"Es ist schon unglaublich viel erreicht worden"

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Strandklinik St. Peter-Ording
Im "Interview:
"Es ist schon unglaublich
viel erreicht worden"
Wir sprachen mit dem langjährigen Patienten Thomas Malenke
Thomas Malenke ist an Mukoviszidose
(CF) erkrankt. Er ist 48 Jahre alt, lebt in
Bonn und arbeitet im Bereich Organisation bei einer Bundesbehörde. In die St.
Peter-Ordinger Strandklinik, der Fachklinik für Pneumologie, Dermatologie, Psychosomatik und Orthopädie kommt er seit
2007 jährlich zur Rehabilitationsbehandlung. Im Verein Mukoviszidose e.V. leitet
er die Arbeitsgemeinschaft der Erwachsenen mit CF (AGECF).
deckende Pflegesätze sind eines der Probleme. Finanziell und sozial ist die private
Situation der Patienten besorgniserregend: Viele müssen - trotz gestiegener lebenserwartung - schon nach wenigen Berufsjahren in verhältnismäßig jungem
Alter EU-Rente beantragen. Viele leben
von Grundsicherung oder Hartz IV, sofern
nicht die Eltern unterstützen können. Es
hat sich also eine Menge getan, es gibt
aber noch viel zu tun.
Welchen Beitrag zur Stabilisierung
der gesundheitlichen Situation und
zur Sicherung der Teilhabe am sozialen Leben kann die Rehabilitationsbehandlung leisten?
Thomas Malenke
FUESTNOTE: Herr Malenke, vor
nicht allzu langer Zeit war Mukoviszidose noch fast ausschließlich ein
Thema in der Kinder- und Jugendm e dizin . Was hat sich hier verändert: wie s teht es um die medizinische Betreuung, aber auch die
soziale und finanzielle Absicherung
der etwa 4000 erwachsenen CF-Patienten in Deuts chland?
Thomas Malenke: Zum Zeitpunkt meiner
Geburt, '966, lag die Lebenserwartung bei
ein bis fünf Jahre; heute zum Glück bei
durchschnittlich 30 bis 40 Jahren. Dass
Mukoviszidose-Patienten erwachsen werden, ist also noch nicht so lange her. Erst
durch Frau Christiane Herzog begann
Mitte/Ende der neunziger Jahre der Aufbau der ersten Elwachsenenambulanzen.
Heute gibt es in allen Bundesländern etliche dieser Ambulanzen und ein zunehmender Teil der erwachsenen Patienten
wird auch in diesen Erwachsenenambulanzen betreut. Beispiele sind zum Beispiel
die Christiane-Herzog-Ambulanzen in
München und Bremen, die ChristianeHerzog-Zentren in Berlin, Hannover und
im Ruhrgebiet. Eine Herausforderung
stellen immer noch ein angemessener medizinischer Personalschlüssel und die
Konstanz der betreuenden Ärzte sowohl
ambulant als auch stationär dar. Kosten-
Die Rehabilitation bei Erwachsenen mit
Mukoviszidose leistet aus meiner Sicht einen großen Beitrag: Zum einen dient sie
der Optimierung, Intensivierung und
Kontrolle der Physiotherapie, der Sportund Ernährungstherapie. Gerade bei einer
Erkrankung, bei der viele Organe betroffen sind und Folgeerkrankungen entstehen, ist ein ganzheitlicher Ansatz wie in
der Reha wichtig. Etwa 50 Prozent der
Patienten über 30 entwickeln zum Beispiel
auch einen Diabetes. Die klimatischen
Veränderungen, zum Beispiel durch eine
Reha an der Nordsee, helfen ebenfalls, die
Gesundheit zu stabilisieren.
Nicht zu unterschätzen ist auch der persönliche Erfahrungsaustausch der Patienten untereinander, unterstützt auch durch
psychosoziale Gruppen- und EinzeIangebote sowie wöchentliche CF-Vorträge.
Letztlich werden wir Patienten darin unterstützt, ein selbstbestimmtes Leben zu
führen und Therapie, Beruf, Hobbys und
Privatleben in Einklang zu bringen
("Work-Therapy-Life-Balance"). Durch
die umfangreichen Therapiezeiten gleicht
unser Alltag, dicht getaktet, dem eines
"Managers" .
