Misserfolge vermeiden» Kongress

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Misserfolge vermeiden – Probleme lösen
Am 19. September 2015 fand im Hotel Marriott in Zürich der Kongress der fortbildungROSENBERG zur Vermeidung von
Fehlern in der Zahnarztpraxis statt. Über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgten interessiert den Vorträgen. Auf dem
Programm standen, neben diversen anderen Themen, endodontische Problemfälle, neue Kompositmaterialien, die korrekte
Farbauswahl von Restaurationen und die Patientenkommunikation. Praktisch jede zahnärztliche Therapie birgt das Risiko
eines Misserfolges. Tritt einer ein, gilt es adäquate Massnahmen zu kennen und anzuwenden, um trotzdem ein gewünschtes
Ergebnis zu erzielen.
Prof. Dr. Thomas Attin, Prof. Dr. Riegl und Dr. Nils Leuzinger (v.l.n.r.).
Dr. Tobias Tauböck (l.) und Prof. Patrick Schmidlin.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Attin (Universität Zürich) referierten
Experten aus verschiedenen Fachrichtungen zum Thema und regten zu interessanten Diskussionen an.
einen interessanten Vortrag. In gegenwärtiger Zeit des Internet sind die Patienten besser aufgeklärt und weniger autoritätsgläubig. Am Beispiel der
Erfolgsgeschichten von Google, Ebay und Facebook zeigte Prof. Dr. Riegl auf,
dass es sich lohnt, die Vorlieben der Kunden zu kennen. Wer der bessere
Menschenversteher ist, verkauft sich letzten Endes besser. Mittels emotionaler Kommunikation und mit mehr Empathie und Akzeptanz dem Patienten gegenüber kann man ein stabiles Vertrauensverhältnis aufbauen. Denn
gute Patientenbeziehungen sind weniger austauschbar als gute ZahnmediHandling
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zin. Heute gilt der sogenannte libertäre Paternalismus. Der Patient ist
frei
in seiner Entscheidung und will nicht überredet werden. Ein sanfter Anstoss
führt ihn zu zwangsläufig freiwilligen und richtigen Entscheidungen. Die
Fachkompetenz und qualitative Arbeit eines Zahnarztes wird vom Patienten
vorausgesetzt. Wer jedoch etwas Unübliches wie bequemere Erreichbarkeit
oder eine flexiblere Organisation der Termine anbietet, wird von den Patienten geschätzt und hebt sich von der breiten Masse ab.
Der erste Referent des Tages, Dr. Markus Lenhard (Zahnarztpraxis Neumann, Schaffhausen), sprach über die grosse Kunst der Komposit-Füllungen im Frontzahnbereich: Zuerst wird die Farbe am feuchten Zahn und
ohne Lampe bestimmt. Der Zahn benötigt nach dem Trocknen bis zu einer
Stunde, um wieder Wasser aufzunehmen und die ursprüngliche Farbe wiederzuerlangen. Aufgrund der verschiedenen optischen Eigenschaften wird
die Schmelzfarbe an der Schneidekante des Frontzahns ausgewählt, die
Dentinfarbe immer am Eckzahn. Die richtige Opazität und Transluzenz zu
treffen ist der schwierigste Schritt der Füllung. Je transluzenter die Restauration, desto dunkler erscheint sie vor der dunklen Mundhöhle. Ist die
Füllung opaker, erscheint sie dementsprechend heller. Man muss wissen,
dass junge Patienten ein viel opakeres Dentin besitzen und somit eine dicke
Dentinschicht benötigen. Im Alter wird das Dentin durch sekundäre Mineralisation immer transluzenter, entsprechend wird bei älteren Patienten die
Dentinmasse dünner geschichtet. Nach der Farbbestimmung wird die Form
analysiert. Das Augenmerk ist auf Randleisten zu richten, denn diese begrenzen die optische Zahnform. Für ein schönes Resultat sind Oberflächenmerkmale, wie Rillen, einzuarbeiten. Das Ziel ist es, eine auf Sprechabstand
unsichtbare, in Farbe, Form und Funktion korrekte Füllung zu kreieren.
Zum Thema „Kommunikation mit Patienten“ hielt Prof. Dr. Riegl (Prof. Riegl
& Partner GmbH, Institut für Management im Gesundheitsdienst, Augsburg)
Nach der Mittagspause vermittelte Dr. Christoph Zirkel (Zahnarztpraxis
Dres. Hartmann, Zirkel und Kollegen, Köln) den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Risiken eines endodontischen Misserfolges. Er diskutierte
deren Ursachen und Vermeidung. Als Endo-Spezialist sind zwei Drittel der
Problemfälle, die er überwiesen bekommt, nicht gefundene Kanäle oder ungenügende Desinfektion. Gut ausgebildete Zahnärzte erkennen Problemfälle frühzeitig und überweisen sie an den Spezialisten. Eine erfolgreiche Endo
bedarf einer richtigen Differenzialdiagnose. Wichtig für die Abgrenzung zur
Parodontitis apicalis ist die Sensibilität. Es sollte auch immer auf eine Vertikalfraktur mit der Parodontal-Sonde geprüft werden. Bildgebende Verfah-
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Prof. Dr. Thomas Attin, Dr. Christoph Zirkel, Dr. Nils Leuzinger (v.l.n.r.).
