Dr. Marc Gumpinger

www.vbw-bayern.de
Magazin 6,– Euro
Interview:
Dr. Marc
Gumpinger
01
2016
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94036 Passau
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2
Autor
A
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EDITORIAL
d
ie Digitalisierung nicht nur anzunehmen, sondern sie sogar
als Chance zu verstehen, ist
eine der größten Herausforderungen für die Menschen und
die Unternehmen in unserem
Land. Nicht wenige indes wirken resigniert,
weil sie befürchten, im digitalen Wettbewerb
insbesondere mit den Amerikanern gehe es uns
wie in der Fabel vom Hasen und dem Igel: Ehe
wir gestartet sind, sind die anderen schon da,
groß und übermächtig. Die gute Nachricht: Es
ist beileibe nicht so! In unserem Titelinterview
etwa erzählt ein bayerischer Gründer, was hierzulande möglich ist: Dr. Marc Gumpinger. Er
hat ein Digitalunternehmen gegründet, das auf
400 Millionen Nutzer weltweit wuchs, ehe er es
für Zigmillionen Euro verkauft hat. Im Silicon
Valley könne man nichts, das wir nicht auch
3
könnten, findet er. Das Interview, das Sie ab
Seite 12 lesen können, macht Mut, finde ich.
Freilich, in der Digitalisierung liegen auch Gefahren: Die Angriffe aus dem Netz häufen sich,
bisweilen mit erschreckenden Schäden. Mit einem Hacker-Angriff auf Bestellung können
Unternehmen unter realen Bedingungen testen,
wie sicher ihre IT ist. Sogenannte „Ethical
Hacker“, Profis hoch spezialisierter Beratungsunternehmen, bedienen sich desselben ausgewieften Instrumentariums wie die echten
Schurken – und legen so Schwachstellen bloß,
ehe es zu spät ist. Die Reportage lesen Sie ab
Seite 20.
BERTRAM BROSSARDT, Herausgeber
INHALT
6
12
20
FOTO-STORY
INTERVIEW
IT-SICHERHEIT
Scharfes aus dem Stall
„Im Silicon Valley kann
man nichts, das wir nicht
auch können“
Hacker
auf Bestellung
Ein japanischer Messermacher
hat seine Werkstatt in einem
ehemaligen Bauernhof
in Oberbayern eingerichtet.
Mit einem millionenschweren Exit
hat der Münchner Dr. Marc Gumpinger
gezeigt, wie erfolgreiches, digitales
Gründen geht. In Bayern gebe es
genügend Knowhow und Risikokapital,
sagt er im Interview.
Wer wissen will, wie gut sein
Unternehmen gegen Hacker
geschützt ist, kann einen
Angriff bestellen – meist mit
bedenklichem Ausgang.
INHALT
MACHTRAUM
10
LIFESTYLE
36
STANDPUNKT
19
EINE FRAGE NOCH ...
38
IMPRESSUM
vbw Unternehmermagazin 01/2016
Herausgeber
vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
VR 15888 Amtsgericht München
Hauptgeschäftsführer: Bertram Brossardt
Max-Joseph-Str. 5, 80333 München
24
INTERKULTURELLE
FORTBILDUNG
28
PORTRÄT
Weg mit den Klischees
Logistik ist (fast) alles
In interkulturellen Trainings werden
Fachleute zu Orient-Managern
ausgebildet. Dabei werfen sie erst
einmal Vorurteile über Bord, werden
aber gleichzeitig sensibilisiert für
die Feinheiten vollkommen anderer
Geschäftspraktiken.
In der schwierigen Textilbranche
behauptet sich ein niederbayerischer Hemdenhersteller
seit über 150 Jahren. Dabei
produziert Eterna ausschließlich
in Europa.
Büro des Herausgebers: Michael Reithmeier
E-Mail: [email protected]
Herausgeberbeirat
Bertram Brossardt
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Das vbw Unternehmermagazin erscheint sechsmal
im Jahr mit einer Auflage von 60.000 Exemplaren.
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ISSN 1866-4989
Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise,
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Zusendung unverlangter Manuskripte oder Bilder
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Fotos: Baumgartner, Narushima
Im ehemaligen Backhaus seines Bauernhofs hat Noriaki Narushima sich
seine Schmiede eingerichtet. Esse und Hammer hat er selbst gebaut.
Die Schmiedeuhr zeigt an, wie oft
der Stahl schon gefaltet wurde – 148 Lagen
hat eine fertige Damaszenerstahl-Klinge.
FOTO-STORY
Glänzender Stahl, detailreich
gearbeitete Griffe und richtig
scharf: So müssen Messer sein,
wenn sie Noriaki Narushimas
Schmiede verlassen.
Japan-Messer
aus dem
Kuhstall
Noriaki Narushima schmiedet japanische Messer aus Damaszenerstahl – seine Werkstatt betreibt er
in einem ehemaligen Bauernhof im oberbayerischen Dorfen
„E
s gibt nichts Schlimmeres als ein stumpfes Messer“, sagt
Noriaki Narushima
und wendet sich wieder dem glühenden Stahl zu. Der 61Jährige ist in Tokio geboren, seit 35
Jahren schmiedet er japanische Messer in Handarbeit. Inzwischen lebt er
mit seiner Frau auf einem ehemaligen
Bauernhof in Dorfen, seine Schmiede
ist das ehemalige Backhaus, seine
Metallwerkstatt der Kuhstall. Und
Narushimas Messer sind scharf, so
scharf, dass sie mühelos zwischen
dem Fleisch und der Haut einer Tomate hindurchgleiten. „Es ist wichtig,
dass das Gemüse beim Schneiden
nicht gequetscht wird“, erklärt
Noriaki Narushima, „sonst verliert
es an Geschmack.“
Qualität geht ihm über alles. Kein
Messer, das seine Schmiede verlässt,
hat auch nur den kleinsten Fehler. In
einem Schuhkarton unter dem Tisch
seiner Werkstatt sammelt er die Messer, die diese Kontrolle nicht bestanden haben. Ein feiner Riss in der
7
Klinge, ein Lufteinschluss im Stahl
oder ein abgeplatzter Griff – das kann
die Arbeit von 40 und mehr Stunden,
die Noriaki Narushima für ein Messer
braucht, auf einen Schlag zunichte
machen. Dann fängt er wieder von
vorne an. Denn die meisten seiner
Messer sind Auftragsarbeiten nach
Kundenwunsch – vom klappbaren
Taschenmesser bis zum Sushi-Messer
mit 30 Zentimeter langer Klinge.
„Zu mir kommen vor allem Sammler“,
weiß er. Die schätzen den japanischen
Damaszenerstahl und die hochwerti-
Die Farbe des Stahls ist das
wichtigste Kriterium, um zu
entscheiden, ob die Temperatur
zur Weiterverarbeitung passt.
Als Schweißmittel gibt Noriaki Narushima Borax auf den heißen
Stahl, so oxidiert die oberste
Schicht weg, damit der Stahl sich
beim Falten stabil verbindet.
Ein prüfender Blick: Qualität
geht Noriaki Narushima über alles.
Auch bei der Auswahl des Stahls
für eine Damaszenerklinge.
gen Griffe aus Edelhölzern wie Grenadil, Tigerholz oder Lacewood oder
aus Perlmutt und Abalone mit Einlegearbeiten. Auch teure Holzsorten
und sogar Elfenbein hat Noriaki
Narushima schon verarbeitet. Die
Klingen der Taschenmesser werden
auf Hochglanz poliert. Die wenigsten
dieser Messer kommen aber je zum
Einsatz, sie zeigen ihre Pracht in einer Vitrine. Die Damaszener-Kochmesser und die feststehenden Messer
aus Damaszenerstahl dagegen sind
für den praktischen Einsatz gedacht.
Nur wenige Köche oder Jäger investieren rund 1.000 Euro, die ein Messer von Noriaki Narushima im Durchschnitt kostet. Taschenmesser sind
günstiger, große oder aufwändige
Messer, etwa mit angedeuteter doppelter Klinge, kosten weit mehr. „Profis legen weniger Wert auf die Optik
und die perfekte Verarbeitung“, weiß
Narushima, „sie greifen lieber auf
günstigere Produkte zurück, die eine
ausreichende Schärfe besitzen.“ Doch
seine Kunden kommen inzwischen
aber aus ganz Deutschland, Öster-
reich und der Schweiz. Qualität
spricht sich eben herum und zudem
sind Noriaki Narushimas Messer
schon mehrmals bei Fachmessen ausgezeichnet worden, unter anderem
beim Japan Knife Guild Custom Knife
Contest und bei der Internationalen
Messerausstellung in München.
os geht es immer mit 16
Schichten Stahl – je vier
kleine Blöcke à vier
Schichten. Dazu wählt
Noriaki Narushima in seiner „Schatzkammer“, einem kleinen
Raum neben der Schmiede, sorgsam
aus. Hier stapeln sich stumpfe Feilen
und Sägeblätter, ausrangierte Schienen und Rohre. Ob das Metall schon
einige Jahre alt und verrostet ist,
spielt keine Rolle. Die Zusammensetzung ist wichtig. Am liebsten sind
Noriaki Narushima Feilen. Die liegen
nach Hersteller sortiert in einem kleinen Regal. „Am besten sind die aus
der Schweiz und die deutschen“, sagt
er.
Um Damaszenerstahl herzustellen,
wird der Metallblock erhitzt und die
L
8
Schichten durch Hammerschläge verbunden. Dann beginnt das Falten, das
später das charakteristische Muster
des Damaszenerstahl ergibt. Immer
wieder hält Noriaki Narushima den
Stahl an einem langen Metallstab in
das Feuer seiner selbstgebauten Esse.
Mit einem japanischen Blasebalg fächert er dem Feuer Luft zu – seitlich,
wie es in Japan üblich ist. Anhand
der Rotfärbung des Metalls erkennt er
die Temperatur, die es erreicht hat.
Ab und an wirft er einen Blick durch
das Pyrometer. 1.050 bis 1.100 Grad
muss der Stahl haben, dann kann er
bearbeitet werden. „Je genauer die
Temperatur eingehalten wird, umso
feiner ist das Gefüge und umso schärfer wird später das Messer“, erklärt
Noriaki Narushima.
Schnell wechselt er mit dem glühenden Würfel zur Presse – auch die hat
er selbst zum Hammer umgebaut, aus
einem Holzspalter. Von allen vier Seiten lässt er den runden Hammer auf
das Metall knallen, damit die Schichten sich verbinden und gefaltet werden können – sechs Mal. Um den
Zwischendurch kontrolliert
der japanische Schmied, ob sich
die Lagen verbunden haben.
Unter dem selbstgebauten Hammer werden die einzelnen Lagen
des glühenden Metalls miteinander verbunden.
Stahl zu härten, wird die fertige Klinge noch einmal auf 800 Grad erhitzt
und in Wasser getaucht. Dann wird
sie geschliffen und poliert. Zum
Schluss steckt Noriaki Narushima den
Griff an. Die Scheide fertigt er vom
Holz eines Apfelbaums aus dem Garten des Bauernhauses.
All das hat er sich selbst beigebracht.
Eigentlich ist Noriaki Narushima studierter Maschinenbautechniker. Das
Messerfertigen war zu Beginn nur ein
Hobby. „Mich hat das interessiert,
dann habe ich es ausprobiert“, erzählt
er. Geschmiedet hat er damals noch
nicht, sondern Taschenmesser aus gekauftem Stahl hergestellt. Ausprobiert, Fehler gemacht und dazugelernt. Messer mit rostfreier Klinge fertigt er noch heute aus zugekauftem
Stahl. Erst später, als er schon in
Deutschland lebte, hat er für drei Monate in einer Schmiede in Japan mitgearbeitet und sich dort in die
Schmiede-Technik einweisen lassen.
1987 zog er von Tokio nach Bayern,
der Liebe wegen. Bei einem Besuch
in München hat er seine heutige Frau
kennengelernt. „Mir gefällt es in
Deutschland“, sagt er, „hier ist mehr
Platz als in Tokio und das Bier und
das bayerische Essen schmecken
gut.“ Zum Kochen verwenden Noriaki
Narushima und seine Frau die Messer
aus der eigenen Schmiede – „die mit
Fehler“, sagt er, „scharf sind sie
trotzdem.“ Und darauf legt Noriaki
Narushima auch beim Kochen großen
Wert. Nur seine Rasiermesser, die
würde Noriaki Narushima niemals
selbst benutzen: „Das traue ich mich
nicht.“
Tipp:
Für alle, die auf die Schärfe eines
Messers ebenso großen Wert legen
wie er, hat Noriaki Narushima einen Tipp: Um die Schneidefähigkeit eines hochwertigen Messers
möglichst lange zu erhalten, sollte
es immer trocken gehalten werden.
