LITRES DISCUSSION PAPER LITRES Discussion Paper 2016-02 Mini-/Mikro-KWK in städtischen Energiesystemen Eine Analyse von Herausforderungen und Erfolgsfaktoren Susanne Schubert (TU Darmstadt) Marlies Härdtlein (IER, Universität Stuttgart) Susanne Schubert, Marlies Härdtlein Mini-/Mikro-KWK Projekte in städtischen Energiesystemen: Eine Analyse von Herausforderungen und Erfolgsfaktoren LITRES Discussion Paper 2016-02 Universität Stuttgart Institut für Sozialwissenschaften Abteilung für Organisations- und Innovationssoziologie (SOWI VI) Dr. Gerhard Fuchs, Katrin Alle, M.A. Seidenstr. 36 D-70174 Stuttgart Tel.: 0711 / 685-81001 Fax: 0711 / 685-81006 http://www.uni-stuttgart.de/soz/oi/ LITRES Discussion Paper (LDP) Discussion Paper 2016-02 (2/2016) ISSN-Print 2199-1200 © 2016 by the author(s) Dr.-Ing. Susanne Schubert ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Raum- und Infrastrukturplanung, Institut IWAR, TU Darmstadt. [email protected] Dr. Marlies Härdtlein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart. [email protected] An diesem Bericht mitgewirkt hat zudem Benjamin Kraff mitgewirkt und Sebastian Blum, der im Rahmen seiner Masterarbeit einen Teil der empirischen Basis dieses Berichts erarbeitet hat. Weitere Downloads der LITRES Discussion Paper Reihe finden sich unter: http://www.unistuttgart.de/litres/Publikationen/ Das Forschungsprojekt LITRES Das Projekt LITRES – Lokale Innovationsimpulse zur Transformation des Energiesystems wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmenprogramm der Forschung für Nachhaltige Entwicklungen (FONA) im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische Forschung (SÖF) in der Förder-maßnahme Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems gefördert (FKZ 01UN1216). Informationen zur Fördermaßnahme finden sich unter https:\\www.fona.de/de/15980 Im Zuge der starken Dezentralisierungsbewegungen spielen lokale Innovationsimpulse für den Transformationsprozess des deutschen Energiesystems eine bedeutende Rolle. Im Projekt LITRES wird ausgehend davon, dass sich in Auseinandersetzung mit den etablierten Strukturen des Feldes „Energiesystem“ spezifische lokale Governance-Strukturen ausbilden, die Entwicklung situativer Governance als Grundlage für Innovationsimpulse untersucht. Hierzu werden 8 Fallstudien zu vier lokalen Innovationsimpulsen (Mini-/Mikro-KWK, Contracting; Intelligente Infrastrukturen und Bürgerwindanlagen) durchgeführt. Das Projekt soll einen Beitrag zu einem besseren Verständnis um die Diffusion von erfolgreichen, nachhaltigen und gesellschaftsverträglichen Innovationen, ausgehend von lokalen Impulsen, leisten. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Frage gelegt, inwieweit von lokalen Initiativen Impulse für eine nachhaltige Änderung des Energiesystems insgesamt ausgehen können und welche spezifischen Konfliktlinien mit der Entwicklung neuer Energie-Governance auf lokaler Ebene verknüpft sind. Das Projekt wird von einem wissenschaftlichen und transdisziplinär arbeitenden Forschungsverbund in Kooperation mit Partnern aus der Praxis im Zeitraum April 2013 bis Ende März 2016 bearbeitet. - - Universität Stuttgart, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung für Organisationsund Innovationssoziologie Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Raum- und Infrastrukturplanung Westfälische Wilhelms-Universität, Institut für Politikwissenschaft, Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik Becker Büttner Held Consulting AG Weitere Informationen und Kontaktdaten finden sich auf der Projektwebsite http:\\www.uni-stuttgart.de/litres Abstract Mini-/Mikro-KWK Anlagen sind durch ihren Beitrag zu Erhöhung der Energieeffizienz in der Energieumwandlung und durch ihre Chancen zur stärkeren Flexibilisierung ein wichtiger Innovationsimpuls im Zuge der Transformation des deutschen Energiesystems. Als Schnittstellentechnologie zwischen den Energieinfrastrukturen (Strom, Gas und Wärme) sehen sie sich aber sowohl einer hohen technischen und rechtlichen Komplexität sowie hohen bürokratischen Hürden im Zuge ihrer Installation gegenübergestellt. Dennoch entstehen in einigen städtischen und stadtregionalen Energiesystemen konkrete Projekte mit Mini-/Mikro-KWK Anlagen, die trotz der eher hemmenden Rahmenbedingungen und der schwierigen Wirtschaftlichkeit Geschäftsmodelle entwickeln und Anlagen unterschiedlicher Größenklassen in die Umsetzung bringen. In diesem Bericht werden vier Projekte näher beleuchtet und ihre Einbettung in das städtische und stadtregionale Energiesystem (in diesen Fällen Berlin und Ruhrgebiet) betrachtet. Dabei ist sowohl ihre Entstehung und Entwicklung interessant, als auch mögliche Konflikte mit bestehenden Strukturen und ihre Strategien, die mit diesen umzugehen. In den Projekten wirken dabei sehr viele unterschiedliche Akteure der städtischen/stadtregionalen Energiesysteme mit und auch ihre unterschiedliche Motivation für ihr Engagement zeigt die komplexe Schnittstellensituation der Mini-/Mikro-KWK im Energiesystem, mit teilweise konkurrierenden Zielsetzungen und Maßnahmen. Die Entwicklungschancen der einzelnen Projekte sind daher sehr heterogen und nicht alle Projekte verzeichnen große Erfolge. Dort, wo erste Maßnahmen und Umsetzungen erfolgreich sind, spielen die spezifischen städtische und stadthistorische Randbedingungen, das Engagement und die Vernetzung der Beteiligten vor Ort, aber auch die konkreten Quartiersund Gebäudestrukturen für die Erfolgschancen der Projekte eine entscheidende Rolle. Die schwierigen, überlokalen Rahmenbedingungen können aber auch im Rahmen dieser Projekte nicht ausgeblendet werden und so sind die Zukunftsaussichten für Mini-/Mikro KWK als Innovationsimpuls und ihre Bedeutung für die Transformation des deutschen Energiesystems gespalten. Während für die größeren Leistungsklassen (≥ 5kWel) gute Einsatzmöglichkeiten bestehen, insbesondere wenn eine zunehmende Vernetzung der Energiesysteme (bspw. im Zuge von virtuellen Kraftwerken) angestrebt wird, erfordern die kleinsten Leistungsklassen noch weitere Maßnahmen, die insbesondere die Wirtschaftlichkeitsprobleme abschwächen können. Inhaltsverzeichnis Abstract 4 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 6 1. Einleitung 7 2. Die Untersuchungsräume: städtische und stadtregionale Energiesysteme und ihre Governance 10 2.1. Berlin 10 2.2. Ruhrgebiet 14 3. Entwicklungsbedingungen des Innovationsimpulses 3.1. Stand der Technik und Wirtschaftlichkeit 16 17 3.1.1 Stand der Technik 17 3.1.2 Wirtschaftlichkeit 18 3.2. Projekt: Mini-KWK (20 bis 50 kWel) im virtuellen Kraftwerk (Berlin) 23 3.3. Projekt: Feldtests Mikro-KWK (1-5 kWel) für Wohngebäude (Berlin, GASAG) 25 3.4. Projekt: Installation und wissenschaftliche Begleitung von 100 Mikro-KWK (1-5 kWel) Anlagen (Innovation City Bottrop, Ruhrgebiet) 26 3.5. Projekt: Geschäftsmodelle für Mikro-KWK (1-10 kWel) (EnergieBlock Trianel, Ruhrgebiet) 28 4. Funktionsweise des Impulses 34 4.1. Anreize und Motivation 34 4.2. Konflikte und Schwierigkeiten 35 4.3. Erfolgsfaktoren und Umsetzung 39 5. Zusammenfassung und Einbettung des Impulses: Beziehungen zu anderen Impulsen, Abhängigkeiten von anderen Feldern 43 6. Ausblick auf Entwicklungsperspektiven und Handlungsempfehlungen 46 7. Anhang: Methodik und Eingangsparameter für Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 49 Quellen 56 Tabellen- und Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:Entwicklung BHKW in Berlin (eigene Darstellung in Anlehnung an: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2015c) 13 Abbildung 2: Einfamilienhaus (sanierter Altbau, siehe Tabelle 4): Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei BHKW) 19 Abbildung 3: Parametervariationen für Otto-Erdgas-BHWK im Einfamilienhaus 19 Abbildung 4: Kleines Mehrfamilienhaus (sanierter Altbau, siehe Tabelle 4): Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei BHKW) für das betrachtete 20 Abbildung 5: Großes Mehrfamilienhaus (sanierter Altbau): Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei BHKW) 21 Abbildung 6: Parametervariationen für Otto-Erdgas-BHWK im großen Mehrfamilienhaus 22 Abbildung 7: Funktionsweise virtuelles Kraftwerk (eigene Darstellung) Fehler! Textmarke nicht definiert. Abbildung 8: Varianten des EnergieBlock (eigene Darstellung in Anlehnung an: Nicolai 2014:5) 30 Abbildung 9: zusammenfassende Darstellung zur Funktionsweise des Innovationsimpulses (eigene Darstellung) 42 Tabelle 1: Zusammenfassende Darstellung der Innovationsimpulse (eigene Darstellung) 32 Tabelle 2: Einflussfaktoren und ihre Wirkung auf den Innovationsimpuls Mini-/Mikro KWK 45 Tabelle 3: Einnahmen, Einsparungen bzw. Erstattungen beim Einsatz einer Mini-/Mikro-KWKAnlage im Vergleich zu einer Wärmeerzeugung mit Heizkesseln (vgl. BHKW-Infothek 2016b; Oschatz 2013; BAFA 2015) 49 Tabelle 4: Beschreibung der drei Gebäudetypen/Versorgungsaufgaben 50 Tabelle 5: Überblick über die exemplarisch betrachteten Wärmeversorgungstechnologien für die drei Gebäudetypen (mit “x“ markiert) 50 Tabelle 6: Technische Eingangsdaten und Annahmen für die untersuchten BHKW in den drei Gebäudetypen 51 Tabelle 7: Kostendaten für die untersuchten BHKW in den drei Gebäudetypen (inkl. Mwst.) 51 Tabelle 8: Überblick über die Summe der Investitionskosten sowie etwaiger Förderungen für die drei Gebäudetypen und die untersuchten Wärmeversorgungstechnologien 53 Tabelle 9: Überblick über die Summe der betriebsgebundenen Kosten für die drei Gebäudetypen und die exemplarischen Wärmeversorgungstechnologien (inkl. MWst.) 54 Tabelle 10: Überblick über die Summe der verbrauchsgebundenen Kosten für die drei Gebäudetypen und die exemplarischen Wärmeversorgungstechnologien 55 7 LITRES Discussion Paper 2016-02 1. Einleitung Im Zuge der Erreichung der Energiewendeziele der deutschen Bundesregierung kommt neben der Reduktion der Energienachfrage und der Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien, auch der Verbesserung der Energieeffizienz in der Energieumwandlung eine bedeutende Rolle zu. In diesem Zusammenhang wird ‚hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)‘ 1 als ein wichtiger Baustein genannt (vgl. BMWI 2010: 19). Neben der Steigerung der Energieeffizienz wird der KWK im Zuge der Energiewende aber auch Bedeutung für die Bereitstellung von Erzeugungskapazitäten und damit dem Ausgleich von fluktuierender Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien wie Wind und PV zugemessen (ebd.). Zudem bilden KWK Anlagen eine wichtige Schnittstelle im Energiesystem zwischen Strom, Wärme und Erdgas und können auch hier eine bedeutende Rolle für die Flexibilisierung des Energieversorgungssystems als Ganzes einnehmen (vgl. Voß/Bauknecht/Konrad 2006: 22ff.; Gores/Jörß/Harthan 2014: 114). Gerade in diesem Kontext sind dezentrale KWK Anlagen von großer Relevanz, weil sie i.d.R. dort stehen, wo die Wärme gebraucht wird (das heißt z. B. siedlungsnah). Zugleich erzeugen sie auch Strom und können je nach Auslegung ggf. mit einem Wärmespeicher ausgestattet sein. Damit sind sie im urbanen Raum, in dem viele unterschiedliche Nutzer mit verschiedenen Energienachfrageprofilen auf engem Raum zusammenkommen, eine wichtige Schnittstellentechnologie, auch im Hinblick auf die Anpassung von Energienachfrage und -angebot, die Koordination mit unterschiedlichen Energieträgern und die Zusammenschaltung in virtuellen Kraftwerken. Unter den dezentralen KWK Anlagen zählen Mini- und Mikro-KWK zu der Gruppe der kleinen und kleinsten Anlagen. Im Rahmen dieses Projekts wird, gestützt auf Literatur und Expertenaussagen im Rahmen eines Praxisworkshops, eine Abgrenzung von Mini-/MikroKWK über die Anlagengröße von 1-50 kWel vorgenommen (vgl. auch Stahl 2014; Arnold/Sonnenberger/Schäffler 2014; Schubert/Härdtlein/Graf 2014). Dabei sind Mikro-KWK Anlagen sowohl in der Größe 1-2,5kWel für den Einsatz in Ein- und Zweifamilienhäusern (in dieser kleinsten Größenklasse auch Nano-KWK genannt), oder bis maximal 20kWel für Mehrfamilienhäuser und kleine Gewerbebetriebe denkbar, während Mini-KWK in der Größe von 20 bis max. 50kWel eher in größeren Immobilien oder mit kleinem Nahwärmenetzen zum Einsatz kommen. Dieser Bericht baut auf einer vorangegangenen Analyse von Mini-/Mikro-KWK als Innovationsfeld im bestehenden Energiesystem und ihrer Rolle im Zuge der Transformation des Energiesystems durch die Energiewende auf (vgl. auch Schubert/Härdtlein/Graf 2014). Hier soll daran anknüpfend untersucht werden, wie konkrete Projekte der Mini-/Mikro-KWK im stadt(regionalen) Kontext geplant und umgesetzt wurden. Es lässt sich beobachten, dass gerade in städtische und stadtregionalen Räumen gute Rahmenbedingungen für die Entstehung und Entwicklung von Innovationen bestehen und die städtischen oder regionsspezifischen Eigenschaften auch den Charakter von Innovationsprozessen beeinflussen (vgl. u. a. Fritsch/Koschatzky/Schätzl et al. 2009: 15; Hommels 2005). Dies gilt gerade auch für die 1 Hocheffiziente KWK sind Anlagen, die verglichen mit der getrennten Produktion von Wärme und Strom Energieeinsparungen von mehr als 10 % erreichen (EU-Richtlinie 2004/8/EG) 8 LITRES Discussion Paper 2016-02 Transformation des Energiesystems, das im städtischen Raum vor besonderen Herausforderungen aber auch Chancen angesichts des begrenzten Potenzials zur Integration erneuerbarer Energien und der gleichzeitig hohen Dichte und individuell unterschiedlich ausgestalteten Nachfragemuster steht. Für die Untersuchung von Mini-/Mikro-WK als Innovationsimpuls im bestehenden Energiesystem eignet sich die städtische und stadtregionale Ebene, da M-KWK für ihre Realisierung oftmals auf räumliche Rahmenbedingungen angewiesen sind, die sich eher im urbanen Raum finden (bspw. vorhandene Gasnetze, unterschiedliche Nutzergruppen, je nach Anlagentyp hohe Dichten bzw. Mehrfamilienhäuser u.s.w.) (vgl. Schubert/Härdtlein/Graf 2014: 25). Allerdings entstehen Innovationen im Energiesystem nicht in allen städtischen oder stadtregionalen Räumen in gleichem Maße, weil die Unterschiede in der Governance städtischer Infrastruktursystem Folgen für ihre stadtspezifische Ausgestaltung hat (vgl. Monstadt 2009: 1932ff.). So ergeben sich einerseits Räume, die sich mit ihrer Innovationstätigkeit in einem Themenfeld besonders hervorheben, während andere Städte oder Stadtregionen andere Schwerpunkte für die Transformation ihrer Energiesysteme setzen oder weniger innovativ vorgehen (vgl. Raven 2015). Auch für Mini-/Mikro-KWK lässt sich beobachten, dass es in manchen Räumen eine besondere Häufung von Projekten gibt. Das kann unterschiedliche geografische, stadthistorische, stadtpolitische oder stadtkulturelle Gründe haben, die hier ebenfalls mitbetrachtet werden sollen. Als zwei stadt(regionale) Räume mit einer besonderen Häufung der Mini-/Mikro-KWK stehen hier Berlin und das Ruhrgebiet im Fokus, die zugleich beide große Ballungsräume mit einer sehr spezifischen Entwicklung als Energiestandorte sind (vgl. Viétor 2013; Monstadt 2004). Die funktionalen Raumbeziehungen der betrachteten Projekte sind im Einzelfall deutlich konkreter zugeschnitten und i.d.R. viel kleiner als der gesamte städtische oder stadtregionale Raum, aber verfügen gleichzeitig über räumliche Beziehungen auch jenseits der beiden städtischen/stadtregionalen Räume. Auch diesen funktionalen Raumbeziehungen wird in der Analyse Rechnung getragen, dennoch ist als Hintergrund zunächst das gesamte städtische bzw. stadtregionale Energiesystem im Blick. Ausgehend von einer Desktopanalyse und der Bewertung durch interviewte Experten werden jeweils zwei Projekte in beiden Räumen genauer analysiert wird. Die beteiligten Akteure in den Projekten sind aber oftmals auch darüber hinaus im Themenfeld der Mini-/Mikro-KWK im jeweiligen Untersuchungsraum aktiv. Zentral für die Analyse sind dabei die Fragen, wie die Innovationsimpulse im städtischen/ stadtregionalen Energiesystem entstehen und sich entwickeln konnten sowie auf welche Schwierigkeiten und Konfliktlinien mit den bestehenden Strukturen sie gestoßen sind. Zudem wird untersucht, welche Strategien sie gefunden haben, um Erfolge zu verzeichnen, und welche Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen auf übergreifender und städtischer/ stadtregionaler Ebene ihre Entwicklung bremsen und befördern konnten. Das Ziel ist zu erklären, warum und wie die Innovationsimpulse entstehen konnten, welche Akteure des städtischen/stadtregionalen Energiesystems aus welcher Motivation mitwirken und wie die Entwicklungschancen der konkreten Projekte im Rahmen der Transformation des Energiesystems insgesamt eingeschätzt werden. 9 LITRES Discussion Paper 2016-02 Der Bericht ist dabei folgendermaßen aufgebaut: Zunächst werden in Kapitel 2 die beiden Fallräume Berlin und Ruhrgebiet kurz vorgestellt, mit besonderem Fokus auf die spezifischen Eigenschaften ihres städtischen/stadtregionalen Energiesystems. Anschließend werden in Kapitel 3 die Innovationsimpulse beschrieben, wobei zunächst allgemeine technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Mini-/Mikro-KWK in beiden Größenklassen skizziert und nachfolgend die vier konkreten Projekte in ihrer Entstehung und Entwicklung dargestellt werden. Anschließend wird in Kapitel 4 übergreifend zu allen vier Projekten diskutiert, welche Handlungsmotivationen, Schwierigkeiten und Erfolgsfaktoren für die Initiierung und den Entwicklungsprozess der Innovationsimpulse aber auch seiner Blockaden entscheidend waren. Dabei steht sowohl die Einbettung der Innovationsimpulse in den städtischen/stadtregionalen Kontext, als auch in das Energiesystem insgesamt und seine Organisation und Regulierung im Blick. Schließlich fasst Kapitel 5 die wesentlichen Ergebnisse der Analyse zusammen, stellt darauf aufbauend die Beziehungen des betrachteten Innovationsimpulses zu anderen Handlungs- und Innovationsfeldern dar und bewertet deren Einfluss auf Mini-/Mikro-KWK. Kapitel 6 fasst die unterschiedlichen Einschätzungen zu den Entwicklungschancen von Mini/Mikro-KWK zusammen und gibt einen Ausblick auf Handlungsansätze, um die Entwicklungschancen zu verbessern. Methodisch basiert dieser Bericht auf Literatur-, Dokumenten-, Internetrecherche sowie zehn Interviews, davon acht persönliche Interviews, ein Telefoninterview und ein schriftliches Interview, ergänzt um telefonische Nachfragen. 