Accounting Magazine 02/2015 Oktober 2015

Accounting
Magazine
Ausgabe 02.2015
Aktuelle Entwicklungen der Rechnungslegung
Welche Änderungen
müssen Unternehmen
beachten?
Neuregelung der handelsrechtlichen
Rechnungslegung durch das Bilanz­
richtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)
Rückstellung bei gerichtlich geltend
gemachten Schadensersatzforderungen
BFH, Urteil vom 16.12.2014
Das neue Gendergesetz und seine Bedeutung
für die Berichterstattung von Unternehmen
Verknüpfung von Zentral-, Handels- und
Gesellschaftsregistern
Impressum
Redaktion:
Prof. Dr. Peter Oser
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Ahmad Sultana
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Dr. Katharina Philippsen
Steuerberaterin
Gestaltung: Sabine Reissner
Druck: Druck- und Verlagshaus Zarbock
Foto Cover: iStockphoto
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| Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
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Adresse der Redaktion:
Ernst & Young GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Ahmad Sultana
Westfalendamm 11
44141 Dortmund
Telefon + 49 231 55011 22144
Telefax + 49 181 3943 22144
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) ist verabschiedet und im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht. Mit dem BilRUG wird die EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU vom 26.06.2013 in
­nationales Recht umgesetzt. Es bleibt zwar bei einer Neufassung des § 264 Abs. 3 Nr. 2 HGB,
wonach das Mutterunternehmen künftig für die vom Tochterunternehmen eingegangenen
­Verpflichtungen einstehen muss (sog. Einstandspflicht). Während nach der Begründung zum
Regierungsentwurf mit der Neufassung auch eine materielle Änderung einhergehen sollte, ist
es nach Ansicht des Bundestags auch zukünftig ausreichend, die Einstandspflicht durch den
­Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags zu erfüllen. Über weitere zentrale, praxisrelevante
Änderungen durch das BilRUG informieren wir Sie ab S. 6.
Prof. Dr. Peter Wollmert
Handlungsbedarf kann sich aber aus dem Inkrafttreten des Gesetzes für die gleichberechtigte
Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (sog. Gendergesetz) ergeben. So gibt das Gesetz bestimmten Unternehmen Zielvorgaben hinsichtlich des Frauenanteils bei der Besetzung der obersten Führungsebenen und
des Aufsichtsrats. Die Einführung dieser Frauen- bzw. Geschlechterquoten hat u. a. Auswirkungen auf die Erklärung zur Unternehmensführung nach § 289a HGB, da über die Einhaltung
­dieser Geschlechterquote zu berichten und im Falle der Nichteinhaltung die Gründe hierfür anzugeben sind. Welche Anforderungen sich im Einzelnen für welche Gesellschaftsform ergeben,
­erfahren Sie auf S. 22.
Prof. Dr. Peter Oser
Schließlich möchten wir Sie noch auf die Verabschiedung von DRS 23 Kapitalkonsolidierung
(Einbeziehung von Tochterunternehmen in den Konzernabschluss) hinweisen. Mit diesem
­Standard wird der bisherige DRS 4 grundlegend überarbeitet. Dem HGB-Fachausschuss war
es hierbei ein Anliegen, Lösungen für eine Vielzahl praktischer Probleme aufzuzeigen, die
größtenteils bislang im DRS 4 noch nicht adressiert waren. Des Weiteren wurde mit DRS 22
ein neuer Standard zum Konzerneigenkapital veröffentlicht. DRS 22 geht stärker als noch
DRS 7 auf konzernabschlussspezifischen Fragestellungen, wie etwa die Behandlung des Erwerbs
und der Veräußerung von Rückbeteiligungen der Tochterunternehmen am Mutterunter­nehmen sowie die Rücklagenverrechnung beim Erwerb und der Veräußerung eigener ­Anteile
im Konzern­abschluss, ein.
Wir wünschen Ihnen nun eine anregende Lektüre und verbleiben
mit den besten Grüßen
Prof. Dr. Peter Wollmert Prof. Dr. Peter Oser
Geschäftsführer Leiter der Grundsatzabteilung
Global/EMEIA FAAS Leader Rechnungslegung
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 |
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06
Welche Änderungen
müssen Unternehmen beachten?
Neuregelung der handelsrechtlichen Rechnungslegung durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)
Mit dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) vom 17. Juli 2015 (BGBl. I 2015, S. 1245) hat Deutschland die
EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU in nationales Recht umgesetzt. Da die Neuregelungen verpflichtend ab dem Geschäftsjahr 2016 anzuwenden sind, sollten Unternehmen nun die konkreten Auswirkungen im Einzelfall überprüfen.
Lesen Sie ab S. 6, welche wesentlichen Änderungen sich durch das endgültige Gesetz ergeben.
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Inhalt
25
Nationale Rechnungslegung
0
► 6 W
elche Änderungen müssen Unternehmen beachten? ►
Neuregelung der handelsrechtlichen Rechnungslegung
durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)
0
► 9 D
RSC verabschiedet Standard zur Kapital­­konsoli­dierung
(DRS 23)
1
► 0 D
RSC verabschiedet Standard zum Konzerneigenkapital
(DRS 22)
11► D
RSC veröffentlicht Standardentwurf zu Immateriellen
­Vermögensgegenständen (E-DRS 32)
Rückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr durch
Mitteilung des Insolvenzverwalters an das Registergericht
(BGH, Beschluss vom 14.10.2014)
Der BGH hat sich in seinem Beschluss vom 14.10.2014 (II ZB
20/13) mit den Voraussetzungen zur Änderung des Geschäfts­
jahresrhythmus durch den Insolvenzverwalter beschäftigt und
bestätigt, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein
neues, zwölf Monate umfassendes Geschäftsjahr beginnt.
Zuständig für eine anschließende Geschäftsjahresänderung, um
zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr zurückzukehren, sei der
Insolvenzverwalter. Der Herbeiführung eines Gesellschafter­
beschlusses bedürfe es mangels einer Rechtsbeeinträchtigung
nicht. Lesen Sie mehr auf S. 25.
1
► 2 B
ewertung von Immobilien des Anlagevermögens in der
­Handelsbilanz (IDW RS IFA 2)
12 IDW verabschiedet Standard zur Beurteilung der
Insolvenzreife (IDW S 11)
1
► 3 W
PK: Keine Pflicht zur Erläuterung von nicht angesetzten
Aktivüberhängen latenter Steuern im Anhang nach
§ 285 Nr. 29 HGB
Bilanzsteuerrecht
18► R
ückstellung bei gerichtlich geltend gemachten Schadens­
ersatzforderungen (BFH, Urteil vom 16.12.2014)
1
► 9 B
ei Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung erzieltes
Aufgeld für Wandlungsrechte (BFH, Urteil vom 11.11.2014)
21 A
rbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein
bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)
Internationale Rechnungslegung
14 E
► ntwurf zur Klarstellung der Klassifizierung von Schulden
­veröffentlicht (ED/2015/1)
1
► 4 IASB: Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts von
IFRS 15 vorgeschlagen (ED/2015/2)
Gesetzgebung
22 D
► as neue Gendergesetz und seine Bedeutung für die
Berichterstattung von Unternehmen
14► IASB: Entwurf eines neuen Rahmenkonzepts veröffentlicht
1
► 5 IASB schlägt Änderungen an IAS 19 und IFRIC 14 vor
(ED/2015/5)
1
► 5 IASB veröffentlicht Standardentwurf zu Klarstellungen
von IFRS 15 (ED/2015/6)
1
► 6 IASB veröffentlicht Standardentwurf zur Verschiebung
des Erstanwendungszeitpunkts des Änderungsstandards
zu IFRS 10 und IAS 28 (ED/2015/7)
Wirtschaftsrecht
2
► 5 R
► ückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr durch
­Mitteilung des Insolvenzverwalters an das Registergericht
(BGH, Beschluss vom 14.10.2014)
2
► 6 N
eue Anforderungen an Rangrücktritt zur Vermeidung
der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung oder
Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 05.03.2015)
1
► 7 IASB: Änderungen am IFRS für kleine und mittelgroße
Unternehmen veröffentlicht
1
► 7 E
inzelfragen zu Wertminderungen von Vermögenswerten
nach IAS 36 (IDW RS HFA 40)
1
► 7 E
ntwurf einer Fortsetzung der IDW Stellungnahme
zur ­Rechnungslegung: Einzelfragen zur Bilanzierung von
Finanz­instrumenten nach IFRS (IDW RS HFA 9)
Allgemeine Informationen
28 V
► erknüpfung von Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern
3
► 0 DCGK: Kodexänderungen 2015 beschlossen
30 Aktueller Endorsement Status Report der EFRAG
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Mit dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)
vom 17. Juli 2015 (BGBl. I 2015, S. 1245) hat Deutschland die EU-Bilanzricht­linie 2013/34/EU in nationales
Recht umgesetzt. Das BilRUG ist ein Artikelgesetz, das
zahl­reiche Gesetze und Verordnungen, insbesondere
das HGB, ändert. Da die Neuregelungen verpflichtend ab
dem Geschäftsjahr 2016 anzuwenden sind, sollten Unternehmen nun die konkreten Auswirkungen im Einzelfall
über­prüfen. Anknüpfend an den Beitrag in der Ausgabe
01.2015, S. 20, des Accounting Magazine zum Regierungsentwurf (RegE) vom Januar 2015 werden in dieser
Ausgabe die wesentlichen Änderungen durch das end­
gültige Gesetz vorgestellt.
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Nationale
Rechnungs­
legung
Nationale Rechnungslegung
Welche Änderungen
müssen Unternehmen
beachten?
Neuregelung der handelsrechtlichen Rechnungslegung durch
das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)
Wahlrecht zur vorzeitigen Anwendung der erhöhten
finanziellen Schwellenwerte und der Umsatzerlöse
Die Neuregelungen des BilRUG sind grundsätzlich erstmals
­verpflichtend auf Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem
31.12.2015 beginnen. Eine Ausnahme bilden die Änderungen bei
den Schwellenwerten und den Umsatzerlösen, die – allerdings
nur zusammen – bereits vorzeitig auf Abschlüsse für das nach dem
31.12.2013 beginnende Geschäftsjahr, d. h. rückwirkend, angewendet werden dürfen (Unternehmenswahlrecht). Mit dem BilRUG
werden die finanziellen Schwellenwerte für die Größenklassen
von kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften angehoben
(§ 267 HGB). Die Erhöhung der Schwellenwerte bei kleinen
Gesellschaften um ca. 24 % bewirkt bei ca. 7.000 Gesellschaften
einen Statuswechsel in eine „kleine“ Gesellschaft mit der Folge,
dass diese zusätzliche Erleichterungen in der Rechnungslegung
genießen können sowie aus der gesetzlichen Prüfungspflicht
­entlassen werden.
Neue Abgrenzung der Umsatzerlöse und Verbot des Ausweises
von außerordentlichen Aufwendungen und Erträgen
Der Begriff der Umsatzerlöse umfasst künftig alle Erlöse aus dem
Verkauf von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen.
Anders als bislang entfällt die Bezugnahme auf die gewöhnliche
Geschäftstätigkeit sowie das typische Leistungsangebot. Dies hat
zur Folge, dass eine erhebliche Ausweitung des Inhalts der „Umsatz­
erlöse“ zulasten der sonstigen betrieblichen Erträge eintritt. So
sind künftig beispielsweise auch Erlöse aus Konzernumlagen sowie
aus Miet- und Pachteinnahmen als Umsatzerlöse auszuweisen.
Auch der gesonderte Ausweis von außerordentlichen Aufwen­
dungen und Erträgen in der GuV wird künftig – zugunsten einer
Angabe im Anhang – entfallen. Die bislang im außerordentlichen
Aufwand ausgewiesenen Unterschiedsbeträge aus dem Übergang auf das BilMoG, insbesondere für Pensionsrückstellungen
(1/15-Regelung, Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB), sind künftig
gesondert im sonstigen betrieblichen Aufwand auszuweisen. •
Beide Änderungen können zu
wesentlichen Auswirkungen
bei Kennzahlen für die interne
Steuerung sowie die externe
Bilanzanalyse (inkl. financial
covenants) führen.
