Fachbereich Verkehr 01 |2 SCHIFFFAHRT d e r v e r.d i - R e p o r t 01 INTERVIEW Maritimer Innovationsmotor Eine starke maritime Branche sei für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar, erklärt Uwe Beckmeyer (SPD), der neue Maritime Koordinator der Bundesregierung, im Interview mit dem SchifffahrtsReport. Um das maritime Know-how am Standort zu halten, müssten gemeinsame Lösungen von Politik, Reedern und Gewerkschaften her. Das Maritime Bündnis sei dafür die geeignete Plattform. Man brauche allerdings wieder verbindlichere Abreden. Seite 2 4 Renditen in die Höhe – Maritimes Know-how in den Keller? AKTUELLES Schleichende Übernahme FOTO: DIETER KALINA/PIXELIO Die EU-Leitlinien für die Seeschifffahrt müssen Mindestbesetzungen vorschreiben Ziel der EU-Leitlinien für den Seeverkehr war und ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitgliedsstaaten zu stärken und die Ausbildung und Beschäftigung von EU-Bürgern zur Erhaltung des maritimen Know-hows zu fördern. National wurde es im Maritimen Bündnis als „Bündnis für mehr Aus bildung und Beschäftigung“ konkretisiert. Beides steht im Zusammenhang. Die Umsetzung in Deutschland hatte zunächst bis 2008 dazu geführt, dass sich die Anzahl an Schiffen unter deutscher Flagge und die Beschäftigungszahlen stabilisierten und die Ausbildungszahlen von niedrigem Niveau aus gesteigert wurden. Doch seit Beginn der Schifffahrtskrise, die im maritimen Bereich noch dadurch ver- stärkt wurde, dass Reedereien in Zeiten des Booms eine große Anzahl an Neubautonnage orderten, geht es wieder abwärts. Die entstandenen Überkapazitäten als Folge einer ungezügelten Geldanlagenpolitik belasten den Markt zusätzlich. Diese Entwicklungen sowie die Erleichterung und Legalisierung durch ein neues Flaggenrechtsgesetz haben dazu geführt, dass deutsche Reedereien sich verstärkt von der deutschen Flagge verabschieden. Ein Abbau von EU-/deutschen Seearbeitsplätzen und ein starkes Zurückfahren der Ausbildungsplätze ist die Folge. Die deutsche Schiffsbesetzungsverordnung schreibt vor, dass mindestens fünf EU-/deutsche Seeleute auf Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von über 8.000 gefahren werden müssen, auf kleineren Schiffen entspre chend weniger. Nur über diese Verordnung war und ist sichergestellt worden, dass überhaupt deutsche oder EU-Seeleute beschäftigt wurden und das maritime Knowhow erhalten blieb. Ein Rückblick: Zu Beginn des Maritimen Bündnisses wurde vereinbart, mindestens 300 Schiffe unter deutscher Flagge zu halten. Die Zusagen stiegen später auf 400, 500, unter der Maßgabe wirtschaftlicher Rahmenbedingungen wurden sogar 600 zugesagt. Schließlich waren es 508 Schiffe, Specification of EU guidelines on state aid to maritime transport It has always been, and remains, the objective of the EU guidelines for maritime transport to strengthen the competitiveness of the EU Member States and to promote the training and employment of EU citizens for maintaining maritime knowhow. At national level this has been given a more concrete form in the German "alliance for more training and employment". These objectives have to be seen as mutually related. In Germany, up to 2008 the implementation of the guidelines led to stabilization of the number of vessels under the German flag and of the number of employees, while the number of trainees increased from its previous very low level. Figures started to drop once more when the crisis in the shipping industry set in. This was caused by the global economic crisis and exacerbated by the fact that during the boom years shipping companies had ordered the building of many new die die deutsche Flagge führten. Damit verbunden hatten sich die Auszubildendenzahlen mehr als verdoppelt und die Beschäftigtenzahlen deutscher und EU-See leute stiegen. Auch die Stellen im maritimen Bereich an Land entwickelten sich aufgrund des steigenden Flottenbestandes positiv – über 3.500 Schiffe befanden sich im Management von deutschen Reedern. Doch inzwischen ist die Zahl der Schiffe unter deutscher Flagge um 300(!) zurückgegangen. Um den Anschein der Einhaltung der EU-Leitlinien zu wahren, werden verstärkt Schiffe von der deutschen unter andere EU-Flaggen gewechselt, etwa unter die von Gibraltar, Luxemburg u. a. Damit erfüllen die Reeder zwar eine Vorgabe aus den Leitlinien – sie führen eine Flagge der Gemeinschaft –, aber gleichzeitig vernichten sie Ausbildung und bauen Beschäftigung ab. Denn diese Flaggenstaaten haben keine Besetzungs- und Bemannungsvorschriften zum Fahren von EU-Seeleuten. So wird praktisch eine Vorgabe der Leitlinien ausgehebelt und Know-how vernichtet. Doch die Reeder erhalten unter EU-Flagge weiterhin die Vorzüge der Tonnagesteuer, selbst wenn in wirtschaftlich schlechten Jahren der finanzielle Gewinn geringer ausfällt. Erfüllt werden die Forderungen der Schiffsfonds und Emissionshäuser, ins- ships. The overcapacities created as result of an uncontrolled investment policy place additional burdens on the market and aggravate the crisis. This situation, coupled with the fact that reflagging has been made easier and legal with the introduction of the new German Flagging Rights Law [Flaggenrechtsgesetz], has led to German shipping companies increasingly switching away from the German flag. In consequence, the number of EU/German maritime jobs and trainees is declining sharply. The German Manning Regulation [Schiffsbesetzungsverordnung] requires that ships with a gross tonnage of more than 8,000 have to have at least five EU/German seafarers, and a smaller num- besondere deren Anleger, die ausschließlich auf kostengünstigstes Betreiben der Schiffe dringen, um möglichst gute Renditen ausschütten zu können. Das vor allem wird durch Umflaggungen unter europäische Flagge ohne europäische Besetzungsvorschriften erreicht. Und EU- oder deutsche Seeleute haben das Nachsehen. „Will man nicht die eigentlichen Ziele der EU-Leitlinien aus den Augen verlieren oder sie gar aufgeben, besteht dringender Handlungsbedarf“, betont ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. An die Europäische Kommission gerichtet, stellt sie die Frage: Was nutzt es der EU und dem maritimen Sektor in Deutschland, wenn Schiffe in Asien gebaut, mit Seeleuten aus aller Herren Länder – nur nicht einheimischen oder EU-Bürgern – besetzt werden und deutsche Reeder bzw. die Kapitalanleger dennoch finanzielle Vorteile in Form der Tonnagesteuer erhalten? „Das widerspricht dem Geist und der Zielstellung der EU-Leitlinien“, kritisiert die Gewerkschafterin. Die Leitlinien müssten deshalb dringend so modifiziert werden, dass auf allen Schiffen, die durch Tonnagesteuer und andere Finanzinstrumente subventioniert werden, Mindestbesetzungsvorschriften für sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätzen RED. von EU-Seeleuten gelten. ber on smaller ships. It was this regulation which ensured that German/EU seafarers were employed at all and that their knowhow was maintained. FOTO: ISTOCKPHOTO.COM Der Prozess ist in vollem Gange: Deut sche Reeder flaggen weiter um. Der Wechsel unter europäischen Flaggen ohne europäische Besetzungsvorschriften spart vor allem Kosten. EU-/deutsche Seeleute werden gegen Billigseeleute aus Asien ausgetauscht. So war das nicht gedacht – weder im Maritimen Bündnis noch mit den EU-Leitlinien für den Schiffsverkehr von 1997. Deshalb muss dringend gegengesteuert werden. Wie ein Wirtschaftskrimi erscheint, was sich an und um die Schlepperliegeplätze in Bremerhaven abspielt: Die alteingesessene Unterweser Reederei geht mit der MAERSK-Tochter Svitzer ein Joint Venture ein, doch nutzt David diese Möglichkeiten gar nicht, sondern verchartert eigene Schlepper an Goliath. Was wird aus den Beschäftigten? Fragt unser Beitrag auf: Seite 3 BINNENSCHIFFFAHRT Gewerkschaftliches Projekt auf Flüssen verlängert FOTO: UTE BAUER Die Gewerkschaften machen sich für „Bessere Jobs für alle“ auf den Flusskreuzfahrtschiffen stark. Das Projekt wurde jetzt verlängert. ITFInspektor Werner Kiepe berichtet, welche Erfahrungen er bei über 160 Besuchen an Bord gesammelt hat. Geht man streng nach der geltenden EU-Verordnung dürfte es die unterschiedlichen Sozialund Arbeitsbedingungen von nautischen Beschäftigten und solchen im Hotel-Restaurant und CateringBereich gar nicht geben. Seite 6 JUGEND Mitentscheiden statt Aussitzen! Worüber auch junge Leute am 25. Mai bei der Europa-Wahl mitent scheiden können, erläutern wir auf der Jugendseite. Das Europäische Parlament entscheidet mittlerweile in allen Lebensbereichen mit – angefangen bei den Roaming-Gebühren fürs Handy, über Reisefreiheit, Datenschutz und Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen bis hin zu Arbeitsbedingungen in vielen Bereichen. Es ist also nicht egal, wer im EU-Parlament die Entscheidungen trifft – und welche... Seite 7 2 SCHIFFFAHRT FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 EDITORIAL TORBEN SEEBOLD, VER.DI-BUNDESFACHGRUPPENLEITER FOTO: DIE HOFFOTOGRAFEN Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Energiewende ist in aller Munde. In den vergangenen Wochen hat es enorme Anstrengungen der Bundesregierung gegeben. Es ging um eine Regelung mit der Europäischen Kommission, die die nationale Praxis zur Befreiung deutscher Unternehmen von der EEG-Umlage beibehält. Energieminister Gabriel führte in den Verhandlungen vor allem die Sicherung von hunderttausenden Arbeitsplätzen an und war letztlich erfolgreich, wozu ich ihm gerne gratulieren möchte. Warum spreche ich dieses Thema hier an? Die Antwort ist denkbar einfach: Ich wünsche mir von der deutschen Bundesregierung als einer der Kernpartnerinnen im Maritimen Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung, dass sie mit ähn licher Konsequenz die „Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr“ be achtet. Bundeswirtschaftsund -verkehrsministerium sollten mit der gleichen Leidenschaft wie in der Energiepolitik für den Erhalt des Maritimen Knowhows in Deutschland eintreten. Denn auch hier geht es um Arbeitsplätze. Jedoch: Um geeignete europäische Rahmenbedingungen für die Sicherung des maritimen Know-how zu schaffen, müsste die Bundesregierung nicht einmal zu Verhandlungen nach Brüssel fahren. Denn Regelungen zum Schutz des hiesigen Arbeitsmarktes existieren bereits! Daher begrüße ich ausdrücklich, dass Uwe Beckmeyer, der neue Maritime Koordinator der Bundesregie Wir geben den Seeleuten und Hafenarbeitern eine Stimme für mehr soziale Gerechtigkeit und anständige und faire Arbeitsbedingungen! rung, größere Verbindlichkeiten von den Reedern zur S icherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Seeschifffahrt fordert (siehe Interview unten). ver.di hat dazu ein Positionspapier erarbeitet. Es wurde allen politischen Beteiligten auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene zur Verfügung stellt. Wir verdeutlichen darin, welch katastrophale Auswirkungen die anhaltend praktizierte Nicht-Beachtung der EULeitlinien durch die deutschen Reeder auf den deutschen und europäischen maritimen Arbeitsmarkt hat. Ich sage erneut ganz ausdrücklich: Ein Wechsel in andere europäische Flaggen, die keine Besatzungsvorschriften zur Sicherung des europäischen maritimen Know-hows haben, ist keine akzeptable Lösung! Damit werden auch die europäischen Vorgaben nicht im Ansatz erfüllt. Das Maritime Bündnis ist jetzt gefordert, auf Basis der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die das Ruder endlich zugunsten der deutschen Seeschifffahrt herumreißen. Dabei sind aus gewerkschaftlicher Sicht vor allem folgende Punkte anzupacken: Anpassung der Schiffsbesetzungs verordnung mit dem Ziel, eine stärkere Verknüpfung für in Deutschland ausgebildete Seeleute zu erreichen; Verknüpfung von nationalen Subven tionen und Steuererleichterungen mit Maßnahmen zum Erhalt des maritimen Know-hows; Verbesserung des Förderrahmens der Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland; Erneuerung einer Selbstverpflichtung aller deutschen Reeder zur Stärkung des maritimen Beschäftigungsstandorts Deutschland. ver.di wird sich dabei im Rahmen des Maritimen Bündnisses weiter für seine Mitglieder einsetzen und die gewerkschaft liche Verantwortung als einzige Arbeitnehmervertretung für alle Besatzungsmitglieder in Deutschland übernehmen. Dass wir unsere Stärke auch auf „die Straße bringen“ können, haben wir einmal mehr beim Kampf gegen Port Package III gezeigt. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Fachgruppe Häfen und unseren Verbündeten bei der ETF haben wir erneut den Versuch der EU-Kommission pariert, den gut funktionierenden Markt der europäischen Häfen und der nautisch-technischen Dienstleistungen zu liberalisieren und zu deregulieren. Angriffe so machtvoll abzuwehren funktioniert nur, weil wir als Seeleute und Hafenarbeiter zusammenhalten! Darauf bin ich stolz und versichere Euch gleichzeitig, dass ver.di auch in Zukunft eine starke Interessenvertretung auf nationaler und internationaler Ebene bleiben wird. Wir geben den See leuten und Hafenarbeitern eine Stimme für mehr soziale Gerechtigkeit und anständige und faire Arbeitsbedingungen! Dauerhaft erreichen wir unsere Ziele aber nur durch einen Politikwechsel in Europa. Der neoliberale Mainstream muss beendet werden! Dazu können wir als Bürger und Wähler durch unsere Stimm abgabe bei den kommenden Wahlen zum Euro päischen Parlament beitragen. Ich möchte Euch ermutigen, zur Europawahl zu gehen und Euer Kreuz an der richtigen Stelle zu machen: für ein sozialeres und TORBEN SEEBOLD gerechteres Europa. INTERVIEW Die maritime Branche als Innovationsmotor wahrnehmen Fragen an Uwe Beckmeyer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie und neuer M aritimer Koordinator der Bundesregierung Der maritime Bereich umfasst die maritime Industrie, die Schifffahrt, Häfen und sogar die InfrastrukturAnbindung ins Hinterland. Diese Bereiche und ihre Akteure haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich entwickelt. Macht das maritime Koordinierung schwieriger? Uwe Beckmeyer | Wir sollten es als Chance begreifen, dass sich die maritime Branche aus ganz verschiedenen Teilsegmenten zusammensetzt. Denn bei aller Unterschiedlichkeit gibt es einige zentrale Zukunftsfragen, die alle Akteure gleichermaßen betreffen und bei denen eine en gere Kooperation innerhalb der Branche sinnvoll und wichtig ist, etwa beim Umweltschutz, bei den maritimen TechnologiIMPRESSUM Der ver.di-Report Schifffahrt Nr. 1, April 2014 Herausgeber: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Bundesvorstand: V.i.S.d.P.: Frank Bsirske, Christine Behle Koordination: Torben Seebold Redaktionelle Bearbeitung: Ute Christina Bauer, Helma Nehrlich (transit berlin.pro media) www.pressebuero-transit.de Redaktionsanschrift: ver.di-Bundesverwaltung Fachbereich Verkehr Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin Layout, Satzerstellung: VH-7 Medienküche GmbH Kreuznacher Straße 62 , 70372 Stuttgart, www.vh7-m.de Titelfoto Seite 1: istockphoto.com Druck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 65295 Darmstadt www.alpha-print-medien.de Der ver.di-Fachbereich Verkehr ist auch im Internet zu finden: www.verdi.de/verkehr en oder der beruflichen Qualifizierung. So ist das Know-how der Werften bei der Entwicklung innovativer Schiffsantriebe ebenso gefragt wie beim Bau von OffshoreStrukturen für Windparks auf See. Hier müssen wir Synergien schaffen. Daran arbeitet etwa der Ständige Arbeitskreis „Vernetzung der maritimen Wirtschaft mit der Offshore-Windenergie“ unter Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, und natürlich ist dies auch eine wesentliche Aufgabe der Nationalen Maritimen Konferenz, die wir im kommenden Jahr in Bremerhaven ausrichten werden. Eine enge Abstimmung erfordert auch, dass die Bundesministerien den Koordinator bei allen Themen der maritimen Politik aktiv und umfassend informieren. Worauf legen Sie in Ihrer neuen Funktion aktuell besonderes Augenmerk und warum? Uwe Beckmeyer | Eine starke maritime Branche ist für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar. Als Koordinator der Bundesregierung will ich dazu beitragen, die maritime Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Das kann nur gemeinsam mit den Unternehmen gelingen. Die Bundesregierung unterstützt die Branche mit verschiedenen Ins trumenten. Für die Schifffahrt sind dies u. a. die Tonnagesteuer und der Finanz beitrag an die Seeschifffahrt. Mit den Exportkreditgarantien und den sogenannten CIRR-Zinsausgleichsgarantien stellt der Bund wichtige Finanzierungsinstrumente für den Schiffbau zur Verfügung, um international vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Daneben stoßen wir mit den Förderprogrammen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gezielt Innovationen an, um für die Schiffbauund Zulieferindustrie neue Marktchancen im Hochtechnologiesegment zu eröffnen. Dazu gehört auch eine Fortschreibung des Nationalen Masterplans Maritime Technologien im Hinblick auf neue Anforderungen wie den Ausbau der Offshore-Windenergie. Unser Ziel muss es sein, Deutschland zu einem maritimen Hightech-Standort weiterzuentwickeln. UWE BECKMEYER | FOTO: PRESSE- UND INFORMATIONSAMT DER BUNDESREGIERUNG Die ETF und ver.di sehen die Ent wicklungen um EU-Leitlinien für die Schifffahrt und den aktuellen Stand des Maritimen Bündnisses mit Sorge. Teilen Sie diese? Uwe Beckmeyer | Bund, Länder und Sozialpartner haben in den vergangenen Jahren gemeinsam den Schifffahrtsstandort gestärkt und für gute Berufschancen an Bord und an Land Sorge getragen. Die Bundesregierung steht im Rahmen des Maritimen Bündnisses mit ihren Partnern in einem ständigen Dialog. Das Maritime Bündnis ist die geeignete Plattform, sich zu aktuellen Fragen auszutauschen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Es liegt im Übrigen im eigenen Interesse der Reedereien, hier aktiv zu werden. Denn wir werden unsere Position im internationalen Wettbewerb nur dann halten können, wenn wir das maritime Know-how am Standort Deutschland halten. Mit dem historischen Tiefstand an Schiffen unter deutscher Flagge gehen alarmierende Arbeitsmarktzah- len im nautisch-technischen Bereich einher. Sehen Sie diesen Zusammenhang? Oder wären Sie auch dafür, lieber keine Schiffe mehr zu zählen? Uwe Beckmeyer | Der Bund fördert Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt. Das ergibt aber nur Sinn, wenn es auch genügend deutschflaggige Schiffe gibt. Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, an der Tonnagesteuer festzuhalten. Dafür erwarten wir von den Reedereien, dass sie die EU-rechtlich zwingenden Voraussetzungen einhalten. Diesen Zu sammenhang kennen die Unternehmen. Im Übrigen haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Flaggenstaatverwaltung in Deutschland grundlegend zu modernisieren und zu vereinheitlichen, um den Service für die Reedereien zu verbessern und die Attraktivität der deutschen Flagge zu steigern. Dazu laufen derzeit die Gespräche. Was sind aus Ihrer Sicht geeignete kurz- und längerfristige Maßnahmen, das maritime Knowhow zu sichern? Uwe Beckmeyer | Die Handlungsempfehlungen der letzten Nationalen Maritimen Konferenz dazu liegen auf dem Tisch. Die Zeit bis zur nächsten Konferenz 2015 muss jetzt von allen Akteuren genutzt werden, um diese Arbeitsaufträge abzuarbeiten. Die Bundesregierung appelliert an alle Beteiligten, in ihren Anstrengungen, junge Menschen für maritime Berufe zu gewinnen, trotz der derzeitigen wirtschaftlichen Situation nicht nachzulassen. Notwendig ist aber auch ein branchenübergreifender Dialog im Hinblick auf den Personaltransfer aus dem maritimen Bereich für die neue Offshore-Branche. Wie könnte das Maritime Bündnis wieder auf die Höhe der Zeit gehoben werden? Und welche Rolle sollte künftig den Maritimen Konferenzen zukommen? Uwe Beckmeyer | Mit den Nationalen Maritimen Konferenzen haben wir eine gute Plattform geschaffen, um gemeinsam mit allen Akteuren die zentralen Zukunftsfragen der Branche voranzubringen. Ich möchte dazu beitragen, dass die maritime Branche in ihrer Bedeutung für unsere Wirtschaft noch sichtbarer ist und als Innovationsmotor wahrgenommen wird. Dazu gehört selbstverständlich auch die Frage der Nachwuchssicherung. Denn die Unternehmen können ihre Marktchancen nur dann nutzen, wenn sie über gut qualifiziertes Personal verfügen. Insofern ist es im eigenen Interesse der Wirtschaft, Ausbildung und Beschäftigung zu fördern. Nur wer auch in schwierigen Zeiten ausbildet, wird dann in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs – insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – genügend gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung haben. Wir brauchen wieder eine größere Verbindlichkeit. Zu diskutieren ist in diesem Zusammenhang etwa, ob eine öffentliche Förderung in den Bereichen Schiffbau und Offshore-Windenergie stärker als bisher an quantitative und qualitative Ziele geknüpft werden kann. Auch die Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland existiert nun mehr als ein Jahr. Gewünschte Effekte am Arbeitsmarkt blieben bislang aus. Muss man nun nachjustieren? Uwe Beckmeyer | Die Stiftung „Schifffahrtsstandort Deutschland“ hat ihre Fördertätigkeit erst im Sommer 2013 aufgenommen. Ich finde es erfreulich, dass sie bereits in den ersten Monaten mehr als 2.600 Anträge bewilligt hat; dadurch konnte die Einstiegsausbildung im nautischen und technischen Bereich mit rund 13 Millionen Euro unterstützt werden. Ziel der Stiftung ist es, die Reedereien in angemessener Weise an den Kosten der seefahrtbezogenen Ausbildung zu beteiligen. Im Flaggenrechtsgesetz ist vorgesehen, dass die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag über die Erfahrungen mit der Stiftung bis Ende 2016 berichten wird. DIE FRAGEN STELLTE: HELMA NEHRLICH FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 AKTUELLES 3 Schleichende Übernahme In Bremerhaven ringen URAG und Svitzer um die Vormacht bei der Schlepperei Die Unterweser Reederei GmbH (URAG) ist eine alteingesessene Schlepperei mit Sitz in Bremerhaven. Mit 17 Schleppern und rund 210 Beschäftigten ist das Unternehmen eher klein. Wie viele andere hatte es aufgrund der Krise der Schifffahrt in der Vergangenheit mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Im Winter 2012/2013 gab es einen Wechsel in der Geschäftsführung, zwei Geschäftsführer wurden eingestellt, einer davon war zuvor bei der Maersk-Tochter Svitzer beschäftigt. „Wir hatten damals schon ein komisches Gefühl und fragten uns, was ein Mann von der mit rund 500 Schiffen wohl größten Schlepperei der Welt bei unserer kleinen URAG will“, berichtet Nina Lepper, zuständige Gewerkschafts sekretärin für Schifffahrt in Bremen. Solcherlei Bedenken habe man bei der URAG jedoch weggewischt. Stattdessen habe die URAG-Geschäftsführung über wirtschaft liche Probleme geklagt, weil wichtige Kun- den hart verhandelten und die Preise drückten. Als es im Herbst 2013 hieß, Svitzer habe zwei Schlepperliegeplätze in Bremerhaven angefragt, schien die wirtschaftliche Lage aufgrund der drohenden Konkurrenz noch stärker gefährdet. ver.di trat daraufhin mit der URAG-Geschäftsleitung in Gespräche ein: Vor dem Hintergrund der angeblichen wirtschaftlichen Notlage des Unternehmens wäre ver.di bereit gewesen, über einen zeitlich befristeten Notlagentarif bei Beschäftigungsgarantie zu sprechen – unter der Voraussetzung, dass die Zahlen offengelegt und externe Wirtschaftsprüfer hinzugezogen würden. Die Geschäftsleitung mauerte jedoch: Als es um die Darlegung der Zahlen und die offizielle Anforderung zum Notlagentarif ging, rückte sie nichts rüber. Um den Jahreswechsel ging die Nachricht um, dass Svitzer definitiv nach Bremerhaven kommt und mit der URAG ein Joint Venture gründen möchte, die „URAG Svitzer Towing“. Dafür sollten URAG und Svitzer je zwei Schlepper zur Verfügung stellen. Die Gründung zog sich etwas hin, aber seit Ende Februar ist URAG Svitzer Towing tatsächlich mit kartellrechtlicher Genehmigung ins Handelsregister eingetragen. Aber: Svitzer ist selbst seit 1. Januar mit zwei Schleppern in Bremerhaven am Start. Einige Aufträge von der Reederei Maersk, die lieber die eigene Tochter beauftragen wollte, hat URAG bereits an Svitzer verloren. Wie beschrieben sollten diese Aufträge eigentlich von der URAG Svitzer Towing gefahren werden. In dieser Form kam der Deal jedoch nie zum Tragen, das Joint Venture wird nicht genutzt. Stattdessen hat die URAG einige Schlepper mitsamt Belegschaft an Svitzer verchartert. Nun fährt also Svitzer die Aufträge. Was URAG davon hat und welche Unternehmenspolitik dahinter steckt, ist für ver.di rätselhaft. Ähnliches gilt für das Gebaren bezüglich der URAGTochter „URAG International“. Bei der waren lange nur Versorger registriert, inzwischen hat die URAG auch Schlepper an ihre Tochter übertragen. Die Schiffe wurden nach Zypern ausgeflaggt, der Belegschaft FOTOS (2): DIETER KALINA/PIXELIO FOTO: JAN VON BRÖCKEL/PIXELIO wurden andere Arbeitsverträge vorgelegt: Vom Haustarif ist darin keine Rede mehr, bezahlt werden soll analog zum HTV See; auf den Mantel-TV wird nur in Einzelver trägen verwiesen. „Das riecht nach geplanter Tarifflucht“, argwöhnt Lepper. Die Geschäftsführung weist das von sich. Im Moment schwebt der Prozess, wie es weitergeht, ist kaum absehbar. Einige Einigungsstellen-Verfahren des URAG-Betriebsrats gegen den Arbeitgeber laufen derzeit. Darin geht es um die Frage, ob es sich bei dem Vorgang um eine Betriebs änderung handelt oder nicht. Der Arbeit geber sagt „nein“, ver.di sagt „ja“. ver.di berät die Kollegen bei URAG, zum Glück sind 170 Beschäftigte der URAG o rganisiert. „Wir fordern sie auf, keine neuen Verträge zu unterschreiben“, sagt Lepper. Auf jeden Fall müsse der Ausgang des vom Betriebsrat eingeleiteten Verfahrens abgewartet werden. ver.di akzeptiere weder Tarifabsenkungen noch Tarifflucht, erhalte aber auch kaum Informationen von der URAG. Mit der URAG habe ver.di einen Heuervertrag, der mit einmonatiger Frist gekündigt werden kann. „Wir würden das tun, wenn wir davon ausgingen, dass mit einem Arbeitskampf etwas erreicht werden kann.“ Im Moment sei das fraglich, die momentane Situation unbefriedigend für ver.di und die Beschäftigten. „Wir befürchten, dass Svitzer den Hafen aufrollen und als Maersk-Tochter eine Monopolstellung gewinnen will“, so die Gewerkschaftssekretärin. Alteingesessene Reedereien würden dabei den Kürzeren ziehen. Auch kartellrechtlich sei es problematisch, wenn durch einen Verdrängungsprozess eine starke Vormacht entstünde. „Das ist wie eine schleichende feindliche Übernahme durch eine Großmacht.