BAUGRUPPENFERTIGUNG Schnell trocknender UV-Schutzlack Die richtige Dosis macht’s In Zusammenarbeit von Anwender, Beschichtungsanlagenhersteller und Humiseal als Hersteller von Schutzlacken wurde eine Lösung entwickelt, die einen Fertiger von Automobilelektronik in die Lage versetzt, nachhaltig seine VOC-Emissionen zu senken, ohne dabei die Qualität oder die Effizienz der Fertigung zu beeinflussen. Dieser Artikel befasst sich mit einigen Überlegungen zu der Auswahl einer effektiven VOC-freien Schutzlackierung. In Europa sind viele der Zulieferer von Automobilelektronik Anwender von selektiven Beschichtungsanlagen von Nordson/Asymtek in Kombination mit lösemittelbasierten Schutzlacken. Der Auftrag mittels nicht-atomisierter Lackierverfahren, wie der Film-Coater-Technologie, ist in diesem Bereich sehr weit verbreitet. Umweltpolitische Überlegungen führen jedoch seit einiger Zeit dazu, dass umweltfreundliche Schutzlacke in der Elektronik einen VOC-freien Ersatz für die bisherigen lösungsmittelhaltigen Produkte bieten sollen. Beschichtungssysteme wie der AsymtekFilm-Coater wurden entwickelt, um die selektive Anwendung von Schutzlacken mit einer Viskosität < 100 cPs zu ermöglichen. Diese Technologie ist ideal für die Verwendung mit lösemittelhaltigen Schutzlacken und erzeugt eine glatte, ebene Schutzlackfläche mit hoher Konturengenauigkeit und Kantenabdeckung bei gleichzeitig kurzen Verarbeitungszeiten. Einige lösungsmittelhaltige Schutzlacke benötigen beinahe 80 % Lösungsmittel, um eine einsetzbare Viskosität unter 100 cPs zu erzielen. Hohe Nassschichtstärken von 200 bis 300 μm sind notwendig, um eine getrocknete Schichtdicke gemäß den Anforderungen der IPC von 30 bis 130 μm zu erzielen. Allerdings sind die VOC-Emissionen in der Regel dabei sehr hoch. Diese Tatsache wird vom europäischen Markt immer weniger akzeptiert. ˘ AUTOR Chris Palin (Bild), Humiseal Europa mit Marie Kaing, Humiseal Europa und Jacques Mycke, Asymtek. 68 Bei Schutzlacken mit 100 % Feststoffanteil wird die aufgetragene Nassschichtstärke in eine vergleichbare Schichtstärke nach dem Trocknen umgewandelt. Dies hat sich bei der Applikation als Problem dargestellt, sowohl von der Kostenseite (Schutzlacke mit 100 % Feststoffen sind etwas teurer als konventionelle, lösemittelbasierende Systeme) als auch von der Leistung der Schutzlacke. Daher war die Verringerung der Schichtstärke der Hauptgesichtspunkt einer gemeinsamen Untersuchung von Materiallieferant, Anlagenlieferant und Anwender. Zykluszeiten kurz halten Der hohe Durchsatz des beteiligten Herstellers von Automobilelektronik ließ die Sorge aufkommen, dass beim Einsatz eines trimodalen Applikators auf der selektiven Beschichtunganlage die Zykluszeit drastisch in die Länge gezogen würde. Der Applikator arbeitet mit Geschwindigkeiten bis zu 150 mm/s. Die bisherigen, meist zum Einsatz kommenden Film-Coater, verfahren mit bis zu 350, manchmal bis zu 400 mm/s. Dies würde im schlimmsten Fall bedeuten, dass die Zykluszeit zum Beschichten einer Baugruppe mehr als dop- pelt so lange dauert – ein nicht akzeptables Kriterium. Dies gilt für sehr einfache Leiterplatten. Sobald aber die Baugruppen komplexer sind, gleichen sich die Zykluszeiten wieder an, da mit dem trimodalen Applikator größere Flächen in einem Arbeitsgang beschichtet werden können und auch bei Richtungsänderungen des Lackauftrages der Beschichtungskopf nicht seine Richtung wechseln muss. In der Tat konnte festgestellt werden, dass für diesen Elektronikhersteller die Zykluszeiten beim Einsatz der verschiedenen Applikatoren gleich gehalten werden konnten. Dadurch, dass der trimodale Applikator wesentlich weniger Reinigung benötigte als der Film-Coater, ließ sich einfach verdeutlichen, dass die Zykluszeit in der Tat kürzer war und der Prozess dadurch wesentlich stabiler wurde. Dosis und Bestrahlstärke Dosis und Bestrahlungsstärke sind Schlüsselbegriffe bei der Verarbeitung von UV-härtenden Schutzlacken, die allzu oft