LED-Lampen Made in Germany

Heft 06/2015 4. Jahrgang www.yokoten.de 7,50 EUR
YOKOTEN
Magazin für Operational Excellence und Best Practice Sharing
LED-Lampen Made in Germany
Massenproduktion im "Hochlohnland" ist möglich
Seite 10
Things to keep doing Things to stop doing Things to try 1
Lean im
Scrum-Prozess
Nachhaltiges
Wachstum
Wie sich das Scrum-Team aus
sich selbst heraus verbessert
Unterschiedliche Wege zum
Wachstumsziel
Seite 18
Seite 26
Sichtbare Erfolge
TPM & Lean Best Practice in Bildern
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! Hier
finden Sie Fotos von Problemlösungen,
pfiffigen Ideen oder Verbesserungen von
Zuständen oder Dingen aus Produktion
und Administration.
Gute Fotos werden belohnt!
Schicken Sie uns die Abbildung einer
gelungenen Verbesserung – entweder
das Ergebnis oder die Dokumentation
mit Vorher-Nachher-Bildern und eine
kurze Beschreibung dazu. Jede Veröffentlichung wird belohnt mit einem Buch
Ihrer Wahl aus dem CETPM-Verlag. Bitte
senden Sie Ihre Fotos an:
[email protected].
Ein Fachbuch seiner Wahl erhält für
diesen Beitrag Marc Rohleder, Lean Manager bei der Katek GmbH in Grassau.
Vom Cardboard Model zum "One-Piece-Flow" Arbeitssystem
Mit einem One-Piece-Flow-Projekt
gestaltete ein Workshop-Team bei
der Katek GmbH die Abläufe neu und
realisierte anspruchsvolle Ziele wie
Produktivitätssteigerung, bessere
Termintreue und höhere Produktqualität. Bei der Eliminierung von
Verschwendungen im Ablauf setzte
das Team auf die Wertstromsystematik und die realitätsnahe Simulation mit einem Cardboard-Aufbau.
Damit ist es gelungen, die Akzeptanz
der Mitarbeiter für die neuen Abläufe
herzustellen. Gemeinsam wurde
eine U-Insel erarbeitet und die "gewohnten" Abläufe verändert. Auch
eine Mehrmaschinenbedienung
gehört jetzt zum Arbeitsinhalt.
Erfahrungen und Ideen aller Beteiligten flossen in die Lösung mit ein.
Den Erfolg des Projektes bestätigt die
Auszeichnung durch einen Kunden
im nachfolgenden Zeitraum als
"einer unserer besten Lieferanten".
Vorher
Nachher
Das "Vorher"-Foto zeigt den Zwischenschritt über ein Cardboard
Model zum U-Layout. Fotos: Katek GmbH, Grassau.
TPM-/Lean-Begriffe unter der Lupe
Mizusumashi
Der japanische Begriff Mizusumashi steht für einen Logistik-Experten im
Fertigungsprozess, der dafür sorgt, dass sich die Fachkräfte auf ihre eigentlichen Tätigkeiten konzentrieren können. Als Hüter von Logistik-Standards
sorgt er dafür, dass der Materialfluss funktioniert. Durch den Einsatz des
Mizusumashi-Prinzips lassen sich beachtliche Produktivitätssteigerungen
realisieren. Der Begriff "Mizusumashi" steht in Japan für den Taumelkäfer,
ein kleines Insekt, das auf der Oberfläche von Gewässern lebt und in extrem
schnellen Kreis- oder Spiralbewegungen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 50
Zentimetern pro Sekunde umherschwimmt. Durch seine Komplexaugen kann der Käfer
an der Wasseroberfläche schwimmend gleichzeitig unter Wasser und in der Luft die Umgebung beobachten. Auch der Mizusumashi im Fertigungsprozess muss aufmerksam und
flink sein. Als Feinlogistiker übernimmt er die Transporte zwischen Supermarkt und Linie
und steuert Logistik und Entsorgung am Shopfloor. Damit unterstützt er die Schaffung von
Freiräumen für die Mitarbeiter in der Prozesskette, die sich durch seine Hilfe ausschließlich
dem Wertschöpfungsprozess widmen können. So wie der Monteur Spezialist auf seinem
Gebiet ist, gilt der Mizusumashi als Experte für die Logistik rund um den Wertschöpfungsprozess. Gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt er die notwendigen Standards.
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YOKOTEN Magazin 06/2015
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
ein spannendes Jahr 2015 geht zu Ende. Auch im vierten "Yokoten-Jahr" durften wir
über viele interessante Themen und Erfolgsgeschichten rund um TPM & Lean berichten.
Ein herzliches Dankeschön gilt allen Autoren und Unternehmen, die ihr Wissen teilen,
und natürlichen Ihnen, unseren treuen Leserinnen und Lesern.
Die Titelstory dieses Heftes wirft ein gutes Licht auf die Zukunft der Produktion in sogenannten Hochlohnländern: Der Seidel GmbH & Co. KG. aus Marburg ist es gelungen,
als branchenfremdes Unternehmen erfolgreich unter dem Label Carus in Deutschland
LED-Lampen herzustellen. Mit kluger Planung und Optimierung der Prozesse behauptet
sich das Unternehmen gegen asiatische Mitbewerber.
Die Initiative "Lean for Refugees" wurde von der Hochschulwelt ins Leben gerufen.
Wir sind überwältigt von der positiven Ressonanz aus der Lean Community und der
Offenheit seitens der Behörden. Weitere Unterstützer aus der Lean-Community sind
willkommen. Mehr über den aktuellen Stand lesen Sie auf Seite 29.
Prof. Dr. Constantin May
Herausgeber Yokoten
Auf dem 5. KATA-Praktikertag gab es ein klares Signal: Weg vom Methodendenken hin
zur Entwicklung einer lernenden Organisation. Mehr dazu auf Seite 30.
Das Yokoten-Team wünscht Ihnen besinnliche Feiertage und einen guten Start ins neue
Jahr 2016. Wir freuen uns auf einen regen Dialog mit Ihnen im 5. Yokoten-Jahrgang.
Herzlichst Ihr
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Foto Titelseite: ©Carus GmbH & Co. KG
Anzeige LeanAroundTheClock
YOKOTEN Magazin 06/2015
3
Inhalt 06
Heft
10
| YOKOTEN Magazin 2015
Praxisbericht: Made in Germany
Massenproduktion im "Hochlohnland" ist möglich
02
TPM & Lean Best Practice in Bildern 02
TPM-/Lean-Begriffe unter der Lupe
03
Editorial
06 Fachartikel: Training Within Industry (TWI) Job Relations: Bei der Einführung den Fokus
richtig setzen
09
Lesetipp: Lean auf gut Deutsch
Mari Furukawa-Caspary räumt mit Missverständnissen auf
10
Praxisbericht: Made in Germany
Massenproduktion im "Hochlohnland" ist möglich
14
Serie: KATA-Praxistipps Aus dem Leben eines KATA-Coaches - Teil 3
18
Serie: Lean im SCRUM-Prozess Das Retrospektive Meeting - Wie sich das
Scrum-Team aus sich selbst heraus verbessert
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YOKOTEN Magazin 06/2015
06
22
21
Fachartikel: Training Within Industry 30
Job Relations: Fokus richtig setzen
KPIs richtig betrachten und deuten
Fachartikel: Lean-Umfrage
Fachartikel: Operational Excellence
KPIs richtig betrachten und deuten
26
Übergeordnete Ziele im Fokus
Fachartikel: Operational Excellence 30
Quo vadis Lean Management?
22
News: 5. KATA-Praktikertag
News: 5. KATA-Praktikertag
Übergeordnete Ziele im Fokus
31
Vorschau & Impressum Fachartikel: Nachhaltiges Wachstum
Unterschiedliche Wege zum Wachstumsziel
28
Serie: Lean ganzheitlich
Sollbruchstellen gehen gar nicht
29
News: Lean for Refugees
Initiative findet Resonanz bei Behörden und freiwilligen Unterstützern
YOKOTEN Magazin 06/2015
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Fachartikel Training Within Industry
Training Within Industry – Job Relations
Bei der Einführung den Fokus richtig setzen
In der vorigen Yokoten-Ausgabe haben wir erläutert, warum es sinnvoll ist, dass Unternehmen TWI und speziell
das Instrument Job Relations nutzen. Hier geben wir Ihnen nun praktische Tipps an die Hand, was Sie im
Vorfeld tun sollten und wie Sie Job Relations richtig einführen, um nachhaltig den Erfolg zu sichern.
von Carla Latijnhouwers und Gerard Berendsen
Ein andere mögliche Kennzahl wäre die
Mitarbeiterzufriedenheit, die per Umfrage
erfasst wird. Diese sagt uns wohl, ob
im Unternehmen Mitarbeiterprobleme
auftreten. Und sie sagt auch einiges aus
über die Art der Probleme. Leider werden
solche Umfragen oft nur einmal pro Jahr
durchgeführt. Damit ist die Messung nur
eine Momentaufnahme. Diese Kennzahl
kann also nicht als direktes Feedback im
Shopfloor Management genutzt werden.
Unternehmen sollten in der Lage sein, zu
verstehen, dass auch Mitarbeiterzufriedenheit kontinuierlich gemessen werden
sollte und dass man diese ständig im
6
YOKOTEN Magazin 06/2015
Miss es oder vergiss es
Wichtig ist, dass regelmäßig gemessen
wird. Nur dann wird die Messung zum
Hilfsmittel, um frühzeitig Probleme zu
bemerken. Werden Probleme frühzeitig
erkannt, dann lassen sie sich meistens
noch mit leichteren Maßnahmen lösen.
Während der Schulung zum Thema Job
Relations wird den Teilnehmern eingeprägt, dass sie sich vor der Analyse eines
Problems immer folgendes fragen sollten:
• Wie ist dieses Problem in
Erscheinung getreten?
• Habe ich es kommen sehen?
• Habe ich einen Hinweis erhalten?
• Kam es zur mir oder bin ich
"reingestolpert"?
Ein Supervisor erzielt Ergebnisse durch
seine Mitarbeiter
Relations
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Supervisor
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Mitarbeiter
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Sic
Eine Kennzahl für Mitarbeiterprobleme
könnte zum Beispiel die "Anzahl der Abmahnungen in der Organisation" sein.
Doch damit würden wir nur die eskalierten Probleme als Mitarbeiterprobleme
anerkennen.
Fokus haben sollte. Erst dann fangen Unternehmen an, sich Gedanken darüber zu
machen, wie diese Kennzahl ermittelt
werden kann. Dies ist ein sehr wichtiger
Aspekt für die Entwicklung von Supervisoren und zur Messung der Ergebnisse
ihrer Arbeit. Manche Unternehmen beginnen damit, Stimmungsbarometer im
Team an der Shopfloortafel zu entwickeln, andere bringen eine Software zum
Einsatz, mit deren Hilfe die Mitarbeiter
anonym beim "ausstempeln" ihren Tag
bewerten. Hier ist Kreativität gefragt.
Qu
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Bevor man mit Job Relations beginnt ist
es wichtig, zuerst das Problem gut darzustellen. Oft liegen Themen, bei denen der
Schuh drückt, im "vertraulichen Bereich"
und es fällt den Mitarbeitern schwer, Probleme transparent zu machen. Es ist hilfreich zu wissen, wie oft die Supervisoren
"Mitarbeiterprobleme" haben.
Abb. 1: Die Leistung hängt von der Beziehung zu
den Mitarbeitern ab.
Der Gedanke hinter diesen Fragen ist,
dass es gelingen soll, die Fähigkeit zu
entwickeln, Probleme rechtzeitig zu erkennen. So ist es möglich, leichter und
schneller darauf zu reagieren. Ab dem
Moment, wo ein Mitarbeiter schon beim
"Personaler" sitzt, ist es oft zu spät um
das Problem kurzfristig zu lösen. Und es
kostet allen Beteiligten viel mehr Energie,
damit umzugehen und motiviert zu sein.
Deswegen ist es sinnvoll, "Probleme" zu
kategorisieren in die oben genannten vier
Foto: skeeze/pixabay.com
Abb. 2: Nur wenn im Team das Zusammenspiel stimmt, lassen sich Erfolge erzielen.
Arten, wann und wie die Probleme auftreten, um so die Entwicklung von guter
Führung zu verfolgen. Es wird deutlich,
dass bei der regelmäßigen Anwendung
von Job Relations, die Probleme eher
sichtbar werden. So wird sich die Zusammensetzung von Problemen während der
Einführung von Job Relations verändern.
Job Relations – die Schulung
Wie jede Standardschulung von TWI
wird auch Job Relations in fünf mal zwei
Stunden Theorie erlernt. Dabei stehen
Übung und Wiederholung im Zentrum.
Anhand von Fallbeispielen wird die gelbe
Job Relations Karte (Abb. 4) angewandt
und somit die KATA (Routine) erklärt, wie
man ein "Mitarbeiterproblem" bewertet
und damit umgeht. Alle Teilnehmer der
Schulung sind aufgefordert, einen Fall
(anonym) mitzubringen und anhand der
Methode der strukturierten Problemanalyse das eigene Problem faktisch
darzustellen, sowie Lösungswege vorzuschlagen und zu bewerten.
Der Trainer der Schulung ist in dem
Moment der Coach, und er führt den
Supervisor durch die Methode. Der Rest
der Gruppe hört zu, übt die Methode, aber
darf dem Teilnehmer auch Fragen stellen
und Lösungsansätze vorschlagen. Die
Person soll selbst entscheiden, was sie
damit macht. Manchmal (wenn es ein
schon gelöster Fall war) erklärt sie, was
gemacht wurde.
Am Ende der Behandlung des Falles wird
überlegt, wie dieses Problem verhindert
werden könnte. Dabei stehen die vier
Säulen der guten Beziehungen im Mittelpunkt:
1. Lassen Sie alle Bediener wissen, wie
er/sie vorankommt.
2. Erkennen Sie gute Leistung an.
3. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter im
voraus über Veränderungen, die sie
betreffen.
4. Nutzen Sie die Möglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter.
Da die Supervisoren in der Schulung ihre
Probleme untereinander austauschen
und sich gegenseitig helfen, die Methode
anzuwenden, ist der Grundstein für eine
kollegiale Intervision gelegt. Auch wird
oft sichtbar, welche Säule von guten
Beziehungen das präventive Mittel sein
kann, um das Auftreten von Problemen
zu verhindern.
