Medienpsychologie II - Institut für Medienforschung

Philosophische Fakultät
Institut für Medienforschung
Professur Medienpsychologie
Medienpsychologie II
Sommersemester 2015
Dozent: Prof. Dr. Peter Ohler
V, Di. 13.45-15.15 Uhr, 2/C104
Vorlesung Medienpsychologie II ∙ Prof. Dr. Peter Ohler
5. Mai 2015
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Gliederung (3)
• Grundlagen
• Der Ansatz von Merlin Donald (1991, 2002)
•
•
•
•
•
Affenkultur / Menschenkultur
Mimetische Repräsentation
Mythische Repräsentation
Theoretische Repräsentation
Der Film als multiples externes Repräsentationssystem
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Stufen der menschlichen kulturellen und kognitiven
Evolution nach Merlin Donald (1991, 2002)
Moderne Kulturen verfügen über alle vier Stufen
gleichzeitig
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Zitate (Donald, 2002)
• „Our remarkable evolutionary drive was presumably sustained by the many
advantages of having a collective mentality, and our brains went through a
series of modifications that gave them this strong cultural orientation.“
• „The close linkage between brain and culture has accelerated the rate of
human evolution.“
• „Culture was a radically new presence, and the mind kept adjusting itself to
the new reality of distributed cognition. The result of that tension, in the
long run, was the emergence of a symbolizing mentality.“
• „Thus, very early in our evolution, hominids had become highly social and
evidently used a cultural strategy for remembering and problem solving.“
Hervorhebungen von P.O.
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Merlin Donald
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Phylogenetisches Phasenmodell nach Donald (1991,
2002)
• Startpunkt: Episodische Kultur (episodic culture)
• Erster Übergang: von episodischer zu mimetischer Kultur (first
transition: from episodic to mimetic culture)
• Zweiter Übergang: von mimetischer zu mythischer Kultur (second
transition: from mimetic to mythic culture)
• Dritter Übergang: von mythischer zu theoretischer Kultur (Benutzung
externer Repräsentationssysteme) (third transition: from mythic to
theoretic culture [external symbolic storage])
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Die Ausgangslage: episodische Kultur
• Letzte gemeinsame Vorfahre vor Trennung der Schimpansen und
Menschenlinie und heutige Menschenaffen besitzen episodische
Repräsentationen  Fähigkeit bestimmte Vorgänge wahrzunehmen und
sich darauf zu beziehen (Ereignisrepräsentation)
• Verhalten ist „unreflektiert“, konkret und situationsgebunden
• Soziales Verhalten besteht aus direkten, kurzfristigen Reaktionen auf die
soziale Umwelt
• Leben ausschließlich in der Gegenwart
• Fehlen bewusster Handlungsmodelle + das Fehlen auf diese freiwillig und
intentional zurückzugreifen
• Zeichengebrauch (ASL bei Menschenaffen) ist großteils wahrnehmungs- und
situationsgebunden
• Können ihr Wissen nicht ausdrücken  „erfinden“ nicht von sich aus
Gestik/Mimik
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Was Affen können/nicht können (Donald 1991) (1)
• Sie können die perzeptuellen Komponenten einer Situation dekomponieren
und ein neues Arrangement der gleichen Komponenten imaginieren
• Köhlers Affen, Feldforschung Goodall und Whiten
• Die Bedeutung eines ASL-Zeichens für einen Affen ist schlicht die
episodische Repräsentation der Ereignisse, in denen es verstärkt wurde
• Symbole können als Substitute ihrer Referenten benutzt werden; aber es findet
keine symbolische Innovation statt
• Auch auf der elementarsten Verarbeitungsebene (Wahrnehmung) tendieren
neuronale Schaltkreise dazu ursprünglich gelernte perzeptuelle Kategorien
über neue Stimuli zu generalisieren auf der Basis von Ähnlichkeiten
• PDP (neuronale Netze)
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Was Affen können/nicht können (Donald 1991) (2)
• Die Wahrnehmung sozialer Ereignisse bildet den Kern der sozialen
Intelligenz von Affen
• Auch hier die Basis: Wahrnehmung komplexer Ereignisse und episodisches
Gedächtnis
• Schimpansen lernen eine große Anzahl distinkter dyadischer Relationen (im
Gegensatz zu Insektengesellschaften: Pheromone, automatische, stereotype
Reflexprinzipien: Stimmt so nicht mehr!!)
