focus november 2015 - Berufsverband für Ehe

FOCUS
EFL B e r a t u n g
Informationsblatt des Berufsverbandes Diplomierter Ehe-, Familien- und LebensberaterInnen Österreichs
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A USGABE :
B ERATUNG VERLEIHT
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REZEPTE ”
TAGUNGSVORSCHAU
Focus 23 November 2015
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B EZIEHUNGS - UND P ROZESSGESTALTUNG IN DER E HE -, FAMILIEN - UND L EBENSBERATUNG
B ERUFSVERBAND D IPLOMIERTER E HE -, FAMILIEN - UND L EBENSBERATER I NNEN Ö STERREICHS
(H RSG .)
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Das Buch bietet einen Überblick über die Entstehung, Charakteristik und Entwicklung der
EFL-Beratung (Ehe-, Familien- und Lebensberatung) und versucht sie in Abgrenzung bzw.
Gegenüberstellung zu anderen psychosozialen Bera tungstätigkeiten näher zu definieren.
Die unterschiedlichen Zugänge und Sichtweisen der AutorInnen spiegeln soziale Wirklichkeiten, Diffuses klärt sich. Damit sind eine gute Basis und ein Bezugspunkt für die beständig
notwendige Weiterentwicklung gegeben.
Was das Buch von anderen erschienenen und erscheinenden Titeln zum Thema Beratung
abhebt, ist zum einen die österreichische Prägung und zum anderen der Focus auf die Wirksamkeit der zwischenmenschlichen Beziehung in Praxis, Theorie und Lehre.
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Dr. René Reich Krems
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Donau-Universit
AutorInnen: Christa Gutmann, Christiane Sauer, Leo Pöcksteiner, Elisabeth Birklhuber,
Stefan Schäfer, Karin Urban, Brigitte Ettl, Christine Kügerl, Eva Bitzan, Helga Goll,
Barbara Bittner, Martin Christandl, Josef Hölzl, Rolf Sauer, Barbara Wagner-Tichy,
Emmi Ott, Konrad Peter Grossmann, Ilse Simml.
Bestellungen bitte an: Mag Elisabeth Birklhuber, [email protected]
Erschienen im Mai 2008 im LIT Verlag
360 S., Paperback, 19,90 Euro
ISBN AT 978-3-7000-0671-8
F ILM - TIPP
A LLES
STEHT KOPF
(Originaltitel: Inside out)
„Alles steht Kopf“ ist ein US-amerikanischer Computeranimationsfilm von Pixar,
der seit Oktober 2015 in unseren Kinos
läuft. Der 2014 produzierte Kurzfilm
„Lava“ wird in den Kinos als Vorfilm zu
„Alles steht Kopf“ gezeigt.
Die Heldin des Geschehens ist Riley, ein
elfjähriges Mädchen, das mit seinen
Eltern nach San Francisco zieht und darüber recht unglücklich ist - seine „Gefühle“ spielen verrückt. Jedes einzelne ihrer
Gefühle ist ein herausragender Charakter
und alle sind seit ihrer Geburt in ihre
Emotionszentrale beschäftigt.
„Der Lächeldialog“ von dem Sie auf Seite
2
9ff lesen können, wird in diesem Film
auch nicht vergessen: Freude, Rileys
erste Emotion, betritt das Kontrollzentrum
und erblickt Rileys Eltern, die von ihr
angelächelt werden und zurückstrahlen.
Die erste positive Erinnerung wird abgespeichert, jedoch taucht kurz darauf
Kummer auf, woraufhin Riley anfängt zu
schreien ... klar, dass über kurz oder lang,
Angst, Wut und Ekel die Bühne betreten.
Klingt kompliziert, ist kompliziert, aber
sehr lustvoll, leicht und klug umgesetzt.
Den Regisseuren stand Dacher Keltner,
ein Experte auf dem Gebiet der Emotionsforschung, beratend zur Seite, er lieferte
die wissenschaftlichen Grundlagen und
Erklärungen der Emotionen.
Sehr fein ist die Quintessenz des Films,
nämlich die Erkenntnis, alle Gefühle sind
wichtig. Und gerade die schwierigen
Gefühle, wie in diesem Fall der Kummer,
sind die notwendigen, die uns oft aus der
Patsche helfen, sozusagen notwendend
sind.
I NHALT
• Inhalt/Editorial/Neue Mitglieder
E DITORIAL
3
• Beratung verleiht Flügel
Statements von Peter Nenning, Maria
4
Moucka-Löffler und Andreas Huber
• Warum Huckleberry Finn nicht süchtig
wurde
Eckhard Schiffer
7
• Was wir unseren Lebenskrisen
entgegensetzen können
Sechs Thesen zur Resilienz. 1. Teil
Martin Hecht
14
• Kreative Methoden
Eva Bitzan
17
• Wir waren dabei. Wir haben
mitgeplant.
Elisabeth Birklhuber
19
• Fortbildungen/Tagungen
21
• Geförderte Familienberatung im Jahr
2025 – eine Vision
Eva Bitzan
22
• Tagungsrückschau
23
• Tagung 2016
24
Das Coverbild ist eine Gemeinschaftsproduktion einer 2. Klasse
einer Volksschule – mehr zur Ent stehungsgeschichte auf Seite 12.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!
Nur scheinbar war seit der letzten Ausgabe des FOCUS im April eine „Pause“.
Genaugenommen macht die Arbeit des
Berufsverbandes bzw. des Vorstandes
keine Pausen – wir wollen für Sie und
euch möglichst am Puls der Zeit und der
Beratungstätigkeit bleiben. Nun, ein biss chen Urlaub haben wir uns dann im heißen Sommer doch gegönnt ;-).
Hinter uns liegt die sehr gelungene
Tagung zum Thema Resilienz! Fotos dazu
gibt es in dieser Ausgabe und auch auf
der Homepage. Danke für Ihr und euer
sehr positives Feedback und die Wertschätzung unserer Arbeit – das verleiht
Flügel!
Und deshalb „steht“ sozusagen bereits
die Tagung 2016 im Großen und Ganzen.
Sie wird von 20.–22. Mai 2016 wie
immer in St. Virgil stattfinden unter dem
Titel „Wie geht’s weiter, wenn nichts
mehr geht? Trennung, Scheidung, Neubeginn im Beratungsalltag“. Wir haben wieder eine interessante Schar an Referentinnen und Referenten gewinnen können
und freuen uns darauf mit euch und Ihnen
gemeinsam über Krisen, aber damit auch
chancenhafte Lebensabschnitte, nachzudenken.
Zu diesem Thema intensiv gearbeitet
haben wir bereits im September bei der
Tagung „Vom Konflikt zur Kooperation“ in
Linz, die der Berufsverband gemeinsam
mit anderen in diesem Bereich tätigen
Berufsgruppen (RichterInnen, SozialarbeiterInnen, MediatiorInnen, usw.) veranstaltet hat. Es wurde vorgetragen, dargestellt
und diskutiert – ein wenig Einblick findet
sich in dieser Ausgabe.
Das Familienministerium hat Anfang September zu einem Symposium geladen:
„Rush hour des Lebens – Familie, Beruf,
Generationen“. U.a. diskutierten wir, VertreterInnen des Berufsverbandes und
diverse andere ExpertInnen und TrägervertreterInnen, über die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf, Kinderbetreuung
österreichweit und auch die Vision, wie
Österreich
2025
das
familienfreundlichs te Land Europas werden kann.
Auch auf „höchster Ebene“ durften Karoline Avender und ich in diesem Herbst
vorstellig werden – wir hatten einen Termin bei Frau Ministerin Dr. Karmasin persönlich. Die Visionen, die wir ihr mitgebracht haben – wie nämlich konkret
geförderte Familienberatung im Jahr
2025 aussehen könnte – sind hier abgedruckt. Es war ein sehr angenehmes und
angeregtes Gespräch und wir meinen die
Anliegen unserer Berufsgruppe damit
wieder einmal mehr in den Blick der Entscheidungsträgerin gerückt zu haben.
Es freut mich, dass wir in diesem Focus
wieder vieles zusammentragen konnten,
das Ihnen und euch die Arbeit erleichtert,
Aus- und Weiterbildung schmackhaft
macht und auf lange Sicht unser Engagement als BeraterInnen für die sozialpolitische
Landschaft unverzichtbar
macht.
Mag a. Eva Bitzan
Vorsitzende
N EUE M ITGLIEDER
Friedrich Ungarböck,
2753 Markt Piesting
Mag. Angela Braun-Tüchler, 1210 Wien
Sabine Mayerl-Veber, 6080 Igls
Mag. Vitus Kriechbaumer, 4020 Linz
Gertraud Holzer, 9952 St. Johann i. W.
Ulrike Witting-Kainz, 6020 Innsbruck
Raluca Jacono, 1070 Wien
Focus efl Beratung
3
„B ERATUNG
VERLEIHT
F LÜGEL “
E INE GEDANKLICHE B ALLONFAHRT FÜR B ERATERINNEN UND B ERATER DER D IÖZESE
O BERÖSTERREICH AM 25. J UNI 2015 IN S CHLOSS P UCHBERG BEI W ELS .
Mag. Eva Bitzan lud die TeilnehmerInnen
ein, über ihre BeraterInnen-Biografie
nachzudenken:
Begeistert, engagiert, beseelt …
… seit wann bin ich das?
Im Anschluss bestiegen alle in ihrer Vorstellung einen Ballon und hoben ab …
„In einem Ballon zu starten und zu fliegen, eigentlich zu fahren ist etwas Belebendes. Ich denke, man ist zuerst aufgeregt und dann wird man immer ruhiger
und ruhiger und staunt nur mehr …
Von oben kann man rundherum schauen
… und sieht die Basis, von wo man sich in
die Lüfte erhoben hat, die Landschaft und
den Stützpunkt, zu dem man gehört …
… um mutig und begeistert „auf Reisen zu
gehen“, unsere Beratungsarbeit zu
machen, mich beflügelt zu fühlen … und
immer wieder gerne „zwischenzulanden“
brauche ich …
In einem Gruppengespräch wurden an -
schließend die inneren Bilder ausgetauscht
und zusammengefasst.
Eine Kollegin und zwei Kollegen stellten uns
ihre Gedanken dazu in schriftlicher Form
zur Verfügung:
B ERATUNG BEFLÜGELT
B
ei meinen Überlegungen zu diesem
Thema ist mir ein Zitat der Dichterin
Hilde Domin eingefallen, es fasst zusammen, was mir Beratung bedeutet: „Ich
setzte den Fuß in die Luft, und sie
trug.“
Wenn ich KlientInnen vom Wartebereich
abhole insbesondere bei ErstklientInnen,
dann begleiten mich immer noch Neugie rde und ein leichtes Kribbeln. Es ist so
etwas wie „den Fuß in die Luft zu setzen“.
Ich lasse mich auf mir Neues ein, Unbekanntes, Unvorhersehbares. Selbst wenn
ich Konzepte für die Beratungsstunde
habe, weiß ich nie, was nun auf mich
zukommt und das empfinde ich als sehr
belebend und spannend.
Aber auch die KlientInnen setzen ihren
Fuß in die Luft. Sie kommen ja, weil der
Boden unter ihren Füßen zu wanken
begonnen hat, unsicher geworden ist. Sie
4
machen einen mutigen Schritt und lassen
sich auf einen Prozess der Veränderung
ein, bei dem auch für sie nicht absehbar
ist, wohin er sie führt. Und da erlebe ich
dann oft den zweiten Teil des Zitates von
Hilde Domin „..., und sie trug.“. Die KlientInnen entwickeln neue lebbare Perspektiven, sie finden Orientierung und ein
Stück Sicherheit für ihr Leben. Die Veränderungsschritte der KlientInnen führen in
eine neue tragfähige Wirklichkeit. Dass
ich solche Entwicklungs-, Veränderungsund Wachstumsprozesse begleiten, daran
teilhaben darf, berührt mich immer wieder sehr, ist für mich beglückend.
Ein zweiter Aspekt ist mir wichtig. Ich
habe den Eindruck, je länger ich als Berater arbeite, umso stärker wird meine Verbundenheit mit den Leuten, umso mehr
fühle ich mich den Menschen verbunden.
In die Beratung kommen ganz unter-
schiedliche Menschen, Menschen mit
denen ich sonst nie in Kontakt kommen
würde und ganz oft sind es großartige
Menschen, weise Menschen, vor denen
ich tiefen Respekt und Achtung habe, wie
sie ihr Leben meistern. Ich komme in
Kontakt mit Lebensgeschichten und
Lebenskonzepten, die ich mir in meiner
Phantasie niemals ausdenken könnte, wo
ich nur staunen kann, die mir oft auch
sehr fremd sind. In der Beratung legen
KlientInnen Dinge offen, die sonst verdeckt sind, was im Alltag oft unsichtbar
und geheim bleibt, machen sie sichtbar.
KlientInnen bringen der Beratung, bringen
mir ein enormes Vertrauen entgegen und
dieses Vertrauen erleben zu dürfen, ist für
mich eine sehr tiefgehende Erfahrung und
verursacht mir immer wieder Gänsehaut.
Die Verbundenheit wächst, weil ich bei
fast allen KlientInnen etwas entdecke,
was ich bei mir selber kenne. Beratung
bringt mich also auch in Verbindung mit
mir selbst, ich komme in Kontakt mit mir
Bekanntem und Vertrautem, aber auch
mit ungeliebten, fremden Anteilen in mir,
mit Scheitern, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Beratung ist Konfrontation mit mir
selbst. Ich bin herausgefordert, mich selber auf Prozesse einzulassen, „den Fuß
immer wieder in die Luft zu setzen“ achtsam mit mir zu sein, meine Grenzen zu
kennen und gleichzeitig offen zu bleiben.
In diesem Einlassen auf mich selbst spüre auch ich immer schon das „..., und sie
trug.“. Verbundenheit trägt, dafür bin ich
sehr dankbar.
Ein Drittes, was mich beflügelt: Ich habe
den Eindruck, das Richtige zu tun, etwas,
das zu mir passt. Ich als Person, mein
Präsent-Sein, mein Zuhören, mein Hin-
schauen, meine Einfühlsamkeit, mein
Begleiten und Mitgehen, meine Fähigkeit,
Beratungsgespräche zu führen, all das ist
bedeutsam und wirksam. Ich mache
etwas, was mir entspricht. Das erlebe ich
als erfüllend.
Was brauche ich, um so als Berater arbeiten zu können?
Ich brauche Sicherheit, d.h. ich brauche
einen organisatorischen Rahmen, der mir
einen sicheren Rückhalt gibt, der Verlässlichkeit und Kontinuität bietet, der mir
Unterstützung bietet z.B. in Form von
Supervision und Weiterbildung, der mir
sozusagen den Rücken frei hält für meine
Arbeit mit den KlientInnen.