Oft haben Mitglieder der Führungsebene
die Job Relation Methode bereits gelernt
und sich zu eigen gemacht, damit sie
für ihre Mitarbeiter als Coach auftreten
können. Sie sind in der Lage, bei Bedarf
einen fokussierten Plan zu entwickeln,
um diese schwächere Säule pro-aktiv zu
verstärken.
4. Hineinstolpern:
4. Hinein
stolpern:
3. Es kommt zu Ihnen:
3. Es kommt zu Ihnen:
2. 2. Ein Hinweis Einen Hinweis bekommen:
bekommen:
1.
Es kommen sehen:
1. Es kommen sehen:
Ein Problem =
jede Situation, in der der Supervisor "etwas machen soll"
Abb. 3: Problemanalyse: Wie ist das Problem in Erscheinung getreten?
YOKOTEN Magazin 06/2015
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Fachartikel Training Within Industry
JOB RELATIONS
BEHANDLUNG EINES PROBLEMS
EIN SUPERVISOR ERZIELT ERGEBNISSE
DURCH SEINE MITARBEITER
DAS ZIEL BESTIMMEN
GRUNDREGELN FÜR GUTE BEZIEHUNGEN
Geben Sie jedem Mitarbeiter Feedback, wie er seine Sache
macht
Überlegen Sie sich, was Sie von der Person erwarten.
Zeigen Sie Möglichkeiten zur Verbesserung auf.
Erkennen Sie gute Leistungen an
Achten Sie auf besondere oder ungewöhnliche
Leistungen.
Geben Sie Feedback, solange das Eisen noch heiß ist.
Informieren Sie Mitarbeiter im Voraus über
Veränderungen, die sie betreffen
Erläutern Sie, wenn möglich, die Gründe.
Arbeiten Sie gemeinsam daran, dass Veränderungen akzeptiert werden.
Nutzen Sie das Potenzial jedes einzelnen Mitarbeiters
Suchen Sie nach Fähigkeiten, die bisher noch brach liegen.
Hindern Sie niemanden daran, sich weiter zu entwickeln.
MITARBEITER MÜSSEN ALS
INDIVIDUEN BEHANDELT WERDEN
SCHRITT 1 – FAKTEN SAMMELN
Überdenken Sie die Vorgeschichte.
Stellen Sie fest, welche Regeln und Gewohnheiten gelten.
Sprechen Sie mit den Beteiligten.
Informieren Sie sich über Meinungen und Gefühle.
Vergewissern Sie sich, dass Sie die ganze Geschichte kennen.
SCHRITT 2 – ABWÄGEN UND ENTSCHEIDEN
Fügen Sie die Fakten zusammen.
Berücksichtigen Sie die Auswirkung der Fakten aufeinander.
Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es?
Prüfen Sie die Bestimmungen und Praktiken.
Überdenken Sie die Auswirkungen auf das Ziel, das Individuum, die Gruppe und die Produktion.
Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse.
SCHRITT 3 – MASSNAHMEN ERGREIFEN
Handeln Sie dieses Problem selbst ab?
Brauchen Sie dabei Hilfe?
Sollten Sie das Problem Ihrem Supervisor melden?
Achten Sie auf das Timing Ihres Handelns.
Reichen Sie den Schwarzen Peter nicht weiter.
SCHRITT 4 – ERGEBNISSE PRÜFEN
Wie schnell wollen Sie die Ergebnisse kontrollieren?
Wie häufig müssen Sie kontrollieren?
Achten Sie auf Veränderungen hinsichtlich Resultat, Einstellungen und Beziehungen.
Hat Ihr Auftreten dem Betrieb geholfen?
HABEN SIE IHR ZIEL ERREICHT?
www. TWI-Institute.org
Abb. 4: Karten mit den wichtigsten Punkten helfen der Führungskraft beim Anwenden von Job Relations.
Ritual in der tagtäglichen Arbeit zu verfestigen: Wann werden wir die Karte
anwenden?
Die Autoren
Carla Latijnhouwers berät seit 2001 Unternehmen bei der Einführung von
kontinuierlichen Verbesserungsprozessen. Ihr Fokus liegt darauf, einen
allumfassenden Prozess kontinuierlicher und nachhaltiger Verbesserungen
auf den Weg zu bringen. Gemeinsam mit Gerard Berendsen gründete
sie 2013 das TWI-Institut. Kontakt: [email protected].
Gerard Berendsen ist Lean-Berater und Interimsmanager mit 30-jähriger
Erfahrung in Projektmanagement, Instandhaltung, Betriebsleitung
und KVP. Sein Fokus liegt darauf, die Potenziale aller Mitarbeiter zu
entfalten. Er ist Mitbegründer der TWI Institut Deutschland GmbH
Kontakt: [email protected]
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YOKOTEN Magazin 06/2015
Foto: © contrastwerkstatt - Fotolia.com
Nach der Schulung haben Supervisoren
ein konkretes Werkzeug an der Hand, das
sie anwenden können, wenn Probleme
auftreten. Jetzt wird es wichtig, dieses
Wenn wir bei der Frühbesprechung Mitarbeiterprobleme erkennen, dann könnte
als Aktion notiert werden: „Gelbe Karte
erstellen“. Hierzu ist die regelmäßige
Messung der Mitarbeiterzufriedenheit
eine große Hilfe. Besonders wenn
diese nicht anonym erfolgt und direkt
vor Ort sichtbar ist. Es gibt jetzt einen
konkreten Anlass, um regelmäßig die
Führungsfähigkeit von Job Relations zu
üben. Dadurch werden Supervisoren
immer sicherer in ihren Aufgaben. Und
sie werden dabei unterstützt, Veränderungen in dem Unternehmen (wie die
Einführung von Job Instruction aber auch
andere organisatorische Veränderungen)
durchzuführen.
Lean auf gut deutsch Lesetipp
Lean auf gut deutsch
Mari Furukawa-Caspary räumt mit Missverständnissen auf
Lean wurde im deutschsprachigen Raum durch das erfolgreiche Toyota-Produktionssystem (TPS) bekannt.
Beim Transfer zwischen den Kulturen haben sich hier einige Missverständnisse eingeschlichen, beispielsweise
auch durch die Übersetzung von Taiichi Ohnos Buch über den Umweg des Englischen von japanisch in deutsch.
In ihrem neuen e-Book "Lean auf gut Deutsch" erklärt Mari Furukawa-Caspary die Grundlagen von Lean.
von Sabine Leikep
Immer mehr Unternehmen behaupten von
sich, "lean" zu sein und ein ganzheitliches
Produktionssystem etabliert zu haben.
Mari Furukawa-Caspary beleuchtet die
Hintergründe und zeigt auf, wo es immer
noch Fehlinterpretationen der ursprünglichen Lean-Philosophie gibt. Als Dolmetscherin und Übersetzerin begleitet
sie seit vielen Jahren japanische Berater,
die mit ihrem Wissen über das schlanke
Produktionssystem europäische Unternehmen unterstützen. Die Autorin ist
vom universalen Ansatz des Synchronen
Produktionssystems überzeugt und sieht
darin ein System, das keineswegs nur in
Japan funktioniert. Wichtig sei es, dass
die grundlegende Denkweise entsprechend vermittelt wird.
Mari Furukawa-Caspary hat durch ihre Tätigkeit einen direkten Zugang zu Quellen in
Wort und Schrift, und sie ist in der Lage,
diese mit der tatsächlichen Praxis vor
Ort in Verbindung und Zusammenhang
zu bringen. Durch Analysen der Primärliteratur im Original und durch intensive
Beschäftigung mit dem Thema Lean kam
sie zu der Erkenntnis, dass durch den
Umstand, dass die meiste Literatur aus
dem englischsprachigen Raum stammt,
die Essenz der Lean-Philosophie auf eine
fatale Weise verfälscht wird. Die Übersetzung der zentralen Lean-Begriffe ins
Deutsche erfolge oft über den Umweg der
englischen Sprache – ohne Kenntnis des
ursprünglichen japanischen Begriffs oder
einer direkten Anschauung einer wirklich
erfolgten Transformation eines Unternehmens. Viele Experten würden sich
gegenseitig zitieren und dabei die Inhalte
aus ihrer eigenen Perspektive individuell
filtern. So multipliziere sich der "StillePost-Effekt" und wesentliche Nuancen
des Ursprungskontextes gingen verloren.
sophien zurückgreifen zu müssen. Bei der
praktischen Beschreibung der Methoden
bringt die Autorin ihre Erkenntnisse und
Erfahrungen aus vielen Leanprojekten ein.
"Lean auf gut Deutsch" erscheint als Serie.
In dem gerade erschienen Band 1 geht es
um die Grundlagen der Leanphilosophie
und deren Anwendung in der Praxis.
Mittlerin zwischen den Kulturen
Mari Furukawa-Caspary hat sich in den
vergangenen zehn Jahren intensiv damit
beschäftigt, wie man die Grundprinzipien
von Lean "auf gut Deutsch" ausdrücken
könnte. Als Doppelsprachlerin gelingt es
ihr, in der deutschen Umgangssprache
oftmals verblüffend einfache Begriffe zu
finden, mit denen das Synchrone Produktionssystem leicht verständlich, vor allem
intuitiv nachvollziehbar, erklärt wird. Sie
bringt die Denkweise, die dieses Produktionssystem hervorgebracht hat, auf den
Punkt. Es ist ihr gelungen, Parallelen aus
der deutschen Handwerkertradition zu
finden, ohne auf kulturelle Eigenheiten
der Japaner oder auf fernöstliche Philo-
Band 1 des e-Books "Lean auf gut Deutsch" gibt es
im Online-Buchhandel zum Preis von 10,99 Euro.
YOKOTEN Magazin 06/2015
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Praxisbericht Made in Germany
Made in Germany
Massenproduktion im "Hochlohnland" ist möglich
Die Produktion von LED-Lampen in Glühbirnenform war fest in chinesischer Hand – bis ein deutsches
Unternehmen sich der Herausforderung stellte, LED-Lampen im "Hochlohnland" Deutschland zu produzieren.
Die Seidel GmbH & Co. KG in Marburg nutzt ihre Fachkompetenz in der Verarbeitung
von Aluminium und Kunststoff, um unter dem Label ihrer Tochterfirma Carus im
Werk Fronhausen neue Maßstäbe für moderne LED-Lampen zu setzen.
von Sabine Leikep
Seit die klassischen Glühbirnen vom Markt
verbannt wurden, sind LED-Lampen im
Retro-Fit-Design eine Alternative. Deren
längere Lebensdauer und die Möglichkeit, Energie zu sparen, erfreuen die
Verbraucher. Die klassische "EdisonGlühbirne" war über 150 Jahre nahezu
unverändert am Markt – die LED-Lampen
unterliegen jedoch dem ständigen Wandel
und werden kontinuierlich verbessert. Die
kurzen Produktlebenszyklen machen eine
automatische Fertigung schwierig. Vielleicht ist das der Grund, warum bisher ein
Großteil der LED-Lampen in China produziert wird. „In China gab es vor drei Jahren
rund 10.000 Hersteller von LED-Lampen.
Diese Zahl wird sich auf etwa Tausend reduzieren“, so die Einschätzung von Dr. Lutz
Engel, Entwicklungsleiter der Carus GmbH
& Co. KG in Fronhausen. Zum großen Teil
würden die Lampen dort einzeln von Hand
montiert und gelötet. Davon konnte er sich
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YOKOTEN Magazin 06/2015
selbst vor Ort in chinesischen Fabriken
überzeugen. „Deutschland war einmal
Marktführer, was Leuchtmittel betrifft“,
so Dr. Engel. 10 Prozent der weltweit verbrauchten Energie sei Licht und damit sei
der Markt für Leuchtmittel entsprechend
groß.
Wie kommt ein branchenfremdes Unternehmen auf die Idee, sich der Herausforderung zu stellen, mit einer Produktion
in Deutschland Marktanteile in diesem
hart umkämpften Segment zurückzuerobern? Die Seidel GmbH & Co. KG ist ein
Unternehmen im Familienbesitz, das seit
185 Jahren besteht. Von der ursprünglichen Herstellung von Zinnsoldaten spezialisierte sich Seidel auf die Produktion
hochwertiger Kosmetikverpackungen
aus Aluminium und Kunststoff. Zu den
langjährigen Stammkunden gehören unter
anderem die Marken 4711 und Chanel.
Abb. 2: LED-Lampen "Made in Germany". Gute
Qualität zum attraktiven Preis - es geht!
Paradigmenwechsel
Dr. Andreas Ritzenhoff, CEO der Seidel
GmbH & Co. KG., wurde auf Umwegen zum
Unternehmer. Er praktizierte als Arzt bevor
er 1992 im Unternehmen seines Vaters die
Führungsrolle übernahm. In seinem neuen
Tätigkeitsfeld als Firmenchef war er von
Abb. 1: Im Werk Fronhausen der Seidel GmbH entstehen mit Erfindergeist, Motivation und modernsten Technologien ressourceneffiziente LED-Lampen.
dem Wunsch beseelt, eine Führungsmethode zu finden, mit der es gelingt, Menschen nach vorne zu bringen. Mithilfe der
Leanphilosophie und durch Erschließung
neuer Geschäftsfelder ist ihm dies gelungen. Über viele Jahre war Seidel ein
reiner Zulieferer mit Schwerpunkt Verpackungen für die Kosmetikindustrie.
Die Teilkomponenten für Verpackungen
wurden im Auftrag der Kunden gefertigt.
2005 hatte Dr. Ritzenhoff Designer eingestellt, um eigene Verpackungslösungen
als Komplettprogramm zu entwickeln.
So entstand mehr Raum für Kreativität
im eigenen Unternehmen. Die Kundenresonanz war positiv und das Unternehmen
weiterhin auf Wachstumskurs. Man
entdeckte die Möglichkeit der experimentellen Vorgehensweise und wagte
sich an neue Herausforderungen. Das
Unternehmen startete mit der Gründung
der Marke "Carus" und der Candela-Serie
sein erstes Designprojekt: Aus Aluminium
gefertigte Kerzenhalter für Teelichter,
später ergänzt mit passenden Produkten
zur Raumbeduftung. „Wir haben uns in
eine neue Arena begeben und dabei sehr
viel gelernt“, so Dr. Ritzenhoff. „Mentale
Paradigmenwechsel sind entscheidend“.