• Situationsanalyse und Recall aber keine Repräsentation einer Situation, um
darüber zu reflektieren (weder individuell noch kollektiv)
• Dagegen: „The cognitive evolution of human culture is, on one level, largely
the story of the development of various semantic representational systems“
(Merlin Donald, 1991, p.160)
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Was Affen können/nicht können (Donald 1991) (3)
• Einige Kapazitäten zur verzögerten sozialen Imitation (vgl. Piaget
etc.) / aber keine Kapazitäten zum pädagogischen Training der
Jungtiere
• Sprachtrainierte Affen
• Besitzen einen limitierten Satz von Worten, der auf einen Satz von
„Bedeutungen“ referiert
• Sie besitzen (nach aller Wahrscheinlichkeit) nicht die Fähigkeit ihren hart
erworbenen Wortschatz zu nutzen, um ein nützliches semantisches
Gedächtnissystem zu konstruieren
• Eine Protosprache (Entwicklung in der Hominidenlinie) ist was
anderes als Wortmarken
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Exkurs: Meilenstein in der Entwicklung sozialer
Kognitionen bei Kindern/Affen
ein wichtiger Meilenstein: Selbstrekognition (erkennt, dass es selbst
auch ein intentionaler Agent ist)
(vgl. Povinelli & Prince, 1998)
• Marktest (auch „Amsterdamtest“; Gallup)
• Vorher Vermeidung der eigenen Ansicht
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Gordon Gallup jr.
These:
Schimpansen und Orang-Utans, die ihr Spiegelbild erkennen, nehmen
sich bewusst wahr. Sie können sich darum auch das psychische
Befinden anderer Individuen erschließen.
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Marktest bei Kindern
Dem Erkennen im Spiegel liegt die folgende Repräsentation zugrunde:
Ich (AGENT) sehe mich (AGENT') so wie ich körperlich und in meinen
psychischen Zuständen bin
Gallup: wenn Kinder ihr Spiegelbild erkennen endet
kindliche Amnesie und das autobiographische Gedächtnis
beginnt
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Daniel Povinelli: Skepsis ist angebracht
• These: obwohl Schimpansen sich selbst im Spiegel erkennen, können
sie sich in psychische Zustände anderer nicht hineinversetzen. Sie
haben nicht einmal eine Vorstellung von ihrem eigenen mentalen
Zustand.
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Kinder?
• Zunächst nur kinästhetisches Selbstkonzept
• Reagieren erst mit 4 Jahren auf den zeitverzögerten Videofilm
• Jetzt erst entwickelt sich das autobiographische Gedächtnis
 Publikumsfrage: Wer erinnert sich an etwas vor seinem dritten
Lebensjahr?
Intentionsattribution als eigentliche differentia specifica
des Menschen im Vergleich zu allen anderen Lebewesen
(vgl. Tomasello, 1999, Tomasello & Call, 1997)
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Der erste Übergang (von der episodischen zu
mimetischen Repräsentation)
• Mimetische Fertigkeiten sind eine Extension der bewussten
Handlungskontrolle
• Ermöglicht werden: Symbolspiel, Körpersprache, präzise Imitation, Gesten
• Kontrolle des Emotionsausdrucks durch öffentliches Handeln und
öffentliche Gesten
• Teilen von Aufmerksamkeit und Wissen (durch Gesten, Körpersprache und
mimischen Nachvollzug)
• Voraussetzung für die spätere Evolution der Sprache
erste Stufe der kollektiven Kognition (Netzwerk von Brauch und
Konvention)
• Mimetische Repräsentationen sind eine tiefe Schicht aller modernen
Kulturen und bilden ein grundlegendes Medium menschlicher
Kommunikation
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Einzelne Bestimmungsstücke
• Mimetischer Nachvollzug: imaginativer Nachvollzug eines Ereignisses
• kognitive Handlungskontrolle auch bei „Emotionshandlungen“
• Ontogenetisch z.B. bei Frühem Symbolspiel von Kindern
• Präzise Imitation: Kopie einer zielgerichteten Handlung unter
Verstehen der Intention des Akteurs
• Fertigkeit: Verkettung mimetischer Akte unter eine (Ziel)Hierarchie
• Gestik: explizit kommunikativer intentionaler Akt
• Implizite Grammatik wie die ikonischen Grammatiken von Zeichensprachen
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Intentionalität der mimetischen Repräsentation
• Mimik ist intentional
• Ziel ist die Repräsentation eines Ereignisses
• Exkurs: Ontogenese der geteilten Aufmerksamkeit