“ UCB „Zu Gast“ auf der MV Pontovremon Probedurchlauf einer Arbeitskampfmaßnahme Das unter zypriotischer Flagge fahrende Schiff MV Pontovremon kam von Dschidda nach Rostock, um Getreide für Abu Dhabi zu verladen. Nachdem es fünf Tage vor Anker gelegen hatte, wurde es am Liegeplatz 17 in Rostock festgemacht. Leider sind die an diesem Terminal vom Unternehmen „Rostock Getreide Service” (GSR) beschäftigten Mitarbeiter keine ver.di- Mit glieder, doch einige von ihnen gehören der Gewerkschaft „IG BAU” an. Einige Tage zuvor hatte der ITF-Inspektor Hamani Amadou zusammen mit einem ver.di-Mitglied ein Treffen mit den Dockarbeitern abgehalten. Sie konnten sie davon überzeugen, ver.di beizutreten. Für das Schiff „Pontovremon” gelten folgende Angaben: Schiffsname: Pontovremon Schiffsflagge: Zypern Land der Reeder: Griechenland Besatzung: griechische Offiziere und philippinische Matrosen kein durch die ITF gebilligtes Abkommen Zugang wurde den Inspektoren in verschiedenen Häfen wie beispiels weise Santos (Brasilien) und Rotterdam (Niederlanden) verweigert. Bevor Amadou an Bord des Schiffes ging, wandte er sich an die Seemannsmission in Rostock: Er nahm an, dass die dortigen Mitarbeiter sicherlich eher in der Lage wären, mit den Besatzungsmitgliedern in Kontakt zu treten und etwas über die L ohnund Arbeitsbedingungen zu erfahren – zumal er wusste, dass in den Häfen, die das Schiff zuvor angesteuert hatte, der Zugang zum Schiff verweigert worden war. Tatsächlich gelang es den Missionsmitarbeitern, ein Treffen mit der Besatzung im Seemannsklub zu vereinbaren. Ein Vollmatrose gab einige wichtige Informationen preis. So berichtete er, dass sich seine konsolidierten Pauschalheuern auf 900 Dollar beliefen. Auf der Suche nach einer Strategie wurde auch die Hafengesundheitsinspektion eingeschaltet: Sie solle sich an Bord begeben, um eine gründliche Inspektion durchzuführen. Der ITF-Inspektor trat außerdem mit dem Hafenmeister und mit dem Ter minalleiter in Kontakt, um sie über die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord des Schiffes zu informieren. Unterstützt von den Hafenbehörden suchte der Inspektor die Dockarbeiter auf, gemeinsam gingen alle an Bord des Schiffes. Wie erwartet, verweigerte der Kapitän, nachdem er vom philippinischen GangwayWächter über den Besuch informiert worden war, der Gruppe den Zutritt an Bord des Schiffs. Er überreichte uns einen Brief, den alle Besatzungsmitglieder unterschrieben hatten. Daraus ging hervor, dass alle an Bord mit den Arbeitbedingungen sehr zufrieden wären und es keinerlei Beschwerden oder Ähnliches gäbe und folglich auch keinerlei Grund für eine Einmischung seitens der ITF. MV PONTOVREMON | FOTO: A. SPÖRRI | VESSELTRACKER.COM Wir forderten den Chefoffizier auf, eine Kommunikation zwischen dem Inspektor und dem Kapitän herzustellen. Falls er sich nicht bereit erklären würde, den Inspektor an Bord zu lassen und mit der ITF zu sprechen, würden die Hafenarbeiter, die dem Inspektor gefolgt waren, die Umschlags arbeiten einstellen. Nachdem sich auch der Kranführer uns angeschlossen hatte, lud uns der Kapitän ein, an Bord zu kommen. Wir erklärten ihm, dass die Reeder ein Risiko auf sich genommen hätten, indem sie ohne ordnungsgemäßes gewerkschaftliches Abkommen in den Hafen von Rostock eingelaufen waren. Nach Ablauf einer dreistündigen Frist brachen wir die Maßnahme ab. Wir informierten den Hafenmeister und ließen das Unternehmen wissen, dass sie sich nicht noch einmal in Rostock blicken lassen sollten, ohne ein von der ITF gebilligtes Abkommen mit einer der ITF-Gewerkschaft unterzeichnet zu haben. Damit würden sie einer erneuten Arbeitsniederlegung, die für sie sicherlich eine finanzielle Belastung wäre, vorbeugen, denn das versuchten wir stets zu v erhindern. Uns war ein sehr erfolgreicher Streikprobedurchlauf geglückt, den wir damit im Hafen von Rostock erstmalig unRUUD TOUWEN ternommen hatten. 4 SOZIALES FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 Wenn die Sonne lacht... Projekt der Berufsgenossenschaft lieferte Messdaten zur UV-Belastung von Seeleuten Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) hat seit einigen Jahren eine deutliche Zunahme der Meldungen von Hautkrebserkrankungen bei Seeleuten festgestellt. Überwiegend sind davon Seeleute betroffen, die im Decksbetrieb tätig sind. Die Erkenntnis führte zu einem Projekt, in dem genauer ermittelt werden sollte, in welchem Umfang Seeleute der UV-Strah- FOTO: MATHIAS THURM lung ausgesetzt sind. Auf vier Messreisen auf Schiffen deutscher Reedereien wurden zu unterschiedlichen Jahreszeiten, in unterschiedlichen Fahrtgebieten und bei verschiedenen Wetterlagen Messungen direkt an den Seeleuten während der Arbeit durchgeführt. Das vorläufige Ergebnis des Projektes wurde vor Kurzem den ver.di-Vertretern des Präventionsfachausschusses in der BG Verkehr vorgestellt. Zusammenfassend lässt sich in aller Kürze Folgendes feststellen: Inwieweit die Seeleute der UV-Strahlung ausgesetzt sind, hängt vom Zenitwinkel der Sonne ab. Mit abnehmender geografischer Breite steigt die Bestrahlung. Außerdem wurden Erkenntnisse gewonnen, dass neben der direkten Sonneneinstrahlung auch die diffuse Strahlung des Himmels und die Reflexion der Oberflächen bedeutsam sind. Durch die personengebundenen Messungen wurde festgestellt, dass Kopf und Schultern der Strahlung besonders ausgesetzt sind. A continuing problem in the sector Training tackling bullying and harassment in shipping available online On 29 January 2014, the European social partners in the maritime sector (ETF and ECSA) presented a training package that aims to eliminate workplace harassment and bullying in the shipping sector. The package addresses the maritime community at large to identify and effectively fight against these practices, which continue to be an issue in the sector. A tool consistent with the Commission’s priorities The training package was presented in a conference, organised in Brussels in the context of an EU-funded project jointly carried out by ETF and ECSA. At the conference, attended by representatives from the International Labour Organisation (ILO), national training institutes, workers’ and employers’ organisations including ver.di, officials from the European Commission congratulated in their opening speeches the project partners with the outcomes: “This project is fully in line with the Commission’s priorities for the maritime sector, it is likely to improve its attractiveness and make a difference when it comes to pro- mote high standards of working and living conditions” To identify and deal with incidents Bullying and harassment remain a problem in the sector; it goes often unreported and takes a variety of forms, as for example the growing phenomenon of cyber-bullying. The training toolkit, containing guidelines, a training video and a workbook, will help seafarers and shipping companies to identify and deal with incidents. In order to ensure the widest possible dissemination, the guidelines will be made available in 23 languages, and the video will be subtitled in 11 languages. To this end, the experts taking part in the panel discussion also committed themselves to promote and disseminate at their levels and within their networks the tools developed in the context of this project. Philippe Alfonso, ETF Political Secretary concluded: “The positive feedback on the training package received in the course of the development process and today at the conference shows these tools fill an important need in the sector. Key for its success will be the commitment from a wide range of players in the maritime community, in particular the companies who will be asked to develop a dedicated policy on the matter, and also the maritime academies whose duty of care would consist in including the training toolkit in their learning programme. This is the start of a process that needs to be followed-up at national level to accomplish its purpose.“ Download: http://www.itfglobal.org/etf/ BullyingAndHarassment.cfm FOTO: ISTOCKPHOTO.COM Aktuelles von Berufsgenossenschaft Verkehr, Knappschaft-Bahn-See und Seemannskasse Berufsgenossenschaft Verkehr – Unfallversicherung In der Sitzung des Präventionsfachausschusses der Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr Ende Januar 2014 wurden Themen wie Erarbeitung einer Unfallstatistik und eines Leitfadens Gefährdungsbeurteilung sowie von Materialien, Genehmigung und Herausgabe einer UVV See erörtert. Für Unfallschutz und Prävention sind das wichtige Themen für die Beschäftigten an Bord. Aber die BG Verkehr kommt aufgrund zu geringer Personalressourcen damit selbst nicht schnell genug voran und zum anderen ist die Politik da nicht entscheidungsfreudig. Man will nur noch UVV für besondere Berufsgruppen zulassen. Die Mitglieder des Präventionsfachausschusses sehen dies für die Seeschifffahrt als gegeben an. Beim Unfallversicherungsbeitrag (zahlt nur der Arbeitgeber) ist zu erwarten, dass dieser im nächs- ten Jahr weiter angehoben werden muss. Die Beitragseinnahmen sinken, da die Anzahl der Schiffe unter deutscher Flagge weiter gesunken ist. finanziert werden müssen. Über die konkrete Ausgestaltung dieser Renten berichten wir, wenn es Beschlüsse dazu gibt. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Knappschaft – Die neue See-Krankenversicherung In der Sitzung des Finanzausschusses im Februar 2014 wurde informiert, dass die derzeitige Kassenlage als gut anzusehen ist. Kritisch wurde aber angemerkt, dass es durch neue Leistungen zu nicht unerheblichen Belastungen der Rentenkasse kommen wird. Die Koalition hat ein neues Rentenpaket beschlossen, das vier Eckpunkte enthält: die Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte (45 Versicherungsjahre), die Mütterrente, Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und die Erhöhung des Reha-Budgets. So begrüßenswert diese Beschlüsse sind, hätten sie doch aus Steuermitteln Die gesetzliche Festsetzung des Beitrages auf 14,6 Prozent (7,3 Prozent Arbeitgeber und 7,3 Prozent Arbeitnehmer) ab 2015 begünstigt die Arbeitgeber. Denn alle Steigerungen belasten künftig nur noch die Arbeitnehmer. Der derzeitige Haushalt für 2014 beinhaltet einen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent für Arbeitnehmer. Es wird selbst den finanzstarken Kassen kaum möglich sein, ohne Zusatzbeitrag in 2015 auszukommen. Die Frage ist nur, wann es genau passiert. Auf jeden Fall sind Auswirkungen auf die Mitgliedschaft und der Wechsel in andere Krankenkassen vorprogrammiert. Seemannskasse Die Finanzlage in der Seemannskasse ist nach wie vor gut. Der Haushalt liegt über dem in der Satzung festgelegten Rahmen. Gibt es aber keine Umkehr der derzeitigen Entwicklung in der Seeschifffahrt, wird sich das schnell ändern. Durch Personalabbau in den Reedereien geht die Zahl der Einzahler zurück, während die der Leistungsempfänger steigt. Das erfolgt lediglich etwas zeitversetzt, da nach Satzung ja zunächst Leistungen der Arbeitsagentur in Anspruch genommen werden müssen. Die Zahl der Seeleute, die Leistungen aus der Kasse erhalten haben, sinkt seit etlichen Jahren kontinuierlich. Während 2009 noch 1731 Leistungsempfänger gezählt wurden, waren es 2013 noch 1298. Über die Situation wird sich der Beirat der Seemannskasse verständigen und mit den Verantwortlichen in der Politik debattieren. FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 I N T E R N AT I O N A L E S 5 Im Fokus: Offshore-Schiffe Offshore-Schulung in Berlin als deutsch- niederländisches Gemeinschaftsprojekt Lange führte das Thema ein Schattendasein: Erst während eines Treffens im November 2013 in Rotterdam mit Norrie McVicar, dem Vorsitzenden der Offshore Task Force, erfuhr der Offshore-Bereich die Aufmerksamkeit, die ihm gebührt. Ruud Touwen, gemeinsamer Koordinator für die Niederlande und Deutschland, regte an, für Inspektoren beider Länder eine gemeinsame Schulung durchzuführen, schließlich konzentriere sich ja im Bereich Offshore für beide Länder das Geschäft zunehmend auf Windparks in der Nordseeregion. Viele Unternehmen bauen neue Schiffe für diesen Markt, damit sie bei diesem Business auch ein Stück vom Kuchen abbekommen. Gesagt, getan: Im März 2014 fand die erste Offshore-Schulung für ITF-Inspek toren in Berlin statt. Im Laufe des Treffens stellte sich heraus, dass weder alle Inspektoren noch die Gewerkschaftsvertreter eine klare Vorstellung davon hatten, was Offshore eigentlich ist und welche Schiffe überhaupt die Voraussetzungen dafür er- füllen, als Offshore-Schiffe bezeichnet zu werden. So wird bei den üblichen Lehr veranstaltungen, die im Rahmen der Amtseinführungen für ITF-Inspektoren laufen, der Bereich Offshore zwar kurz angesprochen. Weil in den meisten Häfen der Welt Offshore-Schiffe aber gar nicht erst einlaufen, haben die Inspektoren sie kaum auf dem Radarschirm. In den Häfen von Bremerhaven und Eemshaven (Niederlande) gehen jedoch viele Schiffe dieser Art bei schlechten Wetterbedingungen vor Anker. Einige der Schiffe verlassen die offene See, wenn die Wellen mehr als zwei Meter hoch sind. Deshalb haben es die Inspektoren an solchen Tagen verhältnismäßig leicht, Zugang zu Offshore-Schiffen zu bekommen. Oft befinden sich an Bord dieser Schiffe sehr viele Mitarbeiter. Ein Teil der Besatzung an Bord gehört zum Schiffspersonal, andere sind hingegen Vertragsarbeiter, die entweder Forschung betreiben oder dem Wartungspersonal angehören. Während der Sitzung in Berlin tauchten zahlreiche Begriffe und Abkürzungen auf, die für viele Teilnehmer vollkommen neu waren. Der Markt verändert sich und damit auch seine Terminologie. Die Teilnehmer gingen das ITF-Offshore-Standard-Ab kommen durch und diskutierten die verschiedenen Punkte der Vereinbarung. Vor allem über die unterschiedlichen Höhen der Heuern wurde debattiert sowie über die aufs Gesamtjahr verteilten Urlaubsansprüche. Der Offshore-Markt unterscheidet sich grundsätzlich vom normalen Frachtschiffmarkt. Im Offshore-Bereich haben alle eine Zwölfstundenschicht, was sich natürlich auch in den Heuern widerspiegeln muss. Am Ende des Seminars wurde der Vor sitzende der Offshore Task Force auf die Vorteile einer Gruppe von eigens designierten ITF-Inspektoren hingewiesen. Diese sollten vernünftig geschult werden, um Inspektionen auch an Bord der mobilen Offshore-Anlagen durchführen zu können – so wie es inzwischen auch für die Kreuzfahrtschiffinspektoren gilt, für die Anfang März während der letzten KreuzfahrtschiffTask-Force-Sitzung in Rotterdam eine solche Gruppe gegründet worden ist. Insgesamt wurde die Schulung sehr gut aufgenommen, die Inspektoren freuen sich schon auf das vertiefende Seminar für die designierten Inspektoren. RUUD TOUWEN FOTO: MATHIAS THURM Baltic Committee 2014 in Berlin Tokio: Zweite Verhandlungsrunde für IBF-Rahmen abkommen Heuerstrukturen zu operieren, zu Leibe zu rücken. „Die Etablierung von Sozialdumping in der Ostsee wird es mit uns nicht geben“, so Torben Seebold, der ver.di- Bundesfachgruppenleiter Schifffahrt. „Jeder der meint, uns dabei aus dem Weg gehen zu können, liegt falsch und muss mit entschiedener Gegenwehr aller verbündeten Gewerkschaften rechnen“, so der Gewerkschafter weiter. Ein weiterer Schwerpunkt des Baltic Committees 2014 wird darüber hinaus in der Organisation der diesjährigen ITF Baltic Week of Action liegen. Die Aktionswoche, die in der ersten Septemberwoche in der ganzen Ostsee stattfindet, wird einmal mehr zum Ziel haben, kein Schiff ohne gültiges ITF-Agreement aus dem Hafen zu lassen. „Dass wir das können, beweisen wir seit vielen Jahren“, so Ruud Touwen, ITF-Koordinator für Deutschland. Er fügt hinzu „Wir werden dieses Jahr noch eine Schippe drauf legen, um unsere Ziele im UCB Sinne der Seeleute zu erreichen!“ FOTO:CHRISTIAN VON POLENTZ Vom 29. bis 30. April 2014 findet das jährliche Treffen der ETF-Gewerkschaften aus dem Ostseeraum in Berlin statt. Dabei werden rund 50 Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter über gemeinsame Strategien zur Verbesserung der Arbeits- und damit auch Lebensbedingungen für Tausende von Seeleuten beraten. Ziel dabei ist es vor allem aber auch, den immer stärker forcierten Versuchen vieler Reedereien und der dahinterstehenden Bank- und Emmissionshäuser, im Ostseeraum mit miserablen FOTO: IBF Vom 19. bis 20. Februar 2014 trafen sich ITF-Vertreter in Tokio und setzten die Diskussion fort, die im Oktober 2013 anlässlich des 10. Jahrestags des Internationalen Bargaining Forums (IBF) in Sankt Petersburg geführt wurde. Das IBF ist das offizielle Verhandlungsgremium für die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Beim Treffen anwesend war der ver.di-Vertreter Torben Seebold, die Arbeitgeberseite wurde durch die gemeinsame Verhandlungsgruppe JNG (Joint Negotiating Group) repräsentiert. Ziel der Zusammenkunft war es, sich auf ein neues TCC-Rahmenabkommen (Total Crew Cost) zu einigen. Beide Seiten nahmen Stellung zu den gegenseitigen Forderungen, doch gerade zum wichtigen Thema Lohnerhöhungen gab es kaum Fortschritte – und das, obwohl sich sowohl nach Einschätzung der ITF als auch der JNG der Schifffahrtsmarkt derzeit gut entwickelt. Die Unterredungen wurden mit der festen Zusage beendet, sich im April erneut in London für weitere Gespräche zusammenzusetzen. Dave Heindel, Vorsitzender der Seeleute abteilung der ITF, zur Sitzung in Tokio: „Wir haben einige Fortschritte erzie- len können, es zeichnet sich ab, dass es einen gemeinsamen gangbaren Weg gibt. Die am stärksten kontroversen Punkte betreffen die Möglichkeiten der Industrie, unseren Mitgliedern, die die volle Wucht der Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf den Welthandel abbekommen haben, eine Lohnerhöhung zu zahlen. In diesem Punkt gehen unsere Meinungen auseinander, doch die vergangenen beiden Tage waren für uns nützlich, um die dahinterstehenden Gründe zu klären.” Der Vorsitzende der JNG, Tsutomu Iizuka, äußerte sich folgendermaßen: „Die JNG hat den Verhandlungsprozess für 2014 angestoßen und einen offenen Dialog mit der ITF begonnen. Sicherlich besteht Verständnis dafür, dass die Reeder in den vergangenen Jahren viele finanzielle Einbußen erlitten haben, doch beide Seiten werden sich aktiv darum bemühen, innerhalb der kommenden Monate einen gemeinsamen Ansatz zu finden.