Ab und an etwas Olivenöl auf ein
Tuch träufeln und das Messer damit
einreiben, damit es nicht oxidiert. Das Häuten einer Tomate ist mit dem richtigen Messer ein Kinderspiel.
9
Fotos: Kain
Zwei Landschaftsbilder des Malers Karl Flügel,
der auch schon im Münchner Lenbachhaus ausgestellt hat, hatte schon Bernreiters Vorgänger
im Büro. Sie sind eine Leihgabe der Familie des
Künstlers, „solange ich Landrat bin, darf ich sie
behalten“. Dieses hängt hinter dem Schreibtisch
und zeigt den Dreitannenriegel.
Eine geistliche
Erinnerung an
Augustus Kardinal
Mayer OSB, der
unter anderem in
Metten im Landkreis Deggendorf
gewirkt hat.
Das Kruzifix des Waldkirchner
Künstlers Manfred Werner zeigt
Kreuzigung und Auferstehung
zugleich.
Der Landkreis Deggendorf ist reich an Bodendenkmälern – vom
Mammutzahn, der bei Stephansposching gefunden wurde, bis zum
Haushaltskrug (hinten) und Geschirr aus dem 2. Jahrhundert,
aus dem römischen Kastell Steinkirchen.
10
Zweimal reiste Bernreiter nach
China, unter anderem, um im
Krankenhaus Plattling traditionelle chinesische Medizin zu
etablieren, und durfte dort sogar mit zeitgleich untergebrachten Regierungschefs aus
anderen Ländern im Gästehaus
der Volksrepublik übernachten.
Der chinesische Schmuck-Teller
ist ein Mitbringsel.
MACHTRAUM
M
it besonderen Herausforderungen kennt
sich CHRISTIAN
BERNREITER (CSU)
aus, fast zwangsläufig, möchte man
sagen: 2013 meisterte der Landrat von
Deggendorf die Jahrtausendflut, die
große Teile seines an Donau und Isar
gelegenen Kreisgebietes überschwemmte, mit Bravour. Tag und
Nacht organisierte er, mit Gummistiefeln und Regenjacke bekleidet, die
Einsätze der Hilfsorganisationen und
freiwilligen Helfer. Reportagen wie
„Der Deichgraf von Deggendorf“
machten ihn deutschlandweit bekannt.
Kaum dass die allermeisten Flutschäden behoben waren, erwartete
Bernreiter, zwischenzeitlich auch zum
Präsidenten des bayerischen Landkreistages gewählt, die nächste Herausforderung: Hunderttausende Flüchtlinge aus Europa, dem Nahen Osten und
Afrika, die ihre Zukunft in Deutschland sehen, drängten in wenigen Wochen über die bayerisch-österreichische Grenze in die ober- und niederbayerischen Landkreise – und mussten
versorgt, registriert, untergebracht und
weiterverteilt werden. Was aus bayerischer Sicht und vor allem aus Sicht der
Grenzlandkreise geht, und was nicht,
dafür fand Bernreiter stets wirkmächtige Töne – und wurde so zum gefragten
Gesprächspartner nicht nur von
Medien aus der ganzen Welt. Auch
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
lud ihn nach Berlin ins Kanzleramt
und bespricht sich seit vergangenem
Herbst regelmäßig mit Bernreiter, wenn
es um die Flüchtlingsproblematik geht.
Ebenso macht Ministerpräsident und
CSU-Chef Horst Seehofer keinen
Hehl daraus, dass ein offenes Wort von
Bernreiter für ihn Gewicht hat. Gelegentlich kommt er sogar selbst im
Landratsamt in Deggendorf vorbei,
statt ihn in die Staatskanzlei zu bestellen. DER KOMMENTAR
von ALFRED GAFFAL
Agenda 2020 statt weiterer
sozialpolitischer Belastungen
Die Große Koalition befindet sich
in ihrer zweiten Halbzeit. Statt
Wirtschaftspolitik haben wir in der
ersten Halbzeit fast nur Sozialpolitik gesehen. Deutschland ist wirtschaftspolitisch nicht vorangekommen. Das Ausbleiben struktureller
wirtschaftlicher Reformen wurde
durch die gute konjunkturelle Lage
verdeckt. Die gute Konjunktur
ist aber kein Selbstläufer. Momentan
profitiert unsere Wirtschaft von
Sonderfaktoren wie dem
günstigen Ölpreis, dem
schwachen Euro und
den niedrigen Zinsen.
Doch gleichzeitig steigen die weltweiten
konjunkturellen Risiken. Viele Schwellenländer kämpfen mit wirtschaftlichen Problemen,
die bei uns zu einer sinkenden
Nachfrage führen. Zudem wachsen
die Unsicherheiten, etwa durch die
Lage in Syrien, den islamistischen
Terror oder den anhaltenden Russland-Ukraine-Konflikt.
Bayern und Deutschland stehen
aber auch vor strukturellen Herausforderungen. Die Arbeitskosten bei
uns sind mit die höchsten weltweit.
Weil sie seit Jahren stärker als die
Produktivität steigen, sinkt unsere
Wettbewerbsfähigkeit kontinuierlich. Gleichzeitig verliert Deutschland als Investitionsstandort an Bedeutung. Auf Dauer kann das nicht
gutgehen. In ihrer „Agenda 2020“
fasst die vbw seit 2013 zusammen,
was die Politik tun muss, um die
Wettbewerbsfähigkeit unseres
Standorts zu erhalten und auszubauen. Schwerpunkte des politischen Handelns müssen sein: Infrastruktur, Arbeit und soziale Siche-
11
rung, Steuern, Bildung und Innovationen. Hinzu kommt die Bewältigung des Flüchtlingszustroms, der
unser Land vor eine historische
Herausforderung stellt.
Unser aktueller „AgendaCheck“
macht deutlich, wie massiv der
Handlungsbedarf ist. Statt wie mit
dem Mindestlohn oder der Rente
mit 63 neue Belastungen zu schaffen und Werkverträge und Zeitarbeit
weiter zu regulieren, sollte sich
die Bundesregierung auf
den Abbau der Sockelarbeitslosigkeit und
die Integration von
Asylbewerbern in den
Arbeitsmarkt konzentrieren. Beim Breitbandausbau sind wir
auf einem guten Weg,
die Verkehrsinfrastruktur
ist jedoch überaltert und unterfinanziert. Bei der Energiewende
und vor allem bei der energetischen
Gebäudesanierung besteht großer
Nachholbedarf. Auch die geringen
Fortschritte beim Abbau der kalten
Progression sind enttäuschend. Und
bei der Erbschaftsteuer ist noch immer keine Lösung gefunden, die die
Belange der Familienunternehmen
ausreichend berücksichtigt. In
Berlin muss man endlich begreifen:
Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort ist eine Daueraufgabe und darf nicht vor den
großen Herausforderungen der
Flüchtlingswelle zurücktreten. Die
Agenda 2020 zeigt, was hierzu notwendig ist – die Große Koalition
muss jetzt endlich anpacken.
Alfred Gaffal ist Präsident der vbw –
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Fotos: Schmidhuber
INTERVIEW
„Im Silicon Valley kann
man nichts, das wir nicht
auch können“
Mit einem millionenschweren Exit hat der Münchner DR. MARC GUMPINGER gezeigt,
wie erfolgreiches, digitales Gründen geht. In Bayern gebe es genügend Knowhow und
Risikokapital, sagt er im Interview
Wie wird man ein Internet-Millionär,
Herr Gumpinger?
Die kurze oder die lange Version?
Gerne die lange.
Ich habe mit neun Jahren einen Commodore C64 bekommen – mit einer
Datasette, bei der Tonbandkassetten
als Speicher dienten, und einem
Schwarzweißfernseher als Monitor.
Mein Vater hat gesagt, ich muss etwas
Gescheites damit machen, nicht nur
spielen. Natürlich habe ich aber anfangs vor allem gespielt – ein
Schwimmspiel, bei dem meine Figur
immer gestorben ist, weil ich auf dem
Schwarzweißfernseher die gelben
Raubfische nie erkennen konnte
(lacht). Auf Dauer war mir das dann
aber doch zu blöd und ich habe beherzigt, was mein Vater mir gesagt
hatte – und begonnen, selber zu programmieren. Die Programmiersprache
hieß Basic, ein Vokabeltrainer für die
Schule war mein erstes Werk. Relativ
rasch habe ich bereits Grafiken für
Computerspiele entwickelt, daneben
auch noch in einem Computerladen
gearbeitet. Weil ich noch nicht 16
Jahre alt war, durfte ich dafür nicht
mit Geld bezahlt werden. Also wurde
ich in Disketten ausgezahlt – in meinem ersten Monat habe ich 70 Disketten verdient. Mit dem Kaufen und
Verkaufen von Swatch-Uhren habe
ich mir, nach einem Commodore Amiga, dann meinen ersten Apple-Macintosh-Computer finanziert. Das war
„HEUTE BIST DU DER
KÖNIG DER WELT,
MORGEN AUF DEM
ABSTELLGLEIS“
technisch gesehen ein richtig großer
Schritt. Mit dem Mac bin ich immer
tiefer in den Grafik-Bereich eingetaucht. Später habe ich in München
Betriebswirtschaftslehre studiert und
mich gewundert, woher meine Kommilitonen die Zeit für Party und Weggehen nehmen – ich musste mein
Geld selbst verdienen. Zusammen mit
Freunden habe ich ein kleines Unternehmen mit dem Namen Plugware ge-
13
gründet und ein Buch geschrieben.
Das Unternehmen haben wir Anfang
der 2000er Jahre verkauft und sind
dafür mit wenig Geld und vielen Anteilen des Käufer-Unternehmens bezahlt worden. Das ging dann insolvent
und alles war weg.
Ihre erste Erfahrung des Scheiterns?
In der Tat. Aber das gehört in der
Gründerszene dazu: dauernde Aufs
und Abs. Heute bist du der König
der Welt, morgen auf dem Abstellgleis. Das lehrt einen vor allem eines:
sich selbst zu motivieren, nicht aufzugeben, wieder auf die Beine zu kommen.
Wie ging es dann weiter?
Ich hatte bis dahin nur das BWLGrundstudium. Gelebt habe ich vom
Programmieren, habe eine Software
entwickelt, mit der die Bildbearbeitung für die Erstellung von Katalogen
automatisiert wurde. Parallel dazu
habe ich erst an der Fern-Uni Hagen
BWL fertigstudiert und dann an der
LMU München in Humanbiologie
promoviert.
Humanbiologie? Waren Sie nicht
ausgelastet?
Ich habe schon immer Herausforderungen gesucht. Außerdem wollte ich
etwas mit Informatik und Statistik machen – da hat Humanbiologie gut gepasst. Als ich mit BWL fertig war und
die Promotion hinter mir hatte, habe
ich angefangen, mich für Venture Capital zu interessieren. Mich hat die
Verbindung aus Technik und Markt
schon immer interessiert. Es reicht
mir nicht, im stillen Kämmerlein etwas Tolles zu entwickeln – mir gefällt
es, wenn das ankommt, wenn Menschen das einsetzen. Ich habe dann
beim Venture-Capital-Unternehmen
Target Partners in München angefangen. Dort kann man arbeiten – aber
nicht automatisch Partner werden.
Wer Partner werden will, muss aus
dem Unternehmen raus und selbst erfolgreich ein Unternehmen gründen.
Das hat mir gefallen, also habe ich
das nach einem Jahr bei Target so gemacht: 2008 habe ich mit zwei Freunden, die ich von vorherigen SoftwareProjekten kannte, Scoreloop gegründet.
Das Unternehmen, das Sie 2011 so
erfolgreich verkauft haben. Was war
die Idee hinter Scoreloop?
2008, das war die Zeit, als sich das
Apple iPhone gerade etablierte. Zuvor
hatte es zwar Mobiltelefone gegeben,
die womöglich sogar Internet-tauglich
waren, aber wirklich smart waren die
Dinger nicht – bis das iPhone kam.