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7
Nationale Rechnungslegung
Anhang
Mit dem BilRUG wurden weitreichende Änderungen im Hinblick auf
die erforderlichen Angaben und Erläuterungen normiert. Neben
neuen Angaben wurden teilweise auch bereits bestehende Angabepflichten verändert. Zudem wurden kleine Kapitalgesellschaften
von zahlreichen Angabepflichten befreit, während mittelgroße
Kapitalgesellschaften künftig einige Erleichterungen entbehren
müssen. Modifiziert wurden u. a. auch die Vorgaben zur Ausgestaltung von Anlagen- und Verbindlichkeitenspiegel. Schließlich muss
der Jahresabschluss zukünftig an herausgehobener Stelle auch
Angaben zur Identifikation von Kapitalgesellschaften enthalten.
Erleichterungen für Kleinstkapital- und Tochtergesellschaften
Durch die Neuregelungen des BilRUG wird der Anwendungsbereich
von Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a Abs. 3 HGB) zum einen
eingeschränkt, da reine Finanzholdings nicht mehr als Kleinst­
kapitalgesellschaften qualifizieren, zum anderen wird der Kreis der
Kleinstkapitalgesellschaften um Kleinstgenossenschaften erweitert.
§ 264 Abs. 3 HGB sieht – wie bislang – Erleichterungen zugunsten
von Tochter-Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Aufstellung,
Prüfung und/oder Offenlegung ihres Jahresabschlusses und ggf.
Lageberichts vor. Dabei wird die für die Befreiung bisher erfor­
derliche Verlustübernahme (§ 302 AktG) künftig durch eine Ein­
standspflicht des Mutterunternehmens für die Verpflichtungen
des Tochterunternehmens ersetzt. Anders als noch im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens diskutiert, soll die bisherige Verlust­
ausgleichspflicht jedoch ausreichend sein, um die Anforderungen
an die künftige Einstandspflicht zu erfüllen.
Weitere wesentliche Änderungen im Jahresabschluss
Ferner werden selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens oder erworbene Geschäfts- oder
­Firmenwerte, deren voraussichtliche Nutzungsdauer – ausnahmsweise – nicht verlässlich geschätzt werden kann, über einen
­(typisierten) Zeitraum von zehn Jahren abgeschrieben (§ 253
Abs. 3 Satz 3 HGB). Die mit dem BilRUG neu eingeführte Ausschüttungssperre (§ 272 Abs. 5 HGB) zielte auf die phasengleiche
Vereinnahmung von Beteiligungserträgen. So sollten phasengleich
vereinnahmte Beteiligungserträge nicht phasengleich ausgeschüttet
werden dürfen, wenn sie dem Gesellschafter am Bilanzstichtag
noch nicht zugeflossen sind oder er keinen Anspruch auf die Zahlung hat. Da indes ein „Anspruch“ im Rechtssinne nicht erforderlich, sondern ein „so gut wie sicherer“ (bilanzrechtlicher) Anspruch
ausreichend sein soll, dürfte die neue Ausschüttungssperre
in Deutschland keinen praktischen Anwendungsbereich haben.
Wesentliche Änderungen im Konzernabschluss
Bei der Erstkonsolidierung von Unternehmen, die erstmals in einem
Jahr nach ihrem Erwerb in den Konzern einbezogen werden,
­dürfen künftig ausnahmsweise die beizulegenden Zeitwerte zum
­(historischen) Erwerbszeitpunkt zugrunde gelegt werden (§ 301
Abs. 2 HGB). Zudem sieht das BilRUG erstmals die Berücksich­
tigung latenter Steuern bei der Bewertung von Anteilen nach der
Equity-Methode vor (§ 312 Abs. 5 HGB).
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Abzinsung von Rückstellungen
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase und den
damit verbundenen Ergebnisbelastungen im Rahmen der Abzinsung von Rückstellungen (wir berichteten im Accounting Magazine
01.2014, S. 6 ff.), sollte die Regelung in § 253 Abs. 2 HGB überarbeitet werden. Da es derzeit jedoch noch Beratungsbedarf gibt,
ist die Bundesregierung nun aufgefordert, außerhalb des BilRUG
zeitnah einen Vorschlag zur Änderung der Abzinsungsregelungen
zu erarbeiten. Zuletzt wurde eine Verlängerung des Durchschnittszeitraums, der der Ermittlung der Zinssätze zugrunde liegt, von
bisher 7 auf künftig 12 Jahre diskutiert (ggf. verbunden mit einer
Ausschüttungssperre, falls die Anwendung der Neuregelung zur
Auflösung von Rückstellungen führen sollte). Da mit dem BilRUG
noch keine Neuregelung erfolgt ist, kommt es im Rahmen der
Abzinsung von Rückstellungen zunächst zu keiner Änderung.
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DRS 23
DRSC verabschiedet Standard
zur Kapitalkonsolidierung
Im August 2000 hatte das DRSC mit DRS 4 erstmalig einen
­Standard verabschiedet, der sich mit der Darstellung von Unternehmenserwerben im Konzernabschluss beschäftigt hat. Zuletzt
wurde der Standard aufgrund des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) geändert und daraufhin im Februar 2010
vom Bundesministerium der Justiz bekannt gemacht.
Der HGB-Fachausschuss des DRSC hat nunmehr DRS 4 grundlegend überarbeitet und sich in diesem Zusammenhang auch
mit einer Vielzahl praktischer und bislang von DRS 4 noch nicht
adressierter Probleme beschäftigt. Das Ergebnis dieser Arbeit
hat der HGB-Fachausschuss am 25.09.2015 mit DRS 23 Kapital­
konsolidierung (Einbeziehung von Tochterunternehmen in den
Konzernabschluss) verabschiedet. Aufgrund der umfassenden
Überarbeitung von DRS 4 wird dieser Standard künftig aufgehoben
und ist letztmalig auf das Geschäftsjahr anzuwenden, das vor
dem oder am 31.12.2015 endet. Hervorzuheben ist Folgendes:
Wirtschaftliche Beteiligungsquote
Grundsätzlich ist die kapitalmäßige Beteiligung eines Mutterunternehmens am Tochterunternehmen für die Berechnung des zu
konsolidierenden Eigenkapitals maßgeblich. Weicht jedoch die Beteiligungsquote des Mutterunternehmens an den laufenden Ergebnissen (Gewinne und Verluste) sowie am Liquidationsergebnis
nachweislich und andauernd von seiner kapitalmäßigen Beteiligung
am Tochterunternehmen ab, so soll nach DRS 23 das zu konso­li­
die­rende Eigenkapital anhand der wirtschaftlichen Beteiligungsquote ermittelt werden. Voraussetzung ist, dass die wirtschaftliche
Beteiligungsquote eindeutig anhand (gesellschafts-)vertraglicher
Regelungen ermittelt werden kann und nicht nur vorübergehend
von der kapitalmäßigen Beteiligung abweicht.
Kaufpreisallokation
In der Neubewertungsbilanz des erworbenen Tochterunternehmens
sind auch bisher bilanzunwirksame Geschäfte des Tochterunternehmens anzusetzen, sofern sich diese verlässlich bewerten lassen.
Dies können z. B. Finanzderivate, schuldrechtliche Haftungsverhältnisse, Besserungsabreden aus erklärten Darlehnsverzichten
oder immaterielle Vermögensgegenstände sein, die im Jahresabschluss in Ausübung des Ansatzwahlrechts gemäß § 248 Abs. 2
Satz 1 HGB nicht aktiviert waren oder für die dort ein Ansatzverbot gemäß § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB bestanden hat.
Aufteilung eines aktiven/passiven Unterschiedsbetrags auf
Geschäftsfelder
DRS 23 empfiehlt, einen verbleibenden aktiven Unterschieds­
betrag (= GoF) oder passiven Unterschiedsbetrag auf Geschäfts­
felder aufzuteilen, sofern das Tochterunternehmen aus mehreren
Geschäftsfeldern besteht.
Ermittlung einer außerplanmäßigen Abschreibung des GoF
Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung, d.h. wenn der
Buchwert über dem beizulegenden Wert des GoF liegt, ist der
Wertansatz des GoF um außerplanmäßige Abschreibungen
zu mindern. Die Höhe der außerplanmäßigen Abschreibung ergibt sich aus dem Vergleich des Buchwerts des am Abschlussstichtag ausgewiesenen GoF mit dem zu diesem Zeitpunkt ermittelten beizulegenden Wert GoF des Tochterunternehmens. •
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 |
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DRS 22
Der beizulegende Wert des GoF ermittelt sich aus dem beizu­
legenden Zeitwert der Beteiligung des Mutterunternehmens am
Tochterunternehmen abzüglich des anteiligen beizulegenden
Zeitwerts des Nettovermögens i.S.v. § 301 Abs. 1 Satz 2 HGB
des Tochterunternehmens. Bei einer Aufteilung des GoF auf
Geschäftsfelder, ist diese Berechnung für jedes Geschäftsfeld
­separat durchzuführen.
Statuswahrende Auf- oder Abstockung von
Mehrheitsbeteiligungen
Für die statuswahrende Auf- und Abstockung von Anteilen an
Tochterunternehmen lässt der Standard sowohl die Abbildung
als Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorgang (so bislang DRS 4) als
auch die Abbildung als Kapitalvorgang (so IFRS 10.23 bzw.
IFRS 10.B96) zu. Bei einer Interpretation als Erwerbsvorgang
sind die Vermögensgegenstände und Schulden anteilig in Höhe
des Zuerwerbs neu zu bewerten. Dementsprechend ist bei einer
teilweisen Anteilsveräußerung ohne Verlust der Beherrschung
die Differenz zwischen dem Verkaufspreis der Anteile und dem
hierauf entfallenden Anteil des Eigenkapitals zum Zeitpunkt der
Veräußerung dieser Anteile erfolgswirksam zu behandeln. Wird
die Auf- oder Abstockung hingegen als Kapitalvorgang interpretiert, sind die Vermögensgegenstände und Schulden nicht neu zu
bewerten. Vielmehr sind im Falle einer Aufstockung die Anschaffungskosten der weiteren Anteile mit dem hierauf entfallenden
­Anteil anderer Gesellschafter am Eigenkapital im Zeitpunkt des
Erwerbs dieser Anteile zu verrechnen. Aufrechnungsdifferenzen
sind erfolgsneutral mit dem Konzerneigenkapital zu verrechnen.
Im Falle einer Abstockung ist die Differenz zwischen dem Verkaufspreis der Anteile und dem hierauf entfallenden Anteil des Eigenkapitals zum Zeitpunkt der Veräußerung dieser Anteile ebenfalls
erfolgsneutral in das Konzerneigenkapital einzustellen.
Hinweis
Die Abbildung von Transaktionen unter gemeinsamer Beherrschung (transactions under common control) im Konzern­
abschluss wird in DRS 23 mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht thematisiert. Das BilRUG hat das durch Art. 25
der EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU eröffnete Wahlrecht, die
Buchwerte von Aktien oder Anteilen am Kapital eines in die
Konsolidierung einbezogenen Unternehmens lediglich mit
dem entsprechenden Kapital zu verrechnen, sofern die am
Unternehmenszusammenschluss beteiligten Unternehmen
letztlich vor und nach dem Unternehmenszusammenschluss
von derselben Partei kontrolliert werden und diese Kontrolle
nicht vorübergehender Natur ist, nicht in nationales Recht
umgesetzt.
10 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
DRSC verabschiedet
Standard zum
Konzerneigenkapital
Der HGB-Fachausschuss des DRSC hat am 25.09.2015 einen
neuen Standard zum Konzerneigenkapital veröffentlicht
(DRS 22). Ziel des Standards ist es, stärker als bisher DRS 7
Konzerneigenkapital und Konzerngesamtergebnis sowie
E-DRS 29 Konzerneigenkapital (wir berichteten im Accounting
Magazine 02.2014, S. 7) auf konzernabschlussspezifische
Fragestellungen, wie etwa die Behandlung des Erwerbs und der
Veräußerung von Rückbeteiligungen der Tochterunternehmen
am Mutterunternehmen sowie die Rücklagenverrechnung beim
Erwerb und der Veräußerung eigener Anteile im Konzernabschluss, einzugehen. Dabei wird die Besonderheit des Konzernabschlusses im Vergleich zum Jahresabschluss, nämlich die
fehlende Ausschüttungsbemessungs­funktion, berücksichtigt. So stellt der Standard z. B. klar, dass die Verrechnung des
­Unterschiedsbetrags zwischen dem Nennwert oder dem rechnerischen Wert und den Anschaffungskosten eigener Anteile im Konzernabschluss nach § 298 Abs. 1 i. V. m. § 272 Abs. 1a
HGB nicht auf die frei verfügbaren Rücklagen beschränkt sei.