“ In der Zwischenzeit kam das IBF vom 14. bis 16. April 2014 in London zusammen [nach Redaktionsschluss, Anmerkung der Redaktion]. Die Abschlussverhandlungsrunde ist für den RED 3. bis 5. Juni auf Bali geplant. Aufgehoben oder nur aufgeschoben? Die Hafenverordnung Port Package III ist zunächst vom Tisch Deutsche und europäische Docker mussten in den letzten Jahren immer wieder die gleiche Erfahrung machen: Aus Brüssel kommt für sie nichts Gutes. Mit den sogenannten „Port Packages“ wollte die EUKommission Hafendienste liberalisieren. Qualifizierung, Lohn und Arbeitsbedingungen in den Häfen standen auf dem Spiel. Demonstrationen und energische Proteste seitens der Gewerkschaften waren nötig. Dreimal konnten – auch mithilfe der Par lamentarier – Angriffe auf die sozialen Rechte der Beschäftigten verhindert werden, Port Package I und Port Package II wurden verhindert. Auch das aktuelle Port Package III konnte zum Glück bislang abgewehrt werden. EU-Parlamentarier im Verkehrsausschuss stoppten das Paket aufgrund massiven Widerstands der europäischen Docker sowie ihrer Gewerkschaften. In dieser Legislaturperiode werden die Häfen nicht mehr behandelt. Leider ist aber nicht davon ausgehen, dass mit der Vertagung das Thema erledigt ist. Die Gewerkschaften wissen nicht, ob es die Europäische Kommission erneut auf die Agenda setzen wird. Noch immer steht bei der Kommission die „Portiusstudie“ auf dem Zettel. Sie enthält neue Zumutungen wie Eingriffe ins Streikrecht oder den Plan, Tarifverträge auf ihre „Marktkonformität“ zu prüfen. Und wie bei den Konzessionen kann das Thema plötzlich als übergreifende Regelung über alle Wirtschaftsbereiche wieder auf den Tisch kommen. Die neu zu wählenden EU-Abgeordneten bestimmen entscheidend mit, wie sich die Branche weiterentwickeln wird. ver.di geht es um ein soziales Europa, das die Beschäftigten mitgestalten können. In den Häfen braucht es dafür gute Ausbildung, besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz und mehr Beschäftigung von Frauen. Im Sozialen Dialog setzt sich ver.di dafür ein. Es ist also keineswegs egal, wer künftig im Parlament in Straßburg sitzt. ver.di ruft daher alle Mitglieder auf, die Kandidaten auf ihre Meinung zur Hafenverordnung anzusprechen, das Europäische Parlament zu stärken und am 25. Mai wählen zu gehen! NEH/UCB 6 BINNENSCHIFFFAHRT FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 Ein Jahr voller Erfahrungen! ITF/ETF besucht Flusskreuzfahrtschiffe FOTOS (3): UTE BAUER Better jobs for all Im vergangenen Jahr nahm ich als erster ITF/ETF-Inspektor, der sich ausschließlich um die Belange der Beschäftigten auf Flusskreuzfahrtschiffen kümmern soll, meine Arbeit auf. Dabei unterstützten mich meine Kolleginnen und Kollegen der jeweils nationalen Gewerkschaften in allen europäischen Ländern, auf deren Flüssen Kreuzfahrtschiffe unterwegs sind. 2013 konnten 163 Flusskreuzfahrtschiffe von ca. 16 unterschiedlichen Unternehmen besucht werden, um mit den Besatzungsmitgliedern Kontakt aufzunehmen. Schwerpunkte waren dabei die Häfen von Ams terdam, Nijmegen und Arnhem in den Niederlanden; Köln, Düsseldorf, Koblenz, Rüdesheim und Passau in Deutschland; Wien in Österreich und Budapest in Ungarn. Die Gespräche, die wir mit den nautischen Beschäftigten und denen im HotelRestaurant- und Catering-Bereich (HoReCa) führten, machten deutlich, wie wichtig es ist, dass die Besatzungsmitglieder einen gewerkschaftlichen Ansprechpartner haben, dem sie ihre Nöte und Sorgen mitteilen können. Viele von ihnen waren angenehm überrascht, dass es nun jemanden von Seite der Gewerkschaften gibt, der sich um ihre Interessen kümmert – der steigende Luxus an Bord dieser Schiffe geht mehr und mehr auf ihre Knochen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum uns der freie unangemeldete Zugang zu „Scylla-Schiffen“ und zu Schiffen auf denen „Sea Chefs“ für die Bemannung zuständig sind, verweigert wird. Auf allen anderen Schiffen sind wir willkommen, dort wird uns gesagt, dass es nichts zu verbergen gibt. Unter dem Motto „Better jobs for all“ machen sich ITF und ETF für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Flusskreuzfahrtschifffahrt stark. Gespräche mit den Besatzungen sowohl aus dem nautischen als auch dem Hotel-Restaurant- und Cateringbereich riefen 2013 Überraschung und Freude hervor: darüber, dass es jetzt einen unmittelbaren gewerk- mosphäre mit ihm sprechen können. Bis Mitte Oktober wird das ITF/ETFWohnmobil in 15 verschiedenen Häfen in acht europäischen Ländern und einem festen Fahrplan vor Ort sein. Kontakt und Infos darüber, wo und wann der ITF/ETF-Inspektor mit seinem Camper an den europäischen Landestellen der Flusskreuzfahrtschiffe zu finden ist: Werner Kiepe Mobil: +49 (0) 171-7849761, E-Mail: [email protected], RED [email protected]. FOTO: KARL-HEINZ LANGE/PIXELIO Das Jahr 2013 zeigte, dass es aufgrund der sehr unterschiedlichen Löhne für die jeweils gleiche Arbeit, aber auch wegen der zum Teil sehr harten Arbeitsbedingungen mit überlangen Arbeitszeiten, immens wichtig ist, in dieser Branche zu einheitlichen Sozial-, Arbeits- und Lebensbedingungen zu kommen. So berichteten asiatische Besatzungsmitglieder aus dem HoReCa-Bereich, dass sie für monatlich 350 Euro arbeiten. Die Begründung: Sie müssten ja noch für Kost und Logis zahlen – für eine Kabine, die sie sich zum Teil mit noch zwei weiteren Kollegen teilen! Hinzu kommt ein Trinkgeld, welches sehr unterschiedlich ausfällt und sich daran ausrichtet, wie das Schiff aus gelastet ist und aus welchen Ländern die Passagiere kommen. Osteuropäische Besatzungsmitglieder er halten einen Monatsnettolohn zwischen 600 und 800 Euro. Westeuropäische Besatzungsmitglieder, die in der Regel die höheren Dienstgrade inne haben, beziehen für vergleichbare Tätigkeiten immerhin schon bis zu 1200 Euro. Aber alle müssen in der Regel dafür täglich ca. 14 Stunden und mehr arbeiten. Im nautischen Bereich fängt die Lohnspanne bei ca. 800 Euro für einen Decksmann an und reicht bis zu 4500 Euro für einen Kapitän. Noch vor zwei Jahren hatten die Besatzungsmitglieder in erster Linie schweizerische oder niederländische Arbeitsverträge. Insbesondere im HoReCa-Bereich hat sich das aber sehr geändert. Es ist absehbar, dass dort bald nur noch zyprische oder maltesische Arbeitsverträge angeboten werden. Im nautischen Bereich ist dieser Trend noch nicht so stark ausgeprägt, was aber wohl nur daran liegt, dass dort gut geschulte Leute dringend gesucht werden. Eine Garantie für höhere Löhne ist das dennoch My first week with the camper nicht, wie die Beispiele eines ukrainischen und eines serbischen Kapitäns zeigen: Ihr Nettolohn beträgt gerade einmal 1200 Euro! Die Beschäftigten laufen Gefahr, gegeneinander ausgespielt zu werden. So mag man in der Ukraine oder in Serbien mit umgerechnet 1200 Euro eine Familie gut ernähren können, in den meisten europäischen Ländern ist das mit Sicherheit nicht der Fall. Es ist schon sehr verwunderlich, dass an Bord eines Schiffes überhaupt unterschiedliche Sozial- und Arbeitsbedingungen herrschen, da gemäß des Artikels 16 der EU-Verordnung 883/2004 Rheinschiffer (und dazu zählen sowohl die nautischen als auch die HoReCa-Beschäftigten) den Rechtsvorschriften nur eines Staates unterstehen dürfen. Somit dürfte es solche Bedingungen eigentlich gar nicht geben. Aus unserer Sicht ist es sehr kurzsichtig g edacht, wenn sich RC-Unternehmen darüber Wettbewerbsvorteile sichern wollen. In Frankreich gibt es solche unterschiedlichen Bedingungen nicht, der Staat schaut dort sehr genau hin. Die französischen Unternehmen verdienen trotzdem gutes Geld. Für dieses und das nächste Jahr planen die Flusskreuzschifffahrtsunternehmen, mehr als 20 neue Schiffe in Fahrt zu bringen. Auf den europäischen Flüssen werden dann mehr als 220 Schiffe mit ca. 10.000 Beschäftigten fahren. Ob alle diese Schiffe noch wirtschaftlich betrieben werden können, wenn die Reeder ihre Absichten tatsächlich umsetzen, ist mehr als fraglich. Das Jahr 2013 hat gezeigt, wie richtig und wichtig es war, dass sich ITF und ETF mehr um die Beschäftigten auf Flusskreuzfahrtschiffen kümmern. Daher wurde beschlossen, das Projekt unter dem Motto „Better jobs for all“ zu verlängern. Mit einem eigens angeschafften Wohnmobil erweitert der ITF/ETF-Inspektor seinen Betreuungsbereich um einige europäische Länder, um noch näher an den Beschäftigten zu sein. Der Einsatz des Wohnmobils ist aus unserer Sicht auch deswegen wichtig, weil es den Beschäftigten so leichter möglich wird, sich unbeobachtet und vertrauensvoll an den ITF/ETF-Vertreter wenden zu können. Wir laden alle Beschäftigten der Flusskreuzschifffahrtsbranche herzlich ein, unser Angebot zu nutzen. WERNER KIEPE Tarifabschluss einstimmig angenommen Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen in der deutschen Binnenschifffahrt Dear colleagues, Let me tell you something about my experiences in my first week with the camper. When I started in the morning of 24 March, I was a little bit excited. Once I became accustomed to the special camper life and had overcome a few minor problems, I visited the following rc vessels: Viking Jarl, A-Rosa Viva, A-Rosa Aqua, Avalon Impression, Scenic Pearl, A-Rosa Brava, Viking Bragi and Amacello. Interesting information: One Croatian AB of the Viking Jarl worked on a scylla vessel for six years and will never go back, because he was only given two meals a day and had problems getting his days off. On A-Rosa Viva and A-Rosa Aqua (I think on the other A-Rosa vessels too) all crew members have Swiss contracts. Avalon Impression made her maiden voyage and everybody was a little bit nervous. On board the Scenic Pearl, I had a very long conversation with the Hungarian captain who was interested in our work. All crew members had Cyprian contracts. On board the Viking Bragi, I had a conversation with First Officer, Peter Titz, who knew me from last year. schaftlichen Ansprechpartner gibt, der die Besatzungen auch