10 LITRES Discussion Paper 2016-02 2. Die Untersuchungsräume: städtische und stadtregionale Energiesysteme und ihre Governance Die Eigenschaften des städtischen oder stadtregionalen Energiesystems sind wichtige Rahmenbedingungen für die Entstehung und Entwicklung von Innovationsimpulsen. Ihre eigene historische Entwicklung, die vor Ort aktiven Akteure, geografische Besonderheiten und die spezifische Governance der städtischen Infrastruktur prägen die Möglichkeiten für die Entstehung von Innovationsimpulsen innerhalb des lokalen Energiesystems und beeinflussen ihre Entwicklungschancen, ihre genaue Ausgestaltung und Interaktion mit dem bestehenden System. So gelten Städte einerseits als dynamisch und flexibel, gleichzeitig ist ihre spezifische gebaute und soziale Struktur, die auch durch die technische Infrastruktur geprägt wird, sehr stabil und nicht leicht zu verändern (vgl. Hommels 2005: 323f.). Innovationen in den vorherrschenden städtischen Infrastruktursystemen sind daher mit den stadtspezifischen, fördernden, aber auch stabilen und damit hemmenden Charakteristika der bestehenden städtischen Strukturen und ihrer Akteure konfrontiert. Unter Bezug auf Studien von Rosen (1986), Hughes (1988) und McShane (1994), beschreibt Hommels, dass Städte nicht nur Einfluss auf die Ausgestaltung und ggf. Transformation ihrer soziotechnischen Infrastruktursysteme haben, sondern in einer komplexen Interaktion mit diesen stehen, die sich in vielfältigen sozialen, technischen, kulturellen und wirtschaftlichen Einflussfaktoren ausdrückt. Zudem ist ihr Erfolg keineswegs sicher, ihre Durchsetzung benötigt Zeit und kann auch scheitern: „Urban innovation, conceived as a mode of sociotechnical change, involves a laborious, time-consuming, and precarious process marked by the delicate interplay of a variety of social, technical, cultural, and economic factors (Hommels 2005: 328f).“ Ausgehend von diesem Verständnis wird im Folgenden der räumliche Kontext der Stadt(region) und das jeweilige städtische/stadtregionale Energiesystem skizziert, in den die nachfolgend beschriebenen Innovationsimpulse eingebettet sind. Für die Analyse der Funktionsweise der Innovationsimpulse spielen die städtischen und stadtregionalen Besonderheiten der Energiesysteme eine wichtige Rolle. Ausgehend vom Innovationsimpuls wird untersucht, welche treibenden und hemmenden Faktoren innerhalb und außerhalb der städtischen und stadtregionalen Energiesysteme zu dessen Entstehung und Entwicklung, Erfolg und ggf. auch Scheitern beigetragen haben. 2.1. Berlin Als Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und aufgrund seiner besonderen, durch die Teilung geprägte Geschichte, nimmt Berlin (mit 3,4 Millionen Einwohnern die mit Abstand größte Stadt Deutschlands (vgl. Statistisches Bundesamt 2015)) in vielerlei Hinsicht eine Sonderrolle ein. Die Energieversorgung der Stadt hat eine lange Tradition und Berlin galt als Vorreiter, sowohl in der Elektrifizierung, als auch in der städtischen Gasversorgung. Der 1879 gegründete „Elektrotechnische Verein Berlins“ machte die Stadt zu einem wichtigen Zentrum der elektrotechnischen Industrie und Forschung und 1884 wurden hier die ersten städtischen Elektrizitätswerke gegründet. Die wachsende Nachfrage nach Gas führte 40 Jahre später zur 11 LITRES Discussion Paper 2016-02 Gründung der städtischen Gaswerke, die nach wie vor als GASAG (aber inzwischen privatisiert) in der Berliner Gasversorgung aktiv sind (vgl. Berlinenergie 2015). Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs und der Teilung Berlins änderten sich die Rahmenbedingungen für die Berliner Energiewirtschaft grundlegend. Verstaatlichungen in Ost-Berlin und Abwanderung vieler Betriebe aus West-Berlin hatten Folgen für die Industriestruktur und Westberlin wurde sowohl hinsichtlich der Strom- als auch der Gasversorgung eine „Insel“ (vgl. Energie-Museum Berlin 2010a). Das Stadtgas in Berlin war in dieser Zeit ein knappes und teures, aber sehr begehrtes Produkt, da Kohleöfen vielerorts die einzige Alternative darstellten (vgl. Interview 1). Die Insellage hatte aber auch Auswirkungen auf die technische Struktur der Stromerzeugung. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und genug Reserveleistung zur Verfügung zu stellen, wurden in Berlin, anders als anderen europäischen Großstädten zu dieser Zeit üblich, viele kleinere statt weniger große Erzeugungseinheiten realisiert. Diese wurden überwiegend in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben, um innerhalb des Inselnetzes bei Kraftwerksausfällen die notwendige Flexibilität zu erhalten (vgl. Energie-Museum Berlin 2010b). Die damit einhergehende Erprobung und Erforschung der KWK-Technologie in Berlin ist eine wichtige Grundlage für die heutigen Initiativen im Themenfeld der KWK und das Know-how und Engagement der lokalen Akteure vor Ort. Fünf Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wurden auch die west- und ostberliner Stromnetze wieder verbunden, Die Gaswirtschaft, angetrieben durch Förderungen für die Umstellung von Kohle auf Gas, breitete sich in diesen Jahren ebenfalls sehr schnell in der Gesamtstadt aus. Eine positive Folge dieser Entwicklung war die Aufhebung der Wintersmogverordnung Mitte der 1990er Jahre (vgl. Interview 1). Neben dem stadtweiten Gasnetz verfügt Berlin auch über ein sehr großes, zentrales Fernwärmenetz. Nach ersten Anfängen in den 1920er Jahren geschah ein umfangreicher Ausbau erst ab den 1950er Jahren und war zunächst auf Ostberlin beschränkt, breitete sich im Zuge des Neubaus von Großwohnsiedlungen ab den 1960er Jahren auch in Westberlin aus (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 1999). Nachdem das Berliner Fernwärmenetz, das eines der größten in Europa ist, lange Zeit sehr profitabel war (vgl. Der Tagesspiegel 2013), ist die Rentabilität durch die aktuell niedrigen Strompreise und damit verbunden einer schlechten Wirtschaftlichkeit der KWKAnlagen kaum noch gegeben, sodass es nicht intensiv weiter ausgebaut wird (vgl. Interview 2; 3). Zwar stellt es auch in seinen bestehenden Ausmaßen grundsätzlich eine Konkurrenz zu den Einsatzmöglichkeiten von Mini-/Mikro-KWK dar, dennoch bleiben große Bereiche der Stadt ohne Fernwärmenetz mit Einsatzmöglichkeiten für dezentrale KWK bestehen. Als Millionenmetropole, mit teilweise sehr dichter Bebauung und nach wie vor vielen energetisch unsanierten oder nur teilweise sanierten Bestandsgebäuden mit vergleichsweise hoher Wärmenachfrage (auch größere und ältere Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Stadtvillen), besteht in vielen Quartieren Berlins daher grundsätzlich ein großes Einsatzpotenzial für Mini/Mikro-KWK Anlagen (vgl. Interview 1; 3). Zudem bestehen aufgrund der vielfach dichten innerstädtischen Bebauung nur sehr begrenzt Möglichkeiten der erneuerbaren Energiegewinnung innerhalb der Stadtgrenzen. Ausgehend von der Annahme, dass alle Ein- und Zweifamilienhäuser außerhalb des Fernwärmenetzes grundsätzlich für den Einsatz von Mikro-KWK geeignet sind, ergab eine Schätzung ein 12 LITRES Discussion Paper 2016-02 theoretisches Potenzial von 160.000 Gebäuden für den Einsatz von Mikro-KWK im Wohnsegment. Unter Einbezug von Mini-KWK, die auch in Mehrfamilienhäusern oder im Gewerbe zum Einsatz kommen können, wäre das theoretische Einsatzpotenzial noch größer. Dennoch sind die tatsächlich realisierten Anzahlen eher gering. Als Marktführer installiert bspw. Senertec in Berlin im Jahr etwa 50 Mini-/Mikro-KWK Anlagen (vgl. Interview 3). Die zentralen Akteure der Berliner Energieversorgung sind damit Vattenfall, der örtliche Stromnetzbetreiber und Fernwärmeversorger, sowie traditionell die ehemals städtische und später privatisierte GASAG als Gasnetzbetreiber. Allerdings gab es in Berlin in den vergangenen Jahren intensiv geführte Debatten um eine „Rekommunalisierung“ der Energienetze (inklusive eines gescheiterten Volksentscheids) und in diesem Zuge wurde „Berlin Energie“ als neues Stadtwerk gegründet, das sich in den aktuell anstehenden Konzessionsvergabeverfahren um den Betrieb der Berliner Energienetze bewirbt (vgl. Berliner Zeitung 2015). Während bereits 2014 die Konzession für das Gasnetz auslief und an „Berlin Energie“ neu vergeben wurde, woraufhin sich ein andauernder Rechtsstreit zwischen der Stadt Berlin und der GASAG anschloss (vgl. Berliner Zeitung 2015; Der Tagesspiegel 2015), läuft das Konzessionsverfahren für die Vergabe der Stromnetze noch und auch hier bietet „Berlin Energie“ als neuer Akteur gegen den aktuellen Betreiber Vattenfall mit (vgl. Senatsverwaltung für Finanzen Berlin 2015). Berlin ist zudem geprägt durch zahlreiche Universitäten und Forschungseinrichtungen mit einer langen Tradition in der Energieforschung. Durch seine Rolle als Hauptstadt sind zudem viele Interessensvertretungen verschiedener Gruppen der Energieversorgung aber auch des Handwerks und der Gebäudewirtschaft ansässig, die Lobby- und Netzwerkarbeit betreiben (vgl. Interview 2). Die Berliner Energiepolitik verfolgt das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 um 40% zu senken. Berlin ist Mitglied im Klimabündnis der Städte und hat sich vor diesem Hintergrund zusätzlich verpflichtet, die Pro-Kopf-Emissionen bis 2030 um 50% zu senken. Dazu soll die Erhöhung der Energieeffizienz, die Nutzung erneuerbarer Energien und Energieeinsparung beitragen (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2015a). Im Hinblick auf die Steigerung der Energieeffizienz spielt KWK in der Berliner Energiepolitik eine Schlüsselrolle und war ein Förderschwerpunkt des Ende 2015 auslaufenden Umweltentlastungsprogramm II (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2015b). Im neuen Energiewendegesetz Berlins ist die Förderung hocheffizienter KWK ein wichtiges Element und steht im Zusammenhang mit der Flexibilisierung der Energieversorgungssysteme, der Energiespeicherung und intelligenter Stromnetze (§15(1) Berliner Energiewendegesetz). Langfristig möchte Berlin „klimaneutral“ werden. Als Grundlage für die hierfür notwendigen Maßnahmen wurde zunächst eine Machbarkeitsstudie erstellt, die verschiedene Szenarien aufzeigt. Sie soll die Grundlage für ein neues Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) bilden (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2014). In dieser Studie wird der KWK eine wachsende Bedeutung zugeschrieben, wobei sowohl eine verstärkte dezentrale als auch zentrale KWK-Strategie in den Szenarien abgebildet wird 13 LITRES Discussion Paper 2016-02 (Reusswig/Hirschl/Lass 2014: 32,69). Dabei soll die KWK zukünftig vermehrt „intelligent“ genutzt und mit Wärmespeichern kombiniert werden, denn gerade im Stadtgebiet mit hoher städtebaulicher Dichte wird ein Potenzial für die flexible Ergänzung der fluktuierenden erneuerbaren Energien aus dem Stadtumland gesehen (ebenda: 78). Auch Mini-KWK soll dabei im Rahmen von Leuchtturmprojekten eine Rolle spielen und im Rahmen der „Initiative KWK Modellstadt Berlin“ vorangebracht werden (ebenda: 130). Die „KWK Modellstadt Berlin“ ist eine gemeinsame Initiative der Berliner Energieagentur, der GASAG, Vattenfall und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, KWK als Schlüsseltechnologie im Rahmen der Energiewende und für eine klimafreundliche Energieversorgung zu befördern und betreibt Öffentlichkeitsarbeit für das Thema KWK in Berlin (vgl. Berliner Energie Agentur 2015). Die hohe Bedeutung der KWK in Berlin wird auch an konkreten Zahlen sichtbar. So ist Berlin Spitzenreiter in Deutschland in der Anwendung von KWK und gerade bei den BHKW Anlagen (kleiner als 2000kWel) zeigt sich eine rasante Entwicklung in den vergangenen Jahren. So hat deren Anzahl in Berlin von 42 im Jahr 2000 auf über 700 in 2012 zugelegt und insbesondere bei den Mini-/Mikro-KWK Anlagen (unter 50kWel) lässt sich eine deutliche Zunahme verzeichnen (vgl. Abb. 1). Auf die Leistungsklasse der Anlagen kleiner 10kWel entfielen dabei insgesamt die meisten Anlagen (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2015c). Abbildung 1:Entwicklung BHKW in Berlin (eigene Darstellung in Anlehnung an: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2015c) 14 LITRES Discussion Paper 2016-02 2.2. Ruhrgebiet Das „Ruhrgebiet“ hat in den vergangenen Jahren unterschiedliche räumliche und auch raumplanerisch gefasste und diskutierte Abgrenzungen erfahren. Für die Analyse von Innovationsimpulsen innerhalb eines stadtregionalen Energiesystems eignet sich hier die ‚Metropole Ruhr‘, die auch institutionell durch den Regionalverband Ruhr gefasst ist, da ihre elf Städte und vier Landkreise, mit insgesamt 5,1 Millionen Einwohnern (vgl. Regionalverband Ruhr 2015a) historisch und auch aktuell über ähnliche Charakteristika in der Energieversorgung und -nutzung verfügen. Durch den traditionellen Standort für Kohlebergbau und damit einer Konzentration von Kohlekraftwerken zur Stromerzeugung bestehen Pfadabhängigkeiten, die das heutige Energiesystem prägen (vgl. Interview 4). So ist auf die Entwicklung zu einem zentralen, auf fossilen Energien basierenden, Energieerzeugungsstandort auch die Ansiedelung energieintensiver Industrie zurückzuführen – insbesondere Stahl- und Chemieindustrien – die für einen erheblichen Anteil am Energieverbrauch und an den Treibhausgasemissionen verantwortlich sind (vgl. Viétor 2013: 74.; vgl. Interview 4). Etwa 200 im Ruhrgebiet angesiedelte Unternehmen der Energiewirtschaft mit einem gesamten Jahresumsatz von 42 Milliarden Euro beschäftigen rund 80.000 Personen in den Bereichen Energieumwandlung, Energieversorgung und Energietechnik (vgl. Ruhrenergy 2015a; Regionalverband Ruhr 2015b). Die hohe Anzahl und große Dichte eröffnet Agglomerationsvorteile und macht die Metropole Ruhr zu einem der wichtigsten Energiestandorte in Deutschland und Europa (vgl. Ruhrenergy 2015b). Darüber hinaus bildet ein Zusammenschluss von 67 führenden Wirtschaftsunternehmen den Initiativkreis Ruhr, der sich mit zukunftsfähigen Ideen und praxisnahen Konzepten in vier Handlungsfeldern beschäftigt, darunter Energie. Neben der Erarbeitung energiepolitischer Positionspapiere begleitet der Initiativkreis Ruhr das Projekt „InnovationCity Bottrop“ (s. u.) (vgl. Innovation City Management GmbH 2015a). Zwischen den Energieversorgungsunternehmen in der Region bestehen enge Verbindungen, sowohl in gegenseitigen Unternehmensbeteiligungen, als auch bei städteübergreifender, betrieblicher Infrastrukturplanung in der Strom- und Wärmeversorgung (vgl. Interview 5). Das im Ruhrgebiet konzentrierte energietechnisches Know-how und die polyzentrale Struktur, mit relativ hoher Dichte in den Städten und vielen, eher kleinräumigen Freiflächenanteilen, mit nur begrenztem Potenzial für die Integration erneuerbarer Energien (vgl. Interview 4), versprechen ein hohes Potenzial für die Implementierung von Mini-/Mikro-KWK im stadtregionalen Energiesystem. Die Kraftwerkstechnologiekompetenzen liegen in der Produktion, dem Anlagenbau und der Systemintegration und werden von privaten Betrieben, Instituten und Universitäten getragen und fortwährend ausgebaut (vgl. Ruhrenergy 2015c). Die gut ausgebauten zentralen Wärmenetze hingegen sind traditionell mit zentraler KWK verbunden und stehen den Einsatzmöglichkeiten von Mini-/Mikro-KWK auch entgegen. Durch die Konzentration energieintensiver Industrie sind Ziele wie 100% erneuerbar für die meisten Kommunen im Ruhrgebiet sehr unrealistisch (vgl. Interview 4). Daher besteht die Notwendigkeit, auch an der Weiterentwicklung und Effizienzsteigerung der fossilen Energieversorgung im Ruhrgebiet zu forschen und zu arbeiten. 15 LITRES Discussion Paper 2016-02 Die Städte im Ruhrgebiet haben trotz der gemeinsamen regionalen Raum- und Energiepolitik unterschiedliche Schwerpunkte im Energiebereich. Mit der „E-world energy & water“ ist die wichtigste europäische Energiemesse seit 2001 in Essen beheimatet (vgl. Regionalverband Ruhr 2015b). Gelsenkirchen hat sich als „Solarstadt“ einen Namen gemacht (vgl. ebd.), in Bochum wird ein Schwerpunkt auf oberflächennahe und tiefe Geothermie gesetzt, die – basierend auf Know-how aus der Bergbau- und Grubentechnologie – in Forschungs- und Anwendungsprojekten getestet wird (vgl. Regionalverband Ruhr 2015c) und in Herne wurde mit dem Energiepark „Mont-Cenis“ die Umnutzung einer ehemaligen Kohlegrube zu einem Fortbildungszentrum mit Gebäudestruktur und innovativer, teilweise erneuerbarer Energieversorgung realisiert (vgl. Akademie Mont Cenis 2015). Eine Sonderrolle spielt Bottrop, das als Modellstadt im Rahmen der „Innovation City Ruhr“ ausgewählt wurde und damit Vorreiter und Beispiel für die Vision eines klimagerechten Stadtumbaus sein soll. Innovation City Bottrop ist ein Leitprojekt, unter dessen Dach im Rahmen eines Masterplanprozesses zahlreiche Projekte umgesetzt werden. Die Zielsetzung des Gesamtprojekts ist die Einsparung von 50% CO2 bis 2050 ausgehend von 2010 und zugleich die Erhöhung der Lebensqualität. Die mehr als 200 Einzelprojekte sind in den Themenfeldern Wohnen, Arbeiten, Energie, Mobilität und Stadt einsortiert, wobei in vielen Projekten eng mit verschiedenen Wirtschaftspartnern gearbeitet wird (vgl. Innovation City Management GmbH 2015b). Auch Bottrop ist geprägt von energieintensiver Industrie, darunter einer Kokerei und einer Aluminiumhütte, die zu den größten Energieverbrauchern Deutschlands gehören. Diese wurden daher aus der Ziel- und Maßnahmenbetrachtung der Innovation City ausgeklammert, da sie mit ihren Anteilen am Energieverbrauch die Zielerreichung verfälschen würden (vgl. Interview 4). Für die energiebezogenen Projekte steht das Thema Vernetzung im Vordergrund (energetische Vernetzung im Quartier und zwischen verschiedenen Nutzungen) (vgl. Interview 4; Innovation City Management GmbH 2015c). Zwei der insgesamt 16 Projekte beschäftigen sich mit Mini/Mikro-KWK. Die Projekte sind in einem Pilotgebiet konzentriert, das in großen Teilen von einem Fernwärmenetz erschlossen ist. Insgesamt hat Bottrop eine hohe Fernwärmedichte und da die Fernwärme aus einer hocheffizienten KWK Anlage gespeist wird (die überwiegend aus der Abfallverbrennung stammt, aber auch Deponie- und Grubengas nutzt), ist es ein Ziel, dieses weiter auszubauen bzw. zu verdichten (Kratzsch 2010: 9ff.). Auch der Einsatz regenerativer Wärmequellen, wie bspw. Umweltwärme, nutzbar gemacht über eine Gaswärmepumpe, wird im Rahmen der Projekte forciert, sodass die M-KWK Projekte nur ein Teil des Gesamtbildes darstellen und auch konkurrierende Technologien gefördert werden (vgl. Innovation City Management GmbH 2015d). Für die Nutzerstruktur in Bottrop aber auch insgesamt im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen ist relevant, dass es einen im bundesweiten Vergleich hohen Mieteranteil und wenig Selbsteigentümer gibt (vgl. Interview 4; 6). KWK, aber auch die Markteinführung anderer rationeller Energietechnologien sowie der Fernwärmeausbau, werden durch Maßnahmen und Projekte von landesministerieller Seite in NRW gefördert (MWEIMH 2015). Das Land hat sich zum Ziel gesetzt, die installierte KWK Leistung bis 2020 zu verdoppeln (vgl. Interview 6). Zentral ist das Programm progres.nrw, das bis Ende 2016 läuft und zum Ziel hat, die Markteinführung von Technologien zur Nutzung 16 LITRES Discussion Paper 2016-02 erneuerbarer Energien und Energieeffizienz zu fördern. Im Rahmen dieses Programms gibt es ein KWK-Impulsprogramm NRW mit 250 Millionen Euro, aus dem v. a. kleinere und mittelständische Unternehmen Förderung beantragen können, um KWK Anlagen zu installieren sowie Beratung und Information zu erhalten. Dabei bekommen die Antragsteller Zuschüsse für Mini-/Mikro-KWK Anlagen bis 50kWel von bis zu 15.000 Euro je Anlage und zinsverbilligte Kredite für Anlagen größer 50kWel (vgl. Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen 2015). Diese vergleichsweise hoch angesetzte Förderung, die letztlich eine Verdoppelung der bundesweit über die BAFA zur Verfügung stehenden Fördersätze ermöglicht, wird in NRW sehr gut angenommen und spielt eine große Rolle für die Realisierung von Mini-/Mikro-KWK Projekten (vgl. Interviews 6; 4). Organisatorisch ist für die Vergabe die Landesbank (NRW Bank) zuständig. Für die Durchführung der Beratungs- und Netzwerkarbeit spielt hingegen die von der Landesregierung beauftragte Energieagentur eine wichtige Rolle, denn sie stellt eine operative Plattform für den Austausch von Wissen und Lösungen von Problemstellungen zur Verfügung. So hat die Energieagentur die Initiative „KWK-Strom trifft Wärme“ gegründet, die eine Netzwerk- und Beratungsfunktion übernimmt (vgl. Interviews 6). In der Metropole Ruhr bringt zudem der Regionalverband Ruhr eine gemeinsame Energie- und Klimapolitik voran und erarbeitet mit den Kommunen ein regionales Klimaschutzkonzept mit dem Titel „Erschließung der Erneuerbare-Energien-Potenziale in der Metropole Ruhr“ (Regionalverband Ruhr 2015d). 3. Entwicklungsbedingungen des Innovationsimpulses Im Rahmen der Fallstudienanalyse wurden insgesamt vier Projekte untersucht, die auf den verstärkten Einsatz von Mini-/Mikro-KWK Anlagen abzielen und deren Markteinführung in unterschiedlicher Weise vorantreiben wollen. Dabei wurden in jedem der beiden stadtregionalen/städtischen Räume (Berlin und Ruhrgebiet) je zwei Projekte untersucht, die etwas unterschiedliche Größenklassen von Nano-, über Mikro-, bis Mini-KWK Anlagen in den Fokus nehmen. Der Analyse und Auswertung der vier konkreten Projekte wird nachfolgend zunächst eine kurze, generelle Beschreibung des Standes der Technik von Mini-/Mikro-KWK Anlagen sowie eine Erörterung der Wirtschaftlichkeit von Mini-/Mikro-KWK Anlagen im Vergleich zu anderen Wärmeversorgungsoptionen für Wohngebäude vorangestellt. Im Anschluss werden die vier Projekte skizziert, ihre Entstehung und Zielsetzung beschrieben, die teilnehmenden Organisationen, deren Maßnahmen und erste Erfolge aber auch Probleme benannt und die raumstrukturellen Charakteristika jedes Projekts herausgearbeitet. Damit soll der anfangs aufgeworfenen Frage nach der Entstehung und Entwicklung der Innovationsimpulse innerhalb der konkreten städtischen Energiesysteme nachgegangen werden. 17 LITRES Discussion Paper 2016-02 3.1. Stand der Technik und Wirtschaftlichkeit 3.1.1 Stand der Technik Mini-/Mikro- KWK-Anlagen sind technisch ausgereift und am Markt verfügbar. Dies gilt insbesondere für Otto-Motoren, während sich Stirlingmotoren und v.a. Brennstoffzellen in der Phase der Markteinführung befinden (vgl. BHKW-Infothek 2016a, Büchner und Krüger 2015, Schubert et al. 2014, Bachor et al. 2013). Tabelle 1 gibt einen vergleichenden Überblick über Otto-Motoren, Stirling-Motor und Brennstoffzelle. Im Nano-BHKW Bereich (1 bis 2,5 kWel) werden z.Z. weitestgehend Stirling-Motoren angeboten, daneben sind auch wartungsintensivere Verbrennungsmotoren verfügbar. Brennstoffzellen befinden sich für diese Leistungsbereiche in der Entwicklung bzw. sind bereits vereinzelt am Markt verfügbar (z.B. Hildebrandt 2015). Mikro-BHKW Anlagen (2,5 bis 20 kWel) und Mini-BHKW Anlagen (ab 20 bis 50 kWel) werden vorrangig mit Verbrennungsmotoren betrieben (BHKW-Infothek 2016a). Tabelle 1: Übersicht über Stand der Technik und Eigenschaften (nach Büchner und Krüger 2015); Dampfkolbenmotor und Mikrogasturbine sind nicht mit aufgeführt Otto-Motor Kommerziell verfügbar, in großen Stückzahlen hergestellt Stirling-Motoren Markteinführung Brennstoffzellen Markteinführung Elektr. Leistung (kW) 1,0-9,0 1,0 0,3-5,0 Stromzahl (-) 0,2-0,5 0,1-0,2 0,2-2,5 Elektr. Wirkungsgrad (%) 15-30 10-16 30-55 Interne Verbrennung Externe Verbrennung Elektro-chemisch Brennstoffe Flüssig, gasförmig Flüssig, gasförmig, fest gasförmig Vorteile Robust und erprobt Wartungsarm, leise, emissionsarm Wirkungsgrad, emissionsarm Wartungsintensiv, hohe Geräuschentwicklung Wirkungsgrad, Dichtheit Wartungsintensiv, hohe Investition, Langzeiterfahrung fehlt Stand der Technik Umwandlungsart Nachteile Im Rahmen von Feldtests wurden bzw. werden KWK-Anlagen erprobt, Wartungsaufwand, Zuverlässigkeit, Betriebssicherheit und Geräuschemissionen untersucht auf dieser Basis die Anlagen technisch und wirtschaftlich weiter optimiert (z.B. Berthold 2012; vgl auch Kap. 3.3.) (siehe Tabelle2). Tabelle 2: Resultate aus Feldtests zu Nano- bzw. Mikro-KWK Anlagen (u.a. Berthold 2012) Marktverfügbar-keit Leistungsbe-reiche Otto-Motoren gegeben Stirling-Motoren gegeben; z.T. aber Insolvenzen Brennstoffzellen z.T. am Markt verfügbar 1 kW el / 2,8 kW th 2-4 kW el / 5-12 kW th 0,3…1 kW el / 4-6 kW th 1 kW el / 5-7,5 kW th 1 kW el / 1,7 kW th 2 kW el / 0,3-1 kW th 5 kW el / 10 kW th 18 Gesamtwirkungsgrad Elektr. Wirkungsgrad Wartungsauf-wand LITRES Discussion Paper 2016-02 > 80% bzw. > 95% > 92%, z.T. keine Herstellerangaben 60-90% bzw. 85% 23-25% 12-14% 23-32% (ein Hersteller bis 60%) Wartungsaufwand höher als bei Stirling Zumeist hohe Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit Geräuschemissionen Vergleichsweise geringer Wartungsaufwand und damit -kosten (vgl. wartungsfreie Motoren) Zuverlässigkeit im Betrieb weitgehend gegeben Vergleichsweise hoher Wartungs- und Serviceaufwand Verbesserung der Zuverlässigkeit im Rahmen der Testphase Auch das Ergebnis aus Feldtests zeigt, dass die Technik verfügbar ist und sich in der gezielten Weiterentwicklung befindet. Von den im Rahmen der Feldtests beteiligten Geräten sind dennoch aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr alle am Markt verfügbar (vgl. Kap.3.3.) 3.1.2 Wirtschaftlichkeit Es werden für Einfamilienhäuser, kleine Mehrfamilienhäuser (6 Wohneinheiten) und große Mehrfamilienhäuser (32 Wohneinheiten) die Wärmegestehungskosten beim Einsatz von Mini-/Mikro-KWK-Anlagen untersucht und diese den Wärmegestehungskosten weiterer Wärmeversorgungsoptionen (z.B. über Pelletkessel, Gasbrennwertkessel, Wärmepumpen) vergleichend gegenüber gestellt. Im Anhang (Kapitel 7) sind die Herangehensweise und Eingangsdaten zur Ermittlung der Wärmegestehungskosten aufgeführt. Bei den KWKVarianten werden die Stromgutschriften bei der Ermittlung der Wärmegestehungskosten mit einbezogen (vgl. Anhang, Tabelle 3). Nachfolgend werden die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt und erläutert. Einfamilienhaus. Betrachtet man die jährlichen Kosten, die sich für die verschiedenen Wärmeversorgungsoptionen im Einfamilienhaus (sanierter Altbau) ergeben, so zeigt sich, dass die Wärmeversorgung über ein Erdgas-BHKW mit höheren jährlichen Kosten verbunden ist als eine Wärmeversorgung über einen Erdgas-Brennwertkessel (inkl. solarthermischer Anlage) oder einen Pelletkessel. Der Erdgasbrennwertkessel stellt mit Kosten in Höhe von knapp 2.100 €/a aktuell die kostengünstigste Option dar (siehe Abbildung 3). Die Wärmeversorgung über einen Pelletkessel ist mit jährlichen Kosten in Höhe von knapp 2.400 €/a verbunden. Demgegenüber resultiert eine Wärmeversorgung über ein Erdgas-BHKW in jährlichen Kosten von rund 2.500 bis 2.650 €/a (inkl. Berücksichtigung der Stromgutschrift). Mit den höchsten jährlichen Kosten sind die beiden Wärmepumpenvarianten verbunden. Hier ist in den Kosten auch anteilig ein finanzieller Mehraufwand verursacht durch den Einbau einer Fußbodenheizung in den Kalkulationen berücksichtigt. 19 LITRES Discussion Paper 2016-02 Gesamtkosten der Wärmeversorgung für ein Einfamilienhaus (Altbau energet. saniert) pro Jahr (€/a) 2.503 Erdgas M-KWK (Otto) 2.645 Erdgas M-KWK (Stirling) Erdgas (BW-Kessel) + Solar 2.091 Erdgas (BW-Kessel) 2.060 2.821 WP (Umgebungs-Luft) 2.642 WP (Erdwärme-Sonde) 2.408 Pellets + Solar Pellets 2.377 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 Euro2010/Jahr Abbildung 2: BHKW) Einfamilienhaus (sanierter Altbau, siehe Tabelle 4): Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift) [Euro/Jahr] Exemplarisch für das Erdgas-Otto-BHKW wurde eine Parametervariation durchgeführt, um die Bedeutung einzelner Kostenparameter auf die Wärmegestehungskosten sowie die Effekte möglicher Kostenreduktionspotenziale (z.B. bei den Investitionskosten) aufzuzeigen (siehe Abbildung 4). 3.100 2.900 2.700 2.500 2.300 2.100 1.900 -20% -15% -10% -5% 0 5% 10% Investition WE, Speicher, Montage (20.420 €) Strombezugskosten (28 ct/kWh) Anteil Eigenstromnutzung (50%) Förderhöhe (1.900 €) Abbildung 3: 15% Parametervariation [% des Basiswertes] Parametervariationen für Otto-Erdgas-BHWK im Einfamilienhaus 20% 20 LITRES Discussion Paper 2016-02 Wie Abbildung 4 zeigt haben die Investitionskosten (sowohl die gesamten Investitionskosten, als auch die Kosten speziell für Wärmeerzeuger, Speicher, Montage) und die Erdgasbezugskosten den höchsten Einfluss auf die Wärmegestehungskosten. Eine Reduktion der Investitionskosten für Wärmeerzeuger, Speicher, Montage um 20% beispielsweise hat eine Reduktion der Wärmegestehungskosten von rd. 2.500 auf knapp 2.200 €/a zur Folge. Um eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit mit der Erdgasbrennwertkessel-Variante zu erzielen (hier liegen die Wärmegestehungskoksten bei rd. 2.050 €/a) müssten die Investitionskosten für Wärmeerzeuger, Speicher, Montage jedoch um 30% reduziert werden. In diesem Falle würden sich Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift) für die KWK-Anlage in Höhe von knapp 2.030 €/a ergeben. Demgegenüber haben der Anteil an Eigenstromnutzung im Objekt sowie die Höhe der Strombezugskosten für das betrachtete Einfamilienhaus einen geringeren Einfluss auf die Wärmegestehungskosten. Die Förderhöhe hat (ausgehend von den aktuellen Bedingungen) den geringsten Einfluss. Um über eine Förderung vergleichbare Wärmegestehungskosten zwischen der Mini-KWK-Anlage und einem Erdgasbrennwertkessel zu erreichen müsste eine sehr deutliche Erhöhung der aktuellen Förderung für Mini-KWK-Anlagen vorgenommen werden (im vorliegenden Fall um das 4-fache). Kleine Mehrfamilienhäuser. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei BHKW) für kleine Mehrfamilienhäuser (Altbau, saniert). Gesamtkosten der Wärmeversorgung für ein kleines Mehrfamilienhaus (Altbau energet. saniert) pro Jahr (€/a) 4.851 BHWK (Erdgas) 5.118 BW-Kessel (Erdgas) Holzhackschnitzel anlage 5.431 6.001 Pelletheizung 0 2.000 4.000 6.000 8.000 Euro2010/Jahr Abbildung 4: Kleines Mehrfamilienhaus (sanierter Altbau, siehe Tabelle 4): Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei BHKW) für das betrachtete Aufbauend auf den in Anhang dokumentierten Datengrundlagen und Annahmen zeigt sich, dass eine Beheizung des Mehrfamilienhauses mit einer KWK-Anlage zu jährlichen Kosten in Höhe von knapp 4.900 Euro führt. Hierbei ist die Stromgutschrift (siehe Anhang, Tabelle 3) bereits 21 LITRES Discussion Paper 2016-02 berücksichtigt. Die Wärmeversorgung über einen Erdgasbrennwertkessel ist mit jährlichen Kosten von gut 5.100 Euro verbunden. Der Einsatz einer Holzhackschnitzelfeuerung bzw. einer Pelletfeuerung führt im Vergleich hierzu zu höheren jährlichen Kosten. Große Mehrfamilienhäuser. Abbildung 6 gibt einen Überblick über die errechneten Wärmegestehungskosten im Falle eines großen Mehrfamilienhauses. Hier zeigt sich, dass die jährlichen Kosten der Wärmeversorgung bei der KWK-Variante – berücksichtigt man die Stromgutschriften – geringer sind als beim Erdgasbrennwertkessel. Während bei der KWKAnlage jährliche Kosten in Höhe von gut 11.200 Euro auftreten, betragen sie beim Erdgasbrennwertkessel rd. 16.600 Euro. Die Wärmeversorgung über einen Pelletkessel ist mit den höchsten jährlichen Kosten verbunden, während unter den hier getroffenen Annahmen (siehe Anhang), die Wärmeversorgung über einen Hackschnitzelkessel mit knapp 15.500 €/a geringere jährliche Kosten aufweist. Gesamtkosten der nWärmeversorgung für ein großes Mehrfamilienhaus (Altbau energet. saniert) pro Jahr (€/a) 11.225 BHKW (Erdgas) 16.606 BW-Kessel (Erdgas) Holzhackschnitzel anlage 15.495 19.238 Pellets 0 5.000 10.000 15.000 20.000 Euro2010/Jahr Abbildung 5: Großes Mehrfamilienhaus (sanierter Altbau): Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift bei BHKW) Betrachtet man die gesamten Investitionskosten, so ist das Erdgas-BHKW mit den höchsten Aufwendungen (gut 73.000 Euro unter Berücksichtigung der BAFA-Förderung) verbunden. Die Investitionskosten speziell für KWK-Anlage, Spitzenlastkessel, Speicher und Montage betragen hiervon rund 57.000 Euro. Demgegenüber weist der Erdgasbrennwertkessel die geringsten Gesamtinvestitionen auf (knapp 29.000 Euro) (siehe Anhang, Tabelle 7). Auch mit Blick auf die betriebs- und verbrauchsgebundenen Kosten ist das Erdgas-BHKW durch die höchsten jährlichen Kosten gekennzeichnet (siehe Tabelle 7, Tabelle 8, Tabelle 9, Tabelle 10). Insbesondere die Gutschriften im Falle der Eigennutzung des erzeugten Stroms sowie zusätzliche Einnahmen, die u.a. aus der Vergütung des eingespeisten Stroms sowie dem KWKZuschlag resultieren, wirken sich in der Summe aber positiv auf die Höhe der Wärmegestehungskosten der KWK-Anlage aus. Die Parametervariation in Abbildung 7 macht die Bedeutung des Anteils an Stromeigennutzung auf die Wärmegestehungskosten deutlich. 22 LITRES Discussion Paper 2016-02 Als Ausgangspunkt wurde der Berechnung eine Eigennutzung des erzeugten Stroms in Höhe von 50% zugrunde gelegt und dieser Anteil in der Parametervariation um + bzw. -20% variiert. Wärmegestehungskosten (inkl. Stromgutschrift) [€/a] 17.000 15.000 13.000 11.000 9.000 7.000 5.000 -20% -15% -10% -5% 0 5% 10% 15% 20% Erdgasbezugskosten (6,2 ct/kWh) Anteil Eigenstromnutzung (50%) Invest KWK, Spitzenlast, Speicher, Montage (57.170 Euro) Abbildung 6: Parametervariationen für Otto-Erdgas-BHWK im großen Mehrfamilienhaus Vergleichendes Fazit. Für größere Objekte wie beispielsweise große Mehrfamilienhäuser stellt sich eher eine Wirtschaftlichkeit von KWK-Technologien im Vergleich zu alternativen Wärmeversorgungstechnologien ein als für Einfamilienhäuser. Insgesamt weisen KWK-Technologien im Vergleich (noch) sehr hohe Investitionskosten auf. Im Vergleich zu Erdgasbrennwertkesseln oder Pelletkesseln, die ausschließlich der Wärmeerzeugung dienen, wird bei KWK-Anlagen jedoch zusätzlich Strom erzeugt, der für den Eigenbedarf genutzt werden kann. Bezieht man die Gutschriften, die hieraus resultieren, in die Berechnung der Wärmegestehungskosten ein, dann wirkt sich dies insbesondere bei größeren Objekten positiv auf das Ergebnis aus, da hier u.a. größere (absolute) Mengen an Strombedarf durch Eigenerzeugung bereitgestellt und somit (teurer) Strombezug vermieden werden kann. Weiterhin hat der aktuelle KWK-Zuschlag (vgl. BAFA 2015) einen deutlichen Einfluss auf das Ergebnis der Kostenrechnung. Im EFH kommt der oben beschriebene Effekt noch nicht in ausreichendem Umfang zum Tragen. Hier stellen die KWK-Lösungen im Vergleich zum Erdgasbrennwertkessel stets die teurere Variante dar und es müsste eine Reduktion der Investitionskosten bei KWK-Anlage, Speicher, Montage von mindestens 30% erzielt werden, um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu sein. 23 LITRES Discussion Paper 2016-02 3.2. Projekt: Mini-KWK (20 bis 50 kWel) im virtuellen Kraftwerk (Berlin) Im Oktober 2010 hat die Vattenfall Europe Wärme AG mit der Errichtung eines virtuellen Kraftwerks begonnen in das auch Mini-KWK eingebunden werden (vgl. Abb. 7 als Beispiel für die grundsätzliche Funktionsweise eines virtuellen Kraftwerks). Ein wichtiges Ziel dieses Projekts ist die intelligente Vernetzung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen (darunter KWK und Wärmepumpen) um angesichts der Herausforderungen bei der Integration erneuerbarer Energien in die Stromnetze größtmögliche Flexibilität zur erhalten, die sich durch die Speicherbarkeit der Wärme an dieser Schnittstelle ergibt (vgl. Vortrag Hanno Balzer 2012: 4ff). Dabei wird der Strom komplett eingespeist, während die Wärme vor Ort genutzt wird. Auch die Möglichkeit der Stromvermarktung von bestehenden, dezentralen BHKWs ist ein wichtiger Ausgangspunkt für das Projekt. Neben seinen zentralen Fernwärmenetzen in Hamburg und Berlin betreibt Vattenfall bereits seit vielen Jahren BHKW-Anlagen für die dezentrale Wärmeversorgung. Diese werden wärmegeführt betrieben und daher wird der Strom produziert, eingespeist und entsprechend dem KWKG vergütet, wie er im Zuge der Wärmeerzeugung anfällt. Hinsichtlich der Stromvermarktung ist diese Betriebsweise oftmals wenig lukrativ. Aus diesem Grund wird im Rahmen des virtuellen Kraftwerks auch das Ziel verfolgt, die bestehenden KWK-Anlagen (ursprünglich auch mit Wärmepumpen als Stromverbraucher, die den Strom zu Stromüberschusszeiten in Wärme umwandeln) so zu vernetzen, dass über die gemeinsame, flexible Steuerung der produzierte Strom besser am Regelenergiemarkt vertrieben werden kann (vgl. Interview 7). Ein wichtiger Beteiligter an diesem Projekt ist der Mini-/Mikro-KWK Gerätehersteller Senertec, mit den „Dachs“-Anlagen in unterschiedlichen Größenklassen (1,5 und 20kW) (vgl. BHKW-Prinz.de 2014). Damit soll den Mini-KWK Anlagen eine gewinnversprechendere Teilnahme am Energiemarkt ermöglicht werden, die umso herausfordernder ist, je kleiner die Anlagen sind (vgl. Interview 3). Die „Dachse“ im Mini-KWK Bereich sind die bisher kleinsten in das virtuelle Kraftwerk integrierten Anlagen, die größten liegen im Leistungsbereich von 600MWel. Die Anlagen kommen sowohl in Wohngebäuden als auch in Verwaltungsgebäuden und bspw. Schulen zum Einsatz (vgl. Interview 7). Ende 2011 wurden über die etwa 100 Anlagen im virtuellen Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von zusammen 50MW etwa 100.000 Wohneinheiten versorgt. Die Zielsetzung war bis Ende 2013 200.000 Wohneinheiten über insgesamt 1.000 Anlagen mit zusammen 200MW zu versorgen (vgl. Vortrag Balzer 2012: 14). Diese Ziele konnten aber im Frühjahr 2014 noch nicht realisiert werden (vgl. Interview 7). Grundsätzlich können bundesweit Anlagen in das virtuelle Kraftwerk eingebunden werden, die meisten Anlagen befinden sich jedoch in den Schwerpunktmärkten von Vattenfall in Hamburg und Berlin (vgl. Interview 7). An dem Projekt sind neben der Vattenfall Europe Wärme AG und dem Senertec Center Berlin-Brandenburg auch SES Energiesysteme als Hersteller von KWK Anlagen beteiligt sowie Stiebel Eltron als Wärmepumpenhersteller (Vattenfall Europe Wärme AG o.J.: 12). 