„JEDER
MUSS DEN PREIS
FÜR MANGELNDE
INNOVATION
BEZAHLEN“
Das konnte einfach alles besser und
hat den Menschen eine neue Welt eröffnet. Eine echte Disruption des Mobilfunkmarktes. Und ein hervorragendes Beispiel, wie Europa einen Trend
verschlafen hat: Die gesamte Mobiltelefonbranche war in Europa angesiedelt, denken Sie an Nokia oder Sie-
14
mens. Mit dem iPhone ist das alles in
die USA abgewandert, von der Hardware bis zur Software und all den
Diensten darumherum. Dramatisch,
aber jeder muss den Preis für mangelnde Innovation bezahlen. Ich habe
mir jedenfalls damals den Spielemarkt angesehen. Spiele haben zwar
immer ein etwas komisches Image,
aber wer den Markt analysiert, stellt
Erstaunliches fest: Es wird beispielsweise mehr Geld für Spiele als für
Musik ausgegeben. Spiele sind ein
weltweiter Milliarden-Markt. Ein
Drittel dessen, was auf dem Smartphone gemacht wird, hat mit Spielen
zu tun – ein Drittel der Zeit, ein Drittel der Downloads, ein Drittel der
Apps. Das ist durchaus erklärbar: Der
Mensch lernt durch Spielen, er will
spielen, es ist eine Veranlagung des
Menschen. Und am besten ist, wenn
Menschen miteinander spielen – statt
nur gegen eine Maschine. Wir wollten
dieses Modell des Miteinander-Spielens auf das iPhone übertragen. Nun
waren wir nicht die kreativen Spieleentwickler. Das ist auch schwer, denn
der Erfolg von Spielen lässt sich nicht
INTERVIEW
planen, das ist wie bei Kinofilmen.
Wir haben uns also entschieden: Wir
suchen nicht nach Gold, sondern wir
verkaufen die Schaufeln: Wir haben
eine Infrastruktur angeboten, mit der
die Spieleentwickler es deutlich
leichter hatten, ihre Spiele netzwerkfähig und social zu machen. Wir haben die Software und Netzwerkinfrastruktur dafür entwickelt, dass Spieler
im Internet miteinander beziehungsweise gegeneinander spielen können.
Das war damals noch fern davon,
selbstverständlich zu sein.
Also pure Technik?
Die Kreativen, die im Licht standen,
waren die Spieleentwickler. Wir waren die Bauarbeiter, die hinter den
Kulissen die Server-Daten-Technik
gemacht haben. Nur Technik anzubieten funktioniert allerdings selten. Man
muss Technik so machen, dass man
einen Effekt erzeugt: Die Kunden
müssen es schwer haben, auszusteigen, am allerbesten ist, wenn sie gar
nicht erst aussteigen wollen. So hatten
wir gute Beziehungen zu den Spieleerfindern, die unsere Technologie in
ihre Spiele eingebaut haben, und eine
gute Beziehung zu den Spielern, die
durch unsere Technologie miteinander spielen konnten. Wir waren nicht
sichtbar, aber die Spinne im Netz –
und sind wahnsinnig gewachsen. Weniger wegen großer Umsätze, sondern
vor allem wegen der Bedeutung im
Markt, denn irgendwann kam man
„DIE GRÖSSTE
SCHWIERIGKEIT IST
NICHT, IDEEN ZU
FINDEN, SONDERN
RELEVANTE PROBLEME“
nicht mehr an Scoreloop vorbei: Spieler, die ein Profil angelegt hatten,
wollten dieses Profil ins nächste Spiel
mitnehmen – sozusagen die Ausstiegsbarriere. Wir waren das an Nutzern schnellstwachsende Unternehmen in Europa, sind halb so schnell
gewachsen wie Android oder Twitter,
15
hatten letztendlich über 400 Millionen User.
Und Sie haben sich an Lizenzgebühren dumm und dusselig verdient?
Überhaupt nicht. Uns war von vornherein klar, dass das ein brutal wachsender Markt ist – und wir mitwachsen müssen. Dass das ein internationales Produkt ist – und wir weltweit
dabei sein müssen. Die größte
Schwierigkeit bei Gründungen in der
digitalen Welt ist nicht, Ideen zu finden, sondern relevante Probleme.
Wenn man schon die seltene Gelegenheit hat, dass man ein echtes Problem findet und die Lösung dafür anbieten kann, dann muss man so
schnell rennen wie man kann, um das
Ding groß zu machen, richtig groß.
Das ist wie mit den Internet-Pizzadiensten, die derzeit überall aus dem
Boden schießen. Die rennen alle so
schnell wie sie können, denn am
Ende des Spiels wird möglicherweise
nur der Größte überleben. Das ist
ein völlig anderes Geschäft, als ein
Mittelstandsunternehmen aufzubauen. Ich habe großen Respekt vor
unserem deutschen Mittelstand, aber
das ist eine andere Herangehensweise als beim Aufbau eines globalen
Start-ups. Beides hat seine Berechtigung, man darf das bloß nicht miteinander vermengen.
Und wie haben Sie dann Geld verdient?
Durch Relevanz. Es gibt zwei Möglichkeiten, relevant zu werden. In
Deutschland ist es typisch, durch
Umsatz relevant zu werden. Im Silicon Valley hingegen ist es typisch,
dass man durch Größe relevant wird.
Wie sieht das Geschäftsmodell des
Silicon Valley aus?
Im ersten Schritt muss man möglichst
groß werden, im zweiten Schritt,
wenn an dir kein Weg mehr vorbei
geht, kann man die Zollstation einführen, von den Nutzern also für bestimmte Leistungen Geld verlangen,
oder den Exit machen. Groß wird
man, wenn man viele User hat. Viele
User bekommt man, wenn die eigene
Leistung erst mal nichts kostet. Lizenzgebühren wären eine Barriere ge-
wesen, groß zu werden. Wir haben
den Entwicklern unsere Tools also
kostenlos zur Verfügung gestellt –
und damit für die Verbreitung gesorgt. Finanziert haben wir uns durch
Venture Capital. Dieses Geschäftsmodell ist in Deutschland unüblich,
aber in der Start-up-Branche ist das
weit verbreitet.
„WENN AN DIR KEIN
WEG MEHR VORBEI
GEHT, KANN MAN
DIE ZOLLSTATION
EINFÜHREN“
Und das, was Sie konnten, konnte
niemand anders?
Ach wo. Unser Hauptkonkurrent saß
im Valley, war aggressiver als wir und
uns auf dem iPhone immer einen
Schritt voraus. Ich habe damals allerdings gesehen, dass die Entwicklung
nicht beim iPhone stehen bleiben
wird, sondern dass da noch etwas anderes kommen wird. Apple war ja
16
auch schon beim Mac vorangestürmt
– und hat dann doch anderen das
Feld überlassen. Ich habe befürchtet,
dass das wieder so läuft – und es ist
ja auch wieder so gelaufen. Deshalb
hatten wir frühzeitig genug unsere
Strategie geändert und auf Android
gesetzt. Kurz darauf hat Apple für das
iPhone ein eigenes Gaming-Tool eingeführt, wodurch unser Hauptkonkurrent, der nur auf dem iPhone geblieben ist, weil es da für ihn kuschelig
geworden ist, ins Hintertreffen geraten ist. Wir waren indes auf Android
die Nummer 1 und wollten die ganz
große Nummer 1 über alle Plattformen hinweg werden. Ich bin dann im
Silicon Valley die ganze Sand Hill
Road rauf und runter und habe nach
dem ganz großen Investor gesucht.
Nun muss man wissen: das Silicon
Valley ist extrem gut vernetzt. Da
spricht man mit ein paar Venture Capitalists und schon geht der Verkaufsprozess los. Ich war verwundert, wer
alles an Scoreloop interessiert war –
von den Geräteherstellern über Social
Networks und ein riesengroßes, weltbekanntes Filmstudio bis hin zu Spie-
INTERVIEW
leherstellern. Da mir zudem klar wurde, dass sich die Lücke zu schließen
beginnt und wir mit Scoreloop drohten, zwischen die Stühle zu geraten,
haben wir uns für den Exit entschieden. Auf der einen Seite waren diejenigen, die die Plattform haben,
sprich: das Handy und das Betriebssystem. Auf der anderen Seite diejenigen, die die Spiele machen. Keine
Seite, so hatte ich den Eindruck, wird
in Zukunft einen Teil des Kuchens
abgeben wollen. Blackberry war
interessiert, weil man das iPhone
frontal angreifen wollte. Und dafür
waren Spiele eine wichtige Komponente. Wir wiederum waren relevant,
was Spiele angeht.
Über die Summe sprechen Sie
nicht? Die Rede ist von einem
Betrag um die 100 Millionen.
Die Zahl haben wir nie veröffentlicht,
darüber schweigen wir auch weiter.
Das, was Blackberry 2011 gekauft
hat, war zum einen unsere Technologie, aber vor allem die Relevanz, die
wir mit Scoreloop hatten. Ich hatte am
Ende mit meinem Anteil jedenfalls
viel Spaß (lacht).
Und was haben Sie als frischgebackener Internet-Millionär mit Ihrem
Geld gemacht?
Ich habe ein paar Dinge gemacht, die
ich immer schon machen wollte. Zum
Beispiel habe ich einen italienischen
Supersportwagen gekauft, klein,
schwarz, zweisitzig. Nach einem halben Jahr habe ich ihn wieder hergegeben und bin auf einen Smart umgestiegen, auch klein, schwarz und
zweisitzig. Und so komisch das klingt:
der Smart hat auf seine Art genauso
viel Freude gemacht. Heute fahre ich
die meisten Strecken übrigens mit
dem Fahrrad. Über Geld verfügen zu
können ist angenehm, aber nicht meine Motivation. Ich suche Herausforderungen, ich löse gerne Probleme.
Wenn ich etwas programmiere und die
Menschen nutzen das gerne, dann
freue ich mich wie ein Schnitzel
(lacht).
Ministerpräsident Horst Seehofer
hat in seiner Regierungserklärung
2013 gesagt, er wolle Bayern zur
„Leitregion des digitalen Aufbruchs“
machen und eine neue Gründerkultur im Freistaat entwickeln. Das Ziel ist gut. Und Bayern ist bereits jetzt super aufgestellt. Das wichtigste ist, jetzt möglichst viele Barrieren für Gründer bei uns abzubauen.
Wir haben in Bayern hervorragende
Unternehmen und speziell in München tolle Start-ups. Natürlich vermarktet sich Berlin als Standort für
„VIELE GRÜNDER
LEBEN IM STILLEN
KÄMMERLEIN.
DA MUSS MAN
SIE RAUSHOLEN“
die Gründer sehr gut, die Szene dort
ist wahnsinnig gut vernetzt. Sogar die
Amerikaner nehmen Berlin ausgesprochen stark wahr. In ihrem Ranking landet Berlin zwar nach dem Silicon Valley – aber immer öfter noch
vor New York oder Tel Aviv. Wenn
Bayern nach vorne will, dann muss es
die Vernetzung der Start-up- und Venture-Capital-Szene unterstützen.
Was macht Berlin aus?
Sehen Sie sich das Café „Sankt Oberholz“ in Berlin-Mitte mal an: Da sitzen alle vor ihren Laptops, es gibt Besprechungen, manche haben einen
Beamer dabei, ein richtiger Schmelztopf der Gründerszene. Manche sagen, das „Sankt Oberholz“ sei der
Nullpunkt im Koordinatensystem der
Berliner Start-up-Szene. Zudem bietet
Berlin natürlich günstige Mieten, ist
als Stadt sehr international. Das kann
17
München, kann Bayern natürlich
nicht einfach kopieren. Wir sollten
uns hier auf das konzentrieren, was
wir hier besonders gut können – und
das sind Technologie-getriebene
Start-ups mit Substanz. Viele hier
sind der Meinung, dass München da
unterschätzt ist. Ich übrigens auch.
Was sollte man also machen?
Unkomplizierte, informelle, ungezwungene Veranstaltungen, wo sich
die Szene begegnen, kennenlernen,
gegenseitig befruchten, austauschen,
motivieren kann. „Bits&Pretzels“
etwa ist eine tolle Idee – Gründer, die
sich auf dem Oktoberfest treffen.
Aber es muss deutlich mehr Gelegenheiten vor allem für den spontanten
Austausch geben. Da braucht es auch
kein Menü – Pizza genügt. Viele
Gründer leben im stillen Kämmerlein.
