Sauerbruch Hutton, Berlin MANAGEMENT PROJEKTSTEUERUNG: ANFORDERUNGEN UND ZIELE Bauabteilung auf Zeit Je früher ein Projektmanager in ein geplantes Bauvorhaben eingebunden wird, desto größer ist der wirtschaftliche Mehrwert für den Auftraggeber. An dieser nicht wirklich neuen Erkenntnis hat sich bis heute nichts geändert. TEXT: MAXIMILIAN GREIL, THOMAS NÜNNINGHOFF Von vielen am Bau Beteiligten wird das Thema Projektsteuerung kontrovers diskutiert. Die Bandbreite der durchaus ernstzunehmenden Statements reicht von „Der Projektsteuerer ist bei einem guten Architekten und Generalunternehmer völlig überflüssig“ über Meinungen wie „Der Projektsteuerer bestimmt maßgeblich den Bauablauf, trägt aber in der Realität keine Verantwortung“ oder „Der Projektsteuerer ist der wichtigste Baubeteiligte“. Alle Aussagen treffen zu und sind gleichzeitig falsch. Sie spiegeln den Erfahrungshorizont der jeweils beteiligten Partner und 4/07 industrieBAU geben die zunehmenden Spannungen untereinander wieder. In Zeiten, in denen Baumaßnahmen komplexer und komplizierter werden, wird die Aufgabe jedes Einzelnen kritischer gesehen. Fünf Projektstufen Unabhängig von ihrer Größenordnung bedürfen Bauprojekte einer Ordnung, um strukturiert und zielgerichtet ablaufen zu können. Für den Projekterfolg ist es erforderlich, dass die einzelnen Handlungsab- läufe im Projekt entsprechend der zeitlichen und logistischen Reihenfolge stattfinden. Hierzu bedarf es der Steuerung der einzelnen Schritte im Projekt durch einen in baufachlichen und baurechtlichen Belangen erfahrenen Fachmann. Das sind in der Regel Architekten, Bau- oder auch Vermessungsingenieure mit entsprechender Praxiserfahrung. Das Leistungsbild der Projektsteuerung ist entsprechend des Projektfortschritts in fünf „Projektstufen“ und innerhalb jeder Projektstufe in vier „Handlungsbereiche“ strukturiert, um Qualität, Kosten und 53 MANAGEMENT Termine im Sinne des Bauherrn einzuhalten. Um ein Projekt zu organisieren, zu koordinieren und zu dokumentieren und eine Informationsstruktur für alle Beteiligten aufzubauen, verwendet der Projektsteuerer Werkzeuge wie Terminpläne, Kostenaussagen nach DIN 276, Organisationshandbücher oder Formulare. Delegierbare Bauherrenaufgaben Transparenz im Projekt Zu den Zielen der Projektsteuerung gehört das Sicherstellen der Transparenz im Projekt. So kann der Auftraggeber sicher sein, jederzeit sichere und belegbare Auskünfte zu erhalten: - zum Projektfortschritt - zur Entwicklung der Projektkosten mit Feststellung der Abweichung und deren Ursachen, sowie den eingeleiteten Gegensteuerungsmaßnahmen - zur Entwicklung der Projekttermine mit Feststellung der Abweichung und deren Ursachen, sowie den eingeleiteten Gegensteuerungsmaßnahmen. Ferner soll durch die Projektsteuerung sichergestellt werden, dass die Baumaßnahmen innerhalb der vorgegebenen Kostenund Terminziele wirtschaftlich, funktionsgerecht und mängelfrei ausgeführt werden und dass sie den qualitativen und rechtlichen Anforderungen entsprechen. Informations- und Datenmanagement Gemeinsame elektronische Sprache Projektentwicklung und Projektsteuerung beinhalten für komplexe Aufgaben Verfahren zur Optimierung der notwendigen Prozessabläufe. Diese haben in der Regel Informations- und Kommunikationscharakter. Dazu gehören Vorgänge zur Wirtschaftlichkeit, Finanzierbarkeit, Termintreue sowie zur funktionalen und technologischen Qualität. Eine konflikt- Sauerbruch Hutton, Berlin Jede Bauherrenorganisation die Bauprojekte errichtet braucht zum stringenten Erreichen der vorgegebenen Ziele eine entsprechende Steuerung. Eine externe Projektsteuerung wird in der Regel hinzugezogen, wenn die internen Kapazitäten der Bauherrenorganisation ausgelastet oder fachlich nicht in der Lage sind, bestimmte Bauherrenaufgaben zu erfüllen. Die Aufgaben, die an externe Projektsteuerer vergeben werden, sind die so genannten „delegierbaren“ Bauherrenaufgaben. Hier wirkt die externe Projektsteuerung für die Bauherren als deren „Bauabteilung auf Zeit“. Innerhalb dieses Zeitraums nimmt die Projektsteuerung die Bauherreninteressen gegenüber den anderen am Projekt beteiligten Planern, Baufirmen und Behörden wahr. Diese Aufgaben verbleiben im Verantwortungsbereich des Auftraggebers, da sie zum Kern der ureigenen Bauherrenaufgabe gehören: - Vorgabe der Projektziele - Definition des Bauprogramms in qualitativer und quantitativer Hinsicht - Bereitstellung und Sicherung der Finanzierung - Auswahl und Beauftragung von Vertragspartnern freie Organisation mit transparentem und anpassungsfähigem Gesamtablauf und dem dazugehörigen Informationsfluss ist notwendige Voraussetzung. Da diese Informationen heute überwiegend in strukturierter Form (dv-technisch les- und weiterbearbeitbar) ausgetauscht werden, muss eine gemeinsame „elektronische Sprache“ beschrieben und in einem Pflichtenheft dokumentiert werden. Die Vorgaben müssen verbindlich sein und Bestandteil der Verträge aller Projektbeteiligten werden. Nur die klare Beschreibung und