Gleichzeitig wird aber die Beachtung des Grundsatzes der Stetig­
keit bei der Rücklagenverrechnung vorge­schrieben.
Auch wird im Standard auf die Besonderheiten der Darstellung
des Konzerneigenkapitals bei Personenhandelsgesellschaften
i. S. v. § 264a HGB eingegangen. Hier ist insbesondere die Frage
der Darstellung der Ergebnisse des Mutterunternehmens und
der in den Konzernabschluss einbezogenen Tochterunternehmen
im Konzernabschluss einer Personenhandelsgesellschaft von
Bedeutung. Der Standard sieht vor, dass die Kapitalanteile der
Gesellschafter und die Verbindlichkeiten gegenüber den Kommanditisten im Konzernabschluss eines Mutterunternehmens in
der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft in gleicher
Höhe wie in seinem Jahresabschluss auszuweisen sind. Diese
Vorgehensweise wird in DRS 22 ausführlich behandelt, in der
Begründung zum Standard erläutert und in der Anlage 3 zum
Standard anhand von Beispielen v
­ eranschaulicht. DRS 22 ist
erstmals für nach dem 31.12.2016 beginnende Geschäftsjahre
anzuwenden sein. Eine frühere vollumfängliche Anwendung
ist zulässig und wird empfohlen. Mit der Bekanntmachung von
DRS 22 wird DRS 7 Konzerneigenkapital und Konzerngesamt­
ergebnis aufgehoben.
Nationale Rechnungslegung
DRSC veröffentlicht Standard­­entwurf zu Immateriellen
Vermögensgegenständen
E-DRS 32
Der Standard ist erstmals zu beachten für nach dem 31.12.2016
beginnende Geschäftsjahre. Eine frühere vollumfängliche Anwendung ist zulässig und wird empfohlen. Zentrale Punkte sind:
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Vorliegen eines Vermögensgegenstands
Ein immaterielles Gut ist nach E-DRS 32.16 ein Vermögensgegenstand, wenn dieses nach der Verkehrsauffassung einzeln und
­damit gegenüber Dritten separat abstrakt verwertbar ist. Ein Gut
soll dann gegenüber Dritten verwertbar sein, wenn die wirtschaft­
lichen Vorteile des Guts bspw. durch Verkauf, Tausch, Nutzungsüberlassung, Einzelvollstreckbarkeit oder bedingten Verzicht auf
Dritte, also außerhalb des Konzerns, übertragbar sind. Aus Sicht
des Konzerns zählen zu den Dritten auch nicht vollkonsolidierte
Tochterunternehmen, Gemeinschaftsunternehmen, assoziierte
Unternehmen und Beteiligungsunternehmen (E-DRS 32.25).
Immaterielle Güter haben in den letzten Jahren im Wirtschaftsleben immer mehr an Bedeutung gewonnen und zählen für viele
Konzerne heutzutage zu den zentralen Erfolgsfaktoren. Zudem
weist die Bilanzierung von immateriellen Vermögensgegenständen
im Gegensatz zur Bilanzierung von materiellen und finanziellen
Vermögensgegenständen einige Besonderheiten auf. Aus diesem Grund hat das DRSC am 13.05.2015 den Standardentwurf
E-DRS 32 Immaterielle Vermögensgegenstände im Konzernabschluss veröffentlicht. Ziele des Standardentwurfs sind die Konkretisierung der handelsrechtlichen Vorschriften zur Bilanzierung
von immateriellen Vermögensgegenständen, die Klärung von in
diesem Zusammenhang bestehenden Zweifelsfragen sowie die
­Sicherstellung einer einheitlichen Anwendung der Vorschriften und
die Stärkung der Informationsfunktion des Konzernabschlusses.
Ansatz unentgeltlich erworbener immaterieller
Vermögensgegenstände
Erworbene immaterielle Vermögensgegenstände sind unabhängig
von einer Entgeltlichkeit des Erwerbs zu aktivieren (E-DRS 32.40).
Der Standardentwurf sieht damit auch eine Aktivierungspflicht
für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände
vor und stellt sich damit gegen die in Teilen der Kommentierung
vertretene Auffassung, ein unentgeltlich erworbener immaterieller
Vermögensgegenstand habe aufgrund der fehlenden Wertob­
jektivierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch
eine Markttransaktion eher den Charakter eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands mit der Folge eines
Akti­vierungswahlrechts.
Modifikation von immateriellen Vermögensgegenständen
Eine Modifikation eines immateriellen Vermögensgegenstands
liegt vor, wenn er gem. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB erweitert oder
über seinen ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert
wird (E-DRS 32.30). Aufwendungen für die Modifikation eines
­erworbenen oder eines selbst geschaffenen und aktivierten immateriellen Vermögensgegenstands sind nach E-DRS 32.33 f.
­unabhängig davon zu aktivieren, ob ein Dritter oder das Unternehmen selbst das Risiko der erfolgreichen Modifikation trägt.
­Sofern ein selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstand nicht aktiviert wurde, dürfen auch die Aufwendungen für
die Modifikation dieses Vermögensgegenstands nach dem Grundsatz der Ansatzstetigkeit nicht aktiviert werden.
Die Kommentierungsfrist endete am 17.07.2015.
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 11
Bewertung von Immo­bilien des Anlage­ver­mögens
in der Handels­bilanz (IDW RS IFA 2)
Am 27.04.2015 hat der Immobilienwirtschaftliche Fachausschuss (IFA) die finale Fassung der im September
2014 als Entwurf (wir berichteten im Accounting Magazine 01.2015, S. 8) veröffentlichten IDW Stellungnahme
zur Rechnungslegung: Bewertung von Immobilien des
Anlagevermögens in der Handelsbilanz (IDW RS IFA 2)
verabschiedet. Die drei wesentlichen Punkte des Standards betreffen:
• Klarstellung, dass Grund und Boden sowie Gebäude –
soweit diese dem Anlagevermögen zugeordnet
sind – zwei unabhängige Vermögensgegenstände
darstellen.
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• Zugangsbewertung: der Gesamtkaufpreis ist nach
dem Grundsatz der Einzelbewertung auf den Grund
und Boden sowie das aufstehende Gebäude aufzu­
teilen. Enthält der Kaufvertrag eine Aufteilung, ist
­dieser zu folgen, sofern sie nicht willkürlich erscheint.
Andernfalls sind die Anschaffungskosten entsprechend den Verkehrswerten aufzuteilen.
• Folgebewertung: IDW RS HFA 2 nimmt eine Kategorisierung (dauerhafte Nutzungsabsicht, nicht dauerhafte
Nutzungsabsicht, zum Verkauf vorgesehene Immo­
bilien, zum Abriss vorgesehene Gebäude) für Zwecke
der Beurteilung von Wertminderungen und des B
­ edarfs
an außerplanmäßigen Abschreibungen vor.
IDW verabschiedet Standard zur Beurteilung der
Insolvenzreife (IDW S 11)
Am 29.01.2015 hat der Fachausschuss Sanierung und Insolvenz
(FAS) des IDW mit IDW S 11 einen Standard zur Beurteilung
der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung verabschiedet, den der Hauptfachausschuss (HFA) am 05.03.2015
­billigend zur Kenntnis genommen hat. Gegenüber dem Entwurf
IDW ES 11 (wir berichteten ausführlich im Accounting Magazine
01.2015, S. 6 f.) wurde neben einigen Klarstellungen eine Kon­
kretisierung des Prognosehorizonts vorgenommen: Während bei
der Überschuldungsprüfung regelmäßig das laufende und folgende Geschäftsjahr zu berücksichtigen sind, kann der Prognosehorizont bei der Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit
ausnahmsweise dann kürzer sein, wenn zum Beurteilungsstichtag
12 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
nur kurzfristige Verbindlichkeiten bestehen. IDW S 11 berücksichtigt sowohl die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung als
auch im Schrifttum kontrovers diskutierte Zweifelsfragen. Nach
eigener Einschätzung nimmt das IDW hierbei insgesamt eine eher
konservative Sichtweise ein: So ist ein Unternehmen nach IDW S 11
zahlungsunfähig, wenn es eine auch nur geringfügige Liquiditätslücke von wenigen Prozent der zum Stichtag fälligen Verpflichtungen auf Dauer nicht vollständig schließen kann. Entgegen der im
Schrifttum zum Teil vertretenen Auffassung sind nach IDW S 11 in
dem für die Beurteilung der Insolvenzreife erforderlichen Finanzplan künftige Zahlungsausgänge zwingend zu berücksichtigen.
Nationale Rechnungslegung
WPK: Keine Pflicht zur Erläuterung
von nicht angesetzten Aktivüber­
hängen latenter Steuern im Anhang
nach § 285 Nr. 29 HGB
Im Rahmen ihrer Berufsaufsicht hat die WPK in der Vergangenheit
immer wieder Fälle aufgegriffen, in denen in der Bilanz aufgrund
des Aktivierungswahlrechts in § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB keine
­latenten Steuern ausgewiesen und im Anhang keine Angaben gemacht wurden, auf welchen Differenzen oder steuerlichen Verlustvorträgen die latenten Steuern beruhen (§ 285 Nr. 29 HGB).
Zwar verlangt der – auch zur Anwendung auf Jahresabschlüsse
empfohlene – DRS 18, dass die Angabe, auf welchen Differenzen
oder steuerlichen Verlustvorträgen latente Steuern beruhen,
auch für diejenigen latenten Steuern gemacht werden muss, die
aufgrund der Nutzung von Aktivierungswahlrechten nicht angesetzt oder mit zu versteuernden Differenzen verrechnet wurden.
Demgegenüber hatte der HFA des IDW die Auffassung vertreten,
dass die Angaben nach § 285 Nr. 29 HGB zwar für latente
­Steuern, die aufgrund der Saldierung aktiver mit passiven latenten
Steuern nicht ausgewiesen werden, zu machen sind. Mangels
­gesetzlicher Verpflichtung bedürfe es allerdings keiner Erläuterung
für über den Saldierungsbereich hinausgehende Latenzen, für die
ein Aktivposten nicht angesetzt wurde. Die WPK hat jedoch abweichend vom IDW die Auffassung vertreten, dass entsprechend dem
Wortlaut und der Regierungsbegründung zur Regelung des § 285
Satz 1 Nr. 29 HGB die Differenzen, auf denen die latenten Steuern
beruhen, unabhängig davon anzugeben seien, ob das Aktivierungswahlrecht in Anspruch genommen wurde.
Der HFA hat indes in den jüngsten Sitzungen an seiner Auffassung
festgehalten. Die diesbezügliche Begründung (s.o.) wurde auch der
WPK mitgeteilt. Daraufhin hat sich Ende November die Vorstands­
abteilung Berufsaufsicht der WPK nochmals mit dieser Thematik
befasst.
Mit Schreiben vom 22.01.2015 hat die WPK dem IDW nunmehr
mitgeteilt, dass im Ergebnis der Auffassung des HFA gefolgt wird.
Demnach brauchen über den Saldierungsbereich hinausgehende
aktive latente Steuern, welche in Ausübung des Wahlrechts in
§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht in der Bilanz angesetzt werden, nicht
im Anhang erläutert zu werden. Die bisherige Entscheidungspraxis
der WPK wird damit nicht mehr aufrechterhalten (siehe hierzu auch
den IDW-Newsletter „News exklusiv“ vom 30.01.2015).
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Die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) hat die Erfüllung der
­beruflichen Pflichten von Wirtschaftsprüfern zu überwachen
(§ 57 WPO). Im Rahmen dieser Überwachungsfunktion geht sie
möglichen Verstößen gegen Berufspflichten nach, sei es, indem
offengelegte Jahres- und Konzernabschlüsse sowie die dazu
­erteilten Bestätigungsvermerke einer Durchsicht unterzogen werden, sei es, dass die WPK Hinweisen, bspw. der DPR, der BaFin,
oder auch Beschwerden Dritter nachgeht.
