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19.05.2015
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19.05.2015
Jubiläum!
1960-2010
50 Jahre Dhaulagiri 8167 m
- der Weisse Berg, Montblanc des Himalajas -
© Schweizerische Himalaja-Stiftung
Es war „ein Freitag, der 13.“! Am 13. Mai 1960, gegen 13 Uhr, setzte Albin Schelbert als erster Mensch
seinen Fuss auf den Gipfel des Dhaulagiri, übrigens des 13. bestiegenen Achttausenders. Dicht gefolgt von Saabs und Sherpas der 13-köpfigen Schweizer Himalaja-Expedition: den beiden Zweierseilschaften Kurt Diemberger mit Sherpa Nawang Dortschi und Ernst Forrer mit Sherpa Nima Dortschi. Und
hart auf den Fersen Peter Diener, unser „Alpstein-Sprinter“ – wie schon Albin Schelbert seilfrei im Alleingang, obwohl drei Wochen weniger akklimatisiert als seine Kameraden. 10 Tage darauf folgten Michel
Vaucher und Hugo Weber auf den Gipfel. Und damit insgesamt 6 Bergsteiger und 2 Sherpas dieser Expedition.
Eines tollkühnen Unternehmens, dem aber die zahlreichen „13“ unglaublich viel – und dringlich benötigtes
 Glück brachten: nach sieben fehlgeschlagenen Expeditionen von 1950 bis 1959 endlich die gelungene
Erstbesteigung des höchsten noch unbestiegenen Berges der Welt – und erst noch ohne FlaschenSauerstoff! Dazu abenteuerliche Flüge mit dem einmotorigen Prototypen des Pilatus-Porter-Gletscherflugzeuges „Yeti“ − über 9000 km von der Schweiz bis Indien und Nepal und Höhenweltrekord
von Flächenflugzeugen im Landen und Starten. Auf 5650 m, durch die Piloten Ernst Saxer und Emil
Wick - auch heute noch unübertroffen! Dann aber Notlandung in Pokhara wegen Motorschadens und
wenige Tage danach endgültiger Absturz - auf 5100 m ü.M... Während der ganzen Expedition wurde ein
einziger Bergsteiger verletzt, der Genfer Michel Vaucher, unser Benjamin. Aber nicht etwa beim Bergsteigen oder Fliegen, sondern beim harmlosen Ausrüstungsumlad vom Lastauto in den „Yeti“, wo sein Kopf mit
einer herumfliegenden Konservenbüchse allzu intime Freundschaft schloss.
Die ganze Expedition und was es alles brauchte, bis 6 der 13 Bergsteiger und 2 Sherpas ihren Fuss als
erste Menschen auf das Haupt dieses hartnäckigen Achttausenders setzen konnten, ist im Buch „Erfolg
am Dhaulagiri“*) von Expeditionsleiter Max Eiselin detailliert beschrieben. Besonders packende Hintergrundinformationen – auch über unzählige Begegnungen hinter den Kulissen und Nebengeräusche lange
nach geschlagener Schlacht – sowie sehr persönliche, über den Dhaulagiri weit hinausreichende Rückblenden, Gedankensprünge, Plaudereien und Anekdoten aufspüren konnte Dr. h.c. Alfred Waldis, Ehrenbürger der Stadt Luzern sowie Ehrenpräsident des Verkehrshauses, selber erfahrener Bergsteiger und
Zeitzeuge dieser Expedition.
Im Dhaulagirijahr 1960 gab es unsere Schweizerische Himalaja-Stiftung noch nicht, und die DhaulagiriExpedition wurde durch Max Eiselin privat organisiert. Jegliche Haftung übernahm er allein und persönlich,
sodass sich die Expeditionsteilnehmer voll ihren Aufgaben am Berg widmen konnten. Die Stiftung startete
erst 1963. Mit der ebenfalls durch Max Eiselin initiierten Ersten Schweizerischen HindukuschExpedition nach Afghanistan, der einige Erstbesteigungen – etwa des Siebentausenders Urgend – gelangen.
Hauptinitiant unserer Stiftung war Conrad Alder, der als Präsident der Sektion Pilatus SAC hautnah miterleben konnte, wie Max Eiselin die Organisation der Dhaulagiri-Expedition mit einfachsten Mitteln und praktisch im Einmannbetrieb – mehr oder weniger „allein auf weiter Flur“ – durchziehen musste! Conrad Alder
sah auch, wie wohl Max Eiselin eine Körperschaft im Rücken – z.B. eine Stiftung – getan hätte. Darum hatte er mit Hilfe des Stifters, Hans Bachmann, sowie von Bundesrat Hans Peter Tschudi, Rechtsanwalt
Alex Wili und mehreren Stiftungsräten die Schweizerische Himalaja-Stiftung ins Leben gerufen. Sodass
drei Jahre nach dem Dhaulagiri die Erste Schweizerische Hindukusch-Expedition von solch solider Basis
aus in Afghanistan operieren konnte.
Leo Caminada, Präsident der
SCHWEIZERISCHEN HIMALAJA-STIFTUNG
Dr. h.c. Alfred Waldis:
Max Eiselin, kürzlich hat dich der altehrwürdige, 1864 gegründete SAC Pilatus – mit mehr als 7000
Mitgliedern eine der grössten Sektionen im Schweizer Alpenclub – zum Ehrenmitglied gewählt, einstimmig und mit grossem Applaus. Herzliche Gratulation! In der Laudatio des Vorstandes fallen mir vor
allem zwei deiner vielen, „kaum aufzählbaren“ Verdienste auf: 1960 deine Initiative zur Erstbesteigung
des damals höchsten noch unbestiegenen Berges der Erde, des Achttausenders Dhaulagiri, und 1963 dein
*) „Erfolg am Dhaulagiri“, 204 Seiten, 43 Illustrationen, „Wilder Hindukusch“, 182 Seiten, 42 Illustrationen, je Fr. 49.bei Eiselin Sport, Luzern - Bern - D 79540 Lörrach/Basel - Dubai ARAB EMIRATES - Kathmandu NEPAL
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Unternehmungsgeist für die erste Schweizer Expedition in den Hindukusch von Afghanistan, das zweithöchste Gebirge der Erde. Abenteuer, die du als Expeditionsleiter in deinen Büchern „Erfolg am Dhaulagiri“ und „Wilder Hindukusch“ festgehalten hast, die neben westeuropäischen auch in Fremdsprachen wie
Tschechisch, Slowakisch, Polnisch und Russisch und sogar Arabisch und Japanisch übersetzt wurden!
Ich kann mir vorstellen, welche Erleichterung und Befriedigung dich als verantwortlichen und „alleinhaftenden“ Organisator und Leiter nach dem erfolgreichen Ende der Expedition ergriffen hat. Und erst noch
einer besonders abenteuerlichen Expedition, die trotz aussergewöhnlichen Risiken von AchttausenderErstbesteigung und gewagten Flugzeugeinsätzen relativ ungeschoren, nur gerade mit Materialschaden, davongekommen ist! Wieso hast du dich ausgerechnet auf den Dhaulagiri eingeschworen, wo doch sogar die
französische Elitemannschaft der Annapurna-Erstbesteigung den Dhaulagiri als „teuflisch schwierig“ bis
„unmöglich“ eingestuft hat? Jedenfalls berichtet Expeditionsleiter Maurice Herzog in seinem Buch, Lionel Terray sei nach einer Rekognoszierung ins Basislager zurückgekommen und habe, fast zornig, ausgerufen: „Mit dem Dhaula, Kinder, ... da könnt ihr mir kommen! Hörst du, Maurice, alter Freund und Expeditionsleiter, das ist nicht zu machen, dein Dhaulagiri – verteufelt schwierig!“ Enttäuscht wandten sich die
Franzosen ab – sicher nicht grundlos - und verwirklichten die Erstbesteigung der Annapurna, des ersten
Achttausenders überhaupt.
Max Eiselin:
Nachdem sich internationale Koryphäen wie Lionel Terray, ein Lachenal oder ein Rébuffat von einem
Berg geschlagen erklärten und ihn gar als unmöglich qualifizierten – welcher junge Bergsteiger, der das
Glück hatte, in die richtige Zeit der Achttausender-Erstbesteigungen hineingeboren zu werden, hätte da einer solchen Herausforderung widerstehen können! Besonders beim Dhaulagiri, der nach der Erstbesteigung des Lhotse 8516 m (durch die Schweizer Expedition 1956) zum höchsten noch unbestiegenen Berg
der Erde und dadurch erst recht zum begehrten Ziel der Bergsteiger aller Herren Länder avancierte. Konkurrenz liess da nicht lange auf sich warten, und allein schon für die nepalische Bewilligung – es gab nur
eine einzige für die geeignete Vormonsunsaison – war hartes Ringen, ein „Hauen und Stechen“ angesagt.
Kampf um die Ueberlistung der „ersten Schlüsselstelle am Berg“, noch lange vor dem Aufstieg zum
Gipfel. Eine weitere Herausforderung am Dhaulagiri! Also „hopp de Bäse“ und tanzen, so lange die Musik spielt! Das begehrte Permit für 1959 erkämpften sich die sonst schon mit Achttausender-Erstbesteigungen reichlich gesegneten Oesterreicher. Ich musste mich auf ein Jahr später, auf 1960, vertrösten lassen. Und bis dann wäre mein frommer Wunsch nach dem noch unbestiegenen Berg möglicherweise schon
längst zu Schnee von gestern zusammengeschmolzen. Zum Trost hätte ich dann wenigstens mit meinen
österreichischen Freunden auf die 5. Austria-Achttausender-Erstbesteigung anstossen können..., während
uns armen Eidgenossen gerade mal eine einzige (des Lhotse) verblieben wäre...
Waldis:
In seinem Buch „Der siebte Sinn“ sagt Kurt Diemberger, du habest am begehrten Berg eine neue Route
entdeckt, den Nordostsporn – übrigens viel leichter und sicherer als die „Birnen“- Route, die alle vorhergehenden sechs Expeditionen zum Rückzug gezwungen hat. Ich verstehe nicht, dass du ausgerechnet
deiner starken österreichischen Konkurrenz diese Entdeckung offengelegt hast. Hattest du damit eine versteckte Absicht, oder war es reine Menschenfreundlichkeit? Wenn man in der alpinen Literatur dieser Zeit
blättert, könnte man fast Letzteres annehmen.
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Weil zehn andere Nationen von
den Nepali abgewiesen wurden,
schrieb der bekannte Alpinpublizist
Kurt Maix im Wiener „Express“,
einer der grössten Zeitungen
Oesterreichs, in riesigen Lettern
über eine Doppelseite hinweg, dass
sich „der junge Luzerner als besonders unternehmungslustiger, aber
auch eigenwilliger und dickschädeliger Geselle“ ausgezeichnet habe.
Mit Hilfe des bei König Mahendra
ein und aus gehenden Schweizer
Geologen Toni Hagen habest du
die Bewilligung für 1960 erhalten,
„du persönlich"! Dazu seist du so
kameradschaftlich gewesen, den
Der Schweizer Geologe und UNO-Experte Dr. h.c. Toni Hagen, einer unserer ExpeditionsOesterreichern den Tipp NordostGötti. Im Hintergrund links der Dhaulagiri mit „unserem“ Nordostsporn in der Mitte (Toni Hasporn zu geben. Der Genfer Michel
gen „Nepal“ Verlag Hallwag).
Vaucher schrieb im Buch „Berg –
Schnee – Fels“: „Max bewies seine Ritterlichkeit dadurch, dass er den vor ihm drankommenden Oesterreichern alle gewünschten Auskünfte gab und eine neue Route beschrieb“, und Prof. G.O. Dyhrenfurth rühmt
dich in seinem Standardwerk „Der dritte Pol“ für deinen „wertvollen, höchst uneigennützigen Wink“.
Bergkameradschaft und Ritterlichkeit in Ehren, die dir viel internationales Lob einbrachten. Aber bist
du damit nicht das Risiko eingegangen, deiner eigenen Expedition die Erstbesteigung gründlich zu vermasseln?
Eiselin:
Natürlich war es riskant,
meine Gegenspieler in
den Plan Nordostsporn
einzuweihen. Aber beim
Bergsteigen ist Kameradschaft nicht weniger
wichtig als Gipfelerfolg.
Und die Oesterreicher
hätten einen Gipfelsieg
wohlverdient. Sie hatten
eine hervorragende
Mannschaft und als Expeditionsleiter den Wiener
Fritz Moravec, der sich
bereits bei der Erstbesteigung des Gasherbrum II
(8035 m) bewährt hatte.
Foto: Gerlinde Kaltenbrunner (einzige Frau auf allen 14 AchtFoto: Gerlinde Kaltenbrunner
tausendern)
„Birne“
Wie hätte ich ihnen da meine Erkenntnisse über die viel sicherere Nordostsporn-Route vorenthalten können! Und sie dabei erst noch wissentlich ins offene Messer eines
gefährlicheren und in Gipfelnähe noch unbekannten Aufstiegs laufen zu lassen!
Marc Eichelberg, „Dza, dza – dem Himalaja
zu“ Dhaulagiri-Expedition AACZ 1953
Einer wenig erfolgversprechenden Route, in der alle unsere Vorgänger abgeblitzt waren und die dem Argentinier Francisco Ibañez
zum Verhängnis wurde. Und so ganz allein wie es aussah war ich
mit der Entdeckung der besseren Route auch wieder nicht. Ich war
lediglich der erste Expeditionsleiter, der sich ohne Wenn und Aber
und schon lange im Voraus für den Nordostsporn entschied und
erstaunt war, dass nicht schon unsere Vorgänger diesen viel besseren Weg eingeschlagen hatten. Doch auf die Idee dieser neuen Route gekommen war schon vor Jahren Bernhard Lauterburg, der Leiter der Dhaulagiri-Expedition 1953 des Akademi-
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schen Alpenclubs Zürich AACZ, welche die Erstbegehung von Mayanghdigletscher und DhaulagiriNordostcol verbuchen konnte. Er berichtete in einem Clubvortrag in Luzern, den ich als SAC-Junior
miterlebte, dass vielleicht eines Tages Bergsteiger den Nordostsporn angehen und das grosse
Schneeplateau darunter in einen Gletscherflugplatz umfunktionieren. Dabei konnte er natürlich
nicht ahnen, dass einer seiner jüngsten Zuhörer diese Idee sieben Jahre später umsetzen würde,
sodass Lauterburgs bahnbrechende
Vision nicht zu einer Halluzination
verkommen musste.
Diese AACZ-Expedition war super:
Peter Braun und Ruedi Schatz erreichten, als erste Menschen am
Dhaulagiri überhaupt, eine Höhe von
über 7300 m - ,,in einem Chut’’!
Am 13. Mai 2010 begingen wir in Luzern „50 Jahre Dhaulagiri“ und freuten uns dabei riesig, dass auch Peter
Braun mit uns feierte. Für ihn waren
es gar 57 Jahre Jubiläum! Wir „Jungen“ – alle so um die 80 – freuten uns
natürlich sehr, ihn bei uns zu haben.
Ein Spassvogel dankte ihm auch dafür, dass sie damals den Dhaulagiri
nicht über den Nordostsporn angingen. Zu gross wäre die „Gefahr“ gewesen, dass Peter Braun und Ruedi
Schatz den Gipfel eingeheimst und
uns „Jungen“ dadurch die ganze
Herrlichkeit einer grossartigen
8000er-Erstbesteigung weggeschnappt hätten… Eine Ehre für uns war auch die Anwesenheit von Hansruedi von Gunten (Zweitbesteigung Mount Everest 1956 mit Dölf Reist) sowie von Kaspar Winterhalter und Ruedi Eiselin
von der Dhaulagiri-Expedition 1958, der eigentlichen Vorläuferexpedition unserer Erstbesteigung.
Dass auch Rolf Böhm, der Testpilot des Pilatus Porters, unter uns weilte, gab unserem Treffen erst
recht die einmalige Note. Denn ohne Böhm wäre es mit unserem „Yeti“ nichts gewesen.
Bruno Jelk, Zermatter Rettungschef
Während wir an diesem 13. Mai 2010 in Luzern bei gemütlichem Essen und
Trinken sassen und in Erinnerungen an unsere Erstbesteigung vor 50 Jahren
schwelgten, ging es am Berg selber dramatisch zu. Trotz schlechtem Wetter mit
Schneesturm und extremer Kälte sollen 7 Bergsteiger und Sherpas einer chinesischen Expedition in einem Kampf auf Leben und Tod den Gipfel gegen
Abend erreicht haben. Sie wollten ihn unbedingt noch an diesem 13. Mai 2010,
in Erinnerung an unsere Erstbesteigung vor genau 50 Jahren, besteigen. Was
im Abstieg alles geschah, konnte ich nicht einmal beim „wandelnden NepalLexikon“ Liz Hawley klar herausfinden. Man hört von Abgestürzten und im Biwak Erfrorenen und auch davon, dass alle sieben in den losgelassenen Naturgewalten umgekommen seien. Zwei Leichen konnten auf rund 7000 m ü.M. –
wenig oberhalb unserem damaligen Lager 6600 m – durch den legendären
Zermatter Rettungschef Bruno Jelk und den Höhenrekord-Helipiloten Andi
Aufdenblatten von der Air Zermatt geborgen und ins Basislager hinunter geflogen werden. – So liegen bei den hohen Himalajagipfeln eben auch heute noch
Freude und Leid nahe beisammen, trotz allem technischen Fortschritt!
Heli „Air Zermatt“ im Himalaja
Dhaulagiri: 13. Mai
13. Mai 1960
Erstbesteigung
6 Bergsteiger
2 Sherpas
13. Mai 1980
13. Mai 2010
Weltweit erste Führungsexpedition auf
einen Achttausender
(Organisator: Eiselin Sport, Expeditionsleiter: Hans von Känel)
Nebst dem Leiter noch 13 Kunden auf
dem Gipfel!
In Luzern: 50-Jahr-Jubiläum
Drama der chinesischen
50-Jahr-Jubiläumsbesteigung
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Vom 13. Mai gibt es nicht nur Berichte über heroische Heldentaten und tödliche Dramen. Auch ein altbekannter Soldaten-Kalauer treibt sein Unwesen mit diesem Datum: „Mier läbid jo nömme so lang, mier läbid
jo nömme so lang – am drizähnte Mai esch de Wältondergang…“
Man muss auch wissen, dass Bergkameradschaft schon viel mehr als bloss den Verzicht auf eine tolle
Erstbesteigung bewirkt hat. Man denke nur an den Zweiten Weltkrieg, als im Kaukasus, am Elbrus (mit
5642 m der höchste Berg Europas) Gebirgssoldaten der Roten Armee und der deutschen Wehrmacht aufeinander stiessen, aber „aus Bergkameradschaft“ Kalaschnikow und Handgranate
schweigen liessen und über die Berge plauderten! Und dies 1943, mitten im grausamen Zweiten
Weltkrieg. Vielleicht hat jener prominente Schweizer „Gebirgs-WK-General“ doch Recht mit seiner
Prognose, dass es keinen Krieg gäbe, wenn in allen Ländern Gebirgssoldaten das Sagen hätten...
Waldis:
Das ist sensationell! Die Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges waren für mich besonders spannend, so
dass ich alles Erhältliche über diese schreckliche Zeit gelesen habe. Aber von einem derartigen privaten
Frieden zwischen deutschen und russischen Gebirgssoldaten habe ich bisher noch nie etwas gehört. Hast
du nähere Angaben?
Eiselin:
In einer deutschen oder österreichischen Bergsteigerzeitschrift oder einem Alpenvereins-Sektionblättli las
ich einmal diese Geschichte, kann aber nicht mehr sagen, wo und wann. Genaue Angaben durch einen
Zeitzeugen erhielt ich erst drei Jahrzehnte nach diesem deutsch–russischen Bergsteiger-„Höck“, gegen
Ende der siebziger Jahre, als ich mit meiner Frau Heidi Skitouren im Elbrusgebiet unternahm. Dort lernten wir einen betagten russischen Bergsteiger namens Maleinow kennen, einen jener sowjetischen Gebirgssoldaten der „Razvedka ( = Patrouille) Professor Schwarzgruber“. Dass die Sowjet-Gebirgspatrouille ausgerechnet bei den Russen selber den Namen Schwarzgruber erhielt, ist brisant. Denn
der Wiener Geographieprofessor Rudolf Schwarzgruber war der Kommandeur nicht von Maleinows
Sowjet-Gebirgs-Razvedka, sondern natürlich des feindlichen „Gebirgs-Spähtrupps“ von Hitlers
Wehrmacht..... Mit Hilfe von Oxana, unserer Moskauer Dolmetscherin, versuchte ich, aus Maleinow herauszukriegen, wie es zu diesem fast unglaublichen „gemütlichen Bergsteigerhock“ kommen konnte. Rotarmist Maleinow, kein Mann der langen Worte, gab eine kurze, aber umso eindrücklichere Antwort:
„Wissen Sie, Wehrmachtskommandeur Schwarzgruber und ich waren zwar Kriegsgegner, aber viel
mehr noch Bergkameraden"!... Obwohl ein Grossmeister im Nichtzuvielsagen, folgten dann sogar
noch einige Worte höchsten Lobes auf Schwarzgruber, übrigens auch ein Himalaja-Pionier mit
Erstbesteigungen im Gangotri Himal (Indien). Und schon 1939 plante er eine – durch den Zweiten
Weltkrieg dann aber verunmöglichte – Hindukusch-Expedition.
Gemäss Wehrmachtsrapport ist
Schwarzgruber noch 1943, bald nach
diesem friedlichen „Bergkameradentreff
am Elbrus“ im Kampf „gefallen“. Maleinow hatte wenig Verständnis für diesen
offiziellen Wehrmachtsrapport:
Schwarzgruber sei nicht Opfer einer
russischen Kugel geworden. Mag sein,
dass Maleinows Ansicht über die Provenienz von Schwarzgrubers tödlicher Kugel nicht ganz abwegig war, denn seine
Wehrmachtsvorgesetzten dürften das
friedliche Verhalten ihres Gebirgskommandeurs am Elbrus nicht in corpore
goutiert haben.
Wegen Maleinows Schweigen über das
Zustandekommen des Deals zwischen
Schweizer Kaukasus-Expedition 1933, ’’eine Mannschaft von Werktätigen’’
Wehrmacht und Roter Armee und wegen
(Zopfi/Steiner „Tod am Khan Tengri“ AS Verlag)
seines erstaunlichen Lobes für den
feindlichen Kommandeur Schwarzgruber mache ich mir meinen eigenen Reim auf das historische Geschehen an Europas höchstem Berg: Wahrscheinlich sind die Sowjetgebirgssoldaten in einen Hinterhalt
des Wehrmachtsspähtrupps geraten, und Kommandeur Schwarzgruber gab Befehl, die Russen
nicht aufzureiben, sondern friedlich zu empfangen. Obwohl ursprünglich ein begeisterter Nazi, der
sich an der Ostfront auch freiwillig zu gefährlichen militärischen Operationen meldete, war er den-
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noch ein ehrlicher Freund der einfachen, oft auch antisowjetischen kaukasischen Bergler. Wenige
Jahre vor dem Krieg war der „Weanar“ schon als Bergsteiger Gast bei den Kaukasiern und Russen gewesen und hatte, wie auch die Schweizer „Naturfreunde“ Lorenz Saladin, Werner Weckert, Hans Graf
und Walter Frei – sowie Otto Furrer, Paul Bühler und Walter Rickenbach vom Alpinen Skiclub Zürich
ASCZ – grosse Bergfahrten im Kaukasus unternommen.
