Trost für Leidende «Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.» Matthäus 7,4 Bibelstunde FEG Langenthal Beat Staub 5. November 2015 1. Widerspruch Die Seligpreisungen haben’s ja in sich, dass sie zunächst einmal keinen Sinn machen. Ja sogar klingen wie ein Widerspruch. Wenn man nur den ersten Teil des Satzes hört, dann könnte man meinen, dass etwas nicht stimmt: «Glücklich - Selig - sind die Leid tragenden…» Wie kann Jesus so etwas sagen? Ich stelle mir immer vor, dass er nach diesem Satz eine Pause gemacht hat. Das muss wirken. In unserem menschlichen Denken ist glücklich, wer kein Leid trägt. Wir probieren möglichst jedes Leiden zu umgehen. Leid ist tabu, und doch drängt es sich uns immer wieder auf. • Ein geliebter Mensch stirbt. Du bist krank. Du musst eine Aufgabe an jemand anderen abgeben. • Dein Ehepartner verletzt dich mit seinen Worten. • Deine Kinder gehen nicht auf dem Weg von Jesus. • Du bist einsam. • • Die Seligpreisungen sind Teil dessen was für mich das ausmacht, was Gottes Reich ist. Es ist eine verkehrte Welt. Eine Welt die Kopf steht. Nichts ist wie es sein soll. Nichts ist, wie wir es uns gewohnt sind. • • Da werden Feinde geliebt. Da hält man die andere Backe hin. Da macht man beim Beten keine grossen Worte. Da ist der Erste der Letzte und der Letzte der Erste. • Und da sind die Leidenden glücklich. • • Schauen wir uns doch einmal an was es mit diesem Glücklich, mit dem Leiden und dem versprochenen Trost auf sich hat. 2. Selig – glücklich maka/rioß – makarios – selig, glücklich Eines meiner Lieblingswörter in der Bibel. Die lateinische Übersetzung davon heisst nämlich beatus. Was bedeutet das? Es ist eine Gratulation. Das Wort kann mit «glücklich», «selig», «gesegnet», «gepriesen» übersetzt werden. Wenn bei uns ein Kind zur Welt kommt, dann sagen wir meistens: Gratulation zur Geburt. Der Nahe Osten macht heute noch etwas anderes. Sie sprechen über der Person etwas aus: «Glücklich die Eltern die mit einem/diesem Kind gesegnet sind.» Im Zusammenhang der Bibel ist das Glück aber nicht nur einfach ein zufälliges Glück, sondern es ist ein Glück, das verbunden ist mit dem Segen Gottes. Was Jesus also in den Seligpreisungen –1– verkündet ist nicht einfach Glück für die Leidenden, sondern er sagt damit: «Gott ist auf eurer Seite.» 3. Leid tragen penqe/w – pentheo – leiden, trauern pentheo wird im NT im Sinn von trauern, klagen und beklagen über widerfahrenes schweres Leid gebraucht. Darum kann die Stelle die wir vor uns haben auch mit «Selig sind die Trauernden…» übersetzt werden. Die Trauer, die dem Leid folgt ist eine tiefe Trauer. Es ist tiefer Schmerz, der sich in der Seele festfrisst. Es ist nicht einfach ein Leid, das geschehen ist, das man halt hinnimmt. Wir finden eine treffendes Bild des Wortes in 1. Mose, in der Reaktion von Jakob, als ihm mitgeteilt wird, dass Joseph tot sei: «34 Und Jakob zerriss seine Kleider und legte einen Sack um seine Hüften. Und er trauerte um seinen Sohn lange Zeit. 35 Da machten sich alle seine Söhne und Töchter auf, um ihn zu trösten. Aber er wollte sich nicht trösten lassen und sprach: Nein, trauernd werde ich zu meinem Sohn ins Totenreich hinabsteigen. So beweinte ihn sein Vater.» 1. Mose 37,34-35 Hier kommt dieses Leid tragen zum Ausdruck. Jakobs Lieblingskind ist tot. Er will nicht mehr leben und sich von niemandem trösten lassen. Es gibt nichts, was ihm seinen Sohn ersetzen könnte. Nichts was ihn von seinem Schmerz über den Verlust hinweg trösten kann. Wir sprechen also über Leid, Schmerz und Trauer über das erfahrene. 