KARRIERE & BERUF

V6
BERUF & KARRIERE
Samstag, 20. September 2014
Fachkräfte aus
dem Ausland
Wegen des oft beklagten Fachkräftemangels
suchen elf Prozent der Betriebe nach Fachkräften im Ausland. Das hat eine repräsentative Führungskräftebefragung von Bitkom
Research ergeben. Im Auftrag des Karrierenetzwerks LinkedIn wurden Personaler und
Geschäftsführer von 1030 Unternehmen ab
50 Mitarbeitern befragt. Überdurchschnittlich häufig schauen sich große Firmen außerhalb Deutschlands um. Fast zwei von drei
Unternehmen (61 Prozent) mit 500 und
mehr Mitarbeitern haben danach vor, in den
kommenden zwölf Monaten ausländische
Fachkräfte einzustellen.
Von denen, die nach Personal im Ausland suchen, nannten 60 Prozent den Fachkräftemangel als Grund. Fast vier von zehn
Betrieben (39 Prozent) wollen auf diese
Weise Kontakte zu neuen Märkten oder Kooperationspartnern knüpfen. Nur eine Minderheit (16 Prozent) sucht nach Qualifikationen, die Arbeitnehmer in Deutschland
nicht haben, weil zum Beispiel spezielle
Studiengänge fehlen. Insgesamt schauen sich
Unternehmen etwas häufiger im Ausland
um als noch im vergangenen Jahr. Bei der
gleichen Befragung 2013 gaben acht Prozent
an, Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren
zu wollen.
dpa
Frauen häufig
im Alleingang
Frauen machen sich häufiger als Männer im
Alleingang selbstständig. Das geht aus einer
Analyse der KfW-Förderbank hervor. Während gut ein Viertel (28 Prozent) der männlichen Existenzgründer im Team den Schritt
in die Selbstständigkeit vollziehen, sind es
bei den weiblichen nur ein Fünftel (19 Prozent). Ähnlich sind auch die Unterschiede
bei der Personalplanung: So stellen 28 Prozent der männlichen Existenzgründer in den
ersten zwölf Monaten Mitarbeiter ein – von
den Frauen tun das nur 16 Prozent.
dpa
Kreativität
Bei Berufstätigen kommt kreatives Arbeiten
häufig zu kurz. Nur 38,7 Prozent haben im
Arbeitsalltag den nötigen Freiraum dafür.
Schuld daran ist meist Zeitmangel: Ihn
bezeichnet jeder Zweite (53,9 Prozent) als
größten Kreativitätskiller im Job. Das zeigt
eine Studie der Beratungsfirma Jack Morton.
dpa
» TERMINE
Am 10. Oktober findet in Stuttgart der
3. Landeskongress der Offensive Mittelstand Baden-Württemberg und Gutes
Bauen Baden-Württemberg zum Thema
„Gute Unternehmen ziehen an – gemeinsam Marktvorteile schaffen“ statt.
www.offensive-mittelstand-bw.de
Am 26. September findet in Böblingen
das Netzwerktreffen von unique! e. V.
mit dem Thema „Mutzur Wut! oder: Warum Wut (auch) Gutes tut“ statt.
www.unique-ev.de
Beim Caritas-Bildungszentrum gibt es
am 6. Oktober die Fortbildung „Kreatives Kommunikationstraining“. www.caritas-stuttgart.de
Am 23. September, 18.30 Uhr, informiert das Kolping-Bildungszentrum in
der Rosensteinstr. 30 über die Weiterbildung zum Sozialwirt.
Am 6. Oktober startet beim Garp-Bildungszentrum das IHK-Praxistraining
zum „Alltagsbegleiter“. Das IHK-Praxistraining zum „Technischen Redakteur“
beginnt am 7. Oktober. www.garp.de
Redaktion: STZW Sonderthemen
Dagmar Engel-Platz
Leckeres Essen
wird auf einem
Kreuzfahrtschiff
erwartet. Mitarbeiter mit Gastronomie-Erfahrung sind
gesucht.
Foto: Neumeier
Ahoi! – Arbeiten auf dem Schiff
Crew-Mitglied. Die Kreuzfahrtbranche wächst. Nicht nur wer Berufserfahrungen aus der Gastronomie mitbringt, kann auf einem Schiff anheuern.
Auch Techniker, Animateure und IT-Experten werden gebraucht.
Auf einem Schiff über die Weltmeere schippern, ferne Länder kennenlernen und dabei
auch noch Geld verdienen. Das klingt verlockend und immer ein bisschen nach Abenteuer. Cetin Isik weiß heute, was davon
Traum und was Wirklichkeit ist, wenn man
als Mitarbeiter auf einem Schiff anheuert.
Der 45-Jährige, der in Istanbul geboren
wurde und in Heidelberg aufwuchs, hat in
verschiedenen Berufen gearbeitet. Er ist gelernter Kfz-Mechaniker, war in der Gastronomie tätig und als Animateur in Clubhotels
auf Sardinien, Sizilien und in Griechenland.
Es war ein Kollege, der ihn darauf aufmerksam machte, dass Kreuzfahrtschiffe Leute
wie ihn suchen.