Natürlich ist mein Reim auf den Deal Rote Armee / Wehrmacht ein bisschen Spekulation. Aber immerhin
pflichteten - im Gegensatz zur linientreuen Oxana - die bei vielen Schweizer Bergsteigern bekannt gewesenen Ari Poljakow und Mihail Monastirski, zwei prominente und beliebte Organisatoren russischer Alpinistencamps in Kaukasus und Pamir, meiner Version bei. Monastirski war, als Mitglied im Leitenden
Ausschuss des „Sowjet Sports Komitet“, eine einflussreiche Persönlichkeit im russischen Alpinismus. Er
war so richtig am Drücker und konnte einiges erreichen, was andern verboten war. Leider lernte ich ihn viel
zu spät kennen, sonst wäre es mit meinen Kaukasus- und Pamir-Expeditionen „gleitiger“ vorangegangen.
Aber dann brachte mir der Churer Bergführer Walter Belina plötzlich einmal diesen Gast nach Luzern. An
der Reuss genossen wir Café Luz und zum Zmittag fuhren wir hoch hinauf auf Pilatus-Kulm. Mihail bewunderte das technische Wunderwerk der Pilatusbahnen und genoss das prächtige Alpenpanorama und den
Tiefblick auf Luzern. Gleich ergangen ist es einmal meinem Dhaulagirikameraden Peter Diener und dem
berühmten Alpsteinkletterer Max Niedermann, mit denen ich eine hübsche Pilatuskletterei unternommen
hatte. Vom Tiefblick waren sie fast erschlagen, und Max meinte nur: „Ich könnte mich in den Arsch beissen,
dass ich nicht schon früher einmal hier herauf gekommen bin…“ Doch weiter zu Mihail Monastirski: Später
einmal lud er meine Frau und mich zum Skifahren nach Armenien (!) ein. Am mittelalterlichen Sessellift von
Zakadsor schwenkte er sein Parteibüchlein zum Zeichen, dass ein höherer Parteigenosse mit Auslandsgästen Vortritt vor der Warteschlange verlangte. Aber trotz Privileg dank Parteibüchlein war er mehr vom
Westen begeistert und freute sich vor allem riesig auf eine Reise „to the States“. Die USA waren eben bei
den Sowjets das gelobteste aller Gelobten Länder! Und dort wäre er auch nicht auf ein Parteibüchlein angewiesen und könnte auf persönliche Rechnung mit einem eigenen Reise-Unternehmen geschäften, meinte er… Bei diesem Gespräch ahnten wir noch nicht, dass dieser damals noch unrealistische Wunsch Monastirskis viel schneller als erträumt Wirklichkeit wurde, nachdem der Sowjetstaat einer gigantischen Pleite
entgegen schlitterte und die Funktionärslöhne erst bezahlen konnte, nachdem ihm die Deutschen die DDR
und einige Oligarchen die grössten Staatsbetriebe abgekauft hatten. Erstaunlich, dass die UdSSR offenbar
nicht einfach die Notenpresse auf Hochtouren jagte, sondern Zahlungen im Schongang bis zum Gehtnichtmehr drosselte, um im letzten Moment auch noch mit dem Verscherbeln von Familiensilber zu beginnen.
Nicht erstaunt wäre ich, wenn der Wiener Geographieprofessor, Alpinist, Expeditionsbergsteiger und Gebirgssoldaten-„Kadi“ Rudolf Schwarzgruber eines Tages einen Friedenspreis postum bekäme. Verdient hätte er ihn. Auch in
der Schweiz war er kein Unbekannter, gelang ihm doch 1930
in den Walliser Alpen die Erstbegehung einer besonders
imposanten, weit ins Berner Oberland hinüber leuchtenden
Eiswand, der Obergabelhorn (4063 m)-Nordostwand im Val
de Zinal. Mit dem in Luzern als „Fremdarbeiter“ tätigen Kölner
Alpinisten Detlef Hecker, später Teilnehmer an der DhaulagiriExpedition 1958, durchstieg ich diese prächtige ObergabelhornEiswand im Sommer 1955, natürlich ohne die geringste Ahnung
von der Geschichte des Erstbegehers Rudolf Schwarzgruber.
Wir gelangten auf neuem Zugang – von der Rothornhütte SAC
aus – in diese Nordwand. Zuerst ging’s auf den Gipfel der Wellenkuppe 3903 m und dann unter dem Grossen Gendarm, dem
„Kluckerturm“, im Obergabelhorn-Ostgrat (Normalroute auf
diesen Viertausender) hindurch in einen fallenden Quergang –
(SAC-Führer)
’’steil, aber heikel!’’ – bis in die Gipfelfalllinie über dem Bergschrund. Die wohl schwierigste Kletterstelle, nämlich die Gipfelfelsen, haben wir uns elegant geschenkt,
weil wir uns plötzlich in dichten Wolken befanden, Schiss vor einem Gewitter bekamen und so rasch wie
nur möglich auf die Normalroute auswichen und diese voller Angst vor Blitzschlag „dali, dali“ hinunterhasteten. Dann plötzlich wieder blauer Himmel, Wolken verschwunden und Gewitterpanik mit ihnen... Stolze Eistour oder missratener Versuch mit schmachvollem Rückzug? Wohl von beidem ein bisschen... Trotzdem
schöne Hochtour, wenn auch nicht eben klassisch nach alter Väter Sitte. Für mich besonders denkwürdig,
weil ich zum ersten Mal in meinem Bergsteigerleben mit Steigeisen an den Schuhen in einer richtigen Eiswand herumstolzieren durfte. Seilkamerad Hecker wusste nichts von meinem Geheimnis. War auch besser
so, sonst hätte er einen solchen Anfänger wahrscheinlich während dem ganzen Aufstieg ans Gängelband
genommen…
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Zurück in der Rothornhütte SAC mit dem gemütlichen Zermatter Hüttenwart Alois Graven, lernten wir den
originellen Zürcher Alpinisten Geni Reiser kennen, der viel Freude an unserer Tour zeigte und uns Halbstarken zum Ausstieg in die Normalroute gratulierte, ’’wo doch die heutigen Jungen so viel unvernünftige
Risiken eingehen’’. Wobei wir damals noch nicht wussten, dass ausgerechnet wir drei – Hecker, Reiser und
ich – drei Jahre später beim nicht minder unvernünftigen Risiko einer Dhaulagiri-Expedition mitmachten!
Beim Rückmarsch vom Dhaulagiri-Versuch 1958 bekam ich unseren Achttausender erstmals in voller
Grösse zu Gesicht. Nach kurzem Berner Oberländer „Hock ab, iss und bsinn di!“ war mir endgültig
klar, dass wir mit der bisherigen Route aufs falsche Zügli gestiegen waren und es nächstes Mal besser machen wollten: den Dhaulagiri nicht durch die schwierige und gefährliche „Eiger-Nordwand“ der bisher
mehrfach, aber stets erfolglos versuchten „Birnen“-Route zu belagern, sondern über den einladenden, aber
bis dahin komischerweise noch nie versuchten „Biancograt“ = Nordostsporn! Gleicher Meinung war auch
Expeditionsarzt Jerzy (Georg) Hajdukiewicz, Spezialist in Höhenmedizin, der als polnischer Kriegsinternierter im Hochschullager Winterthur Medizin studieren durfte und der Schweiz hiefür seiner Lebtag dankbar war. Kennengelernt habe ich ihn aus SAC-Literatur wegen seiner Begehung der Dent
d`Hérens-Nordwand. Dann persönlich durch Zufall beim Grindelwaldner Bodenwald-Jossi, wonach wir
Ludwig „Wiggerl“ Gramminger und seinen Gefährten von der Bayrischen Bergwacht bei der EigerwandRettung von Claudio Corti, im August 1957, als Lastenträger – und Jerzy zusätzlich als Arzt – mithalfen:
Günter „Güne“ Nothdurft und Franz Mayer in der Eiger-Nordwand verschollen
– Ich kannte die beiden vom Klettern im „Täle“, wie sie das herrliche Klettergebiet
vom Donautal, westlich von Sigmaringen, nannten. – Vor ihrer Eigertour räumten
sie noch ihr bei mir in Luzern angelegtes Ausrüstungsdepot – Bis auf ein orig.
Füssener Hanfseil „mit dem grünen Kennfaden“, das sie bei einem früheren Versuch zur Sicherung des Hinterstoisserquergangs eingesetzt hatten. Heute würdiges „Museumsexponat“! - Autobiwak vor Grindelwald – 02:30 mit Wiggerl
Gramminger zu Rettungschef Willi Balmer – Grindelwaldner Bergführer sagten
Mithilfe ab, da für Rettungen in der Eigerwand noch nicht eingerichtet – Da drohte Personalmangel am Eiger, sodass ich Wiggerl zuflüsterte, an Jerzy Hajdukiewicz und seine beim Bodenwald-Jossi campierenden, bärenstarken Polen zu
denken. Phantastische Bergkameraden, die nicht lange studierten, ob sie helfen
wollten oder nicht. – Auch Rettungsspezialist Erich Friedli aus Thun kam mit seinen Kameraden zuhilfe. – Ein
wild
zusammengewürfelter
Haufen
wie
die
Alten
Eidgenossen bei der Schlacht
am Morgarten! – Mit 8
bayrischen Bergwächtlern um
3 Uhr morgens durch offenes
Fenster ins Massenlager des
Hotels Glacier – Feudales
Frühstück
gestiftet
durch
Heidi und Fritz von Almen in
ihrem Hotel Kleine Scheidegg – zäher Aufstieg zum Eigergipfel mit schweren
Kabelrollen für Grammingers Stahlseilgerät – im Schneebiwak fand ich Platz bei
alten Bekannten aus der Grigna: Riccardo Cassin und Carletto Mauri – trotz
kaltem Schneeloch, 2 Verletzten in der Wand und 2 Vermissten erstaunliche
Hochstimmung im Biwak – Wiggerl Gramminger sang Loblied auf Schweizer Chiropraktiker (in Deutschland noch nicht zugelassen), die ihn von 25-jährigem
Kopfweh befreit hatten, das er sich nebst dem Verlust eines Auges bei einem
Unfall geholt hatte und seither all seine bergsteigerischen und technischen Leistungen (Stahlseilgerät und Grammingersitz) einäugig bewerkstelligte. „Man kann
sich an alles gewöhnen“ war seine Philosophie… – Die Italiener, sonst fanatische
Kaffeeschlürfer, brauten laufend heissen Tee aus aromatischem Grignakraut,
Hajdukiewicz brachte polnischen Exportschinken – schmatz, schmatz! – und ein
netter Berner, der sich überreichlich mit dem nationalen Schweizer Festmenü
„Waldfest“ (Wurst und Brot) eingedeckt hatte, verwöhnte dafür unsere Polski –
„Kruzitürken, wieso braachst da so vui Sää?“ (Gopfriedschtutz, wieso brauchst
du da so viel Seil?) Echt bajuvarischer Sprachkurs, vor allem in deftigen Kraftausdrücken und „pfundigen“ Schimpfwörtern. Direkt aus München, der „Welthauptstadt aller Bergsteiger“ – „Bayrisch ist keine Sprache, Bayrisch ist eine
Weltanschauung“ (gilt offenbar nicht nur für Sachsen) brachte mir hier auf dem
Eiger der Münchner Hermann Huber, langjähriger Salewa-Boss, bei – für uns
Schweizer nicht ganz unverständlich, wo es uns doch immer wieder nervt, wenn
unser geliebtes Schwiizertütsch von „Hochdeutschen“ als Halskrankheit abgetan
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wird! Fast so wichtig wie nette philologische Diskussionen über germanische
Sprachfinessen war mir allerdings, dass sich Hermann als hilfreicher Retter in
der Not erwies und mir für die vorgesehene Eiger-Frischluft- „Gipfelwellness“ eine lange Unterhose, genannt Liebestöter, ausleihen konnte…– Terray wollte es
wissen und seilte sich allein in die grausliche Wand ab – Der Memminger Alfred
Hellepart rettete den zwar durchgefrorenen, aber noch lebenden Claudio Corti
auf den Gipfel herauf (53 Jahre später, am 3.2.10, 81-jährig verstorben) – Armer
Stefano Longhi, veniamo „dumang“ – Abschied mit „fame e freddo“. – Mit Fritz
Mössner von der Bergwacht Württemberg und Detlef Hecker noch das Gelände um die Mittellegihütte abgesucht und später, im Herbst, mit BGAKletterkameraden und Armeefunkern den Wandfuss. Dort Portemonnaie eines
vor Jahren abgestürzten Geislinger Alpinisten gefunden. Weiter keine Spuren. –
Am oberen Ende des Wandfusses, beim Jungfraubahn-Stollenloch, stand zufällig
Lothar Brandler. Sicherte uns mit seinem Seil das Mauerwerk hinauf.
Am Rande dieser Eiger-Rettungsaktion im August 1957 spielte sich ein
Zufalls-Meeting von Dhaulagiri-Kandidaten ab! Detlef Hecker und ich
waren bereits als Teilnehmer der Expedition 1958 gesetzt, dann kamen
noch Dr. med. Jerzy (Georg) Hajdukiewicz und Adam Skoczylas. Der
Höhepunkt dieses unerwarteten „Dhaulagiri-Treffens“ erfolgte, nach der
ermüdenden Schlepperei von Wiggerl Grammingers Stahlseilgeräten,
auf dem Eigergipfel oben. Sass da ein holländischer Alpinist, und sein
Bergführer war niemand anders als ein Dhaulagiri-Belagerer der ersten Stunde – Lionel Terray! Ich kannte ihn von Chamonix her, wo ich
mit ihm und seiner Frau Marianne in der gemütlichen Küche der Terrays
– einmal war auch der zukünftige Dhaulagiri-Erstbesteiger Hugo Weber dabei – gar manches Mal über Berge und Bergausrüstung fachsimpelte. Vor allem natürlich über Lionels „Terray-Schuh“. Einen idealen,
steigeisenfesten Bergschuh, der aber auch bei schwierigen Felsklettereien geschätzt war. Bevor ich in der wärmenden Abendsonnne vor dem
Biwak-Schneeloch auf dem Eigergipfel das Thema Dhaulagiri anzuDaniel Anker + Rainer Rettner,
schneiden wagte, las mir Lionel – übrigens, zusammen mit seinem AnAS-Verlag
napurnakameraden Louis Lachenal, 2. Begehung der Eigernordwand –
noch gehörig die Leviten und hielt mir mit strafendem Blick eine Standpauke, weil ich meine Steigeisen etwas schlampig anstatt mit einer anständigen Bindung gerade mal mit
ein paar schäbigen Lederschuhbändeln „befestigt“ hatte. „Alors, tes crampons sont pas du tout bien
réglés…“ Er, Terray, sei nicht hier oben – und dann noch mit einem holländischen Führergast – um die
ganze Rettungsaktion schliesslich mit der Rettung eines „Retters“ zu krönen, der sich fahrlässig eine blutige Nase holte. Zu allem Elend kam auch noch Hajdukiewicz mit einer weiteren weisen Belehrung: in Polen
würde man sagen „Lieber ein lebendiger Feigling als ein toter Held“… Recht hatten alle beide, denn
mein Schlendrian stand mehr als nur quer in der Landschaft. Mit dem holländischen Führergast von Terray
– Tom de Booij, inzwischen wie wohl die meisten von uns weit über 80 – bin ich auch heute noch in Kontakt. Und er lässt alle noch erreichbaren Eigerkameraden von damals herzlich grüssen… Wenn das nicht
ultramoderne Kommunikation ist – via Dhaulagiri-Jubiläumsschrift! Viel revolutionärer als altmodische
SMS oder Skype... Einen illustrierten Bericht von Tom könnt ihr übrigens auf seinem „world-wide web“ finden: www.egoproject.nl.
Trotz Terrays Strafpredigt getraute ich mir dann die scheue Frage an ihn, ob dieser Dhaulagiri nun wirklich
so „teuflisch schwierig“ oder gar „unmöglich“ sei wie von ihm und Annapurna-Expeditionsleiter Maurice
Herzog 1950 behauptet. Oder – saufrech! – ob sie damals nicht vielleicht ihr Pulver allzu lange am gleichen Berg verschossen und einen Tapetenwechsel nötig gehabt hätten… Was dann der wahre Grund zum
Rückzug vom Dhaulagiri gewesen sein könnte…? Terray wäre kein Franzose gewesen – sie sind viel diplomatischer als wir Schweizer – wenn er meine unverschämte Frage einfach mit Ja oder Nein quittiert hätte. Und seine etwas diffuse Antwort signalisierte ein mindestens teilweises Zurückbuchstabieren von seiner
ursprünglichen Position. Und liess noch etwas Spielraum zugunsten von Mayanghdigletscher und Nordostsporn übrig. Natürlich getraute ich mich nicht, dem grossen Terray offenzulegen, dass ich selber Aspirationen auf diesen Achttausender hegte. Ich befürchtete die Blamage einer Lachnummer, die ich mir – besonders nach meiner Steigeisenschlappe – lieber ersparen wollte! Bei unserer Vorläufer-Expedition 1958
war dann der Nordostsporn kein Thema, denn sowohl der damalige Expeditionsleiter Werner Stäuble, als
auch Sherpa-Sardar Dawa Tensing, zwei Kenner des Dhaulagiri, waren völlig von der „Birnen“-Route aller
Vorgängerexpeditionen eingenommen und lehnten – in bester Gesellschaft mit den Annapurna-Franzosen
von 1950 - die Nordostroute, „ein fürchterlich steiler Sporn, halb Gletscher und halb Fels“, schon wegen
des „viel zu gefährlichen Mayanghdigletschers“ kategorisch ab. Ein Gletscher, der sich in unserer 1960er
Expedition handzahm und artig zeigte und den Vizeleiter Ernst Forrer als „schöne Skitour“ erlebte. In den
Jahren darauf waren noch hie und da Extremskifahrer am Dhaulagiri, darunter der smarte Sylvain Saudan,
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„le skieur de l`impossible“, der sich seinen Latten ab ungefähr 7000 m ü.M. die ganze Eiswand hinunter anvertraute! 1982 – 22 Jahre nach der Erstbesteigung – fand dann endlich auch die „Birnen“-Route ihre Bezwinger, in der japanischen Seilschaft Komatsu-Saito-Yamada.
Noch vor dem Start unserer Dhaulagiri-Expedition 1960 besuchte ich Jerzy in seinem Wohnort Zakopane,
im polnischen Teil der Hohen Tatra. Eine relativ natürlich gebliebene Berglandschaft, in der noch derart
viele Wölfe lebten, dass erfolgreiche Schützen Prämien ausbezahlt erhielten! Hajdukiewicz zeigte mir das
für uns Schweizer besonders interessante Kohlenbergwerk von Kattowitz, wo mir – in einem kommunistischen Land – die vielen Bilder der heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergarbeiter, auffielen, während
von Regierungsgrössen und Parteibonzen nichts zu sehen war. Jerzy begeisterte noch Adam Skoczylas,
einen weiteren „Grindelwaldner“, zur Teilnahme an der DhaulagiriExpedition, wichtig für ihn als Samariter-Assistent. Die Polen litten unter
Devisenmangel und konnten nur wenig Geld an unsere Expedition beisteuern, dafür aber wichtige Naturalleistungen: Expeditionsarzt mit Samariter, sämtliche Zelte (zwar saumässig schwer, da nicht aus Nylon,
sondern aus Baumwolle, dafür aber grundsolid!) und warme Hochgebirgsschuhe aus Filz, alles „made in Poland“, sodass sie in ihren eigenen
Zloty bezahlen konnten und keine Devisen beanspruchten. Obwohl alles
andere als ein Parteigänger, konnte Jerzy vom etwas eigenwilligen, ja
fast dissidenten Staatspräsidenten Cyrankiewicz (einem jüdischen
Kommunisten – aber mehr Jude als Kommunist!) mindestens die nepalische Bewilligungsgebühr von ungefähr zweitausend Schweizer Franken
abluchsen. Einen relativ bescheidenen Betrag, aber in meiner damaligen
Schmalhans-Expeditionskasse nicht zu verachten. Während meinem Polenaufenthalt war mit Jerzy auch noch ein Bettelbesuch beim Nationalbankpräsidenten, einem Herrn Bajer, angesagt. Der privilegierte Staatsdiener begann die Audienz mit einem Gut-Wetter-Loblied auf die
Schweiz und den Finanzplatz Zürich, wo er für den Staat Polen laufend Gold einkaufe. Als es dann aber zur Sache ging, blieb Bajer beinhart. Nicht einen einzigen Goldbarren ( Wert damals unter fünftausend, heute rund fünfzigtausend Franken ) wollte er für die beiden polnischen Bergsteiger in Zürich liegen lassen... Später entpuppte er sich als „ein Lustiger“, der Jerzy drängte,
den Eiselin auszubooten und das nepalische Regierungspermit für eine polnische Expedition umzumünzen!
Schliesslich hätten ja nicht die Schweizer, sondern Genosse Cyrankiewicz die Bewilligung bezahlt… „Du
musst aufpassen, wenn du dich mit diesen Brüdern einlässt, denn Kommunisten waren schon immer die
‚besten Kapitalisten‘ “ warnte mich einst ein osthandelserfahrener Banker! Heute würde man wohl sagen:
„Mit den Säuli zu grunzen kann gefährlicher sein, als mit den Wölfen zu heulen“… Auf der Rückreise, bei
einem Zwischenhalt am Wiener Ostbahnhof, traf ich meinen alten Bergkameraden Erich Vanis, der kurz
vor der Abreise mit der österreichischen Dhaulagiri-Expedition stand. Ich legte ihm ans Herz, den Berg
besser auf der neuen Route - über den Nordostsporn - zu versuchen. Erich war erstaunt, da er noch nicht
viel von einer solchen gehört hatte, liess sich aber überzeugen. Vor Ort am Fuss der Dhaulagiri-Nordflanke
studierten Expeditionsleiter Fritz Moravec, Sherpa-Sardar Pasang Dawa Lama und schliesslich die gesamte Mannschaft dieser Austria-Expedition 1959 die Routenwahl. In seinem Buch „Berg ohne Gnade“
schrieb Fritz Moravec: „Ich fuhr mit dem festen Entschluss zum Dhaulagiri, den Angriff auf den Gipfel des
Weissen Berges auf der alten „Birnen“-Route unserer Vorgänger, über die Nordflanke zu versuchen… Aber
den gutgemeinten Ratschlag der Kameraden Eiselin und Hecker durften wir nicht unbeachtet lassen.“
Dann wurde abgestimmt, und die ganze Mannschaft entschied sich einstimmig für den Nordostsporn.