Da muss man sie rausholen. Die Edelsteine gibt es hier zuhauf. Wir müssen
es schaffen, diese Edelsteine, die Industrie und die Universitäten vor allem ungezwungen zusammenzubringen. Formal gibt es diese Kooperationen natürlich. Aber es ist eben alles
sehr formal. Dort steckt unglaublich
viel Potenzial. Vor allem, wenn die
Politik dann auch noch einen Rahmen
schafft, dass diese kleinen Unternehmen gedeihen können.
Sie sagen, die bayerische Chance
seien die Technologie-getriebenen
Start-ups. Das Stichwort lautet:
Internet der Dinge. Nun kann Bayern ja zweifellos Hightech bei den
Dingen, während die Amerikaner
beim Internet vorne liegen. Es gibt
Stimmen, die sagen, das sei unser
Vorteil – weil es für uns einfacher
sei, den Dingen das Internet hinzuzufügen, als für die Amerikaner, zu
ihrem Internet die Dinge erschaffen
zu können.
Ein sehr spannendes Thema. Ich bin
ein großer Europa-, Deutschland- und
Bayern-Fan. Trotzdem sage ich: Lasst
INTERVIEW
uns die Amerikaner nicht unterschätzen. Es ist doch peinlich für uns, was
der Elektroauto-Innovator Tesla da
mit Modell S hingestellt hat – schauen Sie sich mal die Leistungsdaten
und die Reichweite dieses Fahrzeugs
an. Ich kann für mich nur feststellen:
Es wird Zeit, dass die eigentlich hervorragende deutsche Autoindustrie da
endlich liefert. Konkurrenten zu
unterschätzen, ist ein schwerer Fehler
– vor allem bei der Frage, ob die Digitalisierung der Dinge leichter ist oder
das Einführen der Dinge in die Digitalisierung. Viele gegenständliche
Dinge verlagern sich nämlich derzeit
in den digitalen Raum, werden haptisch also bedeutungslos.
es geschafft haben, ihre HightechProdukte richtig zu verpacken. Die
Skandinavier sind gut im Verpacken.
Schauen Sie sich einen Apple-Store
an: Das ist skandinavisches Design,
amerikanisches Design sähe ganz anders aus. Das Verpacken der Technologie ist genauso wichtig wie die
Technologie selbst. Diese Fähigkeit
fehlt uns womöglich – weshalb die
Exits hier noch kleiner ausfallen, als
sie vielleicht müssten. Wir verkaufen
vielleicht auch zu schnell nach Amerika, statt Dinge selbst groß zu machen. Spotify und Skype haben aber
gezeigt, dass es geht. Wir müssen uns
viel mehr darum kümmern, eine
Schleife um unsere Produkte zu ma-
Ein großes Thema für Gründer ist –
Sie haben das ja selbst erlebt und
machen das jetzt auch beruflich –
Venture Capital, also Risikokapital.
Gibt es das in Bayern ausreichend?
Geld ist nicht das knappe Gut. Und es
kommt auch in der Branche an. Es
gibt hier sehr erfahrene und erfolgreiche Venture-Capital-Geber. Gründer,
die ein relevantes Problem entdeckt,
eine tolle Lösung – womöglich eine,
die sogar das Konsumentenverhalten
ändert – dafür gefunden und einen
überzeugenden Businessplan entwickelt haben, finden hier das Geld,
das sie brauchen. Das, was ein Gründer sinnvoll ausgeben kann, machen
die Venture-Capital-Geber hier auch
locker. Eine Gründung scheitert nicht
am Kapital, gewiss nicht.
„WIR SIND NICHT
DAS SILICON
VALLEY – UND
WIR MÜSSEN ES
NICHT SEIN“
Sinngemäß sagt Seehofer, das
nächste Google und das nächste
Facebook müssten aus Bayern
kommen. Realistisch?
Ja klar, warum nicht? Wir haben die
Leute hier, die das können. Aber warum kommen zum Beispiel der digitale Musik-Dienst Spotify oder der
kostenlose Instant-Message-Dienst
Skype aus Skandinavien? Meiner
Meinung nach liegt es daran, dass sie
chen, so, dass die Nutzer weltweit es
verstehen. Dann können wir ganz groß
werden. Ich bin fest davon überzeugt,
dass wir das hinkriegen. Anfangen
und loslegen.
Zum Abschluss: Was können wir
vom Silicon Valley lernen? Was können wir jetzt schon besser? Und was
werden wir nie können?
Wir sind nicht das Silicon Valley –
und wir müssen es nicht sein. Das
Valley kopieren zu wollen, wäre der
falsche Ansatz. Aber vom Valley zu
lernen, ist natürlich richtig. Was wir
lernen können, ist diese unglaubliche
Vernetzung. Die allerdings ist über 40
Jahre gewachsen, weshalb eine „Arbeitsgruppe Vernetzung“ keinen
schnellen Erfolg brächte (lacht). Dazu
müssen schon diejenigen, die in diesem Feld unterwegs sind, aus ihren
Kämmerlein und Studierzimmern her-
18
auskommen, sich treffen und miteinander reden. Lernen können wir auch,
wir haben ja eben darüber gesprochen, die Fähigkeit zur Vermarktung.
Und schließlich gibt es im Silicon
Valley einen fantastischen Pragmatismus statt Formalismus. Dort erkennt man den Mehrwert, der aus
dem Zusammenspiel der Kräfte entsteht. Lernen sollten wir auch, stolz
zu sein: Das Silicon Valley ist extrem
stolz auf das Silicon Valley. Ich denke, wir können in Bayern sehr stolz
auf Bayern sein. Wir haben hier eine
ordentliche unternehmerische Historie. Wir haben es in Bayern ähnlich
wie das Silicon Valley geschafft, den
Fokus vom Agrarstandort hin zum
Technologiestandort weiterzuentwickeln. Dies nicht zuletzt dank des
Anschubs von Franz Josef Strauß und
des Ausbaus durch Edmund Stoiber.
Der Begriff „Technologie“ ist bei uns
jedoch noch stark industriell geprägt.
Im Silicon Valley steht die Prägung
bereits voll im Zeichen der Digitalisierung. Dieser Schritt steht uns in
Bayern mit Leuchtturmwirkung für
ganz Deutschland noch bevor. Und
mit Horst Seehofer haben wir nun einen Ministerpräsidenten, der die
Chance hat, sich diesen Wandel auf
die Fahnen schreiben zu können und
damit Bayern – vielleicht sogar
Deutschland – das notwendige „Update“ für die Zukunft zu geben. Bei
allem Vorsprung, den das Silicon Valley hat: Dort kann man nichts, das wir
nicht auch könnten.
Dr. Marc Gumpinger (41) ist
Partner beim Münchner VentureCapital-Unternehmen Target
Partners. 2011 verkaufte er ein
Software-Unternehmen, das er
2008 zusammen mit zwei Freunden
gegründet hatte, für einen hohen
Millionenbetrag an den amerikanischen Smartphone-Hersteller
Blackberry. STANDPUNKT
Foto: ap fotografie
W
elche Rolle spielen
Banken künftig für
die Realwirtschaft?
Diese Frage stellt
sich heute mehr denn je, wandelt sich
doch das Verhältnis zwischen Banken
und Unternehmen gegenwärtig so
stark wie seit langem nicht mehr.
Auch wenn klassische Produkte wie
der Kredit und das Konto der Anker
vieler Kundenbeziehungen bleiben,
nimmt ihre relative Bedeutung ab.
Neue Wettbewerber drängen in den
Markt, die mit teilweise deutlich veränderten Geschäftsmodellen die
Transformation des Bankgeschäfts ins
digitale Zeitalter vorantreiben.
Bis auf Weiteres bleibt die Mehrheit
der Geschäftsbeziehungen aber eher
noch klassischer Art. Im Euroraum
liegt das Volumen der Bankkredite an
Unternehmen bei 4,3 Billionen Euro.
Zum ersten Mal seit 2012 ist in diesem Segment wieder ein kleines Plus
im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Eine positive Tendenz, die aber
nicht darüber hinwegtäuschen darf,
dass seit der Finanzkrise eine
strukturelle Verschiebung
der Finanzierungsquellen
voll im Gange ist.
So hat sich das Volumen von Unternehmensanleihen im Eurogebiet seit 2008 auf
über eine Billion Euro
ungefähr verdoppelt.
Dieses rasante Wachstum ist nur zum Teil zyklisch bedingt, ein guter Teil ist
struktureller Natur – wie etwa in
Deutschland. Hier ist es zu keiner
Zeit in der Finanz- und Schuldenkrise
zu einer Kreditklemme gekommen.
Der Wunsch vieler Unternehmen, finanzierungsseitig diversifizierter und
weniger abhängig von Banken zu sein,
schlägt sich hier wie auch anderswo
im zunehmenden Finanzierungsanteil
des Kapitalmarkts nieder. Hinzu kommen die starke Nachfrage der Investo-
„Politisch ist die
Schaffung einer
europäischen
Kapitalmarktunion
zu begrüßen“
JÜRGEN FITSCHEN, Co-Vorsitzender des Vorstands
der Deutschen Bank, erwartet fundamentale Änderungen
des Bankenmarktes
ren nach festverzinslichen Unternehmenspapieren und das historisch einmalig niedrige Zinsniveau.
Eine solche Verschiebung zum Kapitalmarkt passiert nicht über
Nacht, sie zieht sich über
Jahre oder Jahrzehnte
hin. Nur: Wer einmal
die Fixkosten einer
Kapitalmarktemission
auf sich genommen
hat, für den sind die
Hürden, eine Anleihe
zu begeben, auf Dauer
niedriger. Politisch ist
daher die Schaffung einer
europäischen Kapitalmarktunion zu begrüßen. Sie kann einen
wichtigen Beitrag leisten, ein widerstandsfähigeres Finanzsystem zu
schaffen und die Finanzierung der
Realwirtschaft auf eine breitere
Grundlage zu stellen.
Banken können in diesem Kontext als
zuverlässiger Intermediär zwischen
Unternehmen und Kapitalmärkten
fungieren. Dabei bieten Banken weitaus mehr Dienstleistungen an als
19
klassische Finanzierungen. Gerade
für die Wirtschaft in Deutschland ist
das von großer Bedeutung: Unternehmen möchten sich gegen Währungsund Zinsschwankungen absichern,
benötigen Expertisen beispielsweise
für Investitionen in Asien oder wünschen eine individuelle Spezialfinanzierung für einen bestimmten Zweck.
Sie wollen beraten werden, weil sie in
neue Märkte und Regionen expandieren oder sich mit einem Konkurrenten
zusammenschließen. All diese über
das klassische Kreditgeschäft hinausgehenden Dienstleistungen werden
zukünftig von entscheidender Bedeutung sein für den Erfolg der traditionellen Banken. Das gilt im Wettbewerb untereinander als auch für die
Branche insgesamt sowie im Verhältnis zu den IT-basierten Fintechs.
Jürgen Fitschen ist seit 2012
Co-Vorsitzender des Vorstands
der Deutschen Bank und seit 2013
Präsident des Bundesverbandes
deutscher Banken. Foto: igor – Fotolia.com
Gefahr aus dem Netz: Für Hacker ist ein Passwort nur das Kratzen an der Oberfläche.
IT-SICHERHEIT
Der Mensch
ist die
Schwachstelle
Eine absolut sichere IT gibt es nicht. Betreiben Hacker nur genügend Aufwand,
kommen sie praktisch immer ans Ziel. Wie gefährdet die IT ist, lässt sich mit einem
Hacker-Angriff auf Bestellung klären
„F
kzpl#72vGf“ – dieses Passwort dürfte ziemlich sicher
sein, könnte man meinen. Immerhin:
Rund 45.000 Jahre bräuchte ein herkömmlicher PC, um es zu knacken, so
ein Test auf der Internet-Seite
www.checkdeinpasswort.de.
Sicheres Passwort – sichere IT? Hacker können über einen solchen Satz
nur lauthals lachen. „Wenn wir nur
genügend Aufwand betreiben, kommen wir immer ans Ziel“, sagt einer,
der davon lebt, fremde IT-Netzwerke
anzugreifen, regelrecht in sie einzubrechen. „Ziel“, das ist das Innerste
eines Unternehmens: Kundendaten,
die Payroll der Mitarbeiter, der Zugriff auf Produktions-Leitstände und
ganze Fertigungsstraßen.