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 13
Internationale
Rechnungs­legung
Entwurf zur Klarstellung der
­Klassi­fizierung von Schulden
veröffentlicht (ED/2015/1)
IASB: Verschiebung des Erstan­
wendungszeitpunkts von IFRS 15
­vorgeschlagen (ED/2015/2)
Quelle: DRSC-Neuigkeiten vom 11.02.2015
Quelle: DRSC-Neuigkeiten vom 29.04.2015
Das IASB hat am 11.02.2015 den Entwurf ED/2015/1 Classification
of Liabilities (Proposed amendments to IAS 1) herausgegeben,
welcher eine Klarstellung des Konzepts zur Klassifizierung von
Schulden nach IAS 1 Presentation of Financial Statements vorsieht.
Zum einen soll verdeutlicht werden, dass die Abgrenzung zwischen kurz- und langfristigen Schulden auf vertraglichen Vereinbarungen am Abschlussstichtag basieren muss. Zum anderen soll
die Verbindung zwischen der Erfüllung einer Schuld und einem
Ressourcenabfluss klargestellt werden.
Das IASB hat am 28.04.2015 eine Verschiebung des verpflichtenden Erstanwendungszeitpunkts von IFRS 15 auf Geschäftsjahre
beginnend ab dem 01.01.2018 vorgeschlagen. Eine vorzeitige
Anwendung soll weiterhin gestattet bleiben. Das IASB wird die
vorgeschlagene Verschiebung im Rahmen des üblichen Konsultationsprozesses zunächst in Form eines Standardänderungsentwurfs
veröffentlichen. Als Hintergrund für die Verschiebung führt das
IASB die in den kommenden Monaten geplante Veröffentlichung
­eines weiteren Standardentwurfs mit Klarstellungen zu IFRS 15 an
(siehe hierzu den Beitrag auf S. 15), welche sich aus den Diskus­
sionen der Transition Resource Group on Revenue Recognition
(TRG) ergeben hatten. Ferner sei man bestrebt, einen identischen
Erstanwendungszeitpunkt mit dem konvergierten ASU Update
No. 2014-09 „Revenue from Contracts with Customers“ (Topic
606) zu behalten, für welches das FASB vor wenigen Wochen
gleichfalls eine Verschiebung der Erstanwendung um ein Jahr vorgeschlagen hat.
Kommentierungen werden bis zum 10.06.2015 erbeten.
IASB: Entwurf eines neuen
­Rahmenkonzepts veröffentlicht
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Quelle: WPK-Newsletter vom 02.06.2015
14 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
Am 28.05.2015 hat das IASB den umfassenden Entwurf einer
Überarbeitung des Rahmenkonzepts für die Finanzberichterstattung (ED/2015/3 Conceptual Framework for Financial Reporting;
Basis for Conclusion) veröffentlicht. Darüber hinaus ist ein
­Entwurf mit vorgeschlagenen redaktionellen Folgeänderungen
an einzelnen Standards (ED/2015/4 Updating References to the
Conceptual Framework) verfügbar. Die wesentlichen Vorschläge
des Rahmenkonzepts sehen unter anderem einen expliziten Verweis auf das Konzept der Vorsicht in Kapitel 2 vor. In Kapitel 3 werden die Zielsetzungen von Abschlüssen erörtert, wobei explizit nur
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Internationale Rechnungslegung
noch zwei Aufstellungen (Vermögensdarstellung und Darstellung
des finanziellen Erfolgs) genannt werden. Kapitel 4 enthält detaillierte Informationen zur Definition von Vermögenswerten, Schulden, Eigenkapital, Erträgen und Aufwendungen. Kapitel 6 enthält
eine Beschreibung der verschiedenen B
­ ewertungsmaßstäbe (historische Anschaffungskosten und Gegenwartswert). In Kapitel 7
wird ausgeführt, dass die Gewinn- und Verlustrechnung sowie das
sonstige Ergebnis künftig als „Darstellung des finanziellen Erfolgs“
bezeichnet werden soll.
Der Entwurf ED/2015/4 betrifft Änderungen an IFRS 2, IFRS 3,
IFRS 4, IFRS 6, IAS 1, IAS 8, IAS 34, SIC-27 und SIC-32.
Stellungnahmen zu den Entwürfen sind bis zum 26.10.2015
einzureichen.
IASB schlägt Änderungen an IAS 19
und IFRIC 14 vor (ED/2015/5)
Quelle: DRSC-Neuigkeiten vom 19.06.2015
Das IASB hat am 18.06.2015 den Entwurf ED/2015/5 Remeas­
urement on a Plan Amendment, Curtailment or Settlement/­
Availability of a Refund from a Defined Benefit Plan – Proposed
amendments to IAS 19 und IFRIC 14 veröffentlicht. Der Entwurf
der Änderung von IAS 19 sieht vor, dass der laufende Dienstzeitaufwand und die Nettozinsen für den Zeitraum nach einer in der
Berichtsperiode stattfindenden Änderung, Kürzung oder Erfüllung eines leistungsorientierten Pensionsplans auf Basis von den
zu diesem Zeitpunkt gültigen versicherungsmathematischen
­Annahmen und unter Beachtung der zum Zeitpunkt des Planereignisses neubewerteten Nettoschuld neu zu berechnen sind. Die
­IFRIC 14 betreffende Änderung adressiert die Frage, wie die Verfügungsmacht eines Dritten (z. B. des Plantreuhänders) über die
Verwendung eines Überschusses eines leistungsorientierten
Plans das unbedingte Recht des Unternehmens auf die Erstattung
dieses Überschusses beeinflusst.
Stellungnahmen werden bis zum 19.10.2015 erbeten.
IASB veröffentlicht Standard­entwurf zu Klarstellungen von
IFRS 15 (ED/2015/6)
Quelle: DRSC-Neuigkeiten vom 30.07.2015
Das IASB hat am 30.07.2015 seinen Standardentwurf ED/2015/6
Clarifications to IFRS 15 (Erlöse aus Verträgen mit Kunden)
veröffentlicht.
Die Änderungsvorschläge sind Ergebnis der Erörterungen des IASB
der vergangenen Monate zu ausgewählten Themenbereichen,
die zuvor von der Transition Resource Group for Revenue Recognition (TRG) behandelt und als klärungsbedürftig eingestuft
­wurden. In ähnlicher Weise berät auch das FASB über mögliche
Anpassungen seines neuen Standards zur Erlöserfassung
­Accounting Standards Update No. 2014-09, Revenue from Contracts with Customers (Topic 606).
Im Einzelnen werden im ED/2015/6 Klarstellungen zu folgenden
Themenkomplexen in IFRS 15 vorgeschlagen:
1. Identifizierung von Leistungsverpflichtungen
(Zur Abgrenzbarkeit im Kontext des Vertrags)
2. P
rinzipal-Agenten-Beziehungen (Zu den Prinzipien
zur Unterscheidung zwischen Prinzipal und Agent)
3. L
izenzierung (Zur Bestimmung der Art einer
­einge­räumten ­Lizenz sowie zu umsatz- und nutzungs­
abhängigen Lizenzentgelten)
4. Übergangsvorschriften (Zu Erleichterungen bei
­retrospektiver Anwendung von IFRS 15)
Die vorgeschlagenen Änderungen sollen von den Unternehmen
zeitgleich mit IFRS 15 eingeführt werden.
Stellungnahmen können bis zum 28.10.2015 abgegeben
werden.
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 15
IASB veröffentlicht Standardentwurf
zur Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts des Änderungsstandards
zu IFRS 10 und IAS 28 (ED/2015/7)
Quelle: DRSC-Neuigkeiten vom 10.08.2015
Das IASB hat am 10.08.2015 den Standardentwurf ED/2015/7
Effective Date of Amendments to IFRS 10 and IAS 28 zur Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts des Änderungsstandards Veräußerung oder Einbringung von Vermögenswerten
­zwischen einem Investor und einem assoziierten Unternehmen
oder Joint Venture (Änderungen an IFRS 10 und IAS 28)
veröffentlicht.
Mit dem am 11.09.2014 veröffentlichten Änderungsstandard
(wir berichteten im Accounting Magazine 01.2015, S. 13) sollte
eine zwischen den Standards IFRS 10 Konzernabschlüsse und
IAS 28 (2011) Anteile an assoziierten Unternehmen und Joint
Ventures bestehende Inkonsistenz beseitigt werden. Es erfolgte
eine Klarstellung in Bezug auf die Erfassung nicht realisierter Erfolge aus Transaktionen zwischen einem Investor und einem assoziierten Unternehmen oder Joint Venture. Sofern die Transaktion
einen Geschäftsbetrieb (entsprechend IFRS 3) betrifft, war eine
vollständige Erlöserfassung beim Investor vorgesehen. Betrifft
die Transaktion nur die Veräußerung von Vermögenswerten, welche keinen Geschäftsbetrieb darstellen, so wäre eine Teilerfolgs­
erfassung vorzunehmen. Der Änderungsstandard sollte prospektiv
für Geschäftsjahre ab dem 01.01.2016 angewendet werden.
Nach Veröffentlichung dieses Änderungsstandards wurde jedoch
eine Inkonsistenz zwischen den Regelungen des Änderungsstandards und den bestehenden Regelungen von IAS 28 identifiziert.
Das IASB hatte diese Inkonsistenz bereits erörtert und sah u. a.
deren Behebung im Rahmen eines weiteren, für 2015 angekündigten Entwurfs eines Änderungsstandards zu IAS 28 vor. In
­diesem war zudem eine Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts des ursprünglichen Änderungsstandards vorgesehen.
­Zwischenzeitlich hat sich das IASB jedoch dazu entschlossen ein
Forschungsprojekt zur Equity Methode zu beginnen, darin u. a.
die Themen des weiteren vorgesehenen Änderungsstandards erneut zu behandeln und diesen daher nicht zu veröffentlichen.
Vor diesem Hintergrund wird nunmehr separat die Verschiebung
des Erstanwendungszeitpunkts des ursprünglichen Änderungsstandards auf unbestimmte Zeit vorgeschlagen. Dadurch soll vermieden werden, dass – auf Basis der Ergebnisse des Forschungsprojekts – unter Umständen innerhalb kurzer Zeit möglicherweise
gegenläufige Änderungen an den Standards vorgenommen werden müssen.
16 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
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Stellungnahmen können bis zum 09.10.2015 eingereicht
werden.
Internationale Rechnungslegung
IASB: Änderungen am IFRS für
kleine und mittelgroße Unternehmen
veröffentlicht
• A
► bgrenzung von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten
►
• Behandlung der Rückstellungen für Altersversorgung und des
net working capital bei der Werthaltigkeitsprüfung
Quelle: WPK-Newsletter vom 02.06.2015
• A
► llokation und Reallokation des Geschäfts- oder Firmenwerts
Am 21.05.2015 hat das IASB begrenzte Änderungen an seinem
International Financial Reporting Standard für kleine und mittelgroße Unternehmen (IFRS für KMU) veröffentlicht.
Die Verlautbarung bietet auch Hilfe beim Wertminderungstest für
zahlungsmittelgenerierende Einheiten mit Geschäfts- oder Firmenwert und nicht beherrschenden Anteilen. Das IFRS Interpretations
Committee war zwar um Klärung verschiedener Fragen aus diesem Themenkreis gebeten worden, hatte jedoch die Bearbeitung
abgelehnt.
Im Wesentlichen betreffen die Änderungen bereits bestehende
Vorschriften, die präzisiert oder durch Leitlinien ergänzt werden.
Eine wesentliche Neuerung besteht darin, dass es KMU erlaubt
wird, das Neubewertungsmodell für Sachanlagevermögen anzuwenden. Darüber hinaus erfolgt eine Angleichung der Behandlung
der latenten Steuern an die aktuellen Regelungen des IAS 12
Ertragsteuern.
Die Anpassungen am IFRS für KMU sind für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 01.01.2017 beginnen, wobei auch
eine frühere Anwendung gestattet ist.