In der weiteren Entwicklung machte
man sich Gedanken über eine LED-Beleuchtung für Designprodukte aus Aluminium und Kunststoff. Auf der Messe
Light & Building kam Dr. Ritzenhoff in
Kontakt mit einem Unternehmen, das
LED-Lampen in Deutschland fertigen
wollte und auf der Suche nach einem
Hersteller war. Rasch erkannte er, dass
dies in seinem Werk mit der Kompetenz
in der Verarbeitung von Aluminium und
Kunststoff möglich sein könnte. Er recherchierte über den technischen Aufbau von
LED-Lampen und besuchte in China mit
seinem Fertigungsleiter Dr. Lutz Engel
mehrere Fabriken.
Auf dem Weg zum neuen Produkt
Nachdem der Entschluss gefasst war,
LED-Lampen zu entwickeln und marktreif
zu machen, ging es rasant voran. Dr. Lutz
Engel und der neu ins Unternehmen gekommene Dr. Martijn Dekker, der inzwischen Geschäftsführer der Carus GmbH
& Co. KG ist, gründeten ein Kernteam zur
Entwicklung der Lampen bei Carus. Das
kleine Team besteht aus je einem Automatisierungstechniker/Sondermaschinenbauer, Elektroniker, Konstrukteur/
Werkzeugentwickler und einem Werksstudenten als Assistent. Mit Martijn
Dekker hatte das Unternehmen einen ausgewiesenen LED-Experten an Bord geholt.
Er gab sein Know-how über drei Monate
hinweg in regelmäßigen "KlassenzimmerSitzungen" weiter. Das Team lernte, wie
man LED-Lampen baut, und es fand ein
intensiver Austausch statt. Es wurde
viel mit Aluminium- und Kunststoffteilen
anhand von PDCA-Zyklen experimentiert,
und die Freude war groß, als zum ersten
Mal das Licht anging. Nach zwei Monaten
standen die ersten Prototypen.
Abb. 3: In einem Videofilm zeigt Carus, wie durch Zersägen von LED-Lampen der Aufbau analysiert
wurde, um Verbesserungspotenzial ausfindig zu machen. Zu sehen unter:
www.carus-world.com.
YOKOTEN Magazin 06/2015
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Praxisbericht Made in Germany
„Wir haben mehr als 200 LED-Lampen
zersägt und den Aufbau analysiert“, erinnert sich Dr. Lutz Engel. Dabei habe das
Team festgestellt, dass die Kombination
aus Glas, vielen Kabeln und einer Wärmeleitpaste aus Sicherheitsgründen bedenklich war. Die in 50 Arbeitsschritten
in China in Handarbeit montierten Lampen
mit massivem Kühlkörper wogen 180 g.
„Wir wollten es anders machen und dazu
nutzten wir die Verbesserungskata“, so
Dr. Engel. Der Ziel-Zustand lautete: LEDLampen in Kerzenform in Deutschland
herstellen, mit minimalem Ressourceneinsatz und den am besten geeigneten
Materialien. Das Produkt sollte automatisierungsfähig und wandlungsfähig sein,
und alle Komponenten sollten im eigenen
Haus gefertigt werden.
Bei herkömmlichen Glühbirnen entsteht
5 % Licht und 95 % Wärme. Die größte
Herausforderung bei der Entwicklung
von LED-Lampen bestand laut Dr. Engel
darin, dass hier ebenfalls 30 % Licht und
70 % Wärme entsteht, allerdings bei geringerem Energieverbrauch. Man benötigte massive Kühlkörper, um die Wärme
zu kompensieren. Die Leuchtkörper der
bisher angebotenen LED-Lampen waren
aus Glas. Dies barg eine Verletzungs-
Abb. 4: Dr. Andreas Ritzenhoff ist bereit, in seinem Traditionsunternehmen neue Wege zu gehen.
gefahr beim Bruch und bei der möglichen
Weiterverwendung, denn die Lampe
funktioniert auch ohne Glas und wird ca.
130 Grad heiß.
„Wir hatten die Idee, den Leuchtkörper
aus Polycarbonat, ähnlich dem PETMaterial im Spritzblasverfahren zu fertigen“, erzählt Dr. Engel. Ein Problem sei
gewesen, dass bei PET-Flaschen der
Anspritzpunkt unten ist. Es habe acht
Wochen gedauert, bis der Hersteller überzeugt war, dass auf der Seite angespritzt
werden muss, damit die Lichtverteilung
nicht gestört wird. Die PET-Flaschenindustrie habe über 40 Jahre lang das
gleiche Verfahren angewandt und man
hörte von den Maschinen- und Werkzeug-
Abb. 5: Die neue Generation der LED-Lampen trifft die Bedürfnisse der Kunden
und ist für den automatisierten Fertigungsprozess optimiert.
12
YOKOTEN Magazin 06/2015
bauern oft „Das geht nicht“. Über PDCAZyklen habe man sich dann gemeinsam
der gewünschten Lösung angenähert.
Inzwischen hat die Firma Seidel das Verfahren zum Patent angemeldet. Dennoch
wird es von chinesischen Mitbewerbern
bereits kopiert. Eine Weiterentwicklung
bestand in der Montage ohne Kleber
durch den "Klick-Fit-Verschluss". So
wird das Problem vermieden, dass sich
der Kleber lösen kann, wenn die Lampe
warm wird.
Großauftrag treibt Entwicklung voran
Der Großauftrag eines internationalen
Möbelhauses set z te das Ent wicklungsteam unter Zugzwang. Innerhalb
von 9 Monaten sollte eine dimmbare
LED-Lampe in Glühbirnenform produktionsreif sein. Es gab am Markt bereits
hochpreisige Modelle und man suchte
nach einer günstigen Lösung. Heraus kam
eine bezahlbare Lampe, die auf über 200
aktuelle Dimmer abgestimmt ist. Dieser
Auftrag habe den entscheidenden Schub
für die rasche Entwicklung der Produkte
zur Produktionsreife gegeben. „Ohne
wichtige Kunden schafft man es nicht“,
so Dr. Engel. „Manche Unternehmen beschäftigen sich lange mit einem tollen
Produkt, ohne sich um die Kunden zu
kümmern“. Durch die Phase des Lernens
"im Klassenzimmer" war das Entwicklungsteam vorbereitet als der Auftrag
kam. „Wir haben es geschafft, das vom
Abb. 6: LED-Lampen Made in Germany werden bei Carus in Serie produziert.
Kunden gewünschte Produkt innerhalb
von neun Monaten marktreif zu machen“,
erzählt Dr. Engel. „Das war eine große Herausforderung und zugleich Motivation.
Wir haben mit der KATA-Vorgehensweise
die Fähigkeiten von Sondermaschinenbauer, Produktentwickler, Elektroniker
und Projektleiter gebündelt“. Mit Beginn
der Produktion wurde pro Woche eine
sechsstellige Zahl an LED-Lampen gefertigt.
Perfektion ist selbstverständlich
Dem Carus-Entwicklungsteam war es
nicht genug, einfach nur dimmbare LEDLampen herzustellen. „Normale LEDs
behalten ihren Farbton bei, wenn sie
Fotos: ©Carus GmbH & Co. KG
Das Unternehmen
Die Carus GmbH & Co. KG ist eine Tochterfirma der Seidel GmbH & Co. KG. Das
Traditionsunternehmen wurde 1830 von
Louis Seidel in Marburg als Zinngießerei
gründet. Seidel ist heute Weltmarktführer
bei der Herstellung exklusiver Kosmetikverpackungen aus Aluminium und Kunststoff.
Über die Marke Carus werden seit 2008
hauseigene Designprodukte, wie Kerzenhalter und Raumdüfte, auch an Endverbraucher verkauft. Im Jahr 2014 stieg Seidel
in das Lichtzeitalter ein und produziert LEDLeuchtmittel. Dazu wurde die Firma Carus
GmbH & Co. KG gegründet, um dieses neue
Geschäftsfeld auf eigene Beine zu stellen.
Mehr Infos:
www.carus-world.com
gedimmt werden. Dadurch wirkt das
Licht dann kälter während sich bei normalen Glühbirnen die Lichttemperatur
ändert“, erklärt Dr. Engel. „Wir haben
uns zum Ziel gesetzt, eine Lampe auf
den Markt zu bringen, die im gedimmten
Zustand warmes Licht ausstrahlt“. Dies
sei gelungen. Ebenso habe man es
möglich gemacht, Lampen mit verschiedenen Lichttemperaturen zu entwickeln.
Während das Licht früher eher blaustichig
gewesen sei, sei es nun gelungen, das
Farbspektrum von Tageslicht zu erzielen.
Mit "Smart Lighting" kann man über unterschiedliche Lichttemperaturen von
warm über normales Licht bis Tageslicht
das Wohlbefinden steuern. Die Zukunftsvision ist eine LED-Glühbirne, die per App
über das Smartphone gesteuert werden
kann.
Entscheidend für den Erfolg bei der raschen Entwicklung neuer Produkte bis zur
Marktreife ist für Dr. Engel das visionäre
Denken und die Vorgabe einer Richtung.
„Die Begeisterung der Führungsebene
wirkt ansteckend auf die Mitarbeiter, die
täglich gecoacht werden und auf die Ziele
hinarbeiten“, betont er. Neben dem Nordstern sei es wichtig, einen Zeitplan zu
haben. Inzwischen entsteht die dritte Generation des neuen Produktes. Die LEDLampen und das Produktionsverfahren
werden kontinuierlich verbessert. Es geht
darum, Material einzusparen, alternative
Materialien einzusetzen, die Automatisierung voranzutreiben und die Logistik
zu optimieren. Nur so kann sich das Unternehmen am umkämpften Markt gegen
die Mitbewerber aus Fernost behaupten.
Dr. Engel ist täglich am Prozess und er
arbeitet mit dem Entwicklungsteam
nach japanischem Vorbild in einem
Großraumbüro. Die Vorgehensweise
im KVP ist von der KATA geprägt. Um
die vielen Hindernisse zu überwinden,
werden Ziele festgelegt wie bei der
SCRUM-Methodik: 4-Wochen-Ziel, tägliches Coaching, Hindernisse verstehen,
nächster Schritt, nächster Ziel-Zustand.
Eine KATA-Tafel schafft Transparenz über
die Ziel-Zustände und die Ergebnisse der
PDCA-Zyklen.
Mit der Brücke vom Teelicht zur LEDLampe hat das Unternehmen 150 Jahre
Entwicklung in der Lichtindustrie übersprungen. Fast kann man eine Parallele
zu Toyota herstellen: Toyota stellte
ursprünglich Webstühle her und entwickelte dann das erste eigene Automobil.
Bei Seidel bzw. Carus darf man gespannt sein, wie die Erfolgsgeschichte
mit der neuen Produktlinie LED-Lampen
weitergeht.
YOKOTEN Magazin 06/2015
13
Serie KATA Praxis-Tipps
Aus dem Leben eines KATA-Coaches - Teil 3
Tipps und Tricks mit Praxisbezug. Hier: Zielzustände in der Administration
In dieser Serie erleben Sie hautnah, wie Denise, eine junge Führungskraft, die erstmals
Verantwortung für eine ganze Abteilung übernommen hat, die Coachingkata einsetzt, um
ihr Team im Verbesserungsprozess zu unterstützen. Im Teil 2 ging es um die Identifizierung
von Hindernissen und wie man deren Auswirkungen erkennt und die Ursachen beseitigt.
Weiter geht es nun mit dem Thema Ziel-Zustände für administrative Bereiche.
von Tilo Schwarz
Beim Mittagessen in der Kantine erzählte Lars Denise von seinem Versuch,
im Vertriebsinnendienst mit der KATA zu
starten. Sein Hauptproblem war, dass
sein Team viele verschiedene Themen
während eines Tages bearbeitete. „In der
Produktion habt ihr es da viel einfacher“,
sagte er. „Dort führen die Kollegen in einer
Produktionslinie über die ganze Schicht
hinweg immer dieselben Tätigkeiten aus.“
„Was sind denn eure Hauptprozesse?“,
fragte Denise. Um das herauszufinden
hatte Lars eine Tätigkeitsstrukturanalyse
durchgeführt. Jeder im Team hatte über
mehrere Tage notiert, wie viel Zeit er am
Tag für welche Tätigkeit verwendete.
Dabei hatte sich folgendes Bild ergeben:
Alle im Team verwendeten etwa ein
Drittel der Zeit für Telefonate mit Kunden.
Meist handelte es sich um Angebotsanfragen oder Rückfragen zu einem bereits
erstellten Angebot. Die weiteren Tätigkeiten waren unterschiedlich. Bei drei
Teammitgliedern stand die Pflege des
elektronischen Katalogs und der Systemdaten mit einem weiteren Drittel im
Vordergrund. Zwei andere Teammitglieder
verwendeten etwa 25 Prozent ihrer Zeit
auf das Projekt- und Termincontrolling bei
aufwändigen Installationsprojekten. Die
übrigen Teammitglieder unterstützten den
Außendienst bei technischen Rückfragen
14
YOKOTEN Magazin 06/2015
in der Akquisephase. Bei den übrigen Tätigkeiten war Lars aufgefallen, dass jeder
in seinem Team 5 Prozent seiner Zeit auf
die Erstellung von Angeboten für Projekte
verwendete, die der Außendienst nicht
selbst erstellen konnte. Bei der aktuellen
Teamgröße von 20 entsprach dies einer
Person in Vollzeit. Vom Außendienst gab
es immer wieder Beschwerden, dass
Kunden oft lange auf Angebote für Projekte warten mussten. Und das, obwohl
der Umsatz im Projektgeschäft bereits
20 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachte, Tendenz steigend.
