Programmzeitung vom Oktober 2015

Zwischen Melancholie und Schalk
dagm a r bru n n e r
Königliche Diven
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Les Reines Prochaines in concert.
Das A-cappella-Quartett Cantuccini beglückt mit Qualität und Vielfalt.
Sie heissen wie ein toskanisches Mandelgebäck und sind wie dieses ein
Genuss, allerdings für die Ohren: das Vokalensemble Cantuccini. Dessen
Mitglieder leben in Basel und treten seit 2009 landesweit an privaten und
öffentlichen Feiern auf, mindestens zweimal pro Monat sind sie unterwegs
und singen ein breites Repertoire: von Volksliedern aus der Schweiz und
aller Welt über Madrigale bis zu Vocal Jazz und Barbershop-Melodien, aber
auch vor Popsongs und Schlagern haben sie keine Berührungsängste. Das
A-cappella-Quartett – heute bestehend aus Nora Roth (Sopran), Cordula
Lötscher (Alt), Res Würmli (Tenor) und Philippe Rayot (Bass) – hat sich
in einem Jugendchor der Musik-Akademie Basel unter der Leitung von
Susanne Würmli-Kollhopp kennengelernt, einer engagierten Chorleiterin,
die 2010 mit dem Basler Kulturpreis ausgezeichnet wurde. Von ihr und dem
Profi-Sänger Philippe Rayot stammen auch die meisten Arrangements der
Cantuccini.
Neben seinen Festauftritten pflegt das Ensemble eine eigenständige Konzerttätigkeit mit musikalischen und szenischen Programmen und konzertiert zudem mit verschiedenen Chören aus der Nordwestschweiz. 2014
konnten die Cantuccini am Festival ‹KlangBasel› mitwirken, und auf Tour
mit ihrer aktuellen Eigenproduktion ‹Gleis 2 – Wege zum Glück› begeisterten sie Publikum und Presse.
Gesang als Brückenbauer. Die einzigen Instrumente der Cantuccini sind
ihre wohlgebildeten Stimmen, die sie mit Mimik, Gestik und gelegentlich
mit Worten ergänzen. Dabei ist ihr Vortrag nie übertrieben, sondern frisch
und unprätentiös, schwungvoll, warmherzig und präzis. ‹Bella Ciao› aus
diesen Kehlen ist kein Gassenhauer, ‹Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines
bisschen Glück› keine Schnulze, Ohrwürmer von Mendelssohn, Gershwin,
Elvis oder den Beatles klingen nie abgestanden, Volkslieder nicht heimattümelnd; vielmehr werden ihre Qualitäten hörbar.
«Wir möchten die Menschen berühren, Emotionen und Erinnerungen wecken
oder einfach Freude bereiten am Singen, am Leben», sagt Sopranistin Nora
Roth, die auch das Programm im Kulturraum H95 mitgestaltet und seit kurzem die Leitung dieses Betriebs übernommen hat. Sie mag es, dass Gesang
Stile, Generationen, Länder und Kulturen übergreifend funktioniert und
verbindet. Ihre Begeisterung wirkt ansteckend, und man lässt sich gerne
entführen in diese Klangwelt zwischen Melancholie und Schalk.
Cantuccini in
‹Gleis 2›, Foto:
Adriano Biondo
Einen eigenwilligen, lüpfigen Sound zwischen
Zirkus-, Pop- und Volksmusik kreieren die unbestrittenen Basler Königinnen des ‹professionellen Dilettantismus›, Les Reines Prochaines. Aus
Alltag, Mythen und Kindheit schöpft das Quartett
(Michèle Fuchs, Muda Mathis, Fränzi Madörin
und Sus Zwick) Ideen für Texte, Musik und Performances, die sie auf Bild- und Tonträgern festhalten und in Konzerten präsentieren. Ihre im
Kollektiv entwickelten Kompositionen sind gemäss Selbstdeklaration ‹luxuriös einfach› und ‹bekömmlich›, mit Gesang und vielen, z.T. schlichten Instrumenten, ihre Outfits auffällig, ihre Songs
poetisch-politisch, ihre Auftritte von spielerischer, subversiver Kraft. Nun stellen die ‹widerspenstigen Weiber› ihr neues Programm ‹Fremde
Torten im falschen Paradies› vor, in dem sie «mit
kreativer Unklarheit Wege suchen, wie sie sich
vom Überfluss befreien können».
Les Reines Prochaines: Fr 30.10., 20.30, Palazzo,
S. 54; Sa 31.10., Platanenhof, Basel; Do 3.12.,
Liestal u Kaserne Basel, www.reinesprochaines.ch
Ausserdem: Nachwuchsförderprojekt ‹Helvetiarockt›
für junge Frauen von 15–25 Jahren mit
‹Female Bandworkshop› in Basel: ab Oktober,
Infos: www.helvetiarockt.ch
Les Reines
Prochaines,
‹Fremde Torten
im falschen
Paradies›
Vokalensemble Cantuccini singt ‹Märchenhaftes›: Sa 24.10., 20.30, Kulturscheune, Liestal u S. 41
und So 25.10., 17 h, H95, Horburgstr. 95, Basel, www.cantuccini.ch
Oktober 2015 |
ProgrammZeitung | 13