Sie haben die Entwicklung der
Strandklinik St. Peter-Ording als
Patient über viele Jahre verfolgen
können . Was hat sich aus Ihrer
Sicht verändert und was kann die
Klinik zur Versorgung der el"Wachsenen CF-Patienten beitragen?
Jahr für' Jahr sind mehr Erwachsene mit
,CF' nach St. Peter-Ording gekommen. Da
die Patienten oft ,mit den Füßen abstimmen', zeigt dieser Zuwachs, wie gut die
Betreuung hier ist. Die medizinische Betreuung, Physiotherapie, Sporttherapie
und Ernährungstherapie war schon von
Deichwandern in st. Peter-Ording: Das typische Nordseeklima kommt den
Heilbeha!,dlungen sehr entgegen.
Beginn an gut, sie ist aber immer besser
geworden - auch durch die Erfahrung.
Neu hinzugekommen sind der Ausbau der
Sozialberatung und die psychologische
Begleitung. Patienten erleben hier oftmals
zum ersten Mal, dass auch ein Erwachsenenmediziner sie richtig gut betreuen
kann. Denn St. Peter-Ording ist ja eine
reine Erwachsenen-Rehaeinrichtung.
Auch innerhalb der CF-Szene leistet die
Klinik einen großen Beitrag - durch die
enge Zusammenarbeit mit den Ambulanzen und die führende Rolle bei der
deutschlandweiten Mukoviszidose-Behandlertagung in Würzburg.
Auch die DRV Bund hat der Strandklinik Ende 2013 endlich die Qualifikation zur Betreuung von CF-Patienten zugesprocl,!e n und zugesagt,
auch ihren Patienten die Möglichkeit zur Rehabilitation in St. PeterOrding zu geben. Wie beurteilen Sie
das Angebot an Rehabilitationsplätzen in Deutschland?
Das Angebot ist gut, aber es kann ohne
Frage noch umfangreicher werden. Qualitativ ist durch die Arbeit des Arbeitskreises Reha im Mukoviszidose e.V. eine
Menge erreicht worden. Der nächste
Schritt, die Zertifizierung, ist bereits in
Blick genommen. Hier ist St. Peter-Ording
führend. Hinsichtlich der Zahl der Rehaplätze wäre es wünschenswert, wenn gerade im Bereich der Erwachsenenreha
weitere Plätze entstünden, zumal ein
Trend sichtbar ist, dass altersübergreifende Rehaeinrichtungen oftmals nur bis
zu einem gewissen Alter Erwachsene noch
rehabilitieren. Ich denke, dass die gute
Arbeit in St. Peter-Ording auch andere
Atemwegs-Rehaeinrichtungen für CF mo-
tivieren könnte. Freuen würden wir uns
darüber.
Bitte noch ein abschließendes Statement: Worin könnte die Strandklinik sich noch verbessern, und
was schätzen Sie hier besonders?
Ich denke, in St. Peter-Ording ist eine
Menge erreicht worden. Die gesamte Facette der CF-Betreuung wird auf qualitativ
hohem Niveau angeboten. Mir gefallen
auch der persönliche menschliche Stil hier
sowie die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit klinikintern. Für die Zukunft
wünsche ich mir, dass eine CF-spezialisierte Ausbildungs- und Berufsberatung
fortgesetzt und ausgebaut wird. Zudem
hilft es schon heute vielen Patienten hier
zu merken, dass sie mit ihrer Erkrankung
nicht allein sind: Behandler kümmern sich
um sie. Und Mit-Patienten lernen sie hier
kennen. Psychologische Unterstützung
hilft beim eigenen Gesundheits-/Krankheitsmanagement. Da ich fast 25 Jahre in
Wilhelmshaven gelebt habe, genieße ich
hier natürlich die Nordsee "in vollen
(Atem)-Zügen".
Weitere Informationen
Mukoviszidose e.V.
www.muko.info
Telefon 0228/98780-0
E-Mail: [email protected]
Christiane-Herzog-Stiftung
www.christianeherzogstiftung.de
Tel. 0711 246 346
E-Mail:[email protected]
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