Einzelfragen zu Wertminderungen
von Vermögenswerten nach IAS 36
(IDW RS HFA 40)
Außerdem geht das Papier auf die Werthaltigkeitsprüfung für
­assoziierte Unternehmen ein.
Entwurf einer Fortsetzung der IDW
­Stellungnahme zur Rechnungslegung:
Einzelfragen zur Bilanzierung
von ­Finanzinstrumenten nach IFRS
(IDW RS HFA 9)
Quelle: IDW-FN 2015, S. 331 ff.)
Da die Vorgaben des IAS 36 zur Wertminderung von Vermögenswerten komplex und fehleranfällig sind, hat sich das IDW entschlossen, Anwendungsunterstützung für die Praxis zu entwickeln
und die Qualität der Abschlüsse durch eine Verlautbarung zu verbessern. Zu diesem Zweck hat das IDW am 04.05.2015 die
IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zu Wert­
minderungen von Vermögenswerten nach IAS 36 (IDW RS HFA 40)
verabschiedet.
Aufgrund zunehmender Anfragen zu Reverse-Factoring-Gestaltungen hat das IDW beschlossen, wesentliche Themen im Zusammenhang mit der bilanziellen Abbildung derartiger Vereinbarungen zu erörtern und die Ergebnisse in Form des Entwurfs einer
Fortsetzung der IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung:
­Einzelfragen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS
(IDW RS HFA 9) zu veröffentlichen. Der Entwurf erläutert zunächst
die relevanten Regelungen von IAS 39 zum Abgang finanzieller
Verbindlichkeiten. Anschließend werden die wesentlichen Merkmale von Reverse-Factoring-Transaktionen beschrieben und die
Bilanzierung aus Sicht des Schuldners geklärt.
Die neue Stellungnahme zur Rechnungslegung erörtert u. a.
­folgende Themen:
Änderungs- oder Ergänzungsvorschläge zu dem Ent wurf werden
bis zum 30.10.2015 erbeten.
Quelle: IDW-FN 2015, S. 335 ff.
• Identifizierung eines Vermögenswerts, der wertgemindert
sein könnte: Anhaltspunkte für eine Wertminderung
• S
► chätzung der künftigen Zahlungsströme bei der Ermittlung
des Nutzungswerts: Berücksichtigung von Overheadkosten,
­Erweiterungsinvestitionen, Ertragsteuern, Zahlungen in Fremdwährung etc.
• B
► estimmung des Kapitalisierungszinssatzes im Rahmen der
Nutzungswert-Berechnung
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 17
Bilanzsteuerrecht
Rückstellung bei gerichtlich geltend gemachten Schadensersatzforderungen
BFH, Urteil vom 16.12.2014
In dem zu entscheidenden Fall wurde eine Steuerberatungskanzlei
auf Rückzahlung eines Beratungshonorars verklagt. Auf Ver­
langen der Hausbank der Steuerberatungskanzlei gab diese einer
Rechtsanwaltskanzlei den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über die Erfolgsaussichten der Klage. Das Gutachten kam zu
dem ­Ergebnis, dass ein Unterliegen der Steuerberatungskanzlei
im Klage­verfahren nicht überwiegend wahrscheinlich sei. Es sei
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Mit Urteil vom 16.12.2014 (VIII R 45/12) hat der BFH entschieden, dass bei der Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zwischen der Wahrscheinlichkeit des Bestehens der
Verbindlichkeit und der Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme hieraus zu unterscheiden sei, da die beiden Voraussetzungen innewohnenden Risiken unterschiedlich hoch zu bewerten sein könnten.
18 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
daher vertretbar, zum Bilanzstichtag 31.12.2013 keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gem. § 249 HGB zu passivieren. Fünf Monate nach dem Bilanzstichtag schloss die Steuerberatungskanzlei mit dem Kläger einen Vergleich, in dem sich die
Steuerberatungskanzlei zum Ausgleich von 50 % der geltend
­gemachten Klageforderung verpflichtete. Im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die
Steuerberatungskanzlei hätte zum 31.12.2013 eine Rückstellung
für ungewisse Verbindlichkeiten in Höhe der gesamten Klageforderung bilden müssen.
Der BFH hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen und
weist darauf hin, dass zwischen der Wahrscheinlichkeit des Bestehens der Verbindlichkeit und der Wahrscheinlichkeit der tatsäch­
lichen Inanspruchnahme hieraus zu unterscheiden sei. Die für die
Rückstellungsbildung erforderliche Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme müsse einzelfallbezogen im Wege
einer Prognose anhand der erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden. Aus Sicht des Bilanzstichtages müssten
mehr objektive Gründe für eine überwiegende Wahrscheinlichkeit
der Inanspruchnahme als dagegen sprechen. Dies sei regelmäßig
der Fall, wenn der vermeintliche Gläubiger am Bilanzstichtag
­bereits im Klagewege gegen den Steuerpflichtigen vorgehe.
Im Rahmen der darüber hinaus erforderlichen Prognose, ob das
Bestehen der gerichtlich geltend gemachten Forderung überwiegend wahrscheinlich ist, müsse das rechtliche Bestehen der Verpflichtung dem Grunde nach beurteilt werden. Zwar könne es für
die Bildung einer Rückstellung nach den Umständen des Einzelfalls ausreichend sein, bei bereits gerichtlich geltend gemachten
Forderungen von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des
Bestehens dieser Forderungen auszugehen. Sind jedoch weitere
gewichtige objektive Umstände ersichtlich, die gegen ein Unter­
liegen im Prozess sprechen, so sind diese nach Ansicht des BFH
im Rahmen der Prognoseentscheidung zu berücksichtigen.
Zu diesen Umständen gehöre auch ein von fachkundiger dritter
Stelle erarbeitetes Gutachten, welches zu dem Ergebnis kommt,
das Unterleigen im Verfahren sei zum Bilanzstichtag nicht überwiegend wahrscheinlich. Sofern sich dieses Gutachten mit allen
vom Prozessgegner geltend gemachten Ansprüchen und den
­Fragen der prozessual notwendigen Beweiserhebung auseinandersetze und der Ausgang des Rechtsstreits von der Entscheidung mehrerer ungeklärter Rechtsfragen sowie von einer
noch nicht durchgeführten Beweisaufnahme abhänge, könne
­davon ausgegangen werden, dass das rechtliche Bestehen der
Verbind­lichkeit nicht überwiegend wahrscheinlich sei. In der Folge
sei keine Rückstellung zu passivieren.
Der erst fünf Monate nach dem Bilanzstichtag geschlossene Vergleich zwischen der Steuerberatungskanzlei und dem Prozess­
gegner sei als wertbegründende Tatsache bei der Prognoseentscheidung zum 31.12.2013 hingegen nicht zu berücksichtigen.
Bei Ausgabe einer Wandelschuld­
verschreibung erzieltes Aufgeld für
Wandlungsrechte
BFH, Urteil vom 11.11.2014
Nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB ist als Kapitalrücklage der Betrag
auszuweisen, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für
Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen
am Unternehmen des Emittenten erzielt wird. Wandelschuldverschreibungen sind nach der Legaldefinition des § 221 Abs. 1 Satz
1 AktG Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein
Umtauschrecht (= Wandelanleihe) oder Bezugsrecht (= Optionsanleihe) auf Aktien eingeräumt wird. Sehen die Anleihebedingungen ein innerhalb eines definierten Zeitraums jederzeit ausübungsfähiges Umtausch- oder Bezugsrecht vor, handelt es sich um liegt
eine sog. Amerikanische Option vor; kann das Umtausch- oder
Bezugsrecht dagegen nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeübt werden, handelt es sich um eine sog. Europäische Option.
Die Frage, welcher Betrag im Falle der Ausgabe einer nicht markt­
üblich verzinsten Wandelanleihe mit einem innerhalb eines festgelegten jederzeit ausübungsfähigen Wandlungsrecht (American
Call) in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellen ist, hatte unlängst der BFH zu entscheiden. In seinem Urteil vom
11.11.2014 (I R 53/13, HFR 2015, S. 445 ff.) weist der BFH zunächst darauf hin, dass nach der Gesetzesbegründung zum Bilanzrichtlinie-Gesetz und nach der Rechtsprechung des BFH unter dem
Begriff „erzielter Betrag“ i.S.v. § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB alle Entgelte
zu verstehen sind, die im Zusammenhang mit der Begebung von
Wandelanleihen für die Wandlungs- und Optionsrechte angefallen
sind, also z.B. auch ein verdecktes Aufgeld in Form einer Verzinsung
unterhalb des Kapitalmarktzinses. Bilanziell sei allerdings auch
im Falle eines verdeckten Aufgelds zu beachten, dass die bis zu einer Wandlung bestehende Verpflichtung zur Rückzahlung der •
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 19
Bilanzsteuerrecht
Schuldverschreibung nicht mit dem (niedrigeren) Verkehrswert
(Barwert der Zahlungsreihe), sondern mit ihrem Nominalbetrag zu
passiveren sei (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Demgemäß könne das
verdeckte Aufgeld als Unterschied zwischen dem Ausgabebetrag
und dem zu passivierenden Nennbetrag der Schuldverschreibung
gemäß § 250 Abs. 3 HGB als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten
(Disagio) ausgewiesen werden. In dem vom BFH zu entscheidenden Fall musste daher nur ermittelt werden, wie hoch das in Form
der Unterverzinslichkeit der Anleihe aus Sicht der Klägerin erzielte
Aufgeld im Zeitpunkt der Ausgabe der Anleihe tatsächlich war, denn
nur dieser Betrag durfte von ihr in die Kapitalrücklage nach § 272
Abs. 2 Nr. 2 HGB eingestellt werden.
Die Klägerin hatte das verdeckte Aufgeld durch Vergleich des für
die Anleihe vereinbarten nominellen Zinssatzes mit den höheren
Kapitalmarktzinsen errechnet und den so ermittelten Zinsvorteil
(Barwert der Zinsdifferenz) als aktiven Rechnungsabgrenzungsposten aktiviert und einen Betrag gleicher Höhe in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB eingestellt. Weil das Wandlungsrecht im Entscheidungsfall aber jederzeit ausgeübt werden
konnte, ist der BFH demgegenüber zu dem Ergebnis gelangt, dass
das von der Klägerin ermittelte Aufgeld nicht schon im Zeitpunkt
der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung erzielt wurde, sondern wirtschaftlich dem Zeitraum nach der Ausübung des Wandlungsrechts zuzurechnen sei und deshalb nicht der Kapitalrücklage zugewiesen werden könne. Im handelsrechtlichen Schrifttum
werde ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass in Fällen,
in denen das Umtauschrecht während der Laufzeit der Wandelschuldverschreibung ausgeübt werden kann, für die Ermittlung
des nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB in die Kapitalrücklage einzustellenden Vorteils einer geringen, nicht marktüblichen Anleihever­-
20 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
zinsung (verdecktes Aufgeld) auf den Zeitpunkt abzustellen ist,
zu dem das Wandlungsrecht vom Gläubiger erstmals ausgeübt
werden kann (frühestmöglicher Zeitpunkt). Wird dem Gläubiger
ein jederzeit ausübungsfähiges Wandlungsrecht eingeräumt
­(American Call) komme dementsprechend die Dotierung einer
Rücklage nicht in Betracht, da die frühestmögliche Umwandlung
bereits zu Beginn des Wandlungszeitraums möglich ist und dann
für den Emittenten kein Zinsvorteil entstünde.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei nicht jeder auf die Ausgabe der
Schuldverschreibung rückführbare Vorteil in die Kapitalrücklage
nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB einzustellen, sondern nur der bei der
Ausgabe für Wandlungs- oder Optionsrechte erzielte Betrag. Nach
Ansicht des BFH ist demnach maßgeblich, ob der Emittent bereits
im Zeitpunkt der Anleiheemission tatsächlich schon einen aus ­seiner
Sicht unentziehbaren Vorteil erlangt hat. Im Falle eines innerhalb
des festgelegten Zeitraums jederzeit ausübungsfähigen Wandlungsrechts des Anleihegläubigers wird dem Emittenten im Zeitpunkt der
Ausgabe der Anleihe aber gerade noch kein unentziehbarer Vorteil
einer zinsgünstigen Kapitalüberlassung gewährt, weil die Verzinsung jederzeit enden kann. Ein Zinsvorteil ergebe sich daher für den
Emittenten nur sukzessive während des Wandlungszeitraums,
­solange der Gläubiger das Wandlungsrecht nicht ausübt. Nur eine
solche Auslegung entspreche dem Grundverständnis des erkennenden Senats, wonach das Aufgeld zum Erwerb einer Optionsanleihe
bereits mit seiner Erzielung, nicht hingegen erst mit einer späteren
positiven Ausübung der Option als Kapitalzuführung (Einlage) zu
qualifizieren sei.
