Ausstellung: Die Letzten ihrer Art

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© Fotos: E. Zippel (3), A. Obermüller, M. Cubr
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Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
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Pflanzen sind für Mensch und Tier nicht nur
Ernährungsgrundlage, die Pflanzenvielfalt sichert
auch die Ökosysteme und deren „Dienstleistungen“.
Ohne sie können unsere Ökonomie und unser
Zusammenleben auf diesem Planeten nicht funktionieren. Trotzdem werden Regenwälder verbrannt,
ganze Landstriche verwüstet, die Gletscher schmelzen
und nicht nur der Eisbär verliert seinen Lebensraum.
Wir zerstören unsere Lebensgrundlagen und fördern
damit Unterentwicklung und gewaltsame Konflikte.
Unter den Auswirkungen dieser globalen Ressourcenkonflikte suchen auch immer mehr
Prof. Dr. Albert-Dieter Stevens
PD. Dr. Stefan Schneckenburger
Menschen eine neue Heimat.
Durch die Umweltstörungen ist die Aussterberate bei Pflanzen und Tieren global auf mehr
als das Tausendfache der vorindustriellen Rate gestiegen. Diese Verluste sind für immer und nicht
nur ästhetisch-moralisch, sondern auch finanziell-wirtschaftlich enorm. Die EU-Kommission
schätzt, dass die Vernachlässigung von Naturschutzmaßnahmen jährlich mit 50 Milliarden Euro
allein in der EU zu Buche schlagen.
Seit 1992 gibt es die Konvention zur biologischen Vielfalt, die das Ziel hat, das massiv zunehmende Artensterben zu bremsen. In der Folge wurden viele regionale Programme und Maßnahmen initiiert, die zu diesen Zielen beitragen sollen. Eines der Programme, die durch die nationale
Strategie zur biologischen Vielfalt entstand, ist das „Bundesprogramm Leben.Natur.Vielfalt“.
Hiermit fördert das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit das Projekt „Netzwerk zum Schutz gefährdeter Wildpflanzen in besonderer Verantwortung Deutschlands – WIPS-De“ und damit diese Ausstellung.
Gefährdete Eisbären sind neben ihrem Eigenwert und ihrem Wert für ihr Ökosystem auch ein
gutes Mittel, um viele Menschen anzusprechen und auf das Problem aufmerksam zu machen. Das
Problem des Artensterbens geht aber viel tiefer und ist wesentlich weitreichender für unser aller
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Leben, als es die Bilder aus der fernen Arktis nahelegen. Darüber aufzuklären ist Hauptziel
dieser Ausstellung, denn auch bei uns in Deutschland verschwinden immer mehr Wildpflanzenarten. Wir (zer-)stören naturnahe Ökosysteme z.B. durch Agrarindustrie oder Verkehr und
Baumaßnahmen. 2014 waren 0,57% der Fläche der Bundesrepublik geschützt, aber auf 4% der
Fläche (= 12% der landwirtschaftlichen Nutzfläche) wurde Biomasse (Industriepflanzen) zur Biogaserzeugung angebaut. Für viele Wildpflanzenarten reicht es nicht mehr aus, sie in ihren menschengeprägten Lebensräumen zu schützen. Wir sind gezwungen, sie in Saatgutbanken oder speziellen
Erhaltungskulturen zu bewahren, wie den Eisbären im Zoo. Dies geschieht inzwischen vielfach in
Botanischen Gärten in ganz Deutschland. Die Botanischen Gärten fühlen sich nicht nur den Zielen
der Konvention zur Biologischen Vielfalt verpflichtet, sondern nehmen auch ihre Verantwortung
wahr, konkrete Maßnahmen zu ergreifen.
Die „Woche der Botanischen Gärten“ mit ihren zahlreichen Veranstaltungen macht seit 12 Jahren
viele Besucher Botanischer Gärten deutschlandweit auf interessante und wichtige Themen der
Pflanzenwelt aufmerksam. Der Vorteil, sie durch die Vielfalt der Pflanzen in den Botanischen Gärten
anschaubar und erlebbar zu machen, mag auch zum Erfolg dieser Ausstellung beitragen. Denn
wie ihr Titel vielleicht nahelegt, wird die Einsamkeit ohne die Pflanzenvielfalt nur eins unserer
geringeren Probleme sein, die wir mit dem Artensterben hervorrufen.
