Phytotherapie

AUSGABE 1 / 2005
w w w. krebsgesellschaf t .de
ISSN 1860-1502
pat ient enforum
wissen gegen krebs
Krebs nein danke:
Zehn einf ache Regeln schüt zen
Der „ neue Pat ient “ :
Wie sich das Arzt -Pat ient enverhält nis verändert
Diagnose Prost at akrebs –
Die Tage nach dem Bef und
Deut sche Krebsgesellschaf t e.V.
1. Off ene Krebskonf erenz richt et
sich an Pat ient en, Angehörige
und Int eressiert e
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Pat ient enf orum
Was verspricht die M istel?
Wer Ast erix und Obelix kennt , w eiß,
dass sie ein Best andt eil des Zaubert ranks ist , neben Hummer und anderen verborgenen Zut at en ein von M iraculix st reng gehüt et es Geheimnis.
Das ist nat ürlich ein M ärchen, aber
w ahr ist , dass man sie f rüher zum Vögel Fangen oder zum Hausbau nut zt e. Heut e nimmt man sie gerne zum
Vorw and, jemandem einen Kuss zu
st ehlen. Die Rede ist von der M ist el.
Hat t e man ihr f rüher noch göt t liche
Heilkraf t nachgesagt , ist sie schon
lange auf dem Boden der Tat sachen
gelandet . Bei der Behandlung von
Krebserkrankungen kann eine M ist elt herapie zusät zlich zu den schulmedizinischen Behandlungen eingeset zt w erden. Krebs heilen kann sie
nicht , aber manchmal lässt sich die
Lebensqualit ät verbessern.
Im Volksmund hat sie viele Namen w ie
beispielsw eise Donnerbesen, Drudenf uß, Hexenbesen, Teuf elsklaue oder
Wint ergrün. Gemeint ist die M ist el,
eine immer grüne Pfl anze. Sie w ächst
in Nordasien und Europa auf nahezu
allen Laub- und Nadelbäumen, jedoch
nur selt en auf Eichen. Gerade im Wint er f ällt sie besonders auf , dann kann
man ihre grünen Blät t er auf den Äst en kahler Bäume erspähen. Da man
sich f rüher nicht erklären konnt e, w ie
die M ist el so hoch hinaus gelangt ist ,
dacht e man Göt t er st reut en Samen auf
die Bäume. Heut e w eiß man es besser:
Die Pfl anze ist alleine nicht lebensf ähig, sondern bezieht einen Teil ihrer
Nährst off e von anderen Pfl anzen. Sie
ist also ein so genannt er Halbschmarot zer. Und daf ür, dass sie häufi g so hoch
oben in den Bäumen zu fi nden ist , sind
Vögel verant w ort lich, die die Samen
dort hin t ragen.
Die M ist el lebt schon lange auf unserem Planet en, man kann ihre Geschicht e bis in die St einzeit (1000 - 2000 Jahre
vor Christ us) zurückverf olgen. Damals
t at sie ihren Dienst als Füllst off beim
Bau von Hausw änden, und verarbeit et
zu einem klebrigen Brei, den man auf
Äst e schmiert e, versucht e man mit ihr
Vögel zu f angen, mit w elchem Erf olg
bleibt off en.
Heilpfl anze im Wandel
der Zeit
Ihre Karriere als Heilpfl anze t rat die
M ist el ebenf alls sehr f rüh an, w obei
man ihr anf änglich eher Wunder- anst at t Heilw irkungen nachsagt e. Im M it t elalt er w urde sie gegen Epilepsie und
Lungenblut ungen, zur Blut drucksenkung oder als Bet äubungsmit t el eingeset zt . Im 19. Jahrhundert verschw and
sie gänzlich aus den deut schen Arzneibüchern. Ihre Renaissance hat die M ist el dem Ant hroposophen Rudolf St einer zu verdanken, der ihre Lebensw eise
mit dem Krebsw achst um verglich. M ist el w ie Krebs könnt en, so St einer, nur
mit Hilf e eines Anderen überleben,
dem sie die Lebenskraf t nähmen. Diese „ Seelenverw andt schaf t “ bew og
ihn, die M ist el bei der Behandlung von
Krebs einzuset zen.
