rubio [CONSULTING] Die Geld-zurück-Garantie im Marketing – Teil 1 Heutzutage stossen Konsumenten im Alltag vermehrt auf Garantien, die zahlreiche Unternehmen freiwillig anbieten. Eine davon ist die Geld-zurück-Garantie. Im Rahmen dieser Garantie verspricht das anbietende Unternehmen, den Konsumenten das Geld zu erstatten, sollten sie mit dem gekauften Produkt nicht vollumfänglich zufrieden sein. In der Werbung trifft man diese Garantieform vor allem bei Haushalts- und Elektronikartikeln an, und auch in vielen anderen Produktbereichen ist dieses Marketinginstrument inzwischen angekommen. Die Palette reicht von Produkten wie Mineralwasser und Joghurt über Waschmittel und Hautcremes bis hin zu Kaffeemaschinen, Epiliergeräten, Rasierapparaten, Digitalkameras und Laufschuhen. Doch welches Ziel verfolgen die Unternehmen mit solch einer Garantie eigentlich? Was ist eine Geld-zurück-Garantie? Bevor wir näher auf die eingangs gestellte Frage eingehen, soll zunächst eine Definition des Begriffs «Geld-zurück-Garantie» erfolgen. Eine Geld-zurück-Garantie ist als ein Versprechen eines Herstellers zu sehen. Er verspricht die Rücknahme des getesteten Artikels innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen gegen Erstattung des vollen gezahlten Kaufpreises, sofern der Käufer mit dem Artikel nicht zufrieden ist. Von zentraler Bedeutung sind dabei zwei Aspekte: Erstens darf die gekaufte Ware tatsächlich vollumfänglich getestet werden, d. h., es handelt sich nicht lediglich um ein reines Umtauschrecht, bei dem der gekaufte Artikel unbenutzt und häufig in Originalverpackung zurückgegeben werden muss. Zweitens bezieht sich die Garantie nicht nur auf bestimmte Leistungsmerkmale des Artikels, sondern zielt auf die allgemeine Zufriedenheit des Käufers. 1 Quelle: http://www.braun.com/de/promotions/silk-epil-geld-zurueck-garantie.html (06.11.2015). 1 Vgl. Vieth (2010). 1/4 r [C ] Zwei Blickwinkel: Vor-Kauf-Phase und Nach-Kauf-Phase Um die eingangs gestellte Frage nach dem Ziel der Unternehmen beim Anbieten einer Geld-zurück-Garantie ganzheitlich beantworten zu können, muss diese Garantieform aus zwei Blickwinkeln analysiert werden – denn sowohl die Phase vor dem Kauf als auch die Phase nach dem Kauf sind von Bedeutung. In einer zweiteiligen Reihe wollen wir diese beiden Phasen näher betrachten. Im vorliegenden ersten Artikel geht es um die Geld-zurück-Garantie in der Vor-Kauf-Phase. Die Vor-Kauf-Phase: Die Wirkung der Geld-zurück-Garantie auf die Kaufabsicht Die Geld-zurück-Garantie gewinnt in der unternehmerischen Praxis zunehmend an Bedeutung. Doch auch in der wissenschaftlichen Forschung wurde die Relevanz dieses Marketinginstruments erkannt. Obwohl die Anzahl wissenschaftlicher Studien dazu (im Vergleich zu anderen bzw. ähnlichen Marketingthemen) noch relativ gering ist, lässt sich in letzter Zeit eine immer intensiver werdende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Garantieform beobachten. Mittlerweile haben sich zwei grundsätzlich verschiedene Forschungsstränge herausgebildet, die eine Antwort auf die Frage zu liefern versuchen, welche Wirkung der Geld-zurück-Garantie auf den Konsumenten in der Vor-Kauf-Phase zukommt. Ein Forschungsstrang beschäftigt sich mit der Geld-zurück-Garantie als Instrument zur Reduktion des Kaufrisikos. Diesem Forschungsstrang folgend, untersuchten Grewal, Munger, Iyer und Levy (2003) die Geld-zurück-Garantie im Kontext des Internet-Handels. Ziel ihrer empirischen Untersuchung war es unter anderem, die Auswirkungen einer Geld-zurück-Garantie auf das wahrge- 2 Vgl. Grewal et al. (2003). 