24 LITRES Discussion Paper 2016-02 Abbildung 7: Funktionsweise virtuelles Kraftwerk (eigene Darstellung) Vattenfall Europe Wärme hat dabei in einer Testphase von einem Jahr zunächst nur mit eigenen Anlagen begonnen und anschließend angefangen, Anlagen von anderen Betreibern einzubeziehen, auch weil das System mit mehr Anlagen wirtschaftlicher gefahren werden kann. Um die Verschaltung der unterschiedlichen Anlagen in das virtuelle Kraftwerk zu ermöglichen, wurde, auch in enger Zusammenarbeit mit Senertec, der VHP-Ready (Virtual Heat and Power) Standard ins Leben gerufen. Dieser beschreibt, wie eine KWK-Anlage steuerbar sein muss, um ins virtuelle Kraftwerk eingebunden zu werden (vgl. Interview 3). Durch diesen Standard sollen die Investitionskosten, die erforderlich sind um die Anlage kompatibel zu machen und zu vernetzen, möglichst gering gehalten werden und damit auch die Einbindung kleinerer Leistungsklassen ermöglicht werden, deren Aufnahme in das virtuelle Kraftwerk oft ein ökonomisches Hemmnis darstellt. Bisher konnten bei Drittanlagen nur Anlagen ab einer Größe von etwa 100kWel wirtschaftlich in das virtuelle Kraftwerk aufgenommen werden, da sich bei kleineren Leistungsklassen der Aufwand der Verschaltung nicht lohnen würde. Auch bei den Dachs-Geräten konnten bislang eher Mini-KWK Anlagen integriert werden, während die Anlagen mit 5 oder 1kWel nicht wirtschaftlich einzupflegen waren (vgl. Interview 3). Durch den VHP-Ready Standard soll auch der Anschluss von KWK Anlagen im kleineren Leistungssegmenten besser ermöglicht werden (vgl. Interview 7). Inzwischen wurde der VHPReady Standard an das Frauenhofer Institut übergeben, das ihn weiterentwickelt. Begleitet wird der Entwicklungsprozess von einem Gremium, in dem neben Vattenfall weitere Energieversorger, Anlagenhersteller und Netzbetreiber vertreten sind (vgl. Interview 7). Die ursprüngliche Idee der Integration von Wärmepumpen als wichtige Stromverbraucher, die die Flexibilität vergrößern, in dem sie Strom verbrauchen und in Wärme umwandeln wenn besonders viel Strom zur Verfügung steht, hat sich nach der Testphase als schwierig herausgestellt, da die Wärmepumpen in diesem System nicht wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. Interview 7). Der Innovationsimpuls profitiert in Berlin von einem potenziell großen Markt, durch eine hohe Dichte an möglichen Nutzern, gerade auch in größeren Mietshäusern mit vergleichsweise höheren Wärmebedarfen. Das Vorhandensein eines zentralen Fernwärmenetzes in Berlin hingegen begrenzt das Interesse an dezentralen Wärmeversorgungslösungen, in Quartieren in 25 LITRES Discussion Paper 2016-02 denen auch die zentrale Wärmeversorgung zur Verfügung steht. Letztlich entscheiden aber oftmals sehr kleinteilige Fragen der Siedlungs- und Gebäudestruktur über die Möglichkeiten des Einsatzes dezentraler BHKW und ihrer Verschaltung im virtuellen Kraftwerk. Nicht zuletzt müssen angesichts der oftmals kleinen Keller mit engen Zugängen in vielen Mietshäusern kleinere KWK Anlagen mit entsprechend kleinerem Speichervolumen ausreichen (vgl. Interview 7). 3.3. Projekt: Feldtests Mikro-KWK (1-5 kWel) für Wohngebäude (Berlin, GASAG) Ein Umsetzungsprojekt mit Mikro-KWK Anlagen in Berlin, das als Innovationsimpuls innerhalb des bestehenden Energiesystems betrachtet werden kann, ist der von GASAG initiierte Feldversuch mit der kleinsten Leistungsklasse von Mikro-KWK Anlagen in der Größe von 1-5kWel. Der Ausgangspunkt der GASAG für dieses Projekt war die Weiterentwicklung des Wärmemarkts und der zunehmende Wettbewerb mit der zentralen Fernwärme, erneuerbaren Energien und Wärmepumpen. In diesem Wettbewerb konnte die Gasbranche nach den Brennwertgeräten noch keine neue, innovative Technik anbieten, die im Zuge der Energiewende auf dem Wärmemarkt konkurrieren könnte. Die Mikro-KWK Technologie als hocheffiziente Technik und zugleich mit der Möglichkeit, am Strommarkt aktiv zu sein, versprach hier Potenzial. Allerdings waren zunächst nur sehr wenige Gerätehersteller aktiv, weil diese auch mit der Herstellung anderer Heizungslösungen (Ölkessel, Gasbrennwertherme oder Pelletheizung) Geld verdienen und daher der Anreiz fehlte, in die Entwicklung von MikroKWK Anlagen zu investieren. Stattdessen gab es nur wenige kleine Pioniere, die Modelle von Mikro-KWK Anlagen in der sehr kleinen Leistungsklasse für Ein- und Zweifamilienhäuser hergestellt haben. Allerdings waren die Geräte noch nicht marktreif und auch technisch nicht ausgefeilt. Um diese Entwicklung voranzutreiben, hat GASAG Anfang 2010 mit einem Feldtest begonnen und in Kooperation mit zwei Herstellern (EHE mit WhisperGen und OTAG mit lionPowerblock) von Mikro-KWK erste Anlagen bei ihren Kunden getestet. Das Projekt zielte darauf ab, die Gerätehersteller bei der Markteinführung ihrer Anlagen zu unterstützen und die Anlagen durch die Erprobung technisch und wirtschaftlich weiter zu optimieren. Forciert und unterstützt wurde das Projekt zudem von der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e. V. (ASUE), die zum Ziel hat, die Weiterentwicklung und Verbreitung von erdgasbasierter, energiesparender Technologie voranzutreiben. Die Anlagen wurden überwiegend in Wohngebäuden bei Nutzern im Segment größerer Ein- und Zweifamilienhäuser getestet, aber auch im Kleingewerbe (vgl. Interview 1). In der Feldtestphase haben sich noch viele technische und wirtschaftliche Probleme offenbart und beiden Geräten des im Rahmen von GASAG betriebenen Feldtests ist der Durchbruch nicht gelungen und sie sind heute am Markt nicht mehr präsent. Die Feldtestphase ist abgeschlossen und trotz der technischen und wirtschaftlichen Probleme der konkret getesteten Anlagen, wertet die GASAG das Projekt als Erfolg, denn es hat, zusammen mit anderen, parallel laufenden Feldtests weiterer Hersteller, die notwendigen Impulse gesetzt und zu einer Belebung des Marktes für Mikro-KWK Anlagen geführt. Dadurch sind mehr (und auch größere) Gerätehersteller in die Produktion von Mikro-KWK Anlagen eingestiegen und heute gibt es eine größere Vielfalt von Mikro-KWK Anlagen auf dem Markt. Zudem hat die GASAG im 26 LITRES Discussion Paper 2016-02 Rahmen des Projekts Erfahrung mit Mikro-KWK gesammelt und bietet heute ihren Kunden einen Zuschuss von 500 Euro, wenn sie sich eine Mikro-KWK Anlage anschaffen. Außerdem organisiert sie unter dem Label „Hausmacherstrom“ den Stromvertrieb an die Mieter, wenn bspw. ein Vermieter für ein Mehrfamilienhaus eine Mikro-KWK Anlage installiert (vgl. Interview 1; vgl. GASAG Berliner Gaswerke AG 2015). Für die im Rahmen des beschriebenen Projekts getesteten Anlagen der sehr kleinen Leistungsklasse sind Ein- und Zweifamilienhäuser die wichtigste Nutzergruppe. In einer groben Abschätzung des Berliner Gebäudebestands hat die GASAG 160.000 Ein- und Zweifamilienhäuser in Berlin, außerhalb des Fernwärmenetzes und daher als potenziell interessante Kundengruppe identifiziert (vgl. Berthold 2012: 30). Dieses theoretische Potenzial ist im Wettbewerb mit anderen Technologien und Energieträgern am Wärmemarkt aber bei Weitem nicht komplett zu heben, nicht zuletzt aufgrund der noch zahlreichen, technischen, wirtschaftlichen und administrativen Hemmnisse für Mikro-KWK (s.u.) (vgl. Interview 1). Dennoch zeigt es, dass wichtige Akteure und insbesondere die Gasbranche in Berlin, in der Mikro-KWK ein Thema erkannt haben, welches sie zur innovationsoffenen Ausrichtung ihrer Branche und zur Positionierung von Erdgas als Standbein der Wärme- und Stromproduktion auch im Zuge der Energiewende nutzen wollen (Interview 1). 3.4. Projekt: Installation und wissenschaftliche Begleitung von 100 Mikro-KWK (1-5 kWel) Anlagen (Innovation City Bottrop, Ruhrgebiet) Konkrete Umsetzungsprojekte für Mini-/Mikro-KWK wurden auch im Rahmen des Projekts Innovation City Bottrop vorangetrieben. Hier soll ein Projekt im Fokus stehen, das sich zum Ziel gesetzt hat, 100 Mikro-KWK Anlagen der kleinsten Größenklassen (überwiegend 1kWel bis maximal 5kWel) in Haushalten in Bottrop zu installieren. Die vergleichsweise hohe Zielanzahl wird damit begründet, dass fünf unterschiedliche Anlagentypen mit verschiedener Technologie (Stirling-Technik, Ottomotor, Brennstoffzelle) zum Einsatz kommen und in mehreren Gebäudetypen getestet werden, sodass diverse Kombinationen von Anlagentechnik und Gebäudetypen abgebildet werden. Durch annährend identische Rahmenbedingungen hinsichtlich der Gebäude (bspw. Dämmstandards) soll eine Vergleichbarkeit hergestellt werden. Das Ziel dieses Projekts ist überwiegend vom Forschungsinteresse getrieben. So soll untersucht werden, welche Anlagentypen und KWK Technologie in welchen Gebäuden technisch und ökonomisch optimal eingesetzt werden kann (vgl. Gas- und Wärme-Institut Essen e. V. 2015). Zudem sollen langfristig die Anwendungspotenziale der verschiedenen Anlagentypen im Gesamtsystem "Nutzer-Gebäude-Anlagentechnik" auch hinsichtlich der Einbindung regenerativer Energien und Wärmenutzungs- und Speichertechnologien getestet werden (vgl. Innovation City Management GmbH 2015e). Das Projekt wurde im Dezember 2013 gestartet und lief bis Mitte 2015. Zu Beginn stand eine Analyse geeigneter Gebäudetypen sowie eine Aktivierung möglicher Kunden (v. a. aus dem Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser), die anschließend im Hinblick auf die Passfähigkeit für das Projekt sortiert und ausgewählt wurden (vgl. Interview 4). Bei der Analyse der Gebäudestruktur auf Grundlage einer Modellierung durch das Gas-Wärme-Institut war entscheidend, dass die Anlagen eine Jahresmindestlaufzeit 27 LITRES Discussion Paper 2016-02 von 4.000 Stunden erreichen, um wirtschaftlich betrieben werden zu können. Daher spielte die Größe der Gebäude und ihr Energiebedarf eine große Rolle, aber über die Einsatzmöglichkeiten der Anlagen entscheidet letztlich auch die ganz spezifische Gebäudestruktur, die Höhe der Kellerdecken, die Größe der Treppenaufgänge und die bestehenden Heizsysteme (vgl. Interview 4). Anschließend wurden für den Feldtest in 100 Gebäuden in Bottrop Mikro-KWK Anlagen installiert und unter wissenschaftlicher Begleitung über mindestens zwei Heizperioden betrieben und getestet (vgl. Innovation City Management GmbH 2015e). Bereits im Juni 2014 waren nahezu alle der anvisierten 100 Anlagen installiert, wobei auch darüber hinaus über zumindest zwei weitere Heizperioden die Anlagen durch die Projektbeteiligten begleitet und beobachtet werden sollen (vgl. Interview 4). Bislang stehen endgültigen Messdaten aus dem Projekt nicht zur Verfügung, sodass noch keine endgültige Einschätzung vorgenommen werden kann (vgl. Interview 8). Tendenziell stellen sich die Herausforderungen allerdings weniger auf der technischen Seite, als eher im Bereich der schwierigen Wirtschaftlichkeit (vgl. Interview 9). Das Projekt ist nur ein erster Schritt, um eine kritische Anzahl an Anlagen in der Stadt installieren zu können. Mittelfristig wäre die Vernetzung der Anlagen und Ausstattung mit Speichern ein weiteres Ziel, um die Vorteile der KWK und damit verbundenen Flexibilität besser ausnutzen zu können. 2 Die Hochschule West modelliert daher begleitend, wie eine zentrale Stromführung aussehen könnte und verfolgt mit dem Projekt ebenfalls ein wissenschaftliches Interesse. Die Gesamtprojektleitung liegt beim Gas-Wärme-Institut (GWI) aus Essen, das auch federführend verantwortlich für die Umsetzung und Integration der Anlagensysteme und nachfolgend für die technische und wirtschaftliche Auswertung der im Rahmen des Projekts gewonnenen Daten ist (vgl. Interview 8). Das GWI ist bereits seit vielen Jahren in dem Themenfeld kleiner KWK Anlagen aktiv und hat für unterschiedliche Leistungsklasse Simulationsrechnungen an Hand eines Demonstrationshauses erstellt, die mit Hilfe von Projekten wie dem 100 Mikro-KWK Projekt in der Realität geprüft werden. Daneben ist auch der örtliche Gasnetz- und Verteilnetzbetreiber (Emscher-Lippe-Energie, ELE) beteiligt. Seine Aufgabe besteht darin, die Nutzer bei der komplexen administrativen Seite der Installation einer KWK Anlage (Finanzierung, Steuer, Netzintegration, Förderung etc.) zu beraten und zu unterstützen. Darüber hinaus ist als wissenschaftliche Partner die Hochschule Ruhr West mit dem Institut Energiesysteme und Energiewirtschaft (vgl. Hochschule Ruhr West 2015) beteiligt sowie der Initiativkreis Ruhr 3, der Impulsgeber für das Projekt Innovation City und für zahlreiche Unterprojekte unter diesem Dach ist und zugleich Hauptgesellschafter der Innovation City Management GmbH ist. Diese begleitet das Projekt und ist für die Suche möglicher Kunden 2 Hier spielen Überlegungen wie ein möglicher Strom- und Wärmevertrieb zwischen Nachbarn eine Rolle (vgl. Interview 4). Da gibt es erste Ansätze im 100 Mikro KWK Projekt, wo bspw. in einem Doppelhaus einer eine Wärmepumpe hat, der andere eine Mikro-KWK Anlage. 3 Der Initiativkreis Ruhr ist ein regionales Wirtschaftsbündnis aus 65 Unternehmen im Ruhrgebiet, dass sich zum Ziel gesetzt hat, die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Ruhrgebiets zu stärken. In diesem Rahmen unterstützt der Initiativkreis auch das Projekt Innovation City (vgl. Initiativkreis Ruhr GmbH 2015) 28 LITRES Discussion Paper 2016-02 und geeigneter Gebäude und für den Kontakt zu diesen zuständig. Im Sinne der Zielsetzung der Innovation City wird das 100 Mikro-KWK Projekt als ein innovativer Ansatz für die stärkere Vernetzung der Energiesysteme gefördert. Im Rahmen der Innovation City und dem Projekt existiert zudem ein Partnernetzwerk, indem Gerätehersteller, Handwerker, die Heizungsinnung sowie Energieberater vertreten sind, die als Multiplikatoren genutzt werden sollen (vgl. Interview 4). Die Kunden sind in diesem Projekt in erster Linie direkt die Gebäudeeigentümer. Mieter spielen eher am Rande eine Rolle, wobei auch eine Wohnungsbaugesellschaft beteiligt ist. Diese verkauft bislang jedoch nur die Wärme an die Mieter und betreibt keine direkte Stromvermarktung an die Mieter, auch wenn es erste Überlegungen dazu gibt. Für die Kunden/Nutzer bestand durch die vergleichsweise hohe Förderung ein starker Anreiz zur Teilnahme an dem Projekt, sodass die Mikro-KWK Anlagen letztlich zu einem, mit einer normalen Brennwerttherme vergleichbaren Preis, angeboten werden konnten, und sich das Projekt für die Kunden daher finanziell sehr attraktiv gestaltet (vgl. Interview 4). Aus der Zusammenarbeit von Herstellern unterschiedlicher KWK-Technologien, Energieversorgern, dem Handwerk, den Nutzern und den wissenschaftlichen Institutionen, die das Projekt begleiten, versprechen sich die Beteiligten großen Nutzen (vgl. Gas- und Wärme-Institut Essen e. V. 2015). Langfristig soll über das Projekt auch eine Diffusion erreicht werden, wobei es nicht 1:1 auf andere Städte übertragen werden kann. Eine erklärte Zielsetzung ist es aber, Antworten auf die Herausforderungen der Energiewende im Zuge des vom Strukturwandel geprägten Raums zu liefern, die auch auf andere Fälle anwendbar sind. Um vor diesem Hintergrund Repräsentativität zu gewährleisten, wurde mit den unterschiedlichen Anlagetypen und Gebäuden (nach IWU Gebäudetypologie) gearbeitet. Die weitere Verbreitung der Ergebnisse wird einerseits von der Innovation City GmbH betrieben, die in verschiedenen politischen Netzwerken vertreten ist und u. a. von einer interministeriellen Arbeitsgruppe des Landes NRW begleitet wird, organisiert über die Energieagentur NRW. Zudem hat die Innovation City über das Partnernetzwerk hinaus eigene Netzwerkarbeit gemacht, die sie als Multiplikatoren nutzt (vgl. Interview 4). Auch das GWI ist ein wichtiger Verbreitungsweg, da das Institut mit seinen Aktivitäten an der Innovationsoffensive des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW) beteiligt ist und auch in Gremien zur DIN (Deutschen Industrie Norm) und des VDI (Verband deutscher Ingenieure) zum Thema KWK arbeitet und hier seine Erkenntnisse aus Projekten wie diesem einbringt (vgl. Interview 8). 