Für den Verband Botanischer Gärten
Prof. Dr. Albert-Dieter Stevens
PD. Dr. Stefan Schneckenburger
Leiter der Abteilung Biologische Sammlungen
Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin (BGBM)
Dahlem Centre of Plant Sciences (DCPS)
Freie Universität Berlin
Präsident des VBG
Botanischer Garten
der Technischen Universität Darmstadt
1
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Arten-V
Kalkalpen –
Lebensraum für
viele seltene
Pflanzenarten
Kalk-Glockenenzian, Gentiana clusii
Pflanzen leben in vielfältigen Ökosystemen
Die Bedeutung von Nutzpflanzen ist offensicht-
mit anderen Arten vergesellschaftet. Jede Art
lich – die von Wildpflanzen aber meist unbeachtet.
erfüllt wichtige Funktionen in diesen Netzwerken.
Sie produzieren nicht nur lebensnotwendigen
Durch Artensterben werden die Netzwerke immer
Sauerstoff, sondern sind auch wichtig für stabile
lückiger. Schließlich kann das Ökosystem nicht
Ökosysteme. Sie bilden die Grundlage für unser
mehr alle Funktionen erfüllen – die Folgen treffen
Wohlergehen und haben eine erhebliche ökonomi-
uns direkt, denn Nahrung, sauberes Wasser
sche Bedeutung. Als Ökosystemleistungen wurde
und Bodenfruchtbarkeit hängen von gesunden
ihr Beitrag für unser Wohlergehen von Politik und
Ökosystemen mit hoher Artenvielfalt ab. Der
Wirtschaft bis vor kurzem noch gar nicht wert-
Verlust der Bodenfruchtbarkeit z.B. trifft laut UN
geschätzt. Die EU-Kommission schätzt, dass die
bereits 168 Länder weltweit. In Deutschland
Vernachlässigung von Naturschutzmaßnahmen
sind schon mehr als neun Prozent der Böden
jährlich mit 50 Milliarden Euro
(über 30.000 km²) degradiert.
zu Buche schlagen.
Die Arzneipflanze
Arnica montana ist
im gesamten
Verbreitungsgebiet
gefährdet.
Jährlich werden weltweit
70.000 Pflanzenarten
für Arzneimittel im Wert
von 80 Milliarden US Dollar
vermarktet. Davon sind 15.000
durch die Wildaufsammlung
bedroht. Deutschland importiert jährlich 40.000 Tonnen
Arzneipflanzen von 1.500
Sichere Ökosystemleistungen durch
stabile Pflanzenvielfalt
Pflanzenarten aus über
100 Ländern. In Deutschland
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© Fotos: A.-D. Stevens, Zeichnung: O. W. Thomé, 1885, Grafik nach Millennium Ecosystem Assessment 2005
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Lebensraumzerstörung durch Braunkohletagebau
Seit 1900 ging weltweit die Hälfte aller Feuchtgebiete verloren. Zwei Drittel aller Ökosysteme
Rapsfeld.
und ungefähr 85 % der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sind heute geschädigt und jedes Jahr
werden weitere 12 Millionen Hektar zur Wüste.
Der damit verbundene Verlust der Artenvielfalt ist
eine globale Katastrophe. Zu den wichtigsten
Bedrohungsfaktoren für die Artenvielfalt zählen vor
allem Lebensraumverlust und Umweltverschmutzung. Täglich werden natürliche Lebensräume
zerstört, um Ackerflächen zu gewinnen, Bodenschätze abzubauen oder darauf zu bauen.
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Vom norddeutschen Wattenmeer bis hinauf in
die Bergwelt der Alpen reihen sich in Deutschland
690 verschiedene Lebensräume aneinander,
parks 0,57 % der Fläche der Bundesrepublik. Mit
darunter größere Waldgebiete, sandige Heideland-
der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt
schaften und artenreiche Seen und Flussauen.
wurde das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 auf
Drei Viertel dieser Lebensräume sind gefährdet.