Isik kontaktierte eine Agentur, die Stellen auf Schiffen vermittelt. Ein paar Tage
später bekam er ein Angebot von der italienischen Kreuzfahrtreederei Costa Cruises.
Nach einer dreiwöchigen Einarbeitung ging
er als einer von sieben „International
Hosts“ an Bord, die verantwortlich sind für
die fast 4000 Gäste aus verschiedenen Nationen, vom Einschiffen bis zum Verlassen
des Schiffes.
Die Chancen auf einen Job auf einem
Kreuzfahrtschiff sind gut. Die Branche ist
längst nicht mehr nur auf reisende Rentner
ausgerichtet. Und sie wächst rasant. „Weil
viele Reedereien ihre Flotte ausbauen, steigt
der Personalbedarf an“, sagt der Sprecher
der Arbeitsagentur Hamburg, Knut Böhrnsen.
Diesen Trend bestätigt auch Daniela
Fahr, die Leiterin der Agentur Connect in
Bremerhaven. Vor 14 Jahren hat sie die
internationale Personalvermittlung in der
Kreuzfahrtbranche gegründet. Nach ihren
Angaben stechen 2016 weltweit 26 neue
Kreuzfahrtschiffe in See. Allein für diese
Schiffsneubauten benötigten die Reedereien
mehr als 25 000 neue Crew-Mitglieder, sagt
sie. Hinzu käme die laufende Suche nach
Mitarbeitern für die etwa 400 HochseeKreuzfahrtschiffe weltweit, die bereits im
Einsatz sind. Zudem wächst die Zahl der
Passagierschiffe auf Flüssen an.
INTERNATIONALE
ERFAHRUNGEN SAMMELN
Wer einen Job in der Branche sucht,
kann sich direkt an die Reedereien wenden – oder wie Isik eine Agentur wie Connect kontaktieren. Laut Personalvermittlerin Fahr sind vor allem Mitarbeiter aus der
Gastronomie gesucht, aber auch aus dem
IT-Bereich, dem Facility-Management und
der Wellness-Branche. Die schwimmenden
Hotels brauchen Küchenchefs, Köche, Servicemitarbeiter und Sportanimateure, Verkäufer, Hotelmanager und Reiseführer.
Cetin Isik gefällt das Arbeiten auf See,
weil er die internationale Atmosphäre, die
Zusammenarbeit mit Kollegen aus vielen
verschiedenen Ländern schätzt, sagt er.
Manchmal falle es ihm aber auch schwer,
immer an das Schiff gebunden zu sein. Er
steht jeden Tag um 5 Uhr morgens auf,
erstellt nach dem Frühstück für die Gäste
einen Tagesplan, der bis um 10 Uhr gedruckt in jeder Kabine liegen muss, und
koordiniert die täglichen Landausflüge für
etwa 3000 Gäste. Auch an Land ist er für sie
da, übersetzt die Informationen des Tourguides auf Türkisch, Arabisch, Italienisch,
Englisch oder Deutsch. Kann ein Hafen
aufgrund der Witterung nicht angesteuert
werden, ist er es, der sich bei den Gästen
entschuldigt, die Gründe erklärt und für
gute Laune sorgt.
Auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet
zu haben, fördere entscheidend die Karriere, ist sich Fahr sicher. Denn auf See sammle
man viele internationale Erfahrungen, verbessere seine Fremdsprachenkenntnisse,
arbeite in einem Vier- bis Fünf-SterneBereich und zeige, wie motiviert man ist.
Wer auf einem Schiff tätig war, werde wohl
keine Probleme haben, an Land eine Stelle
zu finden.
„Zu den Voraussetzungen für einen Job
auf See gehören eine Berufsausbildung
oder vergleichbare praktische Berufserfahrungen, Fremdsprachenkenntnisse sowie
Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen“,
sagt Fahr. Der Bedarf sei inzwischen so
groß, dass Quereinsteiger eine Chance hätten. Fahrs Agentur vermittelt jährlich etwa
600 Fachkräfte an Reedereien – und könnte
rund 2000 unterbringen, sagt sie. Die Vermittlungsdauer liegt zwischen einer Woche
und einem halben Jahr.
Beschäftigte, die langfristige Arbeitsverträge gewohnt sind, müssen sich allerdings
umstellen. „Die Mitarbeiter auf See erhalten
in der Regel Verträge für vier bis sechs
Monate“, berichtet Fahr. Die verbringen sie
dann an einem Stück an Bord. Viele würden
aber Gefallen an dem Job finden – und nach
den angesammelten Wochen Urlaub an
Land wieder anheuern.
KOST UND LOGIS
SIND FREI
Die Arbeitnehmer seien zwar nur sozialversichert, nicht aber renten- oder arbeitslosenversichert, die „Offshore-Verträge“
versprächen in der Regel aber ein relativ hohes Gehalt, sagt Fahr. Mitarbeiter auf Schiffen haben außerdem Kost und Logis frei, berichtet die Personalvermittlerin. Cetin Isik
verdient als Host monatlich 2200 Euro brutto, zuzüglich der Boni für verkaufte Touren.