Der BFH widerspricht ausdrücklich, der in der handelsrechtlichen
Kommentierung (Beck Bil-Komm., 9. Aufl., 2014, § 272 Anm. 181)
vertretenen Auffassung, zur Ermittlung des bei Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung erzielten Vorteils sei auf die vereinbarte
Laufzeit der Anleihe abzustellen, da die vorzeitige Wandlungsmöglichkeit keinen Einfluss auf den Wert der Schuldkomponente (Anleihe) habe. Für den BFH ist nicht ersichtlich, warum der Wert einer
unterverzinslichen Anleihe nicht durch den Umstand beeinflusst
worden sein soll, dass der Gläubiger das Recht habe, dieses Schuldverhältnis durch Ausübung des Aktienoptionsrechts vorzeitig zu beenden. Letztendlich gehe es aber ohnehin nicht um die Bestimmung
des Werts der (reinen) Schuldverschreibung, sondern um die Ermittlung des bei ihrer Ausgabe für die Gewährung des Wandlungsrechts tatsächlich erzielten Betrags. Da der zugrunde liegende
(verdeckte) Zinsvorteil im Zeitverlauf zunehme (so auch Beck BilKomm., 9. Aufl., 2014, § 272 Anm. 181), ergebe sich hieraus zugleich, dass er im Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung auch nur in dem Maße tatsächlich erzielt wird, in dem
er auf den Zeitraum entfalle, in welchem der Optionsrechtsinhaber
zu der (niedrig verzinslichen) Kapitalüberlassung verpflichtet ist.
Arbeitshilfe zur Aufteilung eines ­Gesamtkaufpreises für ein bebautes
Grundstück (Kaufpreisaufteilung)
Quelle: BMF, Mitteilung vom 04.02.2015 in der Rubrik „Steuern“
das Gebäude andererseits aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom
10.10.2000, IX R 86/97, BStBl II 2001, S. 183). Die obersten
­Finanzbehörden von Bund und Ländern stellen eine Arbeitshilfe
als xls-Datei zur Verfügung, die es unter Berücksichtigung der
höchstrichterlichen Rechtsprechung ermöglicht, in einem typisierten Verfahren entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität einer vorliegenden Kaufpreisauftei­lung zu prüfen. Zusätzlich steht eine Anleitung für die Berechnung
zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises zur Verfügung.
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Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Absetzungen für
­Abnutzung von Gebäuden (§ 7 Abs. 4 bis 5a EStG) ist es in der
Praxis häufig erforderlich, einen Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück auf das Gebäude, das der Abnutzung unterliegt,
­sowie den nicht abnutzbaren Grund und Boden aufzuteilen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück nicht nach der sogenannten
Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte auf den Grund und Boden einerseits sowie
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 21
Das neue Gendergesetz
und seine Bedeutung
für die Berichterstattung
von Unternehmen
Der Anteil weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der
deutschen Wirtschaft und der Bundesverwaltung ist nach wie
vor gering: 2013 waren nur 15,1 % der Aufsichtsratspositionen
der Top-200-Unternehmen in Deutschland mit Frauen besetzt.
Der Anteil von Frauen an Führungspositionen im Bundesdienst
lag 2012 bei 30 %, in den obersten Bundesbehörden sogar nur
bei 27 %. Der in Art. 3 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)
­niedergelegte Gleichberechtigungsgrundsatz von Frauen und
Männern ist damit auch heute noch keine Realität. Gemäß Art. 3
Abs. 2 Satz 2 GG hat der Staat die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung
bestehender Nachteile hinzuwirken.
Aus diesem Grund hat der Bundestag am 06.03.2015 das Gesetz
für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an
Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen
Dienst beschlossen, das am 01.05.2015 in Kraft getreten ist.
Nach dem Gesetzesbeschluss sollen die Führungsgremien künftig
mindestens zu 30 % mit Frauen besetzt sein.
Zu diesem Zweck wird § 76 AktG um einen Absatz 4 erweitert,
wonach der Vorstand von Gesellschaften, die börsennotiert sind
oder der Mitbestimmung unterliegen, für den Frauenanteil in den
beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen festlegen muss. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen
unter 30 %, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil
nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen, die jeweils nicht länger als fünf
Jahre sein dürfen.
22 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
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Des Weiteren wird § 111 AktG um einen Absatz 5 ergänzt, wonach der Aufsichtsrat von Gesellschaften, die börsennotiert sind
oder der Mitbestimmung unterliegen, für den Frauenanteil im
­Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen festlegen muss. Liegt
der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 %, so
dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr
­unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der
­Zielgrößen festzulegen, die Fristen dürfen jeweils nicht länger als
fünf Jahre sein.
Gesetzgebung
Beispiel
Der Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands liegt in einer börsennotierten Gesellschaft bei 20 %. Der Vorstand kann die Zielgröße nicht
unterhalb der bereits erreichten 20 % festlegen. Liegt
der Frauenanteil indes tatsächlich bereits über 30 %,
z. B. bei 40 %, dann kann der Vorstand die Zielgröße mit
30 % festlegen. Sollte die Gesellschaft aktuell noch gar
keine Frauen in Führungspositionen beschäftigen, so
könnte die Gesellschaft die Zielgröße bei 0 % ansetzen.
Die Festlegungen nach § 76 Abs. 4 sowie nach § 111
Abs. 5 AktG n. F. haben erstmals bis spätestens zum 30.09.2015
zu erfolgen. Die nach § 76 Abs. 4 und nach § 111 Abs. 5 AktG n. F.
erstmals festzulegende Frist zur E
­ rreichung der Zielgrößen darf
nicht länger als bis zum 30.06.2017 dauern.
Bei börsennotierten Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, muss sich der Aufsichtsrat nach
§ 96 Abs. 2 AktG n. F. zu mindestens 30 % aus Frauen und zu mindestens 30 % aus Männern zusammensetzen.
Der Mindestanteil von jeweils 30 % ist bei erforderlich werdenden
Neuwahlen und Entsendungen ab dem 01.01.2016 zur Besetzung
einzelner oder mehrerer Aufsichtsratssitze zu beachten.
seite der Gesellschaft öffentlich zugänglich machen. Eine darüber
hinausgehende Berichterstattung, wie sie für börsennotierte
­Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien
verpflichtend ist, ist nicht erforderlich.
Diese Regelungen sind erstmals anzuwenden auf Lageberichte,
die sich auf Geschäftsjahre mit einem nach dem 30.09.2015 liegenden Abschlussstichtag beziehen.
Börsennotierte Aktiengesellschaften und börsennotierte Euro­
päische Gesellschaften (SE), die mitbestimmungspflichtig sind,
müssen in der Erklärung zur Unternehmensführung neben den
Angaben zur Besetzung des Vorstands und der darunter liegenden
beiden Führungsebenen mitteilen, ob die Gesellschaft bei der
­Besetzung des Aufsichtsrats mit Frauen und Männern die Mindest­
anteile von jeweils 30 % gemäß § 96 Abs. 2 AktG n. F. im
­Bezugszeitraum eingehalten hat und wenn nicht, die Gründe für
die Nichteinhaltung angeben (§ 289a Abs. 2 Nr. 5 HGB n. F.).
Diese Verpflichtung gilt erstmals für Lageberichte, die sich auf
­Geschäftsjahre mit einem nach dem 31.12.2015 liegenden Abschlussstichtag beziehen.
Ferner wurde mit dem BilRUG (siehe hierzu auch den Beitrag auf
S. 6 ff.) die Aufnahme einer Erklärung zur Unternehmensführung
in den Konzernlagebericht bzw. auf die Internetseite des Mutter­
unternehmens (mit Verweis darauf im Konzernlagebericht) vorgeschrieben (§ 315 Abs. 5 HGB n.F. i.V.m. § 289a HGB). Diese
Vorgabe betrifft börsennotierte Mutterunternehmen i.S.v. § 289a
Abs. 1 HGB und gilt entsprechend den Übergangsregelungen des
BilRUG für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen.
Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die der Mitbestimmung
unterliegen, mussten bislang keine Erklärung zur Unternehmensführung nach § 289a HGB abgeben. Nunmehr haben sie in ihrem
Lagebericht als gesonderten Abschnitt eine Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen, in dem sie über die Einhaltung der
festgelegten Zielgrößen und die Gründe im Falle einer Nichtein­
haltung der Zielgrößen berichten. Sofern diese Gesellschaften nicht
zur Offenlegung ihres Lageberichts verpflichtet sind, müssen
sie die Erklärung i. S. v. § 289a Abs. 1 Satz 2 HGB auf der Internet-
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Die Einführung dieser Frauen- bzw. Geschlechterquoten hat auch
Auswirkungen auf die Erklärung zur Unternehmensführung nach
§ 289a HGB. So müssen börsennotierte Aktiengesellschaften und
börsennotierte Kommanditgesellschaften auf Aktien die Festlegungen nach § 76 Abs. 4 und § 111 Abs. 5 AktG n. F. und die
­Angabe, ob die festgelegten Zielgrößen im Bezugszeitraum eingehalten worden sind, in die Erklärung zur Unternehmensführung
aufnehmen. Wurden die festgelegten Zielgrößen im Bezugszeitraum nicht eingehalten, sind die Gründe für die Nichteinhaltung
anzugeben (§ 289a Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 HGB n. F.).
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 23
24 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
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Wirtschaftsrecht
Wirtschaftsrecht
Rückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr durch
­Mitteilung des Insolvenzverwalters an das Registergericht
BGH, Urteil vom 08.05.2014
Nach § 155 Abs. 1 InsO beginnt mit der Insolvenzeröffnung ein
neues Geschäftsjahr. Strittig war zunächst,
• o
► b das neue Geschäftsjahr nach Insolvenzeröffnung ein Rumpfgeschäftsjahr ist, das mit der Insolvenzeröffnung beginnt und
mit dem satzungsmäßigen Geschäftsjahr endet, oder
• o
► b das Insolvenzgeschäftsjahr wie ein reguläres Geschäftsjahr
zwölf Monate andauert.
Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Beschluss vom 21.05.2013
(20 W 65/12) klargestellt, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH ein neues, zwölf Monate
umfassendes Geschäftsjahr beginnt (sog. Insolvenzgeschäftsjahr
gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO). Soll nach der Insolvenzeröffnung wieder zum bisherigen Geschäftsjahr zurückgekehrt werden,
sei dafür nicht die Gesellschafterversammlung, sondern nur der
Insolvenzverwalter zuständig. Die Änderung des Geschäftsjahres
müsse vom Insolvenzverwalter zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden und werde auch erst mit der konstitutiven Eintragung wirksam. Der Frage, ob diese Anmeldung auch
rückwirkend – also nach dem mit dem Antrag begehrten Abschlussstichtag erfolgen kann – hat sich das OLG Frankfurt dann in seinem Beschluss vom 01.10.2013 (20 W 340/12; wir berichteten
im Accounting Magazine 02.2014, S. 7) gewidmet und die rückwirkende Eintragung der Geschäftsjahresänderung für unzulässig
erklärt.
Nun hat sich der BGH in seinem Beschluss vom 14.10.2014
(II ZB 20/13) ebenfalls mit den Voraussetzungen zur Änderung
des Geschäftsjahresrhythmus durch den Insolvenzverwalter
­beschäftigt. Der BGH bestätigt zunächst die Auffassung des OLG
Frankfurt a. M., dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
ein neues, zwölf Monate umfassendes Geschäftsjahr beginnt.
Auch die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters für eine anschließende Geschäftsjahresänderung, um zum satzungsmäßigen
­Geschäftsjahr zurückzukehren, wird vom BGH bestätigt. Der Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses bedürfe es mangels
einer Rechtsbeeinträchtigung nicht.