Und ich brauche Leichtigkeit. Ich brauche
Begegnung und Austausch mit KollegInnen, auch über die berufliche und fachliche Arbeit hinaus. Ich brauche das
Zusammenkommen mit KollegInnen,
Geselligkeit und gemeinsames Feiern, die
Erfahrung der Verbundenheit in diesem
Kreis. In unserer Peer-Gruppe z.B., die
seit vielen Jahren besteht, und in einer
Frühstücksrunde mit Kolleginnen erlebe
ich einen vertrauensvollen Austausch
auch auf persönlicher Ebene, erlebe ich
Geselligkeit und Leichtigkeit. Das ist mir
sehr wichtig.
Ich brauche Sicherheit und Leichtigkeit,
damit ich beflügelt Berater sein kann und
das Wort von Hilde Domin erlebbar ist:
„Ich setzte den Fuß in die Luft, und
sie trug.“
Peter Nenning
EFL-Berater bei BEZIEHUNGLEBEN in Linz
und Gmunden
B ERATUNG VERLEIHT F LÜGEL – B EGEISTERT, ENGAGIERT, BESEELT
„Flügel verleihen“ heißt für mich:
abheben, in neue Sphären aufsteigen.
Wer Flügel hat, kann fliegen: in hohen
Lüften schweben, Höhenflüge tätigen, …
Flügel brauche ich zum Träumen, um mir
auszumalen, was alles möglich ist. Mit
Flügel kann ich mich emporheben, eine
Perspektive von oben bekommen, Dinge
mit Abstand sehen, Flügel lassen mich
auch wieder landen …
• Flügel für die Klienten?
KlientInnen kommen oft mit verletzten
oder gebrochenen Flügeln in die Beratung, vertrauen uns ihr tiefstes Inneres
an… Verletzungen werden heilen, mit
Brüchen zu leben will gelernt sein.
Wunden gehören versorgt – Werden
den Klienten in der Beratung Flügel
verliehen? Wachsen sie über sich hinaus? Werden sie beflügelt? Trauen sie
sich Dinge zu, die sie sich zuvor nicht
zutrauten? …
Wenn ein wenig „heil werden“ durch
Beratung gelingt, stellt sich auch bei
mir Zufriedenheit und Freude ein.
Beratung ist dann auch sinnstiftend für
mich!
• Flügel für mich als Beraterin? Wachsen
mir Flügel?
Die Reisen mit den KlientInnen bringen
mich manchmal in vertraute Gebiete,
in unwegsames Gelände, an Weggabelungen, an Abgründe, in Neuland, …
die Landschaften sind recht unterschiedlich … Wenn ich Flügel habe,
kann ich mich freier bewegen, kann als
Beraterin freier agieren, darf ungewöhnliche (verrückte) Ideen haben,
ausprobieren, kann kreativ sein …
schweben, … und weiß, dass ich wieder gut landen werde.
Abheben und wissen, dass ich/wir wieder
gut landen werde/n, sanft, weich und
wieder neu abhebe/n, und sich immer
wieder dem Gegenüber und dem Leben
stellen. Das ist ein Wechselspiel zwischen
mir und den KlientInnen.
J.W. von Goethe: „Zwei Dinge sollen
Kinder von ihren Eltern bekommen:
Wurzeln und Flügel“
Auf die Beratung übertragen heißt das für
mich:
Wurzeln sind dort, wo ich die Ausbildung
erfahren habe, der Ausbildungslehrgang,
die Grundkenntnisse für Beratung, …Dies
war sehr wertvoll für meine Persönlichkeitsbildung. Wurzel liegt bei mir auch in
einem
christlichen
Menschenbild.
Wurzel heißt für mich auch: Identität
durch „Dazugehören“, zur Peergroup (bis
heute), zu den Beraterinnen, zur Supervisionsgruppe, zum Stellenteam, zu BeziehungLeben, zur Abteilung Ehe und Familie, zum Pastoralamt, zur Kirche, …
Was brauche ich, dass mir Flügel wachsen können?
Als Mensch so angenommen zu sein, wie
ich bin, … wertschätzenden Umgang, …
das Eingebettetsein in eine Organisation
bzw. Abteilung gibt mir Sicherheit, gute
Rahmenbedingungen, in denen ich arbeiten kann, … Ich bin Beraterin bei BeziehungLeben; das ist ein Stück Identität;
ich gehöre dazu, ich brauch mir nicht
selbst KlientInnen suchen, … Werbung
geschieht auch auf gesamter Ebene …
Das Wissen um klare Zuständigkeiten und
klare Ansprechpersonen sind für mich als
Beraterin wichtig.
Neben der monetären Abgeltung ist Beratung ein „Geben und Nehmen“.
In der Beratung erfahre ich immer wieder
neue Lebensgeschichten, spannend, …
ich habe immer wieder AHA – Erlebnisse
– Aha, so kann „man“ das auch sehen,…
auch das gibt es … Meine Sichtweise,
mein Erfahrungsschatz, letztlich mein
Leben wird immer wieder erneuert,
erweitert … das hält mich lebendig und
dadurch wachsen auch mir Flügel.
Und übrigens: Das Charakteristische an
Engeln ist, dass sie Flügel haben … Wer
weiß schon, wer wann für wen ein Engel
ist?
Dr. in Maria Moucka-Löffler
Dipl. Ehe- Familien- und Lebensberaterin
bei BEZIEHUNGLEBEN, Linz
Focus efl Beratung
5
W AS ERFOLGREICHE B ERATUNG BEFLÜGELT, WAS ERFOLGREICHE
B ERATUNG BRAUCHT
D
ie Phaemoberatung® ist für ihr
besonderes Setting bekannt. Da passiert Beratung nicht rund um ein kleines
Tischchen, die Stühle haben einen ungewohnt weiten Abstand. Manch einer hat
das schon als Distanz zum Klienten/zur
Klientin interpretiert. Das Gegenteil ist
der Fall.
Unlängst kam eine Klientin mit der Sorge,
sie sei bereits seit Jahrzehnten unglücklich mit ihren Partnerschaften. Sie sei
auch schon in einigen Beratungen und
Therapien gewesen und wolle sich nun
bewusst an einen männlichen Berater
wenden. Auch sie thematisierte das ungewohnte Setting. Und sie genoss während
der Beratung den Platz, den sie hatte, und
die Nähe (Kontakt und Empathie), die sie
spürte. O-Ton: „Zwei Dinge, die ich von
einem Mann noch nie erlebt habe.“ Sie
hat Vertrauen zu mir und sie kommt weiter in die Beratung. Auch, wenn ich konfrontativ bin. Ich bin begeistert, dass
mein Beraterwerkzeug funktioniert und
ich dieses Werkzeug beherrsche.
er danach wieder nach seinem alten Muster handelte. Er merkte den Unterschied.
Wenn Klienten/Klientinnen berichten, wie
sehr sie nach der Beratung innerlich
arbeiten, dann sind das Beratungen, die
für mich nicht anstrengend waren, dann
sind das erfolgreiche Beratungen. Mich
motiviert, wenn ich die Selbstheilung von
Menschen aktivieren kann und wenn
Klienten und Klientinnen wieder kommen.
Ich bin zweitberuflich Berater. Die meiste
Zeit bin ich Pädagoge. Ende Juni hatte
meine Klasse, ich war ihr Klassenvorstand, ihren Abschluss. Mit all den Prüfungen drei Tage lang und Zeugnisverteilung und Abschlussfeier. Da hab ich eine
Rede gehalten und eine Kollegin hat
danach gesagt: „An dem, was du gesagt
hast, sieht man, wie sehr sie dir am Herzen gelegen sind.“ Das stimmt. Als Kinder
haben sie angefangen und als junge
Erwachsene gehen sie mit einem erfolg reichen Schulabschluss. Ich bin sehr stolz
auf sie. Das ist ein Teil der Freude am
Lehrerberuf.
Ein männlicher Klient kommt auf Zuweisung des Gerichtes. Ein Teil seiner Auflagen ist Gewaltberatung. Beim ersten Treffen berichtete er, dass er just an diesem
Abend zu einer Feier gehen wolle, wo
auch seine Kontrahenten sein werden und
die Wahrscheinlichkeit, dass ein Raufhandel begonnen wird, groß sei. Er wisse um
die Gefahr und die Konsequenzen, ein
Wiederholungstäter zu werden, doch seine Ehre verpflichte ihn, auf diese Feier zu
gehen. Ich zeigte Verständnis für diese
verzwickte Situation und wir sprachen
über seine Verantwortung und alternative
Handlungsoptionen und ich konfrontierte
ihn mit seiner Lebensrealität. Er wiederum negierte für sich die Notwendigkeit
einer Gewaltberatung. Daraufhin empfahl
ich ihm bei Gericht den genauen Beratungsauftrag abzuklären.
So gern ich Lehrer bin, noch lieber bin ich
Berater, es ist für mich (m)eine Berufung
und diese Berufung beflügelt mich wohl
am stärksten in meinem Tun.
Im Laufe meines Berufslebens habe ich
zwei unterschiedliche Formen der Organisation eines Unternehmens kennengelernt. Die eine Organisation ist so organisiert, damit es der Organisation gut geht.
Die andere Organisation richtet sich nach
dem Kerngeschäft des Unternehmens. Im
Fokus von BEZIEHUNGLEBEN ist die
Schaffung bestmöglicher Voraussetzungen, damit Beratung erfolgreich gelingt.
Das ist mein Eindruck und das motiviert
mich sehr. Auch begeistern mich Kolleginnen und Kollegen, die sich zeigen,
denen ich mich anvertrauen kann, die
mich unterstützen und die sich von mir
unterstützen lassen. Unsere Intervisionen
und Supervisionen und auch die persönlichen Kontakte sind ein wertvoller
Schatz. Diese Wertschätzung erlebe ich
auch bei vielen Kooperationspartnern an
den Beratungsstellen.
Dann passierte einen Monat lang nichts.
Dann kam er wieder.
Er war nicht auf die Feier gegangen.
Er erzählte mir wie aufgewühlt er nach
unserem letzten Treffen war.
Er berichtete, dass er zwei Wochen lang
nach unserer ersten Beratung viele Entscheidungen getroffen hatte, die zu seinem Vorteil waren. Er merkte auch, dass
6
Ein Teilgebiet der Phaemoberatung® ist
die Gewaltberatung. Der Großteil gewalttätiger Menschen wird vom Gericht zugewiesen. Täter/Täterinnen mit Auflagen
kommen nicht freiwillig in die Beratung.
Sie sehen in der Regel dafür keine Notwendigkeit. Gleichzeitig sind die Beratungsaufträge der zuweisenden Stelle
meist nicht eindeutig formuliert. Da
genügt oft der Nachweis einer Beratung
einmal in drei Monaten. Klienten und
Klientinnen interpretieren dies gerne
insofern, als dass eine Beratungssitzung
im Quartal ausreiche. Ein Prozess, der die
aktive Übernahme der eigenen Verantwortung durch den Klienten/die Klientin initiiert und dadurch alternative Handlungsoptionen ermöglicht, kommt so nicht zu
Stande. Auch gibt es keine Regelung zur
verpflichtenden Beratung bei Gewaltdelikten und die damit verbundenen erforderlichen Geldmittel. In diesem Bereich
besteht meiner Ansicht nach sowohl
Handlungs- als auch Finanzierungsbedarf. Der Täterarbeit muss (noch) mehr
Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn
eine erfolgreiche Täterarbeit ist Bestandteil eines erfolgreichen Opferschutzes.
Mag. Andreas Huber (Jahrgang 1970,
zwei Kinder, lebt mit seiner Patchworkfamilie in OÖ)
Dipl. Gesundheits- und Krankenpfleger
Studium der Kommunikationswissenschaft; Radiojournalist und PR-Professional; Lehrer an einer humanberuflichen
berufsbildenden mittleren und höheren
Schule; Phaemoberatung® (Männer- und
Burschenberatung, Gewaltberatung/-prävention, Paarberatung) bei BEZIEHUNGLEBEN
Phaemoberatung® (Quelle: http://
www.phaemo.com/) Die Phänomenologisch-Emotionale Methode nach Lempert
stellt „Was ist (jetzt)?“ und „Wie geht es
Ihnen (damit)?“ in den Mittelpunkt. Kontakt und Präsenz des Beraters/der Beraterin konzentrieren die Aufmerksamkeit
auf das Phänomen, Interpretationen werden vermieden. Gefühlswahrnehmung
und Selbstwahrnehmung aktivieren die
psychische Lebensenergie der Klienten
und Klientinnen. Erfolgreiche Phaemoberatung® in der Praxis: Gewaltberatung,
Gewaltprävention, Schulsozialarbeit, stationäre und ambulante Jugendhilfe, Paarberatung und Erziehungsberatung, Familienhilfe, Psychiatrie, Männerarbeit und
Männerberatung sowie Sucht.
W ARUM H UCKLEBERRY F INN
NICHT
SÜCHTIG WURDE 1
Eckhard Schiffer
Von der Prävention zur Gesundheitsförderung und Salutogenese …
Auf der Weltgesundheitskonferenz 1986 in
Ottawa stand das bisherige, aus dem
Pathogenese-Denken abgeleitete, Präventionskonzept zur Diskussion. Prävention
wurde bis zu diesem Zeitpunkt als möglichst frühe Identifizierung und Bekämpfung krankmachender (pathogener) Faktoren verstanden: „Zuschlagen“ – z. B. mit
Impfungen – bevor die Krankheit ausbricht, bzw. erneut ausbricht oder zu Folgeschäden führt. Für die Seuchenbekämpfung war dieses Konzept durchaus erfolgreich. Allerdings nicht bei Aids. Da gab es
keinen Impfstoff. Das Gleiche galt für die
Sucht-Bekämpfung. Die Konferenz in Ottawa war deutlicher Markierungspunkt einer
Wende zur Gesundheitsförderung: Weg
vom bloß erhobenen Zeigefinger, hin zur
Ressourcenstärkung und einer nicht destruktiven Lebensfreude durch Förderung
z. B. von Beziehungsfähigkeit, Kreativität
und intrinsischer Motivation. 2
Das, was in Ottawa thematisiert wurde,
lag zu dieser Zeit „allgemein in der Luft“.
Aaron Antonovsky ...
z. B. veröffentlichte unabhängig von der
Ottawa-Diskussion1987 umfassend sein
1 Manuskript für den Vortrag in Salzburg, 16. Mai
2015: Inhalt, Aufbau und grafische Gestaltung des Textes stellten eine Orientierungs- Hilfe für den mündlichen Vortrag des Referenten dar. Für den Zuhörer
kann der Text als Erinnerungshilfe für das Gehörte dienen, gibt aber das mündlich Vorgetragene nicht vollständig wieder.
Es fehlen auch die Bilder, für die eine Veröffentlichungsgenehmigung nur für mündliche wissenschaftliche Vorträge vorlag.