Lars hatte deshalb beschlossen, den
Verbesserungsprozess mit der KATA
zunächst auf den Prozess der Angebotserstellung im Projektgeschäft zu fokussieren. Dabei hatte die Erfassung der
Ausgangssituation ergeben, dass die
Durchlaufzeit von Anfrage bis Abgabe
eines solchen Angebots bei 5 bis 8 Tagen
lag. Er strebte an, dies in den nächsten 6
Monaten auf 3 Tage zu reduzieren. „Mein
Problem ist“, schilderte er Denise, „dass
die Durchlaufzeit nicht komplett von uns
beeinflusst wird. Zur Erstellung eines Angebots führen wir im Wesentlichen zwei
Arbeitsschritte durch. Zuerst erstellen
wir das technische Konzept, danach
geht dieses ins technische Controlling
zur Kalkulation. Dort kann es schon mal
einige Tage hängen bleiben. Danach
stellen wir dann das Angebot fertig und
ergänzen die entsprechenden Texte. Die
Messung der Gesamtdurchlaufzeit ist für
die Formulierung unseres Ziel-Zustands
ungeeignet, da sie eben auch von der
Liegezeit im Controlling abhängt.“ Denise
kam ihr Praktikum während des Studiums in den Sinn. Damals hatte sie für
drei Monate bei einer Bank gearbeitet
und war zum ersten Mal dem Begriff
der Tagfertigkeit begegnet. Tagfertigkeit
war ein Grundsatz der Bankbuchhaltung,
nachdem alle Vorgänge am Tag ihres Anfallens verbucht werden mussten. Aufgrund des hohen Automatisierungsgrads
war dies heute problemlos möglich. In
früheren Zeiten war dies, insbesondere
an ereignisreichen Tagen, eine ernst zu
nehmende Herausforderung gewesen.
Sie erklärte Lars ihre Idee: „Tagfertigkeit
bedeutet, dass alles was heute hereinkommt auch heute fertiggestellt wird. Ihr
könntet für eure beiden Prozessschritte
jeweils die Tagfertigkeit messen. Also
den prozentualen Anteil an Anfragen, die
am gleichen Tag, an dem sie an diesem
Prozessschritt ankommen, auch fertig
gestellt werden. Damit hättet ihr für jeden
Prozessschritt eine direkt von euch beeinflusste Messgröße für die Durchlaufzeit,
KATA Praxis-Tipps Serie
die sich einfach erfassen lässt. Anzahl
eingegangener Tätigkeiten minus am Tagesende offener Vorgänge geteilt durch
Anzahl eingegangener Tätigkeiten.“ „Das
ist super“, antwortete Lars. „Wenn wir für
die Angebote in beiden Prozessschritten
eine Tagfertigkeit von 100 Prozent erreichen, entspricht dies einem Anteil von
zwei Tagen an der Durchlaufzeit. Würden
die Kollegen im Controlling dasselbe für
ihre Prozessschritte anstreben, kämen
wir auf insgesamt drei Tage Durchlaufzeit.
Genau da will ich hin.“ (s. Abb. 1).
Denise ging in Gedanken ihre Checkliste der 7 Elemente eines guten ZielZustands durch. (1) Übergeordnete Herausforderung: 3 Tage Durchlaufzeit für
Angebote im Projektgeschäft bis in 6
Monaten. (2) Fokusprozess: Angebotserstellung im Vertriebsinnendienst oder
wenn Lars es noch weiter eingrenzen
wollte, zunächst nur einer der beiden Prozessschritte in seinem Team. (3) Ergebniskennzahl: Tagfertigkeit pro Prozessschritt.
(4) und (5) Rahmenbedingungen wie
Budget und Qualität sowie einen geeigneten Termin für den ersten Ziel-Zustand
konnte Lars selbst formulieren. Was noch
fehlte waren (6) ein Soll-Ablauf-Muster
und vor allem (7) eine kurzzyklische
Prozess-Kennzahl.
Sie schlug Lars vor, er solle sich zunächst
auf einen der beiden Prozessschritte
konzentrieren, die Ausgangssituation
beobachten und diese in einem Blockdiagramm darstellen. Dadurch würde er
erkennen können, was die Tagfertigkeit
am stärksten beeinflusste. Sie nannte
einige Beispiele: „Die Tagfertigkeit könnte
zum Beispiel vom Mehraufwand bei fehlenden Informationen beeinflusst sein
oder von Unterbrechungen oder vom
Aufwand bei einem ganz bestimmten Arbeitsschritt. Je nach dem was ihr dann
zuerst angeht, ergibt sich daraus eure
Prozess-Kennzahl. Bei den genannten
Abb. 1: Tagfertigkeit. Grafik: www.lernzone.com.
Beispielen wäre das entweder die Anzahl
fehlender Informationen oder die Anzahl
der Unterbrechungen oder der Aufwand
für den aufwändigsten Arbeitsschritt im
Blockdiagramm in Minuten.“ Lars war
begeistert. Er wollte sofort loslegen. Er
versprach, Denise in den nächsten Tagen
über seine Erfahrungen zu berichten.
Nach dem Mittagessen traf sich Denise mit
Rolf zum vereinbarten Coaching-Zyklus.
Sie war gespannt, was er herausgefunden
7 Elemente eines guten Ziel-Zustandes
1. Übergeordnete Herausforderung
Ein Ziel-Zustand ist immer abgeleitet aus einer übergeordneten Herausforderung mit
einem Zeithorizont von 3 bis 6 Monaten.
2. Fokus-Prozess
Ein Ziel-Zustand bezieht sich immer auf einen Prozess der verändert werden muss, um
der übergeordneten Herausforderung näher zu kommen.
3. Ergebnis-Kennzahl (EKZ)
Die Ergebnis-Kennzahl beschreibt die angestrebte Wirkung durch die Veränderung des
Fokus-Prozesses. Sie steht in mathematischem Zusammenhang mit der übergeordneten Herausforderung. Sie muss permanent und lückenlos erfasst werden.
4. Rahmenbedingungen
Die Rahmenbedingungen beschreiben, welche Parameter nicht verändert werden
dürfen, um den Ziel-Zustand zu erreichen. Typische Beispiele sind Arbeitssicherheit,
Qualität und immer eine Angabe zum Budget.
5. Termin Ein Ziel-Zustand hat immer einen Termin. 1-4 Wochen sind ein guter Zeitraum.
bis hier zum Start vorbereiten
6. Soll-Ablaufmuster
Das Soll-Ablaufmuster beschreibt, z.B. in Form eines Blockdiagramms, wie der
Prozess ablaufen muss um die angestrebte Wirkung zu erzielen.
7. Prozess-Kennzahl (PKZ)
Die Prozess-Kennzahl ermöglicht kurzzyklisch den Fortschritt in Richtung des SollAblaufmusters zu messen sowie Hindernisse zu erkennen. Sie kann sporadisch, auch
durch Beobachtung, mindestens aber zu jedem Coaching-Zyklus erfasst werden.
Abb. 2: 7 Elemente eines guten Ziel-Zustandes.
YOKOTEN Magazin 06/2015
15
Serie KATA Praxis-Tipps
hatte. Momentan arbeiteten sie an einem
Hindernis bei der Kolbenmontage. Dabei
kam es bei einigen Pumpentypen immer
wieder vor, dass sich der Kolben verklemmte. Rolf wollte durch eine Prozessbeobachtung herausfinden, was genau die
Ursache dafür war. Im Coaching-Zyklus
musste Denise feststellen, dass Rolf den
Schritt noch nicht durchgeführt hatte. „Die
Fertigungsplanung hat einen Eilauftrag
für Kreiselpumpen eingeschoben. Dabei
kommt das Problem nicht vor. Deshalb
konnte ich die Prozessbeobachtung noch
nicht durchführen“, erklärte er ihr. Denise
beschloss, einfach mit der nächsten Frage
der Coachingkata fortzufahren. „Welche
Hindernisse halten Dich davon ab, den ZielZustand zu erreichen?“ „Na immer noch
die gleichen“, antwortete Rolf und zeigte
dabei auf den Hindernisspeicher. „Dazu
kommt jetzt, dass ich das Problem mit
dem Verklemmen der Kolben momentan
nicht beobachten kann“, fügte er hinzu und
notierte dieses neue Hindernis gleich im
Hindernisspeicher. „Welches Eine gehst du
als nächstes an?“, fuhr Denise fort. „Dass
Typen, bei denen der Kolben verklemmt,
momentan nicht montiert werden“, antwortete Rolf. „Und was genau ist dabei das
Problem?“, setzte Denise nach. „Dass ich
nicht weiß, wann wieder Typen montiert
werden, bei denen dieses Problem auftritt“,
entgegnete Rolf. „Mein nächster Schritt
ist deshalb, mit der Fertigungssteuerung
zu sprechen“, ergänzte er ungefragt. „Und
was erwartest Du dann“, fragte Denise.
„Dass ich weiß, wann ich die Beobachtung
durchführen kann“, war Rolfs Antwort. Sie
notierten das Besprochene auf dem Problemlösungsblatt und verabredeten den
nächsten Coaching-Zyklus für den Vormittag des Folgetages um 10:00 Uhr.
Nach dem Gespräch blieb Denise noch
an der Coaching-Tafel stehen. Sie hatte
heute die Fragen der Coachingkata problemlos verwendet. Trotzdem hatte sie das
Gefühl, dass sie auf der Stelle traten. „Das
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YOKOTEN Magazin 06/2015
Die KATA-Regeln
Tipp 8 Unterscheide zwei Arten von Hindernissen. Umsetzungshindernisse und
Hindernisse im Prozess. Umsetzungshindernisse haben keine unerwünschte
Wirkung auf die Prozess-Kennzahl. Notiere im Hindernisspeicher und auf dem
Problemlösungsbaltt immer nur Hindernisse im Prozess. Verwende ein Problemlösungsblatt pro Hindernis im Prozess.
Tipp 9 Schnell sein bei Umsetzungshindernissen. Mit Umsetzungshindernissen
kann viel Zeit verloren gehen, wenn wir für jeden Schritt bis zum nächsten
Coaching-Zyklus warten. Der Coach muss deshalb auf schnelle Beseitigung
drängen. Etwa Fortsetzung des Coaching-Zyklus in einer Stunde.
Tipp 10 Übersicht im Hindernisspeicher. Markiere das aktuelle in Arbeit befindliche
Hindernis. Streiche ein Hindernis, wenn es beseitigt wurde. Es ist hilfreich, sich
gelegentlich Zeit zu nehmen, den Hindernisspeicher "in Ordnung" zu bringen.
Abb. 3: Tipps und Tricks in der Zusammenfassung.
passiert uns öfter“, dachte sie und begann
die alten Problemlösungsblätter durchzugehen. Dabei stieß sie immer wieder auf
Hindernisse, die dem ähnelten, was sie
heute notiert hatten. Beispiele dafür waren:
Daten fehlen, die Abteilung XY hat den vereinbarten Schritt noch nicht gemacht, das
zu beobachtende Produkt wurde nicht gefertigt, ich hatte noch keine Zeit, den Schritt
zu machen, das nötige Messgerät fehlte für
die Messung der Prozessdaten, ich habe die
Messreihe noch nicht ausgewertet. Das
sind keine Hindernisse im Prozess, schoß
es ihr durch den Kopf. Diese Hindernisse
haben deshalb auch keine unerwünschte
Auswirkung auf unsere Prozess-Kennzahl.
Sie halten uns lediglich von der Umsetzung
des nächsten Schrittes ab. Nur die Beseitigung von Hindernissen im Prozess brachte
sie dem Ziel-Zustand näher. Sie beschloss,
in Zukunft zwischen diesen beiden Arten
von Hindernissen zu unterscheiden. Auf
den Problemlösungsblättern entdeckte
sie, dass sich in der Hindernisspalte Umsetzungshindernisse und Hindernisse im
Prozess munter abwechselten. Das machte
die Sache sehr unübersichtlich. Es entstand
der Eindruck, dass sie viele CoachingZyklen und Schritte zur Prozessverbesserung durchführten. Tatsächlich traten sie
aber auf der Stelle, weil sie Umsetzungshindernisse beseitigen mussten. Auch der Hindernisspeicher war voll von beiden Arten
Hindernisse. Zudem entdeckte sie im Hindernisspeicher Hindernisse, die sie schon
vor längerer Zeit bearbeitet und beseitigt
hatten. Als sie zurück in ihr Büro kam, notierte sie ihre daraus abgeleiteten Tipps in
ihrem Handbuch: Unterscheide zwei Arten
von Hindernissen; Umsetzungshindernisse
und Hindernisse im Prozess. Notiere immer
nur das aktuelle Hindernis im Prozess auf
dem Problemlösungsblatt.
„Damit bleibt dann das Hindernis in der
Hindernisspalte auf dem Problemlösungsblatt so lange gleich bis es beseitigt ist“,
dachte sie. Das ist viel übersichtlicher und
Fortschritt oder eben auch Stillstand wird
viel leichter erkennbar. Am besten wir
verwenden immer ein eigenes Problemlösungsblatt für jedes Hindernis im Prozess.
Sie dachte weiter. In Zukunft werden wir
Schritte zu Umsetzungshindernissen, wie
sie heute morgen vorkamen, zwar auf dem
Problemlösungsblatt notieren aber in der
Hindernisspalte das Hindernis im Prozess
notieren, an dem wir gerade arbeiten.
Bei Umsetzungshindernissen heißt es
schnell sein. Am besten den Schritt sofort
KATA Praxis-Tipps Serie
machen. Heute im Coaching-Zyklus hätten
wir sofort bei der Fertigungssteuerung anrufen können, dachte sie. Darauf werde ich
in Zukunft drängen statt bis zum nächsten
Coaching-Zyklus auf eine Information zu
warten.
„Auch der Hindernisspeicher muss übersichtlicher werden“, überlegte sie. In Zu-
kunft werden wir nur noch Hindernisse
im Prozess in den Hindernisspeicher aufnehmen. Zudem sollten wir erledigte Hindernisse durchstreichen und das aktuell
bearbeitete Hindernis mit einem Klebepfeil
markieren, beschloss sie und notierte dies
in ihrem Handbuch. „Wenn es dem Verbesserer schwer fällt, die Hindernisse zu
priorisieren und ein nächstes Hindernis
Der Autor
Tilo Schwarz ist Management-Trainer und KATA Coach
im Change Prozess. Zuvor war er bei der Festool GmbH
Werksleiter im Werk Neidlingen und leitete den Bereich
Organisations- und Strategieentwicklung. Schwerpunkte
waren dabei ein durchgängiger Hoshin-Kanri-Prozess und
der Verbesserungsprozess in administrativen Bereichen.
auszuwählen, ist ein gut strukturierter Hindernisspeicher ebenfalls hilfreich“, kam ihr
in den Sinn. Wir können dann eine weitere
Spalte mit der unerwünschten Wirkung
der Hindernisse auf die Prozess-Kennzahl
erstellen oder eine Strichliste mit der Häufigkeit des Auftretens ergänzen. Dann fällt
die Auswahl leicht. Sie notierte auch dies
in ihrem Handbuch und beschloss, dieses
neue Vorgehen gleich morgen zu testen.