Auch beim Reiseveranstalter Tui Cruise
sind Kost und Logis frei, berichtet Sprecherin Christine Schmidt. Gearbeitet wird sieben Tage die Woche, bis zu zehn Stunden
am Tag mit einer Stunde Pause. Tui-Mitarbeiter haben je nach Tätigkeit die Möglichkeit, ihre Freizeit mit Landgängen zu verbringen oder die Crew-Bar, DVD- und Bücherverleih, Sonnendeck und Fitnessraum
zu nutzen.
Gut qualifizierten und motivierten Mitarbeitern stehen an Bord viele Karrieremöglichkeiten offen. So könne ein Stuart
zügig zum Stationschef und anschließend
zum Restaurantchef aufsteigen. Neben
Schulungen und Förderprogrammen bietet
Tui die Ausbildung zur Führungskraft „Junior Management Trainee“ an. Katja Gartz
Studium und Job verbinden
Hilfswissenschaftler. Studenten
brauchen oft einen Nebenjob. Den
gibt’s auch an der Hochschule.
Kellnern, Taxi fahren oder in der Fabrik am
Band stehen: viele Studenten machen einen
Nebenjob, der mit ihrem Studium nichts zu
tun hat. Klüger ist es, als Hilfswissenschaftler an der Hochschule Ausbildung und Jobben unter einen Hut zu bringen.
Studentische Hilfskräfte oder Hilfswissenschaftler (Hiwi) arbeiten in ganz
unterschiedlichen Arbeitsfeldern. Einige
unterstützen Professoren bei Forschung und
Lehre, sie beaufsichtigen zum Beispiel Studenten bei Klausuren und helfen, Unterlagen für den Professor vorzubereiten. Andere kümmern sich um die Bücherausgabe
in der Bibliothek oder pflegen Datenbanken.
„Das Tolle daran ist, dass ein Hiwi-Job
Studenten fast immer etwas für ihr Studium
bringt“, sagt Stefan Grob vom Deutschen
Studentenwerk. Die Mehrheit der Studenten
macht allerdings andere Nebenjobs. Laut
der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks hatten im Sommersemester 2012
rund zwei von drei Studenten im Erststudium einen Nebenjob (61 Prozent). Von ihnen erledigten 39 Prozent Hilfstätigkeiten.
29 Prozent waren als studentische Hilfskraft
im Einsatz.
Wer an der Uni anfangen will, kann mit
einem Stundenlohn von acht bis elf Euro pro
Stunde rechnen. Die Bezahlung variiert je
nach Bundesland und Hochschule. Häufig
hat auch der Abschluss einen Einfluss auf
das Gehalt. In der Regel sind die Arbeitsverträge auf eine bestimmte Semesteranzahl
begrenzt. Hiwis haben Anspruch auf Urlaub
oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Gibt es im Job einmal Probleme, wenden
sich Studenten am besten an die HilfskraftInitiativen, die es an vielen Orten gibt, sagt
Lukas Becker. Er ist selbst Hiwi und bei der
Hilfskraft-Initiative Frankfurt am Main engagiert. Schwierigkeiten kann es zum Beispiel
geben, wenn Studierende bei einem Professor arbeiten, bei dem sie gleichzeitig Veranstaltungen besuchen. Mancher hat dann
Bedenken, Missstände anzusprechen. Die
Angst vor einer schlechten Note sei dann
häufig groß. Auch unbezahlte Überstunden
sowie selbst bezahlte Arbeitsmaterialien
oder Kopien seien ein Problem.
Steigen Studenten später in die Jobsuche
ein, sollten sie ihre Arbeit als Hiwi auf jeden
Fall im Lebenslauf angeben, sagt Ingrid
Arbeitlang vom Hochschulteam der Agentur
für Arbeit in Berlin. Das gilt auch dann,
wenn sie sich abseits der Wissenschaft
bewerben. Personaler könnten daran sehen,
dass Studenten schon gearbeitet haben. Die
ausgeübten Tätigkeiten – etwa Sachverhalte
zu recherchieren – qualifizierten in der Regel außerdem nicht nur für den Wissenschaftsbetrieb. Im Lebenslauf geben Studenten am besten den Fachbereich, ihre Projekte sowie eine kurze Aufgabenbeschreibung
an, rät Arbeitlang. Dann kann sich der künftige Arbeitgeber etwas unter dem Hiwi-Job
vorstellen. Wichtig sei außerdem, sich ein
Arbeitszeugnis ausstellen zu lassen mit einer
Bewertung der Arbeitsleistungen.
Für manchen ist der Hiwi-Job auch Türöffner zu einer wissenschaftlichen Karriere.
Viele Doktoranden knüpften als Hilfskräfte
erste Kontakte in die Wissenschaftsgemeinde, sagt Rudolf-Werner Dreier, Pressesprecher der Universität Freiburg. Außerdem
lernten Hiwis so den Forschungsalltag früh
kennen und könnten herausfinden, ob er
etwas für sie ist.
Julia Naue, dpa