3.5. Projekt: Geschäftsmodelle für Mikro-KWK (1-10 kWel) (EnergieBlock Trianel, Ruhrgebiet) Ein weiteres Projekt, das als ein Innovationsimpuls im Themenfeld der Mini-/Mikro KWK betrachtet werden kann, ist der EnergieBlock von Trianel. Das Konzept wurde im Rahmen eines Netzwerks zu Mini-/Mikro-KWK mit 40 Stadtwerken gemeinsam entwickelt. Der EnergieBlock ist ein Geschäftsmodell für dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung, das die Stadtwerke als „White-Label Produkt“ für sich anpassen und ihren Kunden anbieten können. 29 LITRES Discussion Paper 2016-02 Es soll den Stadtwerken helfen, sich als Energiedienstleister zu etablieren und verschiedene Dienstleistungen von Service, über Pachtlösungen bis hin zum vollwertigen Contracting anzubieten. Daher wurden im Rahmen des Projekts verschiedene Vertragswerke für verschiedene Energiedienstleistungsformen von Mini-/Mikro-KWK erarbeitet sowie eine Kalkulationssoftware, die eine einfache Möglichkeit zur technischen und wirtschaftlichen Simulation der Anlagen in verschiedenen Gebäudesituationen ermöglichen und so die sonst sehr aufwändige Angebotserstellung vereinfachen soll. Zudem wurden Marketingunterlagen ausgearbeitet, die jedes Stadtwerk für sich anpassen kann, eine Technologieauswahl getroffen und mit den Geräteherstellern (darunter große Heizungshersteller, aber auch kleinere, spezialisierte KWK-Hersteller) Kooperationen geschlossen und gemeinsame Beschaffungskonditionen vereinbart. Das Ziel des Projekts ist es, durch einen hohen Grad an Standardisierung den Aufwand den jedes Stadtwerk in die Erarbeitung von Energiedienstleistungsangeboten zu Mini-/Mikro-KWK investieren müsste, zu reduzieren. Denn Mini-/Mikro-KWK sind für Stadtwerke zwar einerseits ein interessantes Geschäftsfeld, aber andererseits ist die Wirtschaftlichkeit der Projekte durch die geringe Leistungsklasse und den zugleich hohen Beratungs-, Kalkulations- und Serviceaufwand schlecht, sodass es sich für ein einzelnes Stadtwerk häufig nicht lohnen würde, hier tätig zu werden. Durch die Arbeit im Netzwerk sollen Synergien genutzt und gemeinsam Energiedienstleistungen rund um Mini-/Mikro-KWK so vorbereitet werden, dass sie für die Stadtwerke einfach anzupassen und umzusetzen sind. Hier setzt das EnergieBlock Konzept an und bietet zusätzlich Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter von Stadtwerken in Technik und Vertrieb im Themenfeld Mini-/Mikro-KWK an. Das Interesse der Stadtwerke Mini-/Mikro-KWK bei ihren Kunden zu etablieren dient dabei v. a. dem Ziel, den Gasabsatz zu sichern – auch weil die Anlagen durch die gleichzeitige Stromproduktion mehr Gas verbrauchen als konventionelle Gasheizungen. Eine weitere Motivation war zugleich der Wunsch der Stadtwerke, sich über dieses Engagement stärker zum Energiedienstleistungsunternehmen zu wandeln und auch Kundenbindung spielt für die Motivation der Stadtwerke eine wichtige Rolle. Der Fokus des Projekts liegt auf Anlagen der Leistungsklasse 1-10kWel, wobei sowohl in der Kundengruppe, als auch der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen den sehr kleinen Anlagen im Bereich 1kWel, den Anlagen zwischen 3-5kWel und denen um die 10kWel differenziert wird. Die 1kWel Anlagen für den Einsatz im Einfamilienhaus sind im Rahmen des Projekts noch mit vielen technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Im Bereich der 3-5kWel Anlagen für große Einfamilien- und kleinere Mehrfamilienhäuser ist die Wirtschaftlichkeit ebenfalls noch herausfordernd aber in einzelnen Fällen schon eher zu realisieren, während sich die Anlagen im Bereich von 10kWel als technisch und wirtschaftlich ausgereift dargestellt haben (Interview 10). Diese Differenzierung spiegelt sich auch in den „Produkten“ wider, die im Rahmen des „EnergieBlocks“ für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt wurden. Mit dem „EnergieBlock Kompakt“ sollen v. a. Eigenheimbesitzer angesprochen werden, der „EnergieBlock Multi“ 30 LITRES Discussion Paper 2016-02 richtet sich an die Wohnungswirtschaft und „EnergieBlock Vario“ an Gewerbekunden (vgl. Nicolai 2014: 5). Abbildung 8: Varianten des EnergieBlock (eigene Darstellung in Anlehnung an: Nicolai 2014:5) Nachdem das Netzwerk zunächst projektbasiert an der Geschäftsmodellentwicklung gearbeitet hat, ist diese inzwischen abgeschlossen. Das Netzwerk mit inzwischen ca. 65 Stadtwerken und Regionalversorgern arbeitet dennoch weiter an anderen Themen im Wärmemarkt. Neben Mini/Mikro-KWK umfasst das EnergieBlock Konzept inzwischen auch Energiedienstleistungslösungen für Brennwertthermen. Der anfänglichen Annahme, dass gerade für Stadtwerke Mini-/Mikro-KWK ein interessantes Geschäftsfeld sein könnten, weil sie durch ihre Präsenz vor Ort die entsprechenden Netzwerke haben und kurzen Wege nutzen können, um die administrativen und technischen Hemmnisse und „Schnittstellenhindernisse“ besser zu überwinden und hier Kostenvorteile zu generieren, hat sich allerdings nicht bestätigt. Gerade im kleinsten Leistungssegment um die 1kWel, aber auch bei 3-5kWel , haben sich viele wieder aus dem Geschäftsfeld zurückgezogen, weil es zu komplex und damit nicht wirtschaftlich ist. Auch die durch Trianel betriebene Standardisierung und das Erschließen von Synergien, die mit der Erwartung verbunden waren, hier potenziell einen neuen Massenmarkt zu erschließen, haben sich nicht bestätigt. Die Möglichkeit, Flexibilität durch M-KWK an den Schnittstellen im Energiesystem zu generieren, konnte sich nicht zeigen, weil die Standardisierung nicht weit genug vorangetrieben ist. Nach Beobachtung der Projektbeteiligten herrsche hier noch eher „Wildwuchs“, der keine gemeinsame Betriebsführung ermögliche. Darüber hinaus reichen die Stückzahlen der Anlagen in einem Verteilnetz für die tatsächliche Schaffung von Flexibilität noch nicht aus (vgl. Interview 10). Die voranstehend dargestellten, vier Projekte der Mini- und Mikro-KWK in den beiden Fallregionen zeigen hinsichtlich ihrer Entstehungsgeschichten, der beteiligten Akteure, den 31 LITRES Discussion Paper 2016-02 Zielsetzungen aber auch den Erfolgen sowohl Parallelen als auch große Unterschiede auf. In der Tabelle 1 werden die wichtigsten Informationen zu den Projekten noch einmal überblickartig dargestellt und im nachfolgenden Kapitel 4 wird eine vergleichende Betrachtung vorgenommen, die die Funktionsweise der Innovationsimpulse sowohl im städtischen/stadtregionalen Kontext, als auch im Zusammenspiel mit dem Energiesystem insgesamt in den Fokus nimmt. 32 LITRES Discussion Paper 2016-02 Tabelle 1: Zusammenfassende Darstellung der Innovationsimpulse (eigene Darstellung) Initiative und Motivation Zielformulierung Mini-KWK im virtuellen Kraftwerk Berlin Vattenfall Europe Wärme intelligente Vernetzung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen um größtmögliche Flexibilität zur erhalten bessere Möglichkeiten der Stromvermarktung bis Ende 2013 200.000 Wohneinheiten über 1.000 Anlagen mit zusammen 200MW versorgen bis Frühjahr 2014 nicht erreicht Teilnehmende Organisationen Vattenfall Europe Wärme AG; Senertec Center BerlinBrandenburg; SES Energiesysteme; Stiebel Eltron Maßnahmen und Erfolge Initiierung des VHP Ready Standards Bis Ende 2011 100 Anlagen im virtuellen Kraftwerk mit Mikro-KWK Feldtest Berlin Mikro-KWK Innovation City Bottrop Initiativkreis Ruhr im Rahmen der InnovationCity Bottrop Forschungsinteresse: Eignung Anlagen - Gebäude (technisch und ökonomisch) „Vernetzung“ in der Energieversorgung Mikro-KWK EnergieBlock Trianel Gerätehersteller bei der Markteinführung ihrer Anlagen zu unterstützen und Anlagen durch die Erprobung technisch und wirtschaftlich weiter zu optimieren. GASAG, EHE, OTAG Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e. V. (ASUE) 100 Mikro-KWK Anlagen in Haushalten in Bottrop zu installieren bereits 2014 erreicht Geschäftsmodellentwicklung um Aufwand für Stadtwerke zu reduzieren; M-KWK im Energiecontracting anbieten Hochschule Ruhr West, GasWärme-Institut, Initiativkreis Ruhr, Innovation City Management GmbH Wichtige Akteure: Partnernetzwerk (Handwerk, Energieberater als Multiplikatoren), ELE Gebäudeeigentümer. Trianel, zunächst 40 Stadtwerke heute Netzwerk mit 65 Stadtwerken Kooperation mit Geräteherstellern Zielgruppe: Ein/Zweifamilienhäuser; Wohnungswirtschaft; Kleingewerbe Beginn 2010, Feldtest abgeschlossen, Erfolg: Anstoß für Hersteller in die Weiterentwicklung von 2013-2015 Analyse geeigneter Gebäudetypen und Aktivierung möglicher Ausarbeitung von White-Label Vertragswerken für verschiedene Energiedienstleistungsformen sowie einer Kalkulationssoftware GASAG Sicherung Gasabsatz, Voranbringen effizienter gasbasierter Technologie Trianel Stadtwerke wollen Gasabsatz sichern und sich zum Energiedienstleister wandeln; gemeinsame Synergien im Netzwerk nutzen um sich im Markt zu positionieren 33 LITRES Discussion Paper 2016-02 einer elektrischen Leistung von zusammen 50MW etwa 100.000 versorgte Wohneinheiten Mikro-KWK einzusteigen; Erfahrungen für bestehendes Förderprogramm gesammelt Blockaden/ Probleme/ Konflikte Wärmepumpen und sehr kleine KWK-Anlagen nicht wirtschaftlich einzubinden viele technische und wirtschaftliche Probleme, Geräteherstellern ist der Durchbruch nicht gelungen Raumstrukturelle Charakteristika + hohe Dichte an Mietshäusern als potenzielle Nutzer - großes Fernwärmenetz Fläche für Speichervolumen bei KWK Anlagen notwendig Einsatzbereich größere Einund Zweifamilienhäuser mit vglw. hohem Wärmebedarf außerhalb des FW-Netzes Kunden: 100 Anlagen installiert Beobachtungsund Messphase mind. zwei Heizperioden Mittelfristig: Vernetzung der Anlagen und Ausstattung mit Speichern, um die Vorteile der KWK und damit verbundene Flexibilität besser ausnutzen zu können Im Detail noch unklar, da die konkreten Messdaten noch nicht vorliegen, tendenziell schwierige Wirtschaftlichkeit, hoher administrativer Aufwand Einsatzbereich Ein- und Zweifamilienhäuser mit unterschiedlichen Gebäudestrukturen, je nach Wärmebedarf, Größe, bauliche Rahmenbedingungen zur vereinfachten Angebotserstellung, Vorauswahl Technologie und Kooperationen mit Geräteherstellern für gemeinsame Beschaffungskonditionen ; Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen für die Mitarbeiter von Stadtwerken Anlagen bis 5kWel bisher kaum/nicht wirtschaftlich, Problem fehlende Standardisierung Sehr vielfältig durch die unterschiedlichen Zielgruppen 34 LITRES Discussion Paper 2016-02 4. Funktionsweise des Impulses Anschließend an die Darstellung der Innovationsimpulse in ihrer Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte wird im Folgenden in einer vergleichenden Betrachtung die Funktionsweise der Innovationsimpulse herausgearbeitet. Dabei sind die unterschiedlichen Handlungsmotivationen der beteiligten Akteure ein wichtiger Ausgangspunkt. Die Schwierigkeiten und hemmenden Einflussfaktoren, mit denen die Innovationsimpulse konfrontiert sind, ebenso wie ihre Erfolgsfaktoren und die fördernden Einflussfaktoren, werden sowohl auf der städtischen und stadtregionalen Ebene betrachtet, als auch im Hinblick auf externe Rahmenbedingungen, die jenseits des lokalen Kontextes liegen. Damit soll die Frage beantwortet werden, welche Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen auf übergreifender und städtischer/ stadtregionaler Ebene die Entwicklung der Innovationsimpulse bremsen und befördern konnten. Zudem soll herausgestellt werden, welche Strategien die Innovationsimpulse unter diesen Rahmenbedingungen gefunden haben, um Erfolge zu verzeichnen. 4.1. Anreize und Motivation Die an den betrachteten Innovationsimpulsen beteiligten Akteure stammen aus verschiedenen Bereichen der Energieversorgung, aber auch aus der Forschung, Technikentwicklung und öffentlicher Verwaltung und sie haben dementsprechend unterschiedliche Anreize und Motivationen für ihr Engagement im Themenfeld Mini-/Mikro-KWK. Aus der vergleichenden Betrachtung dieser unterschiedlichen Motivationen wird deutlich, welche Ausgangspunkte und Gründe es für die Entstehung der Projekte gegeben hat. Die Initiative zu den Projekten ging in drei der vier betrachteten Fälle von Seiten der Energieversorger aus, allerdings mit unterschiedlicher Motivation. Während für Vattenfall Europe Wärme im Fall der Einbindung von Mini-KWK ins virtuelle Kraftwerk die Herstellung von größerer Flexibilität und damit besseren Möglichkeiten zur gewinnbringenden Vermarktung des Stroms bei wärmegeführten KWK Anlagen im Vordergrund steht, war für die GASAG angesichts des insgesamt schrumpfenden Wärmemarkts die Sicherung des Gasabsatzes durch die Beförderung von effizienter, gasbasierter Technologie entscheidend für das Engagement und die Initiative im Rahmen der Feldtests mit Mikro-KWK Anlagen. Auch für Trianel, als Stadtwerkeverbund, steht im Mittelpunkt, den Gasabsatz für die Stadtwerke zu sichern und zugleich über Contractinglösungen für Mini-KWK den Wandel der Stadtwerke zu Energiedienstleistern voranzutreiben und sie so als lokale Versorger im Energiemarkt gut zu positionieren. Bei dem Projekt 100 Mikro-KWK im Rahmen der Innovation City Ruhr hingegen war die Hauptmotivation der Initiatoren, den Mitgliedern des Initiativkreises Ruhr und dem GWI, eher vom Forschungsinteresse getrieben, mit der Absicht, unterschiedliche Gerätetypen in unterschiedlichen Gebäudesituationen zu testen und darüber hinaus die „Vernetzung“ der Energieversorgung voranzutreiben. Das GWI fasst seine Motivation mit den Worten „vom Labor in die Demonstration“ (vgl. Interview 8) zusammen und zielt in erster Linie darauf ab, belastbare technische Daten zur Funktionsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu erhalten. Für die anderen, an dem Projekt beteiligten Akteure, ist die Motivation 35 LITRES Discussion Paper 2016-02 aber auch von eigenen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen angetrieben. So ist auch hier für den örtlichen Gasversorger (ELE) die Sicherung und Ausbaumöglichkeit des Gasabsatzes wichtig, ebenso wie die Suche nach neuen Geschäftsmodellen als Energiedienstleister (vgl. Interview 9). Die Gerätehersteller hingegen haben vordergründig die Erschließung neuer Vertriebsmöglichkeiten im Blick (vgl. Interview 4). Auch die Motivation der Kunden/Nutzer ist für Erfolgschancen der Innovationsimpulse zentral. Diese wird aus den Erfahrungen der Akteure allerdings unterschiedlich bewertet. Vielfach spiele für Kunden Wirtschaftlichkeit die Hauptrolle, während die Motivation, einen positiven ökologischen Effekt zu erreichen oder zur Energiewende beizutragen, zwar gelegentlich vorhanden, aber zumeist nachgeordnet sei (vgl. Interview 9). Andere, mit dem Vertrieb von Mini-/Mikro-KWK vertraute Akteure, sehen zwar das Interesse an der Amortisation der Anlagen bei den Kunden auch als relevant an, aber entscheidend wären letztlich auch emotionale Aspekte, wie bspw. „dass ein Vater möchte, dass sein Sohn stolz auf ihn ist“ (Interview 2) und daher eine besondere Technik einbaut. Ein technisches Interesse stehe vielfach im Vordergrund, verbunden mit emotionalen Aspekten, wie bspw. für ein bestimmtes motorbetriebenes Mikro-KWK Gerät, weil es denselben Motor nutzt wie der Motorroller, den der Kunden in jungen Jahren gefahren ist (vgl. Interview 2). Für andere wiederrum spielt Sicherheit eine entscheidende Rolle, zusammen mit dem Wunsch, sich vor steigenden Energiepreisen zu schützen, bis hin zu der Möglichkeit einer autarken Versorgung. Nicht zuletzt zählt auch das Bedürfnis, in den Augen von Nachbarn und Freunden als technikaffin und fortschrittlich zu wirken. Dabei haben Mini-/Mikro-KWK den Nachteil, dass sie schwer zu erklären und i.d.R. nicht „sichtbar“ sind, aber dennoch bevorzugen viele Kunden ein ansprechendes Design (vgl. Interview 2). Wichtig ist darüber hinaus aber auch die möglichst ruhige Betriebsweise, denn Schallemissionen, die mit einer Mikro-KWK Anlagen im Keller verbunden sind, werden in der Regel als sehr störend empfunden (vgl. Interview 10). Die Motivation der Kunden ist daher facettenreich und sollte nicht allein auf Aspekte der Wirtschaftlichkeit reduziert werden, während für die Gasversorger und Gerätehersteller die ökonomischen Aspekte die Grundlage für ihr Engagement in diesem Themenfeld darstellen. 