In der nächsten Yokoten-Ausgabe lesen Sie,
welche Erfahrungen Denise dabei macht
und was es mit den drei Arten von Experimenten auf sich hat.
Die Video-Aufzeichnung
eines Vortrags des Autors
zum Thema "Kata in der
Organisationsentwicklung"
vom KATA-Praktikertag
2013 finden Sie auf dem
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YOKOTEN Magazin 06/2015
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Serie Lean im SCRUM-Prozess
Das Retrospektive Meeting
Wie sich das Scrum-Team aus sich selbst heraus verbessert
Innerhalb eines Sprint-Zyklus findet am Ende ein Retrospektive Meeting statt. Dieser Termin gibt dem Team
die Zeit und die Möglichkeit, sich nicht dem Produkt, sondern seiner eigenen Arbeitsweise zu widmen und
diese für den nächsten Sprint zu verbessern. Eine detaillierte Beschreibung des Scrum-Projektmanagements
finden Sie in YOKOTEN 06/2014 (S. 15 ff).
von Jochen Wenz
Am Ende eines Sprint-Zyklus werden ein
Sprint Review Meeting und eine Sprint
Retrospektive abgehalten. Das Sprint
Review Meeting dient der Begutachtung
des am Ende des Zyklus fertig gestellten
Projektteils mit dem gesamten Team
(nebst Product Owner und Scrum-Coach)
sowie den Stakeholdern. Hier geht es
ausschließlich um das Produkt. Demgegenüber wird bei der Sprint Retrospektive
dem Team eine feste Zeit eingeräumt,
sich mit der eigenen Arbeitsweise auseinanderzusetzen. Dieses Meeting ist vergleichbar mit einem klassischen "Lessons
Learned" am Ende eines Projekts, nur
dass es nach jedem Sprint erfolgt und
sich so die positiven Folgen der teameigenen Optimierung schon während der
Projektphase selbst niederschlagen.
Damit bildet die Retrospektive einen
großartigen Hebel für die stetige Verbesserung der Arbeitsweise des Teams und
damit auch mittelbar des gesamten Projektergebnisses. Die typischen Fragestellungen im Retrospektive Meeting sind:
• Was hat an diesem Sprint besonders
gut funktioniert? Was wollen wir auch
weiterhin machen?
• Was hat nicht gut funktioniert? Wo
müssen wir etwas ändern?
• Was sollten wir beginnen zu tun und
was sollten wir verbessern?
18
YOKOTEN Magazin 06/2015
Durchführung eines Retrospektive
Meetings
Bei einem Retrospektive Meeting nehmen alle Team-Mitglieder teil (Abb. 1).
Neben den Projektteilnehmern und dem
Scrum-Master auch der Product Owner.
Oftmals gibt es Vorbehalte, da der
Product Owner meist auch Führungskraft
ist. Für den Erfolg einer Retrospektive ist
ein Umfeld notwendig, bei dem frei diskutiert werden kann. Nach meiner Erfahrung
bewährt es sich, den Product Owner erst
zur zweiten Hälfte des Meetings dazu zu
bitten. Falls bestimmte Themen angesprochen werden sollen, die die Zusammenarbeit mit Kollegen außerhalb des
Projektteams betreffen, ist es sinnvoll,
dass auch diese Kollegen teilnehmen.
Das Meeting ist üblicherweise mit 90
Minuten angesetzt. Damit diese Zeit gewinnmaximierend genutzt werden kann,
„Wenn Sie nur einen
einzigen Punkt der ScrumMethodik übernehmen
wollen, dann doch bitte
die Retrospektive.“
Mentos, Scrum Coach
ist die Vorbereitung der einzelnen Teilnehmer unabdingbar.
Dazu gehört das Festlegen eines Themenfokus. Dieser ergibt sich aus den
gemachten Erfahrungen des letzten
Sprints (der letzten 2-4 Wochen). In der
Anfangsphase eines Projektes wird es
meist weniger konkrete Themen geben,
sondern eher die generelle Zusammenarbeit innerhalb des Teams zu diskutieren
sein. Nach einer Phase des Einpendelns
und der Umsetzung der gemachten Erkenntnisse verlagert sich der Verbesserungsfokus meist auf speziellere Themen.
Die Teilnehmer bereiten sich individuell auf diesen Themenfokus vor und
sammeln konkrete Beispiele. Dabei geht
es nicht nur um Dinge, die schlecht liefen
und verbessert werden müssen, sondern
auch um Beispiele von Vorgehensweisen,
die gut liefen. Auch Ideen, die das Team
ohne konkreten Anlass im nächsten
Sprint probieren möchte, werden thematisiert.
Während des Meetings findet dann die
Auswertung der durch die Teilnehmer
mitgebrachten Einsichten statt. Hier hat
sich ein "Insight-Board" bewährt (Abb. 2).
Die Themen werden dabei nach drei Kategorien geordnet:
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Abb. 1: Scrum Retrospektive Meeting.
• Dinge, die weiter so gemacht werden
sollen.
• Dinge, die unbedingt verändert werden
müssen.
• Dinge, die das Team ohne konkreten
Anlass probieren möchte.
Durch diese Anordnung fallen schnell
Themen auf, die von mehreren Teammitgliedern zugleich eingebracht werden
und damit eine höhere Priorität bei der
Auswertung erfahren sollten (z. B. Abb.
2 Nr. 1). Aus diesen gewonnenen Einsichten werden im nächsten Schritt nun
konkrete Maßnahmen abgeleitet. Es hat
sich bewährt, diese Maßnahmen ebenso
mit User Stories zu hinterlegen, da auch
deren Umsetzung Zeit in Anspruch nimmt.
Meist gibt es mehr abgeleitete Maßnahmen, als Zeit zur Verfügung steht.
Nach wie vor steht die Entwicklung eines
Produktes oder die Durchführung eines
Projekts im Vordergrund. Die nicht sofort
umsetzbaren User Stories werden in
einem "Insight Backlog" gespeichert und
beim nächsten Retrospektive Meeting mit
den neuen Maßnahmen neu priorisiert.
die Retrospektive keinen unmittelbaren
Mehrwert am Produkt/Projektergebnis
zu haben scheint, wird dieses Meeting oft
aufgrund vermeintlich dringenderer fachlicher Themen verschoben. Die Scrum
Retrospektive wird nach jedem Sprint
durchgeführt. Man nimmt sich Zeit dafür.
Dem agilen Ansatz Rechnung tragend,
können Erfahrungen und Einsichten direkt
und schon in der Anfangsphase umgesetzt werden. Damit wird das Team leistungsstärker. Dies schlägt sich direkt im
Projektergebnis nieder.
Auch die emotionale Komponente, dass
Mitarbeiter spüren, dass es nicht nur um
das Ergebnis geht, sondern auch um den
Weg dorthin, ist ein oftmals angesprochener Punkt. Durch eine offene und direkte Kommunikation untereinander wird
zugleich das Teamgefühl gestärkt und
die Akzeptanz der Fehlerkultur deutlich
verbessert.
Risiken
Vorteile von Retrospektive und Scrum
Beim Retrospektive Meeting sollten Sie
die Risiken, welche den Erfolg gefährden
können, im Auge behalten. Die Risiken
sind:
Ein Meeting zur Besprechung der Arbeitsweise und der Definition von abgeleiteten Maßnahmen ist nichts Neues.
Aufgrund des hohen Workloads und weil
• Das Meeting wird verschoben, da es
sich nicht „direkt mit dem Produkt/
Projekt auseinandersetzt“.
• Es gibt ein großes Hindernis/Problem,
aber es wird nicht angesprochen,
beispielsweise aus Angst vor Konsequenzen. Hier muss gerade der ScrumMaster vermitteln und seiner Rolle gerecht werden.
• Das Meeting wird genutzt, um Anschuldigungen zu platzieren. Darum
geht es aber nicht. Es wird nicht nach
einem Schuldigen gesucht, sondern
nach einer Lösung. Auch hier ist der
Scrum-Master gefragt.
• Bei vielen Retrospektive-Meetings
wird die Zeit genutzt, Probleme beim
Produkt bzw. fachliche Projektprobleme zu diskutieren. Dies findet im
Sprint-Review statt.
• Das wohl größte Problem ist, wenn geplante Maßnahmen nicht umgesetzt,
sondern für fachliche User Stories zurückgestellt werden. Hier hat es sich
bewährt, vor dem allerersten Sprint
festzulegen, wie viele User Stories
aus der Retrospektive in einen Sprint
aufgenommen werden.
Ergebnis Scrum-Methode
Am Ende meiner Serie zum Thema Scrum
möchte ich die Gelegenheit nutzen und
ein paar Erfahrungen teilen.
Es gibt viele Projektmanagement-Methoden. Scrum ist eine davon, es gibt
YOKOTEN Magazin 06/2015
19
Serie Lean im SCRUM-Prozess
Things to keep doing Things to stop doing Things to try 1
Abb. 2: Insight-Board.
auch andere. Scrum passt nicht in jede
Organisationsform. Gerade am Anfang
hat man das Gefühl, durchgetaktet zu
sein und viele Vorschriften befolgen
zu müssen. Lassen Sie sich nicht abschrecken. Vielleicht lassen Sie einen
Mitarbeiter zu einem Scrum-Master ausbilden. Probieren Sie es, aber setzen Sie
sich den Rahmen, ein Projekt komplett
nach Scrum durchzuführen bis zum Ende.
Beurteilen Sie danach den Erfolg.
Scrum ist agil. Nutzen Sie es. Es sagt
niemand, dass man die Methode immer
genauso befolgen muss, wie die Theorie
es verlangt. Finden Sie Ihren eigenen
Weg. Aber auch hier: Wenn Sie nichts
nutzen wollen, probieren Sie zumindest
die Retrospektive.
die typischen 75% Abarbeitungskreise,
da Themen derart herunter gebrochen
werden, dass anstelle des DreiviertelKreises 3 Stories beendet sind und nur
eine noch Offene übrig bleibt. Die Transparenz über die noch offenen Themen ist
gerade als Projektleiter ein Zugewinn.
Für mich ist Scrum eine Möglichkeit,
Geschwindigkeit in die Abarbeitung von
Aufgaben zu bekommen. Ich verbanne
Am Ende zählt die Qualität des Ergebnisses für den Kunden (extern/intern).
Ich bin inzwischen von agilen Ansätzen
überzeugt. Ich bleibe flexibel und kann
jederzeit auf neue Einflüsse reagieren.
Einem empirischen Prozess folgend entwickelt sich Scrum in der eigenen Organisation stetig weiter. Eine Einführung
von Scrum ist deshalb nie beendet. Es
impliziert, dass wir permanent hinterfragen und verbessern. Ziel ist es dabei,
dem optimalen Prozess möglichst nahe zu
kommen, also einem Prozess, der Wert
für einen Kunden frei von jeglicher Verschwendung schafft. Genau hier liegt für
mich die Verbindung zu Lean.
Der Autor
Jochen Wenz arbeitet seit 2007 in den Themenfeldern
Lean und Six Sigma. Durch seine Tätigkeiten bei
Unternehmen wie Daimler, BASF, Roche und Hornbach
konnte er in vielen verschiedenen Anwendungsbereichen
sein Wissen vertiefen. Inzwischen arbeitet Jochen Wenz
als Lean Plant Manager für Gardner Denver. Neben der
Arbeit leitet er den Lean Stammtisch Mannheim und
moderiert die größte Lean-bezogene Gruppe auf Xing
"Lean for Professionals" mit nahezu 5.000 Mitgliedern.
20
YOKOTEN Magazin 06/2015
Lean-Umfrage Fachartikel
Quo vadis Lean Management?
Umfrage zeigt Tendenzen über Lean-Praxis in Unternehmen
Der Frage "Quo vadis Lean Management?" ging eine Umfrage mit gleichlautendem Titel im Zeitraum von Mai
bis Oktober 2015 nach. Beteiligt haben sich 319 Personen aus mittleren und großen Industrieunternehmen, aus
der Dienstleistungsbranche, sowie aus der öffentlichen Verwaltung. Über 17.000 Antworten wurden analysiert.
von Bernd Albrecht
Ziel der von dem Beratungsunternehmen
Learning Factory durchgeführten Umfrage war es herauszufinden, wie die Unternehmensrealität im Hinblick auf Lean
Management, Verbesserungsvorschlagswesen und Fortbildung aussieht. Ebenso
sollte der Einfluss auf die Umsatzrendite
und der Nutzen von Lean Management ermittelt werden.
Wie steht es um Lean Management in
der Unternehmensrealität?
Die Antworten der Umfrageteilnehmer
auf die Frage "Was glauben Sie sind die
größten Schwierigkeiten bei der Einführung von Lean Management in Organisationen?" sind ernüchternd: Von "Tageschaos schlägt Verbesserungen", über "Mitarbeiter werden nicht abgeholt" bis hin zu
"Lean ist kein delegierbares Projekt" und "Lösungen aus Workshops werden den Mitarbeitern vorgesetzt". Überraschend ist, dass
diese Antworten auch von Mitarbeitern mit
Führungsverantwortung kommen.
Die Frage "Auf welcher Ebene sehen
Sie zuallererst Handlungsbedarf bei der
Einführung von Lean Management?"
ergab eine klare Antwort: 68% sehen
primär Handlungsbedarf auf Ebene der Geschäftsführung und 22% sehen zunächst
Handlungsbedarf auf Ebene der Fach- und
Führungskräfte. Die nächste Frage lautete:
"Werden Fehler als Chance begriffen?" In
jedem zweiten Unternehmen scheint dies so
zu sein. Spannend hierbei ist, je größer eine
Organisationen ist desto weniger scheint
sich dieser Gedanke etabliert zu haben.
In nur jeder zweiten Organisation werden
Mitarbeiter auf dem Shopfloor bei der Beseitigung von Fehlern mit eingebunden.
Und nur sechs von zehn Ideengebern
werden bei der Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen eingebunden. In diesem
Kontext haben wir nach den Erfahrungen
zur Praxis des Verbesserungsvorschlagswesens gefragt. Ergebnis: In 2/3 der Organisationen existiert ein klassisches Verbesserungsvorschlagswesen. Gefragt, ob die
eingereichten Verbesserungsvorschläge
monetär belohnt werden, bejahen dies weniger als die Hälfte. Interessant ist, dass in
Organisationen, in welchen keine monetäre
Belohnung erfolgt, mehr Verbesserungsvorschläge eingereicht werden.