2 Als Anfang der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts plötzlich der Aids-Erreger die Menschen bedrohte, war bald klar, dass es in absehbarer Zeit keinen
Impfstoff und kein wirksames Therapeutikum geben
könnte. Die einzige Chance, die blieb, war die, eine
psychosoziale Prävention auf den Weg zu bringen. Eine
solche Prävention musste aber mehr vermitteln als nur
die Warnung vor ungeschütztem – und damit potentiell
pathogenem – Geschlechtsverkehr in der Frühphase
einer Partnerbegegnung. Als entscheidend erwies sich
Salutogenese-Modell. (salus, lat.: Ge sundheit, Heil). In ausdrücklicher Unterscheidung zum Pathogenese-Modell
(Pathos, gr.: Leid) wollte er damit nach
den Entstehungsweisen von Gesundheit
fragen. 3 In jedem Menschen existieren, so
seine These, gesundheits- sowie krankheitsbedeutsame Momente nebeneinander, das würde leider zu oft von den
Medizinern vergessen. Aber kein Mensch,
so Antonovsky, ist nur gesund und ebenso keiner nur krank oder behindert. Auch
in dem Kränksten steckt immer noch ein
Fünkchen Gesundheit. Eben diese gesunden Kräfte gelte es zu fördern.
Hauptbegriff in dem Salutogenese-Modell
ist das Kohärenzgefühl. 4
Das Kohärenzgefühl entfaltet sich zumeist
aus dem Urvertrauen und schließt lebensbejahende Zuversicht und Freude mit ein.
Diese lassen mich mein Dasein in dieser
Welt als „stimmig“ empfinden und mein
Leben mir als sinnvoll erscheinen. Das ist
zugleich auch die Grundlage einer ge sundheitsbedeutsamen Gelassenheit.
Das Kohärenzgefühl kann sich aber auch
späterhin noch ohne ausgeprägtes vorim weiteren Verlauf die überzeugende Vermittlung der
spielerischen Seite partnerschaftlicher Sexualität im
Sinne des safer sex. Dazu gehörte auch, dass das Kondom über herzerfrischende Plakataktionen aus der
Tabuzone öffentlicher Herrentoiletten befreit und für
Jeder-Mann und Jede-Frau unproblematisch in Supermärkten zugänglich wurde. All dies ging mit einem
Bewusstseinswandel einher. Dieser wurde jedoch nur
möglich, indem in den Industrieländern der nördlichen
Halbkugel mit einem beachtlichen Aufwand an Geld und
Kreativität in einem salutogenetischen Konzept den
Menschen eine gesunde – d.h. gesund erhaltende –
Einstellung zu bislang kaum positiv eingeschätzten
sexuellen Praktiken vermittelt werden konnte. Dies
geschah über die Eröffnung spielerisch-dialogischer
Intermediärräume. In weiten Bereichen der südlichen
Halbkugel war dies leider nicht der Fall. Die Folgen dieses Unterschiedes sind bekannt: Die Ausbreitung von
Aids konnte auf der nördlichen Halbkugel über vierzig
Jahre bisher deutlich begrenzt werden.
gängiges Urvertrauen aus aktuellen guten
Beziehungserfahrungen heraus entwickeln. („Typ Bonhoeffer“ und „Typ Huck
Finn“)
Das Kohärenzgefühl-Konzept weist einen
großen Überschneidungsbereich mit dem
Resilienz-Konzept auf. Einen deutlichen
Unterschied gibt es allerdings nach meinem Dafürhalten in der sozialen Dimension. Zum – erweiterten – Kohärenzgefühl
gehören nämlich auch Empathie- und
Mentalisierungsfähigkeit, also das, was
„soziale Gesundheit“ ausmacht. Zudem
gibt es auch ein Paar-Kohärenzgefühl,
(mag dem „Wir-Gefühl“ eines Paares entsprechen), sowie das Kohärenzgefühl
einer Familie, Gruppe, Schulklasse oder
das einer ganzen Schule, Firma bzw.
anderer größerer Einrichtungen und sozialer Organisationsformen wie z. B. einem
Stadtteil. Das soziale Kohärenzgefühl
benötigt keinen ernsthaften externen
Feind.
Zur weiteren Erläuterung des Kohärenzgefühles gleich eine kleine Geschichte zu
meinem Lieblingshelden Huckleberry
Finn.
3 Pathogenese und Salutogenese schließen einander
nicht aus, ergänzen einander vielmehr, stehen gleichwohl in einer gewissen Spannung zueinander.
4 Das Kohärenzgefühl bedeutet die Fortentwicklung
des kindlichen Urvertrauens in das Erwachsenenalter
hinein lebensbejahende Weltzugewandtheit aus einem
stimmigen Verbundensein und Selbstvertrauen heraus,
worüber ein Zurückschwingen zur Gelassenheit auch
unter Belastung möglich ist, Verbundenheit mit dem
Empfinden innerlich und /oder äußerlich – unter Wahrung der Eigenständigkeit – sicher gehalten, getragen
zu sein
Im Salutogenese-Modell ist das Kohärenzgefühl
Grundlage körperlicher, seelischer und sozialer
Gesundheit.
Salutogenese-Modell: In Unterscheidung und Ergänzung zum Pathogenese-Modell (Pathos, gr. Leid;
Genes gr.- lat. Entstehung) wird hier nach der Entstehung von Gesundheit gefragt. Gesundheit ist etwas
anderes als „Nicht-Krankheit“
Focus efl Beratung
7
W ARUM H UCKLEBERRY F INN NICHT SÜCHTIG WURDE
Vorab aber noch ein kurzer Kommentar zu
dem Begriff Intermediärräume von Donald
Winnicott 5 sowie eine Vorab-Zusammenfassung meines Referates.
Schöpferisch-dialogische
Räume sind
Gefühl gemeint ist, ist Inhalt meiner Ausführungen.
Intermediär-
• nicht sichtbar und vermessbar, nur
erlebbar, können überall entstehen
• entwickeln sich aus der Begegnung in
den frühen Lächelspielen
• in jedem Lebensalter geeignet, ein
starkes Kohärenzgefühl entstehen zu
lassen – auch in der Gruppe
• frei von Zwang – aber mit Spielregeln
• reich an affektu-sensomotorischen
Erfahrungsmöglichkeiten
• mehr auf den Spiel- und Begegnungsprozess als auf Konkurrenz und Sieg
oder bewertbare Ergebnisse ausgelegt.
Mitspieler werden nicht „ausgeschaltet“ um zu siegen. Raufen und
„Zicken“ gehören aber dazu. (Nachzulesen bei Huckleberry Finn und Pippi
Langstrumpf )
Die Vorab-Zusammenfassung lautet:
Wer (in unseren Breiten) ausreichende
Frei-Räume des Spielens und des Dialoges vorfindet, hat die besten Aussichten
(im Rahmen seiner Möglichkeiten),
Lebensfreude, Selbstwertgefühl und die
ihm gegebenen Lerntalente mit Lust zu
entfalten. Dies heißt zugleich, dass ein
möglicher – als positiv erlebter – Unterschied zwischen Rausch und Nichtrausch
gering erscheint. In der Verrechnung mit
dem „Kater“ und weiteren Folgewirkungen erscheint der antizipierte Rausch
dann nicht mehr als zwingend, d. h. hochbedeutsamer Gewinn.
Mit anderen Worten: Die viel bemühte
„starke Persönlichkeit“ hat in den FreiRäumen oder auch den Intermediärräumen des Spielens und des Dialoges in
Fortsetzung des Urvertrauens ein so starkes Kohärenzgefühl entfaltet, dass Erfahrungen mit Suchtstoffen, bzw. Suchthandlungen dann nicht zu existentiell bedeutsamen Verlockungen werden.
5 Von Donald Winnicott stammt übrigens auch der
schöne Ausspruch, dass ein Therapeut erst Therapie
betreiben sollte, wenn er auch spielen kann. (Vom
Spiel zur Kreativität, 1979
8
Wie das geschieht und was mit den Intermediärräumen sowie dem Kohärenz-
Huckleberry Finn …
ist in Mark Twains Geschichten um Tom
Sawyer der Bürgerschreck – faul, verwahrlost, ohne festen Wohnsitz; der Vater
ein gewalttätiger Säufer, von der Mutter
ist schon gar nicht mehr die Rede. Offensichtlich kommt der Huck jedoch gut über
die Runden. Der Leser sympathisiert mit
ihm, die Geschichten laden ein, sich mit
Huck zu identifizieren.
Auf der Flucht vor seinem eigenen Vater,
der ihm nach dem Leben trachtet, trifft
Huck den entflohenen Sklaven Jim. Beide
müssen um ihr Leben fürchten. Das Floß,
das sie finden und mit dem sie auf dem
Mississippistrom flussabwärts flüchten,
wird zu ihrem Freiraum und Fluchtort.
Unser Text knüpft an eine Passage an,
innerhalb derer sie an einer geschützten
Uferstelle Halt machen, um in einer Höhle
auf einem offenen Feuer ihr Mittagessen
zu bereiten:
(Zitat: )
„Wir nahmen noch’n paar Fische
von den Haken, die inzwischen angebissen hatten und warfen die Angelschnüre
wieder aus. Dann machten wir alles zum
Mittagessen (in unserer Höhle) fertig [...]
Sehr bald wurde es dunkel, und es fing an
zu donnern und zu blitzen. [...] Gleich
hinterher fing es an zu regnen, und bald
goss es wie mit Eimern. Und der Wind
heulte, wie ich’s noch nie gehört hatte
[...]
,Jim, ist das nicht schön?’ fragte ich. ,Ich
möchte nirgendwo anders sein als hier.
Gib mir noch mal’n Stück Fisch und ‘nen
heißen Maiskuchen.’ “
Auf dem Bild zu dieser Textpassage aus
dem „Huckleberry Finn“ fühlen sich die
beiden offensichtlich wohl. Ihnen
schmeckt es ausgezeichnet, obwohl ihr
Mahl – Fisch und Maiskuchen – verhältnismäßig – bescheiden ist und draußen
die Welt unterzugehen scheint. Die beiden
haben augenscheinlich keine Angst, fühlen sich in ihrer Freundschaft gut aufgehoben und geborgen. Und eben diese
Freundschaft ist es, die in ihrem sonst
eher einsamen Leben Sinn stiftet. Zusammen fühlen sie sich stark, zusammen
meistern sie die Anforderungen, die die
Wildnis und der Strom Mississippi mit all
den dazugehörigen Gefahren an sie stellen...
Huck hatte trotz chaotischer Bindungsvorgeschichte und fehlenden Urvertrauens dennoch im Kontext seiner späteren
schöpferisch-dialogischen Begegnungen
(Intersubjektivitätserfahrungen, Stern, D.
2005) in Intermediärräumen ein starkes
Kohärenzgefühl!
Diese Erfahrungen waren aber noch nicht
verinnerlicht. Das brauchte noch seine Zeit.
Deswegen sprang er aus dem Schulfens ter als wohlmeinende Menschen ihm Bildungskompetenzen angedeihen lassen
wollten. Sein Kohärenzgefühl war an die
aktuelle Gegenwart seiner Freunde
gebunden. Und die fand er im Wald, nicht
in der Schule. Meine Ehefrau Heidrun,
jahrzehntelang als Grundschullehrerin
tätig, konnte das bei so genannten SchulVerweigerern immer wieder bestätigt finden.
Das Kohärenzgefühl geht – in Anlehnung
an Antonovsky – mit folgender vorwiegend impliziten Weltsicht einher:
Kohärenzgefühl speist. Mit diesen inneren
Quellen (Ressourcen) kann das Kohärenzgefühl unter Belastungen auch in der Einsamkeit über einen längeren Zeitraum
stabil bleiben. So schrieb Dietrich Bonhoeffer Weihnachten 1943 aus dem
Gefängnis Tegel an seine Eltern: „Ich
brauche Euch nicht zu sagen, wie groß
meine Sehnsucht nach Freiheit und nach
Euch allen ist. Aber Ihr habt uns durch
Jahrzehnte hindurch so unvergleichlich
schöne Weihnachten bereitet, dass die
dankbare Erinnerung daran stark genug
ist, um auch ein dunkleres Weihnachten
zu überstrahlen. In solchen Zeiten erweist
es sich eigentlich erst, was es bedeutet,
eine Vergangenheit und ein inneres Erbe
zu besitzen, das von dem Wandel der Zeiten und Zufälle unabhängig ist.“ (Leibholz-Bonhoefffer 1971, S.98)
Der Ursprung des Kohärenzge fühles…
liegt in vertrauensvollen Beziehungserfahrungen. Beziehung meint Bindung und
Intersubjektivität (Stern, 2005).
Wesentlich sind also frühe und/oder spätere liebvoll-wertschätzende Erfahrungen,
aus denen heraus sich das Kohärenzgefühl entfaltet.
In Ergänzung zum ursprünglichen Konzept
von Antonovsky schließt dieses Schema
soziale Gesundheit ausdrücklich mit ein.
Dem Attentäter Andreas Breivik, der im
Sommer 2011 70 Menschen in Oslo
umbrachte, wurde vom Gericht ausdrücklich bescheinigt, dass keine krankheitsbegründete Einschränkung seiner Handlungs- und Urteilsfähigkeit vorlägen. Deswegen wurde er auch zur Höchststrafe
verurteilt. Soziale Gesundheit bestand bei
ihm aber mit Sicherheit nicht.
Gesundheits- und krankheitsbedeutsame
Momente können im Salutogenese-Modell
nebeneinander bestehen. Beim Überwiegen der gesunden Momente ergibt sich
folgende vorwiegend implizite Weltsicht:
Meine Welt ist verständlich, stimmig,
geordnet; auch Probleme und Belastungen, die ich erlebe, kann ich in einem
größeren Zusammenhang begreifen (Di mension der Verstehbarkeit). Das Leben
stellt mir Aufgaben, die ich lösen kann.
Ich verfüge auch über innere und äußere
Ressourcen, die ich, um mein Leben zu
meistern, einsetzen kann (Dimension der
Handhabbarkeit oder auch Selbstwirk-
samkeit). Für meine Lebensführung ist
Anstrengung sinnvoll. Es gibt Ziele und
Projekte, für die es sich zu engagieren
lohnt (Sinndimension).
Beispiel Huckleberry Finn: Er kannte sich in
dem Urwald und auf dem Mississippistrom
und ebenso auch mit dem Unwetter aus
(Dimension Verstehbarkeit), ebenso wusste
er, wie man preisgünstig ein Floß organisiert, ein Feuer macht, das nicht zu viel
Rauch entwickelt und wie man Fische fängt
und brät (Dimension Handhabbarkeit). Das
Wichtigste war aber die Sinnhaftigkeit, die
er in den gegenwärtigen Beziehungen zu
seinen Freunden, insbesondere zu seinem
Freund Jim, erlebte und auf deren Gegenwart er existentiell angewiesen war. Dies
im Unterschied zu verinnerlichten früheren
guten Bindungserfahrungen, aus denen
heraus sich das Kohärenzgefühl auch in
der Einsamkeit speisen kann.