2 Prozent der Landesfläche möglichst großräu-
Dadurch verschwinden viele Arten lokal. Anfang
mige Wildnisgebiete einzurichten.
2014 beanspruchten Deutschlands 15 National-
Die Landwirtschaft ernährt uns, ist aber längst
auch ein bedeutender Bedrohungsfaktor für die
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Artenvielfalt. Sie verursacht große Mengen an
klimaschädlichen Gasen und trägt rund 14 %
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zum globalen Klimawandel bei. Auf 12 % der
Nutzfläche in Deutschland wird Biomasse
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Zunahme der Biogasanlagen und ihrer
Stromproduktion in Deutschland
© Fotos: R. Roletschek, Wikimedia, A.-D. Stevens, Grafik nach Fachverband Biogas
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Selte
Gelbes Galmeiveilchen (Viola calaminaria)
Stängelloser Tragant (Astragalus exscapus)
Das Aussterben einer Art ist unumkehrbar.
Vorkommen rund um Aachen und ist somit
Mehrere tausend Tier- und Pflanzenarten sterben
endemisch (nur hier vorkommend). Bei Zerstö-
jährlich aus. Die Aussterberate hat sich durch
rung seiner Wuchsorte würde die Art unwieder-
menschliches Zutun um den Faktor 1.000 erhöht.
bringlich verloren gehen. Eine andere Rarität und
Laut der Roten Liste sind ca. 26 bis 30 Prozent
gefährdete Art ist der Stängellose Tragant, der
der einheimischen Farn- und Blütenpflanzen
an nur wenigen Standorten im Mitteldeutschen
gefährdet und fast vier Prozent ausgestorben
Trockengebiet, im östlichen Europa und in einigen
oder verschollen. Deutschland erreicht mit diesen
inneralpinen Trockentälern vorkommt. Deutsch-
Gefährdungsraten eine der höchsten Werte
land hat eine hohe Verantwortung, diese europa-
in Europa. Die Rote Liste der Pflanzen zeigt die
weit gefährdete Art zu bewahren.
genauen Gefährdungsverhältnisse soweit es
die Datenlage zulässt.
Eine der seltensten Pflanzen Deutschlands ist
das Gelbe Galmeiveilchen. Es ist an schwermetallhaltige Böden angepasst und hat nur wenige
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Edelweiß (Leontopodium alpinum)
© Fotos: G. San Martin, S. Lefnaer, M. Schmid, Wikimedia, Grafik nach BfN
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und
Kanarischer Hornklee (Lotus berthelotii )
kommt nur auf Teneriffa vor (Endemit)
Rotbuche
(Fagus
sylvatica)
Globale und nationale
Programme
Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt
erfordern gemeinsame internationale und nationale Anstrengungen und verbindliche politische
Rahmenbedingungen. Das „Übereinkommen über
die biologische Vielfalt“ (CBD) wurde 1992 in
Rio de Janeiro beschlossen. Im Rahmen der CBD
wurde unter federführender Mitwirkung des
internationalen Verbandes Botanischer Gärten
eine spezifische Strategie zum Schutz von
Pflanzen entwickelt.
Ziel der „Globalen Strategie zum Schutz der
Pflanzenwelt“ (GSPC) ist es, den Verlust pflanzlicher Vielfalt aufzuhalten. Die Ziele betreffen
die Dokumentation der Pflanzenvielfalt, die
Verbesserung der Bildung und Ausbildung im
botanischen Artenschutz, den Schutz der Pflanzenvielfalt in Schutzgebieten, eine nachhaltige
Landwirtschaft und den Schutz von gefährdeten
Arten am natürlichen Standort (in-situ)
sowie in menschlicher
Obhut (ex situ).
Samen von Orlaya daucoides,
einem kurzlebigen Doldenblütler des Mittelmeergebietes.
Einige konkrete und verpflichtende Ziel
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der GSPC
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Gärten)
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Im Schutzprogramm:
Samen der Pfingst-Nelke
(Dianthus gratianopolitanus, links) und
der Roten Lichtnelke (Silene dioica) . . .
