ER behütet dich. – Psalm 121 Betrachtung von Anselm

ER behütet dich. – Psalm 121
Betrachtung von Anselm Grün
Zur Jahreswende ist es angemessen, einen Wallfahrtspsalm zu singen. Im Psalm 121 vertraut der
Pilger darauf, dass ihm Hilfe vom Herrn her kommt, dass der Herr seinen Fuß nicht wanken lässt
und dass ihm auf seinem Weg nichts schaden kann, weder die Hitze der Sonne, noch der Mond
in der Nacht. Er ist sich gewiss: „Der Herr behütet dich vor allem Unheil, er behütet dein Leben.
Der Herr behütet dein Gehen und dein Kommen von nun an auf ewig.“ (Ps 121,7f) Es sind also
drei Bereiche, an die uns der Psalm denken lässt, wenn wir den Kehrvers singen.
Gott behütet uns vor Unheil. Behüten kommt von „schützend bedecken“. So wie ein Hut uns
vor Regen und Kälte schützt, so schützt uns Gott vor allem Unheil, vor allem, was uns bedroht.
Am Ende des Jahres danken wir für den Schutz, den wir trotz aller Unbilden im vergangenen
Jahr erfahren haben. Und wir vertrauen darauf, dass Gott uns auch im neuen Jahr vor Unheil
bewahren wird. Gott ist wie ein schützendes Dach, unter das wir uns stellen können, wenn ein
Unwetter uns heimsuchen möchte.
Gott behütet mein Leben. Er wacht darüber, dass das Leben in mir nicht erstarrt, dass ich vor
lauter Routine innerlich nicht sterbe. Aber er schützt mein Leben auch vor der Bedrohung durch
Krankheit und Tod. Wenn ich den mich behütenden Gott besinge, dann ist das allerdings keine
Garantie, dass ich nicht krank werden oder sterben könnte. Aber ich weiß, dass Gott meinen
innersten Kern behütet. Ich kann krank werden und sterben. Aber meinem wahren Selbst, dem
inneren Wesen, kann kein Unheil widerfahren. Das ist in Gottes Schutz.
Und Gott behütet mein Gehen und Kommen. Wir Mönche in der Abtei Münsterschwarzach
singen diesen Psalm immer, wenn ein Mitbruder auf eine längere Reise geht. Im neuen Jahr
werden wir viele Wege gehen, fahren oder fliegen, mit dem Auto, dem Zug oder mit dem
Flugzeug. Wir wissen nie, was auf dem Weg geschehen kann. Wir können noch so gewissenhaft
auf unseren Weg achten, es gibt immer Situationen, die wir nicht in der Hand haben. Da bedarf
es des Schutzes Gottes. Der Kehrvers will in uns das Vertrauen stärken, dass Gottes schützende
und behütende Hand immer und überall bei uns ist und dass wir uns dieser Hand getrost
überlassen dürfen.