Selbst wer vorher der Meinung war, „der Schweizer“ wolle ihnen eine „teuflisch schwierige“ Fährte einflüstern, um im folgenden Jahr für sich selber einen noch jungfräulichen Dhaulagiri vorzufinden, tanzte nicht
mehr aus der Reihe!
Lorenz Saladin, der weitgehend unbekannte „Schuehni“ und Bergfotograf aus dem Solothurnischen, war schon in den Dreissigerjahren ein
eigentlicher Schweizer Expeditionspionier schlechthin. Er wurde zu
meinem Vorbild für Dhaulagiri und Hindukusch. Annemarie Schwarzenbach, Spross aus der reichen Industriellenfamilie des Politikers
„Rio Negro“, schrieb über ihn, und der Zürcher AS-Verlag gab kürzlich
einen grossartigen Prachtsband „Lorenz Saladin“ heraus, Autoren Emil
Zopfi und Robert Steiner. Persönlich gekannt von den Schweizer Kaukasus-Expeditionen 1933 - 36 habe ich lediglich Werner Weckert, dem
zusammen mit Walter Rickenbach auch Erstbegehungen im extremen
Fels gelangen, etwa 1931 der Südwand der Gr. Windgälle. Bei Hans
Schluchter und mir klappte es 1952 mit dieser Wand – tief beeindruckt
von Rickenbach und Weckert! Jahre später durfte ich Werner Weckert
– inzwischen zum Sportchef bei Jelmoli Zürich Bahnhofstrasse avanciert – eine grosse Bestellung italienischer „Cassin“-Felshaken liefern.
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Natürlich aus der Schmiede des gleichen Riccardo Cassin, mit dem und Carletto Mauri ich 1957 auf dem
Eigergipfel biwakierte. Endlich Gelegenheit, Werner Weckert – mit 30 Jahren Verspätung! – für seine fabelhafte Erstbegehung zu danken und ihm als kleine Anerkennung eine bodenständige Flasche zu überreichen: urwüchsiges Urner Enzian-„Wasser“ orig. Eigenbrand Epp Sepp von der Etzlihütte…
Gerade mal 23 „Lenze“ alt (wie Ernst Reiss, einer der LhotseErstbesteiger, zu sagen pflegte), packte mich so richtig der Drang,
in fremden, möglichst wilden Ländern unbekannte Gipfel zu besteigen. Bald einmal war mir klar, dass der Himalaja unerschwinglich
für mich war. Da kam mir das leuchtende Beispiel Lorenz Saladins
gerade recht: ’’ja, der Kaukasus ist es, der wäre massgeschneidert
für mich’’. Saladin konnte ja auch hingehen und erst noch mit den
berühmten Brüdern Abalakow klettern. Dazu finanziell sicher
günstig – die Sowjets , die sich zwar gerne als „Schutzpatrons des
Sports“ in Szene setzten, durften schliesslich schon mal etwas tun
„für den Arbeiter“. Gesagt, getan, aber bereits nach einem Gespräch
mit der Sowjetbotschaft in Bern war für mich „Feierabend“ –
Schweizer Bergsteiger (damals noch) unerwünscht! Keine Rede von
„Proletarier aller Länder, vereinigt Euch“… Dies ganz im Gegensatz
zu den Oesterreichern, die dank der Oesterreichisch-Sowjetischen Gesellschaft bei den Russen „dick drin“
waren und neben dem Kaukasus auch in weiteren Gebirgen des Riesenreiches ungehindert bergsteigen
durften. Da war uns happy Austria wieder mal mehr als nur eine Nasenlänge voraus. Wie später auch bei
den Achttausendern!
Doch so schnell und kampflos wollte ich mich nun auch wieder nicht geschlagen
geben. Auf den Sprung geholfen hat mir ein früherer Arbeitgeber, ein von den
Russen heiss umworbener Ingenieur, der sich in der gehobeneren Zürcher Gesellschaft von Clubs, Logen und Zünften bewegte. Er verwies mich auf „Zürichs
Roten Platz“, wie ich den Helvetiaplatz umtaufte, weil dort viel rote Politprominenz verkehrte. Und insbesondere legte er mir das eigentliche Epizentrum vom
„Roten Platz“ nahe, die Genossenschaft Literaturvertrieb – von Witzbolden auch
„Stalins Traktätli-Kiosk“ genannt. Denn diese Buchhandlung mit Dr. Heinz Egger
als Geschäftsführer gehörte der Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion. Amüsant,
dass selbst bei linksgefiederten Geschäftsleuten urkapitalistisches Konkurrenzdenken hochgehalten wurde, ging doch in „Stalins Traktätli-Kiosk“ auch der bekannte kommunistische Buchhändler-Konkurrent Theo Pinkus seinem Verdienst
Eispickel-Firnsicherung
nach. Egger war ein ausserordentlich freundlicher und hilfsbereiter Mensch und
„Abalakow“
gleich Feuer und Flamme für eine Schweizer Kaukasus-Expedition. Dazu erstaunt, dass die sowjetischen Botschaftsbeamten nicht besser spurten und versprach, „diesen Faulpelzen Beine zu machen“. Und wirklich, schon tags darauf rief mich Eggers Freund
„Edgi“ an, der sich als kein Geringerer als National- und früherer Zürcher Gemeinderat Edgar Woog herausstellte und der auf dem „Roten Platz“ von Zürich grosses Prestige besass, wohl wegen längerer Moskau-Studien, offiziell als Bibliothekar. „Wer`s nicht glaubt, bezahle einen Thaler…“ Woog setzte seine Berner Sowjetgenossen unter Druck, und siehe da – „jetzt wönd d`Birli falle“! Und ich durfte mit den ’’nobligen“
Herren Botschaftsbeamten eine Kaukasusexpedition wenigstens mal besprechen. Lust an derartigen Diskussionen mit „verbotenen Repräsentanten feindlicher Mächte“ hatten auch der bekannte Politiker, Rechtsanwalt und spätere Luzerner Polizeidirektor und Regierungsrat Albert, zusammen mit dem bodenständigen
Schützenkönig Emil und dem Krienser Gemeindepräsidenten Otti, der übrigens meinem Expeditionsbuch
„Erfolg am Dhaulagiri“ zu einer willkommenen Auflagesteigerung verhalf, indem er es zur offiziellen Ehrengabe der Gemeinde bei öffentlichen Anlässen auswählte, etwa bei
der Jungbürgerfeier. Zur Freude
auch von Orell Füssli, dem ältesten
Schweizer Verlag (und Banknotendrucker). Was diese guten Freunde
und Förderer meiner Expeditionen
faszinierte, war der Blick über den
Tellerrand lokaler Büenzlipolitik hinaus in fremde Welten oder gar - besonders kribbelig und brisant –
wenn`s hinter die damals noch undurchschaubaren Ostblockgrenzen ging. Die Russki versprachen zwar
Unterstützung, aber es blieb uns nicht verborgen, dass zwischen ihnen und Woog eine mindestens kühle,
distanzierte Stimmung herrschte, die nichts Gutes verhiess. Und tatsächlich gab`s noch immer keine Bewilligung für den Kaukasus. Als Edgar Woog hörte, es sei nichts zu machen, wurde der sonst eher ruhige, bedächtige Mensch Woog – im Buch von Emil Zopfi explizit als Kommunistenführer bezeichnet – sehr un-
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gehalten über seine Sowjetgenossen und machte einige Bemerkungen, aus denen zu schliessen war, dass
auch unter international führenden Kommi-Marxisten der Haussegen mal schief hängen konnte. Schade,
dass ich damals Mihail Monastirski noch nicht kannte, er hätte allen Problemen nullkommaplötzlich „den
Marsch geblasen“.
Nachdem wir nun ein politisches Oststaaten-Schwergewicht auf die Beine bringen konnten, wollten wir die
Situation möglichst gut nutzen und direkt nach den Sowjetrussen, noch am gleichen Nachmittag, auch die
Chinesen beglücken. Im Gegensatz zu vorhin bei den Russen wurden wir jetzt überaus höflich, ja freudig
empfangen. Sogar der Botschafter persönlich kam an den Tisch, an dem chinesischer Tee aus edlen Porzellantassen kredenzt wurde. Eher ungewöhnlich, mit Teetassen anzustossen, aber da der Botschafter nun
einmal die Initiative zu diesem Ritual ergriffen hatte, zelebrierten auch wir „Gewöhnlichen“ diesen Kult freudig mit. Tee in Porzellan klang und schmeckte zwar nicht so gut wie Bordeaux in Glas, aber freundlich und
lustig war`s alleweil. Thema unseres Besuches war der zweite noch unbestiegene Achttausender der Erde,
die Shisha Pangma in Tibet. Auch hier freundliche Zusage auf Unterstützung, doch „rauskomm`n is nix“.
Nicht vor 1964 ging dann diese letztmögliche Achttausender-Erstbesteigung über die Bühne – von den
Chinesen natürlich für sich selbst reserviert! Erst 47 Jahre später, im April 2011, machte die Shisha Pangma wieder einmal Furore. Als der Berner „Speedkletterer“ Ueli Steck im Alleingang und leicht beflügelt in
wenigen Stunden der bis dahin noch undurchstiegenen Südwestwand eine elegante Direttissima abtrotzte!
Dass Edgar Woog – manchmal ein etwas weltfremder, phantasievoller
Schwärmer – mit Bergsteigen irgend etwas am Hut hatte, nahm ich nicht
an. Doch 2009 wurde ich eines Besseren belehrt. Im Buch „Dichter am
Berg“ von Emil Zopfi (AS-Verlag), dem geistreichen Berg-, Kletter- (und
Krimi-!) Autor, fand ich – Jahrzehnte nach Woogs Tod – ein Bild von ihm:
1917 in Wadenbinden und Nagelschuhen und stolz mit seinem Eispickel
posierend auf dem Surenenpass, neben dem bekannten Alpinschriftsteller Alfred Graber. In seinem Buch schrieb Emil Zopfi über den begnadeten Literaten Graber: „Zu seiner kritischen Gesinnung hat sicher die
Jugendfreundschaft mit Edgar Woog beigetragen, seinem Klassenkameraden aus der Mittelschule… Die ideologische Position seines Freundes
teilte Graber nicht, sie diskutierten heftig und kontrovers. …Ihre Freundschaft hielt ein Leben lang.“
Woogs „gute Beziehungen“ reichten aber nicht bloss in den Kaukasus
oder zum Pamir, sondern – via Moskauer und vor allem Pekinger „Amigos“ – weit über das Sowjetreich hinaus sogar nach Kathmandu. Ein Knotenpunkt war dort das Indian Embassy Post Office, das in Nepal für sämtTitelbild: der Bergsteiger Max Frisch
liche Auslandspost zuständig war, während sich die nepalische Post nur
mit inländischen Verbindungen abgab. Daher waren Briefe aus Nepal bis
etwa 1959 nicht mit nepalischen, sondern mit indischen Briefmarken frankiert. Indien übte auch illegalerweise eine Kontrolle über den ganzen schriftlichen Auslandsverkehr Nepals aus. Briefe und Telegramme
wurden geöffnet, kopiert und erst mit Verspätung an die berechtigte Adresse weitergeleitet. Dabei hörte ich von Mitarbeitern des Schweizerischen Hilfswerkes von brisanten Verwechslungen bei solch „übelzeitiger“ Bespitzelung durch Big
Brother India… und auch UNO-Experte Werner Schulthess
konnte darüber ein Liedlein singen. Auffälig auch, dass ein
kleiner indischer Beamter auf unauffälligem Pösteli im „berühmten“ Indian Embassy Post Office derart fleissigen Umgang im Singha Durbar pflegte, dass er von den Beamten im
Foreign Ministry Nepals quasi als graue Eminenz gefürchtet
war. Der „Anschluss“ des Königreichs Sikkim an Indien lässt
ebenfalls tief blicken! Umso bewundernswürdiger König Mahendras bravourös gelungener Spagat zwischen China und
Indien. Nicht zuletzt dank amerikanischer Schützenhilfe, eingefädelt durch Toni Hagen und den in Kathmandu residierenden Jesuitenpater Father Moran.
Einige Jahre später war es dann so weit, endlich eine Kaukasus-Expedition durchzustieren. Ich organisierte sie als
Alfred Graber (L) und Edgar Woog, 1917 in Nagelschu„Reisebüro-Expedition“, wo sich Kunden bei mir wie bei Kuhen und Wadenbinden auf dem Surenenpass (Zopfi
’’Dichter am Berg’’ AS Verlag)
oni zu einer Mallorca-Reise einschreiben konnten. Es war
wohl die weltweit erste reisebüromässig „offene“ kommerzielle Bergsteigerexpedition überhaupt. Mit deren Leitung ich den Thuner Bergführer Paul Müller
betraute und an der teils prominente Kunden, etwa der spätere Skiakrobat Art Furrer mitmachten. Arthur
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ist heute Hotelier und Bergführer auf der Riederalp im Wallis, nach sagenhafter Amerikakarriere als Skiakrobat. Ueber diesen Dhaulagiri-(und Kaukasus- !) Rückblick freut er sich sehr. Es wird ihm ein Vergnügen
sein, möglichst viele Kaukasuskameraden von anno dazumal in seinem Hotel begrüssen zu dürfen, und er
hält euch einen feinen Tropfen Dôle auf Pikett! Vielleicht lässt er gar einen Humagne springen, „älteste
Traube des Wallis, ein ganz edler Tropfen“. Und der dies sagte, war nicht irgendwer, sondern ein Weinkenner par excellence, der wusste, wovon er sprach. Natürlich aus seinem eigenen Weinberg in Visperterminen – dem höchstgelegenen von Europa. Mit dem Kaukasus erhoffte ich mir weitere Erfahrungen für die
Organisation grösserer Expeditionen, insbesondere in die Welt der Achttausender. Ein Jahr später empfingen wir in der Schweiz die gleiche Anzahl russischer Bergsteiger für ebenso lang dauernde Bergtouren im
Berner Oberland und im Wallis. Ein typisches Kompensationsgeschäft, wo kein Geld fliessen musste. Besonders verdient um diese Kaukasus-Expedition machte sich „Wladimir“, der Zweite Sekretär der Berner
Sowjetbotschaft, ein urgemütlicher, kreuzfideler Wodkaverehrer und „typischer Russe“, der das Leben von
der Sonnenseite nahm „bis zum Bach hinunter on the sunny side of the street“, um mit gelungenen Politwitzen über seine spannende Mission im Westen und das Sowjetsystem aufzuklären… Und der wegen jeder
Kleinigkeit, die man ebenso gut telefonisch erledigt hätte, extra nach Luzern verreiste. Offensichtlich genoss er es, vom Büromief an der Berner Brunnadernstrasse „happy-go-lucky“ in die Freiheit zu entwischen
- auf jeden Fall kein „Kind von Traurigkeit“!
Waldis:
Dein Wunsch auf eine „Vorstufe“ zum Himalaja – wie etwa auf die schwierigen Fels- und Eisrouten der kaukasischen Fünf- und Sechstausender – war sicher jedermann verständlich. Aber beim hiezu notwendigen
Anbandeln mit sowjetischen Amtsstellen und dem damit verbundenen Flirt mit notorischen Politikern vom
Zürcher „Roten Platz“ – wie du den Helvetiaplatz so schön umgetauft hast – wirst du dir in der Schweiz
nicht nur Freunde gemacht haben! Bekanntlich tobte ja auch damals, in den Fünfzigerjahren des letzten
Jahrhunderts, der Kalte Krieg zwischen West und Ost auf vollen Touren. General Guisans ausgesprochene
„Erleichterung“ wegen der Ostfronteröffnung – dank der die deutsche Wehrmacht auch der Roten Armee
Paroli bieten musste – ändert daran so wenig wie der plötzlich aus dem Boden geschossene „Kampftrupp
Stalingrad“ an der Kantonsschule Luzern durch Söhne gestandener Bürger!
Eiselin:
War alles nur halb so schlimm. Und wenn, dann war ich meistens selber schuld, weil ich ganz gerne ein
wenig provozierte und manchmal mit zynischen Antworten nicht gerade sparsam umging. Aber im Grossen
und Ganzen waren alle Leute – sowohl aus der roten wie aus der schwarzen Ecke – doch sehr tolerant und
begriffen, dass es beim Kaukasus ums Bergsteigen und nicht um politische Vorlieben ging. Das galt vom liberalen Parteisekretariat, das für mich administrative Arbeiten erledigte (inklusive Rechtsanwalt Dr. Alex
Wili) bis hin zu „Stalins Traktätli-Kiosk“ vom Roten Platz in Zürich… Und dazu hatte ich das Glück, bei puritanischen Gemütern eh ein nicht ganz voll zu nehmender „Dhaulagiri-Geröllhaldenspinner“ zu sein. Welchen Kosenamen mir der witzige Luzerner Künstler, Bergsteiger und Fasnachtszeitungs-Journalist „Jonas“
alias Werner Jud ehrenvoll verpasste. Nachdem er bereits in der lokalen Fasnachtszeitung „Galli-Schnörre“
den Dhaulagiri-Anmarsch in ein fast schon fasnächtliches „Dhaulagiri am Arsch“ umtaufte. Das war typisch
mein alter Bergkamerad Jonas, der sich – obwohl längst verstorben – bei mir noch tagtäglich mit seiner
prächtigen Eisenplastik des Salbit-Südgrates in Erinnerung ruft!
Aber trotz Toleranz und allen Freundlichkeiten bin ich da mindestens einem kleinen Möchtegern-McCarthy
vom Postscheckamt Zürich sauer aufgestossen, der in vorauseilendem Gehorsam nach Bundesbern meldete: „Ein Eiselin aus Kriens zahlte Fr. 5.35 an die Gesellschaft Schweiz-Sowjetunion, für Bücher.“ Tatsächlich erstand ich mir in der Buchhandlung am Helvetiaplatz zu unglaublichen Discountpreisen (SowjetWerbebudget?) zwei illustrierte, völlig unpolitische Werke über die Pamir-Siebentausender im – damals
noch sowjetischen – Tadschikistan und Kirgistan. Und weil ich wieder mal nicht genügend „Stütz“ im Sack
hatte, geriet ich – man höre und staune – dank Postcheck-Einzahlungsschein ins Fadenkreuz polizeilicher
Vaterlandsverteidiger. Diese fünf Franken fünfunddreissig hatten Folgen, denn der Buchkauf wurde „fichiert“, d.h. fein säuberlich in einer Karthothek registriert. Viele Jahre später flog dann in der Schweiz bekanntlich der ominöse „Fichenskandal“ auf, und die Fichierten konnten endlich lesen, was sie verbrochen
hatten. In meinem Fall besonders brisant, dass diese Fiche schon seit meinem neunten Lebensjahr existierte. Genau genommen wurde sie jedoch auf meinen – immerhin 47 Jahre älteren – Vater ausgestellt, der
ebenfalls Max hiess, sodass wegen des gleichen Vornamens einige Konfusion in den polizeilichen Amtsstuben entstand. Als der Fichenskandal publik wurde, war mein Vater schon längst verstorben und konnte
zu Lebzeiten keine Ahnung von so viel amtlicher Zuneigung gehabt haben. Zu Beginn der 1940er Jahre –
wer sonst weiss überhaupt, dass schon damals fichiert wurde? – muss irgend ein „Höherer“ auf die Idee
gekommen sein, mein Vater könnte wegen seiner allgemeinen Wertschätzung der Italianità eventuell auch
ein Fan von Benito Mussolini gewesen sein und gehöre auf eine schwarze Liste… Das war schweizerische
Landesverteidigung pur und in Reinkultur nach allen Ecken und Kanten. Was übrigens schon die Nazi herausfanden sodass sie „dem Führer“ empfahlen, besser die Finger vom „Stachelschwein Schweiz“ zu las-
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sen! Das hinderte sie aber nicht daran, unser Land gleichzeitig in einem Soldateska-Gassenhauer zu „würdigen“: „Die Schweiz, das Stachelschwein, die nehmen wir im Rückzug ein, mit der Berliner Feuerwehr“…
Die Beamten in den russischen Amtsstellen waren von ihrem Sowjetsystem sowieso nie überzeugt, auch
wenn sie es nur unter vier Augen zugaben. Unser Expeditionsleiter Klaus Lang, durch unsere Expeditionsreisen zu einem profunden Kenner nicht nur der dortigen Berge, sondern auch der Menschen geworden,
hat es treffend gesagt: nie dürfe man sich über Mütterchen Russland lustig machen oder über die russischorthodoxe Kirche spötteln. Solch frivoles Tun sei nur über Sowjetsystem und Kommunismus gestattet und
da würden die Russen auch selbst noch so gerne mitmachen. Ein Wunder, dass sich dieser Staat überhaupt so lange halten konnte, wo doch in vielen Grossfamilien Nachkommen von Stalins über einer Million
unschuldiger russischer Mordopfer lebten. Darunter
auch Bergsteiger aus der Umgebung von Abalakow,
wie „Mihail Dadiomow, Saladins Dolmetscher und
Freund… Fast die gesamte russische Bergsteigerelite
geriet ins Visier der Geheimdienste.“ (Emil Zopfi / Robert Steiner „Lorenz Saladin“ AS-Verlag). Schon 1948
konnte ich in Kravtschenkos Buch „Ich wählte die
Freiheit“ lesen, dass das Sowjetsystem auch in den
kommenden Generationen langfristig keine Chancen
fände, weil ausschliesslich Erziehung durch Mütter
und Grossmütter (im Gegensatz zu staatlichen Dogmen) überzeugende und verpflichtende Spuren hinterlasse. Und diese Spuren würden nicht in Richtung Ok„Yeti“ und „das Matterhorn von Pokhara“, der Sechstausender Machapuchare (R) und Annapurna II 7937 m (L).
toberrevolution weisen…
Waldis:
Nachdem die österreichische Dhaulagiri-Expedition 1959 trotz deinem Ratschlag Nordostsporn durch viel Pech ebenfalls zum Rückzug
gezwungen worden war, bekam deine Nepalbewilligung 1960 für die
Erstbesteigung des höchsten noch unbezwungenen Berges der Erde
Goldwert. Quasi über Nacht. Bei der enormen internationalen Konkurrenz mit berühmten Sponsoren wie Staatspräsidenten, Militärdiktatoren und gekrönten Häuptern war es für uns Schweizer wohl nicht so
einfach, sich bei den massgebenden nepalischen Regierungsstellen
Geltung zu verschaffen?