Des Weiteren muss die Entscheidung des Insolvenzverwalters zur
Rückkehr zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr nach Ansicht des
BGH nach außen erkennbar werden, und zwar noch während des
ersten laufenden Geschäftsjahrs nach der Eröffnung des Insol­
venzverfahrens. Die Eintragung der Geschäftsjahresänderung –
wie sie vom OLG Frankfurt a.M. – verlangt wird, ist bei einer
­Veränderung des Geschäftsjahrs durch Satzungsänderung konstitutiv und damit nur ex nunc wirksam. Dies gelte bei der Rückkehr
zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr durch den Insolvenzverwalter
nicht, da keine Satzungsänderung vorliegt. Folglich ist es nach Ansicht des BGH – und insoweit abweichend vom OLG Frankfurt a. M. –
ausreichend, wenn der Insolvenzverwalter die Rückkehr zum
­satzungsmäßigen Geschäftsjahr dem Registergericht durch eine
sonstige Mitteilung – die von Amts wegen in das Handelsregister
ein­getragen wird – anzeigt. Im Zeitpunkt der Mitteilung entstehe
für den Insolvenzverwalter die Pflicht, die Jahresabschlüsse jeweils
zum Ende des geänderten Geschäftsjahrs aufzustellen. Die spätere
Eintragung in das Handelsregister hat dann nur deklaratorische
Wirkung.
Beispiel
Insolvenzeröffnung ist am 01.12.0X.
Rechtsfolgen:
1. V
om 01.01.0X bis zum 01.12.0X entsteht ein
Rumpfgeschäftsjahr.
2. A
m 01.12.0X beginnt kraft Gesetzes ein neues
­Geschäftsjahr, das am 30.11.0X+1 endet.
Der Insolvenzverwalter kann innerhalb des ersten
­Geschäftsjahrs nach Insolvenzeröffnung (also im Zeitraum vom 01.12.0X bis zum 30.11.0X+1) dem Han­
delsregister in einfacher Schriftform mitteilen, dass er
das Geschäftsjahr der Gesellschaft zum satzungsmäßigen Geschäftsjahr ändern möchte. Damit entsteht für
die Gesellschaft ein zweites Rumpfgeschäftsjahr vom
01.12.0X bis zum 31.12.0X; die folgenden Geschäftsjahre entsprechen dann wieder dem – satzungsmäßigen –
Geschäftsjahr (= Kalenderjahr). Diese Entscheidung des
Insolvenzverwalters muss im Handelsregister eingetragen werden (da durch die Mitteilung des Insolvenzverwalters an das Handelsregister das durch das Handelsregister verlautbarte, abweichende Insolvenzgeschäftsjahr
unrichtig wird). Dabei ist es unschädlich, ob die Eintragung z. B. nach dem Bilanzstichtag (31.12.0X) oder
nach Ablauf des ersten Geschäftsjahrs nach Insolvenzeröffnung (z. B. im Dezember 0X +1) erfolgt, da diese
­Eintragung nicht konstitutiv, sondern deklaratorisch ist.
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 25
Neue Anforderungen an Rangrücktritt zur Vermeidung
der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung oder
Zahlungsunfähigkeit
BGH, Urteil vom 05.03.2015
Rechtsprechungsregeln zum „qualifizierten Rangrücktritt“
nach bisherigem Recht
Um für eine überschuldete Gesellschaft die Insolvenzantragspflicht zu vermeiden, werden in der Praxis häufig Vereinbarungen
mit Gesellschaftern oder Gläubigern über den Rangrücktritt von
Forderungen getroffen. Der BGH hatte durch sein grundlegendes
Urteil vom 08.01.2001 (II ZR 88/99, DB 2001, S. 373) für die
bis zum 01.11.2008 geltende Rechtslage festgelegt, welche Voraussetzungen für einen „qualifizierten Rangrücktritt“ erfüllt
sein müssen, damit die nachrangig gestellte Forderung eines Gesellschafters von der Gesellschaft nicht mehr als Verbindlichkeit
bei der Prüfung einer Überschuldung berücksichtigt werden
muss. Danach war die Verbindlichkeit im Überschuldungsstatus
dann nicht zu passivieren, wenn mit dem Gläubiger sinngemäß
vereinbart wurde, dass dessen Ansprüche erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger berücksichtigt werden
sollen und dass die (nunmehr nachrangige) Verbindlichkeit der
Gesellschaft – bis zur Abwendung der Krise – insolvenzrechtlich
so zu behandeln ist, als handele es sich dabei um statutarisches
Eigenkapital. Dadurch wurde erreicht, dass der Inhaber der
nachrangigen Forderung nicht mehr als Gesellschaftsgläubiger –
auch nicht als einfach nachrangiger Gläubiger – an einem Insolvenzverfahren teilnimmt und dadurch eine Insolvenzantragspflicht des Schuldners vermieden werden kann.
Inzwischen hat der Gesetzgeber den in § 19 Abs. 2 InsO geregelten
Überschuldungsbegriff mit dem sog. „MoMiG“ vom 23.10.2008
(BGBl I 2008, 2026) neu gefasst. Für Insolvenzverfahren ab dem
01.11.2008 wurde nunmehr gesetzlich geregelt, dass Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die diesen wirtschaftlich entsprechen, in einem
Überschuldungsstatus dann nicht bei den Verbindlichkeiten des
Schuldners zu berücksichtigen sind, wenn für diese Ansprüche
gemäß § 39 Abs. 2 InsO „zwischen Gläubiger und Schuldner der
Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1
bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist“. Diese
Neuregelung hat in der Praxis verschiedene Fragen aufgeworfen.
Anforderungen an einen Rangrücktritt nach geltendem
Insolvenzrecht
Mit dem Urteil vom 05.03.2015 (IX ZR 133/14, www.bundes­
gerichtshof.de) hatte der BGH über einen Fall zu entscheiden, in
dem die Insolvenzschuldnerin vor Verfahrenseröffnung, möglicherweise aber bereits im Stadium drohender Überschuldung oder
Zahlungsunfähigkeit, Zinszahlungen für nachrangige Dar­lehen
26 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
an die beklagte Gläubigerin erbracht hatte, die nun von dem Insolvenzverwalter zurückgefordert wurden. Der BGH hat dem Verwalter im Grundsatz Recht gegeben, indem er das ablehnende Urteil
des OLG Düsseldorf vom 20.05.2014 (I-12 U 87/13, WM 2014, S.
2218) aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat, um Feststellungen darüber zu treffen, ob zum Zeitpunkt der Zahlungen
an die Gläubigerin bereits Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin drohte. Im Urteilsfall war zwar auf Grundlage
der o.g. Rechtsprechungsregeln noch ein (qualifizierter) Rangrücktritt nach altem Recht zu beurteilen. Gleichwohl
hat der IX. Senat des BGH bei dieser Gelegenheit – weitgehend als
obiter dictum (unverbindlich für andere BGH-Senate) – auch
seine Rechtsauffassung zu den Anforderungen des neuen Rechts
dargestellt. Danach soll folgendes gelten:
• E
► in Nachrang gemäß § 39 Abs. 2 InsO erfordert als Mindestvoraussetzung eine zweiseitige Vereinbarung zwischen Schuldner
und Gläubiger und darf nicht zu Lasten anderer Gläubiger gehen.
►
• Auch Ansprüche von Gläubigern, die nicht zugleich Gesellschafter der Schuldnerin sind, können im Überschuldungsstatus
unberücksichtigt bleiben, wenn mit ihnen ein Nachrang gemäß
§ 39 Abs. 2 InsO vereinbart wurde; wegen § 39 Abs. 3 InsO
umfasst der Nachrang ohne weiteres auch die Ansprüche des
Gläubigers auf Zinsen und sonstige Nebenleistungen.
►
• Der vereinbarte Nachrang darf nicht erst nach dem Eintritt
einer Bedingung, also nicht erst „im Fall eines Insolvenzver­
fahrens“ wirksam werden, sondern er muss sofort gelten, also
auch die Zeit vor einer Verfahrenseröffnung umfassen.
►
• Der Rangrücktritt ist als rechtsgeschäftliches Zahlungsverbot
so auszugestalten, dass die Forderung außerhalb des Insol­
venzverfahrens nur aus ungebundenem Vermögen und in der
Insolvenz nur im Rang nach den Forderungen aller übrigen
Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) befriedigt werden darf. Der
Gläubiger muss daher dauerhaft daran gehindert sein,
seine Forderung geltend zu machen; ein lediglich zeitlich begrenzter Rücktritt ist unzureichend.
►
• Es ist ausreichend, einen Rücktritt hinter die in § 39 Abs. 1
Nr. 1 bis 5 InsO genannten Forderungen zu vereinbaren; da­
rüber hinaus ist es nicht mehr nötig einen (bedingten) Forderungsverzicht für den Fall der Verfahrenseröffnung oder die
Gleichstellung der Forderung mit den Einlagerückgewähr­
ansprüchen der Gesellschafter (§ 199 InsO) zu vereinbaren.
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Wirtschaftsrecht
• Um eine Insolvenzantragspflicht zu vermeiden muss der Rang­
rücktritt klarstellen, dass der Gläubiger seine Ansprüche nicht
mehr in Konkurrenz zu anderen Gläubigern geltend machen
wird; die Vereinbarung wirkt dann als Vertrag zugunsten Dritter
(§ 328 BGB), nämlich der Gesamtheit der übrigen Gläubiger.
►
• Als Vertrag zugunsten Dritter, der zum Vorteil der bisherigen
Gläubiger und der nach Abschluss der Vereinbarung hinzutretenden Neugläubiger des Schuldners Rechte begründet, kann
die Rangrücktrittsvereinbarung durch eine Abrede des Schuldners mit dem Gläubiger der Nachrangforderung vor Beseitigung der Krise nicht aufgehoben werden.
►
• Ein fortbestehendes Recht des Nachranggläubigers, Zahlungen
für Zinsen oder Tilgung verlangen zu können, ist aber un­
schädlich, wenn diese Zahlung nur aus einem ungebundenen
Ver­mögen zu leisten ist und der Schuldner dadurch nicht
wegen drohender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit in
Insolvenzgefahr gerät.
►
• Wenn eine zur Deckung sämtlicher Verbindlichkeiten genügende
Vermögensmasse vorhanden ist, können die übrigen Gläubiger
aus dem Rangrücktritt keine Rechte mehr ableiten. Mithin
ist eine Vereinbarung über die Aufhebung des Rangrücktritts
ohne Mitwirkung der anderen Gläubiger zulässig, wenn eine
Insolvenzreife der Schuldnerin nicht vorliegt oder beseitigt ist.
Rechtsfolgen des Rangrücktritts
Nur unter den vorgenannten Voraussetzungen bildet die nach­
rangig gestellte „Forderung im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern haftendes Kapital“, denn der betreffenden Forderung wird
„vereinbarungsgemäß eine nachrangige Stellung zugewiesen,
die eine Befriedigung nur aus freiem, nicht zur Schuldendeckung
benötigten Vermögen der Gesellschaft gestattet“. Bei der Beurteilung der Schuldendeckungsfähigkeit sind ggf. auch zu erwartende weitere Verluste und der Liquiditätsbedarf der Gesellschaft
zu berücksichtigen, denn ohne eine gesicherte Rechtsposition
der übrigen Gläubiger „kann eine Suspendierung der öffentlichrechtlichen Insolvenzantragspflicht nicht gerechtfertigt werden“.
Werden entgegen der Rangrücktrittsvereinbarung und trotz
­bestehender Insolvenzgefahr gleichwohl Zins- oder Tilgungszahlungen auf die Forderung geleistet, steht dem Schuldner nach
§ 812 Abs. 1 (Fall 1) BGB ein Erstattungsanspruch gegen
den Nachranggläubiger wegen ungerechtfertigter Bereicherung
zu (sog. Leistungskondiktion). Dies gilt aber nicht, sofern der
Schuldner die Zahlung in Kenntnis der Insolvenzreife und der folglich bestehenden Zahlungssperre dennoch bewirkt hat (§ 814
BGB). Dabei kommt es auf das Wissen des die Leistung bewirkenden Vertreters der Gesellschaft an (BGH, Urteil vom 10.12.1998
– III ZR 208/97, NJW 1999, 1024, 1025). Von einer Kenntnis
des Leistenden über das Nichtbestehen einer Zahlungspflicht
wäre z.B. auszugehen, wenn ein Geschäftsführer, der von dem
Rangrücktritt unterrichtet war, die Zahlung veranlasst hat. § 814
BGB wäre dagegen nicht anwendbar, wenn es sich um eine routinemäßig von der Buchhaltung bewirkte Zahlung handelte oder die
Zahlung auf Druck des Nachranggläubigers erfolgt wäre.