 ein erster „Meilenstein“ mit 9 Monaten: „joint attention“ (Wahrnehmung anderer als
intentionale Agenten; vgl. Carpenter, Nagall & Tomasello, 1998)
• am Anfang: Blickwechsel zwischen dem Objekt und der Pflegeperson (joint
engagement)
• dann kommunikative Gesten (communicative gestures)
• imperative Gesten (fordern Objekt oder Verhalten)
• deklarative Gesten (fordern Aufmerksamkeit der Pflegeperson ein)
• Verstehen deiktischer Gesten der Pflegeperson auf Zielobjekte
• Verstehen ihrer Blickzuwendung auf Zielobjekte (attention following)
• Verhaltensnachahmung mit repräsentiertem Zielbezug (imitative learning)
• referentieller Sprachgebrauch, Kind bezeichnet Gegenstände oder Aktivitäten
(referential language)
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Kommunikativität der mimetischen Repräsentation
• Mimesis ist aus unterschiedlichem Nutzen reproduktiver
Erinnerungen, wie Werkzeugherstellung entstanden
• Mimetische Handlungen sind angeboren und besitzen
Kommunikationspotenzial
• Gesicht in der menschlichen Ausdrucksfähigkeit am meisten genutzt
• Gesichtsausdruck oft mit Vokalisation kombiniert
• Gesichtsausdruck ist Medium emotionaler Kommunikation und deutet
Ausdrücke von Gefühlen an
• Mimetische Handlungen können interpretiert werden
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Soziale Konsequenzen mimetischer
Repräsentationen
• Präsenz mimetischer Geschicklichkeit in einer Gruppe verändert
Handlungsmuster und macht kollektive Geschicklichkeit verfügbar
• Hinzufügen mimetischer Geschicklichkeit zu episodischer Kultur führt
zu kultureller Innovation und zu neuen Formen sozialer Kontrolle
• Mimetische Geschicklichkeit resultiert im Teilen von Wissen
• Mimetische Geschicklichkeit dehnt sich zu einem sozialen Phänomen
aus
•  rudimentäres kollektives konzeptionelles Modell der Gesellschaft
und erste soziale Strukturen
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Konformität und Koordination im kindlichen
Rollenspiel
• Mimetische Spiele bei Kindern führen einerseits zu Konformität und
andererseits zu repetitiven Mustern von Gruppenverhalten das
Ritualen ähnelt
• Spiele von Kindern sind hoch ritualisiert (z.B. Anführer und Mitläufer)
• Vielgestaltige Spiele von Kindern wachsen aus reziproken
mimetischen Interaktionen
• Soziale Rollen werden ausgespielt
• Regeln werden aufgestellt
• Hierarchien werden entwickelt
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Zusammenfassung:
Kennzeichen mimetischer Kultur
• Homo erectus und moderner Mensch behalten episodische Kultur der Primaten bei
• Mimesis ist näher an kognitiver Kultur von Affen als gesprochene oder
geschriebene Sprache
• größter Fortschritt in mimetischer Geschicklichkeit ist die Fähigkeit wahrnehmbare
Ereignisse in selbstinitiierte motorische Handlungen umzuwandeln
• Mimetische Kultur hatte pragmatischen Erfolg in Werkzeugherstellung und Koordination sozialer
Aktivitäten (Jagen, Gebrauch von Feuer,...)
• Mimetische Geschicklichkeit stellt ein neues Niveau kultureller Entwicklung dar
• Erste Form intentionaler Kommunikation
• Mimesis kann klar von Mustern des Zeichengebrauchs (externe Repräsentationen),
von denen moderne menschliche Kulturen abhängig sind, getrennt werden
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Die zweite Transition (von der mimetischen zur
mythischen Repräsentation)
• Die spiralenförmige Ko-Evolution von Denken und
Symbolen
• Phylogenetische Spracherwerb outside  in
• fuzzy thoughts  symbols  fuzzy thougths  symbols 
more precise thougths
• Geschichtenerzählen
• sozialer Nutzen von Sprache
• Mythen
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Bestimmungsstücke des zweiten Übergangs
• Vergrößerung des Gehirns, Lage des Kehlkopfes  Verfeinerung des
Stimmapparates
• große kognitive Veränderung
• speech / language
• Lexical invention  Herausbildung von Wörtern
• „Phonologische Evolution“  Laute, Stimmlage, Betonung
• Grammatik
• Soziokulturelle „Produkte“
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Bestimmungsstücke mythischer Kultur
•
•
•
Erfinden von Mythen  Konstruktion von erdachten „Modellen“ des
menschlichen Universums (Schöpfung, Tod, etc.)