direkt vor Ort kontaktiert. Andererseits stellte der ITF-Inspektor Werner Kiepe aber auch fest, dass offene und vertrauensvolle Gespräche nur dann zustande kamen, wenn sich die Besatzungen unbeobachtet von den Hotelmanagern und/ oder Kapitänen fühlten. Daraus hat die ITF die Konsequenz gezogen, ein Wohnmobil anzuschaffen. Damit sucht „ihr“ Inspektor die Besatzungen auf, damit sie in ungestörter At- FOTO: VER.DI He will join Nautilus CH but didn´t have the time to sign the application immediately. I will keep an eye on it and visit him next time. As you know, we do not have access to Ama Waterways vessels, so I stood there for three hours with the camper and distributed our leaflets and my business card. I think Ama Waterways now know that we have a camper, because there were two Ama Waterways service cars on the shore and they were watching me. On board all the vessels, I distributed our leaflets, rc news 2013 and gave my business card to the crew member I was able to talk to. This week I had a call for help from a German 2nd helmswoman. She is working on the Amadeus Classic (Lüftner Cruises) and is experiencing a lot of problems with her holidays and paid leave. She intends to leave this company and has an appointment with my ver.di colleague in Koblenz, because she lives near there. I will be keeping in touch with her once she has signed the membership application. That´s all from my first week with the cam per. I will be in touch again. WERNER KIEPE Vor dem Hintergrund, dass Frachtraten und Transportvolumina stagnieren, fanden die diesjährigen Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen statt. ver.di-Verhand lungsführer Werner Kiepe machte gleich zu Beginn der Verhandlungen deutlich, dass es bei dem diesjährigen Tarifabschluss auf alle Fälle einen Nettoreallohnzuwachs geben muss. Nach sehr konstruktiven Verhandlungen haben sich der Arbeitgeberverband BdB und die ver.di-Tarifkommission auf folgendes Ergebnis geeinigt: 1. Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 24 Monate (1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2015). 2. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 30. Juni 2014 wird eine Einmalzahlung in Höhe von 350 Euro gewährt, die mit dem Aprilgehalt ausgezahlt wird. 3. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis zum 30. Juni 2015 werden die Löhne und Gehälter linear um 2,3 Prozent erhöht. 4. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 erhöhen sich die Löhne und Gehälter linear um 1,1 Prozent. 5. Für die Auszubildenden beträgt die Einmalzahlung 175 Euro, die Ausbildungsvergütungen erhöhen sich wie oben beschrieben. Die Einmalzahlung von 350 Euro beträgt bezogen auf den Grundlohn der Matrosen ca. 3,1 Prozent, bezogen auf das Anfangsgehalt eines Schiffsführers 2 Prozent. Aufgrund einer Preissteigerungsrate im Januar von 1,3 Prozent wurde das Verhandlungsziel erreicht und die ver.di-Tarifkommission stimmte dem Ergebnis einstimmig zu. WERNER KIEPE FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 JUGEND 7 FOTO (2): JÜRGEN KIONTKE Highlights aus den Seminar angeboten der Fachbereichs jugend! Wir, die Teamerinnen und Teamer der Fachbereichsjugend, laden Euch auch in diesem Jahr wieder zu fachbereichsspezifischen Jugendseminaren ein. Konzipiert und durchgeführt von jungen ver.di-Mitgliedern bieten die Seminare eine gute Gelegenheit, mit abwechslungsreichen Methoden Wissen aufzufrischen, neue Menschen kennenzulernen und Spaß zu haben. Also, seid dabei, wenn es heißt: Bildung genießen. Gewerkschaft erleben. Freunde gewinnen. Zum Beispiel hier: EUROPAWAHL 2014: Ein neuer Weg für Europa Senkung Deines Monatslohns? Mitentscheiden statt aussitzen Dein monatlicher Verdienst wird um ein Drittel gekürzt, weil bei der Haushaltskontrolle festgestellt wurde, dass deutsche Tarifverträge einfach zu teuer sind. Und mit dieser Kürzung kann das Haushaltsdefizit etwas gesenkt werden. Ist das okay? Am 25. Mai 2014 finden in ganz Europa die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Das nehmen wir zum Anlass, um zu fragen: Was macht das Europaparlament? Und was hat das Ganze eigentlich mit mir zu tun? schieden wird, täuscht gewaltig. Was hältst du zum Beispiel von einer Erhöhung der Roaminggebühren? Dann wird das Nutzen des Internets beispielsweise im Sommerurlaub oder auf Dienstreisen eben deutlich teurer. Na und? Streichung Deines Auslandsjahres? Es geht also um Gesetzgebung, Haushalt und Kontrolle. Der Eindruck, dass im Bundestag alles für uns Relevante ent- Beschränkung der Reisefreiheit? Selbst zu entscheiden, wo man hinreisen möchte, wird einfacher, wenn ein paar 1./2. Dezember 2014, Berlin Kurz nach den JAV-Wahlen möchten wir Dir die Gelegenheit zu Austausch, Vernetzung und Bearbeitung von aktuellen Themen und Aufgaben geben. Aus verschiedenen Workshops kannst Du Dir dabei das heraussuchen, was für Euch und Eure Arbeit wichtig ist. Egal, ob Du neu in der JAV bist oder bereits wiedergewählt wurdest: Hier bist Du richtig! Tipp: Am besten schon jetzt auf der JAV-Sitzung den Beschluss fassen, dass die neu gewählte JAV zu diesem Seminar fahren soll. Zustimmung zu internationalen Abkommen Weitere Infos und die Ausschreibungen zu beiden Seminaren erhältst Du bei Vera Visser ([email protected]). Hier sind auch interessierte (angehende) Teamende an der richtigen Adresse, auch Eure Themenwünsche sind natürlich jederzeit willkommen. Datenschutz ist wichtig, aber europaweit können mit einem entsprechenden Gesetz zu Sicherheitszwecken alle Daten genutzt, Rechner gehackt und Telefonate mitgeschnitten werden. Ist das erstrebenswert? Die Aufgaben des Europaparlaments sind auf dieser Grafik dargestellt: Beispiele für Befugnisse und Aufgaben schriftliche oder mündlichen Anfragen stellen 29./30. November 2014, Berlin Auch 2014 fangen in Deinem Betrieb wieder junge Menschen ihre Ausbildung an? Wir bieten für Betriebe, die nicht bereits mit der ver.di Jugend vor Ort ein Auftaktseminar veranstalten, ein Berufsstartseminar für die neuen Azubis an. Wir beschäftigen uns mit Rechten und Pflichten in der Ausbildung, wichtigen rechtlichen Grundlagen, Mitbestimmungsmöglichkeiten und natürlich mit vielen Antworten und Diskussionen zu den Fragen aus den ersten Ausbildungswochen. Tipp: Meldet uns schon jetzt, mit wie vielen Azubis und JAVis ihr an dem Seminar teilnehmen möchtet. Die endgültigen Zahlen benötigen wir dann im Herbst. Europaweite Zusammenarbeit im Datenschutz? Das Europaparlament JAV-Treffen 2014 Berufsstartseminar Verkehr mögliche Ziele einfach wegfallen. Das klingt doch gut. Oder? Haushaltsplan beraten und ändern Kommission Entlastung erteilen Kommission und Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik billigen oder ablehnen Kommissionspräsident wählen Haushaltsplan zustimmen Untersuchungsausschuss einsetzen Kontrolle Misstrauensantrag stellen Haushaltsplan ablehnen Haushalt Berichte prüfen Ausgaben überwachen Finanzkontrolle Europäisches Parlament Gesetzgebung Arbeitsprogramm der Kommission prüfen Bürgerpetitionen prüfen Gesetzesvorschläge von Kommission einfordern Mitarbeit und Mitentscheidung (je nach Politikbereich und Verfahren) Bundeszentrale für politische Bildung, 2010, www.bpb.de Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de Auch wenn Auslandserfahrung sich sehr gut in Bewerbungen machen, musst Du leider zukünftig darauf verzichten, weil das Erasmusprogramm zugunsten des ausgeglichenen Haushalts gestrichen wurde. Macht nix? Verschlechterung Deiner Arbeitsbedingungen? Damit die Märkte besser funktionieren, müssen wohl mit einer neuen Verordnung Deine Arbeitsbedingungen eingeschränkt werden. So wichtig ist Dir Dein Kündigungsschutz doch nicht. Oder? Deutsche Ausbildungsabschlüsse gelten nur in Deutschland? Die europaweite Anerkennung der Ausbildungsabschlüsse ist irgendwie bei allen Diskussionen auf der Strecke geblieben. Was soll’s … Wenn Du solche Szenarien verhindern und einen Beitrag zu einem sozialen Europa leisten möchtest, gibt es einen einfachen Weg: Geh wählen!!! Vielleicht fallen dann die Roaminggebühren weg, Deine Reisefreiheit gilt uneingeschränkt, Deine Daten sind sicher, Deine Arbeits bedingungen bleiben mindestens so gut wie jetzt im Tarifvertrag beschrieben, Du kannst ein Erasmusjahr im Ausland verbringen und danach mit Deinem europaweit gültigen Ausbildungsabschluss noch viele Auslandserfahrungen sammeln. Das alles ist möglich… Aber nur wenn Du wählen gehst. Für ein soziales Europa! Schifffahrt trifft „Unstoppable“ FOTO:CHRISTIAN VON POLENTZ Im September 2013 kamen bei der JAV-Konferenz der Fachbereiche Ver- und Entsorgung und Verkehr mehr als 200 JAVis in Berlin zusammen. Auch die Auszubildenden der Fachgruppen Häfen und Schifffahrt fanden ein Forum: In Wanted! future reward! Die Fachbereichsjugendkampagne trifft kroatische Seefahrerjugend Aufgrund der positiven Reaktion unter anderem beim ETF Youth Training, der ITF Summer School und der Sitzung der ITF seafarers section war Vera Visser zur ersten Sitzung der kroatischen Seefahrerjugend eingeladen und stellte hier neben der Jugendarbeit von ver.di im Fachbereich Ver- kehr auch die Kampagne wanted! future reward! vor. Der junge, offensive und beteiligungsorientierte Ansatz überzeugte die Anwesenden und so werden die kroatischen Kolleginnen und Kollegen in der Pilotphase 2014 die Kampagne in ihrem Bereich anwenden und international er- proben. Aktuell werden die letzten Vor bereitungen getroffen, sodass in den nächsten Monaten die Pilotphase mit Gewerkschaftsjugenden aus unterschied lichen Ländern beginnen kann. Für Euch haben wir hier schon mal vorab ein Bild von der Kampagnenpostkarte vorbereitet. den Workshops „Internationale Gewerkschaftsarbeit – Was haben JAV damit zu tun“ und „FG Häfen/FG Schifffahrt“ diskutierten sie angeregt über brennende Fragen, die ihre Ausbildung und Zukunft betreffen. 