Alexander Vuck (Klinik für zahnärztliche Prothetik, Freiburg i.Br.).
ren wie Röntgen und Digitale Volumentomographie (DVT) müssen maximal
ausgewertet werden, deren Grenzen aber auch immer im Hinterkopf behalten werden. Dabei ist anatomisches Wissen ein riesiges Hilfsmittel. Bei der
Trepanation des Zahns ist auf eine optimale Ausdehnung der Zugangskavität
zu achten. Ein gerader Kanalzugang ist unabdingbar, damit der Arbeitsbohrer gerade ist und weniger Rückstellkräfte erfährt. Instrumentenfrakturen
aufgrund Ermüdungs- oder Torsionsbrüchen müssen entfernt werden,
sonst kann keine saubere Desinfektion erfolgen. Dabei können frakturierte
Instrumente mittels Ultraschallinstrumenten entfernt werden.
bekannt ist, dass eine erfolgreiche Kompositfüllung die korrekte Schichttechnik (maximal 2 mm) und eine ausreichende Durchhärtung benötigt. Dies
ist mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. 2010 kamen fliessfähige
und modellierbare Bulk-Fill-Komposite auf den Markt. Fliessfähige BulkFill-Komposite sind leicht einzubringen, benötigen jedoch eine 2-mm-Deckschicht gegen die Abrasion, die modellierbaren hingegen erfordern keine
Deckschicht. Bulk-Fill-Komposite sind eine sichere Alternative zu den altbewährten Hybrid-Kompositen für die Versorgung von Seitenzahnkavitäten
und von Mikrokavitäten. Die Schichttechnik ist einfacher und zeitsparend.
Im Vergleich zu konventionellen Kompositen treten bei Bulk-Fill geringere
Schrumpfungskräfte auf.
Stellvertretend für Prof. Dr. Petra Gierthmühlen-Güss (Universität Freiburg
i. Br.) informierte Alexander Vuck (Universität Freiburg, Prothetik) über
„Keramikrestaurationen: Einfache Regeln zur Vermeidung von Misserfolgen und deren Lösung.“ Als zuverlässige Alternative im Frontzahnbereich
stellte er die vollkeramische Adhäsivbrücke vor, wobei Einflüglige mehr Erfolg als Zweiflüglige verzeichnen. Mit adäquatem Weichgewebsmanagement
können schöne Resultate erzielt werden. Zudem ist es für den Patienten weniger aufwendig, als ein Implantat gesetzt zu bekommen. Ist die Frontzahnkrone noch zeitgemäss? Bedeutet so eine Therapie doch enormen Verlust
der Zahnhartsubstanz. Damit verglichen wurden minimalinvasive Veneers,
wofür dokumentierte Langzeiterfolge, wenige technische und biologische
Komplikationen sprechen. Für den ganzen Ablauf benötigt es jedoch mehr
Fingerspitzengefühl und Erfahrung, so Dr. Vuck.
Oberarzt Dr. Tobias Tauböck (Universität Zürich) stellte neue einfache Kompositmaterialien für das Seitenzahngebiet und neue Lichtpolymerisationsgeräte vor. Dies stellt ein aktuelles Thema dar, weil in letzter Zeit neue,
vielversprechende Materialien auf den Markt gekommen sind. Allgemein
Prof. Dr. Patrick Schmidlin (Universität Zürich) sprach über die erfolgreiche systematische Parodontaltherapie. In der Parodontologie erzielt man
nach Abschluss der Therapie biologische, aber nicht ästhetische Erfolge.
Dr. Schmidlin plädiert auf eine nicht zu schnelle Extraktion hoffnungsloser
Zähne. Ein Zahnerhalt kann viel Geld und Ärger sparen. Verloren ist ein Zahn
erst, wenn Attachmentverlust bis und um den Apex auftritt. Entscheidet
man sich für den Erhalt solcher hoffnungsloser Zähne, benötigt dies eine
adäquate Therapie, eine optimale Patientencompliance und -betreuung.
Auch die Abgabe von Antibiotika ist von Bedeutung. Erst nachdem auf die
Parodontitis-Erreger Aggregatibacter actinomycetemcomitans und Porphyromonas gingivalis getestet wurden, soll Antibiotika verschrieben werden.
Das Problem der Nebenwirkungen und weltweiten Resistenz-Entwicklung
fällt zu stark ins Gewicht. Eine nach lege artis durchgeführte ParodontitisTherapie ist nie ein Misserfolg, weil die Folgen einer unterlassenen Therapie
am wahrscheinlichsten zu Zahn- und Knochenverlust führen.
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