Details zum Rolls-Royce Phantom I

Rolls-Royce Phantom I
Wie sein Vorgänger Silver Ghost wurde der Phantom I sowohl in Großbritannien als auch in
den USA gebaut, wobei das US-Modell ein Jahr später vorgestellt und zwei Jahre länger
produziert wurde.
Eine wichtige Verbesserung gegenüber dem Silver Ghost war der neue Reihensechszylindermotor
mit hängenden Ventilen. Die mit dem Kurbelgehäuse verschraubten Zylinder (Bohrung x Hub =
107,9 mm x 139,7 mm) waren als zwei Dreizylinder-Blöcke gegossen und hatten einen
gemeinsamen abnehmbaren Zylinderkopf, bis 1928 aus Grauguss, dann aus Aluminium.
Der langhubige Motor hat einen Hubraum von 7668 cm³ und ist mit ca. 110 PS bei 2750
U/min leistungsfähig genug, um den schweren Wagen angemessen zu bewegen. Der Wagen
erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 120 km/h.
Die britische Version war mit einem Vierganggetriebe ausgestattet, während die US-Modelle nur
drei Gänge hatten. Die Kraft wird über zwei Kardan und eine in einem Rohr laufende Welle auf
die Hinterachse übertragen.
Die Vorderachse ist an halbelliptischen Blattfedern aufgehängt, die Hinterachse an
Auslegerfedern. An allen vier Rädern wurden servounterstützte Trommelbremsen eingebaut außer
bei frühen in den USA gefertigten Fahrzeugen, die ohne Vorderradbremsen geliefert wurden.
US- und britische Versionen unterschieden sich im Radstand – beide gab es mit 3645 mm, aber
bei der britischen Version betrug der lange Radstand 3823 mm, während beim US-Modell nur
3721 mm realisiert wurden. Die britischen Ausführungen wurden in der Rolls-Royce-Fabrik
in Derby gebaut, die US-Ausführungen entstanden in Springfield (Massachusetts).
Nur Fahrwerk und Mechanik wurden von Rolls-Royce hergestellt. Die Karosserien wurden auf
Kundenwunsch von einem Stellmacher aufgebaut.
Einige der bekanntesten Karosseriebauer für Rolls-Royce-Automobile waren
Ward, Thrupp & Maberly, Mulliner und Hooper.
Park
Die US-Versionen kamen in der Mehrzahl von Brewster in New York.
In Großbritannien wurden bis 1929 insgesamt 2269 Exemplare gefertigt. In den USA entstanden
1243 Stück zwischen 1926 und 1931. Nachfolger war der Phantom II.
Hersteller
Rolls-Royce, Werk Derby
Aufbau-Art
Sedanca de Ville
Aufbau Hersteller
Thrupp & Maberly (London)
Material Karrosserie
Aluminiumblech auf Eschen- und Eichenholz
Gewicht
2.480 kg
Baujahr
1927
Länge
5,38 m
Radstand
Lang-Chassis mit 3.823mm Radstand
Hubraum
7.668 cm³
Motor
Reihen-6-Zylinder, kopfgesteuert, ca. 110 PS
Bohrung / Hub
107,9 mm x 139,7 mm, Verdichtung 4,2 : 1
Verbrauch
zwischen 30 – 65 Liter / 100 km, Tankinhalt 100 Liter, Tankanzeige,
Getriebe
4-Gang H-Schaltung mit Rückwärtsgang, unsynchronisiert,
Starter
elektrischer Anlasser über zwei Getriebe, Handkurbel
Besonderheit:
Bei
ordnungsgemäß eingestellter Zündung kann der Phantom I ohne Anlasser oder
Handkurbel gestartet werden! Lediglich der Zündverstellhebel am Lenkrad wird
schnell von Früh- auf Spätzündung gezogen, hierbei zündet immer ein Zylinder durch
den Zündmagneten, der Wagen springt ohne Hilfe an!
