Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 0 3 . 0 9 . 2 0 1 5 Fußschmerz lass nach! Ohne unsere Füße läuft im wahrsten Sinne des Wortes nichts. Tagtäglich tragen sie uns durch den Alltag. Solange sie gesund sind, werden sie von den meisten komplett ignoriert. Mit zunehmendem Alter können die Füße jedoch erhebliche Probleme machen: Verletzungen, ein schiefer Zeh und ein Fersensporn sind die häufigsten. Hallux valgus: Schmerzhafte Fehlstellung der Zehe Schiefzehe, Überbein, Frostballen, Ballenzeh – diese Begriffe meinen alle dasselbe, eine krankhafte Veränderung der großen Zehe. Der Mediziner nennt es: Hallux valgus. Etwa jeder vierte Deutsche hat mehr oder weniger Probleme damit. Bei Frauen tritt die Fehlstellung besonders häufig auf. Auch Jugendliche schon betroffen Zwar begünstigen enges Schuhwerk und Übergewicht die Entstehung einer Schiefzehe, aber auch eine erbliche Vorbelastung spielt eine große Rolle. So können auch schon Jugendliche von einem Hallux valgus betroffen sein. Zudem kann die schmerzhafte Fehlstellung durch Rheuma, Stoffwechselerkrankungen oder nach Unfällen entstehen. Dabei kippt das Grundgelenk der großen Zehe nach außen. An dieser Stelle entsteht eine „Beule“, die am Schuh reibt und zu Entzündungen des Gelenks oder der Schleimbeutel führt. Einlagen und Gymnastik bei leichten Beschwerden Am Anfang können Einlagen, Fußgymnastik und ein gezielter Muskelaufbau die Be- schwerden lindern. Schuhe mit hohen Absätzen erhöhen den Druck auf das schief sitzende Gelenk und sollten möglichst gegen flache Schuhe ausgetauscht werden. Barfuß laufen trainiert zudem die Fußmuskulatur. Wer muss zur OP? Sind alle herkömmlichen Behandlungsmethoden ausgeschöpft, kann eine Operation die große Zehe korrigieren. Es gibt allerdings etwa einhundert verschiedene OPMethoden, die sich vom Grundprinzip her ähneln. „Eine Faustregel in der Chirurgie besagt: Wenn es zu viele Methoden gibt, heißt das, es gibt keine, die unter allen Umständen helfen kann“, erklärt Prof. Stefan Rammelt vom Uniklinikum Dresden „Der Hallux valgus ist ein sehr komplexes Problem, das Knochen und Weichteile zugleich betrifft. Je nach Stadium und Ausprägung muss man individuell entscheiden, welches Verfahren das Beste ist.“ Wer wirklich eine OP braucht, richtet sich vor allem nach dem Leidensdruck des Patienten und den Druckbeschwerden im Schuh. „Man darf nie vergessen, jede Operation hat auch Risiken“, warnt Prof. Rammelt. „Man kann mit einem 1 Seite 2 von 5 schiefen Zeh auch einhundert Jahre alt werden und nie Beschwerden haben.“ Der Eingriff garantiert auch keinen dauerhaften Erfolg. Bei zehn Prozent aller Operierten treten erneut Probleme auf. Selbstauflösende Schrauben aus Magnesium Bei vielen OP-Verfahren wird zur Korrektur der Schiefzehe ein Stück Knochen entnommen und diese Stelle anschließend mit einer Schraube aus Titan oder Stahl verschraubt. Ist der Knochen zusammengewachsen, muss diese Schraube dann in einer zweiten OP wieder entfernt werden. Ein neues Verfahren setzt genau hier an: eine Schraube aus Magnesium, die sich von selbst auflöst, erspart den Patienten den zweiten Eingriff. „Magnesium kann vom Körper resorbiert und ausgeschieden werden. Ein Vorteil dieser Schraube ist, dass sie sich nicht nur auflöst und den Knochen stabilisiert, sondern sogar die Knochenheilung noch fördert“, erläutert Professor Christina StukenborgColsman von der Medizinische