Beispiel: Dietrich Bonhoeffer
Dessen gute Erfahrungen wurden schon
früh verinnerlicht. Als gute, körpernahe
Erinnerungen stellen sie später die inneren Quellen dar, aus denen sich auch das
Gemeint sind leibhaftige („dreidimensionale“) Begegnungen von Angesicht zu
Angesicht mit allen Sinnen. Eine besondere Bedeutung kommt in unserem
Zusammenhang den frühen Lächeldialogen zu. Der in der Affektpsychologie und
Säuglingsforschung bewanderte Rainer
Krause merkt dazu an: „Bis zum Alter von
sechs Monaten gibt es unter normalen
Umständen bis zu dreißigtausend solcher
Lächelbegegnungen. Es sind dies keine
Affektansteckungen, sondern echte Dialoge [...]. Mit jeder der dreißigtausend
Lächelbegegnungen wächst ein Stück
Wissen, dass das entstehende Selbst die
Quelle der mütterlichen Freude ist. Das
Kind weiß nun, dass es für die anderen
ein Geschenk ist.“ 6
Kinder gedeihen besser, sind fröhlich und
reagieren weniger angstvoll, wenn sie nur
häufig genug diese wahrnehmenden
Lächeldialoge erlebt haben. Die Lächeldialoge gehen mit einer vermehrten Oxytocin-Ausschüttung bei Mutter und Kind
einher. Schon die frühen Lächelspiele
führen zu ersten Spuren in einem implizitprozeduralen „Gedächtnis der Liebe“.
6 Krause, R. 2001
Focus efl Beratung
9
W ARUM H UCKLEBERRY F INN NICHT SÜCHTIG WURDE
Diese ersten Spuren werden mit den weiteren intersubjektiven Spielerfahrungen,
die das Kind macht, verknüpft: „Im dritten
bis sechsten Lebensmonat folgt die Einstimmung im Spiel von Angesicht zu
Angesicht.
Es ist die Zeit der Lächelspiele, bei
denen sich normalerweise die Augen der
beiden in einem vom Kind bestimmten
Rhythmus treffen [...]. 7
Die Körpermotorik von Kind und Bezugsperson stellt sich (so) aufeinander ein,
dass von einem „gemeinsamen Tanz“
gesprochen wird.“ (Milch 2000, S. 19)
Und im Hinblick auf das melodiöse Lallen,
Brabbeln und Summen könnte man von
einem fröhlichen Duett sprechen. (Braten
2012)
Diese Begegnungen können aus den Spuren im und zum Gedächtnis der Liebe
breite Pfade werden lassen, wenn das
Kind auch späterhin in seiner weiteren
spielerisch-schöpferischen Entfaltung im
Familien- und Freundeskreis so wie im
Kindergarten und in der Schule erfährt:
„Schön, dass es Dich gibt!“ Es entstehen
Augenblicke voller Lebensfreude.
Das Lächeln ist die Erkennungsmelodie
für das unausgesprochene Wissen: Wir
begegnen uns, sind nicht allein. Fröhlichen Kindern geht es gut:
Lächeldialoge gehen oftmals mit einem
Moment of meeting! (Daniel Stern) einher.
Aus dem „Moving along“ des Spielens heraus entstehen plötzlich „Now moments“
mit einer erhöhten wechselseitigen Wahrnehmungsintensität. Diese ermöglichen die
„Augenblicke der Begegnung“, denen ein
Veränderungspotential zu eigen ist.
Der Zauber in den spielerisch-schöpferischen Freiräumen entfaltet sich nicht nur
mit den erwachsenen Bezugspersonen
sondern bald auch mit Kindern. Und auch
hierbei gibt es – wie die folgenden Bilder
verdeutlichen – eine erhöhte OxytocinAusschüttung.
Sehr salopp formuliert könnte man sagen:
„Hier gibt es Oxytocin statt Kokain“
Was Sie hier beispielhaft sehen, sind die
schon erwähnten Frei-Räume des Spielens oder auch Intermediärräume. Literarisch finden Sie diese Räume bei Huckleberry Finn, Pippi Langstrumpf und Momo
brillant dargestellt.
Die Intermediärräume – Sie erinnern sich
– (wörtlich übersetzt: Zwischenräume)
sind nicht vermessbar, nur erlebbar.
Sie eröffnen sich zwanglos im Spielen
und im Dialog und natürlich auch im spielerischen Dialog oder dialogischen Spiel.
Es sind die Räume zwischen der Fantasie
der Kinder und z.B. dem Sandhaufen vor
den Kindern. In den Spiel-Intermediärräumen wie in den dialogischen Intermediärräumen kann man sich verlieren – und
bereichert aus ihnen zurückkehren.
Lächelspiele als anthropologische Konstante
Quelle: Irenäus Eibl-Eibesfeld, 1972
Bäume laden zum Klettern ein
7 Die Notwendigkeit bisherige Eindrücke zu verarbeiten und der Eigensinn. Ggf. Hinweis auf die nachmittägliche Arbeitsgruppe
10
Vom Moving along zum Moment of meeting……mit Oxytocin-Ausschüttung
Sehr schön hat Astrid Lindgren schon vor
Jahrzehnten die heilsame – sprich: salu-
Mit Opa Fische fangen
Die ansteckende Freude an der „Matsche“
Schwerarbeit: Hier wird gemeinsam das
„tiefste Loch der Welt“ gebuddelt
togenetische – Wirkung der Intermediärräume beschrieben:
„Kinder sollten mehr spielen, als viele
Kinder es heutzutage tun. Denn wenn
man genügend spielt, (solange man klein
ist,) dann trägt man Schätze mit sich
herum, aus denen man später sein ganzes Leben lang schöpfen kann. Dann weiß
man, was es heißt, in sich eine warme,
geheime Welt zu haben, die einem Kraft
gibt, wenn das Leben schwer wird. Was
auch geschieht, was man auch erlebt,
man hat diese Welt in seinem Innern, an
die man sich halten kann.“
Gemeint ist von Astrid Lindgren ein Spielen im Sinne von paidia (altgriechisch:
kindliches Spielen). Auch im Schwedischen wird zwischen Spelar (Kampfspiele
der Erwachsenen und Lekar (kindliches
Spielen) unterschieden.
Unser Innenleben wird reich, wenn wir
uns als Kinder mit all unseren Sinnen,
Gefühlen und unserer Motorik entfalten
können. Und zwar im prozessorientierten
Spielen – wie bei Astrid Lindgren. Bei
dem prozessorientierten Spielen ist das
Tun selbst und weniger das bewertbare
Ergebnis das Entscheidende.
Der Weg – des prozessorientierten Spielens – ist auch hier, das Ziel…
Um das Spezifische der Intermediärräume
wusste im Prinzip schon Friedrich Schiller.
Der geniale Donald Winnicott hat ihnen vor
50 Jahren den Namen gegeben. Und die
Neurobiologie hat bestätigt, dass in den
Intermediärräumen die Ausschüttung von
Oxytocin, Dopamin und Nervenwachstumsfaktoren dominiert. Beim Singen kommen
dann noch die Endorphine dazu.
Sensationen, „um etwas zu erleben“ –
einschließlich Kicks vom Nikotin bis zum
Kokain. Hierfür genügt dann ein einfaches
Stück Holz, um daraus ein Auto, ein
Schiff, ein Pferd eine Puppe oder sonst
etwas werden zu lassen. Fantasie lässt
zaubern!
Und die Fantasie wird gefördert indem wir
gut zuhören und dabei eigene innere Bilder
entwickeln. Das gute Zuhören wiederum
lernen wir indem uns gut zugehört wird.
Jedoch – wie wir alle wissen – wird Kindern heute nur noch wenig zugehört und
sie spielen kaum noch „auf der Straße,
auf der Wiese, im Wald ...“
Im Gegenteil, sie verpassen sich selbst
freiwillig das, was zu meiner Jugendzeit
noch das Allerschrecklichste war, nämlich
Stubenarrest!
Nebenbemerkung: Leider besteht unsere
Welt nicht nur aus Intermediärräumen.
Morgens um kurz vor acht, wenn die
Strumpfhosen immer noch nicht angezogen sind und um acht der Kindergarten
beginnt, hören die Intermediärräume auf.
Dann herrscht manchmal kruder Zwang
vor. Dieses Unterscheidungslernen wird
vom Kind jedoch gut verkraftet, wenn es
sich anderweitig ausreichend in Intermediärräumen bewegen kann.
Unsere leibhaftige Welterfahrung in den
intermediären Räumen wird als implizitprozedurales Wissen gespeichert. Es handelt sich um ein Wissen, das weitgehend
ohne Worte auskommt, sich aber über
innere Bilder und Empfindungen uns vermitteln kann. Die Lebendigkeit unseres
Denkens und Erlebens speist sich daraus.
Unsere vormaligen Sinneserfahrungen
werden in jeweils passenden Kontexten
aktuell vergegenwärtigt.
Ein Beispiel: selbstgemachte Brombeer marmelade, die das Pflücken der Brombeeren an einem sonnigen Spätsommertag und das kindliche Abenteuer der Marmeladenproduktion „von innen her“ noch
mitschmecken lässt. Die Gesamt-Wahrnehmung speist sich wesentlich aus der
Innen-Wahrnehmung, die aus unserer
leibhaftigen Erfahrungsgeschichte heraus
entsteht.
Je mehr affektu-sensomotorische Vorerfahrungen spielerisch gemacht werden, je
mehr also auch unsere inneren Bilder
damit verknüpft werden, desto lebendiger
wird unsere Fantasie und umso reicher
unser ganzes Innenleben. Wir bedürfen
dann keiner ständigen äußeren Reize und
und Papa macht mit!
Klausi hat aber kein starkes Kohärenzgefühl mit intrinsischer Sinnfindung und
Frustrationstoleranz. Ihm hört auch keiner
gut zu. Er frisst Süßigkeiten und Pommes,
trinkt Cola, lernt schlecht, wird dümmer
und immer trauriger. (s. Christian Pfeiffer). Die Intensität seiner AußenwahrnehFocus efl Beratung
11
W ARUM H UCKLEBERRY F INN NICHT SÜCHTIG WURDE
mung muss die fehlende Innenwahrnehmung ersetzen. Von daher sind Rausch
und Rauschhandlung für Ihn auch hoch
attraktiv.
Exkurs: Die „unvermeidbaren Kicks“ der
Außenreize beim Fastfood, den HorrorDVDs und Jahrmarktmaschinen führen in
die Suchtnähe.
Was braucht Klausi aber wirklich? Klausi
braucht jemanden, der ihn in die Intermediärräume des Spielens und des Dialoges
entführt, ihn ermutigt in die Bäume zu
klettern, Brombeermarmelade zu kochen
und Bilder zu malen. Das geht zunächst
über Beziehung und ermöglicht dann
innere Suchtdistanz.
Ein solches prozessorientiertes Spielen in
Intermediärräumen mit anderen zusammen in der Gruppe (Peer-Group) ermöglicht zugleich ein starkes Kohärenzgefühl des Einzelnen wie auch das der Gruppe.
Eine solche Gruppe kann nämlich eine
ähnliche Haltefunktion wie eine liebevolle
Mutter entfalten. („holding function“).
Die Geborgenheit und das Wohlbefinden,
das wir in der Gruppe empfinden, wenn wir
mit anderen zusammen in dieser Weise
spielen, hat ebenfalls sein neurobiologisches Korrelat. Auch dabei wird im Gehirn
vermehrt das Oxytocin ausgeschüttet.
Das ermöglicht mir auch dann noch Freude am Spielen haben zu können, wenn ich
dabei desillusioniert werde, das heißt
erlebe, dass die anderen schneller laufen
oder schwimmen, besser klettern,
gewandter mit dem Ball umgehen oder
sich besser ausdrücken können. Die
intrinsisch begründete Lust auf Welt
bleibt innerhalb solcher Spielerfahrungen
trotz Enttäuschungen erhalten. Ich bedarf
dann auch nicht zwingend der Rauschmittel und -handlungen, um Enttäuschungen
zu verkraften oder um „Kicks“ zu erleben.
Entscheidend ist bei solch einem Spielen
das Miteinander im Zusammenspiel, das
freudige Wahrnehmen und Wahrgenommenwerden – ohne Zwang und PISA-vergiftete Bewertungen der Erwachsenen.
Aber unter der Erkennungsmelodie der
Lächeldialoge!
Selbstwertgefühl und Lebensfreude werden dabei als wesentliche Bestandteile
12
des Kohärenzgefühles weiter gefördert.
Das Oxytocin sorgt also dafür, dass wir
uns in liebevollen und freundschaftlichen
Beziehungen wohlfühlen, wodurch eben
diese Beziehungen stabilisiert werden.
Diesen Kindern fällt dann der Schritt von
der Autonomie zur verantworteten Autonomie, das heißt vom play zum fair play
nicht schwer. Fairplay meint den anderen
wahrnehmen, sich nach seinen Möglichkeiten entfalten lassen können, ihn nicht
zur Seite schubsen oder ausschalten
müssen. 8
Hierüber kann sich ein starkes Element
entfalten, das im Fairplay die gegenwärtig
immer mehr wuchernde Konkurrenzmentalität, die auch schon Kinder und
Jugendliche erfasst, mildern könnte. Im
Fairplay kann mein Gegenüber zwar auch
mein spielerischer Gegner, mein Konkurrent sein, trotzdem verliere ich dessen –
das sei etwas altmodisch ausgedrückt –
Antlitzhaftigkeit nicht aus den Augen. Er
bleibt trotz aller Rauferei mein Spielkamerad. Dies im Unterschied zum Antlitz
fernen Mobbing über das Smartfon.
Erinnert sei auch an die Spiele von Pippi
Langstrumpf oder von Tom Sawyer, Huckleberry Finn und ihren Freunden. In diesen Spielen ging es oftmals wild zu, es
gab Gehässigkeiten, Gemeinheiten, aber
keiner wurde ausgeschaltet. Der freundschaftlich-tragende Zusammenhalt und
die Geborgenheit durch die Haltefunktion
der Gruppe wurden nicht zerstört. Ein solches Gruppenkohärenzgefühl ist eine weitere Chance für Huckleberry Finn.
…und auch für Gymnasialklassen die mit
einem Mobbing-Virus kämpfen.
Hier ermöglichte dialogisch-schöpferische Entfaltung z. B. über improvisierte
Rollenspiele in einem salutogenen Unterricht, in den auch die Lehrerin mitspielte,
über Augenblicke der Begegnung ein
erkennbares Klassenkohärenzgefühl.
Schon vor 60 Jahren notierte Hans Zulliger erstaunt, dass gestörte Kinder immer
wieder auch gesund wurden, nur indem
sie – ohne Deutung – spielten
Wie sich ein solches Kohärenzgefühl in
einer Gruppe entfaltet und schließlich
8 wie z. B.in dem Film Black Swan.
„aussieht“, zeigt folgendes Beispiel: Es
geht um eine bildnerische Gemeinschaftsproduktion in einem zweiten Schuljahr, in
dem die Kinder auf einer 1 x 1 Meter großen Leinwand jeweils eine Blume malen
konnten. Keine Blume wurde übermalt. Die
Kinder entdeckten, dass ihre Blume
zusammen mit den anderen jeweils viel
schöner aussieht, als wenn sie alleine auf
der Leinwand zu sehen gewesen wäre.