Darreichungsformen und
Nebenw irkungen
Ob man die ganze M ist elpfl anze zu einem Arzneimit t el verarbeit et , oder ob
es ausreicht , f ür die M edikament enherst ellung einen einzelnen Inhalt sst off
zu verw enden, darüber diskut ieren die
Wissenschaf t ler noch heut e. Bisher hat
nur der Arzneimit t elherst eller M adaus
ein auf den Inhalt sst off Lekt in st andardisiert es Präparat (Lekt inol ® ) ent w ickelt und erhoff t sich damit eine bessere Wirkung. Alle anderen Herst eller
nut zen w eit erhin die ganze Pfl anze.
M ist el gibt es als Tee, in Tablet t enf orm
oder zum Sprit zen. Für die Anw endung
bei Krebserkrankungen w erden Sprit zen gegeben. M it einer gut en Einw eisung und einiger Übung kann sich f ast
jeder die Sprit ze selbst geben. M it einer
f einen Nadel pikst man in die Bauchdecke und sprit zt sich die Subst anz unt er
die Haut . Wie of t , w elche M ist el und
in w elcher Dosis, w ird individuell nach
Krebsart , Alt er und Wohlbefi nden ent schieden. M eist sprit zt man dreimal in
der Woche und f ängt mit niedriger Dosierung an.
Auf w elchem Baum eine M ist el gew achsen ist , sieht man ihr nicht an. Bei der
chemischen Unt ersuchung fi ndet man
jedoch je nach „ Wirt “ unt erschiedliche
Konzent rat ionen der Inhalt sst off e. Dies
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Pat ient enf orum
scheint auch der Grund daf ür zu sein,
dass beispielsw eise eine Apf el-M ist el
meist hef t igere Reakt ionen w ie Haut röt ung oder Fieber hervorruf t als eine
Tannen-M ist el. Eine kleine Röt ung um
die Einst ichst elle oder leicht erhöht e
Temperat ur w erden als gut es Zeichen
daf ür gew ert et , dass die M ist el eine
Reakt ion des Körpers bew irkt . Sind
die Reakt ionen st ark oder t rit t Fieber
auf , kann die Dosis reduziert oder der
Wirt sbaum gew echselt w erden.
Wer sich f ür eine M ist elt herapie ent scheidet , sollt e auch die Nebenw irkungen kennen: Kreislauf schw äche
mit Schw indel, Schüt t elf rost oder
Herzschmerzen können auf t ret en.
Was kann eine M isteltherapie bei Krebs leisten?
Heut e w eiß man, dass eine M ist elt herapie zw ar keinen Krebs heilt , sich aber
posit iv auf das Befi nden des Pat ient en
ausw irken kann. Doch auch das ist nicht
uneingeschränkt der Fall, w eshalb die
Ent scheidung f ür eine M ist elt herapie
mit großer Zurückhalt ung und nur
nach Besprechung mit dem behandelnden Onkologen einzuset zen ist .
Eine M ist elt herapie f ührt bei Krebskranken nicht zu einer reproduzierbaren Hemmung des Tumorw achst ums
und/oder einer Verlängerung der Lebenserw art ung. Im Gegent eil ist w issenschaf t lich belegt , dass sich eine
M ist elt herapie bei Blut - und Lymphknot enerkrankungen (maligne Lymphome), beim M elanom, bei Kopf /Halskarzinomen ungünst ig oder
gar nicht auf den Krankheit sverlauf
ausw irkt . Immer noch f ehlen prospekt ive, kont rolliert e St udien (sog.
Phase-III-St udien), die einen günst igen Eff ekt der M ist el auf die anderen Tumorent it ät en belegen.
Und t rot zdem biet en manche Ärzt e
ihren Pat ient en diese Behandlung an,
oder Pat ient en f ragen selbst danach.
Denn aus Erf ahrung w eiß man, dass
eine Chemot herapie unt er Einnahme
von M ist elpräparat en manchmal besser vert ragen w ird.
Falls Sie sich f ür eine M ist elt herapie
int eressieren, dann müssen Sie dies
unbedingt mit dem behandelnden
Onkologen vorher besprechen. Dabei
ist es ent scheidend, ob eine M ist elt herapie das Tumorw achst um nacht eilig
beeinfl ussen kann und daher bei einer
ganzen Reihe von Krebserkrankungen
st reng kont raindiziert ist .
Dort , w o kein Schaden durch eine M ist elt herapie nachgew iesen w urde, kann
eine Behandlung unt er f ort lauf ender
onkologischer Kont rolle die psychische
Verarbeit ung der chronischen Krankheit erleicht ern.