... Samen vom Weichhaarigen
Pippau (Crepis mollis) . . .
...und (rechts)
von der Arzneipflanze Arnica
montana
Das Projekt
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zuständigen
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Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt
unterstützt seit Anfang 2011 die Umsetzung der
Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt.
Es fördert Vorhaben, die die Funktions- und
Regenerationsfähigkeit des Naturhaushaltes und
der Naturgüter erhalten oder verbessern oder
solche, die die Tier- und Pflanzenwelt erhalten.
Botanische Gärten in allen Regionen
Deutschlands engagieren sich …
Im Rahmen dieses Programmes fördert das Bundesamt für Naturschutz (BfN) auch das Projekt:
„Aufbau eines nationalen Netzwerkes zum Schutz
gefährdeter Wildpflanzenarten in besonderer
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Nord-West
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Universität Osnabrü
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Botanischer Garten
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Süd-West
Verantwortung Deutschlands – WIPs-De ”. Diesem
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Garten
Karlsruhe
Projekt gehören die Botanischen Gärten Berlin-
Prof. Dr. Peter Nick
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Dahlem, Karlsruhe, Osnabrück, Potsdam und
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Karlsruhe
Regensburg sowie die Pädagogische
Prof. Dr. Andreas
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… in Bildung
nach 1980
1950 bis 1980
vor 1950
Ziel von WIPs-De ist der Aufbau eines Schutzprogramms für 15 Wildpflanzenarten, für die
Deutschland eine besondere Verantwortung hat.
Im Projektverbund werden drei bisher meist isolierte Erhaltungsstrategien miteinander verknüpft:
1. deutschlandweite Sammlung von Samen und
Sporen in Saatgutbanken, 2. Erhaltungs- und
Vermehrungskulturen in Botanischen Gärten
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und 3. Wiederansiedelungen oder Stärkung
der Populationen an natürlichen
Standorten.
© Fotos: M. Cubr, E. Zippel, Verbreitungskarte nach BfN
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Botanis
Die Botanischen Gärten in
Deutschland kultivieren ca. 50.000
Blütenpflanzenarten - etwa ein
Fünftel aller bekannten Arten.
Moorabbiss (Succisella inflexa) und Flohsegge
(Carex pulicaris) im Botanischen Garten. Sie besiedeln
nährstoffarme Moor- und Feuchtwiesen, die aufgrund
landwirtschaftlicher Nutzung zu den am stärksten
gefährdeten Lebensräumen zählen.
Weltweit werden über 9.000 gefährdete Pflanzenarten bewahrt.
Übersicht der Mitgliedsgärten
im Verband Botanischer Gärten e.V.
Die meisten der Botanischen Gärten in
Die Kernkompetenz der Botanischen Gärten
Deutschland pflegen Erhaltungskulturen gefähr-
liegt in der Kombination von wissenschaftlicher
deter Wildpflanzenarten und sind in einer
Kenntnis und der gärtnerischen Fähigkeit
Arbeitsgruppe des Verbandes Botanischer Gärten
viele Wildpflanzenarten zu kultivieren. Diese
organisiert. Kultiviert werden Arten, die nur in
Kompetenz wird von vielen Gärten auch für die
Deutschland vorkommen und weit verbreitete,
Erhaltung vom Aussterben bedrohter Pflanzen
die regional auszusterben drohen. Das Webportal
genutzt. Dies geschieht meist durch spezielle
(http://www.ex-situ-erhaltung.de/) gibt Infor-
sogenannte Erhaltungskulturen. Eine weitere
mationen zu über 3.000 Erhaltungskulturen
Möglichkeit besteht in der Lagerung von Saatgut
von rund 600 gefährdeten einheimischen Pflan-
gefährdeter Pflanzenarten in sogenannten
zenarten. Daneben gibt es auch Projekte zur
Gen- oder Saatgutbanken, um die genetische
Erhaltung von Nutz- und Zierpflanzen und von
Vielfalt der Pflanzen zu sichern.
mediterranen, tropischen und subtropischen
Pflanzen.
Die Arbeitsgruppe
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Gärten (VBG)
hat das Ziel, die Vielfal
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koordiniert die
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deter wildlebender Pflanzen. We
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jederzeit willkommen.
