Dr.med. Gernot-Rainer Storm Diabetologische Schwerpunktpraxis 05132 - 833 10 05132 - 833 119 [email protected] Iltener Strasse 46 – 48 . 31275 Lehrte Tel.: 05132 - 833 10 Fax: 05132 - 833 119 eMail: [email protected] Insulinpumpe - Einstellung in der Schwerpunktpraxis. Die Insulingabe mit einer Insulinpumpe wird als die Königsklasse der Insulintherapie bezeichnet. Und das ist auch richtig, denn wie keine andere Behandlungsmethode ermöglicht sie insulinbehandelten Diabetikern, den basalen Insulinbedarf von dem Insulinbedarf für die Nahrung abzukoppeln - besonders gut funktioniert das mit einem Insulinanalog. Die Basalrate deckt den Nüchternbedarf an Insulin ab und wenn man etwas ißt, gibt man Insulin als Bolus dazu - wenn man nichts ißt, eben nicht. Damit kann ein Diabetiker genauso spontan essen oder nicht essen, wie es eigentlich unserer menschlichen Natur entspricht. Und zwar ohne dafür Blutzuckerschwankungen hinnehmen zu müssen. Wer möchte denn nicht nach einem langen Abend mal bis mittags ausschlafen können ? Hiermit geht's. Damit wird schon klar, neben allen medizinischen Vorteilen einer Pumpenbehandlung, verbesserte nächtliche Bz Verläufe, verbesserte Nüchternwerte, wenige Hypoglycämien usw. ist der Gewinn an Freiheit, an Spontanität und an Lebensqualität im Alltag mit der wichtigste Aspekt. Und der steht besonders bei jungen Menschen mit im Vordergrund, wenn es um die Frage Pumpe oder nicht geht. Mit jungen Menschen sind ganz besonders auch Kinder gemeint, sobald sie denn damit umgehen können und die Eltern "mitspielen". Und das ist bei Kids ab der 3. Grundschulklasse ganz oft der Fall. Ohne Frage, der Aufwand für die Einstellung ist größer, als bei allen konventionellen Insulinmethoden. Der Diabetiker muß Mindestvoraussetzungen mitbringen und damit diese Behandlung sicher erlernt und durchgeführt werden kann, müssen natürlich die notwendigen Voraussetzungen seitens des Diabetologen und "seiner" Klinik oder Praxis gegeben sein. Es muß auch die medizinische Indikation klar sein - aus gutem Grund verlangen die Krankenkassen bei einer Pumpenverordnung diesbezüglich jeweils eine ausführliche Begründung der Notwendigkeit einer solchen aufwendigen Therapie. Wenn es dann konkret um die Frage nach einer Einstellung auf eine Insulinpumpe geht, und dann stellt sich die Frage Klinik oder lieber in einer Schwerpunktpraxis. Beides ist möglich, aber es bestehen doch erhebliche Unterschiede! 1. Da ist zunächst einmal der zeitliche Ablauf. Stationäre Krankenhausaufenthalte sind sehr teuer und damit wird die Dauer des Aufenthaltes so kurz wie möglich gehalten werde müssen. Hier werden manchem Bedenkzeiten und Phasen des Überlegens einfach fehlen. Dagegen kann jeder die erforderliche Zeit in einer Praxis frei bestimmen, er kann - und das ist besonders in der Anfangsphase für viele Menschen wichtig - seinen Entschluß Zuhause mit dem Partner, Freunden oder in der Selbsthilfegruppe diskutieren und so kommt dann manche Frage zu Sprache, die möglicherweise untergehen könnte. Besonders bei der Entscheidung, welche von den möglichen Pumpen man nehmen will ist diese Beratung mitunter sehr hilfreich. Und auch während der gesamten Einstellungsphase wird das Tempo den persönlichen Bedürfnissen angepaßt. 