Festlegung von Dateiformaten, Schnittstellen und CAD Vorgaben ermöglichen einen redundanzfreien, fehlerminimierten und wirtschaftlichen Informationsaustausch. - Überwachung und Projektbegleitende Erfolgskontrolle - Vergabe von Leistungen - Treffen von Entscheidungen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen. 54 Größere Projekte des Wirtschaftsgeschehens sind übergreifende, anspruchsvolle und komplexe Systeme, in deren Mittelpunkt meist ein Bauwerk steht. Darin stecken mehrere Millionen Informationen, erarbeitet durch Konzepte, Protokolle, Untersuchungsergebnisse, Berechnungen, Ausarbeitungen, Modelle, Photos, Zeichnungen, Schriftverkehr oder Controlling. Später werden diese laufend ergänzt, angepasst oder begründet geändert. Alles muss in vereinbarter Form durchgeführt und dokumentiert werden. So muss jeder Schritt, der nur durch die dazu Beauftragten festgelegt wird, unverzüglich an das Gesamtteam oder die entsprechenden Personen zur Stellungnahme oder Umsetzung weitergeleitet werden. Die entstandenen Informationen (Daten) müssen immer leicht und schnell auffindbar, vollständig, widerspruchsfrei und beweiskräftig sein. Eine Methode, die dieses Informations(Daten)-Management erst vollständig ermöglicht, ist die Arbeit mit Projekträumen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um internetgestützte Datenräume, die weltweit 24 Stunden täglich und unter allen sicherheitsrelevanten Bedingungen erreichbar sind. Künftige Projekte, selbst kleinere Aufgaben, sind ohne den ausschließlichen Einsatz von Projekträumen heute kaum noch denkbar. Im Ergebnis wird ausnahmslos festgestellt, dass der gut organisierte und strukturierte Projektraum immer für Einfachheit, Vollständigkeit, Objektivität, Transparenz, Präzision, Effizienz und Kostenreduzierung sorgt. industrieBAU 4/07 MANAGEMENT HPP-Architekten, Düsseldorf Beispiele für eine wirtschaftliche Projektplanung und Abwicklung sind der Neubau der ADAC Hauptverwaltung für 2 400 Mitarbeiter mit 75 000 m2 BGF (Planung und Bau: 2005 bis 2009) sowie die Revitalisierung des Bürohochhauses am Dammtorwall in Hamburg. Das ehemaliges „Unilever Haus“ ist ein Projekt der Union Investment Real Estate, Hamburg. Das 91 Meter hohe, sternförmige Bürohaus wurde Anfang der 60er Jahre entworfen. Es hat eine Büronutzfläche von über 33 000 Quadratmetern. Derzeit wird das Gebäude umfassend saniert, um es den heutigen Anforderungen an ein modernes Bürogebäude anzugleichen. Die Projektlaufzeit wird 60 Monate betragen, das Projektdatenmanagement hat die Builttec, München, übernommen Fazit Die Anforderungen an den Projektsteuerer und sein Verantwortungsbereich als „Organisator“ und Vertrauter des Bauherren sind in den vergangen Jahren stetig gewachsen. Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie, des Internets und die gestiegenen Ansprüche an Informationsaustausch beziehungsweise das Vorhalten von Informationen “just in time“ unabhängig von Ort Handlungsbereich Projektstufe 1 Projektstufe 2 A Organisation, InforProjektvormation, Koordination, bereitung Dokumentation und Zeit wirken sich verschärft auf die Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten aus. Darüber hinaus müssen die Nachhaltigkeit und Transparenz aller Informationen, die während der Projektentwicklung und Projekterstellung anfallen, auch bei eventuellen juristischen Auseinandersetzungen als Grundlage einer Beweisführung dienen können. Es bleibt wie es war: Der Projektsteuerer sollte möglichst früh in ein Projekt einsteigen, denn durch die rechtzeitige Steuerung der Vorgaben und der Organisation lassen sich Fehlentwicklungen der Informationsgenerierung und Vorhaltung von Anfang an minimieren. Damit wird die durchgängige und saubere Abbildung des Projektes in jedem gewünschten Detaillierungsgrad erst möglich. Projektstufe 3 Projektstufe 4 Projektstufe 5 Planung Ausführungsvorbereitung Ausführung Projektabschluss B Qualitäten, Quantitäten Projektvorbereitung Planung Ausführungsvorbereitung Ausführung Projektabschluss C Kosten und Finanzierung Projektvorbereitung Planung Ausführungsvorbereitung Ausführung Projektabschluss D Termine, Kapazitäten, Logistik Projektvorbereitung Planung Ausführungsvorbereitung Ausführung 4/07 industrieBAU Projektabschluss HPP-Architekten, Düsseldorf In der Praxis bewährt haben sich in Abhängigkeit von den geforderten Aufgaben Projekträume von Unternehmen wie Conject, Conetics, Baulogis oder CTSpace (BuildOnline + Citadon). „Die Projektsteuerung ist das Kernstück eines professionellen Projektmanagements. Sie ermöglicht es, die Prozesse in der Projektarbeit so zu führen, dass die Projektziele erreicht werden können. Die Maßnahmen zur Qualitätsförderung dienen dazu, diese Prozesse laufend zu verbessern.“ (Quelle: wikipedia.org) Maximilian Greil, Inhaber, und Thomas Nünninghoff, Dipl.-Ingenieur, beide Built-TEC Management Consultants, München; Kontakt: [email protected], [email protected], www.builttec.de 55
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