Eiselin:
Klar konnten wir im Gegensatz zu andern Ländern weder einen General Peron noch die Queen oder sonst ein
Staatsoberhaupt für uns auf Trab bringen. Ja, nicht einmal ein Konsulat hatte unsere Eidgenossenschaft in
Kathmandu, und das „Swiss Embassy“ lag weit weg von
Nepal, in Indiens Hauptstadt Delhi. Aber trotzdem – wir hatten zwei grosse persönliche Trümpfe, die noch viel griffiger und unbürokratischer zupacken konnten, als dies
offiziellen staatlichen Amtsstellen möglich gewesen wäre!
Ansonsten hatten in Nepal, wie schon immer, die Engländer
die besten Karten, schon weil sie Nepals wichtigste Geschäftspartner waren. Die Nepali durften den britischen Botschafter, Sir Christopher Summerhayes, nicht enttäuschen
und Colonel James ’’Jimmy’’ Roberts, Militärattaché, aber
auch genialer Trekkingorganisator, schon gar nicht. Roberts
war nicht nur berühmter Expeditionsleiter der Erstbesteigung
des kühnen ’’Matterhorns von Pokhara’’, des Sechstausenders Machapuchare, sondern auch Kommandant und damit
Brötchengeber der Gurkhasoldaten, des nepalischen Söldnerheeres unter britischer Flagge, Nepals wichtigstem „Exportartikel“. Schlacht um Monte Cassino 1944 lässt grüssen!
Wie in der Schweiz vierhundert Jahre früher die Reisläufer,
König Mahendra Bir Bikram Shah von Nepal (L) und der
Schweizer Ing. agr. und UNO-Experte Dr. h.c. Werner
Schulthess, ebenfalls einer unserer Expeditions-Götti
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etwa bei Marignano 1515... Genau wie schon damals die Alten Eidgenossen, sandten auch die Gurkhas ihren Lohn heim an ihre Familie, was für Nepals Volkseinkommen nicht ganz ohne war.
Unsere zwei wichtigen Trümpfe in Kathmandu waren die beiden Schweizer UNO-Experten Werner
Schulthess, Ingenieur Agronom aus Wädenswil, und Toni Hagen, Geologe von der Lenzerheide, die beide sich mit Herzblut für uns einsetzten.
Dr.h.c. Werner Schulthess (22.2.1924 –
12.12.2011) war für die Nepali ein wahrer
Wohltäter. So brachte er ihnen, nebst
unzähligen andern Tätigkeiten, eine
effizientere Milchverarbeitung bei, lehrte
sie das Käsen und errichtete Molkereien
und Käsereien bis hoch hinauf in die Fünftausenderregion des Langtangs. Unterstützung fand er
vor allem durch den bodenständigen Entlebucher Sepp Dubach, der selbst mit rauen Sherpas besonders leicht ,,z’schlag kam’’, aber Jahrzehnte nach Nepal im Einsatz für die Indios von Ecuador
durch einheimische Räuber ermordet wurde, zusammen mit seinem ältesten Sohn! Werner
Schulthess hatte freien Zugang zu den Amtsstuben des Singha Durbar, dem überbevölkerten Beamtenpalast der nepalischen Verwaltung, und ihm verdankten wir viele wichtige Informationen und Bewilligungen.
Auch stellte er uns seinen Sekretär, Manick Lal Gurubacharya, zur Verfügung, der für die Erledigung unseres amtlichen Papierkrieges gar nicht mehr wegzudenken war. Desgleichen auch den schon seit längerem
in Kathmandu bei ihm tätigen Walliser Bergsteiger Jean-Jacques Roussi, der schliesslich sogar noch
Teilnehmer unserer Expedition wurde – und den Gipfel nur um Haaresbreite verfehlt hatte.
In ihrer grenzenlosen Grosszügigkeit haben Heidi und Werner Schulthess unseren Expeditionen – einer
ganzen Bande von über einem Dutzend Bergsteiger! – ihren gepflegten Wohn- und Amtssitz ’’Ekanta Kuna’’ (= stiller Winkel), ein prächtiges Patrizierhaus aus der Ranazeit, als unser ’’Kathmandu-Basislager’’
zur Verfügung gestellt. Wahrlich als ”open house”, denn hier durften wir schlafen und lärmen, singen und
streiten, kochen und saufen, kurz schalten und walten wie wir wollten. Besondere Freude machte uns ein
Nepali-Trompeter, der fast täglich frühmorgens im Innenhof ’’Die Brücke vom Kwai’’ hinschmetterte und
damit den letzten Himalaja-Siebenschläfer aus dem Schlafsack jagte. Ich gab ihm den Namen ’’Sardar
Louis Armstrong Lord of Everest’’. Tönte adäquat aristokratisch…
Ebenfalls wichtig für Nepal war uns der Geologe – und gewiefte
Diplomat – Dr.h.c. Toni Hagen, den ich zu Hause in Luzern, wo
auch seine Mutter wohnte, treffen konnte. Er wurde zu unserem
eigentlichen Ehrenportier bei König Mahendra Bir Bikram Shah,
wo er immer offene Türen vorfand und uns schon das Permit für
die Vorläuferexpedition 1958 ermöglichte. Toni Hagen hatte
Einblick in wichtige und vertrauliche Angelegenheiten des Königreichs und war in vielen Fällen Vertrauter und Berater des
Königs, aber auch – erstaunlich! – von dessen politischem Gegenspieler, Prime Minister B.P. Koirala, der zum engsten persönlichen Freundeskreis von Toni Hagen gehörte. Einmal geriet
mir der Dhaulagiri in ernsthafte Schieflage, weil potentere Kreise sowohl aus der Schweiz als auch vom Ausland Lust auf ihn
bekamen und mir an den Kragen wollten. Sie bearbeiteten nepalische und schweizerische Scharnierstellen, wo sie mehr Einfluss spielen lassen konnten als mir möglich. Daher nichts wie
Toni Hagen, Skizze von Paul Erni
los und „auf in den Kampf, Torero“! Noch bevor ein neuer Hickaus seinem Buch „Namaste“
hack um asiatischen Amtsschimmelschmus seine Schatten
(Gruss: „Ehre sei Dir!“)
vorauswerfen konnte. Roch zwar verdächtig nach Fehdehandschuh, schadete aber trotzdem nichts, war einfach eine Rauferei zwischen Betonköpfen und
„Chnebelgrinden“. Nur dass es diesmal um eine exklusive nepalische Konzession ging, gnädigst
einen Hoger besteigen zu dürfen. Dessen einmaligen Seltenheitswert das Königreich Nepal verständlicherweise kassentechnisch clever auszuwerten verstand. Und ebenso normal, dass auch
Andere Lust auf den Leckerbissen „Dhaulagiri“ verspürten. Einige dieser Kandidaten kamen zwar
reichlich spät auf den Geschmack und fürchteten wohl auch – und nicht einmal ganz zu Unrecht –
dieser attraktive Achttausender könnte Gefahr laufen, einer Expedition ausgeliefert zu werden, die
schon weit unter dem Basislager „Matthäi am Letzten“ jammern müsste… Wegen chronischer Rupien-Insuffizienz!
In der Schweiz hatte ich Glück. Fast an allen Schaltstellen sass irgend ein Bergkamerad, Militärdienstkollege, „Onkel“ oder Götti. Und auch der Grand Old Man des SAC, „Alpen“-Redaktor Dr.h.c.
Max Oechslin, und sogar ein Oberst und Regimentskommandant hielten mir gewöhnlichem ’’Tätu’’
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die Stange. Ob ich einen Feind in „Bundesbern“ habe, fragte der Oberst zurück... In Nepal war’s für
mich etwas komplizierter. Dort war ich nicht so eng vernetzt und die Dienste von Toni Hagen umso
gefragter. Zusammen mit unserem österreichischen Expeditionsteilnehmer Kurt Diemberger, der
mir gerade in Luzern einige Wochen bei den Expeditionsvorbereitungen half, konnte ich Toni Hagen
in seinem Chalet auf der Lenzerheide finden. Sein Markenzeichen war schon immer ’’kurz und bündig’’, auch diesmal mit seiner Antwort auf mein Problem: ’’Diese Geldsäcke wollen dir das Regierungs-Permit abjagen. So werden solche Grosskonzerne gross! Wird ihnen nicht gelingen. Ich
schreibe noch heute dem König.’’ Sagt’s, stand auf und lud zu Kaffee und Kuchen...
Auch organisierte mir Toni Hagen eine sogar bei Nepalkennern als
absolut unmöglich geltende Flugbewilligung, dank der wir mit unserem Pilatus-Porter in ganz Nepal ohne jede Einschränkung herumfliegen und auf jeder von uns gewünschten Yakweide und allen Schneefeldern oder Gletschern, egal in welcher Höhe, landen
und starten durften! Und dies, ohne beim Bara Hakim (Gemeinde„Oberjuhee“) noch lange betteln zu müssen und erst noch in einem Land, wo damals jeder Spaziergang ausserhalb der Hauptstadt Kathmandu eine behördliche Bewilligung für allerhand
„Check-Posts“ erforderte. Begreiflich, dass selbst gute Freunde
meinen Geistesblitz von Gletscherflugzeug als absurde, naive
„Max- (=Schnaps-) Idee“ mitleidig belächelten. Aber der gerissene
Stratege von der Lenzerheide ritzte für mich sogar Schnapsideen!
Toni Hagen (1917 – 2004) war einer der besten – und frühesten – Nepalkenner. Schon ab 1950 hat er das bis dahin Ausländern verbotene
Land im Verlauf von acht Jahren viermal zu Fuss durchwandert und
dabei eine Strecke von 14´000 km zurückgelegt! Er wurde zu einem
wahren Freund der Nepali und auch der tibetischen Flüchtlinge, für die er sich sowohl bei der UNO als
auch beim Roten Kreuz mit Herzblut einsetzte. Was viel dazu beigetragen hat, dass allzu kühne chinesische Wünsche im Sand stecken blieben. Sein Buch „Brücken bauen zur Dritten Welt“ (Academia 1992) –
mit kritischen Seitenblicken auch auf Himalaja-Expeditionen und deren Hintermänner – sowie der grossformatige Prachtsband „Nepal – Königreich am Himalaja“ (Kümmerly & Frey 1960) sind für jede Bibliothek
eine wertvolle Bereicherung.
Die sogenannten ’’Congress-Sikkimesen’’ unter Nepals Journalisten und Politakteuren im Singha Durbar –
die damals vom „Anschluss“ des unabhängigen Königreichs Sikkim an
Indien schwärmten – haben versucht, die Monarchie anzuschwärzen und
König Mahendra als kraftloses ’’Herrensöhnli’’ hinzustellen. Der sich vom
nepalischen Volk ohne Gegenleistung aushalten lasse und den sie als
’’Ziehsohn von Mao’’ verspotteten, weil er öfters und auch während
längerer Zeit in Peking ’’Ferien machte’’. Nichts so falsch wie das! Ganz
im Gegenteil erkannte König Mahendra mit feinem Gespür, dass die –
damals erst lokale – Grossmacht China, die Nepal mehr oder weniger
als Hinterhof Indiens behandelte, ein eminentes Interesse daran haben
sollte, zum Volk von Nepal gut Sorge zu tragen und es vor überrissenen
Forderungen Indiens zu schützen. Nicht zuletzt, um den natürlichen
Achttausender-Grenzwall Himalaja zum ewigen Erzrivalen Indien
hin mit möglichst chinafreundlichen Nepali ’’bestückt’’ zu lassen. Auch
hat es der Schlaufuchs Mahendra ausgezeichnet verstanden, China und
Indien gegeneinander auszuspielen und dabei wichtige Vorteile für Nepal
einzuhandeln, so etwa die durch China finanzierte „Chinesen-Strasse“
von Kathmandu an die tibetische Grenze. Maos Wunsch, die vielen tibetischen Flüchtlinge dafür retour zu ihm zurück abzuschieben, beantwortete König Mahendra dem mächtigen Diktator trotz Chinesenstrasse mit
einem stolzen ’’No Sir!’’. Auch nicht ein einziger tibetischer Flüchtling wurde von den Nepali ’’heim ins
Reich (der Mitte)’’ ausgeschafft... Armer Mao, sein China ist ja sonst schon „eine Insel, die zwar nicht von
Wasser, aber von schwer passierbaren Regionen umgeben ist, die das Land effektiv vom Rest der Welt
abschneiden“! (G. Friedman)
Auch heute, ein halbes Jahrhundert später, spielen die beiden „Schwellenmächte“ China und Indien noch
immer Katz und Maus miteinander. Und wie zur Bestätigung der Feststellungen von 1960 spricht etwa der
neueste „Vertrauliche Schweizer Brief“ – eine besonders gut informierte Nachrichtenquelle – davon, dass
sie noch immer nicht aufgehört haben, miteinander zu gifteln:
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Briefporto
5 Milliarden
Mark!
Inflation lässt
grüssen
Dhaulagiri-Expedition 1958: Sardar Dawa Tensing beim Zahltag der Kuli - Träger bis ins Basislager. Links aussen Liaison Officer Chetry, später Polizeichef von Namche Bazar.
(Kaspar Winterhalter „Der letzte Achttausender“ Hallwag)
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www.vertraulicher.li
Nr. 1291 (Zufall: Geburtsjahr der Eidgenossenschaft…)
1.7.2011 !
* <<Immer wieder kommt es zu Grenzstreitigkeiten im Himalaja zwischen China und Indien. Die grösste…
* Das hat es seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr gegeben: Der Rüstungswettlauf in Asien
schlägt alle Rekorde. Chinas wachsende Macht empfindet die Region als Bedrohung; entsprechend rüsten
alle…
* Unbestritten ist, dass Indien viel Geld in die Hand nimmt, um auch auf einen Krieg (!) vorbereitet zu sein.
Der entscheidende Grund heisst China. Denn die Regierungen von Japan über Taiwan bis Indien fürchten…>>
Waldis:
Als wäre die Erstbesteigung eines Achttausenders nicht bereits Abenteuer genug, hast du mit deiner Expedition auch noch als weltweit Erster mit dem Einsatz eines Gletscherflugzeuges in der dünnen Himalaja-Luft experimentiert. Was hat dich auf diese, für den Himalaja völlig neue, um nicht zu sagen verrückte, Idee gebracht? Bestimmt hast du dir mit dem bisher noch nie durchgeführten Himalajaeinsatz eines
Gletscherflugzeuges, das du auf „Yeti“, den Namen des unheimlichen Schneemenschen, getauft hast, auch
viele unvorhersehbare Probleme aufgehalst. Und war ein solches Flugzeug für deine doch eher arme Expedition nicht überhaupt eine Schuhnummer zu gross?
Eiselin:
Ja, zugegeben, schon etwas gross! Aber bei einer früheren Expedition erlebte ich die ganze Logistik von
Ausrüstung und Verpflegung als träge, unzuverlässig und kompliziert. Besonders wenn die Träger wegen
plötzlichen Lohnforderungen oder wegen Angst vor Berggeistern in Streik traten und ihre Traglasten in einer Geröllhalde oder auf dem Gletscher liegen liessen. Weil sie
alle paar Tage ihren Lohn ausbezahlt wollten, aber nur
Münzen akzeptierten und kein Vertrauen in Papiergeld hatten, mussten wir auch schon allein für das Nachschleppen
des schweren Metallgeldes ein halbes Dutzend zusätzliche
Extraträger unter Vertrag nehmen! Die Münzen bestanden
zwar nur aus billigem „Trompetengold“, waren aber für die
Kuli (und ihre Familien) trotzdem ein Segen.
Zwei Flugpioniere, 1972 im Verkehrshaus
L: Erich Warsitz, 1939 Pilot des ersten Strahlflugzeugs, schnellstes der Welt.
R: Gerhard Fieseler, 1934 Kunstflugweltmeister,
1936 Erfinder des „Fieseler Storch“, damals
langsamstes Flugzeug der Welt, mit kürzester
Start/Landestrecke (ex Alfred Waldis, „Gastgeber Verkehrshaus der Schweiz“)
Auch hatten wir uns in den Alpen bei Rettungsaktionen schon
einige Zeit an den Einsatz von Gletscherflugzeugen gewöhnt,
in Nepal jedoch war man noch lange nicht so weit. Dabei sind
dort die Strecken vom Ort eines etwaigen Bergunfalls bis
zum nächsten Spital noch viel länger. Vom Dhaulagiri damals mindestens fünf Tage Fussmarsch, mit Gletscherflugzeug nicht einmal eine Stunde! Was lag da näher, als
mir auch darüber Gedanken zu machen? Insbesondere natürlich über Francisco Ibañez, den Leiter der argentinischen
Dhaulagiri-Expedition 1954, der trotz wochenlangem Leidensweg im Spital von Kathmandu, nach der Amputation beider
Beine, seinen schweren Erfrierungen erlegen war.
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Ein Jahr vor unserer Expedition gelang in der Fliegerei erst noch eine bahnbrechende Erfindung. Henry Fierz, Technischer Direktor und Konstrukteur bei den Pilatus Flugzeugwerken in Stans, „als Flugzeugkonstrukteur bestimmt das beste Leichtbau-Genie weltweit“ (Roger Manzardo in
„Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik“) erfand just auf unsere Expedition hin mit dem Pilatus Porter PC-6 (Porter = Träger) ein
langsam fliegendes Gletscherflugzeug neuer Dimension, das Luftfahrtgeschichte schrieb und selbst den bisherigen Weltmeister Fieseler
Storch in den Schatten stellte. Dieser „Träger“ Pilatus Porter, mit Kosenamen „Jeep der Lüfte“, konnte buchstäblich die Lasten fast eines halben Güterwagens oder mindestens einer kleineren Himalaja-Trägerkolonne aufnehmen und in Windeseile auf 6000 m hinauf und einen Verletzten noch
schneller hinuntertragen.
Als ich meinen Expeditionskameraden das Gletscherflugzeug ankündigte,
mussten sie zuerst einmal leer schlucken. Ja, ich hatte sie mit dieser revolutionären Idee richtiggehend „im Nachthemd erwischt“, denn schliesslich war
Henry Fierz, 1959 Konstrukbisher noch nie ein Gletscherflugi im Himalaja. So etwas Verrücktes hatte
teur des Pilatus Porter (Roger Manzardo„Fünf Pioniere
keiner erwartet, aber nach und nach hatten alle den unerwarteten Brocken
des Flugzeugbaus’’)
mit Fassung verdaut und sich mit dieser „Spinneridee“ abgefunden. Mit der
Zeit kam sogar Begeisterung auf, und schlussendlich hat die Faszination
Fliegen vollends gewonnen. „…durch den Himmel zu gehen, werden wir versuchen“ soll schon Ovid, 43
v.Chr. – 17 n.Chr., gesagt haben…
Nicht nur Unglück, auch „Glück kommt selten allein“: durch unwahrscheinlichen Zufall fanden wir im Militärpiloten Ernst Saxer einen begeisterten Bergsteiger und Gletscherpiloten, der von der Herausforderung
Dhaulagiri fasziniert war. Als dann die Pilatus Flugzeugwerke die Porter-Crew noch mit dem erfahrenen
Mechaniker und Piloten Emil Wick komplettierten, stand unserem Glück in den Himalajalüften nichts
mehr im Wege. Und dann ging alles sehr schnell. Testpilot Rolf Böhm nahm sich Saxer und Wick zur
Brust und fuchste unsere beiden Piloten voll in die letzten Kniffe und Geheimnisse des „Yeti“ ein. Fehlte nur
noch die Stewardess zum Verwöhnen der verhätschelten Herren an Bord, welchen Posten ich gerne mir
selber zuschanzte, weil ich dafür die Reise Schweiz – Indien – Nepal im abenteuerlichen, einmotorigen
„Yeti“-Langsamflug, in geringer Höhe über Siedlungen und Dörfern und in Menschennähe anstatt im „weltfernen“ Kursflugzeug mitmachen durfte. Und - zugegeben! - mit Flugzeug ’’Yeti’’ auf Expedition war für
mich nebst allen praktischen Gründen vor allem auch ein grandioser Plausch...
Jahre nach der DhaulagiriExpedition trafen meine Frau Heidi
und ich bei einem Nachtessen in
der Stanser Wirtschaft des „HudleFritz“ (so genannt, weil er mit Lumpensammeln ein Vermögen gemacht haben soll) ganz zufällig unseren „Yeti“-Piloten Emil Wick. Mit
seinem ihm eigenen kabarettistischen Talent erzählte er uns gestenreich eine Anekdote, die er bisher geheim gehalten hatte: Freude
am „Yeti“ habe auch der damals in
König Mahendras Sommerpalast
am Pokharasee residierende MaoVize Tschu En-lai gezeigt. <<Schon
in Kathmandu karrte die Regierung
Volksmassen auf die Strasse, die
„Pilatus Porter“, neuestes Turboprop-Modell
lautstark ’’Tschu En-lai, Tschu Enlai, Tschu En-lai’’ skandieren mussten. Eines frühen Morgens erschienen höhere, von Kathmandu
eingeflogene Polizeibeamte auf dem Flugplatz Pokhara und zäunten unser Zeltlager grossflächig
ein. In ihrem Gefolge etwa zwanzig Chinesen mit dem hohen Gast aus König Mahendras Sommerpalast. Vornehm zurückhaltend schritt er gemächlich zum ‚Yeti‘, nahm auf dem Pilotensitz Platz und
liess sich meine Instruktionen durch einen jungen, fliessend Englisch sprechenden Offizier geduldig erklären. Beim Abschied klopfte mir dieser dann auf die Schultern und sagte, mit 5 Fingern auf
dem ‚Yeti‘ trommelnd: ,Wissen Sie, dies da wäre halt schon Tschus liebstes Spielzeug‘. Den netten
Offizier – Namen leider vergessen – traf ich anderntags zufällig in den Strassen von Pokhara. In einfachstem Zivil wie ein tibetischer Flüchtling aussehend, lud er mich in eine versteckte HinterhofSpelunke ein, wo ein alter Tibeter hausgemachte „Ravioli“ (Füllung eine unergründliche Art „Le-
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berwurst à la Tibétaine“) aufstellte. Dazu ebenfalls selbst gebrannten Rakschi. Beides vorzüglich!“>> So weit der Bericht des Piloten Emil Wick. Punkto Leberwurst meinte er trocken, dies sei halt eine
wahrlich göttliche Wurst, nur der Liebe Gott wisse, was drin ist…
Vielleicht steckte Pilatus-Direktor Alioth hinter dem ehrenvollen Besuch in unserem Zeltlager. Denn Alioth
war ein vorausblickender Exportkaufmann, der die Bedeutung des chinesischen Marktes schon damals, vor
50 Jahren erkannte. Über Swiss Embassy Peking bemühte er sich um eine Landebewilligung auf einem tibetischen Flugplatz, um eine ’’Pilatus Porter’’ – Vorführung bei chinesischen Behörden zu arrangieren. Das
vorzeitige Ende des ’’Yeti’’ hat dies dann verunmöglicht wie auch eine Porterdemonstration auf der ’’Kuhweide’’, wie Alioth das Emirat Kuwait am Persischen Golf damals nannte... Als Direktor einer Flugzeugfabrik war sich Alioth natürlich gewohnt, viel Verantwortung – in technischen, kaufmännischen und administrativen, kurz in allen Belangen – zu tragen und „an alles denken“ zu müssen. Und weil er eben über
seine Nasenspitze hinaus zu planen vermochte, war es ihm auch klar, dass es wohl vorsichtiger wäre, die
Chinesen gleich im Voraus über das Herumkurven eines fremden Kleinflugzeuges - haarscharf an der
sonst schon brisanten Nepal/Tibet-Grenze - offiziell zu informieren. In einem Wetterwinkel der Weltpolitik,
wo bisher wahrscheinlich ausser chinesischen Kampfjets kaum je ein anderes Luftfahrzeug aufgetaucht
war.