Eine weitere Fage beschäftigte sich mit der
Meinung über geeignete Erstinstrumente
und Fortbildungsmaßnahmen im Zuge der
Einführung von Lean Management. Über
die Hälfte der Umfrageteilnehmer sieht ToolSchulungen als eine wichtige Maßnahme
bei der Einführung von Lean. Auffällig ist
auch hier, dass dies überwiegend Umfrageteilnehmer aus Großunternehmen meinen.
Und übrigens, Six Sigma wird in diesem
Kontext als eine eher unwichtige Methode
gesehen.
Auf die Frage: "Sind Sie der Meinung, dass vor
Einführung von Lean Management in Organisationen Mitarbeiter eine umfassende Schulung in
Lean Tools benötigen?" antworteten 53 % mit "ja".
Etwas widersprüchlich dazu sind die authentischen Teilnehmerstimmen, die wir als
Geheimtipps zur Lean Einführung gewertet
haben. Konkret haben wir gefragt "Mit
welchem Erstinstrument sollen Mitarbeiter für Lean Management sensibilisiert werden?" Wir erhielten Antworten
wie "Machen statt darüber reden" oder
"Freiräume gewähren und einfach machen
lassen", also Maßnahmen, die eine ToolSchulung nicht priorisieren.
Auf die abschließende Frage, welche Rolle
den Führungskräften zukommt, war die
Meinung der Umfrageteilnehmer eindeutig:
Die Führungskraft im Lean Management
soll als Coach fungieren, diszipliniert sein,
Fehler als Chance begreifen und als Dirigent agieren und nicht als Vorgesetzter im
wörtlichen Sinne.
Die Umfrageergebnisse
im Detail finden Sie unter
www.lean-umfrage.de
YOKOTEN Magazin 06/2015
21
Fachartikel Operational Excellence
Mit Vorsicht zu genießen
KPIs richtig betrachten und deuten
Statistische Messungen, in der Regel "Key Performance Indicators" (KPIs = Leistungskennzahlen) genannt,
sind in fast jeder Werkstatt und in jedem Unternehmen zu finden. Viele Entscheidungen des Managements
basieren auf KPIs. Leider sind diese Zahlen aber oft höchst ungenau oder sogar schlichtweg falsch.
von Prof. Dr. Christoph Roser
Viele Karrieren sind abhängig von guten
KPIs. Daher ist oft die Versuchung groß,
an den Zahlen zu drehen. Je höher man
die Karriereleiter hinaufsteigt, desto weniger kann man den Zahlen vertrauen,
welche man bekommt. Die KPIs sind oft
nicht nur falsch, sondern sogar manipuliert. Teilweise wird sogar ein enormer
Aufwand betrieben und Kosten verursacht, nur um an den Zahlen zu drehen,
ohne das zugrunde liegende System zu
ändern. Anhand von Beispielen manipulierter KPIs werde ich hier die negativen
Effekte von gefälschten KPIs erörtern.
Ich werde auch ein paar Tipps geben,
wie man die Dreherei an den Zahlen vermeiden, oder zumindest verringern kann.
Beispiele für KPIs in der Industrie
Die OEE (Overall Equipment Effectiveness
= Gesamtanlageneffektivität) und ähnliche Kennzahlen werden sehr häufig
schön gerechnet. Ich persönlich glaube
in der Regel keinen OEE-Zahlen in der
Fertigung, es sei denn, ich habe sie selbst
ermittelt. Ich sehe regelmäßig OEEs über
90%, doch wenn ich diese selbst messe,
komme ich plötzlich nur noch auf 60%.
Die OEE kann nie über 100% steigen, da
dies die maximale technisch mögliche
Ausbringung ist. Ich habe aber leider
schon oft OEEs über 100% gesehen. Dies
22
YOKOTEN Magazin 06/2015
würde ja heißen, es wird mehr produziert
als das absolut mögliche Maximum. Es ist
aber wahrscheinlicher, dass hier an den
Zahlen gedreht wurde.
Die Liefererfüllung ist ein weiterer beliebter KPI. Sie erfasst die Prozentzahl
der Kunden, die ihre Waren rechtzeitig
und vollständig erhalten haben. Die
meisten Werke, die ich gesehen habe,
hatten Liefererfüllungen von über 90%,
obwohl sehr häufig Kunden nicht beliefert
werden konnten. Ein Werk mit einer Liefererfüllung von 90% fragte einmal einen
Kunden nach seinen Messungen der Liefererfüllung aus diesem Werk. Der Kunde
kam allerdings nur auf 30%.
Eine andere häufig verwendete Kennzahl
ist der Bestand. Insbesondere in der
schlanken Produktion ist Bestandsreduzierung wichtig. Eine Firma hat diesen Bestand immer am Monatsende gemessen.
Irgendwann wurde beschlossen, den
Bestand täglich zu messen. Das ergab in
vielen Werken ein erschreckendes Bild.
Der tägliche Bestand war wesentlich
höher, oft sogar doppelt so hoch. Nur am
Monatsende ist der Bestand immer auf
wundersame Weise gesunken. War das
nur Zufall, oder wurde da vorsätzlich an
den Zahlen gedreht?
Qualität ist eine sehr beliebte Kennzahl.
Ein junger Manager in einer Produktionslinie beging den Fehler, nicht mehr schön
gerechnete sondern die echten Qualitätszahlen zu messen. Die Fehlerquote
stieg plötzlich auf das Zehnfache. Oder,
genauer gesagt: Die Fehler waren schon
immer da, nur jetzt stimmten die Zahlen.
Das hat natürlich die Qualitätskennzahlen
im ganzen Werk nach unten gezogen,
was wiederum die Aufmerksamkeit des
Vorstandes auf sich zog. Das Problem
war schnell gelöst: Der verantwortliche
Manager wurde gefeuert, alle anderen
wurden aufgefordert, die Qualitätsziele
zu erreichen. Innerhalb kürzester Zeit war
die Qualität wieder da, wo sie sein sollte.
Oder besser gesagt, zumindest die Zahlen
waren wieder da, wo sie sein sollten.
Die Kosten sind wahrscheinlich der
wichtigste KPI in der Industrie. Leider
sind die echten Kosten eines Produktes
sehr schwer zu errechnen. So kann man
zum Beispiel die Kosten der Arbeitszeiten
relativ leicht messen. Andere Kostenverursacher wie Kundenzufriedenheit oder
Mitarbeitermotivation sind fast nicht
finanziell zu greifen. Deshalb werden
diese in der Kostenrechnung einfach
weggelassen. Auch die (nicht geringen)
Kosten des Managements kann man nur
Foto: pashminu/pixabay.com
Abb. 1: Der KPI Liefererfüllung misst, ob die Ware rechtzeitig und ordentlich beim Kunden ankommt.
Ich habe Beispiele gesehen, in denen
hausinterne Lieferanten ihre Angebote
mit idealen 100% Effizienz kalkulierten,
aber nach echter Effizienz bezahlt wurden.
Natürlich konnten die Angebote der externen Zulieferer da nicht mithalten, auch
wenn diese am Ende doch preisgünstiger
gewesen wären. Ich habe auch schon
das Gegenteil gesehen, in der die eigene
Vorproduktion die Amortisation aller
alten Maschinen und Werkzeuge mit
einbeziehen musste. Dies war natürlich
gut für die externen Zulieferer. Über die
Jahre hinweg sind die ganzen profitablen
Volumenteile abgewandert, und nur unprofitable Produkte in kleinen Stückzahlen
blieben im eigenen Werk, weil kein externer Zulieferer daran Interesse hatte.
Diese Kosten wurden dann auch wieder
umgerechnet, wodurch es unmöglich
wurde, profitable Produkte auch profitabel zu berechnen.
Kennzahl für Schlanke Produktion:
Manche Unternehmen versuchen, die
"Schlankheit" ihrer Produktion direkt zu
messen, indem diese in regelmäßigen
Abständen bewertet wird. In einem Fall
gab es Punkte für Kanban, 5S, Nivel-
lierung, SMED und was sonst noch alles
in der Schlanken Produktion möglich ist.
Über Jahre hinweg stieg dieser Lean-KPI
ständig. Es sah so aus, als ob die Werke
hier von Jahr zu Jahr besser wurden. Als
man dann die Entwicklung dieses KPI
und die Entwicklung des Profits nebeneinander legte bestand zum Schrecken des
Vorstandes leider kein Zusammenhang
zwischen der kontinuierlich besser werdenden Lean-KPI und dem auf magerem
Niveau dahindümpelnden Profit. Die
Werke wurden nur besser darin, an den
Zahlen zu drehen.
Lügen mit Zahlen
Wenn Sie in der Industrie arbeiten, dann
kennen Sie sicher noch viele weitere
Beispiele von Zahlendreherei. Selbst
wenn Sie nicht in der Industrie tätig
sind, müssen Sie nur die Tageszeitung
lesen, um aus der Politik ähnliche Kennzahlen zu finden – von der Arbeitslosenquote bis zum Bruttoinlandsprodukt. Die
Kernaussage ist: Seien Sie sehr, sehr
vorsichtig mit allen Zahlen, die Sie nicht
selbst gemessen und kalkuliert haben!
Kennzahlen. Dadurch wird die Messung
wichtiger als die echte Leistung. Schauen
wir uns ein Beispiel für Bestands-KPI an.
Eine schlanke Firma hat (häufig) wenig
Bestände. Richtig gemacht ist dies das
Ergebnis harter Arbeit und die Verbesserung des Systems.
Ein einfacher Weg Bestände zu verkleinern, ist einfach weniger zu bestellen.
Aber das macht die Firma nicht schlank.
Ganz im Gegenteil. Wenn das Produktionssystem noch nicht bereit ist, mit weniger Bestand zu arbeiten, wird ein kleinerer Bestand die Effizienz und Leistung
verschlechtern. In vielen Unternehmen
wäre es sogar besser, den Bestand zu
erhöhen, um die Effizienz und den Profit
zu steigern, und auch um Zeit und Ruhe
zu schaffen für echte Verbesserungsarbeit. Aber leider waren die Bestände
hier oft unantastbar und konnten nicht
erhöht werden, ganz egal wie sinnvoll das
gewesen wäre. Mit dem Ansteigen der
Auswirkungen der Schummelei
In der modernen Produktion wird mit
vielen Kennzahlen gearbeitet. Leider
sind diese selten exakt und oft sogar absichtlich irreführend. Ungenaue oder manipulierte KPIs haben sehr unangenehme
Konsequenzen.
Foto: dlmiller/pixabay.com
schwer einem Produkt zuordnen, weswegen diese oft im Gießkannenprinzip
umverteilt werden. All das gibt viel Raum
für kreative Kostenrechnung. Die standardmäßige Buchhaltung basiert daher
auf Annahmen, welche die berechneten
Kosten eines Produktes enorm beeinflussen können. Insbesondere wenn es
darum geht, ein Produkt ins eigene Werk
zu bringen, besteht natürlich der Anreiz,
sich hier schön zu rechnen.
Symptome behandeln statt echte
Lösungen finden
Leistungsindikatoren sind nur eine Darstellung der tatsächlichen Leistung. Bei
der Führung ist aber oft der Fokus auf den
Abb. 2: Die große Frage: Kann man Statistiken
vertrauen?
YOKOTEN Magazin 06/2015
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Foto: geralt/pixabay.com
Fachartikel Operational Excellence
Abb. 3: Entscheidungen von Managern basieren oftmals auf KPIs. Genaues Hinschauen und korrekte Interpretation sind wichtig.
Kennzahl wäre vermutlich eine Karriere
zu Ende gegangen.
Vergeudete Bemühungen zur
Messung und Analyse der KPIs
Normalerweise steckt eine Menge Arbeit
in der Messung eines KPIs. Einige KPIs
werden von Hand gemessen oder gezählt
und danach in einen Computer eingegeben. Andere Messungen gehen schon
fast automatisch, zum Beispiel durch ein
ERP-System. Dennoch müssen diese
auch danach noch verwaltet, analysiert
und berichtet werden.
Viele Leistungsmessungen werden mit
großer Mühe erstellt, aber dann niemals
benutzt. In einem Beispiel hatte ein
Werk für die Werksleitung insgesamt
45 KPIs nur für die Logistik. Die Hälfte
davon wurde täglich gemessen. Dies
nahm jeden Tag über zwei Stunden in Anspruch. Danach hatte leider keiner mehr
Zeit, sich diese 45 KPIs anzuschauen, geschweige denn zu verbessern. Auch die
Werksleitung wollte nur, dass diese KPIs
da sind, ohne diesen weitere Beachtung
zu schenken. Zwei vergeudete Stunden
jeden Tag für etwas, das niemand
braucht? Zusätzlich sind eine Menge
24
YOKOTEN Magazin 06/2015
dieser KPIs nicht zuverlässig, was den
ganzen Aufwand in Frage stellt. Viele
KPIs wurden eingeführt, weil irgendwann
einmal ein Manager eine Frage hatte.
Seither hat der Manager seine Frage
schon lange wieder vergessen, sie
ist auch gar nicht mehr wichtig und
die Daten schaut sich auch keiner an.
Dennoch wird fleißig weiter gemessen.
Noch mehr Verschwendung durch
Manipulation der KPIs
KPIs manipulieren sich nicht von selbst.
Es wird oft ein enormer Aufwand in die
Manipulation gesteckt. In einfachen
Fällen werden alle Schlupflöcher der Regelwerke und Kalkulationsmethoden genutzt, um die optimale Kennzahl aus dem
unveränderten System zu holen.
Viele Manipulationen gehen weit über
einfaches Zahlendrehen hinaus und
schädigen das Unternehmen durch weit
mehr als nur falsche Zahlen. Ich habe
Ihnen das Beispiel der monatlichen Bestandsmessung beschrieben, wo auf
wundersame Weise der Bestand am
Monatsende auf die Hälfte gesunken
ist. Vielen Werken geht regelmäßig am
Monatsende Material aus, da es erst ab
dem Ersten des nächsten Monats wieder
erlaubt ist, Materialien anzunehmen.