2. Paßt die Einstellung für den Alltag ? Der Tagesablauf in einem Krankenhaus ist immer anders, als der häusliche Alltag, denn kaum jemand lebt schließlich immer dort. Die ambulante Einstellung findet unter den Alltagsbedingungen statt, überwiegend auch neben der Berufstätigkeit. Nur in den ersten Tagen, wenn das Insulin über die Pumpe gegeben wird, wird sofern erforderlich nicht gearbeitet. Da die Insulinanpassung unter den persönlichen Lebensumständen erfolgt, entfällt die Nach-Anpassung, wie sie doch meist nach Entlassung aus der Klinik nötig ist. 3. Wie lange muß ich im Beruf / zu Hause fehlen? Dies Frage ist damit eigentlich schon beantwortet. Die Aufenthaltsdauer in der Klinik - und meist ja noch einige Tage danach - sind Fehlzeiten im Beruf, wenn man nicht seinen Urlaub dafür verwendet. Ambulant sind es - wenn überhaupt - nur wenige Tage insgesamt. 4. Wohin muß ich fahren? Entsprechend qualifizierte Kliniken sind nicht flächendeckend, d. h. man muß dorthin fahren. Diabetologische Schwerpunktpraxis gibt es in vielen Bundesländern fast flächendeckend, in Niedersachsen sind es über 80 Praxen. Damit besteht doch eine große Chance, eine ambulante Einstellung in relativer Nähe zum Wohnort zu finden. Auch die Weiterbetreuung und Insulinanpassung wird dann in aller Regel durch die Schwerpunktpraxis erfolgen können,bleibt in einer Hand und kann so der Blutzuckerverlauf weiter verfolgt und optimiert werden, es gibt kein "Nach-Entlassung-Loch". 5. Was macht der Stoffwechsel während der Umstellung? Bei jeder Insulinumstellung - und natürlich auch bei einer Pumpeneinstellung - wird es vorübergehend zu größeren Blutzuckerschwankungen kommen. Deswegen wird eine häufige Bz Kontrolle unerläßlich sein - auch nachts. Diese Erfolgt in einer Klinik in der Regel durch Krankenschwestern, bei der ambulanten Einstellung durch Selbstmessungen, die auch in der Nacht erfolgen müssen. Bei vorsichtiger Insulindosierung ist das Risiko aber nicht größer, als bei jeder anderen Umstellung auch - hier kommt es auf die Erfahrung des Einstellers an. Ein weiterer wichtiger Punkt in der heutigen Zeit: Die Kosten Für eine ambulante Einstellung betragen sie nur einen Bruchteil im Vergleich zur stationären Behandlung. Einmal, weil die teuren Krankenhaustage entfallen, aber auch durch geringere Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Durchführung der ambulanten Pumpeneinstellung: Die Pumpenindikation und die Eignung des Patienten für diese Therapieform muß vorab geklärt sein, ebenso die Bereitschaft, sich auf eine Insulinpumpe einstellen zu lassen. In einer Vorbesprechnung werden ausführlich die verschiedenen Pumpenmodelle mit ihren jeweiligen Besonderheiten vorgestellt. Damit man sich seiner Wahl auch ganz sicher ist, wird bei der Vorstellung sehr ausführlich auf die jeweiligen Funktionen eingegangen und auch ggf. Pumpen zu genaueren Ansehen um probieren für einige Tage mitgegeben. Sobald die Entscheidung für ein Pumpen-Modell getroffen ist, wird dieses als Komissionsgerät bestellt. Die weitere Schulung und Einstellung erfolgt dann mit dieser Pumpe. Ca 8 Wochen nach dem Beginn der Insulingabe mittels Pumpe erfolgt die endgültige Verordnung der Pumpe sowie des notwendigen Zubehörs gegenüber der Krankenkasse. Bis zu diesem Zeitpunkt ist genügend Zeit und Erfahrung mit dieser Therapieform, sich für die Pumpenbehandlung an sich sowie für das betreffende Gerät endgültig zu entscheiden. Jeder soll ausreichend Zeit haben, genügend Erfahrung mit seiner neuen Pumpe zu sammeln und dann auch sicher zu wissen, wofür oder ggf. wogegen er /sie sich entscheidet. In der Praxis ist dies aber meist schon nach wenigen Tagen klar, die Vorzüge und Möglichkeiten diese Behandlungsform sind so eminent, daß kaum jemand sich letztendlich dagegen entscheidet. Schulung zur Einstellung: In der Regel umfaßt die Einstellung eine Schulung mit 12 Einzelschulungen, die bei Bedarf individuell reduziert ( wenn jemand beispielsweise schon vieles mitbringt, weil der Partner schon eine Pumpe trägt ) oder erweitert werden kann. Da es sich bei den Schulungsinhalten zum großen Teil um Umgangsfertigkeiten mit dieser Therapie handelt, halte ich eine Schulung in Gruppen für ungeeignet, auch aus Gründen der persönlichen Intimsphäre. Jeder bekommt für die Phase der Pumpeneinstellung die Telefon (+ Handy) - Nummer des Arztes, so daß er jederzeit Rückfragen kann ( auch Nachts und an Sonn- und Feiertagen ! ) 1. Verschiedene Pumpenmodelle zeigen und ausführliche Besprechung der Unterschiede. Was kann die Pumpe und was nicht(!). Welche Vorteile hat diese Therapie gerade für mich und was kann ich davon erwarten. 