4. Die Ursache des Leides, der Trauer? Fragen wir einmal nach der Ursache von Leid. Woher kommt Leid, Schmerz und Trauer über Verlust? Gottes Absicht war dieser Zustand ja nie! Das Leid hat seinen Weg in die Welt durch die Sünde gefunden. Sünde ist der Grund allen Leidens. Hinter jeder Verletzung steckt Sünde. Hinter der Einsamkeit steckt Sünde. • Der Tod ist durch die Sünde gekommen. • • Wenn wir dem Wort pentheo in der Bibel nachgehen, dann stossen wir auf Stellen die diese Trauer mit unserer Sünde in Verbindung gebracht wird. «Naht euch Gott, und er wird sich euch nahen! Reinigt eure Hände, ihr Sünder, und läutert eure Herzen, ihr Zweifler! Wehklagt nur und trauert und weint! Euer Lachen verwandle sich in Klage und eure Freude in Kummer!» Jakobus 4,8-9 «Und da habt ihr euch noch wichtig gemacht, statt zu trauern? Hättet ihr das getan, so wäre jener aus eurer Mitte verstossen worden, der diese Tat begangen hat!» 1. Korinther 5,2 Über zweierlei Sünden soll getrauert werden. Über die eigene und die fremde. Sünde ist ein Grund zum Leid und ein Grund zur Trauer. Wir leiden unter unserer eigenen und unter fremder Sünde. Sünde an und für sich ist bereits ein Grund zu trauern. Und dann kommt aber auch all das was die Sünde zur Folge hat, das uns in Schmerz und Leid treibt. –2– 5. Der Wunsch nach Leidensfreiheit Was wir uns wünschen, ist eine Welt in der es kein Leid gibt. Unsere Gesellschaft versucht alles das Leid zu tabuisieren. Der Tod ist in unserer Gesellschaft kaum sichtbar. Altern und die damit verbundenen Leiden werden nicht beachtet. Für jeden Schmerz gibt es eine Tablette und ein Pflaster, eine Versicherung. Auch Christen wollen etwas vorgreifen. Auch wir versuchen zu argumentieren, dass die Kinder Gottes nicht mehr leiden müssten. Aber gerade Stellen wie diese widersprechen dem. Leiden gehört zum Leben in dieser Welt. Gott verspricht nicht sofortige Entbindung von allem Leid. Wir leben noch in der Welt aber wir sind nicht mehr von dieser Welt. «Selig der Mann, der die Prüfung besteht, denn wenn er sich bewährt, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott denen verheissen hat, die ihn lieben. …» Jakobus 1,12 «… Das sind die, die aus der grossen Bedrängnis kommen; sie haben ihre Gewänder gewaschen und sie weiss gemacht im Blut des Lammes.» Offenbarung 7,14b «Mit dem Schmerz haben wir auch den Trost Gottes verscheucht.» Adolf Schlatter 6. Trost parakale/w – parakaleo – jemanden herbeirufen, bitten, ermahnen, trösten Also die Leidenden sollen jemanden herbeigerufen bekommen. Es hat eine breite Bedeutung von dem was eine herbeigerufene Person dann macht: bitten, ermahnen, trösten. In unserem Zusammenhang ist es aber dann klar der «Trost» der angesprochen ist. 7. Wer tröstet, wann und wie? Wenn wir nun dem Trost etwas nachgehen wollen, dann finden wir einen Text, der uns etwas genauer erklärt wer tröstet, wie getröstet wird, worin der Trost besteht und wann getröstet wird: «3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater des Erbarmens und der Gott allen Trostes. 4 Er tröstet uns in all unserer Bedrängnis, so dass auch wir andere in all ihrer Bedrängnis zu trösten vermögen mit dem Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden. 5 Denn wie wir überschüttet werden mit dem Leiden Christi, so werden wir durch Christus auch überschüttet mit Trost. 