4.2. Konflikte und Schwierigkeiten In allen vier betrachteten Projekten zu Mini-/Mikro-KWK wurden noch viele Schwierigkeiten und Hemmnisse offensichtlich, die einer stärkeren Entwicklungsdynamik in dem Themenfeld im Wege stehen könnten. In der vergleichenden Betrachtung wird dabei auch die anfangs aufgeworfene Frage nach den Konfliktlinien mit dem bestehenden System wieder aufgenommen und es wird deutlich, dass sich viele dieser Hemmnisse aus der übergeordneten Ebene und der Struktur des Energiesystems als Ganzem ergeben und nur bedingt mit den lokalen Situationen in den konkreten städtischen/stadtregionalen Kontexten zusammenhängen. Zudem sind sie auch dem z. T. noch sehr unreifen und frühen Stadium des Innovationsimpulses geschuldet. Ein zentrales Problem in allen betrachteten Projekten ist die mangelhafte Wirtschaftlichkeit, die durch den hohen Preis für die Anlagen bedingt wird. Der aktuelle Stückpreis von ca. 25.000 Euro sowie die hohen Installationskosten von Seiten des Handwerks behindern die 36 LITRES Discussion Paper 2016-02 Einsatzmöglichkeiten von Mini-/Mikro-KWK deutlich (vgl. Interview 8). So hat sich in den betrachteten Projekten herausgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit der kleinsten Mikro-KWK Anlagen unter normalen Marktbedingungen und ohne besondere Förderung noch nicht gegeben ist. Insbesondere im Vergleich mit der Gas-Brennwerttherme wird deutlich, dass vor dem Hintergrund der Amortisationsdauer Mikro-KWK Anlagen aktuell noch nicht konkurrenzfähig sind (vgl. Interview 9). Der Investitionspreis einer Gas-Brennwerttherme liegt mit ca. 10.000 Euro bei weniger als der Hälfte des durchschnittlichen Investitionspreises einer Mikro-KWK Anlage. Diese Differenz kann die Mikro-KWK Anlage über eine durchschnittliche Laufzeit von ca. 15 Jahren nicht aufholen (vgl. Interview 9). Um die Wirtschaftlichkeit und damit die Einsatzmöglichkeiten von Mikro-KWK Anlagen zu steigern, ist eine deutliche Reduktion der Investitionsosten notwendig. Die sehr geringen Stückzahlen stehen dieser Entwicklung jedoch entgegen (vgl. Interview 8). Die mangelnde Wirtschaftlichkeit, die bei etwas größeren Leistungsklassen (im Bereich MiniKWK) besser wird (vgl. Interview 5), ist zugleich der Grund, warum gerade größere Unternehmen (Gerätehersteller und Energieversorger) mit ihrem Engagement in dem Themenfeld zögern bzw. lange gezögert haben, denn die Gewinnerwartungen dieser Unternehmen können in diesem Geschäftsfeld aktuell noch nicht erfüllt werden und stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand (insbesondere dem zeitlichen Beratungsaufwand), der mit dem Vertrieb und der Installation der kleinsten Mikro-KWK Anlagen verbunden ist (vgl. Interview 3). Daher waren Mikro-KWK Anlagen zunächst eher ein Feld der kleineren Gerätehersteller mit geringeren Renditeerwartungen, die auch aus idealistischen Gründen in diesem Themenfeld aktiv sind. „Das kann kein Großkonzern sich leisten, das machen wir aus Idealismus, mit den Umsatzrenditen, die die verlangen, wäre unser Laden schon nach einem Jahr zugemacht worden. Und so haben wir 15 Jahre überstanden. Aber das ist reiner Idealismus, auf den Schultern von Ideallisten, die mit einem relativ geringen Gehalt nach Hause gehen“ (Interview 3). Andererseits engagieren sich in jüngerer Zeit auch gerade einige Gerätehersteller wie Vissmann oder Buderus, weil sie trotz der noch mageren Gewinnaussichten breit aufgestellt sein und ebenfalls Mikro-KWK Anlagen in ihrem Angebot haben wollen. Die größeren Hersteller haben dann gegenüber kleineren den Vorteil, dass sie, konfrontiert mit der schwierigen Wirtschaftlichkeit, auf Grund ihrer Größe und breiten Produktpallette auch wirtschaftlich einen „längeren Atem“ haben (vgl. Interview 3). Grundsätzlich ist die schwierige Wirtschaftlichkeit gerade der kleinsten Mikro-KWK Anlagen im Rahmen der betrachteten Innovationsimpulse für einige beteiligte Akteure eine Erkenntnis, die nicht ihren Erwartungen im Vorhinein entsprochen hat – zumindest nicht in dem Ausmaß, das sich in den Projekten gezeigt hat und das v. a. bei Mikro-KWK im Ein- und Zweifamilienhaussektor im Vergleich zu etwas größeren KWK Anlagen deutlich wird. „Dass da doch eine so große Lücke bei Mikro-KWK im Ein- und Zweifamilienhausbereich klafft, das haben wir so in der Form nicht erwartet. Auch was die Amortisationszeit angeht, 37 LITRES Discussion Paper 2016-02 dass die so exorbitant weit weg ist. Zu den Marktpreisen, die es momentan gibt, ist das eigentlich nicht endkundenfähig“ (Interview 9). Ein zweites zentrales Hemmnis in den betrachteten Beispielprojekten, das auch in den Strukturen des Energiesystems verankert ist und die Konfliktlinien mit diesem, bislang nicht auf die Schnittstellen zwischen den verschiedenen Energieinfrastrukturen ausgelegtem System deutlich macht, ist der hohe bürokratische Aufwand, der mit der Inbetriebnahme einer Mini/Mikro-KWK Anlage verbunden ist. Je nach Situation stehen einem Anlagenbetreiber bis zu zwölf Akteure gegenüber, mit denen er im Zuge der Installation und des Betriebs einer M-KWK Anlagen zu tun hat, darunter der Heizungsinstallateur, der Elektroinstallateur, der Schornsteinfeger, der Gasversorger, ggf. zusätzlich der Stromnetzbetreiber, die BAFA, die Bank, sein Steuerberater und das Finanzamt. Die Formalitäten, die in diesem Kontext für jeden Einzelfall zu organisieren sind, sind nach der Erfahrung fast aller befragten Akteure sehr unübersichtlich und komplex. Dies führt zu einer Überforderung nicht nur für die Kunden, sondern auch für die unterschiedlichen, beteiligten Berufsgruppen. Damit sind sie ein zentrales Hemmnis, das die Kunden oftmals abschreckt, wenn sie registrieren, welcher Aufwand mit der Inbetriebnahme einer M-KWK Anlage zusammenhängt (vgl. Interviews 9; 8; 4). Beispielhaft formulierte es ein Akteur: „Wenn Sie eine Mikro-KWK Anlage installieren und in Betrieb nehmen wollen, dann muss ich Ihnen sagen: So, da müssen Sie Kleinunternehmer werden“ (Interview 4). Angesichts der unübersichtlichen, bürokratischen Hürden fehlt in vielen Fällen eine Form der „Vermittlerrolle“, die die Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren übernimmt, den Überblick hat und die Zuständigkeitsprobleme löst. Den meisten Akteuren fehlt für diese Funktion das Wissen in den anderen berührten Themenfeldern, bspw. mangelndes technisches Know-how beim Steuerberater oder mangelndes juristisches Wissen beim Installateur. Hinzu kommt die technische Komplexität, die die klassischen beteiligten Gewerke herausfordert, sodass auch fehlendes technisches Fachwissen und mangelndes Zutrauen, sich mit der komplizierten Technik zu befassen, ein wesentliches Hemmnis darstellen (vgl. Interviews 3, 4; 2). Teilweise besteht auch von Seiten einiger Akteure nur begrenztes Interesse an M-KWK Anlagen, so bspw. bei Schornsteinfegern, die um ihre Aufträge fürchten, sowie bei den Installateuren, denen der Beratungsaufwand zu groß ist (vgl. Interview 4). Dennoch gibt es einige Akteure, die eine Vermittlerrolle übernehmen, so z. B. Senertec oder die Innovation City GmbH. Wenn es sich hierbei jedoch um klassische Marktteilnehmer, wie bspw. den Gerätehersteller Senertec handelt, dann besteht das Problem, dass der verhältnismäßig hohe Zeitaufwand für die Beratung (nicht selten 20-40 Stunden pro Kunde) eine Herausforderung für das wirtschaftliche Arbeiten der Marktakteure ist (vgl. Interview 2; 3). Als drittes wesentliches Hemmnis konnte in den untersuchten Projekten das unsichere Investitionsumfeld ausgemacht werden. Auch dieses ist eng mit dem Energiesystem als Ganzes und seiner nationalen und europäischen Regulierung verbunden, sodass auch hier die Schwierigkeiten und Konfliktlinien mit dem Energiesystem und übergeordneten GovernanceEbenen deutlich werden, mit denen die Projekte im städtischen und stadtregionalen Kontext konfrontiert sind. Hier ist die Volatilität innerhalb der Gesetzgebung und bei den 38 LITRES Discussion Paper 2016-02 Fördermechanismen ein großes Problem, gerade angesichts der schwierigen Wirtschaftlichkeit von Mini-/Mikro-KWK Anlagen. Für viele potenzielle Kunden ist die Investitionsentscheidung angesichts immer wieder angekündigter, möglicher Veränderungen im Regelungsrahmen oder an den Förderinstrumenten schwierig und führt im Bereich von Mini-/Mikro-KWK eher zu einem Abwarten (vgl. Interview 3). Und selbst für die Experten in dem Themenfeld ist das Förderregime so unübersichtlich und ständig in Veränderung, dass Unsicherheit entsteht, die für die tatsächliche Realisierung von Mini-/Mikro-KWK Anlagen hinderlich ist (vgl. Interview 2). Eng mit diesem Hemmnis verbunden ist die Kritik an der aktuellen Energie- und Klimapolitik und an den Strukturen des bestehenden Energieregimes, die ebenfalls zu einem Hemmnis für die Realisierungschancen von Mini-/Mikro-KWK werden. Weitere Konfliktlinien, mit dem sich die betrachteten Innovationsimpulse auseinandersetzen müssen, bestehen direkt mit den verfestigten Strukturen der Energieerzeugung und der Organisation der Energiemärkte. Die über viele Jahrzehnte herrschende Verbundwirtschaft in der Energieversorgung, die von wenigen großen Akteuren bestimmt wurde, hat trotz der Liberalisierung der Energiemärkte und neuen Regelsetzungen im Zuge der Energiewende noch entscheidenden Einfluss und betreibt Lobbyarbeit für ihre bestehenden, technischen Strukturen, die geprägt sind von der zentralen Stromerzeugung auf Basis von Kohle (vgl. Interview 3). Vor diesem Hintergrund ist auch das momentane Energiemarktdesign und in diesem Kontext der niedrige CO2 Zertifikatspreis mit der Folge des aktuell niedrigen Strompreises, ein zentrales Hemmnis. Ohne eine ausreichende Internalisierung der externen Kosten für die Kohleverstromung wird hier ein zentrales Hemmnis in den bestehenden Strukturen des Energiesystems für Mini-/Mikro-KWK gesehen, das sich auch in den betrachteten Projekten auswirkt (vgl. Interview 3). Neben der Kritik an den Regelungsstrukturen auf europäischer Ebene bestehen aber auch in der deutschen Energiegesetzgebung Hemmnisse für Mini-/Mikro-KWK. Insbesondere wird die Pflicht zur Teilnahme von Mini-/Mikro-KWK Anlagen an der EEG-Umlage kritisiert. Hier entstünde ein „Fördermittel-Kreislauf“ (Interview 3), der nicht zuletzt den Konflikten zwischen den unterschiedlichen politischen Ressorts geschuldet sei. Einerseits wird der aus hocheffizienter KWK erzeugte Strom nach KWKG vergütet, andererseits wird eine bestimmte Summe je kWh als EEG-Umlage wieder abgezogen. Für die oben beschriebene, schwierige Wirtschaftlichkeit der M-KWK Anlagen ist eine, auch nur geringe zu zahlende Umlage, ein entscheidendes Hemmnis, das den Erfolg des Innovationsimpulses verhindern könnte (vgl. Interview 3). Aber auch andere Politikfelder jenseits des Einflusses der städtischen oder stadtregionalen Energiesysteme haben hemmende Auswirkungen auf die Entwicklungschancen der Innovationsimpulse, wie sie auch in den betrachteten Projekten deutlich wurde. Hier spielt bspw. das Mietrecht eine Rolle, das es für den Vermieter aus steuerlichen Gründen unattraktiv macht, Strom aus einem Mini-KWK an die Mieter zu verkaufen (vgl. Interview 3). Eng verknüpft mit dem für M-KWK Anlagen ungünstig ausgestalteten Regelungsrahmen ist die, im Vergleich zu anderen Energiebranchen, eher schwache Lobbyarbeit der Branche. Viele der in die Innovationsimpulse eingebundenen Akteure sind in der Lobbyarbeit nicht oder nur 39 LITRES Discussion Paper 2016-02 wenig aktiv, weil sie bspw. durch ihre wissenschaftliche Ausrichtung hier nicht ihre Aufgaben sehen (vgl. Interview 8) oder als Energieversorger im komplexen Energiemarkt verschiedene und sich widersprechende Interesse in den einzelnen Sparten der Energieversorgung haben. Hier treten am ehesten die Gerätehersteller in Erscheinung, bspw. über Verbände wie das BHKW-Forum. Aber auch ihr Engagement ist begrenzt, da gerade die kleineren Hersteller eine nicht direkt gewinnbringende Tätigkeit wie Lobbyarbeit oder die bessere Vernetzung und Weitervermittlung von Wissen nur in engen Grenzen betreiben können (vgl. Interview 3). Auch das Installationshandwerk war hier in den letzten Jahren noch wenig aktiv und sieht die Notwendigkeit, selber bessere Lobbyarbeit im Themenfeld Mini-/Mikro-KWK zu betrieben (vgl. Interview 2). Die Probleme und Herausforderungen, vor denen Mini-/Mikro-KWK stehen, sind damit noch nicht abschließend behandelt, aber deutlich wird, dass die Konfliktfelder und Hemmnisse, die die konkreten Innovationsimpulse der Mini-/Mikro KWK behindern, wenig mit der lokalen Situation vor Ort und der Ausgestaltung der städtischen oder stadtregionalen Energiesysteme, ihrer Akteure und Vernetzungen zu tun haben, sondern überwiegend durch die Strukturen des Energiesystems und seine gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene bestimmt werden. Hier zeigen sich die Konfliktlinien mit den verfestigten Strukturen des Energiesystems deutlich, mit denen der Innovationsimpuls als „Schnittstellentechnologie“ besonders zu kämpfen hat. Hinsichtlich der zahlreichen beteiligten Akteure an den Innovationsimpulsen und der fehlenden „Vermittlerrolle“ liegen einige Schwierigkeiten auch auf Ebene der konkret betrachteten Projekte. 4.3. Erfolgsfaktoren und Umsetzung Neben den Hemmnissen kristallisieren sich aus der Betrachtung der Innovationsimpulse auch verschiedene Erfolgsfaktoren heraus, die für die Umsetzung der Projekte entscheidend waren und in einigen Fällen zur Überwindung der zuvor genannten Hemmnisse führen konnten. Damit wird die eingangs genannte Frage wieder aufgenommen, welche Strategien die entscheidenden Akteure der Innovationsimpulse verfolgen, um Erfolge zu erreichen. Nicht alle, aber viele dieser Erfolgsfaktoren, sind dabei in den konkreten Konstellationen der Projekte begründet und mit ihrer Situation in den spezifischen städtischen und stadtregionalen Kontexten verknüpft. Zum einen sind hier die Fördergelder zu nennen, die (in unterschiedlichem Ausmaß und von unterschiedlichen Geldgebern) insbesondere im Rahmen der Mikro-KWK Projekte gewährt wurden. Deutlich wird, dass es nicht die bundesweit zur Verfügung stehenden Fördermittel (bspw. über das BAFA) waren, die diese Projekte über die Wirtschaftlichkeitsschwelle gehoben haben, sondern ortsspezifische und umfangreiche finanzielle Förderung ausschlaggebend war, die im Vergleich zu den sonst zur Verfügung stehenden Mitteln hoch ausfällt (vgl. Interview 9). So war im Fall des 100 Mikro-KWK Projekts die Gewährung der Fördergelder im Rahmen des Innovation City Projektrahmens von zentraler Bedeutung für die Umsetzungserfolge, da so die oben beschriebenen Wirtschaftlichkeitsprobleme für die Nutzer kein Hindernis mehr dargestellt haben und auch das Mikro-KWK Projekt in Berlin wäre ohne den finanziellen 40 LITRES Discussion Paper 2016-02 Aufwand der GASAG nicht möglich gewesen. Andere Projekte, wie bspw. das virtuelle Kraftwerk mit der Einbindung von Mini-KWK, kamen hingegen ohne besondere Förderprogramme aus. Hier zeigt sich der Unterschied im Hinblick auf die bessere Wirtschaftlichkeit der etwas größeren Leistungsklasse der Mini-KWK gegenüber den sehr kleinen Mikro-KWK Anlagen. Allerdings ist die Vergütung des KWK-Stroms über das KWKG für den Betrieb von Mini- und Mikro-KWK Anlagen auch für die Projekte die ohne spezielle Förderung laufen eine wichtige Grundvoraussetzung, um überhaupt am Markt teilnehmen zu können (vgl. Interview 3). Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist die im Rahmen der jeweiligen Projekte organisierte Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Akteuren. Sie hat entscheidend dazu beigetragen die Hemmnisse des hohen bürokratischen Aufwands und der technischen und administrativen Komplexität auf ein Maß zu reduzieren, indem es der Realisierung von Anlagen oder deren Vernetzung nicht mehr im Wege steht. Dies zeigt sich deutlich im Rahmen des 100 Mikro-KWK Projekts. Hier war nach Einschätzung der beteiligten Akteure die Zusammenarbeit zwischen Forschungspartner, Anwendern, Planern, Installateuren, Geräteherstellern, Verbänden, Energieversorgern und der Energieagentur entscheidend. Die oben als fehlend identifizierte Rolle eines „Vermittlers“ im Dickicht der technischen und administrativen Anforderungen bei Mikro-KWK wurde hier von der Innovation City GmbH, aber auch dem örtlichen Verteilnetzbetreiber als Berater für die Kunden, übernommen. Dieser hat bspw. einen Infoabend veranstaltet, um über das Thema Abrechnung mit dem Verteilnetz zu informieren. Zusätzlich wurden Informationsblätter erstellt, um einzelne Aspekte rund um die Abrechnung besser zu erklären. Aus der Interaktion mit dem Endkunden kann der Energieversorger hier zudem Schlüsse ziehen, welche Informationen noch fehlen und wo es noch Probleme mit dem administrativen Aufwand gibt. Ohne diese Rolle hätte auch hier die Überforderung der Nutzer die Realisierung der Anlagen vermutlich verhindert (vgl. Interview 9). An vielen Stellen hat der einzelne Energieversorger aber keine Möglichkeiten, den Aufwand zu reduzieren, da zu viele andere Themenfelder (Steuerrecht, Förderung etc.) betroffen sind (vgl. Interview 9). Auch Senertec, deren Anlagen im Rahmen des virtuellen Kraftwerks in Berlin Einsatz finden, hat mit der Definition eigener Vertriebsstrukturen in ihren dezentralen „Senertec-Zentren“, in denen sie viele Beratungsleistungen vor Ort anbieten, diese „Vermittlerrolle“ übernommen und kann so auch Erfolge verbuchen, während aber zugleich die Kosten durch den hohen Personalund Zeitaufwand (s. o.) auch ein Problem darstellen (vgl. Interview 3). Das Ziel von Senertec ist dabei nicht nur den Endkunden zu adressieren, sondern seine Dienstleistungen an Heizungsbauer weiterzuverkaufen, die als Vertragspartner des Endkunden fungieren. Zudem bietet Senertec zahlreiche Schulungen an, bspw. für Planer, Installateure und für Schornsteinfeger, um die Hemmschwelle zu senken, ein BHKW einzubauen bzw. sich überhaupt damit zu beschäftigen (vgl. Interview 3). Zwei der betrachteten Innovationsimpulse zielen ebenso in ihrer Zielsetzung, als auch mit ihren erreichten Maßnahmen und Erfolgen auf die Verminderung der bürokratischen Hindernisse und 41 LITRES Discussion Paper 2016-02 der Komplexität. Dies geschieht zum einen über die Initiierung des VHP-Rady Standards zur stärkeren Vereinheitlichung und damit einfacheren Einbindung von kleinen KWK Anlagen in virtuelle Kraftwerke und zum anderen über die Schaffung von „white-label“ Lösungen für Contractingmodelle für M-KWK, die mit weniger Zeit- und Personalaufwand als sonst von Stadtwerke adaptiert werden sollen. Ein nicht unwesentlicher Erfolgsfaktor ist aber nicht zuletzt, dass trotz der hohen Komplexität die technische Funktionsweise der Mini-/Mikro-KWK Anlagen inzwischen ausgereift scheint. Diese Erfahrung konnte im Rahmen der betrachteten Innovationsimpulse im Bereich der MiniKWK, aber bspw. auch im Rahmen der 100 Mikro-KWK Anlagen im kleinsten Leistungssegment gemacht werden. Während im Rahmen des Mikro-KWK Feldtests der GASAG durchaus auch noch technische Probleme auftraten (was im Kontext eines Feldtests und des Lernens aus diesem aber auch ein wichtiger Bestandteil ist und die Erfahrungen, die vor diesem Hintergrund gemacht wurden daher dennoch als Erfolg angesehen werden können), sind bei den aktuell noch laufenden Erprobungen von Mikro-KWK Anlagen, trotz der noch nicht abgeschlossener Datenerhebungen, die ersten Erfahrungen aus technischer Sicht sehr gut (vgl. Interview 8; 9). Es zeigt sich, dass in den vier betrachteten Beispielprojekten trotz ihrer Unterschiede in der Zielsetzung, der eingesetzten Technik und der beteiligten Akteure, durchaus viele Parallelen sowohl in der Handlungsmotivation der Akteure, als auch bei den Schwierigkeiten und Hemmnissen, mit denen sie konfrontiert waren und den Erfolgsfaktoren, die letztlich auch zur Überwindung einiger dieser Hemmnisse beitragen konnten, deutlich werden. Konfliktlinien mit dem bestehenden Energiesystem und dessen Regelung ergeben sich dabei v. a. auf überlokaler Ebene und sind nicht zuletzt im getrennten Verständnis der verschiedenen Energieinfrastrukturen Strom, Wärme und Gas und dem fehlenden Funktionieren an den Schnittstellen begründet. Dort, wo die Projekte dennoch erfolgreich waren, haben zumeist Bedingungen auf städtischer und stadtregionaler Ebene (Förderung, Vernetzung der Akteure) dazu beigetagen. Die folgende Abbildung stellt daher die wichtigsten Erfolgsfaktoren, Handlungsmotivationen und Hemmnisse zusammenfassend dar (vgl. Abb. 10). 