Vermehrung des gefährdeten
Ohrlöffel-Leimkrauts (Silene
otites) in Erhaltungskultur.
© Fotos: A.-D. Stevens, M. Cubr, Karte VBG nach © planiglobe.com 2008
7
Saatgut
Endtrocknung mit Silicagel und doppelte Verpackung zur
dauerhaften Einlagerung im Tiefkühlraum.
Manuelle Reinigung des Saatgutes mit Sieb
vor einer Absauganlage.
In jedem Pflanzensamen ruht der lebende
In Saatgutbanken werden die Samen vorge-
Embryo einer Pflanze. Umgeben von einer schüt-
trocknet und fachgerecht gereinigt, mit Hilfe
zenden Samenschale, sind pflanzliche Embryonen
von Silikagel bis zu einer Restfeuchte von 3-5 %
wahre Überlebenskünstler. Sie können weite
getrocknet und danach bei – 20°C eingelagert.
Strecken durch Luft oder Wasser zurücklegen,
Durch den Wasserentzug wird die Stoffwechsel-
unbeschädigt Magen und Darm von Tieren pas-
aktivität des Embryos im Samen so weit reduziert,
sieren, jahrelang in der Erde liegen oder extreme
dass er Jahrzehnte am Leben bleiben kann. Für
Hitze und Kälte überstehen. Unter günstigen
die Langzeitlagerung von Samen sind nur aus-
Bedingungen keimt die Saat und wächst zu einer
trocknungsresistente Samen geeignet. Das sind
Pflanze heran, die blüht und nach Bestäubung
z. B. Samen von Arten trockener Standorte.
und Befruchtung wieder Samen bildet. Die Wider-
Häufig nicht geeignet sind Samen von Arten
standfähigkeit vieler Samen wird von Saatgut-
feuchter, schattiger Waldstandorte, alpiner
banken genutzt.
Arten und große Samen verschiedener
Baumarten.
Reife Früchte der Pfingst-Nelke,
Dianthus gratianopolitanus. Sie
werden am natürlichen Wuchsort
gesammelt und in die Saatgutbank zur Aufbereitung gebracht.
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unter einem Mikroskop nach drei
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© Fotos: A. Obermüller, E. Zippel
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Blüte und Fruchtstände der Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris)
Moorbeetkultur
Der Erhalt gefährdeter Pflanzen am Natur-
Man darf also z.B. Arnika nicht nur in Nordost-
standort hat für den Artenschutz Vorrang.
deutschland beproben, sondern muss auch die
Vielfach sind aber auch Maßnahmen außerhalb
Bestände im Harz und Süddeutschland berück-
des natürlichen Lebensraumes sinnvoll, um das
sichtigen. Diese unterschiedlichen Herkünfte
Aussterben einer Pflanzenart zu verhindern. Die
sollen sich nicht vermischen. Die Individuen-
„Globale Strategie zum Schutz der Pflanzen“
anzahl einer Erhaltungskultur sollte wenigstens
sieht deshalb vor, mindestens 75 % aller gefähr-
50 Pflanzen betragen, um die ganze genetische
deten Pflanzenarten z.B. in Botanischen Gärten
Bandbreite abzudecken. Art und Dauer der Kulti-
und in Saatgutbanken vorzuhalten. Das Ziel ist,
vierung haben einen Einfluss auf die Vitalität der
einen repräsentativen Anteil der genetischen
Erhaltungskultur. Sie sollten nur für begrenzte
Variabilität und die Vitalität der Population zu
Zeiträume kultiviert werden, da mit jeder Genera-
erhalten. Dafür ist es notwendig die Bestände
tion ein Teil der genetischen Vielfalt verloren
repräsentativ zu beproben.
gehen kann. Durch ungewollte gärtnerische Auswahl können bestimmte Varianten ausselektiert
werden. Diese sind aber möglicherweise wichtig
für die Anpassungsfähigkeit an sich ändernde
Umweltbedingungen.
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Einpacken der Blütenstände
Historisches Verbreitungsraster von Arnica montana
in Deutschland.
bei der Grauen Skabiose
(Scabiosa canescens).
