person pro
Nacht entschädigt. Dies spült dem Fru-
Der Militärflugplatz in Reichenbach
hat ausgedient. Die Verteidigungseinrichtungen aus dem Zweiten Weltkrieg
ebenso. Die Armee verkauft laufend
Bunker und Baracken im Kandertal.
«Schiessübungen im Alpgebirge werden wegen Tourismus, Umweltschutz
und Lärm kaum mehr durchgeführt.
Deshalb kommen weniger Wiederholungskurs-Formationen in diese Gegend», e
­ rklärt Hans-Ulrich Haldimann,
Waffenplatzkommandant in Thun.
Was an militärischen Aktivitäten
noch läuft, hat mit den festen Anlagen
im Kandertal zu tun. Ihre unterirdischen Standorte sind geheim. Rund 15
Mitarbeiter aus den Bereichen Gebäudemanagement, Haustechnik und Informatik kümmern sich dauernd um
deren Wartung, Einsatzbereitschaft
und Kontrolle. «Für Unterhaltsarbeiten werden oft zusätzlich lokale Handwerker beigezogen», erwähnt Haldi- Auch wenn sie nicht mehr so präsent sind wie früher: Geld fliesst dank der Wehrmänner immer noch
mann.
BILD ZVG
ins Frutigland.
tigtal nochmals die oben erwähnte
Summe ein.
Gemäss einer Thuner Statistik gibt ein
Angehöriger der Armee wöchentlich
durchschnittlich 100 Franken für Ausgang, Getränke und Kioskwaren aus. Da
die Bataillone in der Region hochgerechnet rund 6000 Dienstwochen leisten, ergibt sich daraus eine Summe von
600 000 Franken. «Alles zusammengezählt fliessen 1,2 bis 1,5 Millionen Franken ins Gebiet. Es handelt sich natürlich
um hochgerechnete Zahlen», relativiert
der Waffenplatzkommandant.
Trotz schwindender Bunker und Baracken – immerhin scheint die Armee im
Kander- und Engstligtal die Wirtschaft
anzukurbeln.
Kreativer Arbeitsplatz vorgestellt
Die Volkswirtschaft Berner Oberland
stellte am Wirtschaftsbrunch auch ihre
neuen Räumlichkeiten in Spiez vor, wo
Unternehmer gemeinsam arbeiten und
ihre Erfahrungen teilen können. Der
«Coworking Space Berner Oberland»
soll die Vernetzung und Entstehung
von neuen Projekten fördern. Bereits
am Probetag stellten fünf Jungunternehmer interessante Ideen vor.
Mike Schudel aus Interlaken stellt anhand eines GIS (Geoinformationssystem) Software-Karten her. Im «Coworking Space» traf er die Marketing- und
Kommunikationsfachfrau Sophie, mit
der erste Werbekontakte geknüpft
wurden. Am Probetag traf er zudem
den Programmierer Yannic, dessen
Dienste Schudel nutzen könnte, um
eine seiner Karten in eine Homepage
einzubetten. Ferner sorgten auch
Velo-Start-up-Unternehmer Roman im
«Coworking Space» sowie Regionalentwickler Thomas für Inputs und
Kontakte im neuen Arbeitsbereich.
«Es ist ein Geben und Nehmen», resümiert Mike Schudel. Für Jungunternehmen sei es enorm wichtig, Netzwerke aufzubauen. Ihm diene der Ort
in Spiez auch als Anlaufstelle, um mit
externen Kunden Besprechungen zu
halten.
YB
Der «Coworking Space» ist für jedermann
offen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutig­
laender.ch.