Benzinversorgung
Der Phantom I hat keine elektrische oder mechanische Benzinpumpe, sie könnte
ausfallen. Hierzu verwendete man das Autovac-System welches in der Spritzwand im
Motorraum sitzt. Sobald der Anlasser betätigt wird saugt der am Ansaugkrümmer
entstehende Unterdruck einen im Autovac sitzenden Kolben nach oben, auf der
Unterseite zieht dieser mittels Vakuum Benzin aus dem Tank. Ist der Kolben oben
angekommen wird die Unterdruckleitung vom Motor abgekoppelt, der
Unterdruckraum belüftet und der Sprit läuft durch Schwerkraft in einen darunter
liegenden Zwischentank, der direkt mit dem Vergaser verbunden ist. Dieser Vorgang
wiederholt sich fortwährend so lange der Motor läuft. Daher braucht bei
leergefahrenem Tank nichts entlüftet werden, der Unterdruck stellt neuen Sprit in
Sekunden zur Verfügung.
Zündung
Doppelzündung
Zündkerze 1 : Magnetzünder, Zündkerze 2: Batteriezündung
Zündverstellung
bis ca. 70% Frühzündung manuell über Hebel am Lenkrad,
ab 70% – 100% vollautomatisch über hydraulische Zündverstellung
Bremse
Vierrad-Trommelbremse mit mechanischer Servounterstützung
Vorderrad: zwei Bremsbacken pro Rad
Hinterrad: vier gleichgroße Bremsbacken pro Rad, davon zwei über Betriebsbremse
zusammen mit Vorderräder, die anderen beiden über den Handbremshebel als
zusätzliche vollwertige Betriebsbremse
Servo-Bremse:
Beim Treten des Bremspedals wird eine Kupplung am sich drehenden Getriebe
eingerückt. Die Mitnehmerscheibe dreht sich und zieht an zwei Hebeln, einer für die
Vorderradbremsen, einer für die Hinterradbremsen. Diese Kraft wird auf jeweils ein
in der Verteilerwelle für die linke und rechte Seite sitzendes Differentialgetriebe
gegeben, so wird die Bremskraft gleichmäßig auf alle vier Räder verteilt. Das sonst
übliche Einstellen der Synchronität von Trommelbremsen entfällt bei Rolls-Royce.
Governor
Der Wagen besitzt eine Drehzahlregulierung die vom Lenkrad aus bedient wird und
als Tempomat benutzt werden kann. Hierzu wählt man am Lenkrad eine Drehzahl die
der Motor selbsttätig hält. Ähnlich wie ein „Kugel-Regulator“, der bei
Dampfmaschinen genau die Drehzahl hält, gibt der Rolls-Royce-Motor selbsttätig Gas
oder nimmt es bei zu hoher Drehzahl weg.
Schmierung
Der Wagen besitzt eine Zahnradölpumpe in der aus Alu gegossenen Ölwanne. Über
einen abnehmbaren Deckel kommt man von unten an die Pumpe. Das Öl
durchströmt zuerst einen dreifachen Druckminderer, aus dem das Öl mit drei
verschiedenen Öldrücken an die entsprechenden Schmierstellen weitergeleitet wird.
Die mit einer durchgehenden Ölbohrung versehene einteilige Kurbelwelle aus
Chromnickelstahl ist siebenmal gelagert. Alle Lager, auch die hohlgebohrten Pleuel,
werden durch die Kurbelwelle mit Drucköl versorgt. Eine weitere Ölversorgung hat
die hohlgebohrte Kipphebelwelle im Kopf, dort werden alle Kipphebel von innen mit
Öl versorgt. Die dritte Druckölversorgung versorgt jedes Zahnrad im Motor mit einer
eigenen Ölleitung.
Kupplung
Der Wagen verfügt über eine Einscheiben-Trockenkupplung, direkt am hinteren Ende
des Motorgehäuses in der zerlegbaren Kupplungsglocke. Besonderheit: Die
Kupplungsscheibe hat einen so großen Durchmesser und soviel Schwung dass sie
beim Treten der Kupplung mit hoher Drehzahl weiterrotiert, ein Gangwechsel wäre
nur mit Krachen möglich. Daher verfügt der Wagen über eine Kupplungsbremse.