3 Vgl. Moorthy/Srinivasan (1995), S. 463 f. nommene Risiko des Kaufs zu analysieren. Getestet wurde sowohl bei einem bekannten als auch bei einem unbekannten Internet-Händler. Die Autoren konnten empirisch nachweisen, dass eine Geld-zurück-Garantie das vom Kunden wahrgenommene Risiko eines Kaufs reduzieren kann, wobei der Effekt bei dem als unbekanntem Händler dienenden «Zones.com» grösser war als bei dem bekannten Internet-Kaufhaus «Amazon.com». 2 Der andere Forschungsstrang beschäftigt sich mit dem Einfluss der Geld-zurück-Garantie auf die Qualitätswahrnehmung. Moorthy und Srinivasan (1995) beispielswiese konnten in einer modellbasierten Analyse formal nachweisen, dass durch das Anbieten einer Geld-zurück-Garantie (kombiniert mit angemessenen Preisen) tatsächlich Produktqualität signalisiert werden kann. 3 Die eben erwähnten wie auch weitere wissenschaftliche Studien haben die Geld-zurück-Garantie jeweils nur isoliert aus Sicht eines dieser beiden Forschungsstränge analysiert. In der Realität ist jedoch faktisch von einer Koexistenz beider Funktionen auszugehen. Die Vernachlässigung dieser Koexistenz in den erwähnten Studien wird dazu geführt haben, dass kaufverhaltensrelevante Merkmale, die in einer Wirkungsbeziehung zueinander stehen, nicht oder nur unzureichend analysiert wurden. Dieser Problematik hat Vieth (2008) in einer Studie im Rahmen seiner Dissertation Rechnung getragen. In einer umfassenden empirischen Wirkungsanalyse aus Sicht des Konsumenten hat der Autor erstmals beide Funktionen, d. h. sowohl die Risikoreduktionsfunktion als auch die Qualitäts-Signalling-Funktion, integriert. In seiner verhaltenswissenschaftlich fundierten und empirisch gestützten Arbeit untersucht Vieth die Wirkung der Geld-zurück-Garantie auf die kaufverhaltensrelevanten Konstrukte. Konkret interessiert ihn, welchen Einfluss die Geld-zurück-Garantie auf die Produktbeurteilung vor dem Kauf ausübt und inwieweit dadurch die Kaufabsicht beeinflusst werden kann. 2/4 r [C ] Gemäss den Forschungsresultaten ist eine Geld-zurück-Garantie unabhängig von der untersuchten Konstellation in der Lage, positiv auf die Kaufabsicht der Konsumenten einzuwirken. Dies geschieht je nach Art des Produktes, der Reputation der Marke und der Produktkenntnis entweder nur über den emotionalen Wert (Risikoreduktion) oder zusätzlich über die wahrgenommene Qualität (Qualitäts-Signalling). Das folgende Schema zeigt, unter welchen Voraussetzungen eine Geld-zurück-Garantie (GzG) wie wirksam ist: Wie das Schema zeigt, führt das Anbieten einer Geld-zur ück-Garant ie stets zu einer positiven Beeinflussung der Kaufabsicht. Während in zwei Fällen lediglich eine «einfache» positive Wirkung (Risikoreduktion) erzielt werden kann, kommt es in zwei weiteren Fällen sogar zu einem «doppelten» positiven Effekt (Risikoreduktion und Qualitäts-Signalling). Herstellern, die eine Geld-zurück-Garantie anbieten wollen, ist daher zu empfehlen, sich vor der Aktion bestmöglich über die Art des betreffenden Produktes, die eigene Reputation und die Produktkenntnis der Konsumenten zu informieren. 4 Nur dann erlauben die vorliegenden Resultate, differenzierte Handlungsempfehlungen für das Marketing bzw. Produktmanagement auszusprechen: 3/4 Quelle: V IETH (2008), S. 209. • Handelt es sich um ein Suchgut 5 (z. B. Notebook), so soll das Angebot einer Geld-zurück-Garantie kritischer betrachtet werden als bei einem Erfahrungsgut 6 (z. B. Laufschuh), da in diesem Fall nur eine «einfache» positive Wirkung erwartet werden kann. 7 Bei einem Gut mit hohem Anteil an Sucheigenschaften sollte daher darüber nachgedacht werden, die Geld-zurück-Aktion bestenfalls mit anderen Marketinginstrumenten zu kombinieren, die im konkreten Fall als geeignet erscheinen, Qualität zu signalisieren. Ausserdem wäre es vorteilhaft, in