42 LITRES Discussion Paper 2016-02 Handlungsmotive: Erfolgsfaktoren: Förderung, v.a. finanziell Gute Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit der zentralen Akteure Mini-/Mikro KWK Reife der Technik Energieversorger: Sicherung Gasabsatz, Flexibilität steigern, bessere Stromvermarktung Institute/Verbände: Forschungsinteresse Gerätehersteller: Vertriebsmöglichkeiten Hemmnisse: Mangelnde Wirtschaftlichkeit Bürokratie Technische Komplexität Unsicheres Investitionsumfeld Struktur des bestehenden Energiesystems der Energiemärkte und energiepolitischen Rahmensetzungen schwache Lobbyarbeit Kunden/Nutzer: Wirtschaftlichkeit weiche Faktoren (Ökologie, Autonomie, Image) Abbildung 9: zusammenfassende Darstellung zur Funktionsweise des Innovationsimpulses (eigene Darstellung) 43 LITRES Discussion Paper 2016-02 5. Zusammenfassung und Einbettung des Impulses: Beziehungen zu anderen Impulsen, Abhängigkeiten von anderen Feldern Mini-/Mikro-KWK bilden eine Schnittstellentechnologie im Energiesystem, die eng mit der Strom- und Wärmeversorgung, aber auch mit dem Gasnetz verknüpft ist. Sie eröffnen die Möglichkeit, Lastspitzen und -täler auszugleichen und verbunden mit thermischen Wärmespeichern die Flexibilität im Energiesystem zu erhöhen, insbesondere in Ergänzung zu den fluktuierenden erneuerbaren Energien. Daher haben Mini-/Mikro-KWK sehr viele Verbindungen in die verschiedenen Bereiche des Energiesystems und mit deren Regulierung aber auch zu anderen Innovationsimpulsen, die Einfluss auf M-KWK nehmen. Das voranstehende Kapitel hat dies verdeutlicht, indem es v. a. die Hemmnisse aufgezeigt hat, die für Mini-/Mikro-KWK als Innovationsimpuls aus den Rahmenbedingungen des Energiesystems, seiner Organisation und Regulierung, entstehen. Hier sollen die Abhängigkeiten von externen Rahmenbedingungen und damit auch die Verknüpfungen des Innovationsimpulses zu anderen Themenfeldern genauer aufgeschlüsselt werden. Hiermit soll, anknüpfend an die Analyse der Schwierigkeiten und Konflikte, insbesondere mit den verfestigten Strukturen der überlokalen Ebene (siehe Kapitel 4) die Frage beantwortet werden, welche Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen auf übergreifender Ebene die Entwicklung von M-KWK bremsen und befördern konnten. Zunächst einmal sind das Strommarktdesign aber auch die Entwicklung der Energiepreise und der Energierohstoffe zu nennen, die, wie oben gezeigt, ein wichtiges Hemmnis für die Wirtschaftlichkeit sein können. Veränderungen in den Energierohstoffpreisen haben direkte Auswirkungen auf die Amortisationsdauer und damit die Wirtschaftlichkeit von Mini-/MikroKWK (vgl. Interview 2). Die Verbindung zu den Energierohstoffpreisen zeigt sich beispielhaft bei der Entwicklung des Dachs-Motors, der ursprünglich nicht für den Einsatz in BHKW entwickelt wurde, sondern für den Betrieb gasmotorischer Wärmepumpen. Er sollte eine Möglichkeit bieten mit dem Einsatz von Erdgas Wärme zu gewinnen, als Reaktion auf die Ölpreiskrise 1972 und ihre Auswirkungen auf den Wärmemarkt, die diese Entwicklung nahegelegt hat. Erst zu einem späteren Zeitpunkt kam die Erzeugung elektrischer Energie über den Dachsmotor hinzu (vgl. Interview 3). Am intensivsten werden Mini-/Mikro-KWK in Verbindung mit dem Themenfeld der virtuellen Kraftwerke/ Smart Grids/ intelligenten Energieinfrastrukturen diskutiert (vgl. Scheiner/Graf/Härdtlein 2014) – das haben auch die untersuchten Innovationsimpulse in den beiden Fallstudienräumen gezeigt. Hier haben fast alle interviewten Experten betont, dass die Installation von M-KWK oft nur als ein „erster Schritt“ gesehen wird und mittel- bis langfristig an die Einbindung in einem virtuellen Kraftwerk gedacht werden muss. Denn erst durch die Integration in virtuelle Kraftwerke können M-KWK Anlagen ihr Flexibilitätspotenzial ausschöpfen und damit eine wichtige Funktion im zukünftigen Energieversorgungssystem finden. Auch ergeben sich auf diesem Weg neue Geschäftsmodelle, die die Möglichkeit eröffnen, die Wirtschaftlichkeit aufgrund der breiteren Vermarktungschancen für den Strom zu 44 LITRES Discussion Paper 2016-02 verbessern. Hierüber kann auch das Interesse an dem Betrieb von Mini-/Mikro-KWK Anlagen grundsätzlich gesteigert werden (vgl. Interview 3). Ebenfalls in diesem Kontext wird die Verschaltung von M-KWK Anlagen und Elektromobilität diskutiert. Auch hier sehen einige Akteure ein großes Potenzial, denn Elektroautos wären ein sehr geeigneter „Pufferspeicher“ für den Strom, den die M-KWK Anlage erzeugt. So kann bspw. in den Nachtstunden, wenn die M-KWK Anlagen für Heizzwecke laufen, zeitgleich ein Elektroauto für den Tag aufgeladen und der Strom so direkt vor Ort sinnvoll genutzt werden. Solche direkten Nutzungen erweisen sich im Vergleich zur Netzeinspeisung unter den aktuell niedrigen Preisen als wirtschaftlicher. Im Gegensatz zu bspw. PV-Anlagen, die nur tagsüber Strom produzieren, wenn das Elektroauto ggf. nicht an der Ladestation ist, können M-KWK Anlagen außerdem zu unterschiedlichen Zeiten eingesetzt werden (vgl. Interview 3). Diese Vorteile können neben Privathaushalten insbesondere auch für Kleingewerbe nützlich sein, mit etwas größeren KWK Anlagen, die nachts mehrere Firmenwagen mit dem Strom aus ihren KWK Anlagen aufladen könnten. Daher sehen einige Experten die Chance, dass die Elektromobilität mittelfristig die Verbreitung von M-KWK Anlagen befördern kann. Neben diesen anderen Innovationsfeldern und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen hängen die Entwicklungschancen von M-KWK aber auch von Entwicklungen in der Energiepolitik auf nationaler und subnationaler Ebene ab. Dies zeigt sich deutlich am Einfluss der nationalen Energiegesetzgebung mit der Förderung über das KWKG, aber auch an den Regelungen des EEG (und den Diskussionen über die zu zahlende EEG-Umlage), sowie den Regelungen zum Energiemarktdesign und den damit verbundenen Möglichkeiten und Grenzen für Geschäftsmodelle, die zukünftig auch auf der Bereitstellung von Kapazität und damit Flexibilität im Energiesystem basieren. Daneben nimmt auch die Landesenergiepolitik eine einflussreiche Rolle ein, die in beiden betrachteten Fällen (Berlin und Nordrhein-Westfalen) deutlich auf KWK setzt und diese Technologie explizit und mit Hilfe von Energieagenturen und speziellen Programmen und Vernetzungen fördert. Ebenso sind die Bedingungen auf kommunaler Ebene, wie bspw. im Fall Bottrops mit dem Programmrahmen der Innovation City, aber auch mit konkreten, räumlichen und raumstrukturellen Bedingungen bis hin zur baulichen Struktur und der Nutzungsstruktur im Quartier und auf Gebäudeebene, zentrale Einflussfaktoren für die Erfolgschancen von M-KWK. Zudem bestehen Verbindungen zu anderen Akteuren und Politikfeldern jenseits der Energieversorgung, insbesondere mit der Wohnungswirtschaft und -politik, die in ihrer jeweiligen Ausprägung ebenfalls Einfluss auf die Realisierungschancen von Mini-/Mikro-KWK haben kann. Die vielfältigen Einflussfaktoren auf M-KWK wurden bereits in Kapitel 4 deutlich und sie zeigen, dass die Rahmenbedingungen, die treibenden und hemmenden Faktoren für die Umsetzung konkreter M-KWK Projekte und damit die Chancen für die Entwicklung des Innovationsimpulses zu großen Anteilen außerhalb der konkret betrachteten Projekte und vielfach auf übergeordneten Ebenen liegen, während auf lokaler Ebene Strategien gefunden werden (müssen), mit den Konfliktlinien zu den Strukturen des bestehenden Energiesystems umzugehen und so ggf. Erfolge zu verzeichnen. 45 LITRES Discussion Paper 2016-02 Die nachfolgende Tabelle fasst zusammen, welche Einflussfaktoren sich fördernd oder hemmend auf die Chancen von Mini-/Mikro-KWK Anlagen auswirken. Die Darstellung ist dabei in keiner Weise abschließend, denn selbstverständlich gibt es auch darüber hinaus vielfältige Verbindungen zwischen dem Innovationsimpuls der Mini-/Mikro-KWK und anderen Handlungsfeldern auf subnationaler, nationaler und internationaler Ebene. Dennoch sollen hier die im Rahmen der Analyse als besonders wichtig erscheinenden Einflussfaktoren zusammenfassend dargestellt werden (vgl. Tab. 2). Tabelle 2: Einflussfaktoren und ihre Wirkung auf den Innovationsimpuls Mini-/Mikro KWK Einflussfaktoren anderer Handlungsfelder nationale Energiepolitik EEWärmeG KWKG EEG Diverse Förderstrukturen Energiemarktdesign Landesenergiepolitik Wohnungspolitik Virtuelle Kraftwerke E-Mobilität Strompreis Gaspreis Ölpreis Effekt und Wirkungsweise Positiv durch Pflicht erneuerbare Energien oder hocheffiziente KWK im Neubau Positiv durch verlässliche Förderung, ggf. auch für Wärmenetze Neutral – ggf. Negativ, problematisch wäre v. a. die Ausweitung der Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage Grundsätzlich Positiv, aber Negativ ist fehlende Planungssicherheit durch ständige Änderungen Negativ aufgrund fehlender Vergütung der Kapazitätsbereitstellung Positiv – zumindest in den beiden betrachteten Fallräumen in Berlin und NRW Negativ durch mangelnde (sehr bürokratische) Möglichkeiten der Direktvermarktung des Stroms an die Mieter und der Umlagemöglichkeiten bei Investitionen Positiv – M-KWK profitieren von der Integration in virtuelle Kraftwerke und umgekehrt Positiv – sinnvolle Kombi-Technologie mit M-KWK zur Energienutzung und -speicherung Negativ – die aktuell geringen Strompreise gefährden die Wirtschaftlichkeit von M-KWK Schwankend, geringe Energierohstoffpreise sind positiv, steigende sind negativ für M-KWK Schwankend – ein hoher Ölpreis ist positiv für die überwiegend auf Erdgas basierenden M-KWK und war sogar mitverantwortlich für Innovation 46 LITRES Discussion Paper 2016-02 6. Ausblick auf Entwicklungsperspektiven und Handlungsempfehlungen Aufbauend auf den Ergebnissen der Fallstudien und der Analyse der hemmenden und fördernden Einflussfaktoren auf M-KWK als Innovationsimpuls im Energiesystem, soll ein Ausblick auf die Entwicklungsperspektiven gegeben werden. Diese werden trotz der ähnlichen Schwierigkeiten der betrachteten Beispielprojekte, insbesondere hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und der Komplexität, von befragten Experten sehr unterschiedlich bewertet. Einige Akteure sehen insgesamt sehr gute Chancen für M-KWK, und dabei nicht nur für die etwas größeren Mini-KWK, sondern auch für Mikro-KWK. Hier brauche es aber noch etwas Zeit, bis sich die Technologie durchsetze, ähnlich wie bei der Einführung der Brennwerttherme, die heute Standard sei. Eine wichtige Triebfeder sei hier, dass die Nutzer ein Interesse hätten, ihren Strom selber zu produzieren, um direkt an der Energiewende und ihren Chancen teilzuhaben. Die etablierten Akteure gerieten hierdurch deutlich unter Druck (vgl. Interview 4). Chancen werden auch in der Motivation der Kunden gesehen, da im Einfamilienhaussegment nicht allein die (oft noch schwierige) Wirtschaftlichkeit alleiniges Entscheidungskriterium für einige Kunden sei, sondern auch andere Motivationen (Ökologie, Image, Technikaffinität) dazu kämen, die für die Entwicklungsperspektiven von Mikro-KWK Anlagen eine wichtige Antriebskraft sein könnten (vgl. Interview 2). Allerdings wird hier auch mit Veränderungen der bisherigen Struktur am Markt von M-KWK Anlagen gerechnet. Insgesamt müsse die Entwicklung hin zu einer größeren Vielfalt an Anlagen mit fein differenzierbaren Leistungsklassen im sehr kleinen Leistungssegment gehen. Diese breitere Produktpalette werde für die kleineren Anbieter eine Herausforderung, sodass angenommen wird, dass größere Hersteller eher Marktanteile hinzugewinnen werden. Wichtig sei dabei das Angebot einer Komplettlösung mit „allem aus einer Hand“ (Interview 2), inklusive der Betreuung während der Laufzeit. Durch eine solche Entwicklung würde es auch einen größeren Wettbewerb zwischen den Herstellern geben, der aktuell noch nicht im größeren Maße gegeben sei, was auch die Weiterentwicklung bremse. Wenn in diesem Zuge auch die Stückzahlen größer werden, könnten auch die Investitionskosten für die Anlagen sinken (vgl. Interview 2). Ein weiterer Antreiber für Mini-/Mikro-KWK Anlagen wird darin gesehen, dass nach der Abkehr von der Kernkraft auch die gesellschaftliche Akzeptanz für Kohle als Energieträger sinke. Angesichts der gleichzeitig zunehmenden Anteile fluktuierender, erneuerbarer Energien würde immer deutlicher, welche wichtige Rolle hocheffizienten und dezentralen M-KWK Anlagen (oder auch KW(K)K) für das Gelingen der Energiewende zukäme (vgl. Interview 8). Andere Akteure schätzen die Entwicklungschancen von M-KWK gemischter ein. So wird zwar durchaus eine Chance darin gesehen, dass Nutzer mittelfristig Möglichkeiten entdecken mit MKWK Anlagen Geld zu verdienen, aber noch ist das Anfangsinvestment zu hoch und wirkt daher abschreckend (vgl. Interview 3). Allerdings hängt der schmale Grad einer möglichen Wirtschaftlichkeit von vielen Details ab. Am Beispiel eines konkreten Nutzers lässt sich z. B. zeigen: Wenn die Gebäudesituation und Nutzungsstruktur eine Laufzeit von ausreichender Länge (bspw. ca. 5000 Stunden/a) ermöglicht und das Investment mit Installationskosten, auch in Abhängigkeit von der konkreten Gebäude- und Anschlusssituation, nicht zu hoch wird, kann bereits heute eine Wirtschaftlichkeit erreicht werden – allerdings liegt die Amortisation auch 47 LITRES Discussion Paper 2016-02 dann noch bei i. d. R. über zehn Jahren (vgl. Interview 2). Eine wichtige Rolle würden hier auch die Wertesysteme der Nutzer spielen. Während heute noch die Kunden überwiegen, die eine Anlage selber besitzen wollen und denen neben der Wirtschaftlichkeit auch Autonomie wichtig ist, werden auch Chancen darin gesehen, dass mit neuen Generationen Kunden dazukommen, die im Sinne einer „Share-Economy“ aufgeschlossener für neue Geschäftsmodelle sind, mit Schwarmstrom und als Nutzer in einem virtuellen Kraftwerk, mit ggf. geteiltem Besitz an Anlagen oder in Contractinglösungen. Auch hierdurch würden sich neue Entwicklungsperspektiven für M-KWK ergeben (vgl. Interview 2). Daneben gibt es sehr kritische Stimmen zu den Entwicklungsperspektiven von M-KWK. Diese betonen, im Gegensatz zu der eben genannten Perspektive, die trotz aller Motivation dominierende Frage der Wirtschaftlichkeit als Entscheidungskriterium für die Endkunden. Diese ist bei den aktuellen M-KWK Anlagen im Vergleich zu alternativen Heizungslösungen letztlich nicht ausreichend (vgl. Interview 3, 9). Möglichkeiten, dieses zentrale Hemmnis zu umgehen, entstehen nur, wo Förderprogramme mit relativ hohen Fördersummen bestehen (vgl. Interview 9). Zudem entsteht Druck durch das EEWärmeG, dass es erforderlich macht, entweder erneuerbare Energien oder hocheffiziente KWK im Neubau einzusetzen, sodass allein die klassische Brennwerttherme keine Lösung mehr ist. Allerdings gilt dies nur im Neubau – das Haupthandlungsfeld ist aber der Bestand und im Neubau sind zugleich die Bedarfe so gering, dass viele M-KWK Anlagen hier eher nicht zum Einsatz kommen können. Die Einschätzungen der befragten Experten zu den Entwicklungsmöglichkeiten von M-KWK gehen daher insgesamt sehr weit auseinander. Von der Einschätzung, dass das Themenfeld kleiner KWK-Anlagen insgesamt ein wirtschaftlich schwieriges sei, in dem insbesondere für die Mikro-KWK Anlagen keine nennenswerten Erfolgsaussichten bestünden (vgl. Interview 10), steht die Aussage gegenüber, dass es mittelfristig keine Gasheizung mehr ohne KWK geben werde, weil der Einsatz von Gas in der Energieversorgung auf ineffiziente Weise (daher ohne KWK) ökologisch und ökonomisch nicht mehr zu rechtfertigen sei (vgl. Interview 6). Die Handlungsempfehlungen, die die befragten Akteure formulieren, zielen überwiegend in eine ähnliche Richtung. Zentral wird die Reduktion des administrativen Aufwands bei der Anmeldung, der Installation, der Förderung, dem Betrieb und der Versteuerung genannt (vgl. Interview 8). Insgesamt müsse der formell-rechtliche Rahmen deutlich verschlankt werden und idealerweise müsse die Planung, Installation, der Betrieb und die Abrechnung von M-KWK Anlagen als Dienstleistung „aus einer Hand“ angeboten werden (vgl. Interview 4). Die Komplexität der technischen Seite könnte in einem solchen Fall in einem Firmenverbund mit Subunternehmen angeboten werden, sodass nicht der Endkunde vor der Herausforderungen steht, mit zahlreichen Einzelunternehmen der verschiedenen beteiligten Handwerksbranchen alleingelassen zu sein (vgl. Interview 2). Insbesondere im Thema der Fördermittelvergabe wäre zudem deutlich mehr Konstanz wünschenswert, denn durch die vielen und oft unkalkulierbaren Änderungen in den Fördergeldvergaben, aber auch im gesetzlichen Regelungsrahmen, entsteht Planungsunsicherheit (vgl. ebd.). Eine konkrete Empfehlung für die Reduktion der Komplexität und auch der mit M-KWK verbundenen Bürokratie ist der Vorschlag, Stromzähler vorwärts und rückwärts laufen zu 48 LITRES Discussion Paper 2016-02 lassen, und damit die Einspeisung und andererseits Entnahme von Strom aus dem Netz zu registrieren. Die Grundlage wäre, dass der eingespeiste Strom zu den gleichen Kosten vergütet wird, wie die Summe, die für den entnommenen Strom zu zahlen ist. Am Ende eines Jahres könnte abgerechnet werden und wenn mehr eingespeist als entnommen wurde, erhält der Anlagenbetreiber Geld, im umgekehrten Fall muss er die Differenz bezahlen. Eine so vglw. einfache Lösung hätte nach Ansicht mancher Experten gute Chancen auf Erfolg, aber bisher keine Durchsetzungschancen gegen die Lobby anderer Akteure, wie bspw. der Energieversorger. Dennoch argumentieren mehrere Akteure der M-KWK Branche bereits seit vielen Jahren für eine solche Option (Interview 3). Am gesetzlichen Rahmen gibt es von Seiten der Akteure konkrete Kritik, deren Änderung dem Themenfeld Mini-/Mikro-KWK Auftrieb geben könnte. So wird zum einen der niedrige Preis für CO2-Zertifikate kritisiert, der keinen Anreiz darstellt, von der kohlebefeuerten, zentralen Stromerzeugung abzurücken. Veränderungen an diesem System zu Lasten der Kohle, könnten (i. d. R. erdgasbefeuerte) Mini-/Mikro-KWK Anlagen im Vergleich deutlich besser abschneiden lassen und potenzielle Kunden hätten einen größeren ökonomischen Anreiz für eine Investition in eine M-KWK Anlage (vgl. Interview 3). Eine weitere gewünschte Änderung am gesetzlichen Rahmen betrifft das Mietrecht. Eine wichtige Unterstützung für den Innovationsimpuls würde sich ergeben, wenn die Vermieter die Möglichkeit hätten, Investitionen in Anlagen wie Mini-/Mikro-KWK auf die Mieter umzulegen und steuerlich abzuschreiben. Beides könnte die Investitionsbereitschaft der Vermieter in M-KWK Anlagen erhöhen. Demgegenüber stehen hier die politischen Überlegungen zu den Obergrenzen dessen, was für die Mieter finanziell zumutbar ist (vgl. ebd.). Als eine weitere, wichtige Handlungsempfehlung wird die Einbindung zentraler Akteure in die Planung und Umsetzung von Projekten der M-KWK genannt, darunter das Handwerk und die Wohnungswirtschaft. Gerade letztere ist bisher nur wenig in das Themenfeld M-KWK integriert, aber zugleich eine wichtige Nutzergruppe, da gerade in Mehrfamilienhäusern oft wirtschaftlich lohnende Möglichkeiten für die Einrichtung von Mini-KWK bestehen (vgl. Interview 9). Auch wenn einige befragte Experten skeptisch sind, so sehen dennoch viele der im M-KWK Themenfeld tätigen Akteure, unter der Voraussetzung der Verbesserung der Rahmenbedingungen, von der Beratung, „Dienstleistung aus einer Hand“, über die Reduktion der Komplexität bis hin zu größerer Konstanz in den Fördermittelvergaben, einen potenziell großen Markt für Mini-/Mikro-KWK. Dies gelte auch im sehr kleinen Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser, wo mittelfristig eine Alternative zu klassischen Öl- und Gasheizungen gefunden werden müsse (vgl. Interview 2; 6). 