PS: Europäische Trobadordichtung Dozenten: PD Dr. Kai Nonnenmacher/Jordi Balada Referent: Benedikt Eibl Mittwoch, 09.12.2015 Sozial- und Kulturgeschichte der Trobadorlyrik Gesellschaft im Mittelalter – Vernetzung/Verbreitung der Trobadorlyrik 1. Ständegesellschaft im Mittelalter Labours de clerc est Dieu priier Et justiche de chevalier; Pain lor truevent li laborier. Chil paist, chil prie, et chil deffent. Au champ, a le vile, au moustier S’entreaident de lor mestier chil troi par bel ordenement Seit Anfang des 11. Jh. ständische Dreigliederung : _____________, ____________, __________ Keine Veränderung bis zur Französischen Revolution Große Unterschiede sowie strenge Regeln innerhalb der Stände7 2. Soziales und Kulturelles Milieu der Trobadors Zuerst nur Dichter aus dem ersten Stand z.B. Herzog Wilhelm von Aquitanien der als erster Trobador der Geschichte gilt Viele Dichter aus dem höheren und niederen Spielarten des Rittertums, aber nach und nach auch Kleriker Seit dem 13. Jahrhundert immer mehr Mitglieder des dritten Standes In ihrer Eigenschaft als Dichter sprechen die Trobadors sich dabei untereinander als Gleiche an, ohne besondere Rücksicht auf Unterschiede des sozialen Standes 3. Der Ritter als Ideal der höfischen Gesellschaft Mitglieder des dritten Standes konnten durch den Ritterschlag in den ersten Stand erhoben werden Idealisierung des Rittertums in der Literatur. Der Ritter, eigentlich nur ein Teil, wird zum Allgemeinen der feudalen Gesellschaftsordnung, der die Gesamtheit PS: Europäische Trobadordichtung Dozenten: PD Dr. Kai Nonnenmacher/Jordi Balada Referent: Benedikt Eibl Mittwoch, 09.12.2015 ihrer Werte verkörpert. Diese Werte, die sich in den Helden- und Ritterepen sowie der Lieddichtung finden lassen, umfassten dabei: Edler Stand, Ehre, Treue, Demut, Dienstbereitschaft, Zucht […] Ritterliche Tugenden bestanden aus persönlichen wie sozialen Normen, die das Ansehen des Rittertums (Adels) erhalten und begründen, aber vor allem auch die Ordnung der sozialen Beziehungen In den Heldenliedern (chanson de geste) wurde der Ritter als siegreicher, tapferer teils auch blutrünstiger Mann besungen; dieses Bild ändert sich in der ritterlichen Lyrik, in dieser sie eine höherstehende Dame besagen In der anfänglichen höfischen Dichtung, sollten die gesitteten Umgangsformen eingehalten werden (gesittetes Verhalten) 4. Die Kreuzzüge als interkultureller Ort der Begegnung Kreuzzüge umspannen die wesentliche Entstehungszeit der europäischen Liebeslyrik Am Ende des 1. Kreuzzuges (1096-1099) existierte die Trobadorlyrik bereits, aber Wilhelm von Aquitanien verblieb in Antiochia und schrieb dort weitere Lieder und dort fanden die ersten orientalischen Einflüsse in die Lyrik Kreuzzüge boten generell die Möglichkeit für einen regen Austausch unter okzitanischen, französischen und deutschsprachigen Sänger, Musiker und Spielleuten, die auf den einzelnen Etappen zur Unterhaltung beitrugen Auf dem zweiten Kreuzzug (1145/46) sind die Bedingungen für einen solchen interkulturellen Austausch ausgesprochen günstig, versammelte er doch nahezu den gesamten europäischen Hochadel inklusive Hofdichter und Musikanten Der dritte Kreuzzug markiert die Entstehung der ersten Lieder der Trouvères Themen und Inhalte der Trobadordichtung gelangten somit auch in die Stoffkreise der Deutschen Minnesänger 5. Der Hof der Grafen der Champagne Marie de Champagne sowie ihr Mann Henri spielten bei Verbreitung der Trobadorlyrik und der Herausbildung ihres nordfranzösischen Pendants, der Trouvèrelyrik eine große Rolle Berühmte Mutter Eleonore von Aquitanien PS: Europäische Trobadordichtung Dozenten: PD Dr. Kai Nonnenmacher/Jordi Balada Referent: Benedikt Eibl Mittwoch, 09.12.2015 Der Erste Dichter der die Trobadors imitierte war Chrétien des Troyes, der später am Hof der Grafen der Champagne lebte Eine zentrale Rolle Spielte der Halbbruder von Marie Richard Löwenherz Richard Löwenherz wird aufgrund seines aquitanischen und französischen Erbes sowie durch seine Gefangenschaft in Deutschland zum Mittler zwischen den Kulturen: der Trobadors, der Trouvèrelyrik und dem Minnesang Richard Löwenherz gehört zu den seltenen Zweisprachigen Dichtern: So ist „Ja nuls hom pres non dira sa razon“ im Jahre 1193 während seiner Gefangenschaft in Deutschland in einer französischen und okzitanischen Fassung überliefert Die Verbreitung der Trobadorlyrik, scheint also eine Art Familienangelegenheit zwischen Wilhelm von Aquitanien, seiner Enkelin Eleonore und deren Kindern, besonders Maries de Champagne und Richard Löwenherz zu sein: Ihre Höfe bilden als miteinander verknüpfte literarische Zentren ein trobadoreskes Netzwerk mit Einfluss auf die Entstehung der Trouvère-Lyrik. 6. Hör-/ und Textbeispiel „Ja nuls hom pres non dira sa razon“ von Richard Löwenherz Ja nus hons pris ne dira sa reson Adroitement, s'ensi com dolans non; Mes par confort puet il fere chançon. Moult ai d'amis, mes povre sont li don; Honte en avront, se por ma reançon Sui ces deus yvers pris. Ce sevent bien mi honme et mi baron, Englois, Normant, Poitevin et Gascon, Que je n'avoie si povre conpaignon, Cui je laissasse por avoir en prixon. Je nel di pas por nule retraçon Mes encor sui ge pris […] Borst, Arno (Hrsg.), Das Rittertum im Mittelalter, Darmstadt 1998. Hausmann, Frank-Rutger, Französisches Mittelalter, Stuttgart 1996. Köhler, Erich, Ideal und Wirklichkeit in der höfischen Epik, Tübingen 2002. Zeus, Marlis, Provence und Okzitanien im Mittelalter, Ein historischer Streifzug, München 2005.
© Copyright 2024 ExpyDoc