durcheinander gebracht werden. ˘ UV-Strahlung (mW/cm2) ist die Leistung oder die Intensität der UV-Energie auf ei- productronic 5 - 2008 BAUGRUPPENFERTIGUNG ner Oberfläche pro Flächeneinheit. Dabei handelt es sich um ein Merkmal der UV-Lampe und der Geometrie des Reflektors. Die Strahlung ist dabei nicht abhängig von der Geschwindigkeit, mit der die Baugruppe bewegt wird. ˘ UV-Dosis (mJ/cm2) ist die Energie pro Flächeneinheit unter einer UV-Lichtquelle. Sie ist umgekehrt proportional zu der Geschwindigkeit unter der Lichtquelle und proportional zu der Anzahl der Lampen sowie der Verweildauer unter der Lampe. Bei der Entwicklung des Schutzlackes mit Blick auf hohen Durchsatz ist es gelungen, den Schutzlack Humiseal UV40 (Bild 1) auf eine Inline-fähige UV-Härtung bei hohem Energieeintrag und gleichzeitig schnellster Durchlaufgeschwindigkeit zu optimieren. Bild 1: Schutzlack Humi Seal UV40 für die Inline-fähige UV-Härtung Verarbeitungskriterien Die Überwachung des Prozessfensters eines UV-Härtungsvorgangs ist mit einem Radiometer als Messsystem einfach und schnell durchführbar. Dieses System misst die gesamte UV-Dosis und die UV-Strahlung in 4 verschiedenen Bereichen (UV-A, UV-B, UV-C-und UV-V) gleichzeitig, so dass eine reproduzierbare und kontrollierte Aushärtung mittels Überwachung der UVStrahler durchführbar ist. Die Aushärtung eines UV-härtenden Schutzlackes mit zu schwachen UV-Strahlern führt zu unzureichend ausgehärteten, noch feuchten Filmschichten – zu hoher Energieeintrag kann zu Rissbildung, Schrumpfung und mechanischem Stress in der Schutzlackschicht führen. Die Verwendung einer UV-Lampe mit ungeeigneter Wellenlänge kann eine sehr weiche, nicht vollständig durchgehärtete Schutzlackschicht hinterlassen. Die Transportgeschwindigkeit kann zwischen 1 bis 3 m/min variieren, abhängig vom Abstand und von der Leistung des Strahlers als auch der Form des Reflektors, der Höhe von Bauteilen usw. Der Versuch zur Erhöhung des Produktionsdurchsatzes durch höhere Strahlungsenergie bei gleichzeitiger Verkürzung der Expositionzeit durch eine höhere Durchlaufgeschwindigkeit ist möglicherweise nicht immer erfolgreich. Vielmehr muss sichergestellt werden, dass eine ausrei- productronic 5 - 2008 Angesichts der Möglichkeit mit diesem Applikator größere Flächen in einem Schritt zu beschichten, kann trotz der langsameren Applikationsgeschwindigkeit bei komplexen Baugruppen eine vergleichbare Gesamtzykluszeit bei der Lackierung erzielt werden, wie man es bereit von dem Film Coater her kennt. Letztendlich ist es auch wichtig, die Anforderungen an die UV-Härtung mit dem UV 40 und dem Equipment genau zu verstehen. Entscheidend ist die richtige Dosis bei entsprechend benötigter Wellenlänge über den richtigen Zeitraum. Eine regelmäßige Überwachung des gesamten Prozesses ist ebenso notwendig, wie man es vom Reflowlöt-Prozess her kennt. Dann steht einer erfolgreichen Implementierung von UV-härtenden Schutzlacken in den Fertigungsprozess nichts mehr im Wege. ˘ infoDIRECT 416pr0508 www.productronic.de ˘ Link zu Humiseal/Stannol Bild 2: Arbeitsweise des trimodalen, luftunterstützten Sprayapplikators chende UV-Dosis auf der Beschichtung ankommt. Es ist äußerst wichtig, die UV-Härtung innerhalb eines definierten Prozessfensters durchzuführen, um eine maximale Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Schutzlackes zu garantieren. Die Auswahl der richtigen UV-Geräte, mit denen Sie arbeiten, ist daher extrem wichtig. Fazit Der Einsatz des trimodalen, luftunterstütztem Sprayapplikators (Bild 2) ermöglicht die Erzeugung sehr dünner, homogener Lackschichten. Dies stellt eine Reduzierung des verbrauchten Schutzlackes UV 40 dar und stellt sicher, dass der Schutzlack seine maximale Zuverlässigkeit in thermischen Schocktests unter Beweis stellen kann. Dies ist daher als ein wichtiger Schritt für eine zukunftsorientierte Schutzlackbeschichtung anzusehen. 69
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