Schlimmer noch: Viele Werke beladen
regelmäßig am Monatsende LKWs mit
den besonders teuren Gütern, fahren auf
einen Autobahnparkplatz und parken dort
bis zum Monatsanfang. Somit erscheinen
diese besonders teuren Bestände nicht in
der Erhebung am Monatsende – natürlich
sind sie trotzdem da. Neben den falschen
Kennzahlen gibt es hier den erheblichen
zusätzlichen Aufwand für Beladung,
Transport, LKW-Miete und Entladung.
Diese Handhabung macht natürlich die
Teile selber auch nicht besser.
Eine andere Möglichkeit ist die Nutzung
externer Lagerhäuser. Die Firma hat die
Güter bezahlt, sie sind auch schon da,
aber da diese nicht im Werk sind, tauchen
sie nicht in den offiziellen Beständen auf.
Selbstverständlich hat der Logistikdienstleister aber auch seine Kosten, welche er
an das Unternehmen weiterreicht.
Oder nehmen wir ein anderes Beispiel, um
Kosten zu drücken. Ein beliebter Ansatz,
um gut dazustehen, ist es, einfach alle
Gebäude und Grundstücke zu verkaufen
(manchmal sogar mit den Maschinen)
Operational Excellence Fachartikel
und sie sofort wieder anzumieten. Kurzfristig hat man einen enormen positiven
Cash Flow. Langfristig ... nun ... als Verantwortlicher sucht man sich besser eine
andere Stelle, bevor die langfristigen
Konsequenzen deutlich werden. Durch
die schönen Cash Flow- und Profit-Kennzahlen sollte dies aber kein Problem sein.
Schlechte Entscheidungen basierend
auf schlechten KPIs
Manager zu sein ist ein harter Job.
Ständig müssen Entscheidungen getroffen werden, ohne dass alle relevanten
Informationen zur Verfügung stehen. Je
höher man auf der Karriereleiter nach
oben steigt, desto größer sind die Ungewissheiten. Diese Ungewissheit ist den
meisten Menschen unangenehm, auch
wenn sie es selten zugeben (Nebenbei
bemerkt: Diese Angst ist gut, und hilft
oft, bessere Entscheidungen zu treffen.
Manager mit einer „Ich kann und weiß
alles“-Einstellung machen mir im Gegenzug Angst).
In so einer Situation sind KPIs besonders
gefährlich, weil sie in der Wahrnehmung
eine scheinbare Genauigkeit haben,
aufgrund derer anscheinend eine Entscheidung getroffen werden kann. Diese
Entscheidungen können jedoch nur so gut
sein, wie die Zahlen. Aber, wie wir gesehen haben, sind diese Zahlen oft nicht
das Papier wert, auf dem sie geschrieben
sind. Aus fehlerhaften KPIs resultieren
fehlerhafte Entscheidungen. Genau wie
die Ungewissheit mit der Hierarchie
steigt, so sinkt leider auch die Qualität der
KPIs. Der Geschäftsführer von Daimler,
Jürgen Schrempp nannte seine eigene
Zentrale einmal sehr treffend “Bullshit
Castle.”
Ein Beispiel: Heutzutage wird die Produktion oft nach Asien ausgelagert.
Diese Entscheidung basiert häufig auf
Kostenkalkulationen, die Kostenvorteile
zeigen. Leider fehlen bei diesen Kostenkalkulationen eine Menge relevanter
Faktoren oder sie werden pauschalisiert.
Insbesondere die zeitliche Verzögerung,
Ungewissheiten, Unterschiede in Qualitätsstandards, Luftfrachtkosten für
eilige Teile und vieles mehr wird oft ignoriert oder mit optimistischen Annahmen
gerechnet. Im Endeffekt kann die Verlagerung der Produktion oft teurer sein als
eine lokale Beschaffung, egal was die
Zahlen sagen.
Ehrliche Mitarbeiter als Verlierer
Die schlimmste Auswirkung: Ihre ehrlichen Mitarbeiter sind die Verlierer, denn
manipulierte KPIs belohnen normalerweise den Manipulator. Grundsätzlich gibt
es zwei Wege, KPIs zu verbessern. Entweder man steckt Arbeit hinein und verbessert das zugrunde liegende System,
oder man fummelt mit den Zahlen. Sicher
Der Autor
Prof. Dr. Christoph Roser ist Experte für Schlanke Produktion
und Produktionsoptimierung. Seine Erfahrungen mit dem Toyota
Produktionssystem sammelte er durch eine mehrjährige Tätigkeit
direkt bei Toyota in Japan. Anschließend lernte er bei McKinsey
und Bosch die westliche Industrie in ihrer ganzen Breite kennen.
Seit 2013 lehrt er als Professor für Produktionswirtschaft an der
Hochschule Karlsruhe. Neben seiner Beratertätigkeit gibt er seine
Erfahrungen auch über sein Blog weiter: www.AllAboutLean.com.
wäre es für die Firma vorteilhafter, das
zugrunde liegende System zu verbessern.
Aber es ist nun einmal viel einfacher, nur
die Zahlen anzupassen.
Viel zu oft bemerken Vorgesetzte diese
Schönrechnerei nicht (was erstaunlich
ist, denn oft sind die Vorgesetzten mit
genau diesen Methoden auf ihre jetzige
Stelle gekommen). Des Weiteren ist
die Vergütung normalerweise an diese
Leistungsindikatoren gekoppelt. Somit
werden ehrliche Mitarbeiter hier mit
weniger Einkommen bestraft. Noch
schlimmer ist, dass die Ehrlichen oft
schlechtere Kennzahlen haben als die
"Flexiblen", und dadurch weniger Karriere
machen. Somit ist die KPI-Manipulation
oft eine natürliche Auslese für Manipulatoren, um in höhere Positionen zu
kommen. Und je mehr an den Zahlen gedreht wird, desto weniger kommen die
Ehrlichen zum Zuge, was wiederum zu
noch größeren Zahlenbeschönigungen
führt. Hier hat jedes Unternehmen die
Mitarbeiter, die es verdient.
Brauchen wir KPIs?
Leistungsmessungen sind oft sehr unzuverlässig. Viele Messungen schaden
mehr als sie nutzen. Die Frage ist,
brauchen wir KPIs eigentlich noch? Ich
gebe zu, dass ich mit der Idee gespielt
habe, alle KPIs aus dem Fenster zu
werfen – aber das wäre zu drastisch.
Ein großes Unternehmen kann nicht
ganz ohne Kennzahlen verwaltet werden.
Somit benötigen wir zumindest ein paar
Messungen. Doch es muss mehr Sorgfalt
bei der Einführung, den Messungen und
besonders bei der gelegentlichen Bestätigung dieser KPIs verwendet werden. In
der nächsten Yokoten-Ausgabe werde
ich Ihnen einige Ideen zur Verbesserung
dieses Problems vorstellen.
Kontakt: [email protected]
YOKOTEN Magazin 06/2015
25
Fachartikel Nachhaltiges Wachstum
Nachhaltiges Wachstum
Unterschiedliche Wege zum Wachstumsziel
Aus Toyotas Annual Report 2013 ging hervor, dass es dort ein ganz anderes Verständnis von nachhaltigem
Wachstum (englisch: sustainable growth) gibt, als es in westlichen Wirtschaften allgemein erklärt wird (vgl.
Yokoten 4/2014).
Die Erklärungen unterscheiden sich
von Land zu Land grundlegend. Googelt
man "sustainable growth" weltweit, so
bekommt man hauptsächlich Hinweise
zur "sustainable growth rate" (SGR), die
vor allem finanz- und profitorientiert berechnen soll, ob die Aktivitäten eines Unternehmens sich für Shareholder, Kreditgeber und Co. lohnen. Die SGR wurde von
Robert C. Higgins, Professor Emeritus an
der University of Washington, entwickelt
und versucht, ein optimales Wachstum
aus finanzieller Sicht unter einer gegebenen Strategie zu ermitteln.
Laut Wikipedia definiert sich die SGR als
jährliche Umsatzsteigerung in Prozent, in
Abstimmung mit einer definierten Finanzpolitik. Zur Berechnung dient die Formel
SGR=(pm*(1-d)*(1+L))/(T-(pm*(1-d)*(1+L))).
"pm" steht für die aktuelle und geplante
Gewinnspanne, "d" ist der geplante Anteil
an auszuzahlender Dividende, "L" der Quotient aus Gesamtverschuldung und Eigenkapitalanteil und "T" der Quotient aus
Gesamtvermögen und Umsatz.
Daran erkennt man eindeutig: Nachhaltiges Wachstum wird nach amerikanischem Wirtschaftsverständnis vor allem
aus Controlling-Sicht bewertet.
26
YOKOTEN Magazin 06/2015
Foto: Negativespace/pixabay.com
von Katrin Franke
Abb. 1: Nachhaltiges Wachstum ist mehr als Steigerung des Umsatzvolumens.
Weniger Mathematik, dafür mehr Diskussionen, Studien und Philosophisches
finden sich im Internet und auf dem Büchermarkt in Deutsch. Auffällig ist, dass
das Verständnis in unserer Kultur auf dem
Thema "nachhaltige Entwicklung" basiert,
also wirtschaftlicher Fortschritt bei möglichst schonendem und verbrauchsarmem
Umgang mit Naturressourcen. „Gleichzeitig achten wir auch in der Produktion
konsequent auf Nachhaltigkeit und einen
effizienten Einsatz von Ressourcen“, erklärt beispielsweise Norbert Reithofer,
Vorsitzender des BMW-Vorstandes im Geschäftsbericht 2014. Nach wie vor setzen
wir aber auch in Europa auf Expansion,
wohl wissend, dass diese endlich ist.
Das bewies unter anderem der genannte
Jahresbericht von BMW. Im Vergleich zu
2010 stieg die Anzahl produzierter Fahrzeuge in der Automobilsparte bis 2014 von
1.461.166 auf 2.117.965 um 7,9%, die Motorradsparte zeigt einen ähnlichen Trend.
Damit stieg der Umsatz bei Fahrzeugen
um 6,4% im Vergleich zu 2010 auf einen
Bestwert von 80,4 Mrd. Euro inklusive
Motorradsparte. Aber: Der Umsatz stieg
nicht proportional zur Menge verkaufter
Fahrzeuge. Es mussten also mehr Fahrzeuge verkauft werden, um eine Umsatzsteigerung zu erzielen. Auch andere europäische Fahrzeughersteller setzen auf
Umsatzsteigerung durch Mehrproduktion.
Weltweit ist die Fahrzeugindustrie nach
wie vor auf expansives Wachstum ausgerichtet. Wurden 2007 noch 62 Mio.
Fahrzeuge in der Welt zugelassen, waren
es 2014 bereits 80 Mio. Fahrzeuge.
Foto: Toyota Motor Company
Abb. 2: Toyota setzt beim Wachstum auf Nachhaltigkeit und neue Technologien.
Kurskorrektur bei Toyota
Anders verhält es sich bei Toyota. Der
Finanzbericht vom 04.08.2015 für die
dreimonatige Periode seit 01.04. zeigt Erstaunliches: Toyota hat eine Pause zum
Durchatmen eingelegt, eine "beabsichtigte Flaute". Die hatte CEO Akio Toyoda
bereits 2013 angekündigt (vgl. YOKOTEN
4/2014). Grund hierfür war eine seit 2009
intensiv laufende Umstrukturierung im
Konzern mit dem Ziel, Managemententscheidungen schneller und näher am
Gemba zu treffen. Außerdem braucht die
Umgestaltung der Produktpalette und
die Neuverteilung auf die Produktionskapazitäten Freiraum. Darüber hinaus war
es dem CEO wichtig, Zeit in die Mitarbeiterentwicklung zu investieren, denn das
schnelle Wachstum des Unternehmens
brachte mit sich, dass die Vermittlung
und das Training von TPS-Grundlagen
nicht mithielten. Die Besinnung auf grundlegende Prinzipien des "Toyota Way" war
dem Management eine Wachstumspause
wert. Die Unternehmensergebnisse aus
dem Finanzbericht vom 04.08.2015 zeigen
ganz deutlich: Toyota hat diese Strategie
umgesetzt. Die Verkaufszahlen bei Toyota
sanken um 127.285 Fahrzeuge im Vergleich zur gleichen Vorjahresperiode. Das
Faszinierende an dem Finanzbericht aber
ist, dass trotz sinkender Verkaufszahlen
Umsatz und Gewinn (vor Steuern) stiegen.
Der operative Gewinn wuchs von 692.7
Billionen JPY auf 756.0 Billionen JPY,
also um 9,1%. Wie so etwas funktioniert?
Zum einen, so bemerkt Toyota in seinem
Finanzbericht fast entschuldigend, gab
es große Vorteile durch günstige Währungskonstellationen. Doch ein Drittel der
Steigerung, nämlich 60.0 Billionen JPY,
wurde aufgrund von Kostenreduzierungsmaßnahmen erzielt. Das Ergebnis solcher
Aktivitäten lässt sich schon seit Jahren
nicht mehr ignorieren. Toyota fährt einen
Gewinn pro Fahrzeug von etwa 9 Prozent1
ein, das ist sonst nur bei Premiummarken
wie Ferrari, Porsche, BMW oder Audi der
Fall. Hinter den reduzierten Herstellkosten
stehen übrigens keine Reduzierungen
Die Autorin
Katrin Franke ist Japan- und TPM-Expertin. Als Fachdolmetscherin und Koordinatorin für Studienreisen zu den Themen
Kaizen, Toyota-Produktionssystem und TPM konnte sie ihr beim
Dolmetschen für japanische Berater erworbenes Fachwissen
durch praktische Erfahrungen ergänzen. Als TPM-Beraterin
liegen ihre Schwerpunkte in der organisatorischen Prozessoptimierung, vor allem aber im menschlichen Wandlungsprozess.
Kontakt: [email protected]
von Personalkosten, denn Toyota hat in
den letzten Jahren sogar Leiharbeiterverträge in feste Mitarbeiterverträge
umgewandelt.
Wachstum ist nicht gleich Expansion
Nachhaltiges Wachstum bedeutet für
Toyota mehr als umweltbewusstes Wirtschaften. Fast schon selbstverständlich,
dass auch hier Toyota eine Pionierrolle
übernimmt. Der große Unterschied zu
anderen Fahrzeugherstellern ist, dass
Wachstum inzwischen nicht mehr nur
expansiv gedacht wird. Nachhaltiges
Wachstum bei Toyota lässt sich nicht auf
eine Formel reduzieren. Dahinter stehen
all die kleinen Schritte der Verbesserung,
das Kaizen-Prinzip, das Toyota ausmacht.
