Segregative und integrative Versorgung von Patienten mit Demenz am Robert-Bosch-Krankenhaus: Gegensatz oder Ergänzung? Marita Schmidt, M.A. Dr. Kerstin Bühl Dr. Petra Koczy Pflegesymposium am RBK, 26.06.2015 Inhalt Die Kognitive Geriatrie - der segregative Ansatz am RBK Marita Schmidt DiADem - der integrative Ansatz am RBK Die Identifizierung der kognitiv eingeschränkten Patienten im Notaufnahmezentrum, NAZ Kerstin Bühl Bedarfserhebung auf den Akutstationen Petra Koczy Die Kognitive Geriatrie – der segregative Ansatz am RBK Marita Schmidt Ausgangssituation Zunahme von geriatrischen Patienten mit kognitiven Einschränkungen Erarbeiten einer Konzeption für ein demenzsensibles Krankenhaus der Zentralund Maximalversorgung 1. Schritt: Eröffnung der Kognitiven Geriatrie am 15.08.2013 Integration von 10 Betten für geriatrische Patienten die zusätzlich zu einer akutinternistischen Erkrankung kognitive Einschränkungen zeigen, auf einer allgemein internistischen/ nephrologischen Station. Die meisten Patienten werden über die Notaufnahme/ Aufnahmestation in die Kognitive Geriatrie aufgenommen. Direkte Zuweisung von extern oder Übernahme von anderen Stationen ist möglich. Räumliche Ausstattung • Zimmer mit maximal 2 Betten (Unruhe vermeiden…) • Gemeinschaftsraum (gemeinsame Mahlzeiten, Gruppenaktivitäten, Rückzugsmöglichkeit) • Orientierungshilfen (Whiteboards, Uhren, Kalender, Tagespläne, Fotos…) • Elemente, die wahrgenommen werden sollen, sind auffällig gestaltet. • Elemente, die nicht genutzt werden sollen, sind so gestaltet, dass sie schwer zu erkennen sind. • „Verletzungsprophylaxe“ über geeignete Hilfsmittel Personelle Ausstattung Interdisziplinäres Team: Ärztlicher Bereich Pflege Betreuungsassistenz Therapie (Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie) Psychologie, Patientenkoordination, Seelsorge, Grüne Damen/Herren Geriatrische (frührehabilitative) Komplexbehandlung OPS 8-550 Ziele beschützende Umgebung für den Patienten Angehörigenintegration in die Betreuung und Versorgung Angehörige als Experten wahrnehmen Bewältigungsstrategien und alternative Handlungsansätze durch regelmäßige Besprechungen fördern (Visiten, interdisziplinäre Teambesprechungen) Wo liegen kognitiv eingeschränkte Patienten, die nicht auf die Station „Kognitive Geriatrie“ aufgenommen werden? Welchen Bedarf haben andere Stationen im Umgang mit kognitiv eingeschränkten Patienten? Die Entwicklung einer Konzeption im Akutkrankenhaus für Menschen mit Demenz (DiADem) Gefördert von der Robert Bosch Stiftung Projektlaufzeit September 2013 – August 2016 DiADem Die Identifizierung der kognitiv eingeschränkten Patienten im Notaufnahmezentrum, NAZ (Kerstin Bühl) Bedarfserhebung auf den Akutstationen (Petra Koczy) Identifizierung in der Notaufnahme „Der akute kognitive Status ist ein Vitalparameter“ (Dr. S. Gurlit, Münster) Screening von Patienten 65 Jahre oder älter in der Notaufnahme mit Fragen nach: . dem Alter, . der aktuellen Jahreszahl, . dem aktuellen Aufenthaltsort, . dem Geburtsdatum (AMTS4, Swain & Nightingale, 1997) Situation im NAZ Implementierung des Screenings: Gesundheits- und Krankenpflegerin (M.Sc. Demenzstudien) (50%, halbes Jahr) – Erhebung von Basisdaten: Aufnahmen im NAZ Januar bis März 2015: Januar – März 8461 Patienten (nicht erfasst: 129 Patienten) 3373 (39 %) ≥ 65 Jahre 5217 (61 %) ≤ 64 Jahre Von den 3.373 Patienten ≥ 65 Jahre wurden 60% (>2.000 Patienten) stationär aufgenommen. Identifizierung von Patienten mit kognitiver Einschränkung - 628 Patienten älter oder gleich 65 Jahre wurden gescreent. (Januar bis März 2015, 36 Erhebungstage, Mo-Fr jeweils 4 Stunden) - Davon wurden über den AMTS-4 107 geriatrische Patienten als kognitiv eingeschränkt identifiziert (von den 521 waren 301 nicht geriatrisch, bei 177 Patienten war der AMTS-4 negativ und bei 41 kein Screening durchführbar – 2 fehlen!). - Davon wurden 65 Patienten stationär aufgenommen. Ca. 10% der über 65jährigen geriatrischen Patienten die über die Notaufnahme stationär aufgenommen werden, zeigen Symptome einer kognitiven Einschränkung. Hochgerechnet auf die gesamte Anzahl der stationär aufgenommenen Patienten: Von Januar bis März 2015 wurden etwa 200 geriatrische Patienten mit kognitiven Einschränkungen über die Notaufnahme im RBK aufgenommen. Stationäre Aufnahme der Patienten aus dem NAZ Von den 65 Patienten wurden 17 auf die „Aufnahmestation“ aufgenommen, 2 von dort wieder entlassen. Die 48 direkt aus der Notaufnahme und 15 von der Aufnahmestation verlegten Patienten verteilen sich wie folgt auf die Stationen: Stationäre Aufnahme der Patienten aus dem NAZ Die meisten identifizierten Patienten (16 von 65) wurden von dem NAZ auf der 2F (internistische Station mit Abteilung für Kognitive Geriatrie) aufgenommen. Aber: nur 1/3 davon tatsächlich auf die Kognitive Geriatrie. Die „anderen“ Patienten (47) verteilen sich relativ „gleichmäßig“ auf die „anderen“ Stationen. Aktueller Stand: Der AMTS-4 ist kurz, schnell und intuitiv anwendbar. Er wird seit Juni 2015 bei allen Patienten ≥ 65 Jahre durchgeführt. Die Information darüber, dass ein Patient kognitiv auffällig ist, wird an die nachfolgenden Stationen weitergeleitet. Ziel ist es, die Aufnahme der Patienten aus dem NAZ besser zu steuern. DiADem Bedarfserhebung auf den Akutstationen (Petra Koczy) Mitarbeiterbefragung Stationsleitungen u./o. Stellvertretungen aller Stationen des RBK wurden befragt. Rücklauf 27 von 40 Fragebögen (67,5%) Befragung angelehnt an das Pflege-Thermometer 2014 (Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) zur Situation der Pflege von Menschen mit Demenz im Krankenhaus Fragebogen Mitarbeiterbefragung Neben der Einschätzung der spezifischen Situation am RBK, Vergleichbarkeit mit bundesdeutschen Krankenhäusern. Die Befragten Leitungsmitarbeitern und -innen waren zu 57% in der direkten Patientenversorgung tätig. Über alle Fragebögen schätzen die Mitarbeiter, dass innerhalb der letzten Woche 301 Patienten mit Symptomen einer Demenz auf den Stationen waren. Belastung Im Durchschnitt beurteilen die MitarbeiterInnen am RBK die Bedeutsamkeit des Themas „Menschen mit Demenz“ auf einer Skale von 1 bis 10 mit >7 ein. n=27 Vorkommnisse 93-96% der Befragten geben an, dass die Versorgung von Menschen mit Demenz nachts nicht ausreichend gesichert ist. n=27 Bedarfe n=27 Erkenntnisse Die Bedeutsamkeit des Themas wird als hoch eingestuft. Die Beobachtung und Betreuung vor allem nachts ist eines der häufigsten Probleme. Das Monitoring der Medikamentengabe wird als wichtig eingeschätzt. Die Lösungsvorschläge beziehen sich vorwiegend auf: Schulung der Mitarbeiter Einsatz von „Demenzbegleitern“ Umgebungs- und räumliche Faktoren Segregation und Integration Segregation beschützende Umgebung für den Patienten. Überschaubare Behandlungseinheit um Maßnahmen umzusetzen evtl. stigmatisierend komplexe Steuerung (Patienten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen, „Versorgungsfragen“, Memory Klinik) Limitation bei bestimmten Krankheitsbilder und Monitoring Bedarf steigt an Integration Alle wissen mit den Herausforderungen umzugehen Wird den medizinischen Bedarfen und denen der Demenzerkrankung gerecht Ist der Bedarf einer demenzsensiblen Umgebung im ganzen Haus abzudecken? Wie gehen Patienten mit unauffälliger Kognition damit um? Ein demenzsensibles Krankenhaus benötigt segregative und integrative Versorgungsstrukturen. Wir wünschen uns einen spannenden Tag mit vielen neuen Impulsen und Anregungen. Marita Schmidt, M.A. Dr. Kerstin Bühl Dr. Petra Koczy Pflegesymposium am RBK, 26.06.2015
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