Mythos = prototypisches, fundamentales, integratives
„Gedächtniswerkzeug“  um bestimmte Ereignisse in ein raumzeitliches und kausales Muster zu integrieren
Es beginnt die historische Rekonstruktion von Vergangenheit
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• Erfinden von Symbolen  „mind-tools“
• Symbole erleichtern kognitive Operation
• Symbole für mentale Modelle
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Die dritte Transition (von der mythischen zur
theoretischen Repräsentation)
• Auftreten externer Speicher / symbolischer Artefakte
• Kognitive Neuerungen
• Visuographische Erfindungen
• Externes Gedächtnis
• Theoretisches Denken
• Externes Gedächtnis  kollektives Gedächtnis
• Erhöhung der Plastizität der kognitiven Struktur
• Funktion des individuellen biologischen Gedächtnisses verändert sich
Voraussetzungen von Schriftfähigkeit werden geschaffen
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Kognitive Neuerungen der theoretischen Kultur
• 1. Visuographic Invention
 mehrere Stadien durchlaufen und gipfeln in Zeichensystemen
(Schrift, Bild, etc.)  visuelle Symbole  from auditory to visual
representation
• 2. External Memory
 Gedächtnis wird aus Körper „ausgelagert“  from internal to
external storage
• 3. Theoretic Thought
 neue Arten von „Denkprodukten“  narrativ thought  analytical
thought (= Theoriebildung höchstes Ziel)
• Vgl. Bruner (narrativer und paradigmatischer Denkmo
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• External Memory  kollektive Speicher
• Externes Gedächtnis (exogram) schafft neuen Speicher  Grenzen des
biologischen Gedächtnis (engram) werden überschritten
• Mimetische Fähigkeiten ermöglichten den frühen Menschen eine
geteilte repräsentative Kultur  aber: der tatsächliche physikalische
Speicher für kollektives Wissen ist abhängig von den individuellen
Gedächtnissen
• Mythische Kultur:
Gesehenes/Gehörtes wird durch Sprache „erinnert“ (orale Kulturen
 Schamanen, Rituale, etc.)
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„Literacy Skills“
3 visuelle, symbolische „Pfade“
1. Pictorial  um Zeichensymbole zu interpretieren
(Piktogramme, etc.)
2. Phonological  Sprachsystem (Alphabet)
3. Ideographic  „dazwischen“ (chinesische Schriftzeichen)
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Konsequenzen für das kognitive System des
modernen Menschen
• Veränderung der kognitiven Struktur  Plastizität
• Veränderte Rolle des biologischen Gedächtnisses
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Beispiel der Nutzung eines externen Repräsentationssystems für die Lösung eines Syllogismus
Prämisse 1: Kein Gärtner (G) ist Medienwissenschaftler (M)
Prämisse 2: Einige Medienwissenschaftler (M) sind
Darwinisten (D)
Medienpädagogische
Konsequenz:
Keep it simple
stupid!
Nicht
jeder mögliche
Medieneinsatz
ist sinnvoll
Conclusio: Einige Darwinisten sind keine
Gärtner
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Medium „Film“: Simulationsansätze vs.
Repräsentationsansätze
• Simulationsansatz von Grodal
(2001; 1997)
• Zuschauer: Simulation
emotionaler Dimensionen der
Figuren
 Voraussetzung für die
Filmerfahrung
 Voraussetzung für den
kognitiven Verstehens-prozess
(tiefes Verstehen)
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• Repräsentationsansatz des
Filmverstehens (Ohler, 1994;
2002)
• Zuschauer: Kognitive
Informationsverarbeitung
analog wie bei schriftlichen
Narrationen; baut ein Situationsmodell der narrativen Welt
auf
 u. U. spielen dabei auch die
Emotionen der Figuren eine
Rolle
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Repräsentation vs. Simulation
• Ausgangspunkt: Filmerfahrung ist wie Alltagserfahrung
• Wir sind keine distanzierten Beobachter
• Filmbetrachter simuliert emotionale Dimensionen von
Protagonisten
• Simulation von Emotionen geschieht im Zuge einer immersiven
Erfahrung
“To understand a situation in depth is to simulate this situation
with eyes, bowels, heart, cognition and muscles“
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Vom Nutzen philosophischer Theorierahmen
Simulation
Repräsentation
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Ein Entscheidungsexperiment wird machbar
• Entdeckung der Spiegelneuronen durch Gallese & Rizzolatti (dtspr.
Protagonist: Karl Grammer)
• Spiegelneuronen feuern bei beobachteter Bewegung
• Es gibt eine hartverdrahtete Basis für die automatische
innere Simulation beobachteter Menschen aber auch
externer Repräsentationen von Protagonisten, Opponenten
etc.
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Bildgebende Verfahren
• Methoden der kognitiven Neurowissenschaft
(ereigniskorrelierte Potentiale [EKP, ERP], PositronEmissions-Tomographie [PET], funktionale magnetische
Resonanz-Tomographie [fmRI])
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Zurück zur mimetischen Repräsentation?
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Merkmale externer Repräsentationssysteme:
Unterschiedliche Zeichensysteme
abstrakt
Schrift
Diagramm
Gemälde
Photographie
Fernsehen
Kino (3. Reihe)
Immersive VR
Theoretische
Kultur
Mythische
Kultur
Mimetische
Kultur
wahrnehmungsnah
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Literatur:
Donald, M. (2002). A mind so rare: The evolution of
Human consciousness. New York: Norton & Company.
Donald, M. (1991). Origins of the modern mind. Three
stages in the evolution of culture and cognition.
Cambridge, Ma: Harvard University Press.
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