2. Spritzstellen ansehen und geeignete Körperegionen für den Insulinkatheter suchen. Vorstellen der Verschiedenen Kathetermodelle. Setzen eines Katheters. Terminplanung für die weiteren Schulungen und das Anlegen der Pumpe erstellen, ( ggf. Fehlzeiten am Arbeitsplatz für den Beginn der Insulingabe mit der Pumpe planen, meist reichen 5 Tage ). Nachtwerte bei der laufenden Vor-Therapie zur besseren Basalratenplanung. 3. Insulinsorte besprechen, die für den jeweiligen Patienten vorgesehen sind ( bevorzugt Einsatz von Analoga ). BE Faktoren und Korrektur Bolusgaben besprechen, Umstellungstag von der ICT auf die Pumpe besprechen. 4. Handhabung der gewählten Pumpe demonstrieren, Umgang mit dem Katheter. Die Pumpe sowie Übungsmaterial wird dem Patienten zum Üben mitgegeben. 5. Pumpenhandhabung trainieren. Bedienung und Fehlermeldungen. Hypoglycämie Ursachen, Symptome und Maßnahmen. Glucagon. Zu-Bett-geh Regel. 6. Pumpenhandhabung üben und Berechnung der Bolusgaben entsprechend der BE Faktoren. Mögliche Komplikationen durch die Insulinpumpenbehandlung, wie Katheterprobleme, Verhalten bei Hyperglycämien. 7. Erster Pumpentag: Festlegen der Basalraten- und Bolusdosierung ( BE Faktoren und Korrektur Bolusgaben ). Programmierung und Anlegen der Pumpe, Zeitpunkte der Bz Tests der nächsten Tage festlegen und Verhalten bei Notfällen ( Hypoglycämien/ Hyperglycämien ), Notfall-Tel. Nummern des Arztes. Ggf. Arbeitsunfähigkeit. 8. Besprechung der Bz Werte und ggf. Insulinkorrektur. Überprüfung der BE Faktoren und der Basalrate. Ketoazidosegefahr und entsprechende Verhaltensmaßregeln bei Hyperglycämie. Katheterwechsel. 9. Verhalten in besonderen Situationen: Autofahren, Urlaub, Sport, Reisen ( Was muß dabei sein) und Verhalten bei besonderen Situationen: Krankenhaus, Erbrechen und Durchfall, Fieber. 10. Üben von Katheterwechsel. Verhalten bei Pumpenausfall und Fehlermeldungen der Pumpe besprechen. Notfallmäßige Rückumstellung von der Pumpe auf ICT. 11. Katheterwechsel, Ampullenwechsel. Festlegen der weiteren Bz Messungen ( tagsüber, nachts, Durchführung von Basalratentests besprechen. 12. Überprüfen der Pumpe, ggf. Auslesen des Pumpenspeichers, Verhalten bei Stoffwechselentgleisungen (Wdh.) Abschlußgespräch. Nach erfolgter Einstellung wird die Betreuung in der Schwerpunktpraxis zum Anpassen und Optimieren der Insulindosen entsprechend der Notwendigkeit fortgeführt. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, an einem Pumpenstammtisch teilzunehmen, der dem Erfahrungsaustausch dient, aber auch zur Vorstellung evtl. Innovationen auf dem Gebiet der Pumpen und des Zubehörs. Nach meinen persönlichen Erfahrungen mit Einstellungen auf Insulinpumpen über viele Jahre sowohl in einer Diabetesklinik als auch in der Diabetologischen Schwerpunktpraxis überwiegen die Vorteile einer ambulanten Einstellung eindeutig. In meinen Augen sind die entscheidenden Vorteile die kontinuierliche, wohnortnahe diabetologische Betreuung und die Einstellung unter den persönlichen Lebensumständen. ( Storm, G.-R.; Diabetesjournal 10/2001 Seite 43 – 45 )
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