Mit technologischer Finesse, der Kreativität eines versierten Bastlers, der
analytischen Akribie eines umsichtigen Forensikers und bisweilen auch
einer gehörigen Portion psychologi-
schen Fingerspitzengefühls dringen
Hacker in Ebenen der IT vor, die sich
den Kenntnissen einfacher Mitarbeiter und oft sogar der IT-Experten eines Unternehmens entziehen. Ein
Passwort ist für Hacker nur das Kratzen an der Oberfläche, es knacken zu
wollen, würde bisweilen nur aufhalten
– Hacker setzten stattdessen viel tiefer an, subtil und technologisch. Wie
sonst ließe sich erklären, dass selbst
IT-Leuchttürme wie Apple und die
Telekom, Facebook und Twitter, Sony
und Microsoft Opfer erfolgreicher
Cyber-Angriffe wurden?
Dabei sind beileibe nicht nur die großen Unternehmen und Konzerne davon betroffen. Vor allem der Mittelstand wird derzeit digital regelrecht in
die Zange genommen: Während ITNetzwerke bei Kommunikation und
Datenverarbeitung ohnehin aus praktisch keinem Unternehmen mehr wegzudenken sind, geht neuerdings von
21
der zunehmenden Digitalisierung,
vom Internet der Dinge, von Industrie
4.0 und Themen wie Big Data zusätzlicher Wettbewerbsdruck aus – wer
auch in Zukunft auf dem (Welt-)Markt
eine Rolle spielen will, muss sich immer weiter ins Netz wagen. Doch ausgerechnet von dort häufen sich die
Angriffe.
Im besten Fall sind es Hobby-Hacker,
angezogen von der Herausforderung,
in ein gesichertes System einzudringen, und ohne Absicht, Schaden anzurichten. Doch sie sind eher die
Ausnahme. Schlimmer wird es, wenn
es um vorsätzliche Sabotage geht, um
Wirtschaftsspionage oder wenn sogar
Geheimdienste am Werk sind.
Alleine auf das bayerische Behördennetz finden jedes Jahr 40.000 Angriffe aus dem Netz statt, berichtet der
für das Thema zuständige Heimatund Finanzminister Markus Söder –
die meisten automatisiert, viele aber
IT-SICHERHEIT
auch sehr konkret. Eine eigene Abwehreinheit ist rund um die Uhr damit beschäftigt, Angriffe zu erkennen
und sofort Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Kaum anders ergeht es den
Unternehmen – geradezu erschreckend sind deshalb die Zahlen, die
der Branchenverband Bitkom dazu
vorgelegt hat: Jedes zweite Unternehmen in Deutschland wurde demnach
in den vergangenen zwei Jahren Opfer
von digitaler Wirtschaftsspionage, von
Sabotage oder Datendiebstahl. Der
Schaden: Rund 51 Milliarden Euro im
Jahr. Vor allem der Mittelstand sei mit
61 Prozent am stärksten betroffen –
und müsse beim Thema Sicherheit
nachlegen.
„Großkonzerne sind für dieses Thema sensibilisiert“, sagt Winfried Holz.
Er ist Deutschland-Geschäftsführer
von Atos, einem weltweit agierenden
Unternehmen für IT-Lösungen und
-Dienstleistungen mit 93.000 Mitarbeitern und 11 Milliarden Euro Umsatz, zu dem heute auch die frühere
Siemens-Sparte Siemens IT Solutions
and Services gehört. „Im Mittelstand
allerdings“, so Holz, „gibt es noch
eine große Unbedachtheit beim Thema IT-Sicherheit.“ Zu 95 Prozent
könne sich ein Unternehmen heute
mit einem überschaubaren Budget gegen Standard-Angriffe aus dem Netz
schützen, „aber wenn professionelle
Wirtschaftsspionage ins Spiel kommt
oder Geheimdienste…“ Holz macht
eine kurze Pause. „Viele unserer
Kunden sind nicht vorbereitet.“
offen ist da keine Kategorie. Bangen eher. Zumal Experten berichten, dass in manchen
Fällen bis zu 200 Tage
vergehen können, bis Unternehmen
überhaupt erkennen, dass sie angegriffen wurden.
Hilfreich, um die Wirksamkeit der eigenen Sicherheitsvorkehrungen einschätzen zu können, ist ein simulierter
Angriff. Sogenannte „Ethical Hacker“,
H
hoch ausgebildete Experten, versuchen im Auftrag des Unternehmens,
den Schutz der IT zu überlisten. „Penetration Test“ nennt sich das Verfahren, oft erweitert um ein „Social Engineering“. Rund 2.000 der Atos-Mitarbeiter sind weltweit im Einsatz, um
mit ihren Kunden das zu machen, was
sonst die Hacker machen.
eführt wird der Bereich
in Deutschland von
Herbert Blaauw. „Nehmen wir mal einen
Mittelständler, der überhaupt nicht weiß, wo er verwundbar
ist und wo seine Schwachstellen sind.
Dann würden wir versuchen, ihn möglichst breit anzugreifen“, erklärt er. In
einem ersten Schritt gelte es, von extern die Systeme des Kunden zu finden – indem man sich über dessen eigenen Internetauftritt sagen lässt, wo
er seine Standorte hat, seine Onlinesysteme, den Webserver, und über die
IP-Adresse, wo der Internetzugang
des Unternehmens ist. Den würde
man dann genauer in Augenschein
nehmen. „Dann würden wir versuchen, genau diesen Internetzugang
anzugreifen. Zunächst, indem wir in
die demilitarisierte Zone des Kunden
eindringen, und von dort aus gelingt
es uns in der Regel auch, in das interne Netz des Kunden einzudringen.
Damit hätten wir auch die Firewall
überwunden.“ Freilich gäbe es Kunden, die richtig gut abgesichert seien
und bei denen das – mit einem vertretbaren Aufwand – nicht gelinge.
„Dann stoppen wir an dieser Stelle“,
so Blaauw. „Dann ist es aber immer
eine gute Idee, Außenstellen des
Unternehmens anzugreifen.“ Oft sei
das Headquarter gut geschützt – anders als die Außenstellen. „Dann
kommen wir eben über Außenstellen
in das Netz des Headquarters.“
Dass man in aller Regel erfolgreich
sei, bestätigt auch Markus Pölloth von
der HvS-Consulting AG, die seit 2002
zahlreiche mittelständische Unterneh-
G
22
men und DAX-Konzerne im Bereich
Informationssicherheit berät. Zu den
Kernkompetenzen des Unternehmens
zählen Prävention von Industriespionage und Mitarbeitersensibilisierung.
Über 100 Penetrationstests und Assessments führen die HvS-Sicherheitsspezialisten pro Jahr durch – und
unterstützen im Falle akuter Cyberattacken mit Abwehrmaßnahmen und
forensischen Analysen. Wie leicht es
bisweilen ist, die IT-Sicherheitsmaßnahmen eines Unternehmens auszuhebeln, weiß Pölloth aus eigener Anschauung: „Wir hatten nach einem
Tag Vollzugriff auf den Domain-Controller des Unternehmens – obwohl
wir ursprünglich nur über die öffentlichen IP-Adressen verfügten. Wir
hatten das Unternehmen sozusagen
unter Kontrolle.“
b Hacker die Gelegenheit, die sich ihnen bietet, auch nutzen, ist eine
andere Frage – aber
gleichwohl auch zweitrangig: „Jeder Hacker ist ein Risiko.
Selbst wenn er keine Daten abgreift
oder Schaden anrichtet, bedeutet ein
erfolgreicher Angriff anschließend
Arbeit – denn es besteht immer die
Gefahr, dass er sich in den Codes
irgendwo eine Hintertüre geschaffen
hat, über die er beliebig ein weiteres
Mal eindringen kann. Die Bandbreite
ist groß: Vom Hacker, der erfolgreich
in das System eindringt, aber dann
gar nicht weiß, was er dort eigentlich
anstellen soll, bis zur Ebene der Wirtschaftsspionage oder den Geheimdiensten, die kaum noch Spuren des
Angriffs hinterlassen – wo man nur
noch forensisch anhand von ein paar
Puzzle-Teilen sieht, dass ein Angriff
überhaupt stattgefunden hat“, so
Pölloth.
Doch nicht nur die Technik liegt im
Fadenkreuz der „Ethical Hacker“ –
nicht selten sind es auch die Mitarbeiter: „Es ist oft erschreckend, wie
wenig sorgfältig innerhalb von Unter-
O
IT-SICHERHEIT
Foto: Andrey Popov – Fotolia.com
nehmen mit sensitiWenn wir aber den
ven Informationen
Innentäter simulieumgegangen wird.
ren und es uns geEtwa, wenn Mitarlingt, auf das
beiter Dateien, InWerksgelände des
formationen, die
Kunden zu kommen
technisch geschützt
oder in ein Büro,
werden, irgendwo
dann wäre es fast
noch mal separat
immer möglich, groauf ihrem PC abge- Spezialisten müssten rund um die Uhr Angriffe erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen. ße Schäden anzulegt haben, womögrichten.“ Sein Resülich auf einem Netzlaufwerk mit einer
mee: „Die Schwachstelle ist der
„Sehr hoch“, sagt Blaauw. „SchwachZugriffs-Freigabe für alle. Das ist
Mensch. Er ist das schwächste Glied
stellen finden wir immer“, bei einem
auch das Erste, wonach wir bei einem
in der Kette der Sicherheit.“ Nach
Penetrationstest in aller Regel bereits
Angriff suchen: Wo werden uns relezehn bis 20 Versuchen sei man in der
nach rund zwei Tagen. „Es ist unvante Informationen sozusagen auf ei- schön, wenn es uns gelingt, KundenRegel erfolgreich.
nem Silbertablett präsentiert, die wir
daten abzuziehen oder die Payroll der
tos-Deutschland-Chef
nur noch einsammeln müssen? AnMitarbeiter“, so Blaauw. „Richtig kriHolz weiß: „Fast 100
statt uns umständlich in Systeme zu
tisch“ werde es, wenn man sich von
Prozent der tatsächhacken“, so Pölloth.
der IT wegbewege „und wir plötzlich
lichen Sicherheitsfälle
eshalb testen die „Ethiin der Lage sind, Fertigungsstraßen
wurden durch Mitarbeical-Hacker“, wenn ihre
zu beeinflussen, einzelne Produkter verursacht. Der Mensch ist das RiKunden es wünschen,
tionssysteme zu kompromittieren und
siko Nummer 1 – Betrug, Unachtsamauch die Social-Enginee- Leitstände zu manipulieren. Das hakeit, Fahrlässigkeit.“ Üblicherweise
ring-Komponente. Wie
ben wir alles schon gesehen. Und die- flössen 80 Prozent der IT-Ressourcen
man dabei vorgeht, erklärt Blaauw
se Angriffe sind oft viel leichter
in den Schutz des Systems, 15 Prozent
von Atos: „Wir legen präparierte
durchzuführen, weil die Systeme wein das Erkennen von Angriffen und
USB-Sticks aus, die die Mitarbeiter
niger abgesichert sind.“ Blaauw:
fünf Prozent in die Aufarbeitung von
vor dem Werkstor finden und in ihren
„Wenn wir genügend Aufwand betreiAngriffen. „Wir empfehlen stattdesPC stecken. Oder wir schicken finben, würden wir in den allermeisten
sen einen Drittelmix: Ein Drittel in
gierte E-Mails an die Mitarbeiter dieFällen zum Ziel kommen.“ Dabei gelden Schutz, ein Drittel in das Erkenses Unternehmens, und bitten, einen
te es oft, ein ausgewogenes Verhältnis
nen von Angriffen und ein Drittel für
den Schadensfall.“ Notwendig sei für
Anhang zu öffnen, auf einen Link zu
zu bedenken: Wie viel Zeit hat der
die Unternehmen, Angriffe und Schäklicken oder Dinge zu tun, die es uns
Kunde in Auftrag gegeben? Stellt er
ermöglichen, einen Trojaner in das
sich auf einen einfachen Hackeranden in Echtzeit zu erkennen – und abNetzwerk des Kunden einzuspeisen.
griff ein, der beendet ist, wenn man
zuwehren. „Es kann schnell zu spät
Mithilfe dieses Trojaners bekommen
nicht schnell ans Ziel kommt? Oder
sein“, so Holz. Den Kunden helfe
man nach der Schwachstellenanalyse,
wir direkten Zugang zum Netzwerk
hat man es mit Wirtschaftsspionage
also den fingierten Angriffen, bessere
des Kunden und könnten von dort aus und Geheimdiensten zu tun, denen
Sicherheitskonzepte zu implementieweiter angreifen.“ Oder man versuenorme Möglichkeiten zur Verfügung
ren. Naheliegend, dass er empfiehlt,
che, die physische Zugangskontrolle
stehen? Und wie massiv soll der Aneines Unternehmens zu überwinden,
griff erfolgen? Heimlich und damit
sich für das ganze Thema externe
begebe sich also direkt auf das
meist unbemerkt – was dem UnterUnterstützung zu holen – in seiner
Werksgelände des Unternehmens und
nehmen die Möglichkeit zur Gegenre- Einschätzung ist er resolut: „Viele
suche sich einen internen Netzwerkaktion nehme? Oder brutal, um
Mittelständler sind der Meinung, es
anschluss. „Es sind ganz, ganz viele
schneller zum Ziel zu kommen, als
reicht, wenn sie sich selbst um das
unterschiedliche Wege, die uns ans
das Unternehmen reagieren kann?