Gemeinschaftsblumenbild, 2.Schuljahr
Die Freude der Kinder über das gelungene Werk, mit dem sie sich identifizierten,
ist ohne Schwierigkeiten zu erkennen. Ein
Klassenkohärenzgefühl „sieht so aus“.
Die Identität des Einzelnen geht in dieser
Gemeinschaftsproduktion nicht verloren,
sondern ist sogar erhöht.
Und jedes Kind wusste auch, wer welche
Blume gemalt hat – die jeweils anderen
wurden also mit ihren Produktionen
gleichfalls wahrgenommen.
Blumen-Gemeinschaftsbild und Entstehungsprozess: Takan schaut liebevoll auf
das Bild seiner Mitschülerin – nachdem
er zuvor seinen „dicken Brummer“ in die
Mitte des Bildes hatte platzieren können.
Keiner meckerte, dass er zu viel Platz für
sein Bild beanspruche. Im Gesamtbild
macht sich der „dicke Brummer“ gut
Gestärkt wird das Klassenkohärenzgefühl
im Kontext liebevoller wechselseitiger
Wahrnehmung und Akzeptanz beim
Gemeinschaftsprozess. Keine Blüte wird
zensiert, kein Schüler ausgelacht – jeder
Mitspieler hat seinen Platz.
Ich sagte eben, dass durch Spiel und Dialog in der Gruppe ein starkes Kohärenzgefühl entsteht, indem Lebensfreude,
reichhaltige Innenwahrnehmung und
zugleich auch die Gelassenheit gestärkt
werden.
Singen …
und wegen der genannten Neurotransmitterausschüttung beim Singen gibt es Wiegen- und Gutenachtlieder, haben die
Menschen früher in Not nicht nur zusammen gebetet, sondern auch gesungen.
(Gospels, Spirituals, Psalmen …). Auch in
dem Schrecken und Entsetzen der KZZeit half die Musik, insbesondere das Singen, zu überleben.
Aber stellen Sie sich vor: an einem sommerlichen Montagmorgen stehen Sie –
nicht alkoholisiert – an einer Straßenbahnhaltestelle. Sie aktivieren Ihr körpereigenes Dopamin-Belohnungssystem,
indem Sie nun aber nicht ihr I-Pad einschalten, sondern selber laut und freudig
singen: „Geh aus mein Herz ...“ Neben
den diagnostischen Erwägungen seitens
der Mitwartenden werden Sie vermutlich
auch noch ein allgemeines Peinlichkeitsgefühl auslösen.
Anders hingegen die Reaktion noch im
Grundschulunterricht meiner Frau, in dem
diese gerade ein neues Lied einübt. Die
kleine Sonja meldet sich: „Das Lied kenne ich schon aus dem Kindergarten. Soll
ich es mal vorsingen?“ „Oh ja, gern!“. Die
anderen Kinder hören aufmerksam und
anerkennend zu. Keine hämische Bemerkung, niemand lacht.
Das, was die kleine Sonja aus den Intermediärräumen des Kindergartens mitbringt, ist eine kostbare, für das Kohärenzgefühl hochbedeutsame, aber leider
immer seltener werdende salutogenetische Ressource.
Jedes Kind ist zunächst mit seinen kreativ-kommunikativen Ausdrucksformen
identifiziert.
Diese stehen in Fortsetzung der frühen
dialogischen Lächelspiele und bedeuten
„Nimm mich auch weiterhin als wertvolles
Geschenk wahr. Vergiss mich nicht!“
Die Erfahrungen, über die schöpferische
Eigendarstellung in den Lächelbegegnungen als wertvolles Geschenk wahrgenommen zu werden, begründen ein frühes
Kohärenzgefühl bzw. das Urvertrauen.
Jede weitere schöpferische Aktivität in
Intermediärräumen zielt in die gleiche
Richtung.
Intermediärräume sind frei von den Zwängen, Leistungsnormen und Pisa-Ängsten
der Erwachsenen. Gegenteilig zum Spiel
sind nicht Anstrengung und Arbeit. Nein,
das Gegenteil vom Spielen ist der Zwang.
Intermediärräume sind frei von Zwang.
Nur so entfalten sie ihre heilsame Wirkung.
Hier liegen höchstbedeutsame salutogenetische Chancen des Spielens und des
freien schöpferischen Gestaltens: Werden
diese geachtet und nicht entwertet, so
wird auch das Kind – und das innere Kind
in jedem Erwachsenen – geachtet und in
seinem Selbstwertgefühl gestärkt.
Werden hingegen die auf die Lächeldialoge folgenden Eigendarstellungsweisen
durch Zensuren und/oder Desinteresse
nicht geachtet, dann überwiegen die
Beschämungen: „Du interessierst mich
nicht!“ Und irgendwann wird aus den
Beschämungen Selbstverachtung. Selbstverachtung hat aber ein Geheimnis: Sie
ist rauschmittellöslich.
„Warum trinkst du?“ fragte der kleine
Prinz. „Weil ich mich schäme“, antwortete der Säufer. „Und warum schämst Du
dich?“ „Weil ich saufe.“
Alle spielerisch-schöpferischen Entfaltungen stehen in der Fortsetzung der Lächeldialoge und bedeuten: „Nimm mich wahr
und nimm mich an!“ Und eben dieses liebevoll wertschätzende Wahrnehmen eines
Geschenkes steht gegen die menschliche
Urangst vergessen zu werden und damit
zu erfrieren, zu verhungern und zu verdursten. Wird allerdings diese Eigendarstellung nicht angenommen, so erlebt das
Kind dies sinngemäß als Ablehnung seiner Existenz, was mit einer tiefen Beschämung verbunden ist.
Das Drama beginnt daher in dem Augenblick, in dem diese Eigendarstellungsweisen nicht mehr wie das Lächeln freudig
angenommen sondern zurückgewiesen
werden: z. B. durch die hochgezogene
Augenbraue oder den gequälten
Gesichtsausdruck bei falschen Tönen in
der Liedmelodie oder die fehlende Aufmerksamkeit für die Geschichte, die das
Kind so brennend gern erzählen möchte.
Es etablieren sich dann introjekthafte
Selbstwertzweifel, deren Rauschmittellöslichkeit Sucht begünstigt.
Werden dialogisch-schöpferische Entfaltungsweisen hingegen unter der Erkennungsmelodie der Lächeldialoge wahrgenommen, kann sich ein starkes Kohärenzgefühl einschließlich Lebensfreude entwickeln. Das Rauschverlangen sowie ein verzweifeltes Renommierbedürfnis in der Peer
Group kann dadurch minimiert werden.
Rekapitulation der intermediären
salutogenetischen Pfade:
• reiche Innenwahrnehmung durch Spielen mit allen Sinnen ermöglicht kein
andauerndes Angewiesensein auf
kicks
• „Oxytocin im Spielen statt Drogen“
• starkes
Selbstwertgefühl
(„ein
Geschenk sein“) und schöpferische
Entfaltung in der Fortsetzung – oder
auch erst Eröffnung – der Lächeldialogsituation.
Diese Pfade können Eltern bzw. Bezugs personen mit ihren Kindern zusammen
am besten verfolgen, indem sie gemeinsam prozessorientiert spielen. Das heißt
dann, dass nicht das Ergebnis des Spielens, das Produkt, der Sieg oder die Note
entscheidend sind, sondern die Freude
am Tun selbst.
Im salutogenetischen Sinne sollten wir alle
zukünftigen Eltern zum Spielen einladen.
Intersubjektivität ist im Spiel neben der
Bindungserfahrung das zweite große
Motivationssystem (D.Stern, Der Gegenwartsmoment 2005) Es fördert u. a.
Kooperativität und
soziale Gesundheit.
Dr. Eckhard Schiffer,
Facharzt für Nervenheilkunde, Psychosomatische Medizin
u. Psychotherapie.
A USFÜHRLICHERE D ARSTELLUNG
L ITERATURANGABEN IN :
UND
Schiffer, E. (1993/2010; 12. und überarbeitete Auflage): Warum Huckleberry Finn
nicht süchtig wurde. Anstiftung gegen
Sucht und Selbstzerstörung bei Kindern
und Jugendlichen. Weinheim und Basel:
Beltz.
Schiffer, E. (2001/2013; 8. und erweiterte Auflage): Wie Gesundheit entsteht.
Salutogenese: Schatzsuche statt Fehlerfahndung. Weinheim und Basel: Beltz.
Schiffer, E. (2006/2013): Reise zur Gelassenheit. Aachen: Shaker Media.
Schiffer, E. (2008): Warum Tausendfüßler
keine Vorschriften brauchen. Intuition.
Wege aus einer normierten Lebenswelt.
Weinheim und Basel: Beltz.
Focus efl Beratung
13
W AS
WIR UNSEREN
L EBENSKRISEN
ENTGEGENSETZEN KÖNNEN
S ECHS T HESEN
ZUR
R ESILIENZ
Martin Hecht
Essay-Fassung – Mainz, im Oktober 2015 (1. Teil)
Vorbemerkungen
Wer weiß es besser? Wer kennt sich besser mit dem Leben aus? Der gelehrte
Autor psychologischer Themen, der Wissenschaftler, der Denker? Oder einfach
der Mensch, der eine große Krise erfahren hat – und daraus ganz unakademisch
Lehren gezogen hat? Ich denke, es kann
ein Vorteil sein, wenn beides zusammenkommt. Erfahrung und Reflektion. Die
Durchdringung von persönlichem Erleben
und fachlicher Beschäftigung – sie kann
eine Stärke in der Darstellung von Themen sein, die einen Mehrwert, einen
Nutzen für andere haben sollen, die ihnen
in irgendeiner Art Rat oder Anlass zur
Selbsthilfe sein wollen – vorausgesetzt es
gilt trotz aller Betroffenheit die nötige
Distanz zum Thema aufzubauen. Deshalb
also Introspektion und Objektivierung:
Innenschau und Recherche in einem. So
bin ich vorgegangen – in meiner Beschäftigung mit Lebenskrisen und Resilienz.
Ich habe etwas mitgemacht, was Tausende und noch viel mehr vor mir schon mitgemacht haben: ich habe eine Lebenskrise der größeren Art durchlebt. Ich habe
mit Mitte Vierzig meine Frau verloren.
Über sieben Jahre ist es nun her. Sie
starb vier Jahre nachdem bei ihr Brustkrebs diagnostiziert worden war im Alter
von 46 Jahren. Ich blieb zurück – mit
einem damals siebenjährigen Sohn. Diese
persönliche Krise war eine Krise meiner
Frau, eine Krise unserer kleinen Familie,
am Ende eine Krise von mir. Eine Krise
geprägt von Erkrankung, Verschlimmerung bis zum Tod, danach Trauer und
Schmerz, eigene Erkrankung. Diese
Lebenskrise gab den Auslöser für das
Buch, das ich geschrieben habe:
„Lebenskrisen bewältigen. Die verborgenen Kräfte der Resilienz in uns ent decken“. 1 Ich habe in dieser Zeit viel
14
gelernt über das Leben: über die Freude
und das Leiden – und das wollte ich
weitergeben.
unsere Fähigkeit zur Akzeptanz und letztlich um den Humor. Sie alle schlummern
in uns – und werden wach in der Krise.
Aber Resilienz – der Modebegriff der letzten zehn Jahre in der Psychologie – ist
kein Selbstläufer. Die Aufrichtigkeit gebietet es, realistisch zu bleiben. „Yes we
can!“ – das sind oft Allmachtsphantasien
nicht nur der Politik, sondern auch der
Psychotherapie. Oder Marketing-Schachzüge der Verlage, die ihren Lesern irgendetwas versprechen wollen, damit sich die
Bücher gerade der Ratgeberliteratur besser an den Mann bringen lassen. Meine
Überzeugung ist es – und das ist der Ausgangspunkt meiner Überlegungen: es ist
nicht alles zu bewältigen, man kann an
Krisen auch zerbrechen. Auch noch das
beste Krisenmanagement ist keine Garantie für ein happy end. Aber dennoch. Es
gibt eben viel mehr Kräfte, die uns in solchen Lebenslagen zur Verfügung stehen,
viel mehr als wir denken – und über die
lohnt es sich nachzudenken.
Was sind Lebenskrisen überhaupt? Wenn
ich von „Lebenskrisen“ spreche, dann von
solchen, die uns als Menschen in unserer
ganzen Existenz bedrohen und unser Fundament schwer erschüttern. Nichts pols tert uns mehr, nichts gibt mehr Halt und
Geborgenheit. Unsere Seele ist chaotisiert. Wir werden von starken Gefühlen
überwältigt, die sich meistens in den gleichen zeitlichen Abfolgen ablösen, anfangs
von Angst, Wut und Zorn, dann allmählich
übergehend in Trauer und Niedergeschlagenheit, Ohnmacht und Verzweiflung.
Eine Lebenskrise markiert immer eine
Phase zwischen zwei Lebensabschnitten,
sie ist, so besehen, ein Übergangsstadium. Eine Zeitspanne der Veränderung
zwischen einer Zeit, die endgültig zum
Abschluss kommt und nun unwiederbringlich hinter uns liegt, und einem
unbekannten Abschnitt, der vor uns liegt.
Krisen sind Veränderungsprozesse, die
wir durchlaufen müssen, dabei stets Prozesse mit „Open End“. Daher empfinden
wir sie als gefährlich, als existenziell
bedrohlich.
Krise und Widerstand
Auf das magische Wort „Resilienz“ möchte ich nicht weiter eingehen. Genug ist
dazu geschrieben worden. Nur so viel:
Resilienz ist in meinem Verständnis ein
Komplex, der sich in sechs Teilbereiche
unterteilen lässt – nach denen ich auch
diesen Essay gegliedert habe. Sechs Teilressourcen, die aus unterschiedlichen
Quellen fließen, aber alle zusammen
Menschen in der Krise Kraft geben. Mir
geht es heute um Mut, im Sinne von:
Lebensmut, um neue Verbundenheit
durch Trost, um Natur und Kunst als
Ressourcen, um die Kraft der Ruhe, um
1 Martin Hecht, Lebenskrisen bewältigen. Die verborgenen Kräfte der Resilienz in uns entdecken. KreuzVerlag Freiburg, 2014.
1. L EBENSMUT
Der erste These lautet: Wer in einer Krise
steckt, leidet. Wer leidet, hat oft Angst.
Aber erst wer Angst hat, kann Mut finden,
Lebensmut. Aus mehr Lebensmut beziehen wir Kraft, um die Krise zu bewältigen.
Mut ist eine sonderbare Tugend. Meistens
fehlt er uns ausgerechnet dann, wenn wir
ihn dringend brauchen – in wirklich tiefen
Lebenskrisen. Aber, wenn er sich schon
so rar macht – gibt es nicht doch Wege,
wie ihn jeder in sich erwecken kann?
Wie ist das mit dieser Ressource? Wem
steht sie zur Verfügung? Und wem nicht?