6 Werden wir aber bedrängt, so geschieht es zu eurem Trost und eurer Rettung; werden wir getröstet, so geschieht auch das zu eurem Trost, der wirksam wird, wenn ihr geduldig dieselben Leiden ertragt, die auch wir ertragen. 7 Und unsere Hoffnung für euch ist unerschütterlich, weil wir wissen, dass ihr in gleicher Weise wie an den Leiden so auch am Trost teilhabt.» 2. Korinther 1,3-7 Gott tröstet Als erstes können wir festhalten, dass es Gott der Vater ist, der uns durch Jesus Christus tröstet. Das kommt schon in der Aussage von Jesus zum Ausdruck, denn dort wird ein passivum divinum werden getröstet werden - vor. Das heisst, dass das was gesagt wird, von Gott kommt. Aber wir lesen es auch hier bei Paulus. Es ist Gott, der im Leid drin tröstet. –3– Christen trösten einander Aber wir sehen auch, dass aus dem Trost des Vaters wir fähig werden einander gegenseitig zu trösten. Worin besteht der Trost? Wie geht denn das? Aus der Aussage von Paulus merken wir, dass ein Teil des Trostes darin besteht, dass wir wissen, dass wir nicht allein im Leiden sind. Und dass das Leiden, das wir im Moment auf uns nehmen Teil dessen ist, was Jesus auf sich genommen hat. Er selber hat sich in das Leid dieser Welt hineingegeben um sie zu erlösen. Wenn wir jetzt leiden, können wir uns damit trösten, dass Jesus ebenfalls gelitten hat. Wenn das Trösten aber ein «hergerufen werden» ist, dann bedeutet es auch, dass Gott zu unserer Seite gerufen ist. In Jesus hat er sich identifiziert mit unserem Leiden und unserer Sünde. Er ist uns zur Seite gestanden. Das gilt besonders für das Leid der Sünde. Wenn wir davon ausgehen, dass die Sünde die Wurzel allen Leidens ist, dann muss sie zuerst aus der Welt geschafft werden. Dann muss zuerst tiefe Trauer über unserer Fähigkeit unser Ziel als Menschen zu verfehlen entstehen. Es muss uns schmerzen, dass wir sündigen. Ich lese noch einmal aus dem Jakobusbrief: «Naht euch Gott, und er wird sich euch nahen! Reinigt eure Hände, ihr Sünder, und läutert eure Herzen, ihr Zweifler! Wehklagt nur und trauert und weint! Euer Lachen verwandle sich in Klage und eure Freude in Kummer!» Jakobus 4,8-9 Wer aber den Schmerz seiner Sünde erfahren hat und über sich selbst in Trauer gerät, der kann sich das Versprechen von Jesus zu Herzen nehmen: Es gibt für die Trauernden Trost. In Bezug auf die Sünde bedeutet das doch, dass wir für Sünde die wir betrauern, die wir als Leid erleben Erlösung erfahren dürfen. Der Tröster - der Heilige Geist Aber der Tod von Jesus ist lange her. Aber das ist kein Grund der Hoffnungslosigkeit. Jesus selber hat uns seinen Geist verheissen, den er selber den Parakleten nennt, was der Tröster, der Beistand, bedeutet. Gott ist uns in unserem Leiden in unserer Trauer nahe durch seinen Geist: «Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir.» Johannes 15,26 «Die Kirche hatte nun Frieden in ganz Judäa und Galiläa und Samaria; sie wurde auferbaut und ging ihren Weg in der Furcht des Herrn; und sie wuchs durch den Beistand des heiligen Geistes.» Apostelgeschichte 9,31 Den stärksten Trost erfährt man durch das nicht allein sein müssen. Durch den Beistand einer andern Person. Gott steht uns bei, und darum können wir in allem Leiden auch andern beistehen. Wir sind nicht allein. Das ist der momentane Trost den wir haben. Trost auf Hoffnung hin Aber wenn das alles wäre, dann wäre es etwas schwach. Unser