Tatsächlich entdeckten wir schon während der Dhaulagiri-Expedition 1958 öfters einen verlorenen MigJäger in der Einsamkeit des endlosen Himalajahimmels… Bei offensichtlichem Kontrollflug hoch über uns
und der sich wenig um nepalische Grenzsteine zu kümmern schien.
Scharf auf den „Yeti“ waren auch noch andere Expeditionen: eine japanische von der Universität Keio auf
den noch unbestiegenen Sechstausender Himal Chuli, in der mein alter Freund Prachand Man Singh
Pradhan als Verbindungsoffizier amtete, der schon die Schweizer Everest/Lhotse-Expedition von Albert
Eggler begleitete. Ihrer Bitte um einen Erkundungsflug über den Himal Chuli entsprachen wir natürlich nur
zu gerne. Auch der britische Militärattaché in Nepal, Colonel James „Jimmy“ Roberts, leitete als erfahrener Himalajamann eine Expedition, und zwar auf den ebenfalls noch unbestiegenen Siebentausender Annapurna II. Mit Dhaulagiri-Erstbesteigungsaspiranten für 1961 (falls wir 1960 zurückgeschlagen würden)!
Unsere Aufgabe war es, beim Basislager Post abzuwerfen. Jahre später, bei einem Besuch in Luzern – am
besten gefielen ihm Pilatus, Wasserturm und Chappelbrücke – erzählte mir Jimmy, wie die Briten bodenlos
enttäuscht waren, dass nicht sie neben ihrem Everest auch noch den Dhaulagiri als Erste besteigen durften. Weil die Privilegierten aber aus der Schweiz stammten, sei dann die Enttäuschung wenigstens nur
halb so schlimm gewesen! Man sieht, die Liebe der Schweizer
zu den Bewohnern „der Insel“ beruht auf Gegenseitigkeit...
Heute – 50 Jahre danach – würde man in Notfällen per Satelliten-Telefon einen Helikopter ins Basislager oder auch noch etwas höher hinauf bestellen. Helirekord 2010 an der Annapurna
wiederholt: 7000 m ü.M. durch AIR ZERMATT! Ein „Yeti“ wäre
daher heutzutage nicht mehr nötig und wegen der in den letzten
Jahrzehnten selbst im Himalaja stark angewachsenen Schadstoffbelastung der Luft auch gar nicht mehr zu rechtfertigen.
Waldis:
In kleinem, einmotorigem Propellerflugzeug mit sieben kostspieligen Hotelübernachtungen die Riesenstrecke Schweiz – Indien –
Nepal gemütlich abzutuckern... sicher ein einmaliges Abenteuer,
aber „wer soll das bezahlen?“
Eiselin:
Gute Frage – ja, wer? Ernest Hemingway wäre vielleicht zu
einem Roman „Der arme Mann und der Berg“ inspiriert worden. Trotzdem sagte ich mir: „Sei Realist und versuche das
Unmögliche. Ganz nach Faust ‚Den lieb ich mir, der Unmögliches begehrt.‘ Wieso also nicht einen
zweiten Achttausender für die Schweiz? Und dazu noch einen draufgeben mit einem Gletscherflugzeug! Sicher ein Problemhaufen mehr, aber eine Hexerei auch wieder nicht. Einfach die Kleinigkeit
einer Verwirklichung des Undurchführbaren nicht vergessen und fest an Joh. Mario Simmel glauben
‘Realist ist nur, wer an Wunder glaubt’… Weiter natürlich ‚expect the unexpected‘,den Stier sofort
an den Hörnern packen und ja nichts anbraten lassen oder gar schubladisieren“. Ein Grundsatz,
den 50 Jahre später der als Organisationsgenie bekannte Benedikt Weibel - als SBB-Direktor Grand
Chef von Lokomotivführern und Weichenstellern (nicht nur bei Eisenbahnen) - sogar zum Titel sei-
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nes Manager-Leitfadens erhoben hat: „Von der Schublade ins Hirn“ (Verlag NZZ) – direkt und sofort
ins Hirn, ohne Umweg über weitere Schublädli und Schubladen…
Geldsorgen hatte ich - allein haftender „Gesellschafter“ - mit dieser Expedition sowieso ständig, und das
Gletscherflugzeug musste ja irgendwie in den Himalaja spediert werden. Warum nicht seine Kapazität
gleich für Ausrüstungstransport und Himalaja-Reisli ausnützen! Schon weil wir dem liebenswürdigen Mr.
Mac Kay, einem grosszügigen Schotten in der Direktion von BP British Petroleum/Burmah Shell, die Freude, uns den Sprit für die lange Reise zu stiften, nicht vergällen wollten. Und von den sieben Uebernachtungen, die bis Nepal nötig waren, konnten wir rund die Hälfte mit der altbewährten „lateinischen Zehrung“ der
Kapuziner bei zufällig angetroffenen netten Leuten gratis und erst noch fidel geniessen. So waren wir, nach
einem feudalen Zmittag beim Schweizer Botschafter Marcuard in Bagdad und dem Weiterflug in die iranische Oelstadt Abadan, unverhofft Dinner-Gäste des SAS-Managers, einem enorm gastfreundlichen
Schweden, bei dem wir gleich auch Nachtquartier beziehen durften. Bevor wir uns von unserem grosszügigen Gastgeber verabschiedeten, wurde uns noch ein typisch schwedisches Frühstück aufgetischt, so dass wir gut ausgeruht und gestärkt Kurs auf Buschir am Persischen Golf, der früheren
„Seeräuberküste“, nehmen konnten. Buschir, 1960 noch ein verträumtes Fischerstädtchen, wo wir
auf holpriger Wiese landeten und Mühe hatten, Benzin aufzutreiben, hat sich inzwischen zu einer
pulsierenden Metropole mit riesigem Flughafen (mehrere kilometerlange Betonpisten) und einem
weltweit berüchtigten Atomkraftwerk gemausert.
Nun folgte eine flugtechnisch und navigatorisch problemlose Strecke, die nicht einmal den Kompass forderte. Unsere beiden Piloten, Ernst Saxer und Emil Wick, beschlossen, ihren beiden Passagieren, Peter Diener und mir, Steuerknüppel und Pilotensitze anzuvertrauen. Peter hatte das Fliegen
schnell los und konnte vorgeschriebene Höhe und Kurs bravourös einhalten, während ich immer
wieder hilflos im Aether herumtaumelte, plötzlich den vorgeschriebenen Kurs (sich einfach an die
Küste des Persischen Golfs zu halten) verlor und auch Höhenbocksprünge produzierte. Dies zur
grossen Freude der Piloten, die mich mit „nur weiter so“ anfeuerten und uns wissen liessen, dass
sie von nun an nicht mehr dreinreden …, sich aber ein Nickerchen genehmigen wollten. Ihr Spass
hatte dann aber sein baldiges Ende. Jask – und damit letzte Zwischenlandung im Iran – lag vor den
Toren, und wir Möchtegerncaptains mussten den uns lieb gewordenen Steuerknüppel schleunigst
den rechtmässigen Piloten zurückerstatten. Und viel zu früh wieder auf die Hinterbänke abschleichen… Fliegen hat etwas Ansteckendes, ja könnte geradezu süchtig machen. Noch vor der Landung in Jask beschloss ich, zu Hause dieser Verlockung stattzugeben und sofort Flugstunden zu
nehmen. Ich hielt mein Gelübde ein, nur dauerte mein vollmundiges „sofort“ halt 25 Jahre. Schuld
an dieser Verspätung war natürlich nicht ich selber, sondern die in Europa grassierende Zeitmangel-Seuche…
50 Jahre nach unserem sagenhaften Himalajaflug sass ich einmal im Gartenrestaurant des Flugplatzes
Triengen an einem vollbesetzten Tisch und schlürfte meinen Kafi. Mir gegenüber eine Mutter mit Kindern.
Als ein Pilatus-Porter mit Fallschirmspringern über die Piste dröhnte, schaute diese Mutter dem startenden
Flugzeug sehnsüchtig nach und kam dabei ins Schwärmen vom Pilatus-Porter. Mir, ihrem unbekannten
Gegenüber, erzählte sie eine packende Geschichte: vor vielen Jahren seien Schweizer Bergsteiger mit einem solchen Flugi, das auf den Namen „Yeti“ getauft wurde, bis in den Himalaja geflogen, wo ihnen die
Erstbesteigung eines hohen Berges gelungen sei. „Das Flugzeug stürzte dann aber ab, doch hat es gottlob
mindestens keine Verletzte oder gar Tote gegeben!“ Aufmerksam hörte ich der flugbegeisterten Mutter zu.
In Gedanken 50 Jahre zurück - beim „Yeti“ am Dhaulagiri. Ja, das waren noch Zeiten…
Bei der Zwischenlandung in Jask wollte uns eine wilde Gesellschaft besonders grimmig dreinschauender Perser in einem Anflug von Afropessimismus für fünf britische „Sterling Pounds“ (damals rund sechzig Franken) einen schwarzen Jungen verkaufen. „Take him, we have plenty of Africans“… Kurz vor dem Eindunkeln landeten wir endlich in Pakistan und konnten uns direkt auf dem
Militärflugplatz der Halbinsel Jiwani bei einem militärischen Strafbataillon einnisten, wo es so richtig hoch zu und her ging – mit einem orig. pakistanischen Handörgeler und vier Schweizer „Naturjodlern“ – und wo es in nichts nach „Sträflingskolonie“ aussah!
Waldis:
Wenn wir schon vom Geld reden... Ich mag mich noch daran erinnern, dass vor 50 Jahren deine Expeditionspläne im allgemeinen Tenor bergsteigerisch und sportlich zwar Anerkennung fanden. Gleichzeitig wurde aber auch von einem finanziell unverantwortlichen Desaster gesprochen. Und wie sollte ein einfacher,
viel zu junger Angestellter ohne Führungserfahrung wie du die Aufgaben eines Expeditionsleiters erfüllen
können! Umso mehr, als du ja keinerlei Rückhalt in irgend einer Organisation hattest, alles mehr oder
weniger selber organisieren und die Finanzen lediglich mit Hilfe einiger Bergkameraden auftreiben
musstest...
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Eiselin:
Ich habe volles Verständnis für diese Zweifel, auch waren wir alle mehr oder weniger arme Schlukker. Kein Wunder, dass sich da kein potenter Sponsor mit einer heilsamen Geldspritze die Finger an
uns Unbedarften verbrennen wollte, so dass finanziell eben an allen Ecken und Enden Ebbe
herrschte und allerhand lustige Sprüche die Runde machten, etwa „Ohne Unterstützung durch einen
mächtigen Sponsor von grossem Club oder reicher Stiftung wird dir der Schnauf schon vor dem Basislager
ausgehen“ oder „wieso immer dieser Achttausenderbluff? Kostet ja nur. Steig doch gescheiter auf 4 Zweitausender, ergibt auch 8000 m und entspricht eher deinen Möglichkeiten!“
All diese Kritik war natürlich berechtigt, denn mit meinen mageren Voraussetzungen auf eigene
Faust eine derartige Expedition anzureissen, war zugegeben „bestenfalls eine mutige Torheit“. Als
einzige spezielle ’’Expeditionsmitgift’’ hatte ich lediglich einige Erfahrung im Umgang mit Asiaten. „Diese
Menschen verstehen und mit ihnen umgehen können“ sagte Jürg Marquard, der märchenhafte Verleger
(Karl Lüönd, Die Macht und die Ehrlichkeit). Mit 19 wurde mir zum Glück von einem besonders gütigen Onkel der Besuch einer etwas speziellen Schule in England gestiftet, wo ich zu meinem eigenen Erstaunen
als einziger Europäer auffiel. Alle andern Schüler waren ausnahmslos Asiaten – Araber, Inder, Afghanen,
Nepali und Chinesen – vor allem ein Riesentohuwabohu von Meinungen, Ansichten, Philosophien und teils
seltsamer Mentalität. Ein „Lehrblätz“ mit überzeugenden Exempeln, wie anders man in fremden Erdteilen
denkt. Etwa, dass nicht der Beschenkte, sondern der Spender zu danken habe – „Geberlaune macht gute
Laune“ und was der östlichen Weisheiten mehr sind, dank deren Kenntnis ein Westler-Greenhorn die ungeschriebenen Gesetze Asiens eher erspürt. Und – mit etwas Gefühl – den Rank in diesem Erdteil leichter
finden kann. Aber da gab es trotzdem eine Frage, in der sich unsere ganze Meute restlos einig war: „Why
do Europeans never have time?“ Ein Problem, fast allen Asiaten unbegreiflich, wo sie doch unendlich viel Zeit haben… Wir dafür wertvolle Uhren, aber trotzdem keine Zeit für all den lockenden
„Zeitvertreib“…
Die überwiegende Mehrheit stellten junge arabische Offiziere, in England zwecks Vorbereitung auf die britische Militärakademie Sandhurst. Headmaster war denn auch ein zackiger britischer Major, der uns Untertanen mit eiserner Faust
zu disziplinieren wusste. Obwohl eher eine ’’Kriegsgurgel’’ natürlich mit weltweiten Kolonial- und Repressionserfahrungen - hatte er auch eine hilfsbereite Seite. Noch Jahre nach
meinem Schulbesuch bei ihm versorgte er – inzwischen
wundersam in einen wahren Freund mutiert – mich mit wichtigen Kontakten in meinen Expeditionsländern, und auf seine
Empfehlung hin hatte ich auch bevorzugten Zugang bei britischen Amtsstellen und Botschaften. War nicht ganz nutzlos,
bei Militärattaché x oder Ambassador y mit seiner Referenz
auftrumpfen zu können. Erst recht in Ländern, wo man wildfremd ist und einen robusten Stützpunkt noch dringlicher
brauchen kann als zu Hause. Dabei lernte ich Erstaunliches:
diese Briten hatten meistens einen direkten Draht zu Militär
und Polizei sowie sonstigen Machtzentren ihres Gastlandes,
auch wenn sich diese Kontakte in der Regel nur hinter verschlossenen Türen abspielten. Gegen aussen wurde Distanz
markiert. Nicht nur in Indien, wo Gespräche mit Aussenstehenden nur durch Inder geführt werden durften, während die
britischen Drahtzieher ihre Direktiven gut getarnt aus dem
Hinterstübli erteilten! Die ganze Geheimniskrämerei mahnte
mich an die Praxis in Schweizer Privatbanken, in denen den
Angestellten eingebläut wurde, Kunden, denen sie zufällig in
der Öffentlichkeit begegnen, ja nicht von sich aus zu grüssen, sondern einen Gruss höchstens zu erwidern und auch
das nur sehr diskret. Bankgeheimnis!
Engelhornführer AACB
Schon lange vor meiner Schulung beim autoritären Headmaster dachte ich hie und da ans Bergsteigen in
Ländern wie Indien und Nepal und vor allem im geheimnisvollen Afghanistan. Über das ich schon im
Karl–May–Alter von meinem Vater eine altbekannte Räubergeschichte hörte, wonach Afghanen, das besonders wilde Volk von Ariana zwischen Persien und Indien, am Khaiberpass eine Schlacht gegen Briten
gewonnen hätten, aber absichtlich einen Überlebenden schonten, damit er mit einem Hund zurückkehren
und seinen Kommandanten über die schmähliche Niederlage informieren konnte... Eine Geschichte, die
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vielleicht gar von meinem damaligen Lieblingsautor Karl May –dem „Shakespeare für Buben“ – stammen
könnte und die ich undankbarer Sohn meinem Vater kaltschnäuzig mit ’’Se non è vero, è ben trovato’’ quittierte! Nun sass ich beim Headmaster aber noch brav in der Schulbank und war grosso modo eben doch
noch mehr oder weniger ’’Schuelerbueb’’, und ausser Buchlektüre über britische Alpin- und Himalajapioniere wie Smythe und Mummery oder Irvine und Mallory lagen zum Klettern höchstens noch Wales und
der Lake District drin. Vom Hindukusch oder gar vom Dhaulagiri durfte ich nicht einmal träumen. Vom
Zimmergefährten Abdullah Salem, einem Oberleutnant der „Arab
Legion“ etwa, hörte ich, dass man bei Arabern, Pakistani und
(den für mich nicht unwichtigen) Afghanen nur etwas erreichen
kann, wenn man ihnen „die Zähne zeigt“. Und ,,little Switzerland
dürfte mit dem bei uns Arabern so beliebten Schweizer Nationalhelden William Tell ruhig etwas kräftiger auf die Pauke hauen...’’
Gertrude Bell – ein geläufiger Name
unter Engelhorn-Kletterern
Ja, unser Wilhelm Tell ist wirklich weltberühmt. Da war Friedrich Schiller ein wahrer Public Relations Manager für die Schweiz, der seinen
Felsbrocken „Schillerstein“ am Urnersee redlich verdient hat. Einmal
erhielt ich vom Headmaster einige Tage schulfrei und ging mit meinem
iranischen Schulkameraden Yussuf Malek auf Autostoppreise von
Stratford-on-Avon nach Schottland. Im Hafen von Glasgow kam es zu
einer netten Plauderei mit dem Harbour Master. Als er hörte, dass ich
aus Switzerland komme, kam auch er sofort auf „William Tell“ zu sprechen. Den würden sie in Schottland schon lange nicht mehr nur als
Swedish, sondern natürlich auch als ihren eigenen Nationalhelden
verehren… Schade nur, dass er unseren Tell an die Schweden verschenkte!
Im früheren Umfeld von Abdullah Salems „Arab Legion“ (Lawrence of Arabia!) spielte übrigens auch eine
grosse alpine Pionierin eine Rolle: die Engländerin Gertrude Bell, Offizier im Militärischen Geheimdienst,
die bei der Gründung des Staates Irak an vorderster Front gegen das Osmanische Reich aktiv war. 1902
war sie mit den Hasli-Bergführern Heinrich und Ulrich Fuhrer an einem missglückten Erstbegehungsversuch in der Ostwand des – mindestens zur Hälfte zum Kanton Wallis gehörenden – „höchsten Gipfels
der Berner Alpen“, des Viertausenders Finsteraarhorn. Der Rückzug mit zwei Biwaks geriet mit der damaligen Ausrüstung – und Gertrude im Rock „gewandet“! – fast zu einem Drama. Mit diesen Bergführern sind
ihr auch Erstbegehungen in den Engelhörnern gelungen (Kingspitz- und Mittelgruppe). Gertrudspitze
(von jungen Kletterern heute Trudi genannt) und Ulrichspitze tragen den Namen dieser Kletter-Pioniere!
Ein pragmatischer Finanzberater gar mancher Schweizer Expedition war der Berner Rechtsanwalt Albert
Eggler, Expeditionsleiter der Schweizer Lhotse-Erstbesteigung 1956. Geduldig hörte er sich das Wehklagen schon einer früheren Dhaulagiri-Mannschaft über die finanzielle Flaute in den Expeditionskassen
an und sparte nicht mit guten Ratschlägen. Einer davon war geradezu sensationell: Die Expedition mit einer Grusskartenaktion finanzieren! Wir glaubten nicht so richtig dran, aber in der allergrössten Not greift
Zu beachten: Den stilvollen Expeditionsstempel,
Foto: Toni Hagen
den in vielen Ueberstunden nicht der Sanitätsgefreite Neumann, sondern unser Expeditionsgraphiker Albin Schelbert geschaffen hat.
man auch mal nach einem Strohhalm, und schliesslich geht Probieren über Studieren. Als dann noch einige Redaktoren der Schweizer Presse mitmachten, indem sie unsere Aktion grosszügig publizierten und
dabei auch gleich noch unser Postcheck-Konto mitveröffentlichten, da brachte das die Idee Egglers zu einem nie geahnten, erfolgreichen Durchbruch. Albert Eggler blieb den Bergen treu bis in den Tod. Noch
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mit 84 erfreute er sich zusammen mit meinem Hindukusch-Kameraden Wisi Strickler und mir an der
Pilatus-Genussklettertour über die Galtigengräte.
Die Presse machte gerne mit und schätzte es, über
unsere Expedition schreiben zu können. An rassigen Themen herrschte eh „tote Hose“, und die
Amerikaner standen damals ja noch lange nicht
auf dem Mond. Da kam die Erstbesteigung eines
Achttausenders und dazu noch des höchsten unbestiegenen gerade recht. Besonders erfreulich war
die Zusammenarbeit mit dem Zürcher „TagesAnzeiger“, damals grösste Zeitung der Schweiz. Heidi
Syfrig, die Tochter des Chefredaktors und auch heute
noch eifrige Bergsteigerin, heiratete unseren Dhaulagiri-Erstbesteiger Albin Schelbert, sodass inzwischen
auch das „Dhaulagiri-Ehepaar“ Schelbert-Syfrig ein
50-Jahr-Jubiläum feiern kann und erst noch ein höchst
persönliches! So war denn der Grusskartenidee von
Albert Eggler rundum Erfolg beschieden, vor allem
spülte sie uns viel „Johnny Cash“ in die leeren Kassen. Da kommt mir ein Spruch in den Sinn, der vor
Jahren an der Wand der originellen Andermatter Kneipe „Ochsen“ hing, in welcher der sagenhafte
Beizer Mark Russi das Zepter führte: „Die Amerikaner haben Steve Wonder, Bob Hope, Johnny
Cash. Wir Schweizer weder Wonder noch Hope und schon gar keinen Cash, dafür aber den
Chaschpi Villiger“ (damals Schweizer Finanzminister)!
Waldis:
Aeltere Pilatus-SACler erinnern sich noch gut an einen Clubhock im November 1960, als der legendäre
Präsident Conrad Alder, übrigens Mitgründer der Schweizer Himalaja-Stiftung, Silentium gebot und freudestrahlend eine Londoner Agenturmeldung aus dem „Luzerner Tagblatt“ zitierte. Freudestrahlend, weil
es um einen seiner „Pilatus-Mannen“ ging, der in fernen Landen gross herausgekommen war! Da war
nämlich zu lesen, dass du auf Einladung des englischen Alpine Clubs, der Anglo Swiss Society und der
Royal Geographical Society eine Vortragstournee durch mehrere englische Städte gehalten hast, die beim
Publikum derart gut angekommen sei, dass dir Sir Clifford Norton (während des Zweiten Weltkriegs Botschafter der britischen Krone in der Schweiz) in einer Ansprache noch speziell dankte – „für die bescheidenen Worte über eine umso grössere bergsteigerische Leistung“.