Auch Toyota hat Phasen intensiver Expansion hinter sich. Aber die Selbstreflexion zeigt das Bewusstsein, dass Expansion nicht der einzige Weg und künftig
wohl auch nicht der alleinige Weg des
Wachstums ist. Nur wenn kontinuierlich
an der besseren Nutzung aller Unternehmensressourcen – Mensch, Maschine,
Material und Methode – gearbeitet wird,
kann man von nachhaltigem Wachsen
sprechen. Für mich steht dies für zukunftsorientiertes Denken. Denn nicht nur
unsere Ressourcen, sondern auch unsere
Märkte sind endlich.
1
Quelle: Universität Duisburg-Essen,
CAR-Center Automotive Research,
August 2013; publiziert in: www.welt.de
YOKOTEN Magazin 06/2015
27
Serie Lean ganzheitlich
Geplante Obsoleszenz gilt in Frankreich als Betrug
Lebensdauerbegrenzende Sollbruchstellen gehen gar nicht
Frankreich hat sich im Hinblick auf Energiewende und Ressourcenschonung in eine Vorreiterrolle begeben.
Dort wird der Einbau lebensdauerbegrenzender Sollbruchstellen in Produkte strafrechtlich verfolgt.
von Anna Angelina Magenheimer
Frankreich sagt dieser Verbrauchertäuschung nun den Kampf an: Seit August
2015 wird der bewusste Einbau lebensdauerbegrenzender Sollbruchstellen per
Energiewendegesetz als Betrug geahndet
und strafrechtlich verfolgt. Zwei Jahre
Haft und 300.000 Euro Geldstrafe drohen
künftig jedem, der die Lebensdauer von
Geräten bei der Produktion absichtlich
verkürzt, um höhere Austauschraten zu
erzielen. Die Geldstrafe kann sogar noch
höher ausfallen; bis zu fünf Prozent des
Jahresumsatzes eines Unternehmens.
Geplante Obsoleszenz wird hierbei definiert als die „Gesamtheit von Techniken,
durch die derjenige, der das Produkt auf
den Markt bringt, bezweckt, namentlich
durch die Konzeptionierung des Produkts,
die Lebensdauer oder den möglichen Gebrauchswert des Produkts absichtlich
zu verkürzen, um den Verkauf von neuen
Produkten zu erhöhen. Diese Techniken
können insbesondere einschließen: den
willentlichen Einbau einer Schadhaftigkeit, einer Sollbruchstelle oder eines
programmierten, vorzeitigen Funktions-
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YOKOTEN Magazin 06/2015
Foto: © akiyoko – fotolia.com
Für Endverbraucher ist es schwer, geplante Obsoleszenz, sprich Sollbruchstellen welche die Produktlebensdauer
begrenzen, bereits vor dem Kauf zu erkennen. Ohne Blick ins "Innenleben" oder
die Durchführung diverser Härte- und
Belastungstests sind es oft nur Indizien,
die auf geplante Obsoleszenz hindeuten.
Abb. 1: Je kürzer die Lebensdauer von Produkten, desto mehr Elektronikschrott entsteht und der Verbrauch von Rohstoffen steigt.
stopps, einer technischen Begrenzung,
einer Verhinderung von Reparaturen
oder einer beabsichtigten Nicht-Kompatibilität". Als Beispiel gelten Geräte, bei
denen ein Akku nicht austauschbar ist
oder Drucker, die nach einer bestimmten
Anzahl gedruckter Seiten ausfallen
(oftmals kurz nach Ablauf der Garantie).
Gut für die Umwelt und Schonung von
Ressourcen
Nicht nur die Endverbraucher, sondern
insbesondere auch die Umwelt sollen
durch das "obsolescence programmée"
geschützt werden, denn geplante Obsoleszenz ist Ressourcenverschwendung
und führt durch vermehrten Anfall von
Giftmüll und Elektroschrott zu erheblicher
Umweltschädigung. Viele Elektrogeräte
müssen wegen absichtlicher Schwachstellen schon nach wenigen Jahren entsorgt werden.
Unternehmen sollen umdenken
Das Verbot ist ein klares Signal an die Industrie, künftig auf die Langlebigkeit von
Produkten Wert zu legen. Auch wenn ein
Verstoß gegen das Verbot sehr schwer
nachweisbar ist, da aufgedeckt werden
müsste, dass für die Verkürzung der Lebensdauer eine klar erkennbare "Technik"
mit Vorsatz verwendet wurde, sollen die
Unternehmen zum Umdenken gezwungen
werden. In Deutschland fordern im Bun-
Lean for Refugees News
destag einige Abgeordnete schon seit
langem, es dem Vorreiter Frankreich
in dieser Sache gleich zu tun und Verbraucher besser vor eingebautem Verschleiß zu schützen. Das Verbraucherschutz-Ministerium in Berlin will aber erst
eine Studie des Umweltbundesamtes zum
Thema "geplante Obsoleszenz" abwarten,
die Ende 2015 vorliegen soll.
Abb. 2: Das HTV-Prüfzeichen bestätigt, dass ein
Produkt langlebig ist und keine lebensdauerbegrenzenden Sollbruchstellen eingebaut wurden.
Unabhängig davon können Hersteller
hochwertiger und langlebiger Produkte
ihren Kunden bereits jetzt durch das
HTV-Life®-Prüfzeichen zeigen, dass ihre
Produkte keine lebensdauerbegrenzenden
Sollbruchstellen enthalten. Die Hersteller
haben dadurch einen klaren Wettbewerbsvorteil. Für Endverbraucher erhöht
sich die Transparenz beim Kauf.
Mehr zum Thema
geplante Obsoleszenz
erfahren Sie unter:
www.htv-life.com
Lean for Refugees
Initiative findet Resonanz bei Behörden und freiwilligen Unterstützern
Die Initiative "Lean for Refugees" zielt auf einfachere, schnellere und menschlichere Bearbeitung von
Asylanträgen ab. Ein Beitrag der Lean Community zur Bewältigung einer gesellschaftlichen Herausforderung.
In der letzten Yokoten-Ausgabe gab Mari
Furukawa-Caspary die Anregung, in
langwierigen Asylverfahren mit Leanmethoden Abhilfe zu schaffen – mit
Fokus auf einfache Prozesse, schnellere
Durchlaufzeit und mehr Menschlichkeit.
Spontan entschlossen sich die Hochschulprofessoren, Prof. Dr. Constantin
May, Prof. Dr. Christoph Roser und Prof.
Dr. Andreas Syska, die Initiative "Lean for
Refugees" zu gründen.
Abb. 1: Bei der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Mannheim verschaffte sich Prof. Roser einen ersten
Eindruck über den Prozess der Bearbeitung von Asylanträgen.
Erste Workshops in Planung
Prof. Roser stieß auf offene Türen bei
der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in
Mannheim und bei der neu eingerichteten
Landesaufnahmestelle in Heidelberg. Es
sind aktuell Workshops in Planung, wo
Leanexperten gemeinsam mit Studenten
und den Mitarbeitern erste Bestandsaufnahmen und Prozessverbesserungen vor-
nehmen werden. Verbesserungspotenzial
sieht Prof. Roser auf den ersten Blick im
Einsatz von visuellem Management, um
die Abläufe besser zu steuern und Missverständnissen vorzubeugen.
Kaum war die Website der Initiative
online, da meldeten sich auch schon
einige Lean-Experten, welche die Aktion
unterstützen möchten. Weitere Unterstützer sind willkommen.
Aktuelle Informationen zur
Initiative und Möglichkeit zur
Kontaktaufnahme unter:
www.lean-for-refugees.de
YOKOTEN Magazin 06/2015
29
News Bericht vom 5. KATA-Praktikertag
Übergeordnete Ziele im Fokus
KATA trifft systemische Vorgehensweise - Führung muss neu definiert werden
Seit der Begriff "Toyota-KATA" vor mehr als sechs Jahren durch den Forscher Mike Rother geprägt wurde,
geht die Tendenz in Unternehmen verstärkt in die Richtung, eine lernende Organisation zu entwickeln. Über den
aktuellen Stand der Entwicklung diskutierten die Teilnehmer des 5. KATA-Praktikertages.
von Sabine Leikep
Laut KATA-Botschafter Gerardo Aulinger
sollte man die KATA nicht als Tool oder
Werkzeug sehen, sondern als Routine im
Kern eines Managementsystems. „Werkzeuge sind problemspezifische Lösungen“,
erklärt er. So sei zum Beispiel der Hammer
ein bewährtes Werkzeug, um einen Nagel
einzuschlagen, jedoch völlig ungeeignet,
um eine Schraube einzudrehen. „Auch
ein offiziell gutes Werkzeug kann komplett falsch liegen“, warnt er. „Die Zukunft ist zu unvorhersehbar, um sich auf
irgendwelche Lösungen festzulegen“. Ein
Managementsystem solle lösungsneutral
und zeitlos sein.
Mike Rother teilte seine Gedanken zu der
Frage, wie man eine Organisationskultur
erzeugen kann, die wissenschaftliches
Denken und Handeln vorantreibt: „Wenn
ein Unternehmen neu gegründet wird,
dann ist sehr viel Energie da, alle sind
auf ein Ziel gepolt und wollen ein Produkt
auf den Markt bringen“, so Mike Rother.
„Wird das Unternehmen älter, dann wird
es bürokratisch und man möchte den
Status Quo festhalten“. Toyota habe es
geschafft, einen Funken unternehmerischen Denkens in der gesamten Organisation beizubehalten. Dies geschehe
durch unsichtbare Routinen und eine
bestimmte Denkweise im Management.
Die Frage sei, wie andere Unternehmen
ähnliche Denk- und Handlungsweisen in
ihrer Organisation entwickeln können.
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YOKOTEN Magazin 06/2015
Abb. 1: Mike Rother erforscht das Toyota-Produktionssystem und prägte den Begriff KATA.
Abb. 2: Prof. Dr. Rolf Arnold plädiert für Selbstreflektion im Management.
Mike Rothers Tipp: „Unser Verhalten
resultiert aus Gewohnheiten. Wenn wir
etwas verändern möchten, dann müssen
wir eine andere, neue Routine absichtlich
üben. Mit kleinen Schritten anfangen,
einige grundlegende Fähigkeiten lernen,
viel üben, dann einen eigenen Weg entwickeln. Verhaltensänderung geschieht
systematisch, Schritt für Schritt“.
„Führungskräfte können vielfältige Perspektiven einnehmen. Es sind keine Menschen, die Recht haben“, so Prof. Arnold.
Führungskräfte seien Menschen, die eine
Situation sehen, aber gleichzeitig in der
eigenen Befindlichkeit denken. Deshalb
müsse man lernen, Techniken zu entwickeln, um sich selbst zu reflektieren. Die
Macht der inneren Bilder sei manchmal
stärker als wissenschaftliche Erkenntnisse.
Anregungen für den Führungsalltag aus
systemischer Sicht gab Prof. Dr. Rolf
Arnold, Professor für Pädagogik, TU
Kaiserslautern. Eine zentrale Frage sei:
Wie müssen wir Kontexte so verändern,
damit Menschen sich verändern können?
„Menschen verhalten sich stets so, wie
sie sich entsprechend ihrer Möglichkeiten
verhalten können. Wir sehen die Welt
so, wie wir sie aushalten können“, sagt
er. Dies sei ein wichtiger Aspekt bei der
Qualifizierung von Führungskräften. Man
rücke von dem Verständnis ab, dass Menschen Modelle übernehmen. Die zentrale
Frage sei: Wie entwickelt man Haltung?
Ein Wechsel der Perspektive sei wichtig,
um einer möglicherweise versteiften
Wahrnehmung entgegenzuwirken. Oft
sei es hilfreich, zwei Schritte zurückzugehen. „Dadurch werden wir offen und
anschlussfähig für die Einstellungen, die
sonst noch im Raum sind“. Prof. Arnold
verweist auf ein Zitat von Ludwig Wittgenstein: „Dass es mir so scheint, heißt
nicht, dass es so ist.“ Die Illusion der falschen Ursachenzuschreibung finde man
auch im Talmud: „Wir sehen die Welt nicht
wie sie ist, sondern wie wir sind.“
Vorschau & Impressum
Vorschau
Impressum:
Das erwartet Sie im Heft 01/2016
Herausgeber
Prof. Dr. Constantin May
Foto: ROSE Systemtechnik GmbH
Verlag:
Kleinstserien in einer Werkstattfertigung sind möglich
Die ROSE Systemtechnik GmbH fertigt Kleinstserien in einer Werkstattfertigung mit
einer durchschnittlichen Losgröße von 25 Stück und über 1500 Wertströmen.
Obwohl manche Prinzipien vermeintlich nur bei klassischer Serienfertigung Wirkung
zeigen, gibt es auch hier Ansätze und Prinzipien, die bei der Herstellung kundenspezifischer Gehäuse Flexibilität, Schnelligkeit und Qualität ermöglichen.
CETPM GmbH
Institut an der Hochschule Ansbach
Steinweg 5
D-91567 Herrieden
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Redaktion
Sabine Leikep
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Layout
Wolfgang Schlötterer
Anzeigen
Senta Kunzmann
Tel.: +49 (0) 9825 2038-104
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Anzeigenschluss:
Managementfolklore
Mitarbeiter und Führungskräfte tun viele
Dinge, die nur wie Arbeit aussehen.
Besprechungen, Jahresgespräche,
Strategiemeeting etc. sind nicht wertschöpfend. Dr. Lars Vollmer sieht darin
eine weitere Art der Verschwendung:
Soziales Theater.
5S im Office:
Verkanntes Mittel zum Zweck
5S wird in vielen Büroetagen abgetan
als "betreutes Aufräumen" oder "schöner
Wohnen". Richtig eingesetzt kann diese
Methode aber durchaus ein sinnvolles
Hilfsmittel sein, um gemeinsam(en) Raum
für Kreativität und effiziente Zusammenarbeit zu schaffen.
15. Februar, 15. April,
15. Juni, 15. August,
15. Oktober, 15. Dezember
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ISSN 2193-4835
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YOKOTEN Magazin 06/2015
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