Hochschule Hannover. Das neue Verfahren wird an einigen Kliniken in Deutschland derzeit getestet, allerdings gibt es noch zu wenige Langzeiterfahrungen. Ärztelatein: Hallux valgus … ist eine Fehlstellung der Großzehe (Hallux). Diese wandert dabei immer mehr zur Fußaußenseite (Valgusstellung). An der Fußinnenseite bildet sich eine schmerzhafte Wölbung am Ballen. Hallux ridigus… bezeichnet den Gelenkverschleiß, also Arthrose, zwischen dem ersten Mittelfußknochen und dem Grundglied der Großzehe. Er kann zu einer schmerzhaften Versteifung des Gelenks führen. Ein Hallux rigidus kann, muss aber nicht, gemeinsam mit einem Hallux valgus auftreten. Wunderwerk Fuß: Unsere Füße bestehen aus 26 Knochen. Beide Füße zusammen – das sind ein Viertel aller Knochen unseres Körpers! Dazu kommen rund 60 Muskeln, 100 Bänder und 200 Sehnen – pro Fuß! Der Fall: Trümmerbruch im Fuß Der gefährlichste Ort in Deutschland ist das eigene Zuhause. Fast drei Millionen Unfälle passieren dort, wo man sich eigentlich am sichersten fühlt. Bernd F. hat es im Garten erwischt. Der Sachse wollte nur mal schnell auf den Heuboden gehen, Futter für die Kaninchen holen. „Ich hab mir die Leiter angestellt wie immer. Als ich draufstand, ist sie mit mir heruntergerutscht.“ Die Folge: eine Trümmerfraktur in der Ferse und ein gebrochener Mittelfuß. Bernd F. wird operiert, doch selbst Wochen später kann er kaum auftreten. „Immer wenn ich die Ferse aufgesetzt habe, waren die Schmerzen da. Es fühlte sich an, als ob Knochen auf Knochen reibt.“ Er wird in das Uniklinikum Dresden überwiesen. Die Experten dort sind auf Problembrüche spezialisiert. Bei Bernd F. müssen die Chirurgen vor einer erneuten OP abwägen: welche Teile des Fußes können sie retten, welche Teile müssen sie versteifen? „Prinzipiell sollten nur Gelenke versteift werden, die unrettbar zerstört sind“, sagt Professor Stefan Rammelt. „Im Fall von Bernd F. ist es gelungen das obere Sprunggelenk zu erhalten. Das hintere untere Sprunggelenk mussten wir jedoch versteifen.“ Zudem wurde das Gelenk mit Knochen aus dem Becken „aufgefüllt“. Der komplizierte Eingriff ist wichtig, denn eine dauerhafte Fehlstellung im Fuß kann auch negative Folgen für Knie, Hüfte und sogar den Rücken haben. Bernd F. hat die Operation gut überstanden. Sein rechter Fuß ist zwar lange nicht so beweglich wie der linke, doch der 62-Jährige kann wieder seiner schweren körperlichen Arbeit in der Gießerei nachgehen. 2 Seite 3 von 5 Kleine Fußgymnastik Enge Schuhe sowie mangelnde Bewegung lassen unsere Fußmuskulatur verkümmern. Mit einer gezielten Gymnastik kann man Fußbeschwerden vorbeugen und sogar seinen Gleichgewichtssinn wieder schärfen. Denn unsere Füße sind über viele kleine Nerven mit unserem Gehirn verbunden. Also raus aus den Schuhen und los geht’s! Kreisen Lassen Sie die Füße im Sitzen kreisen. Jeweils fünf Mal nach links und fünf Mal nach rechts. Spreizen Krallen Sie die Zehen erst nach innen und versuchen Sie sie dann möglichst weit auseinander zu spreizen. Gar nicht so einfach! Zehn Mal wiederholen. Greifen Legen Sie einen Bleistift auf den Boden und rollen Sie mit der Fußsohle mehrfach hin und her. Probieren Sie, den Stift mit den Zehen zu greifen. Oder klemmen Sie sich den Stift zwischen die Zehen und schreiben damit Ihren Namen. Rollen Legen Sie einen Tischtennis oder Golfball unter die Füße. Lassen Sie den Ball unter der Sohle von der Zehe bis zur Ferse