8 PA N O R A M A FACHBEREICH VERKEHR 01 | 2014 Erster Teilerfolg Superfast-Klagen gehen weiter Es ist schon eine Odyssee, bis die Seeleute der ehemaligen SuperfastFähren in der Ostsee zu ihrem Recht kommen. FOTO: SUPERFAST.COM rechnen, Entschädigungen an die Seeleute zu zahlen. Diese Gerichtsentscheidung ist schon als ein Teilerfolg anzusehen. Zahlungsforderungen der einzelnen Seeleute, die sich daraus ergeben, wurden aufgestellt und sollten im Oktober 2013 gerichtlich verhandelt werden. Ursprünglich war eine Entscheidung für Anfang Dezember 2013 angekündigt. Doch bis heute ist nichts geschehen, es gibt noch nicht einmal eine Mitteilung, wann die Entscheidung erge- hen wird. Sobald diese dann vorliegt, muss eine mögliche Berufung geprüft werden. Man kann nur hoffen, dass es im Interesse der betroffenen Seeleuten möglichst bald zu einem guten Ergebnis kommt. PETER GEITMANN KARIKATUR: RAINER HOFMANN-BATTISTON FOTO: CANSTOCKPHOTO.COM 2006 hatte die griechische Superfast Ferries S. A. ihre drei Schiffe im baltischen Einsatz zwischen Rostock und dem finnischen Hanko – fast über Nacht sozusagen – an die estnische AS Tallink Gruppe verkauft. Damit verbunden wurde allen Seeleuten gekündigt. Klagen dagegen waren in Deutschland anhängig. Aber das Bundesarbeitsgericht erkannte mit seinem Urteil vom Februar 2010 schließlich, dass deutsche Gerichte für eine Entscheidung nicht zuständig seien. Die Seearbeitsver träge der Betroffenen enthielten die Bestimmung, dass die Gerichtszuständigkeit in Helsinki liegt. Deshalb wurde die Verhandlung dort erneut aufgenommen. Am 26. März 2013 gab es ein Zwischenurteil. Das finnische Gericht hat als Grundlage für die Entscheidung deutsches Recht angewandt. Danach liegt beim Verkauf von 2006 ein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB vor. Daraus ergibt sich: Der estnische Erwerber der Fähren hätte die Beschäftigten auch übernehmen müssen. Das hat AS Tallink nicht getan und muss nun damit Outlet Hannes und Fiete müssen diese Woche schon zum zweiten Mal einen mittel großen Containerfrachter an den Dalben festmachen. Der Grund: Insolvenz des Eigentümers, zu geringe Charterraten, keine Ladung oder gewollt aus dem Verkehr gezogen. Dem Schiff ist der Grund nicht anzusehen, höchstens das Alter, so ca. 4, 5 Jahre. Hannes fragt Fiete: „Warum gibt es für so ein modernes Schiff, offensichtlich gut gepflegt, keine Beschäftigung? Da kann doch was nicht stimmen.“ „Na ja“, antwortet Fiete, „zu viele Schiffe, die das gleiche Geschäft machen wollen, sind entweder zu viel für die vorhandene Fracht oder drücken die Raten.“ „Aber das müssen doch auch die Reeder wissen, die sind doch nicht dümmer als Du“, schleimt Hannes ein bisschen, „wenn die weniger bauten, könnte das doch nicht passieren.“ „Also, erst einmal sei vorsichtig mit dem Begriff Reeder. Das waren mal ehrenhafte hanseatische Kaufleute, auch wenn es schon früher vereinzelt schwarze Schafe gegeben hat. Heute hat der Reeder keinen Namen mehr, sondern er heißt MS „X“, Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG oder Black Star HedgeFonds und die ehemaligen Reeder sind die, die das Schiff betreiben und dafür eine Gebühr kassieren. Sie gehen also ein geringes Risiko ein, im schlimmsten Fall verlieren sie ihre Gebühr. Kosten, wie für die Besatzung, sind schnell ab gebaut. Man schickt die Crew nach Hause, sind ja keine deutschen Seeleute mehr.“ Das war eine lange Reede für Fiete. Und Hannes weiß, jetzt darf er ihn nicht überfordern. Also tuckern sie eine Weile wortlos in Richtung Dalben. Doch dann: „Irgendjemand muss die Schiffe doch bestellen und bezahlen. Die sollten doch auch wissen, dass das nicht immer so weitergeht. Die Menschheit wird zwar größer, aber immer weniger können die Waren kaufen, die hin und her transportiert werden.“ „Es sei denn“, kontert Fiete, „auf der ganzen Welt würde so etwas wie unsere Ein-EuroLäden aufgemacht.“ Hannes stutzt. War das jetzt ein Jux oder ernst gemeint? Da kommt noch einer hinterher: „Die Gier der Verbraucher nach immer wieder und immer schneller etwas Neuem, muss genauso befriedigt werden wie die Gier der Geldanleger in Schiffsfonds nach sehr hohen Renditen.“ Das muss Hannes erst mal schlucken. Aber schon kurz darauf: „Du hast mich auf eine Idee gebracht, wie man das Aufliegen der Schiffe verhindern kann.“ „Und wie?“, fragt Fiete. „Also, wenn die Schiffe keine Fracht mehr haben, dann müssen wie früher die Segelschiffe in China und Bangla Desh Waren auf eigene Rechnung einkaufen und dann hier längsseits an der Pier direkt aus dem Container verkaufen. Outlet sozusagen, wie die Fischerleute das machen“. „Auf Outlet sind doch alle gierig, sonst würden nicht überall auf der grünen Wiese Outlet-Center entstehen. Oder warst Du da noch nicht?", will Hannes wissen. „Nee, outlet heißt übersetzt auch Abflussrohr. Und da halt ich K.MEYER mich nicht so gerne auf.“ Glaubt jemand an den Weihnachtsmann? Die Schifffahrtkrise ruft zusätzlich auch Betrüger auf den Plan – ein Fall aus Rostock Die Zahl der Insolvenzen in der Schiffsindustrie erreichte 2013 wieder eine traurige Höhe. Auch der deutsche Markt blieb nicht verschont, erinnert sei an „Intersee“ oder „Sea voss“. Gleich zu Jahresbeginn 2013 erreichte den Rostocker ITF-Inspektor Hamani Amadou ein Hilferuf von Bord der MV „Annalisa“. Es blieb nicht der Einzige. Die „Annalisa“ gab Kurs Hamburg an, einige Seeleute sollten dort abmustern. Allerdings standen für die Besatzung bereits drei Monate Heuern aus. Die Reederei hatte Insolvenz angemeldet, aber zugesagt, die Rückstände auszugleichen. Das machte die Crew misstrauisch und sie kontaktierte die ITF. Nach zweitägigen Verhandlungen mit dem Reeder wurden die ausstehenden Heuern tatsächlich gezahlt. Erster Fall – erster Erfolg. Doch die weltweite Finanzkrise hat die Seeschifffahrt bis heute im Griff. Nach wie vor konkurrieren zu viele Schiffe um zu wenig Ladung. Gleichzeitig werden die Tonnagen größer und größer. Da bleiben gerade kleinere Schiffe auf der Strecke. Solch ein Fall beschäftigte Hamani das vergangenen Jahr über und er beschäftigt ihn noch: Die Rostocker Reederei K. hatte zwei kleinere Schiffe gechartert und von Rostock und Klaipeda aus betrieben. Doch beklagten sich die Seeleute über ausstehende Heuern seit Ende 2011. Mehrere ITF-Inspektoren in verschiedenen Häfen befassten sich mit dem Problem, es gab diverse Gespräche mit dem Reeder. Auf der Suche nach einer Lösung wandte der sich an Geschäftspartner und vielfach an Banken – ohne Erfolg. Schließlich bat er sogar die ITF um 20.000 Euro Kredit. Eine Gewerkschaft ist allerdings kein Geldinstitut. Doch schien sich der Wind zu drehen und ein Wunder zu geschehen: Ins Rostocker ITF-Büro flatterte im Februar 2013 eine Nachricht von der Reederei K., dass eine Yunnan Investment Holding Ltd. – eine „sehr große, solide Staatsfirma“, die mit der „Bank of China“ kooperiere, sie mit 6,5 Millionen Euro unterstützen werde. Alle Probleme seien so gut wie gelöst. Der Reeder reiste persönlich nach China, verhandelte dort über einen kurzfristigen 300.000-Euro-Kredit, die Finanzierung zum Ankauf dreier neuer Schiffe und die pro blematische Mietkauffinanzierung seiner beiden Bestandsschiffe. Der skeptische russische ITF-Inspektor Andrej Chernov quit- tierte die Geschehnisse mit der Rückfrage, ob da jemand an den Weihnachtsmann glaube. Und tatsächlich erhielt Hamani Amodou zehn Tage später die Mitteilung von der Reederei K., dass sich der in China abgeschlossene Vertag als „Werk eines sehr raffinierten Betrügers erwiesen habe.“ Reederei K. verlor bei den Transaktionen die letzten Cent und ist komplett zahlungsunfähig. Dennoch brachte ITF-Inspektor Hamini die Heuerklagen der Seeleute vor das Arbeitsgericht. Dort wurde zu ihren Gunsten entschieden. Allerdings: kein Geld, keine Zahlung. Inzwischen erklärt zwar die Finanzierungs- und Leasinggesellschaft AGL, der eigentliche Eigentümer der beiden Schiffe zu sein und versucht, sie aus der Insolvenzmasse herauszuhalten. Seit April 2013 kümmert man sich um den Unterhalt und zahlt der verbliebenen Crew – drei Männer betrifft das in Rostock – laufende Heuern. Was mit den Außenständen der vergangen Jahre geschieht, ist noch immer unklar. Etwa 20 Seeleute warten auf über 150.000 Euro von der Reederei K. „Eine Insolvenz mit offenem Ende“, kommentiert Hamani. Und er warnt: „Hände weg von hochstaplerischen Investment CompaRED. nies!“
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