Mitinitiant deines Gastspiels durch England war auch Sir Christopher Summerhayes, Botschafter Ihrer
Majestät in Nepal. Noch vor nicht allzu langer Zeit gehörte er zu Deinen Konkurrenten beim Kampf um das
nepalische Dhaulagiripermit, das er lieber beim britischen Militärattaché Colonel James ’’Jimmy’’ Roberts
als bei uns Schweizern gesehen hätte. Wie konnte es da
kommen, dass sich ausgerechnet ein unterlegener Gegenspieler für dich stark machte?
Mitte : Welzenbachroute
Von R nach L: Finchterrasse
(Erich Vanis „Im steilen Eis“ BLV)
Eiselin:
Die Engländer waren eben besonders faire und erst
noch humorvolle und sportliche Gegner, keine Feinde.
Und die kleine Schweiz war für das mächtige Britische
„Empire“ sowieso alles andere als ein Rivale. Sogar
Kriegsgegner schätzten die englische Fairness.
Von älteren österreichischen Bergkameraden, die
als junge Soldaten Rommels Nordafrikafeldzug
mitmachen mussten, weiss ich, dass sie sich nach
ihrer Niederlage alle erdenkliche Mühe gaben, ja
nicht in andere als englische Kriegsgefangenschaft zu geraten. Und Dhaulagiri-Exgegenspieler
Sir Christopher – bekannt als treibende Kraft von
initiativem, eigenwilligem „Anreisser“, der nicht
immer nach der Geige Londons tanzte – hatte trotz
seiner Schlappe sogar ehrlich Freude an unserem
Erfolg. Natürlich ging es den Engländern – schliesslich
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die Himalajapioniere der ersten Stunde! – vor allem um den Berg. Aber dass einmal ein Achttausender
durch junge Habenichtse, ohne potenten Financier und ohne Mitwirkung irgend einer Organisation
oder gar von Militär oder sonstiger staatlicher Unterstützung - für Engländer damals schier undenkbar! - eine solche Expedition auf eigene Faust zu Stande brachten, entzückte sie ganz besonders.
Und geradezu fasziniert waren die schon lange vor Stephenson technikbesessenen Engländer – ’’Technik
und Emotionen gehören zusammen’’! – von unserem „dernier cri“, bei einer Achttausender-Erstbesteigung
ein Gletscherflugzeug einzusetzen und mit diesem einmotorigen ’’Schnupftruckli’’ gleich auch noch
eigenhändig fast zehntausend Kilometer über teils brisante Strecken von der Schweiz nach Nepal
zu tuckern. Wenn das nicht den alten britischen Abenteurergeist im Blut der Nachfahren von Seefahrer James Cook angestachelt hätte! „Be British, be brave…“
Noch im Expeditionsjahr 1960 erhielt ich die Einladung für diese Vortragstournée durch England. Eingeleitet wurde sie durch ein tolles Candle-Light-Dinner in London. Besondere Freude hatte ich an Tischnachbarn Captain Finch, dem alten Everest-Haudegen und Miturheber der auch heute noch gültigen Akklimatisationsregel ″Climb high, sleep low″. Ferner war er Erstbegeher der nach ihm benannten „Finchterrasse“ in der Dent d`Hérens-Nordwand und wusste, dass auch ich schon in seiner Eiswand an diesem Walliser Viertausender herumkraxelte, so dass sich im Nu eine Verbrüderung unter Eiswandkumpeln ergab.
Diese Nordwand hatte es übrigens in sich – ganz persönlich für mich, las ich doch als blutjunger SACJunior in den „Alpen“, ein polnischer Kriegsinternierter namens Jerzy Hajdukiewicz habe die Welzenbachroute mit einem Kriegskameraden durchstiegen. Komisch der prägende Eindruck, so dass mich diese
Dent d`Hérens nicht mehr losliess, bis ich „die Welzenbach“ hinter mich brachte - viele Jahre später, mit
dem starken Eisgänger Edwin Trüb von der Zürcher Rossbergler SAC-Gruppe. Noch verrückter, dass mir
beim Schreiben dieser Zeilen, fast 60 Jahre später, plötzlich auch noch der längst vergessene Name des
Seilkameraden von Hajdukiewicz in den Sinn kam. Er hiess Mischke! Kapriolen eines Löchersiebgedächtnisses, das einen ausnahmsweise auch mal positiv überraschen kann… Ein weiterer Tischgenosse war der
betagte Neville Finzi, Engländer mit Aostatalerwurzeln, von Beruf Arzt und Röntgenpionier. Mit seinen
Walliser Führern Franz Josef Biner und Josef Knubel glückten ihm in den Schweizer Alpen 1923 die
Erstbesteigung der Kleopatra-Nadel im Bergell und 1929 die Erstbegehung der Scheideggwetterhorn-Nordwestwand. Und dann natürlich noch die schon erwähnten „Ambassadoren Ihrer Majestät“ in der
Schweiz und in Nepal, Sir Clifton Norton und Sir Christopher Summerhayes. Toni Hagen legte mir ans
Herz, mit Sir Christopher ganz besonders pfleglich umzugehen, er könnte noch immer verschnupft wegen
früherer Himalaja-Eidgenossen sein und er habe sich vor einigen Jahren bei ihm in der britischen Botschaft
von Kathmandu „für die Schweiz entschuldigen“ müssen!
Waldis:
Wieso hatten da Briten und Schweizer das Heu nicht auf der gleichen Bühne?
Eiselin:
Hier antworte ich dir am liebsten mit der Ausrede „Da schweigt des Sängers Höflichkeit“. Aber wir haben
uns glänzend miteinander verstanden und bei ergiebig Bordeaux und ″Old Tawny Port“ längst verjährte Differenzen auf angenehmste Art und nachhaltig hinuntergespült. Noch fast ein Jüngling – mindestens in
Weinkellerangelegenheiten – war ich natürlich alles andere als „geeicht“, sodass der süffige Traubensaft
seine Wirkung nicht verfehlen konnte. Auf
jeden Fall veranlasste mein leicht torkelnder Gang die beiden Sirs, mir beidseitig
gehörig Flankenschutz zu gewähren, als
wir uns auf den Weg zur nahe gelegenen
Royal Geographical Society machten. Dort
traten wir in ein nobles, altehrwürdiges
Auditorium, dessen imperiale Grandezza
mich ans Ambiente der Scala von Milano
erinnerte.
Die Reihen waren prall gefüllt, und auch
die geradezu königlich präsentierenden
Logen zeigten ein fröhliches, oft auch
Schweizer Fähnchen schwenkendes und
„bergsteigerisch aussehendes“ Volk, das
nicht so recht in das aristokratische Intérieur passen wollte. Sir Clifton Norton war
so richtig im Element und begrüsste das
Publikum – darunter auch den Schweizer
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Botschafter Jean-Jacques de Tribolet - mit einem humorvollen Speech, der die gelöste Stimmung noch
mehr anschwellen liess, als er mich als seinen “dear Swiss Hill Billy” vorstellte, welchen Kosenamen man mit schrulligem Bergler oder auch ganz einfach mit Hinterwäldler übersetzen kann. Endlich
musste auch ich selber dem Publikum zeigen, was sein Swiss Hill Billy „auf der Gitarre hatte“. Das war zunächst herzlich wenig, denn als ich meine nicht eben geistreiche Begrüssung „dear friends“ hervorstottern
wollte, übermannte mich ein zwar noch etwas beduselter, aber trotzdem unüberhörbarer Lachkrampf, dank
dem ich wenigstens weder steif noch einstudiert herübergekommen bin… Und das ganze Publikum lachte
so herzlich und laut mit, dass das Haus richtiggehend erdröhnte. Es war eine Bombenstimmung, wie ich sie
bei Vorträgen noch nie erlebt hatte. Ueberhaupt diese Engländer – man muss sie einfach gern haben!
Und was wäre Europa ohne „die Insel“! Eine gewisse Grundsympathie für England ist bei uns Schweizern tief im Blut verwurzelt. Wohl aus historischen Gründen, war „die Insel“ doch immer wieder Schutzpatron unseres von erdrückend grossen Mächten umzingelten Ländchens: von Habsburg und der „Grande Nation“ Frankreich in alten, von Hitler, Mussolini & Co in neueren Zeiten. Wie wohl tat uns da ein Lord Palmerston mit seinem Warnfinger gegen interventionslüsterne Potentaten oder Churchill, „ein grosser Freund
der Schweiz“ (Pro Libertate), der uns moralisch den Rücken sowohl gegenüber östlichen als auch westlichen Grossmächten stählte. Da konnte es nicht schaden, wenn wir – getreu dem Motto „der Feind
meines Feindes ist mein Freund“ – den Engländern schon aus Dankbarkeit bei uns mitten in den
Alpen hie und da einen, wenn auch bloss nachrichtendienstlichen, Brückenkopf zur Verfügung
stellten. Quasi als Floh im Pelz der Feinde und Konkurrenten Englands. Ich denke dabei etwa an
Neil Hogg, der - als Engländer - nicht nur Luzerner Hotelier und begeisterter, fast perfekt Grindelwaldner Dialekt sprechender Bergsteiger war. Er war auch der Bruder von Quintin Hogg, im Zweiten
Weltkrieg einer der Bosse im britischen Secret Service...
Besonders liebenswürdig empfangen wurde ich beim
Rucksack-Club in Manchester mit seinem Tessiner
Präsidenten Solari wie auch bei den University
Mountaineering Clubs von Oxford und Cambridge.
Unter ihnen befanden sich viele Felskletterer. Sie übten
in einem „Klettergarten“ wie ich ihn bisher noch nie
gesehen hatte: Sie erkletterten ganz einfach die
Fassaden und Zinnen der altehrwürdigen Kirchen
und Schlösser. Die Stadtväter und der Uni-Rektor von
Cambridge empfanden dies nicht nur als Entweihung der
antiken Stätten, sondern sie wollten diese auch vor
Beschädigung durch Schweisshände und raue
Schuhsohlen bewahren. Daher wurde das Klettern an
diesen erhabenen Wänden, Kaminen und Kanten
kurzerhand verboten. Doch die Ratlosigkeit der
Cambridge-Studenten hielt sich in Grenzen, sie
verlegten ihren Kletterspass ganz einfach in die
geheimnisvolle Finsternis der Nacht und gaben sogar
einen eigenen Nacht-Kletterführer heraus: ″The night
climber`s guide to Trinity″ mit Routenskizzen und
Beschreibungen à la SAC-Führer! Jahre später musste
ich den mir vermeintlich unbekannten Archivar des
britischen Alpine Clubs in London um eine Gefälligkeit
bemühen. Die Reaktion kam umgehend und war eine
herzliche Erinnerung: Glyn Hughes, der Honorary
Archivist, antwortete, die Anfrage von mir freue ihn ganz
besonders. Denn er erinnere sich gut an mich… Aus
seiner Studentenzeit, wo er vor 49 Jahren zufällig meinen
Dhaulagiri-Vortrag an der Uni von Cambridge miterlebt
habe!
Überhaupt war an solchen Vortragsabenden die Begegnung mit andern Bergsteigern immer ein Erlebnis.
Man musste dafür gar nicht so weit weg wie nach Manchester oder Cambridge. Einer der ersten Diavorträge fand in meinem ureigenen Luzern statt, und ich war so eitel, diesen als wahren Gala-Abend aufzuziehen. Übermütig reservierte ich Luzerns grösstes und bekanntestes Lokal, den Grossen Kunsthaussaal. Als
Referent genügte ich mir selber nicht. Schliesslich war ich bloss Initiant, „Fourier“ und Bürogummi der Expedition, für diesen Abend wollte ich aber dem Publikum einen echten Gipfelstürmer präsentieren. Ernst
Forrer, Expeditionsleiter-Vize, erklärte sich hiezu bereit und mit seinem gemütlichen Toggenburgerdialekt
begeisterte er denn auch den letzten Zuhörer. Damit noch nicht genug, musste sogar ein Conférencier her!
Den fand ich im Fünfkampf-Vizeweltmeister Werner Vetterli, und der mehrfache Skiweltmeister Roger
Staub – der von der Mütze! – referierte noch über die soeben aufgekommene neue Sportart Deltafliegen
und wie man diese eventuell mit dem Bergsteigen kombinieren könnte… Dieses vielseitige, ja sogar etwas
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überladene Programm kam gut an, denn damals musste ein Vortragsabend länger dauern als heute. Als
Dia-Operateur war mir nur ein Fachmann gut genug. Seppi Brun, beliebter SAC-Tourenleiter, Weinhändler
und Berufsfotograf, war da der Richtige. Aber ausgerechnet ihm, dem Fotoprofi, passierte mitten im Vortrag
das Pech, mit einer ungeschickten Armbewegung das Diamagazin umzuschmeissen. Da lagen sie, diese
wertvollen Dhaulagiribeweise nun in wirrem Haufen auf dem Boden, und ich hatte das Vergnügen, den
ganzen Salat zusammenzuklauben und wieder einzuordnen… Eine ärgerliche Kunstpause mit grosser Enttäuschung des Publikums! Aber da geschah etwas Eigenartiges: als ich einen kurzen Moment zufällig in die
ungeduldigen Gesichter des Auditoriums hinein glotzte, entdeckte ich – welch glücklicher Zufall inmitten
dieser Hunderte von Zuhörern! – ein bekanntes Gesicht. Ich musste nochmals hinsehen, aber kein Zweifel,
das war ja der Harrer Heini aus Graz, eine ganz grosse Nummer von Bergsteiger! Harrer persönlich! In
Luzern, im Grossen Kunsthaussaal an unserem Dhaulagiri-Vortrag! Harrer, einer der EigernordwandErstbegeher und Nanga Parbat – Expeditionsteilnehmer 1939, deren Mitglieder in Britisch Indien wegen
des damals ausgebrochenen Zweiten Weltkriegs sofort nach dem Abstieg eingebuchtet wurden. Von dieser
Himalajamannschaft spielte Peter Aufschnaiter eine Rolle in unserer Dhaulagiriexpedition. Weltbekannt
wurden sie, weil sie aus der Gefangenschaft abhauen und sich auf abenteurlichen Schleichwegen schliesslich zum Herrscher von Tibet, dem Dalai Lama, durchschlagen konnten. „7 Jahre in Tibet“ und Erstbegehung Eiger-Nordwand waren für Conférencier und Moderator Werner Vetterli natürlich ein gefundenes Fressen, um die Panne des Abends dank einem spannenden Harrer-Interview in einen der interessanteren Höhepunkte umzukrempeln.
Das war einmal……
Dawalagiri 8047 m – in „Tibet“… und höchster Berg der Welt!
Dieser Kupferstich hat eine Geschichte. Ungefähr in der vorletzten Jahrhundertmitte durch einen nicht mehr eruierbaren Künstler geschaffen, mit Höhenangabe
8047 m gar nicht so weit von der heute offiziellen Kote von 8167 m entfernt und
somit der erste entdeckte Achttausender überhaupt! Damals vom Maharadscha von
Faizabad zum höchsten Berg der Erde erklärt und komischerweise der mehr oder
weniger chinesischen Provinz Tibet zugeschlagen… Alles vielleicht gar nicht so
verkehrt wie man heute zu wissen glaubt?
In seinem Buch „Der letzte Achttausender“ zitiert Autor Dr. med. Kaspar Winterhalter den Leiter unserer DhaulagiriVorläuferexpedition 1958, Werner Stäuble:
„Eines der ersten Probleme war auch, vom
Königreich Nepal die Bewilligung für die
Besteigung des Dhaulagiri zu erhalten, um
die sich fünf Expeditionen aus allen
Erdeteilen bewarben. Als die Nachricht
eintraf, dass gerade wir die Bewilligung
erhalten sollten, liefen unsere
Vorbereitungsarbeiten schon auf vollen
Touren.“
Und wem wir die Bewilligung schliesslich
zu verdanken hatten? Da mussten wir nicht
lange raten. Es waren natürlich unsere in
Kathmandu tätigen „Expeditionsgötti“ Toni
Hagen und Werner Schulthess.
Diese 1958er Dhaulagiri-Expedition hatte
für mich einen turbulenten Anfang. Es begann an meinem 23. Geburtstag im Januar
1955. Da erhielt ich Post von Fritz Villiger, dem begnadeten Kletterer und zähen
Alpinisten, der seine Lehre am Berg schon
im Kindsalter, als Verdingbub bei einem
armen Bergbauer am Nordhang des Pilatus
bestanden hat. Fritz schrieb mir, er sei
in der Eisenbahn, unterwegs nach Genua, um
sich nach Indien einzuschiffen. Und dann
gehe es nach Nepal und ran an die Erstbesteigung des Achttausenders Dhaulagiri. Es
handelte sich um eine gemischt schweizerisch-deutsche Expedition, und neben Fritz
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war auch der Zürcher Werner Stäuble dabei, den ich vom Salbitsüdgrat her flüchtig kannte. Ich war überzeugt, dass diese Expedition den Gipfel schaffen würde.
Fritz war immer schon eine wahre Lokomotive am Berg, der auch den Dhaulagirigipfel packen würde. Selbst wenn er seine Gefährten „mitschleipfen“ müsste. Nötigenfalls aber auch solo im Alleingang. In ihn hatte ich grenzenloses Vertrauen, er war so etwas wie ein Anderl Heckmayr.
Im Sommer war Fritz wieder zurück in der Schweiz, und ich beeilte mich, ihm
mitzuteilen, dass inzwischen auch ich ein Opfer des Dhaulagiri-Virus geworden
bin, dass ich sicher sei, für eine solche Expedition Sponsoren zu finden, dass
bereits Bemühungen für eine Bewilligung unterwegs waren und dass das Allerwichtigste nun sei, den Villiger Fritz als Expeditionsleiter engagieren zu können.
Aber da habe ich auf Granit gebissen. Fritz erklärte mir klipp und klar und definitiv, für ihn gäbe es von jetzt an den festen Grundsatz „Nie mehr Himalaja,
nie mehr Expeditionen“, das sei nicht seine bergsteigerische Wellenlänge. Aber
für mich war es ein absolutes Muss, einen Expeditionsleiter zu finden, der
schon einmal auf Himalaja-Expedition und wenn möglich am Dhaulagiri war. Sonst
könnte die Expedition nicht ernsthaft Staat machen. Wir hätten dann zusätzlich
Schwierigkeiten und würden unglaubwürdig wirken sowohl bei der Suche nach Sponsoren wie auch beim Abschluss von Publizitätsverträgen in Presse und Buchverlag. Dazu war Fritz am Berg schlagkräftig wie kaum jemand anders, und die bürokratischen Leiterarbeiten, Verhandlungen in Englisch und das Herumschlagen mit
indischen und nepalischen Aemtern würde ich ihm abnehmen. Aber Fritz blieb hart
– „nie mehr Himalaja“…
Zum Glück war ein weiterer Schweizer in dieser Expedition, den ich zwar nicht
so gut kannte wie den Fritz, aber immerhin Bergsteiger, von dessen Qualitäten
ich mich vor ein paar Jahren am Salbit-Südgrat überzeugen konnte. Und das Wichtigste – er hatte Expeditionserfahrung im Himalaja und sogar am Dhaulagiri! Es
war der Zürcher Werner Stäuble von der besonders aktiven Zürcher Gruppe der Zuger SAC-Sektion „Rossberg“. Aber Pech an allen Fronten – auch Werni gab mir einen Korb. Er könne nicht schon wieder auf Expedition, sondern müsse „endlich
wieder einmal etwas arbeiten“… Also schon wieder ein Reinfall, aber da waren ja
noch die Dhaulagirikandidaten vom Akademischen Alpenclub Zürich, die zwei Jahre
vorher am Berg waren. Vielleicht würde ich dort einen Begeisterten finden.
Noch bevor ich mit den AACZ-Leuten Kontakt aufnahm, kam Werni Stäuble zurück
auf mein Angebot. Er könne sich nun doch ein Mitmachen am Dhaulagiri vorstellen, aber auf keinen Fall als Expeditionsleiter, hingegen könnte ihn ein Posten
als Fotograf und Kinokameramann interessieren. „Expeditionsleiter müsstest Du
schon selber spielen“ meinte er. Aber eben, genau das ging nicht. Ich war ein
„no name“, nie auf Expedition und an einem Achttausender schon gar nicht und
Kenntnisse über den Dhaulagiri hatte ich nicht viel mehr als jeder andere Zeitungsleser, einfach vom Hörensagen. Ich nahm mir vor, bei Werni so richtig
dranzubleiben, zur Hälfte hatte ich ihn bereits im Boot und nun musste ich ihn
bloss noch vollends überzeugen, dass von uns beiden nur er über das wichtige
Kapital von Expeditions- und Dhaulagiri-Erfahrung verfügte und dass wir mit einem andern Expeditionsleiter bei wichtigen Kontrahenten unglaubwürdig wirken
und überhaupt nirgends „Staat machen“ könnten. Wie schon bei Fritz Villiger bot
ich ihm an, ihm alles Bürokratische und Fremdsprachliche und das Herumschlagen
mit Amtsstellen als sein gehorsamer „Bürogummi“ abzunehmen. Eine Woche später
kam dann die erlösende Zusage von Werni. Nun fehlte bloss noch das nepalische
Permit für die Besteigung des Berges, aber da waren bereits andere Mitkämpfer
am Werk, allen voran Toni Hagen und Werner Schulthess und als von den Nepali
vorgeschriebener offizieller Vertreter der Eidgenossenschaft deren Botschafter
in Delhi, Minister Cuttat.
Werni Stäuble hatte viel bessere Leiterqualitäten als er selbst ahnte. Zudem
war er ein erfolgreicher „Acquisiteur“. Nur selten brachte er nebst
erfolgreichem Lockermachen von Gratislebensmitteln oder -ausrüstung nicht
obendrein auch noch einen fetten Bankscheck in die Expeditionskasse. Ich nannte
ihn daher unseren Expeditionsderwisch. Ein Ehrentitel für erfolgreiche
Almosenjäger bei den islamischen Derwisch-Bettelmönchen vom Vorderen Orient.