Thema kümmern. Nach dem Motto:
Ziel führen.“ Es gehe beim Social-En- Freilich, räumt Blaauw ein, finde man Was sie nicht selbst machen, haben
gineering also darum, „die Schwach„nicht immer Schwachstellen, die es
sie nicht im Griff. Der Mittelstand
stelle Mensch zu testen“, so Blaauw.
uns ermöglichen würden, wirklich
kann das aber in vielen Fällen nicht
Und wie hoch sind die Erfolgsquoten? sehr große Schäden anzurichten.
selber. Punkt.“ A
D
23
Foto: Igor Mojzes – Fotolia.com
FORTBILDUNG
Fit für
tausendundeine
Nacht
Mit der interkulturellen Kompetenz ist das oft so eine Sache: Das As-Salam’alaykum
kommt jedem Karl-May-Leser forsch über die Lippen. Die Begrüßung ist gut gemeint,
kann aber bereits ein Fehler sein. So begegnen sich Muslime untereinander.
Aber Grüß Gott ist ja wohl auch nicht passend?
F
rauen dürfen nicht Auto
fahren. Sie sind verschleiert. Alkohol ist verboten. – Die allgemeinen
Vorstellungen, die das
Bild von der arabischen Welt prägen,
nimmt möglicherweise auch der Aufgeschlossenste mit auf die Geschäftsreise in die Golfstaaten. Dabei liegen
wesentliche Unterschiede oft in anderen – nach westlichen Schemen unwichtig erscheinenden – Details.
Auch dem kompetentesten Techniker,
dem versiertesten Ver- und dem
geschicktesten Einkäufer fehlt dafür
unter Umständen das Gespür. Außer-
dem: Was in Saudi-Arabien gilt, mag
im persischen Iran falsch sein. Die
Verhandlung in einem offenbar unkomplizierten Geschäft gerät dann ins
Stocken und weder die eine noch die
andere Seite kann sich erklären warum.
Ulrike Trapp fällt auf. Die große Frau
mit blonden Haaren ist meist hell, oft
farbig gekleidet und sticht heraus
aus den Bildern in Gesellschaft von
grau oder dunkelblau gekleideten
Männern. Seit 15 Jahren reist sie
einmal monatlich an den persischen
Golf. „Ich habe mich dort als Frau
noch nie diskriminiert oder irgend-
25
wie unwohl gefühlt“, sagt Ulrike
Trapp, die in Amerika aufgewachsen
ist und seit Jahrzehnten in Nürnberg
lebt, wo sie eine Unternehmensberatung leitet. Die diplomierte Betriebswirtin ist unter anderem EUBotschafterin für das „Europäische
Netzwerk für Botschafterinnen des
Unternehmertums“. Zusammen mit
dem Bildungswerk der Bayerischen
Wirtschaft (bbw) gGmbH und den
Beruflichen Fortbildungszentren der
Bayerischen Wirtschaft (bfz) gGmbH
führt Trapp am Standort Nürnberg
Schulungen für „Orient Manager“
durch.
FORTBILDUNG
glaubte, er könnte in einem straffen
Zeitfenster in Richtung Vertragsabschluss galoppieren und wird skeptisch. Was wollen die noch? Die Ungeduld ist kaum zu kaschieren. Das
Gegenüber spürt, dass etwas nicht
passt. Skepsis hängt in der Luft. Die
Stimmung kippt. Und auf einmal
stocken die Verhandlungen und
keiner weiß warum.
iele Fettnäpfchen oder
Fallstricke lassen sich
mit ein paar Vorkenntnissen umgehen. Den
einen klassischen Fehler kennt Ulrike Trapp nicht. Das
Schlimmste allerdings sei – und das
nicht nur im Orient – arrogantes Auftreten. Auf Überheblichkeit reagieren
die Partner am persischen Golf leicht
allergisch. Und wer meint, er könnte
unzuverlässig sein, weil andere es mit
V
dieser als typisch deutsch geltenden
Tugend angeblich nicht so genau nehmen, der wird sich schwertun.
ie Kleiderordnung ist ein
unvermeidliches Thema,
wenn im Westen über
Nahost und die Golfstaaten gesprochen wird.
„Die Bedeutung wird überbewertet“,
meint Ulrike Trapp. Wie überall auf
der Welt gehört angemessene Kleidung zum Business. „In Deutschland
gehen Sie ja auch nicht im Bikini ins
Büro.“ Ein Schal gehöre ohnehin zum
Outfit und das habe einfach praktische Gründe, schützt er doch vor Sonne und vor Staub. „Bei 40 Grad in der
Wüste legen Sie gerne ein Tuch über
den Kopf.“
Auch von der Stellung der Frau im
Orient herrsche im Westen ein komplett falsches Bild: „Das geht an den
D
Foto: Frédéric Prochasson – Fotolia.com
Das Schwierigste im Geschäft mit
Unternehmern am persischen Golf ist
laut Trapp die grundsätzlich verschiedene Auffassung von Handel und Geschäftemachen. Während deutsche
Manager meist schnell auf den Punkt
kommen, würden die Partner im
Orient lieber die Verhandlungen ausdehnen und sich nochmals intensiv
austauschen. Ein Produkt ist nicht
nur ein Produkt. Ein Geschäft mehr
als ein Geschäft. Eine Partnerschaft
natürlich auch. Vorzüge müssen gepriesen, gegenseitige Achtung und
Respekt immer wieder betont werden.
Es mag ein bisschen sein wie in den
Märchen von tausendundeiner Nacht.
Ausführlich wollen Geschäftspartner
im Orient über die Vorteile des Käufers und des Verkäufers fabulieren.
Und der Europäer sitzt währenddessen möglicherweise auf Kohlen. Er
26
A
Tradition und
Moderne: Die
Skyline von
Abu Dhabi
(Seite 26) und
die klassische
Teezeremonie
spiegeln die
Unterschiede
wider.
Foto: saschanti – Fotolia.com
Realitäten vorbei. Die unterdrückte
Frau konnte ich in den letzten 15 Jahren nicht entdecken,“ so Trapp. Im
Gegenteil: Frauen halten im Hintergrund oft nicht nur die Fäden zusammen, sie sitzen häufig mit am Verhandlungstisch. „Ich habe nirgends so
viele Managerinnen getroffen wie im
Iran.“ Frauen werden dort sehr gut
ausgebildet und tragen unter anderem
in Ölfirmen im Iran oft auch Verantwortung etwa als Abteilungsdirektorinnen. In den arabischen Golfstaaten
gebe es zudem viele Informationstechnikerinnen, was damit zusammenhängt, dass Entwicklungsministerin Sheika Lubna selbst Informatikerin ist. Die Vorzüge, die die
Digitalisierung im Berufsleben für das
Familienleben hat, hätte man am Golf
früher erkannt als in Europa.
uf keinen Fall sollte
jemand die Fühler in
den Orient ausstrecken,
der glaubt, Angehörige
der dort vorherrschenden Weltreligion seien potenzielle
Terroristen. Solche Ressentiments
stehen dem Aufbau einer ordentlichen Geschäftsbeziehung im Weg.
„Wer ein ungutes Gefühl hat und nur
um des zusätzlichen Geschäftes
willen Kontakte anstrebt, der sollte es
lieber bleiben lassen“, rät Trapp. Jemand, der keinen Respekt mitbringt,
fliegt schnell auf und meist raus aus
einem Geschäft. Unternehmen der
Golfstaaten seien laut Trapp meist am
Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen interessiert. Sie schätzen die
deutschen Tugenden und erwarten
selbstverständlich, dass Vereinbarungen eingehalten werden.
Verstärkt begleitet Ulrike Trapp seit
zehn Jahren auch Geschäfte in den
Iran, wo die Voraussetzungen zwar
orientalisch geprägt, aber doch wieder
ganz anders seien. Immer gelte es, die
Menschen nicht zu enttäuschen. Was
ausgemacht ist, gilt auch dann, wenn
es nicht im Vertrag steht. Und die
deutsche Pünktlichkeit werde nicht
nur geschätzt, sondern unter anderem
bei Lieferungen auch erwartet.
Etwas Besonderes in fast allen Golfstaaten sei die Aufgeschlossenheit
gegenüber neuen Techniken. „Araber
sind viel offener für Neues.“ Das betreffe Gesundheit, Umwelt und Energie. Es mag Deutsche überraschen,
aber in den durch Erdöl reich gewordenen Ländern gibt es mit Masdar die
erste „CO2-freie“ Stadt der Welt, die
mit internationalen Partnern weltweit
neue Maßstäbe entwickelt.
Der Erfolg deutscher Unternehmen im
Ausland scheitere laut bbw-Produktmanagerin Elke Wailand oft nicht am
guten Willen, sondern an den Be-
27
sonderheiten der wirtschaftlichen und
kulturellen Umstände in der jeweiligen Region. Trotz guter Produkte, gutem Marketing und fair kalkulierten
Preisen bringt die Zusammenarbeit
mit internationalen Partnern und
Kunden häufig unerwartete Schwierigkeiten.
s gibt auch einfache Dinge, die Brücken schlagen:
Das Thema Fußball etwa
kann ein steifes Geschäftsessen, das sich in
die Länge zieht, weil keiner einen
Fehler machen will, in eine unterhaltsame Begegnung verwandeln. Der
Sport kann jedoch nicht alle Knoten
lösen. E
Fotos: STOCK4press
Von Niederbayern aus gehen Eterna-Hemden
in 40 Exportländer. Geschäftsführender
Gesellschafter Henning Gerbaulet setzt auf ein
neues Siegel, das die Produktionskette offenlegt.
PORTRÄT
Vom steifen Kragen
zum Good Shirt
Ein niederbayerischer Hemden- und Blusenhersteller behauptet sich seit 152 Jahren
in der Textilbranche – Eterna punktet mit Nachhaltigkeit und setzt zudem auf Transparenz
bei der Herstellung
M
arianne Öller steht
zwischen schwebenden Transportkörben, beweglichen
Regalen aus Metallgitter, die von der
Decke hängend durch das Logistikzentrum des Hemdenherstellers
Eterna fahren. Sie nimmt ein verpacktes Hemd aus einem Transportkorb
und fingert das Etikett aus der
Plastikhülle. „Da steht alles drauf“,
erklärt die Prokuristin für Produktion
und Logistik. Nummern, Buchstaben,
Strichcode – Insider wissen, was alles
dahintersteckt: Die EDV-gesteuerte
Anlage ist das Herzstück. Effektive
Just-in-Time-Prozesse müssen Mehrkosten mit ausgleichen, die sich das
Unternehmen leistet, wenn es grundsätzlich nur in Europa produziert.
Eine wichtige Voraussetzung dafür,
dass sich Eterna als Textilunternehmen Nachhaltigkeit auf die Fahnen
schreibt, sämtliche Herstellungsschritte nachprüfbar macht und verspricht: „We care for people and
nature.“
Das Etikett ist das Navi. Noch bevor
ein Hemd zugeschnitten ist, habe es
laut Marianne Öller in der Zentrale
seinen reservierten Platz im Lager –
in einer der 21 Regalreihen auf rund
30.000 Quadratmetern. Der Weg des
Produkts ist vorgegeben, damit die
komplexe Warenwirtschaft mit möglichst wenig Aufwand funktioniert.