Ist Mut eine Gabe – dem einen gegeben,
dem anderen nicht? Keinesfalls. Es gibt
tatsächlich viele, viele Beispiele von eher
unauffälligen, oder gar scheuen Zeitgenossen, die im Angesicht größter Gefahren zu beherzt zupackenden Menschen
geworden sind. Georg Elser, der HitlerAttentäter, etwa, oder der U-Bahn-Fahrgast Dominik Brunner, der Kindern half
und dafür mit seinem Leben bezahlte.
Ich selber habe auch erfahren, wie ich
mutig geworden bin, dass ich viel mehr
seelische Widerstandkraft habe, als ich
mir das zu Anfang dieser schlimmen Zeit
bewusst gemacht habe. Etwas, was ich zu
Beginn dieser schlimmen Zeit nicht
geglaubt habe, ist in meinem Fall tatsächlich eingetreten: ich bin mit der Krise, vielleicht an der Krise gewachsen.
Und ich habe gelernt, dass man darauf
vertrauen kann, dass einem dieser Mut
zuwächst, wenn man ihn braucht. Ein
anderes ganz und gar eindrucksvolles
Beispiel: Für mein Buch habe ich ein
Interview mit Juliane Koepcke geführt, die
selber ein eindrucksvolles Buch geschrieben hat, in dem es um eine der denkbar
größten Lebenskrisen geht: um einen
Flugzeugabsturz, den sie miterlebt hat. 2
Über vierzig Jahre ist es her, da überlebte sie als damals 17-jähriges, schüchtern-scheues Mädchen als einzige von 91
Passagieren einen Flugzeugabsturz über
dem südamerikanischen Dschungel. Das
Flugzeug, in dem sie saß, zerbrach in
einem infernalischen Gewitter. Sie stürzte
aus einer Höhe von 3.000 Metern im
freien Fall, landete, angeschnallt an ihren
Sitz, auf dem Dach der Baumkronen der
Urwaldriesen und fand sich schließlich
auf dem feuchten Boden des Regenwaldes wieder – nur leicht verletzt. Zehn
Tage und zehn Nächte verbringt das Mädchen im Dschungel bevor sie auf Zivilisation stößt – und gerettet wird. Den
Absturz selber hat Juliane Koepcke als
etwas in Erinnerung, was viel zu schnell
verlief, als dass sie wirklich Zeit gehabt
hätte Angst oder gar Mut zu entwickeln.
Aber die Nächte, die im Dschungel folgten, waren die schrecklichste Zeit in diesen Tagen, sagt sie noch heute. Sie habe
nicht nur große Angst gehabt, sondern
auch eine grenzenlose Verlassenheit
gefühlt. Stockdunkle Nächte im Urwald, in
denen man nicht einmal die Hand vor
Augen sah. Wie kann ein Mensch das
alles überstehen? „Ich glaube, jeder ist in
der Lage, ungeahnte Kraftreserven zu
entwickeln, und auch Lebensmut“, meint
Juliane Koepcke heute rückblickend,
„Wenn man mich vor dem Absturz gefragt
hätte: „Würdest Du so etwas schaffen?“
dann hätte ich bestimmt „Nein!“ gesagt.
Aber danach habe ich das ganz anders
gesehen, da habe ich mehr Selbstbewusstsein, mehr Kraft, mehr Lebenskraft
gehabt und diese herausgezogen aus
meinen Erlebnissen. Ich glaube wirklich,
dass jeder in der Lage ist, viel, viel mehr
zu leisten, als er sich zutraut.“
Mut ist eine Ressource, die in uns allen
schläft. Ein anderes keineswegs nur
erdichtetes Beispiel liefert Stefan Zweig
in seinem großartigen Buch über Marie
Antoinette. 3 Er zeigte in diesem Weltbestseller, wie sich diese ausschließlich dem
eigenen Lustprinzip gehorchende französische Königin zum Ende hin gewandelt
hat. Schritt für Schritt, je klarer ihr wurde,
dass sie dem Fallbeil der Revolution nicht
entkommen würde. Von der Verschwenderin und Ignorantin ist nichts geblieben –
am Ende wird sie zu einer wirklich charakterstarken Frau, die im Angesicht des
Schafotts Größe zeigt – oder „Festigkeit“,
wie Zweig es nennt, eine, die ihr Schicksal fest in den Blick nimmt, und bei allen
Demütigungen, die man ihr antut, gefasst
ihrem Ende entgegen schreitet. „Festigkeit“ – das ist auch für mich die zentrale
Kategorie, um die sich alles dreht.
Mut kommt tatsächlich mit der Angst –
das ist die Erkenntnis. „Es war wirklich
so, dass sich meine Kräfte entwickelt
haben“, sagte mir auch Juliane Koepcke,
„während der Tage, die ich im Dschungel
verbrachte. Obwohl es von Tag zu Tag
hoffnungsloser wurde, ist mein Wille stärker geworden. Es war für mich nie ein
Thema sitzen zu bleiben und nichts mehr
zu tun. Natürlich kamen solche Gedanken
immer wieder mal, aber ich hatte immer
ein Durchhaltevermögen – und das ist mir
wirklich zugewachsen.“ Mut kann man
aus sich selbst heraus entfesseln. Ja,
man kann sagen, er kommt tatsächlich
über einen, wenn man ihn braucht. Man
wächst nicht nur nach einem durchlittenen Trauma, wie die „Posttraumtic Growth
Research“ 4 behauptet, sondern der Reifeprozess setzt schon während der akuten
Phase einer lebensbedrohlichen Krise in
uns ein, und macht, dass wir in der
Gefahr mit der Bedrohung auf Augenhöhe
kommen. Mutig zu werden ist eine Antwort des Menschen auf das Leiden. Die
Botschaft des Mutes lautet immer: ich
lasse mich nicht unterkriegen vom Leid
dieses Lebens! Aber Mut ist nichts, was
vom Himmel fällt. Lebensmut ist vielmehr
das Ergebnis eines Reifeprozesses, den
vor allem jene durchschreiten, die nicht
verdrängen, ignorieren, sondern genau
hinsehen wollen. Er ist kein Gnadengeschenk der Götter, sondern man muss
ihm etwas nachhelfen. Sigmund Freud
würde vielleicht sagen, ihn durch „Mutarbeit“ entstehen und größer werden lassen. Mut bedeutet, sich auf den Schrecken einzulassen – sich der eigenen Lage
zu stellen. Mut ist sich öffnen zur Angst
hin. Wer seine innere Verpanzerung aufgibt, sich auf die Situation „draußen“ einlässt, wer auf das Neue, Unbekannte
zugeht, macht eine unglaubliche Entdeckung: er überwindet zwar nicht die Angst
selbst, aber er versetzt sich bald in einen
Zustand, in der er sich von der Angst
nicht mehr lähmen lässt. Das ist das
Geschenk, das allen Mutigen sicher ist,
egal wie ihre Krise endet.
2. T ROST
UND NEUE
V ERBUNDENHEIT
Die zweite These lautet: Wer in Krisen
gefangen ist, begegnet Menschen anders
– und diese dem, der leidet. Andere Menschen werden zu Kraftspendern.
In der Resilienzforschung hat man herausgefunden, dass sich solche Menschen
in Krisen als besonders widerstandsfähig
erwiesen haben, die über feste Beziehungen in der Familie aber auch im Freundeskreis verfügen. Soweit die Theorie.
Nicht besonders spektakulär. Das Problem in der Praxis ist nur, dass gerade in
den Anfangsphasen einer schweren Krise
bei allen Betroffenen, ganz egal, wie viel
Resilienz sie auch mitbringen, die
Zusammenhänge, in denen sie sonst
sicheren Halt finden, selber gefährdet
sind. Jede Lebenskrise ist ein Verlust dieser Lebenszusammenhänge – oder wie
Psychologen sagen, jede psychische Krise ist eine „Kohärenzkrise“. Damit ist
gemeint: in Krisen gehen die Sinnstrukturen, die uns im Leben halten, oder, ganz
allgemein, unsere grundsätzlichen Verbundenheitsgefühle zum Leben verloren. 5
2 Vgl. Juliane Koepcke, Als ich vom Himmel fiel. Wie
mir der Dschungel das Leben zurückgab, München
Malik, 8. Aufl. 2011.
3 Stefan Zweig, Marie Antoinette, Bildnis eines mittleren Charakters, Frankfurt a. M. Insel-Verlag 1932.
4 Richard G. Tedeschi, Lawrence G. Calhoun: Trauma
and transformation: Growing in the aftermath of suffering. Sage Publications, Newbury Park 1995.
Focus efl Beratung
15
W AS WIR UNSEREN L EBENSKRISEN ENTGEGENSETZEN KÖNNEN
Diese Sinnstrukturen sind so etwas wie
ein Gewebe, in dessen Mitte wir selbst
verflochten sind. In der Krise reißen
immer mehr dieser Sinnfäden ab, das
Gewebe wird löchrig – man sieht in nichts
mehr einen Sinn. Wer etwa schwer krank
wird, wer von seinem Partner verlassen
wird, wer seinen Job verliert, dem
erscheint mit einen Mal alles sinnlos. In
der Krise verlieren wir die Verbindungen.
Manchmal so viele, dass uns das Gewebe
nicht mehr trägt. Das Wesen der Krise ist
das Abhandenkommen von Kohärenzgefühl. Die Welt wird inkohärent.
Wie aber kann man neue Kohärenz aufbauen, neue Verbundenheit herstellen?
Menschen in Krisen sind erfahrungsgemäß
nicht besonders initiativ und dazu oft gar
nicht in der Lage, ihre Verbindungen zu
stärken. Ihre Kommunikationsfreude ist
ziemlich eingeschränkt. Oft sind sie jedoch
offen und bereit, Verbindungsangebote
wahrzunehmen, die andere aussprechen.
Wenn die Initiative sich zu verbinden von
den Freunden und Nahestehenden ausgeht, die um denjenigen sind, der in der
Krise steckt, dann nennt man das „trösten“. Trost ist immer die Möglichkeit der
anderen mehr Kohärenz in demjenigen zu
schaffen, der unter einer Krise leidet.
„Consolari“ ist das lateinische Verb für
„trösten“, wörtlich übersetzt, „mit dem
anderen sein“. Con-solation ist alles, was
uns aus der I-solation herausführt und uns
hilft, die Selbstzentriertheit zu durchbrechen, in die uns die Krise gestürzt hat.
Man braucht Gefährten oder Begleiter in
der Krise, Menschen, die uns beistehen,
die nicht die Krise wegzureden versuchen,
sondern sie mit uns aushalten.
Wohl bei allen Menschen wird dabei über
kurz oder lang eine Erinnerung wachgerufen, die bis in die frühe Kindheit zurückgeht. Denn schon als Kleinkind haben wir
die Erfahrung gemacht, dass allein das
Pflaster für das blutende Knie weitaus
weniger wirksam war, als das Trostpflaster, in den Arm genommen zu werden, die
5 Vgl. Antonovsky, Aaron, Salutogenese, Zur Entmystifizierung der Gesundheit, Dgvt-Verlag, Tübingen 1997.
6 Vgl. Erickson, Milton H., Hypnotherapie, Aufbau –
Beispiele – Forschung, Stuttgart, Verlag Klett-Cotta
1981 und ders., Die Lehrgeschichten von Milton H.
Erickson, hrsg. von Sidney Rosen, Verlag iskopress,
Salzhausen 7. Aufl. 2006.
16
liebevolle Umarmung oder zärtliche
Berührung durch die Mutter oder den
Vater. Kinder aktivieren in solchen Phasen
höchster innerer Erschütterung sofort
instinktiv alle Hebel zur Wiederherstellung
der alten Geborgenheit. Um an dieses Ziel
zu gelangen, signalisieren sie ihre
Bedürftigkeit und fordern konkrete Gesten
oder Rituale durch ihre Bezugsperson ein,
die sie als Neukonkretisierung der alten
Beziehungssicherheit erleben. Ist der Vertrauensbeweis erbracht, kehrt die verlorene Sicherheit zurück – und die Schramme, der Kratzer, die eigentliche Wunde
tritt bald völlig in den Hintergrund. Der
sichere Hafen in den vielen kleinen Kinderkrisen unseres Lebens ist die intensive Beziehungserfahrung zu Personen, die
uns emotional am nächsten stehen.
Menschen erleben diese Konkretisierung
von Beziehungssicherheit dadurch, dass
ihnen all jene, die sie trösten, Gefühle der
Verbundenheit zeigen. Das weinende Kind
etwa, das gestürzt ist, ruft diese Urerfahrung ab, weil es sie schon viele Male zuvor
als zuverlässig, Sicherheit spendend und
emotionsregulierend erlebt hat. Im
Erwachsenenleben ändert sich daran nicht
viel. Für Menschen in schweren Lebenskrisen zählen solche tröstende Beziehungsintensivierungen ganz genauso zu den prägenden Erlebnissen, durch die sie Stärkung und Entlastung erfahren. Trost durch
unsere Nächsten ist das wohl älteste Muster zur Emotionsregulierung in der Krise.
Ich habe bei meinen Recherchen für mein
Buch mit vielen Menschen gesprochen,
die schwere Krankheitskrisen durchschritten haben. Eine 42-jährige Frau,
Mutter eines dreijährigen und elfjährigen
Kindes, erzählte mir ihre Geschichte. Wie
es war vor einem Jahr, als man bei ihr
einen Hirntumor entdeckte. Bei einer
anderen Frau, etwa im gleichen Alter und
ebenfalls Mutter, wurde vor vier Jahren
Brustkrebs diagnostiziert. Beide erzählten
mir, wie alles über sie kam wie jene große Welle, die alles unter sich begräbt.
Und auch die Geschichte meiner Frau ist
ganz ähnlich. Sie alle berichteten mir auf
meine Frage hin, was sie in dieser Zeit
am meisten getröstet habe, nahezu dasselbe: dass diejenigen, die ihnen im
Leben wichtig waren, mit ihnen geweint
hätten. Bester Trost kann es also sein,
einem Menschen in der ärgsten Not vielleicht zum allerersten Mal zu sagen, wie
unendlich viel er für einen selbst bedeutet, wie sehr man um ihn bangt. Trösten
heißt nicht nur mitfühlen, sondern das
Gefühl auch zu zeigen, weshalb es bei
Herzensbotschaften auch immer ziemlich
egal ist, welche Worte man dafür findet.
Wenn der Trost ankommt, was bewirkt
diese Kraft? Die Last wird leichter, weil
man eine tiefe Verbindung spürt. Seinem
Wortursprung stammt das Wort „Trost“
wie auch „treu“ aus derselben germanischen Wurzel und bedeutet tatsächlich
„Festigkeit“, im Sinne einer inneren Festigkeit. Lebenskrisen lösen diese Festigkeit auf, sie schaffen Untiefen auf dem
Grund, auf dem wir stehen, verflüssigen
den festen Boden, verwandeln ihn von
heute auf morgen in einen Morast oder in
ein turbulentes Wellenbad. Trost bedeutet
wieder fest zu werden, wieder festen
Boden unter die Füße zu bekommen, ganz
egal, wie es um einen bestellt ist.