rollen. Und dann wieder nach vorne! Reißen Versuchen Sie eine Zeitung mit Ihren Füßen in kleine Schnipsel zu zerreißen! Dabei kommen nicht nur Ihre Fußmuskeln sondern wahrscheinlich auch Ihre Lachmuskeln in Bewegung! Was tun bei Fersensporn? Man sieht nichts, man tastet nichts, aber der Schmerz ist da. Jeder Schritt tut weh, so als ob man auf eine Reiszwecke tritt. Ein Fersensporn betrifft etwa jeden zehnten Deutschen und er kann höllische Schmerzen machen. Therapien gibt es viele. Doch was hilft wirklich? Die Ursache für den Schmerz ist zunächst einmal nicht der Sporn an sich, sondern eine chronisch entzündete Sehnenplatte unter dem Fuß. Sie stützt das Fußgewölbe und schützt die Unterseite vor Verletzungen. Ist sie entzündet, versucht der Körper zum Ausgleich die Auftrittsfläche durch Kalkeinlagerungen zu vergrößern. Ein plantarer Fersensporn entsteht. Patienten brauchen häufig viel Geduld und müssen einige Therapien ausprobieren, um Erleichterung zu erfahren. Medikamente: Am Anfang steht die medikamentöse Therapie. Sie lindert die Schmerzen und die Entzündung und sie ist die Basis für jede weitere Therapie. Einlagen: Für viele Mediziner ein Muss: die mechanische Unterstützung durch Einlagen. Im Sanitätshaus werden diese individuell angepasst, auf Rezept. Mithilfe einer Einlage kann der Fuß wieder ausgerichtet werden. Durch eine weiche Polsterung beziehungsweise eine Aussparung im Fersenbereich kann man den Druck von der schmerzenden Stelle nehmen. Krankengymnastik: Hier wird die Fußmuskulatur gekräftigt und Selbstheilungskräfte werden aktiviert. Massagen lösen Verspannungen, Dehnungsübungen lockern Muskeln, Bänder und Sehnen im Fuß. So soll der ganze Körper wieder ins Gleichgewicht kommen. Denn durch den Fersensporn kann es zu schmerzhaften Verspannungen 3 Seite 4 von 5 im ganzen Körper kommen, bis hin zu Beckenschiefstand und quälenden Rückenschmerzen. Übungstipp: Die Fußsohle täglich mehrfach auf einem Golf- oder Tennisball rollen. Tapen: Ein Tape kann in der Akutphase zusätzlich für Entlastung sorgen. Uns so geht es: Man braucht vier kurze TapeBänder. Das erste Tape wird quer vom Großzehenballen zur Ferse geklebt. Das nächste vom kleinen Zeh bis zur Ferse. Damit ein sternenförmiger Verband entsteht, wird noch ein Tape in der Mitte vom Ballen bis zur Ferse gesetzt. Zum Fixieren empfiehlt sich noch ein Tape quer unter dem Mittelfuß. Kortisonspritzen: Viele Jahre gehörten sie zur Standardtherapie. Heute sind die Ärzte mit solchen Injektionen eher vorsichtig. Sie sind zwar entzündungshemmend, bergen aber das Risiko für Infektionen. Stoßwellentherapie: Dabei kommen Ultraschallwellen zum Einsatz. Diese sollen den Zellstoffwechsel aktivieren, die Durchblutung fördern und so die Entzündung hemmen. Die Stoßwellentherapie kann sehr erfolgreich sein beim Fersensporn, aber sie hilft nicht jedem Patienten und sie wird von der Krankenkasse nicht übernommen. Operation: Die Operation steht am Ende jeder Therapie, wenn alle anderen Optionen versagt haben. Die Operation ist kritisch zu sehen, denn das Risiko für Nebenwirkungen ist hoch. So kann es zu einem Riss der Sehne kommen, zu weiteren Schmerzen oder der Fersensporn kann wieder kommen. Der Fall: Höllenschmerzen durch Fersensporn Ines S. ist als Heilerziehungspflegerin in einer Klinik den ganzen Tag auf den Beinen. Doch eine ganze Zeit lang konnte sie ihrer Arbeit kaum nachgehen. Der Grund: ein Fersensporn an