Wird die Kupplung getreten drückt eine im hinteren Ende der Kurbelwelle sitzende
Feder die Reibscheibe gegen einen Bremsbelag, die Scheibe wird langsam gebremst.
Die Kunst des Fahrers liegt nun darin genau die richtige Drehzahl zum Gangwechsel
zu treffen. Ist die Kupplung noch zu schnell kracht es, ist sie bereits zu langsam,
ebenfalls. Rolls Royce gab ca. 3,5 sek. Wartezeit vor, beim Hochschalten, wie auch
beim Runterschalten. Um das geräuschlose Fahren mit einem Rolls-Royce Phantom I
darzustellen riet Rolls-Royce zum Fahrerlehrgang in der werkseigenen Fahrschule.
Stoßdämpfer
Der Wagen verfügt über hydraulische Stoßdämpfer.
Übertragungselemente
Bis auf die vier Bremsseile gibt es keine Drahtseile oder Bowdenzüge. Sämtliche
Einstellungen oder Fahrbefehle werden über Gestänge mit Kugelköpfen übertragen,
aus der Lenksäule heraus z.T. um den Motor herum zum Vergaser, bis heute
spielfrei!
Vergaser
Der Phantom I hat zwei Vergaser, einen Hauptvergaser und einen Startvergaser (sehr
kleines Bauteil, sitzt über dem normalen Vergaser). Zum Starten wird der
Hauptvergaser geschlossen und der Startvergaser voll geöffnet, der Wagen springt
sofort an. Nach ca. 30 Sek. Wird der Startvergaser langsam geschlossen und der
Hauptvergaser über den Governor langsam geöffnet.
Gemischregulierung
Der kleine Hebel auf dem Lenkrad oben ist für die Gemischanreicherung. Wenn der
Motor kalt ist oder an langen Steigungen gefahren wird reichert man das Gemisch
an.
Innenausstattung
Der Chauffeur saß auf „billigem“ Leder, die Herrschaften auf teurem Textilgestühl.
Hier wurde der Bezug „West of England-Cloth“ verwendet.
Sitze
Neben den beiden Sitzen auf der Rückbank befinden sich zwei weitere Klappsitze in
der Trennwand zwischen Chauffeur und Fahrgast.
Bar
Das Barfach mit Karaffe und vier Gläsern befindet sich zwischen den beiden
Klappsitzen in der Trennwand zwischen Chauffeur und Fahrgästen.
Dach
Das Dach des Fahrgastraums ist mit Leder bezogen. Für den Chauffeur kann ebenfalls
aus der Klappe im Dach ein Lederverdeck herausgeklappt werden.
Fenster
Der Wagen verfügt über vier Kurbelfenster, eine Seltenheit zu der Zeit.
Blankteile
Der Besteller dieses Wagens (der Londoner K.F.Smith) wollte alle Blankteile in Silber
haben. Zum Teil wurden sie massiv hergestellt, andere Teile wie Scheinwerfer oder
Zierleisten wurden versilbert. Da Silber sehr weich ist wurde es im Laufe der vielen
Jahre stellenweise runtergeputzt. Es gab nur sehr wenige Rolls-Royce mit Silberfinish.
Türöffner
Die Türöffner bestehen aus echtem Elfenbein.
Vorbesitzer
Das Fahrzeug befindet sich derzeit in der 6. Hand. Der Wagen war stets angemeldet
und wurde hervorragend gepflegt. Üblicherweise meldet man den Erwerb oder die
Veräußerung eines Rolls-Royce bis heute an das Archiv des RREC in England. Somit
haben die meisten Rolls-Royce, egal wie alt, eine lückenlose Besitzer-Liste.
Stückzahl
Thrupp & Maberly baute lediglich drei Sedanca de Ville auf Phantom I-Chassis, je
einen in 1927, 1928 und 1929. Zwei sind nur noch bekannt, dieser ist der Älteste.
Besonderheit
Der Wagen ist unrestauriert im Originalzustand. Lediglich die Kotflügel wurden vor
Jahren nachlackiert. Die jährliche Fahrleistung des Wagens beträgt ca. 6.000 km.