Verbreitung von Arnica
montana in Europa
© Fotos: BGBM, M. Burkart, Karten nach BfN
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Vermehrungskultur des Leimkrauts
Die Wiederansiedlung gefährdeter Pflanzenarten soll die Artenvielfalt in der Landschaft
stärken. Populationsstützungen dienen dem glei-
nach 1980
1950 bis 1980
vor 1950
chen Ziel. Die Populationen sollen so etabliert
werden, dass sie langfristig überlebensfähig sind.
Verbreitung
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(rechts).
Geeignete artspezifische Lebensbedingungen und
langfristige Pflege der Standorte sind entscheidende Faktoren für den Erfolg. Dazu sollten biotopspezifische Schutzmaßnahmen gehören. Eine
Wiederansiedlung sollte nur im historischen Areal
Besonders wichtig sind die wissenschaftliche
der Art und möglichst mit gebietseigenen
Dokumentation und Begleitung der Maßnahmen.
Pflanzen erfolgen.
Wiederansiedlungen müssen in Absprache mit
den Naturschutzbehörden stattfinden. Sie gelingen
nachhaltig nur, wenn die Pflanzen sich selbstBlüten der Leimkräuter
Silene chlorantha oben
und S. otites unten.
Fruchtendes OhrlöffelLeimkraut (Silene
otites) rechts.
ständig weiter vermehren. Die Ausbringung
vorgezogener Jungpflanzen ist meist erfolgversprechender als die Ausbringung von Saatgut.
Ein guter Zeitpunkt für Auspflanzungen ist
der Spätherbst, da dann die Wasserversor-
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noch vor dem Winter anwachsen können.
Saatgut sollte möglichst direkt nach
der Ernte in Vegetationslücken oder
auf vorbereitete Rohbodenstandorte ausgesät werden.
© Fotos: A.-D. Stevens, D. Lauterbach, BGBM, Karten nach BfN
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DNA-Fragmente aus drei Populationen des Grünlichen Leimkrauts
(Silene chlorantha). Eine schmale
Spalte gibt jeweils die DNA-Fragmente einer Pflanze wieder.
Das Wissen um die Lebensbedingungen
und die Biologie von Pflanzenarten sind
entscheidende Grundlage für jegliche Schutz-
Populationen seltener Pflanzenarten sind oft
bemühungen. Solche Artenkenntnisse werden
isoliert und haben kaum Austausch von Pollen
in Botanischen Gärten seit jeher gewonnen und
oder Samen. So kann es zur genetischen Verar-
weitergegeben. In universitären Gärten wird auch
mung und zu Inzucht kommen. Solche Prozesse
an Fragen zum Artenschutz geforscht, die z.B.
verlaufen von Art zu Art unterschiedlich. Daher
die genetische Vielfalt von Populationen betreffen.
besteht großer Forschungsbedarf. Genetische
Diese hat große Bedeutung für die Überlebens-
Populationsstrukturen lassen sich im Labor
fähigkeit der Populationen und wird u. a. durch
untersuchen. Mit diesem Wissen können dann
die Anzahl der Individuen, dem Abstand zwischen
geeignete Pflanzenbestände für Artenschutz-
den Populationen, der Lebensdauer, der Bestäu-
maßnahmen ausgewählt werden, um eine
bung oder der Samenausbreitung beeinflusst.
genetische Verarmung zu verhindern.
Genetische Struktur von sechs Arnica-Populationen aus drei Regionen
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© Infografik: Agentur Heilmeyer und Sernau, DNA Fragmente: D. Lauterbach, Genetische
Struktur: V. Duwe, Foto: BGBM, Zeichnung: Dietrich, A. G. Flora regni borussici, 1835.
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Bildung
Schulklassen
erfahren mehr
über Vielfalt und
Ökologie
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Klassische Informationsvermittlung und
Beschilderung in Botanischen Gärten.