den Werbebotschaften noch stärker auf antizipierte (negative) Emotionen und die möglichen negativen Folgen eines Fehleinkaufes hinzuweisen, um so die Wirkung der Geld-zurück-Garantie über den emotionalen Wert (Risikoreduktion) zu erhöhen. • Bei Gütern mit einem hohen Anteil an Erfahrungseigenschaften ist die Geld-zurück-Garantie von sich aus im- 4 Vgl. Vieth (2008), S. 208 f. 5 Suchgut: Die Qualitätseigenschaften eines Suchgutes werden vor allem durch «Suche» und damit also vor dem Kauf beurteilt, bei einem Notebook z. B. anhand von Produktmerkmalen wie Arbeitsspeicher, Prozessorleistung usw. 6 Erfahrungsgut: Die Qualitätseigenschaften eines Erfahrungsgutes kann man vorwiegend erst nach dem Kauf durch «Erfahrung» beurteilen. 7 Zu den zwei Kategorien Suchgut und Erfahrungsgut kann noch eine dritte hinzugefügt werden: das Vertrauensgut. Dieses Gut ist dadurch gekennzeichnet, dass es vom Käufer weder vor noch nach dem Kauf vollständig beurteilt werden kann. Bei einem Kaufprozess sind stets alle drei Kategorien in mehr oder weniger starkem Ausmass vorhanden. Je nachdem, welcher Anteil überwiegt, wird dann von Such-, Erfahrungs- oder Vertrauensgut gesprochen. r [C ] stande, zusätzlich die wahrgenommene Qualität positiv zu beeinflussen. Dies ist einerseits der Fall, wenn die Reputation der Marke hoch ist, und andererseits, wenn die Reputation schlecht, die Produktkenntnis 8 der Konsumenten jedoch hoch ist. Aus diesem Grunde sind zuvor die eigene Reputation und eventuell die Produktkenntnis der Konsumenten so gut wie möglich im Rahmen einer Marktanalyse festzustellen. Im Hinblick auf die Resultate sollten also die Anbieter von Erfahrungsgütern zum Ziel haben, die eigene Reputation und im günstigsten Fall auch die Produktkenntnis der Konsumenten mindestens so weit zu erhöhen, dass die angebotene Geld-zurück-Garantie neben der Wirkung auf den emotionalen Wert die zusätzliche Wirkung auf die Qualitätswahrnehmung entfalten kann. 9 4/4 Unser Service Ein Unternehmen sollte stets um Klarheit darüber bemüht sein, welche Auswirkungen ein eingesetztes Marketinginstrument (z. B. Geld-zurück-Garantie) haben kann. rubio consulting hilft Ihnen bei der Analyse und Auswahl geeigneter Marketinginstrumente, bspw. im Rahmen eines Marketingkonzeptes, einer Unternehmensstrategieberatung, einer Businessplanberatung oder einer individuellen betriebswirtschaftlichen Beratung. Tizoc José Bachmann, 06. 11. 2015 Quelle: eigene Darstellung. Der oben dargestellte Artikel basiert unter anderem auf einer im Rahmen einer Masterarbeit von Tizoc José Bachmann durchgeführten Untersuchung (Universität Zürich, Winter 2011/12). Gerne senden wir Ihnen die detaillierte Abhandlung auf Anfrage zu ([email protected]). Literaturverzeichnis Grewal, D., Munger, J. L., Iyer, G. R. & Levy, M. (2003). The Influence of Internet-Retailing Factors on Price Expectations, in: Psychology & Marketing, 20, Nr. 6, 477–493. Moorthy, S. & Srinivasan, K. (1995). Signaling Quality with a Money-Back Guarantee: The Role of Transaction Costs, in: Marketing Science, 14, Nr. 4, 442–466. Vieth, M. (2008). Geld-zurück-Garantien: Eine empirische Wirkungsanalyse aus Konsumentensicht, Wiesbaden: Gabler. Vieth, M. (2010). Garantien beflügeln oft Kaufabsichten. Interview geführt von Martina Monsees, in: Absatzwirtschaft, http://www.absatzwirtschaft.de/garantien-befluegeln-oft-kaufabsichten-9081/. Abrufdatum: 06.11.2015. 8 Mit der Produktkenntnis ist in der Arbeit von Vieth (2008) die langfristige Kenntnis in einer Produktkategorie und nicht die kurzfristige Kenntnis in Bezug auf ein spezifisches Produkt gemeint. 9 Vgl. Vieth (2008), S. 208 ff.
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