Trost ist ein Trost auf Hoffnung hin. Auf die Hoffnung, dass der endgültige Trost liegt darin, dass Gott eines Tages alle unsere Tränen –4– persönlich abwischen wird. Darin, dass das Leid nicht für immer andauern wird. Es wird ein Ende geben, auch wenn es vor dem Ende noch schlimmer werden kann. «Denn das Lamm in der Mitte des Thrones wird sie weiden und wird sie führen zu Quellen lebendigen Wassers, und Gott wird abwischen jede Träne von ihren Augen.» Offenbarung 7,17 «4 Und abwischen wird er jede Träne von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid, kein Geschrei und keine Mühsal wird mehr sein; denn was zuerst war, ist vergangen. alles neu!» 5 Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache Offenbarung 21,4-5a Glücklich sind wir, weil die Umkehrung der Verhältnisse begonnen hat. Sie ist noch nicht vollendet. Aber wir können das, was wir erleben und sehen nicht nur einfach im Blick auf das anschauen was gerade ist, sondern wir können es im Lichte dessen anschauen, was Jesus in die Welt gebracht hat und was er in die Welt bringen wird. Aber es ist keine Vertröstung auf das Jenseits. Immer geht es um die Zusage einer Zukunft, die die radikale Veränderung der Gegenwart mit sich bringt. Aber es gibt auch die Kehrseite davon: Wer dem Wort tentheo - Leid tragen, tauern - nachgeht, findet auch die Matthäus 5,4 entgegengestellte Aussage von Jesus: «Wehe euch, die ihr jetzt satt seid — ihr werdet hungern. Wehe euch, die ihr jetzt lacht — ihr werdet trauern und weinen.» Lukas 6,25 Aber Abraham sagte: Kind, denk daran, dass du dein Gutes zu deinen Lebzeiten empfangen hast und Lazarus in gleicher Weise das Schlechte. Doch jetzt wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. Lukas 16,25 8. Zusammenfassung Gottes Reich ist eine Welt die Kopf steht. Gottes Reich richtet unseren Blick auf das Ende. Während in unserer Welt die glücklich genannt werden, die gesund, reich und sicher sind, so nennt Jesus die glücklich, die jetzt trauern. Denn sie werden nicht für immer trauern. Sie werden Trost finden. Du wirst Trost finden Du findest Trost in der Tatsache dass deine Sünden vergeben sind. Du findest Trost in der Tatsache, dass du weisst, dass Gott dir nahe ist durch seinen Geist. Du findest Trost in der Tatsache, dass du Geschwister an deiner Seite hast, die mit dir sind im Leiden. Du findest Trost in der Tatsache, dass dein Leid und alle deine Trauer eines Tages ein Ende haben werden. «16 So sann ich nach, ob ich’s begreifen könnte, aber es war mir zu schwer, ich ging in das Heiligtum Gottes und merkte auf ihr Ende. 18 17 bis Ja, du stellst sie auf schlüpfrigen Grund und stürzest sie zu Boden. 19 Wie werden sie so plötzlich zunichte! Sie gehen unter und nehmen ein Ende mit Schrecken. 20 Wie ein Traum verschmäht wird, wenn man erwacht, so verschmähst du, Herr, ihr Bild, wenn du dich erhebst. 21 Als es mir wehe tat im Herzen und mich stach in meinen Nieren, 22 da war ich ein Narr und wusste nichts, ich war wie ein Tier vor dir. 23 Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand, nimmst mich am Ende mit Ehren an.» 24 du leitest mich nach deinem Rat und –5– Psalm 73,16-24 Mit dem Kommen von Jesus ist angebrochen, was in Jesaja verheissen wurde: «… zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Vergeltung unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden,» Jesaja 61,2 –6–
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