Botanische Gärten spielten als Lernorte zum
Studium der Pflanzenvielfalt seit je her insbesondere für Wissenschaftler und Studenten eine
wichtige Rolle. Nach und nach öffneten sie sich
Lernende sollen in fächerübergreifenden
durch Führungen, Vorträge, Exkursionen und
Themen und über aktive Lernformen Fähigkeiten
Informationstafeln einer breiteren Öffentlichkeit.
zur nachhaltigen Gestaltung ihres Lebensum-
Erwachsene und Kinder gewinnen hier Einblicke in
feldes erwerben. Durch entsprechende Bildungs-
die faszinierende Pflanzenwelt. Mittlerweile sieht
einrichtungen sind Botanische Gärten heute als
jeder zweite deutsche Botanische Garten Umwelt-
ganzheitliche Lernorte etabliert. Sie entwickeln
bildung mit Informationen zu Botanik, Ökologie
Unterrichtseinheiten und Arbeitsmaterialien z.B.
und Artenkenntnis als eine Hauptaufgabe an.
zu Gefährdung und Schutz von Pflanzen und
Viele richten Ihre Bildungsangebote nach dem
geben das Material auch gerne weiter. Im Fokus
UNESCO Konzept einer Bildung für Nachhaltige
stehen didaktisch aufbereitete und mit den schu-
Entwicklung aus, die die Umweltbildung um die
lischen Bildungsplänen abgestimmte Themen, die
Idee des Globalen Lernens erweitert.
Lehrern zur Fortbildung und Schülern als Kurse
im Garten angeboten werden. Teilweise stehen
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Im Garten sind Pflanzen anderen Bedingungen
von vielen Pflanzenarten ist es Botanischen Gärten
als am natürlichen Standort ausgesetzt. Über
möglich, sie zur Unterstützung von Schutzmaß-
Generationen in Kultur gehalten, verändern Pflan-
nahmen in Erhaltungskultur zu nehmen oder in
zenbestände ihre natürliche genetische Vielfalt.
modernen Saatgutbanken über Jahrzehnte zu
Werden Samen in Saatgutbanken eingefroren, so
erhalten. Damit stehen Möglichkeiten zur Verfü-
wird der Austausch genetischer Information ge-
gung, bedrohte Pflanzenarten außerhalb ihres
stoppt und die ursprüngliche genetische Vielfalt
natürlichen Wuchsortes („ex situ“) zu erhalten und
bewahrt. Die Folge beider Methoden: die Arten
auch zu vermehren. Genetische Untersuchungen
passen sich nicht mehr an die sich ändernden
und Erkenntnisse der Populationsbiologie helfen
Bedingungen in ihren eigentlichen Lebensräumen
dabei. Allerdings birgt diese Erhaltung von Pflan-
an. Angesichts des derzeitigen Artensterbens
zen in Botanischen Gärten auch Gefahren und löst
sind Saatgutbanken und Erhaltungskulturen für
nicht das Problem der schwindenden Artenvielfalt
die Erhaltung der pflanzlichen Vielfalt trotz dieser
in unseren monotonen Agrar-Landschaften.
Probleme unverzichtbar geworden. In wissenschaftlich begleiteten Projekten können sie
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© Fotos: A.-D. Stevens, E. Zippel, Hajotthu, Wikimedia
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Herausgeber
Prof. Dr. Albert-Dieter Stevens
Leiter der Abteilung Biologische Sammlungen
Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin (BGBM)
Dahlem Centre of Plant Sciences (DCPS)
Freie Universität Berlin
E-Mail: [email protected]
weitere Informationen unter:
www.wildpflanzenschutz.de
Kontakt Verband Botanischer Gärten e.V.
Geschäftsführung Verband Botanischer Gärten e.V.:
Dr. Stephan Anhalt
Die Flora, der Botanische Garten Köln
Amsterdamer Str. 34
D-50735 Köln
E-Mail: [email protected]
weitere Informationen unter:
www.verband-botanischer-gaerten.de
Literatur
Literaturhinweise unter www.wildpflanzenschutz.de
und bei den Verfassern
Gestaltung
© Doris Franke | Diplom-Designerin (FH)
Seeheim-Jugenheim
Herausgegeben 2015 im Auftrag des WIPs-De Projektes
© 2015 Copyright | WIPs-De Projekt, Verband Botanischer
Gärten e.V. und Autoren
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