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Es war am 19. März 1958. Die Schweizer Dhaulagiri-Expedition 1958 war vor wenigen Tagen in Indien eingetroffen, die ganze Strecke von gegen 10´000 km mit
zwei „DKW-Jeeps“ zurückgelegt! Eine abenteuerliche und damals auch strapaziöse
Autofahrt. Detlef Hecker und Geni Reiser –
die von der Rothornhütte! – mein Bruder Ruedi
Eiselin und Fredi Hächler sowie Kaspar Winterhalter brachten sie hinter sich. Wobei sie
auf der Hinreise das pakistanische Belutschistan und auf dem Backtrip Afghanistan
kennen lernten – beide Länder heute schlicht
zu gefährlich für Autotouristen. Jerzy Hajdukiewicz sowie der Leiter und erfolgreiche Expeditions-„Derwisch“ Werner Stäuble und ich,
sein „Bürogummi“, hatten noch schuhtief unerledigte Vorbereitungsarbeiten auf dem Pult,
Schweiz – Himalaja in DKW-Geländewagen!
und auch die Kohle wollte noch nicht so
Wintereinbruch beim Ararat (Türkei) *)
recht. Nicht zuletzt dank einigen SwissairGönnertickets reisten wir daher – schneller und bequemer, dafür aber im eintönigen Mainstream – mit dem Kursflugzeug nach. In der Stadt Lucknow, Uttar Pradesh, stiessen wir dann endlich auf unsere sportlichen Autofahrer. Ihre „DKWJeeps“ (Kosenamen Deutsche Kinder-Wagen oder „Hardöpfu-Ferrari“, heute berühmt
als die Vorläufer der Nobelmarke Audi) sahen trotz allen Strapazen noch immer
fast wie neu aus. Die Bergsteiger selber – im Gegensatz zu uns Salontirolern jedoch braungebrannt, wild und mit furchterregenden Bärten…
Bei einem Autotrek von der Schweiz nach Indien und Nepal denkt man normalerweise an Hitze und Staub und nicht an Kälte und Schnee. Aber da wurde unsere Expedition eines andern belehrt: in der östlichen Türkei, am Fusse des Fünftausenders Ararat, herrschten strenger Winter und bissige Kälte. „In der Nähe der
Passhöhe gerieten wir in einen so heftigen Schneesturm, dass wir kaum mehr die
Strasse vor uns zu erkennen vermochten… Immer wieder blieben wir in meterhohen
Schneeverwehungen stecken…“ (Kaspar Winterhalter „Der letzte Achttausender“
Hallwag). Gut, waren die „Deutschen Kinder-Wagen“ robuste, schneesichere Offroader!
Mit Expeditionsarzt Kaspar Winterhalter durfte ich einen dieser Geländewagen
teilen. Ich war so richtig scharf aufs Autofahren, das ich in letzter Zeit so
vermisst hatte, während Kaspar – mit Tausenden von Fahrkilometern in den Knochen – den Beifahrersitz geradezu erholsam fand und ihn so richtig genoss. In
Indien hiess es, als Weisser beim Autofahren grösste Vorsicht walten zu lassen.
Damals waren Fälle bekannt, wo sich Einheimische absichtlich unter ein durch
einen Weissen gesteuertes Auto warfen und selbst schwere Verletzungen freiwillig in Kauf nahmen – wegen verlockender Versicherungszahlungen! Die einheimische Polizei machte dann gerne den weissen Fahrer zum Schuldigen. Konnte für
ihn unangenehm werden!
Schweiz. Dhaulagiri-Expedition 1958 im Basislager 4550 m
Von L, oben: Winterhalter, Hajdukiewicz, Hächler, Eiselin R., Stäuble
Unten: Hecker, Eiselin M., Reiser) *)
Insofern hatten wir aber
Glück und kamen nach einigen Stunden in die pittoreske Stadt Gorakhpur.
Vor dem imposanten Stadttor ein mittelalterlich
dreinschauender Torwächter, der von uns einen
wahren Phantasiebetrag
für Zoll verlangte. Natürlich liessen wir
durchfahrende Touristen
uns dies nicht bieten,
aber alles „Stürmen“ mit
dem der englischen Sprache nicht besonders mächtigen Stadtverteidiger
brachte nichts. Schlussendlich musste ich zum
Lord Mayor in eine Art
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Stadthaus fahren und ihn untertänigst ersuchen, uns einen Freipass für zollfreie Durchfahrt auszustellen. Hinter einem mächtigen Pult sass ein betagtes,
weise dreinschauendes Hutzelmännchen, von dem nicht viel mehr als Kopf und Turban hervorschauten. Der Empfang war etwas unindisch kühl, aber immerhin korrekt. Wohin wir denn wollten. Ich erklärte ihm, dass wir „in transit to Nepal“
via Nautanwa ins nepalische Bhairava unterwegs seien, keine für Indien bestimmte Ware importierten und daher auch keinen Zoll bezahlen müssten. Der Alte wurde je länger desto skeptischer. Nepal war damals eben alles andere als ein Touristenland und bis vor kurzem (ca. 1950) für die meisten Ausländer sogar verboten. Wahrscheinlich reiste bisher noch nie ein Mensch ausgerechnet durch seine
Stadt Gorakhpur, um nach Nepal zu gelangen. Und was wir denn in Nepal zu tun
gedachten, wollte er auch noch wissen. Wir seien eben nichts anderes als friedliche „mountain climbers“, die auf die erste Besteigung des Dhaulagiri hofften.
Das war für ihn das Stichwort. Sein Gesicht hellte sich auf, und mit einem
Schlag wurde er fast freundlich. Der Groschen war gefallen… Und er schwärmte,
der Dawalagiri sei der höchste Berg der Welt und immer schneebedeckt. Eben ein
Giri mit Dawala – ein Berg mit Weiss – und man sähe ihn hie und da an klaren
Morgen aus der Gegend von Gorakhpur, alle andern Gipfel in den Schatten stellend und hoch über den nepalischen Siwalikhügeln, einer Art von Himalaja„Voralpen“. Wo 563 v.Chr. Religionsstifter Gautama Buddha auf die Welt kam.
Der Alte verzog sich flink in ein Nebenzimmer und brachte voller Stolz ein Bild
dieses Dawalagiri hervor. Verrückt, „unser“ Dhaulagiri prangte darauf im ersten
Rang, und wenn der Kupferstecher von ca. 1850 wirklich Recht hatte, dann hätten
wir ja den höchsten Berg der Erde im Sinn…
Aber seit dieser Kupferstich geschaffen
wurde, waren gut und gern über hundert Jahre verflossen, also dürften die neueren Daten des britischen Himalaja-Vermessers Sir
George Everest wohl eher den Tatsachen entsprechen. Schade! Auffallend, dass die Texte in Französisch verfasst waren. Wo es der
„Lord Mayor“ wohl aufgetrieben hatte? Noch
dringlicher als diese lebenswichtige Frage
war mir im Moment allerdings, dass er tatsächlich den ersehnten Freipass auf einen
Fetzen Packpapier hingeschmiert hatte, dank
dem uns der Stadttorwächter mit gutem Gewissen durchwinken durfte. „Mach’ wenig
Worte und du wirst im Frieden gehen“...
Im Abstieg vom Thapa-Col (1960 Akklimatisationscamp), Hintergrund: Nilgiri: („die blauen Berge“) *)
Hoffentlich!
Noch jahrelang beschäftigte mich dieser Stich, und ich ärgerte mich, dass ich
ihn nicht wenigstens fotografiert hatte. Bis eines Tages – genauer gesagt exakt
28 Jahre später – der originelle Buchhändler und Antiquar Dieter Wempe, ein
hochkultivierter Hannoveraner, der in Sarnen in einem uralten Obwaldner Holzhaus mit mächtigen, durchgebogenen Balken eine sehenswerte Buchhandlung führte,
bei mir in Luzern vorbeikam. Unter
dem Arm einen Stapel alter und uralter Bergbücher – von Placidus a
Spescha bis Horace Bénédict de
Saussure – weil er wohl dachte, ich
könnte als Abnehmer derart antiker
Literatur in Frage kommen. Und was
befand sich sonst noch in der Beige
dieser bibliophilen Kostbarkeiten –
ausgerechnet der alte Kupferstich
von Gorakhpur, „TABLEAU DE LA HAUTEUR DES PRINCIPALES MONTAGNES DU
GLOBE“….
*) Kaspar Winterhalter „Der letzte Achttausender“ Hallwag
Halt! Sichern! Stimmt überhaupt
nicht, was ich da soeben behauptet
habe – keine Rede von „nicht eruier-
Pilatus Porter „Yeti“ im Akklimatisationslager Thapa-Col 5200 m
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bar“ und fragwürdigen Daten… Denn heute, am 27. Juli 2011, mitten im Schreiben
an diesem 50-Jahr-Rückblick erhielt ich von Dr. Meda Diana Hotea, ETHBibliothek Zürich, genaue Auskunft über diesen „alten Stich“: Stahl-, nicht
Kupferstich, angefertigt von Alexandre A. Vuillemin (geboren 1812), französischer Geograf und Kartograf, der dieses Werk „Atlas universel de géografie ancienne et moderne“ geschaffen hatte. Zum ersten Mal erschienen 1839, neueste
Auflage 1851.... Nicht verzagen, Poly fragen!
Waldis:
Möglichst schnell nach der „Yeti“-Ankunft in Nepal habt ihr euer „Akklimatisationslager“ auf dem ThapaCol 5200 m bezogen. Du selbst schreibst in deinem Buch „Erfolg am Dhaulagiri“, es sei eine Rosskur
gewesen, unakklimatisierte Bergsteiger schnurstracks von Pokhara 900 m und sogar von Bhairava 200
m ü.M. im Eiltempo auf 5200 m ü.M. auszusetzen – also in wenigen Minuten 5000 m höher oben! Wieso nicht an einen tiefer gelegenen Ort? Der Grundsatz ″climb high, sleep low“, den die Engländer am Everest schon viel früher propagierten, war
euch doch sicher nicht unbekannt?
Eiselin:
Natürlich gab es akklimatisationsfreundlichere Plätze, so um 3500 m, aber alle weit weg
vom Dhaulagiri, sodass wir bei einer „Yeti“Panne das Nachsehen gehabt hätten. Und
bei einem Flugzeug muss man eben immer
auf einen Ausfall gefasst sein. Ist uns bei
dieser Expedition ja selber passiert, mehr
als einmal. Auch war die Höhe von 5200 m
gar nicht so jenseits von Gut und Böse. Sowohl unser Expeditionsarzt Jerzy Hajdukiewicz, selber Höhenspezialist mit Expeditionserfahrung,
als auch unser externe Berater, der Genfer SAC-Präsident und Patronatsvater unserer Expedition,
Dr. med. Edouard Wyss-Dunant, Arzt und Leiter der Schweizer Everestexpedition 1952 und Stiftungsrat bei der Schweizerischen Stiftung für Alpine Forschung, gaben uns grünes Licht. Aber unter der strengen Bedingung „faules Herumliegen nicht nur gestattet, sondern vorgeschrieben, und
zwar für mindestens eine Woche“! Für Notfälle hatten wir einige Flaschen Sauerstoff parat, aber noch
besser machten es Michel Vaucher und Hugo Weber. Sie packten ein Zelt mit Kocher und Proviant und
verreisten für einige Tage zu Fuss auf 4530 m hinunter. Wem faules Herumliegen verleidete und zu früh mit
Bergsteigen anfing, weil er sich zwar vögeliwohl fühlte - aber noch lange nicht akklimatisiert war! - wurde
abgestraft nicht nur durch faules, sondern durch jämmerliches Herumliegen, durch die ’’Rache Montezumas’’ mit Erbrechen und Durchfall, Atemnot und dem sterbenselenden Wunsch auf baldige Heimreise in
Mammis Obhut. Dank dem „Yeti“ dauerte unseren Unfolgsamen solche Pein jedoch viel zu wenig lang. Denn ’’die Sauerstoffkur“, wie Dr. Hajdukiewicz zu sagen pflegte, wirkte eben
blitzschnell. Schon nach wenigen Stunden auf 900 m unten
waren solche Akklimatisationssünder wieder „zwäg“ und ertrugen nach 2, 3 Tagen die ,,Rosskur’’ des zweiten Höhenfluges
erstaunlicherweise prima, als wäre nichts geschehen. Nun
konnten sie sich am faulen Herumliegen auf 5200 m freuen
und waren schnell wieder marschbereit zu neuen Taten. Expeditionsarzt Hajdukiewicz genoss seine neueste Akklimatisationserfahrung sichtlich und berichtete später in medizinischen
Fachkreisen über die heilsame Wirkung solcher „Sauerstoffkuren“ durch schnellen Abstieg möglichst weit hinunter.
Weil sie vorschriftsgemäss akklimatisierten, waren Diemberger, Forrer, Schelbert und zwei Sherpas schon bald einmal
so gut in Form, dass sie nach der Erstbesteigung eines stolzen „Base-Camp-Mugels“ ins Hauptlager Nordost-Col 5650
m hinauf geflogen werden konnten, um mit dem Errichten der
Hochlager bis auf 7800 m zu beginnen. Ein Ausrüstungs- und
Proviantlager wurde durch die Piloten beim Hauptlager bereits
im Voraus angelegt, mit Lebensmitteln, fast bis Expeditionsende ausreichend. Wichtig, dass der Nachschub gut funktionierte. Marc Eichelberg, ein Teilnehmer der
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Zürcher Expedition von 1953, schrieb in seinem köstlichen Büchlein „Dza, Dza – dem Himalaya zu“
nicht vergebens: „Der Erfolg einer Expedition hängt nicht zuletzt davon ab, dass die richtige Büchse Sardinen im richtigen Moment am richtigen Platz ist“...
Das Akklimatisationslager Thapa-Col wurde mehr und mehr zu einer gut eingerichteten Festung ausgebaut. Der „Yeti“ verwöhnte uns, als ob wir bei einem „Wellness“-Ausflug an einem Open-Air-Festival wären
und brachte laufend Nachschub. Auch die Schönen und Reichen waren vertreten – wir Bergsteiger selber.
Schön waren wir entzückende Adonis-„Posturen“ doch alle schon von Natur aus... Und wer hätte sich hier
oben nicht reich fühlen können! Marc Eichelberg hätte seine helle Freude an unserer Dhaulagiri-Logistik
gehabt! Aber eines schönen Tages war unser „Yeti“ nicht mehr am Himmel zu sehen... auch morgen und
übermorgen nicht! Erst 8 Tage später erhielten wir Bescheid, was mit unserem Gletscherhüpfer los war:
plötzlich erschien Pilot Ernst Saxer, in Begleitung unseres Nachzüglers, Kameramann Norman Dyhrenfurth – Sohn des bekannten Himalajapioniers Prof. G.O. Dyhrenfurth – nach einem Fünftagemarsch von Pokhara, bei uns oben, auf 5200 m. Mit der Nachricht, ein Motorschaden habe unseren „Yeti“ flachgelegt. Der Prototyp des Pilatus Porters hatte eben noch nicht den heute verwendeten potenten
Turboprop. Und der lange Flug von der Schweiz nach Nepal und dann die vielen Materialtransporte in die
Hochlager über 5000 m gingen an dem schwachen „Kolbenschüttler“-Motörchen nicht spurlos vorüber. Auf
Anforderung durch Werner Schulthess sei
von den Pilatus Flugzeugwerken ein Ersatzmotor inkl. Mechaniker unterwegs
nach Nepal und von der amerikanischen
Motorenfabrik Lycoming auch noch ein
Ingenieur, berichtete Saxer. Alles in allem
ein grandioser Kundendienst, dank dem
„Yeti“ in etwa zwei Wochen wieder fit sein
werde. Für mich hingegen kam es knüppeldick: ich müsse sofort mit Saxer nach Pokhara hinunter, die Polizei würde „Theater
machen“ und nach dem Expeditionsleiter
schreien, ohne den es keine Flugerlaubnis
für den reparierten „Yeti“ gebe. Das hiess für
mich Abbruch des Bergsteigens und definitiver Krebsgang zu einem „Himalaja-Schreibtischtäter“ – eine für Bergsteiger nicht eben dankbare Aufgabe...
Ich war soeben einigermassen akklimatisiert und marschbereit, nach tagelangem Abstieg und in die Niederungen aber müsste ich dann mit dem Akklimatisieren frisch beginnen... Doch ich hatte keine andere Wahl,
als unserem gestrengen Piloten und Luftwaffenoffizier Ernst Saxer zu gehorchen, der extra fast eine Woche lang vom Flachland zum 5200 m hohen Thapa-Col aufstieg. Nicht aus Vergnügen, sondern um mich
auf einen tagelangen Abstieg nach Pokhara, auf weniger als 1000 m ü.M. hinunter zu jagen! Sonst würde
ich den von der Schweiz und Amerika um den halben Globus nach Nepal gebotenen beispielhaften Kundendienst von Pilatus und Lycoming geradezu sabotieren. Am Berg hatten wir genügend Gipfelstürmer, Flugzeug aber nur ein einziges, und wenn ich zu dessen Instandsetzung wirklich nötig war (wegen reiner Papierkrieg-Schikanen), so musste ich halt in den sauren Apfel
beissen. Dummerweise war Toni Hagen gerade in Südamerika und Werner Schulthess wieder einmal im
Langtang oben. Sie wären die Einzigen gewesen, die –
über König Mahendra – die Zollbehörden hätten ausschalten können. Immerhin hat mir Pilot Ernst Saxer den
Rückzug vom Berg stark versüsst. Ich wusste gar nicht,
dass er ein derart meisterhafter Koch ist, der zum
Znacht nicht einfach Maggisuppe und Porridge aufstellte, sondern sogar mit Meta-Bergküche und Blechhaferl
tolle Menüs zu Stande brachte! Nicht zuletzt dadurch,
dass er sich nicht scheute, unseren Sherpaträger so
richtig zum Rotieren zu bringen und nicht eher „lugg“
liess, bis der Liebe tibetisches Himalajasalz, die richtigen
Zwiebeln, Aepfel und einmal sogar eine Art Knoblauch
und Sellerie hervorzauberte.
Einmal kreuzten wir den Weg mit einem nach reichem
Landlord aussehenden und leidlich Englisch sprechenden, hoch zu Ross daherkommenden Nepali. Sicher ein
Filmregisseur Norman Dyhrenfurth
Grossgrundbesitzer von Bara Hakim, auf jeden Fall ein
„Mehrbesserer“ wie man diese imponierende Gestalt im Bernbiet genannt hätte. Er wusste um die Existenz
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unserer Expedition und fragte, was denn mit unserem Flugzeug los und was der wahre Grund unseres
Bergsteigens sei. „Can you find gold on the mountains?“
Nach dem Ausfall des „Yeti“ war die Expedition „glücklich“ in fünf verschiedene Splittergrüppchen aufgespalten, die nur ausnahmsweise miteinander Kontakt haben konnten, da unsere Funkgeräte zwar militärisch solid und schwer, aber nur von begrenzter Reichweite waren. Heutzutage ist das ganz anders. Im
Basislager steht ein Generator zum Speisen von Computer, Internet, Satellitentelefon und weiterem
Hightechequipment. Durch ″Skypen“ wird online mit den Angehörigen zu Hause nicht nur per Ton,
sondern gleichzeitig mit Sichtverbindung kommuniziert! „Elektronische Revolution“ im Himalaja…
Vom Akklimatisationslager 5200 m aus war nun – ohne „Yeti“ – wieder Rucksackbuckeln angesagt. Zuerst
ging es ins Unbekannte Tal hinunter und dann Gegenanstieg auf den French Col, ebenfalls 5200 m, und
schliesslich hinab ins Basislager 4550 m . Auf- und Abstiege in idealer Höhe, wie sie akklimatisationsfördernder nicht hätten sein können! Als Vorteil erwies es sich, dass alle Expeditionsteilnehmer selbständige
Bergsteiger waren, die auch ohne Leiter wussten, was zu tun war, und im Toggenburger Ernst Forrer
hatten sie erst noch einen idealen Leiterstellvertreter. Wichtig auch, dass wir Ausrüstung und Proviant
grösstenteils dezentralisiert einsetzten und nicht an einem einzigen Haufen deponierten. Marc Eichelbergs
Sardinenbüchsen lassen grüssen! Trotzdem ist ein kapitaler Fehler passiert: in einem Grüppchen gab es
einige Tage lang als Hauptmahlzeit nur Teigwaren, in einem andern dafür nur Reis. War zu verkraften!
Peter Diener führte einen Rekognoszierungs- und Spurtrupp über den zerschrundenen Mayanghdigletscher und kennzeichnete die besten Durchstiegsmöglichkeiten im gefährlichen Spaltengewirr mit Markierungsfähnchen, derweil Norman Dyhrenfurth mit Hilfe seines Sherpa-Assistenten Ang Dawa am Expeditionsfilm weiter drehte, welche Tätigkeit in den höheren Regionen durch Kurt Diemberger mit einer superleichten Handkamera bis auf den Gipfel zu Ende geführt wurde. Die Mühen der beiden fanden zwei Jahre
nach der Expedition Anerkennung durch einen Preis des bekannten Bergfilmfestivals von Trento. Expeditionsarzt Jerzy Hajdukiewicz folgte dann mit der weiteren Mannschaft auf Peters Spuren ebenfalls zum
Hauptlager Nordost-Col 5650 m, während Adam Skoczylas mit Verbindungsoffizier Min Bahadur Sherchan und einer Trägerkarawane das ganze restliche, noch in Pokhara lagernde Material auf der langen
Mayanghdi-Anmarschroute hinauf schaffte – ganze Strecke von Pokhara auf den Nordost-Col 5650 m mit
riesigen Horizontaldistanzen und 4750 Höhenmetern - alles auf Schusters Rappen!
Nach langen Wochen waren wir alle endlich wieder vereint, denn auch der „Yeti“ surrte – mit seinem neuen
Motor! – wie eh und je als treues Expeditionsmaskottchen über unsere Köpfe und setzte neben den Zelten
zu einer Bilderbuchlandung an. Nach einer Zwischenlandung beim Akklimatisationslager Thapa-Col holten
wir noch möglichst viel Proviant und Ausrüstung herauf. Da ich von Pokhara 900 m direkt im Hauptlager
NE-Col 5650 m ’’ausgelagert’’ wurde ohne erneute Zwischenübernachtungen auf 5200 m und weil meine
12 Tage Akklimatisation auf dem Thapa-Col schon 2 Wochen zurück lagen, machte ich mir einige Sorgen.
Umso mehr, als ich vor dem Verschwinden des ’’Yeti’’ noch schwere Kisten, Seesäcke und weiteren gewichtigen Plunder von der Piste wegräumte, was mich gehörig ins Schnaufen brachte. Beruhigend, dass
mich da der ’’Yeti’’ bald wieder in sauerstoffreichere Luft hinunter segeln würde. „In einer halben Stunde
sind wir wieder bei Dir oben“ beruhigten mich Ernst und Emil… Aber nichts dergleichen geschah – unser
’’Yeti’’ schien wieder einmal streiken zu wollen. ’’Vergessen, verlassen, verloren’’ und mutterseelenallein,
dazu mit flöten gegangener Akklimatisation plötzlich in einsamem Himalaja-Hochlager auf fast 6000 m
oben, ohne Aussicht auf Entrinnen aus dieser Mausefalle – das hatte etwas Unheimliches. Bisher war
ich immer gerne allein in den Bergen, aber jetzt bekam ich so richtig Schiss und begann mir langsam einzubilden, wohl bald keine Luft mehr zu haben! Bist selber schuld, wieso wider jede Vernunft in derart lebensfeindliche Höhe hinauf und dabei die Arbeit zu Hause einfach vernachlässigen! „Geschieht ihm recht,
dort oben elendiglich zu ’verräblen’, er hat es ja so gewollt“ werden die Leute daheim sagen.