Unabhängig davon, ob § 814 BGB einem Erstattungsanspruch
nach § 812 BGB möglicherweise entgegensteht, liegt infolge des
vereinbarten Rangrücktritts eine Zahlung ohne Rechtsgrund
vor. Weil das den übrigen Gläubigern haftende Vermögen des
Schuldners dadurch zum Nachteil der Insolvenzgläubiger (§ 129
Abs. 1 InsO) gemindert wurde, ist die Zahlung nach Ansicht des
BGH als unentgeltliche Leistung des Schuldners zu werten und
daher nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, wenn sie in den letzten
vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde. Nach einer Anfechtung hat der Gläu­
biger die Leistung zugunsten der Insolvenzmasse an den Schuldner zurück zu gewähren (§ 143 Abs. 1 InsO), weil § 814 BGB
in d
­ iesem Fall nicht gilt; andererseits leben die nachrangigen Ansprüche des Gläubigers mit der Rückzahlung an den Schuldner
wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO).
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 27
28 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
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Verknüpfung
von Zentral-,
Handels- und
Gesellschaftsregistern
Allgemeine Informationen
Im stets weiter zusammenwachsenden europäischen Binnenmarkt spielen Registeranfragen im gesamten EU-Ausland eine immer größer werdende Rolle. Aus diesem Grund
hat die EU am 13.06.2012 die Richtlinie 2012/17/EU zur Verknüpfung von Zentral-,
Handels- und Gesellschaftsregistern verabschiedet. Die Richtlinie zielt darauf ab, den
EU-weiten grenzüberschreitenden Zugang zu Unternehmensinformationen sowohl
für die Öffentlichkeit als auch für registerführende Stellen durch Vernetzung der nationalen Register zu verbessern. Zwar sollen die nationalen Register der einzelnen Mitgliedstaaten bestehen bleiben; sie sollen aber über einen gemeinsamen Zugang miteinander verknüpft und damit der Einblick in die Unternehmensinformationen leichter
gemacht werden. Ein zentrales europäisches Handelsregister ist dagegen wegen zu
großer Unterschiede der Registerstandards in den Mitgliedstaaten in den Bereichen
Publizitätswirkung, Richtigkeitskontrolle und Identitätsprüfung weiterhin nicht in Aussicht.
Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorschriften der Richtlinie, die
bis zum 07.07.2014 in nationales Recht der einzelnen Mitgliedstaaten transformiert werden musste, mit einer Verspätung von
sechs Monaten zum 31.12.2014 mit dem Gesetz zur Umsetzung
der Richtlinie 2012/17/EU in Bezug auf die Verknüpfung von
Zentral-, Handels- und Gesellschaftsregistern in der Europäischen
Union (BGBl. I 2014, S. 2409 f.) umgesetzt. Von den Neuregelungen sind nur Kapitalgesellschaften und deren Zweigniederlassungen erfasst. Personengesellschaften (insbesondere oHG
und KG), Vereine und Genossenschaften bleiben ausgeklammert.
Detailfragen sind im Umsetzungsgesetz noch nicht geregelt. Das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)
ist ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, um Einzel­
heiten hinsichtlich der einheitlichen europäischen Kennung und
der Datenübermittlung zu regeln. Zuvor muss jedoch die genaue
technische Ausgestaltung des Europäischen Justizportals und
der zentralen Europäischen Plattform durch die Kommission abgewartet werden, damit die Kompatibilität und Interoperabilität
von vornherein gewährleistet ist. Mit einer Fertigstellung des
Systems dürfte 2017 zu rechnen sein.
Die betreffenden Eintragungen im Handelsregister und die zu­
gehörigen Dokumente sowie die Eintragungen im Unternehmensregister sind nach der technischen Umsetzung nicht nur in den
nationalen Registern, sondern auch über das Europäische Justizportal (https://e-justice.europa.eu) aufrufbar. Nach § 9b Abs. 2
HGB werden dazu an die zentrale Europäische Plattform Infor­
mationen über Insolvenzverfahren, Löschung, Auflösung, Liquidation, Abwicklung oder Fortsetzung der Gesellschaft sowie
das Wirksamwerden einer Verschmelzung nach § 122a UmwG
übermittelt. Zudem wird jeder Kapitalgesellschaft und ihrer
Zweig­niederlassungen eine europaweit einheitliche Kennung
zuge­ordnet – und zwar zusätzlich zur bisherigen HRB-Nummer
des deutschen Handelsregisters.
Für die betroffenen Unternehmen ändert sich hinsichtlich der
eintragungspflichtigen Tatsachen nichts, da die Richtlinie insbesondere der Registervernetzung dient. Für Anmeldungen bleiben
auch künftig die nationalen Register zuständig. Die europäische
Kennung von Unternehmen dient allein der internen Kommuni­
kation zwischen den Registern und nicht dem Gebrauch im Rechtsverkehr. Im Geschäftsverkehr ist nach wie vor nur die nationale
Handelsregisternummer anzugeben.
Quelle: Haufe Newsletter Steuern vom 22.01.2015
Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 29
Allgemeine Informationen
DCGK: Kodexänderungen 2015 beschlossen
Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, Pressemitteilung vom 11.05.2015
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance
Kodex hat am 05.05.2015 drei materielle Kodexänderungen beschlossen, durch die vor allem die weiter zunehmende Bedeutung
der Rolle des Aufsichtsrats unterstrichen werden soll. Darüber
hinaus wurde im Rahmen der Kodexpflege eine Reihe von Anpassungen, insbesondere zur besseren Lesbarkeit und weiteren
Verschlankung, vorgenommen. Hierbei folgte die Regierungskommission auch in diesem Jahr dem Grundsatz, nicht mehr Notwendiges zu streichen, Präzisierungen vorzunehmen, wo es
sinnvoll ist, zwischenzeitliche Gesetzesänderungen nachzuvollziehen und materielle Veränderungen mit großer Zurückhaltung
vorzusehen. Schließlich wurden entsprechend dem Auftrag an die
Kommission die am 01.05.2015 in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Bestimmungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen
und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und
im öffentlichen Dienst (siehe hierzu auch den Beitrag auf S. 22 f.)
im Kodex nachgezeichnet. Der geänderte Kodex ist auf der KodexWebsite (www.dcgk.de) veröffentlicht.
Konkret hat die Kodexkommission folgende Änderungen
beschlossen:
• D
► er Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft soll unternehmensspezifisch eine Regelgrenze für die Zugehörigkeitsdauer zu diesem Gremium festlegen (Ziff. 5.4.1 Abs. 2). Ziel
dieser erweiterten Empfehlung ist es, dass sich der Aufsichtsrat
bewusst auch unter dem Aspekt der Zugehörigkeitsdauer von
Aufsichtsratsmitgliedern mit der im Sinne des Unternehmens
besten Zusammensetzung des Gremiums auseinandersetzt.
Diese Empfehlung für eine unternehmensspezifische Festlegung einer Regelgrenze gebe gegenüber dem ursprünglichen
Formulierungsvorschlag vor allem den Unternehmen mit Ankerbzw. Familienaktionären die notwendige Flexibilität für den
Einzelfall. Grundsätzlich ist die Kodexkommission der Ansicht,
dass auch im Aufsichtsrat auf eine gute Mischung der verschiedenen Expertisen, von Alter und Gender, aber auch der Verweildauer in dem Gremium geachtet werden soll.
• D
► es Weiteren wird empfohlen, dass sich der Aufsichtsrat im
Vorfeld seiner Vorschläge zur Wahl neuer Aufsichtsratsmitglieder an die Hauptversammlung bei dem jeweiligen Kandidaten
vergewissern soll, dass er den zu erwartenden Zeitaufwand
aufbringen kann (Ziff. 5.4.1 Abs. 4). Die neue, aufgrund des
Konsultationsverfahrens etwas veränderte Empfehlung soll vor
allem mehr Transparenz für die Kandidaten und mehr Klarheit
für den Aufsichtsrat schaffen, was dieser von den Kandidaten
erwarten kann. Die Praxis zeige, dass die zeitliche Belastung im
Zuge der gestiegenen Anforderungen an Aufsichtsräte deutlich
zugenommen hat. Neben den Plenarsitzungen des Aufsichtsrats und den Hauptversammlungen, die vor allem in der Öffentlichkeit im Fokus stehen, nehme die Ausschussarbeit immer
mehr Zeit in Anspruch. Hinzu kommen u.a. ein gestiegener zeitlicher Aufwand für die Vor- und Nachbereitung von Sitzungen
30 | Accounting Magazine Ausgabe 02.2015
aber auch für Fortbildungen, den es bei der Beurteilung des
eigenen Zeitbudgets zu berücksichtigen gilt. Die Kommission
ist sich bewusst, dass der in Krisensituationen sprunghaft steigende Zeitbedarf nicht im Vorhinein geplant werden kann und
die individuellen Belastungsgrenzen sehr unterschiedlich sind.
• Schließlich soll im Bericht des Aufsichtsrats künftig vermerkt
werden, wenn ein Mitglied des Aufsichtsrats in einem Geschäftsjahr nur an der Hälfte der Sitzungen des Aufsichtsrats
und der Ausschüsse, denen er angehört, oder weniger teilgenommen hat. Als Teilnahme gilt auch eine solche über Telefonoder Videokonferenzen; das sollte aber nicht die Regel sein
(Ziff. 5.4.7). Mit dieser nach dem Konsultationsverfahren
etwas erweiterten Empfehlung unterstreicht die Regierungskommission die aus ihrer Sicht wichtige Rolle der Plenar- und
Ausschusssitzungen und einer sich am Unternehmensinteresse
ausrichtenden Diskussionskultur. So sei es von besonderer
Bedeutung, dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht nur anhand
von schriftlichen Vorlagen an der Beschlussfassung teilnehme,
sondern sich in den ergebnisoffenen und unterschiedliche
Standpunkte abwägenden Kommunikationsprozess im Aufsichtsrat einbringe.
Im Rahmen der regelmäßigen Kodexpflege hat die Regierungskommission darüber hinaus eine Reihe von nicht materiellen
Anpassungen vorgenommen. So wurden unter anderem im Sinne
der Kodexverschlankung zwei Empfehlungen gestrichen (Ziff. 6.2
und Ziff. 7.1.4). In beiden Fällen werden die gesetzlichen Regelungen als ausreichend angesehen. Mit Blick auf die besonderen
Aufsichtsregeln für die Unternehmen der Finanzwirtschaft wird
nun in der Präambel darauf hingewiesen, dass sich aus dem jeweiligen Aufsichtsrecht für die Corporate Governance börsennotierter Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen Besonderheiten ergeben können, die, obgleich zwingendes Recht, aufgrund
ihres eingeschränkten, spezifischen Geltungsbereiches mit Blick
auf alle deutschen kapitalmarktorientierten Unternehmen, aber
im Kodex nicht beschrieben und somit nicht berücksichtigt sind.
Aktueller Endorsement Status Report der EFRAG
Der aktuelle EFRAG EU Endorsement Status Report mit
Stand 15.09.2015 ist unter www.efrag.org abrufbar.
In diesem Report wird dargestellt, auf welchem Bearbei­
tungsstand sich die IFRS, die IFRS-Interpretationen
sowie die Änderungen der Standards derzeit befinden.
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Accounting Magazine Ausgabe 02.2015 | 31
EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory
Die globale EY-Organisation im Überblick
Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts­
prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung.
Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir
weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir
bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams,
exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser
Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für
unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben.
Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“.
Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von
Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist
rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln
und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young
Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem
Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen
finden Sie unter www.ey.com.
In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen
sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von
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