49 LITRES Discussion Paper 2016-02 7. Anhang: Methodik und Eingangsparameter für Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 2.1. Vorgehensweise zur Berechnung der Wärmegestehungskosten Die Ermittlung der Wärmegestehungskosten erfolgt in Anlehnung an VDI 2067: Es werden für die jeweiligen Gebäudetypen und die betrachteten Wärmeversorgungstechnologien die jährlichen kapitalgebundenen, betriebs- und verbrauchsgebundenen Kosten in Euro pro Jahr ermittelt und aufaddiert: • • • • Die kapitalgebundenen Kosten resultieren aus den jeweils getätigten Investitionen, die anhand der Annuitätenmethode in jährliche Kosten übertragen werden. Förderungen über die Mini-/Mikro-KWK-Förderung 4 oder das Marktanreizprogramm 5 werden dabei mit berücksichtigt. Zu den betriebsgebundenen Kosten zählen u.a. Kosten für Wartung, Instandhaltung, Versicherung, Hilfsenergie, ggf. Schornsteinfegerkosten. Die verbrauchsgebundenen Kosten umfassen die Brennstoffkosten (u.a. Erdgas, Holzpellets, Heizöl, Strom) der jeweiligen Anlagen. Bei der Berechnung der Wärmegestehungskosten von KWK-Anlagen erfolgt eine Gutschrift für die erzeugte Strommenge. Hierfür wird angenommen, dass ein Teil des erzeugten Stromes im Objekt selbst genutzt werden kann, während der verbleibende Teil in das Stromnetz eingespeist und entsprechend vergütet wird. Mit KWK-Anlagen sind - im Vergleich zu Heizkesseln - folgende zusätzlichen Einnahmen, Einsparungen bzw. Erstattungen verbunden, die in Tabelle 3 aufgelistet sind. Tabelle 3: Einnahmen, Einsparungen bzw. Erstattungen beim Einsatz einer Mini-/Mikro-KWKAnlage im Vergleich zu einer Wärmeerzeugung mit Heizkesseln (vgl. BHKW-Infothek 2016b; Oschatz 2013; BAFA 2015) + vermiedener Stromeinkauf bei Eigennutzung des erzeugten Stroms + Vergütung von eingespeistem, überschüssigem Strom (vgl. EEX-Baseload und vermiedene Netznutzungsentgelte) + KWK-Zuschlag für erzeugten Strom (siehe BAFA 2015 + Energiesteuererstattung für Brennstoff (z.B. Erdgas: 0,55 Cent/kWh) 6 ) Tabelle 4 gibt einen Überblick über die drei betrachteten Gebäudetypen, die jeweils spezifische Versorgungsaufgaben wiederspiegeln. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Gebäude 4 Im Internet unter: http://www.bafa.de/bafa/de/energie/kraft_waerme_kopplung/mini_kwk_anlagen/ 5 Im Internet unter: http://www.bafa.de/bafa/de/energie/erneuerbare_energien/index.html 6 Im Internet unter: http://www.bafa.de/bafa/de/energie/kraft_waerme_kopplung/stromverguetung/index.html 50 LITRES Discussion Paper 2016-02 sanierte Altbauten darstellen, für welche jeweils eine Erneuerung der Wärmeversorgung vorgenommen wird. Tabelle 4: Beschreibung der drei Gebäudetypen/Versorgungsaufgaben Einfamilienhaus (EFH) Anzahl Wohneinheiten (WE) Nutzfläche je WE Gebäudenutzfläche Anzahl Bewohner je WE Bewohner insgesamt Spezif. Heizwärmebedarf (sanierter Altbau) Spezif. Brauchwasserwärmebedarf Spezif. jährl. Gesamtwärmebedarf Jährlicher Gesamtwärmebedarf 1 170 m2 170 m2 4 4 Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) 6 90 m2 540 m2 3 18 Mehrfamilienhaus, 32 Wohneinheiten (MFH, groß) 32 62m2 1.984 m2 2 64 70 kWh/(m2*a) 70 kWh/(m2*a) 70 kWh/(m2*a) 12,5 kWh/(m2*a) 82,5 kWh/(m2*a) 14,03 MWh/a 16 kWh/(m2*a) 86 kWh/(m2*a) 46,4 MWh/a 16 kWh/(m2*a) 86 kWh/(m2*a) 170,6 MWh/a Quellen: IER (2015), Mazlis (2013), IE (2011) Neben dem Einsatz von KWK-Anlagen zur Wärmeversorgung werden - für einen Vergleich – exemplarisch weitere Wärmeversorgungstechnologien mit untersucht. Diese sind in Tabelle 5 aufgelistet und umfassen neben der Wärmeversorgung über Erdgas-Brennwertkessel auch Wärmeversorgungsoptionen über Erneuerbare Energien. Tabelle 5: Überblick über die exemplarisch betrachteten Wärmeversorgungstechnologien für die drei Gebäudetypen (mit “x“ markiert) Einfamilienhaus (EFH) Erdgas-KWK-Otto Erdgas-KWK-Stirling Pelletkessel Pelletkessel + Solar Holzhackschnitzelkessel Wärmepumpe - Umgebungsluft Wärmepumpe Erdwärmesonde Erdgas - Brennwertkessel Erdgas – Brennwertkessel + Solar X X X X X X X X Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) X Mehrfamilienhaus, 32 Wohneinheiten (MFH, groß) X X X X X X X 2.2. Datengrundlagen Nachfolgend werden zunächst für die BHKW-Varianten die technischen Daten und Kostendaten aufgeführt. Im Anschluss werden die Datengrundlagen für die weiteren Wärmeversorgungsoptionen im Überblick aufgelistet. 2.1.1. Technische Daten und Kostendaten der Wärmeversorgung über BHKW Tabelle 6 gibt einen Überblick über die technischen Daten, die den betrachteten KWKTechnologien für die drei Gebäudetypen zugrunde gelegt wurden. Tabelle 7 zeigt die zugrunde gelegten Investitionskosten, die betriebs- und verbrauchsgebundenen Kosten auf. 51 Tabelle 6: LITRES Discussion Paper 2016-02 Technische Eingangsdaten und Annahmen für die untersuchten BHKW in den drei Gebäudetypen Einfamilienhaus (EFH) a Elektrische Leistung Thermische Leistung KWK-Jahresnutzungsgrad Wärmebereitstellung (inkl. Erzeugung, Wärmeübergabe/Regelung, Verteilung) KWK-Jahresnutzungsgrad Stromerzeugung Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) b Mehrfamilienhaus, 32 Wohneinheiten (MFH, groß) b Erdgas-KWK-Otto c Erdgas-KWK-Otto c 5,5 kW(el) 12,5 kW(th) 19,2 kW(el) 36,1 kW(th) Erdgas-KWKStirling 1 kW(el) 5,8 kW(th) Erdgas-KWKOtto 1 kW(el) 2,5 kW(th) 69,75% 58,2% 54,8% 51,2% 14% d 24% d 24,1% 27,2% Jährliche Wärmeerzeugung 14.025 kWh/a 14.025 kWh/a 40.000 kWh/a (KWK); 6.440 kWh/a (Spitzenlast) Jährliche Stromerzeugung Anteil Eigennutzung Strom Anteil Einspeisung Strom Eingesetzte Brennstoffenergie (Jahresbrennstoffbedarf) - Erdgas 2.816 kWh/a 60% 40% 5.783 kWh/a 50% 50% 17.600 kWh/a 50% 50% 144.400 kWh/a (KWK); 26.225 kWh/a (Spitzenlast) 76.800 kWh/a 50% 50% 20.112 kWh/a 24.095 kWh/a 73.058 kWh/a 282.151 kWh/a ASUE (2011), Oschatz und Mailach (2013), Verbraucherzentrale NRW (2013), eigene Recherchen ASUE (2011), Mazlis (2013), IE (2011), eigene Recherchen c zusätzlich wird noch Spitzenlastkessel installiert d vgl. Preissner (2011) a b Tabelle 7: Kostendaten für die untersuchten BHKW in den drei Gebäudetypen (inkl. Mwst.) Einfamilienhaus (EFH) Investitionen a Kessel / Wärmeerzeuger inkl. Regelung, Pufferspeicher etc., Lieferung, Inbetriebnahme, Montage Gasanschluss Schornstein/Abgasleitung Entsorgung Heizöltank Summe Förderung BAFA / Mini-KWK-Förderung Summe Investition (inkl. MwSt.) Kapitalgebundene Kosten Nutzungsdauer (Kessel, Pumpe, Speicher, Zubehör etc.) Zinssatz Summe kapitalgeb. Kosten (inkl. MwSt.) Betriebsgebundene Kosten b KWK-Stirling ErdgasKWK-Otto Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) Erdgas-KWKOtto g Mehrfamilienhaus, 32 Wohnein-heiten (MFH, groß) 21.750 € 20.420 € 33.194 € 68.032 € 2.250 € 1.200 € 500 € 25.700 € -2.375€ 23.325 € 2.250 € 1.200 € 500 € 24.370 € -1.900 € 22.470 € 2.500 € 3.000 € 1.000 € 39.694 € -2.950 € 36.744 € 2.975 3.570 2.380 76.957 € - 3.492 € 73.465 € 15 Jahre 15 Jahre 15 Jahre 15 Jahre 2% 1.815 €/a 2% 1.749 €/a 2% 2.860 €/a 2% 5.717 €/a Erdgas-KWKOtto g 52 Wartung (Pflege, Reinigung, Betriebsstoffersatz), Instandsetzung Schornsteinfeger Bedienung/Überwachung Heizkostenverteilung Hilfsenergie Summe betriebsgeb.Kosten (inkl. MwSt.) Verbrauchsgebundene Kosten c Verbrauchspreis Strom Verbrauchspreis Erdgas Summe verbrauchsgebundene Kosten (inkl. MwSt.) Gutschriften für Stromnutzung aus KWK EEX-Baseload Strompreis spezif. KWK-Zuschlag (Förderdauer: 60.000 Vollbenutzungsstunden) d LITRES Discussion Paper 2016-02 134 €/a 275 €/a 896 €/a 2.688 €/a 40 €/a 40 €/a 80 €/a 39 €/a 213 €/a 81 €/a 396 €/a 420 €/a 107 €/a 1.503 €/a 80 €/a 200 €/a 2.240 €/a 157 €/a 5.365 €/a 6,9 cent/kWh 1.395 €/a 28,0 cent/kWh 6,8 cent/kWh 6,5 cent/kWh 1.634 €/a 4,734 €/a 6,2 cent/kWh 17.614 €/a 3,2 cent/kWh Eingespeister Strom: 8 cent/kWhel Selbstgenutzter Strom: 4 cent/kWhel 0,55 cent/kWh Energiesteuerrückerstattung Erdgas 0,05 cent/kWh 0,1 cent/kWh 0,5 cent/kWh 0,5 cent/kWh spezif. vermiedene Netznutzungsentgelte f 2,22 cent/kWh EEG-Umlage auf selbstgenutzten Strom e -472,70 €/a -809,03 €/a -2.462 €/a -10.744 €/a Vermiedener Stromeinkauf / Eigennutzung -0,56 €/a -1,51 €/a -44 €/a -192 €/a Vermiedene Netznutzungsentgelte Vergütung eingespeister Strom (EEX -36,04 €/a -92,53 €/a -282 €/a -1.229 €/a Baseload) KWK-Zuschlag eingespeister Strom (anteilig -90,10 €/a -160 €/a -704 €/a -3.072 €/a umgerechnet auf 15 Jahre) d KWK-Zuschlag selbstgenutzter Strom -67,58 €/a -80 €/a -352 €/a -1.536 €/a (anteilig umgerechnet auf 15 Jahre) d -110,62 €/a -132,5 €/a -402 €/a -1.552 €/a Energiesteuererstattung 854 €/a EEG-Umlage auf selbstgenutzten Strom e Insgesamt vermiedene Kosten bzw. -777,61 €/a -1.275,53 €/a -4.246 €/a -17.471 €/a zusätzliche Einnahmen durch KWK-Strom a IER (2015), Oschatz und Mailach (2013), Verbraucherzentrale NRW (2013), ASUE (2011), IE (2011), ergänzende eigene Recherchen b ASUE (2015), IER (2015), Mazlis (2013), Oschatz und Mailach (2013), Verbraucherzentrale NRW (2013), ASUE (2011), IE (2011), ergänzende eigene Recherchen c Erdgas und Strom, Grund- und -Arbeitspreise basierend auf EnBW-Tarifen, Stand September 2015, siehe https://www.enbw.com/privatkunden/tarife-und-produkte/index.html; Pelletspreise basierend auf Angaben des Deutschen Energieholz- und Pellets-Verbandes, siehe http://www.depv.de/de/home/marktdaten/pellets_preisentwicklung/; Holzhackschnitzelpreise basierend auf Angaben von CARMEN, siehe http://www.carmenev.de/infothek/preisindizes/hackschnitzel Bzgl. KWK-Zuschlag siehe: http://www.bafa.de/bafa/de/energie/kraft_waerme_kopplung/stromverguetung/; KWK-G im Internet unter: http://www.bafa.de/bafa/de/energie/kraft_waerme_kopplung/index.html; In den hier durchgeführten Kalkulationen wird einheitlich für alle betrachteten KWK Anlagen folgende im novellierten KWK-G vorgesehene differenzierte Vergütung angewandt: 8 cent/kWh für den in das allgemeine Stromnetz ausgespeisten KWK-Strom, 4 cent/kWh für den im Objekt selbst verbrauchten KWK-Strom, Förderdauer beträgt 60.000 VBh. Grundsätzlich besteht nach dem novellierten KWK-G für KWK Anlagen bis 2 kWel die Möglichkeit einer einmaligen pauschalierten Zahlung von 4 cent/kWh el für 60.000 VBh. Dies wird in vorliegenden Rechnungen aber nicht berücksichtigt. e) 2016 beträgt die reduzierte EEG Umlage auf selbst genutzten Strom 35%. Ausnahme: Bei BHKW bis zu einer elektrischen Leistung von 10 kW ist die Nutzung selbst erzeugten Stroms bis zu 10.000 kWh von der Zahlung der EEG-Umlage ausgenommen (Quelle https://www.verbraucherzentrale.de/BHKW-Verguetung); EEG-Umlage 2016: Die EEG-Umlage für nicht privilegierten Letztverbraucherabsatz beträgt für das Jahr 2016: 6,354 Cent/kWh. https://www.netztransparenz.de/de/EEG-Umlage.htm f nach https://www.verbraucherzentrale.de/BHKW-Verguetung gibt es noch keine festgesetzte Vergütung für kleine BHKW, daher eigene Abschätzung g inkl. Erdgas-Spitzenlastkessel d) 53 LITRES Discussion Paper 2016-02 2.1.2. Datengrundlagen für fossile und erneuerbare Wärmeversorgungstechnologien Nachfolgend werden die Investitionskosten, die betriebs- und verbrauchsgebundenen Kosten der zusätzlich betrachteten Wärmeversorgungsoptionen im Überblick dargestellt und auf die jeweiligen Datenquellen verwiesen. Investitionskosten: Die Investitionskosten für die betrachteten fossilen und erneuerbaren Wärmetechnologien umfassen je nach Heiztechnologie die Kosten für Kessel/ Wärmeerzeuger inkl. Regelung, Wärmepumpe (inkl. Zubehör, Anschlüsse, Warmwasserbereitung), Wärmequelle (Sonde, Luftkanäle, Zubehör), Solarkollektoranlage (inkl. Zubehör), Warmwasserbereitung, Pufferspeicher, Lagerung/ Austragung/ Tank/ Gasanschluss, Schornstein/ Abgasleitung, Lieferung, Montage, Inbetriebnahme, Entsorgung Heizöltank, im Falle von Wärmepumpen: Mehraufwand für hausinterne Verteilung. Die Investitionskosten wurden bereits durchgeführten Vollkostenrechnungen bzw. Heizkostenvergleichen verschiedener Autoren entnommen. Die Summen der Investitionskosten sowie Angaben zu etwaigen Fördermöglichkeiten für die einzelnen Gebäudetypen und Wärmeversorgungstechnologien finden sich in Tabelle 8. Tabelle 8: Überblick über die Summe der Investitionskosten sowie etwaiger Förderungen für die drei Gebäudetypen und die untersuchten Wärmeversorgungstechnologien (Angaben in Euro, inkl. Mwst.) Einfamilienhaus (EFH) a Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) b Mehrfamilienhaus, 32 Wohneinheiten (MFH, groß) c Förderung Investition (Marktanreiz programm) Investition Förderung Investition Förderung Pelletkessel 15.930 -3.500 25.670 -3.500 52.007 Pelletkessel + Solar 22.530 -6.000 -d -d Holzhackschnitzelkessel -d 29.260 -3.500 54.978 Wärmepumpe 23.100 -1.300 -d -d Umgebungsluft Wärmepumpe 27.600 -4.500 -d -d Erdwärmesonde Erdgas - Brennwertkessel 9.550 13.638 28.917 Erdgas – Brennwertkessel 15.850 -2.500 -d -d + Solar a in Anlehnung an IER (2015), Förderprogramm MAP (http://www.erneuerbareenergien.de/EE/Redaktion/DE/Downloads/foerderung-im-marktanreizprogramm-2015-bafa.pdf?__blob=publicationFile), Hartmann et al. (2013), ergänzte eigene Recherchen b in Anlehnung an Mazlis (2013), Hartmann et al. (2013), ergänzt um eigene Recherchen c in Anlehnung an IE Leipzig (2011), FNR (2012), FNR (2013), ergänzt um eigene Recherchen d nicht betrachtet Für die Kalkulation der jährlichen Kapitalkosten wurde (mit Ausnahme von KWK-Anlagen, hier: 15 Jahre) eine 20jährige Lebensdauer der Anlagen sowie Zinssätze in Höhe von 2% zugrunde gelegt. Betriebsgebundene Kosten: Die betriebsgebunden Kosten basieren ebenfalls auf bereits durchgeführten Vollkostenrechnungen bzw. Heizkostenvergleichen verschiedener Autoren. Die Kostenangaben umfassen Kosten für Instandsetzung, Wartung, Schornsteinfeger, 54 LITRES Discussion Paper 2016-02 Versicherung/Überwachung und Hilfsenergie. Die Summen der betriebsgebundenen Kosten für die einzelnen Gebäudetypen und Wärmeversorgungstechnologien finden sich in Tabelle 9. Tabelle 9: Überblick über die Summe der betriebsgebundenen Kosten für die drei Gebäudetypen und die exemplarischen Wärmeversorgungstechnologien (inkl. MWst.) Summe betriebsgebundener Kosten Pelletkessel Pelletkessel + Solar Holzhackschnitzelkessel Wärmepumpe - Umgebungsluft Wärmepumpe Erdwärmesonde Erdgas - Brennwertkessel Erdgas – Brennwertkessel + Solar Einfamilienhaus (EFH) a Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) b 1.631 €/a Mehrfamilienhaus, 32 Wohneinheiten (MFH, groß) c 4.981 €/a -d -d -d 1.882 €/a 4.882 €/a 331 €/a 376 €/a 323 €/a 323 €/a -d -d -d -d 1.007 €/a 3.423 €/a -d -d 526€/a 526 €/a a in Anlehnung an IER (2015). In Anlehnung an IER (2015), IE (2011), Hartmann et al. (2013) c In Anlehnung an IE (2011), Hartmann et al. (2013), Mazlis (2013) d nicht betrachtet b Verbrauchsgebundene Kosten: Die Preise für den Bezug von Strom, Erdgas, Pellets und Hackschnitzeln wurden - wie auch bei den BHKW-Varianten - folgenden Quellen entnommen: • • • Erdgas und Strom, Grund- und -Arbeitspreise basierend auf EnBW-Tarifen, Stand September 2015, siehe https://www.enbw.com/privatkunden/tarife-undprodukte/index.html Pelletspreise basierend auf Angaben des Deutschen Energieholz- und PelletsVerbandes, siehe http://www.depv.de/de/home/marktdaten/pellets_preisentwicklung/ Holzhackschnitzelpreise basierend auf Angaben von CARMEN, siehe http://www.carmen-ev.de/infothek/preisindizes/hackschnitzel Die Summen der verbrauchsgebundenen Kosten für die einzelnen Gebäudetypen und Wärmeversorgungstechnologien finden sich in Tabelle 10. 55 Tabelle 10: LITRES Discussion Paper 2016-02 Überblick über die Summe der verbrauchsgebundenen Kosten für die drei Gebäudetypen und die exemplarischen Wärmeversorgungstechnologien Summe verbrauchsgebundener Kosten Pelletkessel Pelletkessel + Solar Holzhackschnitzelkessel Wärmepumpe - Umgebungsluft Wärmepumpe Erdwärmesonde Erdgas - Brennwertkessel Erdgas – Brennwertkessel + Solar a nicht betrachtet Einfamilienhaus (EFH) 1.091 €/a 870 €/a Mehrfamilienhaus, 6 Wohneinheiten (MFH, klein) 3.015 €/a Mehrfamilienhaus, 32 Wohneinheiten (MFH, groß) 11.076 €/a -a -a -a 1.973 €/a 7.250 €/a 1.157 €/a 853 €/a 1.153 €/a 952 €/a -a -a -a -a 3.276 €/a 11.414 €/a -a -a 56 LITRES Discussion Paper 2016-02 Quellen Literatur Arnold, A./Sonnberger, M./Schäffler, H., (2014): Soziotechnische Entwicklungen und Geschäftsmodellinnovationen im Energiebereich. 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