Probleme „noch und nöcher“, am Berg, mit dem Flieger und schon zu Hause, lange vor der Abreise aus der
Schweiz, mit Behörden und Finanzen und und und… Und jetzt auch das noch! „No end of trouble“, schier
unlösbare Probleme… Dann wieder Schluss mit trüben Gedanken und an eine rassige Kletterstelle in den
Tannheimern gedacht mit dem aufstellenden Namen „Nur Mut, Johann“! “That`s good“ sagen die Amerikaner, das sei Bodybuilding fürs Gehirn. Und weiter, man müsse sich absichtlich in Zwickmühlen und
Zwangslagen versetzen, aus denen nur ein heikler, mit neuen Knacknüssen gepflasterter Fluchtweg hinausführt. Hiezu waren Dhaulagiri und „Yeti“ wie geschaffen und wohl die effizientesten Bodybuilder für
den Geist, dank Zwickmühlen um Zwickmühlen und Zwangslagen in rauen Mengen… Und dies, obwohl wir
- sonst schon Oberschlauen – auf derart exklusive Gehirnveredelung noch so gerne verzichtet hätten…
Lieber in einer überfüllten, lärmigen und stinkigen Hütte, aber auf „christlicher“ Höhe und nicht so gottverlassen im Zelt auf wildem Gletscher! Der dazu auch noch perfid gefährlich sein konnte und dessen Spalten
vor einem Jahr der Wiener Heini Roiss zum Opfer fiel. Genau hier, auf dem flachen, so harmlos aussehenden Nordost-Sattel! Eine besonders knifflige Fleissaufgabe hält das weitläufige, fast flache Glet-
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scherplateau auch ausgekochten Orientierungsspezi bereit.
Besonders bei diffusem Licht
oder gar Nebel. Albin Schelbert und Ernst Forrer waren
zwei durch und durch hartgesottene Hochgebirgsnavigatoren
und ’’Nebelkrähen’’, aber auch
ihnen passierte es, dass sie
sich nach einem Abstieg aus
den Hochlagern unversehens
im ’’Flachland’’ des NE-Cols
wegen plötzlich aufkommendem
Nebel im Kreis herum drehten
und den Durchschlupf zu den
rettenden Zelten fast nicht mehr
fanden. ’’Der Pfadfinder muss
sich zu helfen wissen – und seinen Pfad auch bei Nacht und
Nebel finden!“ werden sie sich
gesagt haben…
In kalten Zeltnächten erträumt: Refuge Nordost-Col 5650 m
Zum Glück bewirkten mir die 12
Akklimatisationstage auf dem Thapa-Col 5200 m aber trotz allem Graus eine unerwartete AkklimatisationsLangzeitwirkung, und Aztekenherrscher Montezuma liess mich bald wieder in Ruhe. Kurz vor dem Einnachten erneut Dusel! Mein Unbehagen vor der gruseligen Einsamkeit durfte ich plötzlich vergessen. Zuerst hörte ich Schritte, dann guckte ein breit grinsendes Sherpagesicht in mein Zelt und nach und nach erschienen
Sherpa um Sherpa und Saab um Saab. Ich konnte aufatmen! Ein weiteres, unerwartetes Geschenk erhielt
ich in der Nacht: einen tiefen, erquickenden Schlaf, der ohne Unterbruch bis zum Morgen anhielt und erst
durch warme Sonnenstrahlen „gestört“ wurde. So fest in Morpheus` Armen wie jetzt lag ich während der
ganzen Expedition noch nie. Keine Anzeichen der – erwarteten! – Höhenkrankheit... wieder einmal
Schwein gehabt. Vielleicht hatten Diemberger und Forrer gar nicht so Unrecht mit ihrer revolutionären
Idee, uns das Akklimatisationslager Thapa Col auf 5200 m zu ersparen und direkt auf den Nordost-Col auf
5650 m zu fliegen. Aber „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ war eben doch ratsamer… Erstens ist
Akklimatisation ein Buch mit mehr als nur sieben Siegeln, zweitens ist mit sehr individuellen Reaktionen zu
rechnen und drittens kommt es anders als du denkst... folgerte ich aus meinem Höhenabenteuer.
Überhaupt hatte ich Glück, nochmals unverschämt
Glück! Dank sei der Glückszahl 13! Programmgemäss wäre ich nämlich beim Absturz im Flugzeug
gesessen – als einziger ohne Angurtmöglichkeit –
und wäre, zusammen mit Eispickeln und Steigeisen, Proviantbüchsen und Kerosinkannen, unbarmherzig in eine Geröllhalde geschmettert worden. „In sahniger Form“ stand dort sinnigerweise
auf einer aus dem ’’Yeti’’ geschleuderten, flach
gequetschten Büchse Erdnussbutter. Auch mich
hätte man dann wie die Erdnussbutter flach zerquetscht und in sahniger Form von dieser Geröllhalde wegkratzen können. Die lebensrettende
Programmänderung verdankte ich der Erleuchtung
’’endlich wieder mal etwas arbeiten’’. Wieso nicht
im NE-Col-Lager Ordnung in die herumliegenden
Kisten und Säcke bringen, statt mit den Piloten
genüsslich über den Abgründen unseres AchttauDer „Yeti“ schlägt den Höhen-Weltrekord durch Landung und
senders herumzuschwelgen! ’’Be happy in your
Start auf dem Dhaulagiri-Nordostcol 5650 m
work’’ sagen die Japaner... – ‘’work may save
your life’’ füge ich hinzu. Wenigstens seit unserer Dhaulagiri-Expedition!
Ein paar Tage nach meiner Ankunft auf dem Nordost-Col machte ich mich an den Weiteraufstieg zu Lager
III auf 6600 m ü.M. Der Aufstieg geriet mir erstaunlich ring, aber nach etwa einer Stunde Rast im Lager III
spürte ich umso drastischer Montezumas Angriffsvorbereitungen. Langsam, aber sicher wurde es mir
„gschmuech“ und ungemütlich. Eben doch untrügliche Vorboten ungenügender Akklimatisation und keine
Rede von „Langzeitwirkung“… So schnell wie möglich leitete ich meinen Rückzug ein – schleunigst wieder
hinunter in die rettende Tiefe des nur noch auf 5650 m ü.M. gelegenen NE-Cols! Mit seinem wohltuend hö-
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heren Luftdruck, der Aztekenherrscher Montezuma keine Chancen mehr liess! 6600 m ü.M. – das war`s
dann für mich, Dhaulagiri ahoi! Nicht eben sensationell an einem Achttausender…
Dieser 5. Mai 1960 hatte es wirklich in sich: Nebst Absturz des
’’Yeti’’ und meinem lebensrettenden ’’2.Geburtstag“ durfte auch
“Yeti“-Pilot Ernst Saxer ein ganz besonderes Glück erleben. In
Pokhara unten fand er einen Brief seiner jungen Frau – 3 Stunden vor dem Absturz gebar Marlis weit weg von ihm, zu Hause in
der Schweiz seinen Stammhalter Andi... Seinen Vater hatte Andi
nur gerade acht Jahre lang, dann ist Ernst bei seiner Leidenschaft Flugfotografie auf dem Axalpgrat umgekommen, als er einen sehr nahe heranfliegenden Schweizer Kampfjet fotografieren
wollte. Doch dieser touchierte den Fels, und ein abgesprengter
Metallbrocken tötete Ernst. Auch der Pilot, Hauptmann Birrer,
Kommandant der beliebten Patrouille Suisse, fand den Fliegertod.
"There are bold pilots, there are old pilots, but there are no old
bold pilots“ sagen sie in Alaska über die “bush pilots” rund um
den Mount McKinley…
Auch in Pokhara unten wurde der „Yeti“ schon wieder vermisst. Denn wir sahen die durch Captain King pilotierte DC-3 „Dakota“ VT-DDT (VT=Indien) des Maharadschas von Darbhanga über dem Thapa-Col auf offensichtlichem Suchflug kreisen. Später vernahm ich, dass auch Peter Aufschnaiter im Cockpit mithalf, nach dem verschollenen ’’Yeti“ zu spähen. Er, der ausgezeichnete Kenner des Himalajas, der
mit Harrer „7 Jahre in Tibet“ weilte, da ihre Nanga-Parbat-Expedition 1939 – bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs – in ″British India“ wie alle Deutschen und Oesterreicher interniert wurde. Ihre Flucht
nach Tibet und die sieben Jahre beim Dalai Lama sind ein weltbekanntes Abenteuer, das in Büchern und
Filmen dokumentiert wurde.
Waldis:
In deinem Buch „Erfolg am Dhaulagiri“ beschreibst du Captain
King als besonders freundlichen Mann, der die vielen auf dem Flugplatz von Pokhara herumtollenden Kinder immer wieder in seine
„Dakota“ packte und sie zu ihrer Freude auf der Piste herumkarrte
(″taxiing“ wie die Piloten sagen).
Eiselin:
Ja, er war wirklich ein äusserst liebenswürdiger Mann und gläubiger
Hindu, der überzeugt war, dass kein Mensch sein Schicksal selber
bestimmen könne. Auch schwierige Aufgaben löste er stets mit einem lachenden ″it`s just a piece of cake“...
Zehn Jahre später durften meine Frau und ich Captain King mit Gattin in Kathmandu zum Dinner einladen. Inzwischen machte er militärisch Karriere, vom Captain zum Colonel und - als Anglo Indian zum Commander einer kleinen nepalischen Fliegertruppe. Leider ist
er schon wenige Tage nach diesem bewegenden Wiedersehen bei
einem Fallschirmmanöver tödlich abgestürzt.
(Samivel)
Wie ihre Erstbesteigung (nicht des
Dhaulagiri) wirklich war…
Kaum war die „Dakota“ – übrigens indischer Lizenzbau für McDonnel Douglas USA ’’made by Hindustan Aircraft Corp., Bangalore’’ – im Kali-Gandaki-Tal (dem
tiefsten Taleinschnitt der Erde, zwischen den Achttausendern Annapurna und Dhaulagiri) verschwunden, rauschte ein ″Canberra“-Bomber der indischen Luftwaffe mit grossem Getöse über unser Lager. Eine Suchaktion grossen Stils, die wir natürlich ebenfalls unserem Captain King sowie
Manick Lal Gurubacharya, dem Sekretär unseres Expeditions-Göttis Werner Schulthess verdankten.
Wer sonst hätte wohl das heikle Kunststück fertig gebracht, die mächtige Indian Airforce ins Ausland abzudelegieren! Und erst noch „gratis und franko“… Hier oben konnten wir dann bald einmal
″All India Radio“ empfangen und hörten, dass der vermisste „Yeti“ auch in der Welt draussen ein
Thema war...
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Inzwischen konnten wir von unserem zum Thapa-Col entsandten Verbindungsoffizier Min Bahadur Sherchan einen Funkspruch empfangen. Er wurde fündig: „Yeti finish!“ - der stark beschädigte „Yeti“ lag an einem Steilhang, und die Piloten hinterliessen die Botschaft, sie seien unverletzt nach Pokhara abgestiegen.
„Yeti“ sei abgestürzt wegen Defekt am Steuerknüppel! Wahrlich „kleine Ursache, grosse Wirkung“. Gottlob
blieben die beiden Piloten unverletzt – dank Aufhängung in Schultergurten…
Am Berg selber hatte die dreiköpfige Vorausgruppe ganze Arbeit
geleistet. Sie konnte, noch zu Lebzeiten des „Yeti“, ins Hauptlager
5650 m am Fuss des Dhaulagiri-Nordostsporns - gemäss den
Franzosen „fürchterlich steil, halb Gletscher, halb Fels“ - hinauffliegen und dann gründlich weiter akklimatisieren. Drei Hochlager, bis
in eine Höhe von 7450 m, hat sie errichtet. Mit Hilfe von lediglich 2
Sherpas und gänzlich ohne Puste-Kick mit künstlichem Sauerstoff! Die Flaschen wurden zu Hause vom Lieferanten mit viel zu
wenig Druck abgefüllt, sodass wir mit ihnen kaum eine halbe Stunde hätten aufsteigen können. „Dieses Gelump lassen wir drunten“
sagte Kurt unter dem Beifall seiner Kameraden. Der Nachteil, dass
die kostbare Fracht nur als Notfallequipment im Lager unten blieb
und für den Aufstieg keine Verwendung fand, erwies sich aber
auch als Vorteil: der Triumph, den Achttausender ohne künstlichen
Sauerstoff bestiegen zu haben, wäre sonst kaum errungen worden. Zu gross die Versuchung, ’’nach der Flasche zu greifen“!
(Samivel)
…und wie sie diese erzählten.
Beim Schreiben dieser Zeilen erhielt ich heute, dem 13. (willkommen alte Dhaulagiri-Glückszahl!) September 2011 Post von Kurt
Diemberger, einem unserer Dhaulagiri- Gipfelstürmer. Sie hätten
im Stosstrupp schon grundsätzlich, nicht nur wegen der halb leeren Flaschen, auf künstlichen Sauerstoff – ich nannte ihn despektierlich „Puste-Kick“ – verzichtet: „Wir hätten bei noch mehr
Schlepperei keinen Erfolg gehabt!“
Waldis:
Der Leiter der im Vorjahr stattgefundenen österreichischen Expedition, Fritz Moravec, hat dir in Aussicht
gestellt, am Berg noch von ihnen zurückgelassene Ausrüstung vorzufinden. War dies von einigem Nutzen?Und noch etwas: In deinem Buch „Erfolg am Dhaulagiri“ ist davon die Rede, einige Teilnehmer hätten dermassen Gipfeldrang verspürt, dass sie auf gefährliche Speed und auf Überspringen eines Lagers
drängten, um möglichst schnell und möglichst bald den Gipfel einsacken zu können. Gab es Streit deswegen?
Eiselin:
Nein, nicht gerade Streit, aber sagen wir mal harte Auseinandersetzungen. Doch schliesslich waren dann
alle mit Speed und dem Auslassen eines Lagers einverstanden. Wie schon der alte Achttausender-Fuchs
Kurt Diemberger wollten auch alle andern Dampf aufsetzen. Wohl weil sie mit sicherem Gespür rochen,
mit dem vielversprechenden Gipfelwetter könnte es bald einmal Essig sein, sodass die Gunst der Stunde genutzt sein
wollte. Hier und sofort! Der Gipfel ist nicht alles, aber ohne
Gipfel ist alles nichts.
’’Birne’’1958: Lager VI 7600 m, auf ’’Sprungschanze’’
(Winterhalter ’’Der letzte Achttausender’’ Hallwag),
Blick auf den Nordostsporn!
Nur gerade ein einziges Fixseil und einen Eispickel fanden
wir. Mit weiteren Seilen, Sauerstoffflaschen, Zelten und
Lebensmittelkonserven, welche die Österreicher nicht
mehr zurücknehmen konnten, haben die DhaulagiriStürme gründlich aufgeräumt! Und ab unserem „Biwaklager“, auf ca. 7800 m, konnten wir sowieso keine Ausrüstungsgeschenke mehr erwarten, weil vor uns noch nie ein
Mensch hier oben war! Die eigentlichen 367 Höhenmeter
reinrassiger Erstbesteigung – auch für kompromisslose
Fundamentalisten – konnten beginnen!
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Mehrere Seilschaften waren als unsere Speerspitze
am Nordostsporn, wobei sie hintereinander in Gipfelnähe kamen, aber wegen einbrechendem Sturmwetter (fast jeden Nachmittag!) ins letzte Lager zurückklettern mussten. Bei einem solchen Abstieg
sauste eine Dreierseilschaft beinahe in eine Katastrophe. Auf dem Fels lag trügerischer Neuschnee,
der Oberste der Seilschaft war ausgerutscht, riss
den Mittelmann mit, und nur dank viel Glück konnte
der Unterste den Absturz stoppen – haarscharf über
dem zweitausend Meter tiefen Abgrund...
Peter Diener, unser „Alpstein-Sprinter“ und einer
unserer Erstbesteiger, schrieb in sein Tagebuch:
Nordostsporn 1960: ’’Adlerhorst’’ 7800 m (Eiselin ’’Erfolg am Dhaulagiri’’
Orell Füssli)
<<Sorgfältiges Sichern war also nötig, denn Schnee
auf Fels macht jedes Bergsteigen heikel. Wir kletterten ungefähr im dritten bis vierten Schwierigkeitsgrad, zu Hause in den Alpen eine Kleinigkeit. Aber in der
Achttausenderregion und erst noch ohne Flaschensauerstoff musste der Körper das Letzte hergeben.
Kurt, unser Oesterreicher und Erstbesteiger eines Achttausenders im Karakorum, meinte, dass sie den
Broad Peak 8047 m mit all unseren „Dhaulagiri-Bemühungen“ damals zweimal bestiegen hätten!
Die Zeltplätze waren am Nordostsporn viel besser als in der „Birnen“-Route, wo 1954 ein Mineur der Argentinier einen Zeltplatz aus dem felsigen Gelände heraussprengen musste! Und Fredi Hächler, der
Bautechniker der Schweizerexpedition 1958, bastelte im steilen Fels eine Art Ski-„Sprungschanze“ aus Metallstangen und Seilen. Die besonders Mutigen getrauten sich, auf diesem labilen Gebilde sogar zu
übernachten. „Guet Nacht!“... besonders im wütenden Dhaulagiristurm, dem die nach Nordwesten exponierte „Birne“ viel stärker ausgesetzt ist als der Nordostsporn.
Das höchste Lager am Nordostsporn, das „Biwaklager“ auf 7800 m - noch ganze 367 Höhenmeter unter
dem Gipfel - war ein richtiger Adlerhorst. Wenig unter der Gratkante, direkt durch einen mächtigen Felsblock geschützt, fand sich ein winziges Plätzchen, aber nicht einmal genug für ein Zweimannzelt. Doch unsere beiden Sherpas, Nima Dortschi und Nawang Dortschi, lösten das Problem mit wuchtigen Pickelhieben ins Eis, und der Bauplatz war „arrondiert“. Nur mit dem Innenausbau unserer Villa haperte es ein wenig, sodass „lustiges Campingleben“ nicht recht aufkommen wollte: Eine drückende Enge herrschte in unserer Behausung. Wo sonst zwei gerade noch Platz finden, mussten sich jetzt sechs Mann zusammenpferchen.
Albin hockte zuhinterst ganz verbeult in der Apsis, dann kam der fast ununterbrochen hustende Kurt.
Ernst sass krumm, den Kopf ganz eingezogen, mir gegenüber. Und unsere beiden Sherpas begnügten
sich bescheiden mit dem Platz neben dem Eingang. Den Gaskocher zwischen den Knien haltend, sorgten
sie unablässig für Tee und Suppe. Das Unangenehme dabei war, dass sich Kochdämpfe und unser Atem
als dicke Raureifschicht am Zeltdach niederschlugen. Bei jeder Bewegung sprühte der kalte Zauber in den
Nacken und auf unsere Schlafsäcke. Dann erlöschte der Kocher. Der beissende Gestank der leeren Gaspatrone und der Schwefelzündhölzer löste neue Hustenanfälle aus. Aber Nima kochte und kochte, bis auch
der Letzte von uns versorgt war. Doch nicht lange nach dem letzten Becher Tee war der Rachen schon
wieder ausgetrocknet und schien beim Halszäpfchen zusammengeklebt. Wollte einer sprechen, so musste
er erst ein paar Mal leer schlucken, bis überhaupt ein Wort zustandekam.
Lange ging es, bis endlich der Morgen graute. Mit steifen, ungelenken Knochen dauerte der Aufbruch eine
Ewigkeit. Bis nur ein jeder in seinen Fellstiefeln stand! Teilweise waren sie gefroren, so dass Auftauen mit
dem Gaskocher nötig war. Jede Kopfbewegung schmiss wieder dicke, eisige Raureifschwaden vom Zeltdach in den Nacken. Und mindestens eine halbe Stunde brauchte jeder nur schon für das Anziehen der
Steigeisen...
Nach fast senkrechtem Eisaufschwung hatte die Steilheit des Grates abgenommen und erinnerte uns an
den Biancograt am Piz Bernina. Rechts unten sahen wir die Felsaufschwünge des Nordwestgrates, unter
dem sich die ominöse „Birnen“-Route befindet, auf der sechs unserer sieben Vorgängerexpeditionen zum
Rückzug gezwungen wurden. Aber auch hier auf dem Nordostsporn befanden wir uns bald einmal in Neuland, wo bisher noch kein Mensch gestanden war. Die bunten Sturmanzüge leuchteten zwischen dem
gleissenden Schnee und dem Dunkelblau des Himmels in der Morgensonne. Ein lustiges Bild, das gar nicht
so recht zur so genannten „Todeszone“ passen wollte.
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Mit dem Wetter hatten wir ein Riesenglück, es war sogar windstill, eine Seltenheit an diesem Achttausender, berüchtigt für sein „Dhaulagiri-Wetter“.
Und dann – endlich und doch plötzlich – der Gipfel und die Kameraden: Albin Schelbert, Kurt Diemberger mit Sherpa Nawang Dortschi und mein Alpstein-Klettergefährte Ernst Forrer mit Sherpa Nima Dortschi.
Auf dem Gipfel herrschte Ruhe, das berüchtigte Dhaulagiriwetter schwieg für heute, es war ein Tag
des Glücks: der 13. Mai 1960, ein Freitag, an dem unsere dreizehnköpfige Expeditionsmannschaft
das vielen Expeditionen verwehrte Ziel erreichte: den Dhaulagiri, den dreizehnten Achttausender!>>
So weit der Bericht von Peter Diener.
Zehn Tage später, am 23. Mai 1960, standen nochmals zwei Bergsteiger auf dem Haupte des Dhaulagiri:
Michel Vaucher und Hugo Weber. Die beiden „wollten es wissen“ und verzichteten auf den Adlerhorst
7800 m, um den Gipfel direkt vom tieferen Lager 7450
m aus im Handstreich zu nehmen. Bis sie oben ankamen, war es bald Nacht, und den letzten Teil des Abstiegs zum Adlerhorst bewältigten sie unter einem endlosen Sternenhimmel. Damit erlebte der dreizehnte
Achttausender seine Zweitbesteigung, und unsere Expedition hatte das Glück, einen doppelten Erfolg buchen
zu dürfen.
Eine überhängende Dolomiten-Erstbegehung wie
sie wirklich war und wie sie auch erzählt wurde!
„Schweizer Route“ (VI+) in der Nordwand der
Westlichen Zinne, im Sommer 1959 verwirklicht
durch die beiden Dhaulagiri-Erstbesteiger Albin
Schelbert und Hugo Weber.
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(Eiselin „Erfolg am Dhaulagiri“ Orell Füssli)
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