Aber, so paradox es sich anhört, Menschen haben auch dann die Fähigkeit,
Trost zu erfahren, wenn da gar keiner ist,
der ihn spenden kann. Trost ist etwas, das
auch von innen kommen kann. Man kann
das innere Kind, das da in einem weint,
auch selber trösten. Es sind unter den
Psychologen vor allem die Hypnotherapeuten, die mit Krisenpatienten Reisen zu
inneren Personen durchführen, die uns
trösten. Durch verschiedene Visualisierungstechniken (Milton H. Erickson) 6 führen sie ihre Patienten auf Fantasiereisen
in die eigene Seelenlandschaft, um dort
an unerschlossene Kraftquellen zu gelangen. Die in Halbtrance heraufbeschworene
Vorstellung einer inneren Landschaft, ist
ein Mittel, in Kontakt mit sich selber zu
kommen. Wichtig ist dabei, ein Motiv für
diese Suche zu haben, einem „Warum?“
zu folgen, wenn man, wie es in diesen
Reisen geschieht, versucht, jene Wesen zu
finden, die im Schamanismus das „Krafttier“ heißen, der „innere Lehrer“ oder der
„innere Heiler“. Diese Figuren sind nichts
anderes als verbildlichte innere Anteile
der eigenen Persönlichkeit, von denen
man profitieren kann, weil sie uns in Kontakt mit den heilenden Kräften in uns selber bringen – und uns selbst trösten.
Fortsetzung folgt im nächsten Focus
K REATIVE M ETHODEN
Eva Bitzan
L IEBE KOLLEGINNEN ,
LIEBE
KOLLEGEN !
A U S S C H N E I D E N
•
A U F H E B E N
•
S A M M E L N
D IE HEUTIGEN KREATIVEN I DEEN RICHTEN SICH AN KOCHWÜTIGE ,
G OURMETS UND S CHLECKERMÄULER UND SOLCHE , DIE ES NOCH
WERDEN WOLLEN . E S GEHT UM „R OTZFRECHE R EZEPTE “.
Mag a . Eva Bitzan
Dipl. EFL-Beraterin,
Religionspädagogin
Bei der Tagung des VPA im Oktober dieses Jahres in Linz („Schult, Scharm und
Eggel – Ekel und Scham in der Kindheit“
war der Titel) durfte ich an einem Work shop teilnehmen, der sich mit therapeutischem Kochen beschäftigte. Mit Erlaubnis
der Workshopleiterinnen Maga. Nina Gutenbrunner und Mag a. Sandra Klepp gebe ich
diese Ideen hiermit gerne weiter.
Die Küche ist in unserem Alltag, aber auch
bei Festen und Partys ein sehr zentraler Raum: dort werden
die wirklich wichtigen,
intimen und oft originellsten Gespräche geführt
– stehend und eingeklemmt zwischen Herd
und Kühlschrank lässt
es sich wunderbar philosophieren und dem Leben auf
den Grund gehen. Warum
dort also nicht auch beratende Gespräche führen?
Gemeinsames Kochen
bietet zahlreiche Entwicklungschancen:
• Es schafft angemessene Nähe bzw.
Distanz.
• Es fördert Konzentration, Achtsamkeit,
die Wahrnehmung mit allen Sinnen und
im miteinander Essen auch die
Genussfähigkeit.
• Es macht Selbstwirksamkeit erlebbar,
in dem Resultate rasch sicht-,
schmeck- und damit kostbar werden.
• Es schafft „ganz nebenbei“ eine ungezwungene Gesprächsatmosphäre und
• auch auf seelischer Ebene erfolgt eine
Art „Nachnährung“.
Einfachheit ist bei den Rezepten geboten
– es soll ja möglichst in einer, maximal
eineinhalb Stunden gekocht, gedeckt und
gemeinsam gegessen werden. Es steht
also bei dieser Intervention nicht die
„Hauben-Küche“ im Vordergrund, sondern
durchaus einfache, schmackhafte und
unkomplizierte Gerichte. Der gewünschte
Effekt – mit einer unkonventionellen
Methode neue Kanäle zu öffnen und in
vielleicht festgefahrenen oder krisenhaften Situationen in ein gemeinsames Tun
zu kommen – steht im Mittelpunkt.
Die Gerichte können einerseits im Sinne
einer Metapher ausgewählt werden, so kann
man beim Thema Wut sehr gut Popcorn
zubereiten: Schließlich „zerreißt“ es uns ja
manchmal fast vor Wut und Ärger und während die Maiskörner im Topf wild herumploppen, kann man sich mit den KlientInnen
darüber unterhalten, wie es denn wäre, einmal so richtig „hochzugehen“.
Oder die Zubereitung eines Upside-DownKuchens (Rezept Seite 18) bietet sich an,
wenn man manchmal die eigene Welt „auf
den Kopf stellen“ möchte oder muss, um
das Schöne oder hier besser „Schma ckhafte“ zu erkennen.
Das Kneten eines Teiges an sich kann
schon eine sinnvolle Übung sein, um einiges abzuarbeiten, was sich so angestaut
hat; Eiklar mit der Hand statt mit dem
Mixer steif zu schlagen hat durchaus
aggressionsabbauende Wirkung!
Andererseits kann die Auswahl an Gerichten auch schlicht nach Gusto und Appetit
getroffen werden; auch entsprechend der
verfügbaren Zeit oder der Fähigkeiten und
Talente der KlientInnen: Palatschinken
bieten sich für alle Altersgruppen an und
Focus efl Beratung
17
sind schnell und lecker – für Kinder kann
man sie eventuell auch mit Lebensmittelfarben färben! Kaiserschmarren, Pizza
oder leckere Suppen sind in einer Stunde
mitsamt Zubereitung und Verzehr leicht
unterzubringen. Cupcakes sind durchaus
fantasievoll und mehr oder weniger aufwendig zu gestalten und können auch
noch mit nach Hause gegeben werden.
Aus der Beratungsstunde etwas mitzubringen – vielleicht noch einer bestimmten
Person – sorgt sicher für Überraschungen.
Wilde Kerle, Stinkefüße und Klupschaugenbowle, produziert
beim Workshop auf
der VPA Tagung:
„Schult, Scharm und
Eggel“
18
Vorsichtig mit einem Löffel den Teig auf
den Pfirsichen verteilen und glatt streichen. Den Kuchen in etwa 40 Minuten im
Ofen backen. (Wenn man mit einem Holzstäbchen in die Mitte sticht, darf kein Teig
mehr dran haften.)
10 Minuten auf einem Gitter abkühlen
lassen. Auf eine Platte stürzen, am besten
noch warm mit Schlagobers servieren.
zu finden im Netz unter: http://www.chefkoch.de/rezepte
Gestuerzter-Pfirsichkuchen.
S A M M E L N
Zubereitung
Die Pfirsiche 1-2 Minuten in kochendes
Wasser legen; die Haut abziehen und die
Pfirsiche in 5 mm dicke Scheiben schneiden.
Die Mandelstifte auf einem mit Backpapier ausgelegten Back Rost verteilen und
etwa 10 Minuten im Ofen braun rösten.
60 g Butter zerlassen und in eine (möglichst beschichtete oder mit Backpapier
ausgelegte) Springform gießen. Die Form
schwenken, damit sich die Butter verteilt.
Boden und Seiten mit 130 g braunem
Zucker ausstreuen und den Boden mit der
•
Zutaten für 8 Portionen:
Für den Teig:
190 g weiche Butter, 130 g Zucker,
2 Eier, ½ TL Vanille-Extrakt,
180 g Weizenmehl, ½ TL Backpulver,
1 Prise Salz, 60 ml Schlagobers,
60 ml Orangensaft
Für den Belag :
4 Pfirsiche, 60 g Mandelstifte,
60 g weiche Butter, 170 g braunen
Zucker,
Schlagobers nach Bedarf zum Servieren
Hälfte der Mandelstifte bedecken. Die
Pfirsichscheiben dekorativ auf dem
Boden anordnen. Mit verbliebenem braunem Zucker und
restlichen Mandeln bestreuen. An einen kühlen Platz
stellen. 190 g zerlassene
Butter und den Zucker in
einer Schüssel schaumig
schlagen. Die Eier einzeln
hinzufügen und gründlich da runter rühren. Den Vanille-Extrakt
darunter mischen. Mehl, Backpulver
und Salz durchsieben. Sahne und Orangensaft verrühren. Abwechselnd in kleinen Mengen die Mehl- und die Sahne mischung unter die Ei Masse geben.
A U F H E B E N
R EZEPT: U PSIDE -D OWN -K UCHEN
Arbeitszeit: ca. 20 Min. / Schwierigkeitsgrad: simpel / den Backofen auf 180 Grad
vorheizen.
•
In unserem Workshop bei der Linzer
Tagung jedenfalls ist nach einer kurzen
Einführung ins Thema rasch eine sehr
geschäftige und lustvolle Stimmung und
rege Aktivität entstanden. Und in kleinen
Teams wurden binnen kurzer Zeit sehr
originelle Gerichte erzeugt, angerichtet
und schließlich von der Allgemeinheit verspeist. Sicher mit wohltuender Wirkung
auf vielen Ebenen!
A U S S C H N E I D E N
Wer mehr Ehrgeiz hat, kann auch aufwendiger vorzubereitende Grundlagen mitnehmen – Germ- oder Mürbteig z.B., um
dann gemeinsam auszustechen, zu
backen und zu dekorieren.
W IR
W IR
WAREN DABEI .
HABEN MITGEPLANT
Elisabeth Birklhuber
FACHTAGUNG „V OM KONFLIKT ZUR
KO OPERATION . I NTERDISZIPLINÄRE
Z USAMMENARBEIT BEI T RENNUNG
UND S CHEIDUNG . E IN Ü BERBLICK “
Am Freitag, 18. September 2015 trafen
sich am Campus Linz der FH OÖ zum
zweiten Mal verschiedenste Berufsgruppen und Organisationen, die Eltern rund
um Trennung und Scheidung beraten,
begleiten und unterstützen.
Aufgrund des § 107 AußerstreitGesetz ist
es FamilienrichterInnen möglich, Eltern in
strittigen Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren in Beratung oder Mediation zu
schicken. Um Eltern und Kinder konstruktiv unterstützen zu können und ihnen lange vergebliche Wege zu ersparen, ist eine
gute gegenseitige Kenntnis der Arbeitsweise und Zuständigkeit der beteiligten
Berufsgruppen notwendig.
Darin lag auch das Ziel der Tagung, nämlich u.a. im Kennenlernen des gesetzlichen Auftrags und der Arbeitsweise der
neuen Einrichtungen Familiengerichtshilfe, Besuchsmittlung, und Kinderbeistand,
sowie einen Überblick über bereits etab lierte Helfersysteme, wie die Kinder- und
Jugendhilfe, Mediation, Männerberatung,
bzw. über die Beratungs- und Therapielandschaft rund um Trennung und Scheidung allgemein.
Die Idee, Zuständigkeiten und Abgrenzungen von Berufsgruppen anhand eines Fallbeispiels zu zeigen, gelang recht eindrucksvoll. Dank der von der Improgruppe
Lachgas sehr authentisch dargestellten
Familienmitglieder, war für das ExpertInnenpublikum gut nachvollziehbar, wie verwirrend diese Fülle an Helfersystemen
manchmal auf Menschen in Trennungssituationen wirken. Und vielleicht auch, wo
Hilfe in dieser Krisensituation nicht als
hilfreich angenommen werden kann.
Auch die Vorträge zum Thema waren
durchaus interessant, besonders hervorzuheben wäre jener der Familienrichterin Dr.
Susanne Beck aus Wien vom BG Döbling.
Im Kern spannend waren die Erläuterungen von Dr. Ewald Filler, BMFJ: „Was kann
und soll die verpflichtende Erziehungsberatung nach § 107 AußerstreitGesetz?“
Seine Abteilung erarbeitet u.a. gerade die
Auswahlkriterien für eine Liste jener
ExpertInnen, die für diese Beratung als
geeignet gelten. Neben einem sehr hohen
„Ausbildungs- und Erfahrungsschatz“,
den es vorzuweisen gilt, müssen diese
Auserwählten sich dann auch einem Hearing stellen.
Jedenfalls ein großes Dankeschön den
planenden und ausführenden Köpfen, u.a.
unserer Vorsitzenden Mag. a Eva Bitzan,
die im Vorbereitungsteam war!!!
Es wäre schon fein und wichtig, wenn
sich diese Fachtagung alle zwei Jahre
„ergeben“ würde. Damit das Sich-Kennenlernen der einzelnen Helfersysteme
die Konkurrenz untereinander minimieren
und die Zusammenarbeit und gegenseitige Ergänzung, maximieren kann. Das
wünsche ich mir für uns BeraterInnen,
aber vor allem für unsere KlientInnen.
Die Vorträge können unter diesem Link im
WWW angesehen werden: https://www.
youtube.com/user/franck4tv/videos
Focus efl Beratung
19
W IR WAREN DABEI . W IR HABEN MITGEPLANT
ausbauen, Medienkompetenz in den
Schulunterricht einführen, bewusste
Gestaltungen der Digitalisierung gemeinsam mit allen Beteiligten.
BMFJ / Joseph Krpelan
Die Botschaft des deutschen Innovationsexperten, Dr. Jens-Uwe Meyer war, dass
die Familienpolitik eine große Triebkraft
für die Wirtschaft, für die Innovation und
damit für unsere Zukunft ist. Er wies da rauf hin, dass sich das in der Begrifflichkeit zeigen muss: „Sprechen wir vom
Wettbewerbsvorteil statt von der Vereinbarkeit!“
Familienministerin Dr. Sophie Karmasin mit Univ.-Prof. Dr. Martin G. Kocher und
Mag. Gerhard Fehr
S YMPOSIUM : „R USH -H OUR
L EBENS – FAMILIE .B ERUF.
G ENERATIONEN “
DES
Bei dieser Veranstaltung präsentierte
Familienministerin Sophie Karmasin am
10. September 2015 in der Aula der Wissenschaften in Wien wissenschaftliche
Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomie
und Psychologie und bat ausgewählte
Expertinnen und alle Symposium-TeilnehmerInnen in vier Workshops um Ihre Ideen
für die Familien der Zukunft.
Die Diskussionsgrundlage der einzelnen
Workshops waren vier Fragen:
• Was braucht es für ein familienfreundlicheres Gesellschaftsmodell?
• Wie kann das Zusammenleben von
verschiedenen Generationen gelingen?
• Wie kann ein familienfreundlicheres
Arbeitsumfeld im Sinne von „Vereinbarkeit Familie und Beruf“ geschaffen
werden?
• Und wie kann die Digitalisierung in
Familien und in der Bildung zukunftsorientierter eingebunden werden?
Als Ergebnisse präsentierten die Work shopleiterInnen u.a folgende Inhalte:
Den Mindset „Familie“ und die Kinderbetreuung positiv besetzen, Kinder nicht
weiter als Belastung thematisieren sondern als Gewinn, Rahmenbedingungen für
wirkliche Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung schaffen.
Bedingungsloses Grundeinkommen unab20
hängig von bezahlter oder unbezahlter
Tätigkeit.