NOS – „Never Out of Stock“ – Der
Hemdenhersteller hat seine Klassiker
immer auf Lager. Und „der Klassiker“
ist das Hemd in mehr als 200 Varianten in 13 verschiedenen Größen. Auf
Vorrat liegen hier bis zu 400.000
29
Hemden und 100.000 Blusen. Die
Logistik ist darauf abgestimmt, dass
ein bestelltes Produkt Kunden in
Deutschland innerhalb von 24 Stunden und im restlichen Europa innerhalb von 48 Stunden erreicht.
Die Zentrale in Passau mit ihren rund
200 Mitarbeitern ist gleichzeitig Umschlagplatz. Die europäischen Stofflieferanten bestücken Eterna im Jahr
mit 6,6 Millionen Metern Stoff, die
die Lastwagen zum Großteil nach
Banovce in der Slowakei bringen, wo
Eterna eine eigene Produktionsstätte
mit 750 Mitarbeitern betreibt. „Kein
Lastwagen verlässt das Lager leer“,
sagt Marianne Öller und es klingt wie
ein Befehl. Der disziplinierte Ablauf
könne nicht hoch genug geschätzt
werden. „Wir arbeiten mit Liebe
zum Detail und gehen mit unserem
NOS – „Never Out of Stock“: Im Logistikzentrum sorgt eine ausgefeilte EDV dafür, dass Klassiker immer auf Lager sind.
Eterna hat rund 500.000 Hemden und Blusen „auf Vorrat“.
Material sorgsam um.“ Die Kartons
landen nicht im Schredder, sie werden sorgfältig behandelt, zusammengelegt, zurückgeschickt und erneut
verwendet – bis zu drei Jahre lang.
Auch die Rollen, von denen der Stoff
heruntergewickelt wurde, machen
mehr als einmal ihren Job.
ir rechnen damit,
dass der Umsatz in
2015 bei knapp
100 Millionen
Euro und damit
über dem Vorjahr liegen wird,“ so der
geschäftsführende Gesellschafter,
Henning Gerbaulet. Die meisten der
jährlich rund 4,5 Millionen Teile –
neben Hemden und Blusen gehören
dazu passende Krawatten – gehen auf
den deutschen Markt zu 5.000 Fachhändlern und in 50 eigene Stores.
Etwa 28,5 Prozent der Ware werden
in 40 Länder exportiert. Pro Kopf gerechnet würden die meisten Hemden
in Dänemark verkauft. Gerbaulet
„W
spricht von einem soliden Wachstum,
das das Unternehmen in den letzten
Jahren verzeichnen konnte. Trotz der
Krisen in Europa und trotz des Umsatzeinbruchs durch die nachlassende Kaufkraft in Russland. Die Russen nämlich würden deutsche Marken lieben und Hemden aus Bayern
hätten dort eine durchaus erfolgversprechende Zukunft. Umsatzbringer
sind übrigens überall Herren mit den
Größen 41 und 42. Ein Hemd geht im
Schnitt für rund 50 Euro über den
Ladentisch.
Zuwachsraten verzeichnet Eterna derzeit im Online-Geschäft. Der digitale
Shop erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Zudem gibt es CustomMade-Hemden. Der Kunde kann
Stoff, Farbe, Kragenform und einzelne
Maße wie Ärmellänge, Kragenweite,
Obergröße selbst kombinieren.
Und wenn einmal ein Hemd gepasst
hat, kann der Kunde es jederzeit und
überall wiederbestellen. Deshalb wohl
30
hält sich bei Eterna die Retourenquote mit zehn bis zwölf Prozent in
Grenzen, von denen die großen Portale nur träumen können.
it seiner Philosophie
konnte sich das
niederbayerische
Unternehmen in der
schwierigen Textilbranche gut behaupten und kann
mittlerweile auf eine 152 Jahre lange
Erfahrung zurückgreifen. Es begann
mit den steifen Kragen, die damals
lose waren und an das Hemd geknöpft
werden mussten. Die Gebrüder
Hönigsberg hatten in ihrer Wiener
Wäschefabrik einen Kragen aus Doppelstoff entwickelt und patentieren
lassen. Er saß um einiges lockerer als
seine Vorgänger. Für die Produktion
eröffneten die Österreicher 1927 eine
Niederlassung in der Grenzstadt rund
280 Kilometer donauaufwärts.
Tragekomfort prägt die Marke bis
heute. Der Kunde soll sich so wohl
M
PORTRÄT
wie möglich fühlen. Damit nichts
zwickt oder spannt, gibt es jedes
Hemd in zahlreichen Varianten. Besonders beliebt gemacht hat sich das
Hemd mit einer anderen zur Bequemlichkeit beitragenden Eigenschaft: Es
ist meist bügelfrei.
Seit neustem wirbt Eterna zudem mit
dem Prädikat „Good Shirt“ dafür,
transparent zu sein – und das hat
nichts mit der durchsichtigen Beschaffenheit des Stoffes zu tun. Mit
Transparenz wirbt der Hemdenfabrikant für die Produktionskette seiner
Textilien. Das Hemd besitzt neben allen anderen Nummern, die es für seine Identifizierung und seinen Lebensweg braucht, einen Code, mit dem der
Kunde nachvollziehen kann, wie es
entstanden ist, also: Wer webt den
Stoff? Wer färbt ihn ein? Wer macht
die Knöpfe und wer den Schnitt?
„Nachhaltigkeit ist uns eine Herzensangelegenheit“, betont Gerbaulet, der
natürlich weiß, dass viele das Good
Shirt für eine Marketing-Aktion halten. Doch: „Wir haben das nicht aus
Not heraus getan oder nach einem bestimmten Skandal. Eterna sei seit
mehr als 15 Jahren mit dem höchsten
Oekotex-Standard zertifiziert. Das
Good-Shirt-Siegel sei nur die konsequente Weiterentwicklung der Firmenphilosophie. Gerbaulet: „Es war
nicht einfach, die Lieferanten darauf
einzuschwören. Aber jetzt sind sie
stolz darauf.“ Und jetzt hielt Eterna
den Zeitpunkt für gekommen, das positive Engagement zu kommunizieren.
„Es wäre fatal, wenn man Gutes tut
Im Lager wird zwischen Hänge- und Liegeware unterschieden.
Wie ein Navi lotst das Etikett jedes Produkt an den Platz, des es schon beim
ersten Herstellungsschritt zugewiesen bekommt. Nachhaltigkeit wird großgeschrieben. Jede Kartonrolle etwa wird aufbewahrt und wiederverwendet.
und als Verkäufer nicht darüber
spricht“, sagt Gerbaulet.
Anderseits sei die Nachvollziehbarkeit der Herstellung natürlich ein Luxus, den sich das Unternehmen leiste.
Denn: Anders als bei Lebensmitteln,
wo der Kunde etwa für „Bio“ gerne etwas mehr bezahlt, wird Nachhaltigkeit
in der Textilbranche nicht gleichermaßen honoriert. Der Verbraucher ist
noch nicht bereit, für ethisch einwandfreie Ware einen höheren Preis
zu zahlen. „Wir hoffen, dass unser
Engagement Nachahmer findet – und
dass der Kunde es wertschätzt.“ Die
Mehrkosten muss Eterna durch mehr
Umsatz wieder reinholen – und unter
anderem durch effektive Lagerhaltung
und Logistik. SZENE
Automobil: Auch
autonom die Nummer 1
1
„Das vollautomatisierte und autonome Fahren wird
kommen. Wir wollen, dass die Entwicklung und
Umsetzung bei uns als technologieführendem Automobilstandort stattfindet“, sagte vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt auf dem Kongress „Automatisiertes Fahren – Rechtsrahmen und Haftungsfragen“.
Der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft rechnet
damit, dass Ende der 2020er Jahre die höchste Automatisierungsstufe beim Autofahren erreicht sein wird.
3
2
1 Professor Dr. Paul Schrader (v. l.), Rechtswissenschaftliche
Fakultät der Universität Augsburg, Dr. Frank Försterling, Head
of Advanced Development & Innovations, Continental Automotive
GmbH, Staatsminister Professor Dr. Winfried Bausback, Martin
Wehner, Fachbereichsleiter Privat-Kraft-Betrieb, Allianz Versicherungs-AG, Professor Dr.-Ing. Uwe Clausen, Institutsleiter des
Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik, Vorsitzender
Fraunhofer-Allianz Verkehr, Bertram Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer.
2 Bertram Brossardt.
3 Staatsminister Professor Dr. Winfried Bausback.
4 Professor Dr.-Ing. Uwe Clausen (v. l.), Dr. Frank Försterling,
Stefan Albat, Staatsminister Professor Dr. Winfried Bausback,
Martin Wehner, Professor Dr. Paul Schrader, Dr. Marc Beise,
Süddeutsche Zeitung.
4
1
„Smart Energy“-Markt
hat große Zukunft
Der Beitrag intelligenter technischer Lösungen für den
Gebäudesektor zur Steigerung der Energieeffizienz und
zum Klimaschutz stand im Mittelpunkt des gemeinsamen
Kongresses der vbw und der „Stiftung 2°“. Die bayerische Wirtschaft stehe zum Zwei-Grad-Ziel, meinte vbw
Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt zu den Ergebnissen der UN-Klimakonferenz in Paris. Allerdings sei
es noch ein weiter Weg zu weltweiter Klimagerechtigkeit.
Um die in Deutschland gesteckten Energie- und Klimaziele zu erreichen, müssten die enormen Effizienzpotenziale im Gebäudebestand dringend gehoben werden. Die
vbw fordere dazu bereits seit Jahren die Einführung der
steuerlichen Förderung. Der „Smart Energy“-Markt habe
großes Wachstumspotenzial, betonte Brossardt.
1 Bertram Brossardt (v. l.), vbw Hauptgeschäftsführer, Gunther
Gamst, Geschäftsleiter, DAIKIN Airconditioning Germany GmbH,
Dr. Karsten Ottenberg, Vorsitzender der Geschäftsführung, BSH
Hausgeräte GmbH, Sabine Nallinger, Vorständin der „Stiftung 2°“,
Andreas Kröhling, Dr. Bernhard Schwab.
2 Andreas Kröhling, Group Corporate Responsibility, Deutsche
Telekom AG.
3 Dr. Bernhard Schwab, Amtschef, Bayerisches Staatsministerium
für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie.
4 Andrea Klepsch, Gunther Gamst und Sabine Nallinger.
5 Eckhard Dittrich, Vizepräsident, Verband Freier Berufe in
Bayern e. V.
2
3
4
5
SZENE
Vorzüge unserer
Marktwirtschaft
1
Die Hanns-Seidel-Stiftung und die vbw haben ihre
Kooperationsveranstaltungen unter dem Titel „Freiheit sichern – Verantwortung zeigen“ fortgesetzt.
Diesmal stand der Themenkomplex „Marktwirtschaft
und Ethik“ im Mittelpunkt. Diskutiert wurde unter
anderem über den ethischen Wert der Sozialen
Marktwirtschaft und über die Frage, ob eine Rückbesinnung auf die Grundprinzipien der Sozialen
Marktwirtschaft notwendig ist.
2
1 Sven Afhüppe (v. l.), Moderator, Chefredakteur Handelsblatt,
Christian Johannes Tipecska, Geschäftsführer, Tipecska Maschinenbau GmbH, Alois Glück, Landtagspräsident a. D., Professor Dr.
rer. pol. Dr. phil. Johannes Wallacher, Präsident, Hochschule
für Philosophie München, Professor Ursula Männle, Vorsitzende,
Hanns-Seidel-Stiftung, Bertram Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer.
2 Christian Johannes Tipecska, Geschäftsführer, Tipecska
Maschinenbau GmbH.
3 Professor Dr. rer. pol. Dr. phil. Johannes Wallacher,
Präsident, Hochschule für Philosophie München.
4 Professor Ursula Männle, Vorsitzende, Hanns-Seidel-Stiftung,
Sigmund Gottlieb, Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens.
5 Professor Dr. Fritz Wickenhäuser (v. l.), Alois Glück,
Rolf Herwig, Guntram Kraus.