beiden Füßen. „Ich hatte Höllenschmerzen. Der Anlaufschmerz nach dem Aufstehen war der Hammer. Ich konnte teilweise nur mit Krücken aufstehen“, erzählt die 53-Jährige. Monatelang probiert sie alle möglichen Therapien: Medikamente, Spritzen, Stoßwellentherapie, Einlagen. Erfolg bringt schließlich die Summe der Behandlungen, viel Geduld und vor allem Eigeninitiative. „Ich habe viel Krankengymnastik gemacht und mache sie bis heute mehrfach am Tag. Dehnungsübungen an einer Treppenstufe, auf einer kalten Wasserflasche oder mit einem Tennisball tun mir gut“, so Frau S. Doch sobald sie damit aufhört, fangen die Schmerzen wieder an. „Ich muss da dran bleiben. Das schlimmste ist wohl, selbst nix zu tun. Ich kann nur anderen Betroffenen empfehlen, selbst aktiv zu werden.“ Zum Schuhkauf nimmt die gebürtige Oschatzerin immer auch ihre orthopädischen Einlagen mit. „Ich kaufe jetzt flache Schuhe und brauche die auch eine Nummer größer, damit die Einlagen rein passen. Aber das ist kein Problem für mich, denn die Schmerzen will ich nicht noch mal so stark erleben.“ Fußpflege daheim Ein bisschen Pflege tut auch den Füßen gut. Hier einige Tipps zur Fußpflege: Fußbäder sorgen nicht nur für saubere Füße, sondern auch für eine gepflegte Haut. Je nach Beschwerdebild kann man mit speziellen Badesubstanzen Zusatzeffekte erzielen. Salbei hemmt die Schweißproduktion, Senfmehl oder Rosmarin wärmen kalte Füße. Aber nicht zu heiß baden, sonst quillt die Haut zu sehr auf. Bei Fußpilzinfektionen sollte man jeden Fuß lieber in getrennten Gefäßen baden und separate Handtücher verwenden. Nach dem Baden die Zehenzwischenräume gut abtrocknen! Hornhaut ist zwar nützlich, da sie vor Druckstellen schützt. Zuviel ist aber auch nicht gut, da sie dann einreißt und Eintrittspforte für Bakterien ist. Überschüssige Hornhaut am besten nach einem Fußbad mit einer speziellen Fußfeile abfeilen. Eine Massage entspannt nicht nur die Füße, sondern tut auch dem Rest des Körpers gut. Mit einem Massageöl „flutschen“ die Finger noch besser über die Füße und die Haut 4 Seite 5 von 5 wird gleichzeitig gepflegt. Danach am besten Frotteeschuhe oder Socken anziehen, barfuß läuft man Gefahr auszurutschen. Der Podologe ist der richtige Ansprechpartner für die Pflege von Problemfüßen. Auch wenn die körperliche Konstitution es nicht mehr erlaubt die Füße selbst zu pflegen, ist der Gang zur medizinischen Fußpflege sinnvoll. Bei Diabetikern beispielsweise übernimmt die Krankenkasse einen Großteil der Kosten. Links ins Internet Patienteninfos zu operativen Verfahren Deutsche Gesellschaft für Fußchirurgie: www.gesellschaft-fuer-fusschirurgie.de/ Podologenliste Auf der Internetseite des Zentralverbandes der Podologen und Fußpfleger Deutschlands (ZFD) kann man Podologen und medizinische Fußpfleger in der Nähe finden: www.podologenliste.de Gäste im Studio Prof. Dr. Stefan Rammelt, Uniklinikum Dresden (med. Experte), Sektionsleiter Fuß und Sprunggelenk, Präsident Deutsche Assoziation Fuß und Sprunggelenk Prof. Thomas Milani, TU Chemnitz, Institut für Angewandte Bewegungswissenschaften Gert Zaumseil, TU Chemnitz, Institut für Angewandte Bewegungswissenschaften Ines Schubert, Fersenspornpatientin Bernd Flink, Patient mit Unfall-Fußfraktur Anschrift MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Thema der Sendung am 10.09.2015: “Nebenwirkungen Medikamente“ 5
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