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5
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Eine Daueraufgabe
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3
Fotos: vbw
4
Knapp 80 Gäste diskutierten im Haus der Bayerischen
Wirtschaft in München über Vor- und Nachteile sowie
Chancen und Risiken des Industriestandorts Bayern.
vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt stellte die
Bedeutung der Industrie als Wachstumsmotor für die gesamte Volkswirtschaft heraus. Die bayerische Industrie
sei stark und gut positioniert. Er betonte jedoch, dass die
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Bayern
eine Daueraufgabe sei. Wichtig sei unter anderem, noch
stärker auf Forschung und Entwicklung zu setzen und die
Digitalisierung voranzutreiben. Das hohe Niveau bei Arbeits- und Energiekosten sowie bei Steuern und Abgaben
nannte Brossardt als größte Herausforderung.
1 Podiumsdiskussion mit Thomas Kreuzer (v. l.), Vorsitzender
der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Bertram Brossardt, vbw
Hauptgeschäftsführer, Moderator Hans Oberberger, Dr. Karl
Lichtblau, Geschäftsführer der IW Consult GmbH, und Unternehmer
Anton Klaus Kathrein.
2 Thomas Kreuzer (v. l.), Dr. Fritz Kempter, Mitglied des vbw
Präsidiums, und Bertram Brossardt.
3 Dr. Karl Lichtblau und Anton Klaus Kathrein.
4 Interessierte Zuhörer verfolgen den Vortrag von Thomas Kreuzer.
SZENE
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Europa muss stark sein
4
Zum 36. Bayerischen Wirtschaftsgespräch der vbw mit rund 400
Gästen begrüßte vbw Präsident Alfred Gaffal Bundesfinanzminister
Dr. Wolfgang Schäuble MdB als „Europäer durch und durch“. Im
Mittelpunkt stand die finanzpolitische Dimension der Herausforderungen, vor denen Europa aktuell steht. Schäuble betonte, dass
Europa gerade heute wirtschaftlich stark sein müsse, um zusammen
mit seinen internationalen Partnern die großen Aufgaben bewältigen
zu können. Dazu zählte er den Ukraine-Konflikt, die Bedrohung durch
den Islamismus, die Regulierung von Finanzmärkten, die Digitalisierung und die Flüchtlingskrise. Gaffal lobte den klaren Kurs Schäubles
in der Staatsschuldenkrise: „Es ist richtig, dass es finanzielle Hilfen
für ein EU-Mitgliedsland nur geben darf, wenn dieses im Gegenzug
notwendige Reformen durchführt.“ Mit Blick auf die aktuellen
Gesetzespläne der Bundesregierung setzt sich die vbw dafür ein,
dass der Entwurf der Erbschaftsteuerreform nachgebessert wird.
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5
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1 Etwa 400 Zuhörer verfolgten das Wirtschaftsgespräch.
2 vbw Präsident Alfred Gaffal (v. r.) und vbw Hauptgeschäftsführer Bertram
Brossardt begrüßten Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble MdB.
3 Dr. Wolfgang Schäuble.
4 Das Publikum verfolgte die Ausführungen und beteiligte sich rege an der Diskussion.
5 Thomas Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Kaeser Kompressoren SE.
6 Ulla Rüdenholz, Geschäftsführende Vizepräsidentin der Europäischen Bewegung
Bayern e. V.
7 Die Veranstaltung wurde aufgrund der hohen Gästezahl in zusätzliche Räume
übertragen.
8 Auf der Videowall im Foyer verfolgten Besucher Schäubles Rede.
9 Forderungen der vbw formulierte Präsident Alfred Gaffal in der Begrüßung.
10 vbw Präsidiumsmitglied Konrad Steininger und vbw Ehrenpräsident Professor
Randolf Rodenstock (v. l.).
11 Der bayerische Löwe, das Erinnerungsgeschenk der vbw, wird Schäuble an die
Themen beim Wirtschaftsgespräch erinnern.
12 Staatsminister a.D. Dr. Wolfgang Heubisch (l.) und Politikwissenschaftler Professor
Dr. Heinrich Oberreuter.
13 vbw Ehrenpräsident Senator E.h. Hubert Stärker (v. l.), Thomas Kaeser,
Dr. Hanns-Peter Ohl, Geschäftsführer der Erich Netzsch GmbH & Co. Holding KG,
Hartmut Geldmacher, Aufsichtsratsvorsitzender der Rhein-Main-Donau AG, und
Dr. Walter Schmidt, Geschäftsführer der Intermedia GmbH.
14 Das Interesse am Wirtschaftsgespräch war groß.
15 Für die Argumente des Finanzministers gab es Beifall.
16 Auf dem Podium: Alfred Gaffal leitete die Diskussion mit Dr. Wolfgang Schäuble.
17 Den Empfang im Anschluss nutzten viele Gäste, um sich weiter auszutauschen.
SZENE
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Fotos: Stefan Obermeier
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LIFESTYLE
Immer mit der Zeit
Während die Google Watch nicht so richtig auf Touren kommt, erfreut sich die traditionelle Armbanduhr
gleichbleibend großer Beliebtheit. Sie ist Accessoire, Wertanlage, Sammlerstück und Statussymbol. Wer
regelmäßig zwischen den Kontinenten verkehrt, weiß zudem zu schätzen, wenn der Blick aufs Handgelenk
genügt, um in mehreren Zeitzonen zu Hause zu sein. Das vbw Unternehmermagazin hat Modelle ausgewählt,
die mehr als eine Uhrzeit zeigen: Uhren für Vielflieger.
Das Modell Timemaster GMT
aus dem Hause Chronoswiss
gibt es in der sportlichen wie
in der eleganten Variante.
Edles Sammlerstück „Lange 1 Time
Zone“ aus der Manufaktur Lange und
Söhne in Glashütte: Auf einem außen
liegenden Städtering können die 24
Zonenzeiten durch einen Tastendruck
einfach eingestellt werden.
Der Internet-Anbieter
walbusch.de empfiehlt
Vielfliegern die Uhr mit
Automatikgetriebe: Modell
Bison von Ingersoll.
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Puristisches Design zeichnet Klassiker bei
Porsche aus: Die „1919 Globetimer“ gibt es
unter anderem mit einer integrierten Anzeige
für eine zweite Zeitzone. Dem Zifferblatt wurde
hierfür ein 24-Stunden-Ring hinzugefügt, auf
dem ein weiterer Zeiger die Uhrzeit der zweiten
Zeitzone angibt. Auf der Rückseite wichtige
Zeitzonen auf einen Blick.
Hintergrund: peshkov – Fotolia.com
LIFESTYLE
LETZTE SEITE
Eine Frage noch ...
... HERR FEHRENBACH, haben Werte, Unternehmenskultur und Vorbilder
noch Platz in Unternehmen?
schafts- und Finanzkrise – das bestätigt das Vertrauen mehr als jede
Hochglanzbroschüre. Eine Unternehmenskultur ist nur so viel wert, wie
sie auch unter Druck glaubwürdig
bleibt.
Doch Vorsicht: Die Beschäftigung
mit der eigenen Kultur darf nicht zur
Selbstüberschätzung verleiten. Ein
Übermaß an Identifikation mit dem
eigenen Unternehmen kann auch zur
Illusion von Überlegenheit und Geborgenheit führen, die es im weltweiten Wettbewerb auf Dauer nicht geben
kann. Jede Unternehmenskultur ist
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nur so gut, wie sie bei allem Stehvermögen auch die Offenheit für Veränderungen akzentuiert – zugegeben ein
schmaler Grat.
Und nicht zuletzt: Gerade für Führungskräfte müssen kulturelle Werte
mehr sein als Worte. Natürlich schützt
keine Unternehmenskultur vor dem
Fehlverhalten Einzelner. Entscheidend ist, dass solches Fehlverhalten nicht toleriert wird. Auf die
moralische Integrität der
Führungskräfte kommt es
in besonderem Maße an.
Führungskräfte sind Vorbilder – jede Unternehmenskultur ist nur
so glaubwürdig, wie sie
auch an der Spitze vorgelebt wird. Die Frage
ist, ob dieser hohe Anspruch im rauen Alltag
der Ziel- und Kostenvorgaben nicht doch zerrieben
wird. Darauf lässt sich nur mit
einem Klassiker antworten: Laut
Max Weber zeigt sich die Qualität
einer jeden Organisation und damit
auch eines jeden Unternehmens in
der Auswahl der Eliten – also
der Führungskräfte.
“
Franz Fehrenbach ist seit 2012 Aufsichtsratsvorsitzender der Robert
Bosch GmbH. Zuvor leitete er neun
Jahre lang das Unternehmen als Vorsitzender der Geschäftsführung. Foto: Thomas Bauer
„E
in wirtschaftsferner Begriff macht in der Wirtschaft Karriere. Es ist die
Rede von der Kultur. Ob in der Zugluft der Globalisierung oder in der
Konjunktur der Krisen – in zunehmendem Maße versuchen Unternehmen, ihre Mannschaft über
Werte zu stabilisieren. Das ist gut so,
wenn da nicht die Ungeduld wäre.
Denn oft verordnen sich Unternehmen gleich einen Kulturwandel, wenn Vertrauen verloren gegangen ist. Tatsächlich können sie vieles
auf Bestellung herstellen,
eine neue Kultur aber
nicht. Die können sie
nicht kurzfristig machen,
die muss wachsen. Allenfalls auf längere Sicht, das
ist meine These, können
Unternehmer auch kulturell
Wachstumsimpulse setzen.
Dies jedenfalls entspricht der
Erfahrung von Bosch. Ein Unternehmen, das nach wie vor durch seinen Gründer geprägt wird. Robert
Bosch war eine der großen Unternehmer- und Stifterpersönlichkeiten
seiner Zeit. Doch so wertvoll auch
heute solch eine Identifikationsfigur
ist, noch mehr Identifikation erzeugt
das Stehvermögen in schwierigen
Zeiten. Das Durchhalten großer Innovationsprojekte auch nach Rückschlägen, das Zusammenhalten der
Mannschaft sogar in der tiefen Wirt-
À la Carte
Business Lunch
Cooking Party
Catering
Regional trifft mediterran
Genießen Sie exquisite Produktküche von Jürgen Weingarten
und seinem Team. Im neuen Conti Restaurant im
Haus der Bayerischen Wirtschaft – mitten in München, direkt
am Kunstareal.
Conti
Restaurant
Max-Joseph-Straße 5
80333 München
[email protected]
Tel: 089 . 551 78-684
Fax: 089 . 551 78-681
www.conti-restaurant.de
Montag bis Freitag 10 : 00 – 1 : 00 Uhr
Samstag 17 : 00 – 1 : 00 Uhr
Küche durchgehend bis 22 : 00 Uhr
Die Welt steht Ihnen offen
Gut ausgebildete Fachkräfte für Ihr nächstes Auslandsengagement
Märkte und Menschen wachsen immer enger zusammen. Gefordert sind
Konzepte, die der Internationalisierung Rechnung tragen, indem sie
Wissen intelligent vernetzen und neue Fachkräfte ausbilden. Als globales Bildungsnetzwerk stellen wir uns dieser Verantwortung.
Im Mittelpunkt unserer Aktivitäten stehen Projekte zur Optimierung der
Fachkräfteausbildung von international agierenden Unternehmen in zahlreichen Ländern. Die Unterstützung bayerischer Unternehmen an ihren
ausländischen Standorten liegt uns dabei besonders am Herzen, wie
das Beispiel der neuen bbw-Repräsentanz in Iran zeigt. Gleichzeitig
fördern wir die lokalen Strukturen, indem wir Fachkräfte nach deutschen Standards aus- und weiterbilden. In Tunesien haben wir soeben
ein dreijähriges Projekt zur Verbesserung der dualen Berufsausbildung
erfolgreich beendet. Umgekehrt sind wir auch Ihr Partner, wenn Sie
Machen Sie mehr aus Ihrem Auslandsprojekt.
Mit unserem Wissen an Ihrer Seite.
Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Telefon 089 44108-219
www.bbw.de
ausländische Nachwuchskräfte für den deutschen Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt gewinnen wollen.
Unsere Kompetenzen
– Begleitung deutscher Unternehmen bei ihren Auslandsaktivitäten
– Förderung der globalen Entwicklungszusammenarbeit
– Verbesserung ausländischer Ausbildungsstrukturen
nach deutschen Bildungsstandards
– Schulung ausländischer Ausbilder und Auszubildender
– Langfristige Kooperationen mit Berufsschulen und Unternehmen
– Recruiting von Fachkräften für ausländische Märkte
– Recruiting ausländischer Fachkräfte für den deutschen Markt
– Institutionelle Bildungsarbeit
– Organisation von Delegationsreisen nach Bayern und Fachseminare