Väterkarenz und Väterbeteiligung stärker
ausbauen, Kinder und ihre Bedürfnisse
bei politischen Entscheidungen mehr in
den Mittelpunkt rücken, ihnen einen
Rechtsanspruch einräumen, sodass Vater
und Mutter in Karenz gehen können.
Ausbildungskosten für Kinder und
Jugendliche steuerlich besser stellen.
Die Kinderbetreuung qualitativer gestalten, eine Akademisierung der Elementarpädagogik einführen, flächendeckende
Ganzjahresbetreuungen.
Job-Sharing-Modelle, die Möglichkeit
sich Auszeiten für die Familie nehmen zu
können.
Den Mutter-Kind-Pass in einen Familienpass umbenennen, die Terminologie „Karriere“ umformulieren in „erfüllenden
Beruf“, im Schulunterricht sich dem Thema Familie vermehrt widmen.
Generationsübergreifende Lebensarbeitszeitmodelle, Vereinbarkeit von Familie
und Pflege von Angehörigen fördern, eine
Umbenennung des Ministeriums sodass
die Generation 50+ darin Platz findet,
Familienberatungsstellen finanziell stärker unterstützen und auf die ältere Generation bzw. Großeltern ausweiten, Großeltern politisch mehr Raum in der Kindererziehung einräumen, rechtliche Gleichstellung aller Lebens- und Liebesformen.
Im Kindergartenalter die Angebote
Medienbildung und Medienerziehung ausbauen, digitale Medien mit positiven
Ansätzen verknüpfen, vorhandene Angebote für Familien – Hotlines und Apps –
Wir vom Vorstand waren dabei und durften auch bei den Workshops mitdiskutieren. Mein Resümee: Alles in allem eine
sehr SCHÖNE Veranstaltung: Schönes
Ambiente, schöne Menschen auf schönen
Plakaten und am Podium. Ich glaube wir
brauchen noch ganz schön viel Zeit, bis
diese schönen, aber sehr wichtigen und
richtigen Workshop-Ergebnisse umgesetzt sind. Möge es bis 2025 gelingen!
JUWOLAK: FACHTAGUNG ÜBER
FAMILIEN IN V ERÄNDERUNG
Eine Fachtagung der JUWOLAK im Bildungshaus St. Hippolyt, zu der 180 Personen von der NÖ Landesakademie begrüßt
werden konnten, setzte sich mit dem Thema „Familien in Veränderung. Trennung,
Scheidung, Patchworkleben“ auseinander.
Die Veranstaltung richtete sich an alle
Zielgruppen der privaten Kinder- und
Jugendeinrichtungen, die soziale Dienste
oder Unterstützung in der Erziehung
anbieten (mobile Jugendarbeit, niederschwellige Jugendberatungsstellen, Kinderschutzzentren,
Schulsozialarbeit,
ambulante, nicht niederschwellige Beratung, mobile Formen der Unterstützung
der Erziehung).
Dr. Reinhard Neumayer (Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Kinder- und
Jugendhilfe) wies darauf hin, wie wichtig
der direkte Kontakt der Fachkräfte in der
sozialen Arbeit sei, insbesondere bei dem
„krisenhaften Teil“ der Institution Familie.
Dr. Günther Kainz (NÖ Landesakademie)
erwähnte, dass das Familienthema auch
vor fünf Jahren bei Neuausrichtung der
JUWOLAK im Mittelpunkt stand.
FH-Prof in Mag. a Verena Musil (FH Campus
Wien, Soziale Arbeit) informierte mit einem
historischen Abriss über die Entwicklungen
im Familienrecht und ging auf aktuelle
Gesetzesänderungen, etwa in Sachen Kindeswohl, ein. Dabei ist es u.a. notwendig,
die Meinung des Kindes zu berücksichtigen sowie einen verlässlichen Kontakt zu
beiden Elternteilen herzustellen.
Univ.-Prof in Dr in Brigitte Rollett (Universität Wien, Institut für Angewandte
Psychologie) widmete ihren Vortrag den
Bedingungen positiver Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen und in Trennungs- und Scheidungsfamilien. Ihrer
Forschung der Familienentwicklung im
Lebenslauf zufolge, spielen für das Gelingen von Patchworkfamilien wahrgenommene Sympathien, Ähnlichkeiten sowie
Unterschiedlichkeiten eine zentrale Rolle.
In den Fachforen am Nachmittag wurden
die unterschiedlichen Perspektiven bei
Trennung und Scheidung vertieft. Auf die
Vernetzungsmöglichkeit zwischen den
teilnehmenden Einrichtungen wurde
ebenso
Wert
gelegt.
(Quelle:
http://projekt-juwolak.noe-lak.at/
j u w o l a k - f a c h t a g u n g - u e b e r- f a m i l i e n veraenderung
Ich durfte das Fachforum Mediation leiten
und genoss den sehr spannenden Austausch mit den TeilnehmerInnen aus den
unterschiedlichsten Sparten der Kinderund Jugendhilfe.
F ORTBILDUNG – F ORTBILDUNG – F ORTBIL
WWW. BUCHUNDSO . AT
KOOPERATION B ERUFSVERBAND DER EFL B ERATER I NNEN UND VPA
Neben einem interessanten Seminarangebot für psychosoziale Berufe verfügt der
VPA nun auch über eine Buchhandlung
– Bücher + So.
Bücher + So wurde vor 3 Jahren mit dem
Ziel gegründet Expertinnen und Experten
in Psychotherapie, Beratung, Pädagogik
sowie engagierten Eltern und Interessierten ein passendes Sortiment zur Verfügung zu stellen. Kern des Angebotes sind
Bücher für Therapie/Beratung sowie therapeutische Materialien, Hand- und Fingerpuppen und therapeutische und pädagogische Spiele.
W IE
IMMER AUCH INTERESSANTE
Mitglieder des VPAs und des BVs der EFLBeraterInnen erhalten auf alle Hand- und
Fingerpuppen und Materialien 10%
Rabatt. Auf alle anderen Artikel zumindest
5% Rabatt. Ausgenommen sind preisgebundene Artikel. Dies gilt auch bei Bestellung im Internet.
Bestellen können Sie direkt im OnlineShop www.buchundso.at oder Sie besuchen das Geschäftslokal in 1020 Wien,
Arnezhoferstraße 5.
Bücher + So Handels KG
Tel: 01/92 22 307, Fax: 01/72 99 134
S EMINARE
UND
TAGUNGEN
BEIM
Mail: [email protected]
Internet: www.buchundso.at
Wir ersuchen Sie bei allen Ihren Bestellungen im Internet bzw. beim Besuch im
Geschäftslokal auf Ihre VPA- bzw. BV EFLMitgliedschaft hinzuweisen.
VPA
„Es war einmal...“ – Einsatz von Märchen und Geschichten in
Beratung und Therapie
Interdisziplinäre Fachtagung für alle, die in
unterschiedlichen Kontexten mit Erwachsenen, Familien, Kindern und Jugendlichen
therapeutisch, beratend oder betreuend
tätig sind
Näheres zum Seminarangebot finden Sie
auf der Homepage des VPA siehe:
www.vpa.at/vpa Berufsverbandsmitglieder
erhalten einen Preisnachlass. Es zahlt sich
aus, sich zu erkundigen
Termin: 29.04.–30.04.2016 in Linz
Focus efl Beratung
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B ESUCH AUF OBERSTER
E NTSCHEIDUNGSEBENE
Am 24. September 2015 besuchten unsere Vorsitzende, Mag. a Eva Bitzan und
Karoline Avender Frau Ministerin Dr.
Sophie Karmasin. In einem sehr angenehmen und angeregten Gespräch war es gut
möglich die Anliegen unserer Berufsgruppe wieder einmal mehr in den Blick der
Politik zu rücken. Als Leitfaden diente die
Vision „Familienberatung 2015“, die der
Ministerin dann im Anschluss schriftlich
überlassen wurde. Sie war begeistert,
dass ihre Denkwege so prompt aufgenommen und umgesetzt wurden.
Das Gespräch hatte u.a. zur Folge, dass
unsere Kollegin Karoline Avender aus der
Steiermark zum „Forum Familienfreund-
lichkeit – ALLES SPRICHT DAFÜR“, am
13.11.2015 in Graz eingeladen ist, um
dort unsere Kompetenzen einzubringen
und unsere Anliegen zu vertreten. Wir
werden Sie darüber weiter informieren.
FAMILIENBERATUNG IM JAHR 2025 – EINE VISION
Visionärin: Eva Bitzan
Die Familienberatung ist österreichweit
ausgebaut – auch in entlegeneren Orten –
und ist nach einer Werbeoffensive des
Familienministeriums als kompetente und
unkomplizierte Anlaufstelle allgemein
bekannt.
Das Stundenhonorar der BeraterInnen
beträgt bei allen Trägern mindestens Euro
50,–. Die Finanzierung ist kein Thema
mehr, weil es gelungen ist einerseits zahlreiche Unternehmen ins Boot zu holen. Diese kaufen Beratungsstunden für ihre MitarbeiterInnen an, da bei einer Evaluierung
nachgewiesen werden konnte, dass deren
Freude an der Arbeit und damit ihre Leistungen deutlich gestiegen sind.
Gleichzeitig konnte die Finanzministerin
davon überzeugt werden, dass ein erheb-
licher Einsparungseffekt im Gesundheitsressort durch psychosoziale Vorsorge erzielt wird. Sie hat
daher der deutlichen und verbindlichen Aufstockung des Förderbudgets
auf weitere 5 Jahre zugestimmt.
Österreichweit wird an allen Familiengerichten Beratung bei Gericht angeboten.
Das Justiz- und das Familienministerium
feiern mit einer Enquete und einer Presseaussendung den 5. Jahrestag des flächendeckenden Angebots.
Auch die im KindNamRÄG 2013 eingeführten
verpflichtenden Beratungen wie die Elternberatung nach § 95 Abs 1 a AußStrG und die
Erziehungsberatung nach § 107 Abs 3 Z 1
AußStrG werden rege in Anspruch genommen und können dank der finanziellen Beteiligung des Justizministeriums in sozial
gestaffelten Tarifen angeboten werden.
Nachdem die Umbaumaßnahmen zur
Barrierefreiheit Ende 2015 endgültig abgeschlossen waren,
konnte die dafür budgetierte zusätzliche
Million pro Jahr erhalten bleiben und für
den Ausbau der Online-Beratung eingesetzt
werden – alle Beratungsstellen sind mittlerweile mit Computern ausgestattet und die
Familienberatung ist ganz selbstverständlich im digitalen Zeitalter gelandet!
Im Familien-, Sozial- und Justizministerium
findet auf Budgetebene eine gelungene
Zusammenarbeit statt, um dem gesetzlichen Auftrag zur geförderten Familienberatung bis in die 2030er Jahre und darüber
hinaus bestmöglich gerecht zu werden.
Die Idee und Professionalität der österreichischen Familienberatung macht in den Ländern, die 2015 noch als die familienfreundlichsten in Europa gegolten haben, Schule!
B ILDERBOGEN TAGUNG 2015
Dr. Barbara Juen, Innsbruck,
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Birgit Traxler, MSc, Wien,
Thomas Dietz, Tübingen,
Dr. Boglarka Hadinger, Tübingen/Wien
Mag. a Johanna
Wimmesberger,
Kooperationsund Ansprechpartnerin in
St. Virgil
Dr. Eckhard
Schiffer,
Quakenbrück
Drei Damen, die es
lustig hatten,
Dr. Martin Hecht aus Mainz
mit seinem Sohn
… und die TRIS CLOWNERIE
sorgten für beste Stimmung
„
Rote Nasen braucht es, weil
der Alltag im Krankenhaus für die
Kinder oft schmerzhaft, traurig
und belastend ist.
“
Focus efl Beratung
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Österreichische Post AG Info.Mail Entgelt bezahlt
Absender:
TAGUNGSANKÜNDIGUNG
J AHRESTAGUNG 2016
20. – 22. M AI 2016, S ALZBURG , ST. V IRGIL
Berufsverband Diplomierter Ehe-,
Familien- und LebensberaterInnen
Österreichs
Mag. Elisabeth Birklhuber
Jakob Fuchs Gasse 85
2345 Brunn am Gebirge
Wie geht’s weiter,
wenn nichts
mehr geht?
Trennung, Scheidung, Neubeginn im Beratungsalltag
Die Scheidungsrate steigt, Trennung ist fast schon normal und Scheidung ist damit auch kein Stigma mehr, was sicherlich gut ist.
Die Zahl der Eheschließungen sinkt aber kaum, den Traum von Familie gibt es noch immer. Trennungen können so unterschiedlich
sein wie die Beziehungen, deren Ende sie markieren. Dennoch ähneln sich in den meisten Fällen die Gefühle, Befürchtungen und die
Prozesse, die alle Beteiligten in einer Trennung durchlaufen.Wo Trennungen sind, sind immer enttäuschte Erwartungen und Träume
– das „Ideal“ von Familie ist geplatzt und alle ihre Mitglieder sind in ihrem eigenen Schmerz, in ihren Aggressionen und in ihrer Enttäuschung gefangen. Die Gesetzgebung und auch die psychosoziale Landschaft passt sich diesen gesellschaftlichen Veränderungen
an, entwickelt sich mit ihnen, schafft neue Rahmenbedingungen und bietet die unterschiedlichsten Hilfsangebote: Familienberatung,
Mediation, Kinderbeistand, Familiengerichtshilfe, etc.
R EFERENT I NNEN :
Prof. Dr. Friedrich Glasl, Salzburg
• DrDr. Peter Barth/Dr. Judith BarthRichtarz, Mödling
• Dr. Katharina Behrend, Bielefeld
• Mag.a Leopoldine Mautner, Salzburg
• Dr. Oswald Hosney, Innsbruck
• DSA Monika Widauer-Scherf, Wien
• Dr. Eckhard Roediger, Frankfurt
• Mag. Gerhard Fehr, Zürich
•
Abendveranstaltung am 21.5.2016 Dorothea Jaburek Gesang mit Bass und Klavier
Freitag 20.Mai, 16.00 Uhr bis Sonntag 22.Mai, 13.00 Uhr,
Anmeldung ab Mitte Februar 2016 unter: www.berufsverband-efl-beratung.at
www.berufsverband-efl-beratung.at
IMPRESSUM
Inhaber und Herausgeber: Berufsverband Diplomierter Ehe-, Familien- und LebensberaterInnen Österreichs
Redaktion: Mag. Elisabeth Birklhuber, Jakob-Fuchs-Gasse 85, 2345 Brunn/Gebirge, [email protected]
Fotos: S. 1, 8, 9, 10, 11, 12, 13 Schiffer; S 4, 17,18, 19, 22 Bitzan; S 21 VPA; S 22, 23 Handschur; S 20, 22 BMFJ; 24 fotolia.com
Graphische Gestaltung: Ing. Monika Simlinger, TYPE & PUBLISH kg, 2345 Brunn/Gebirge, [email protected]
Offenlegung n. d. Mediengesetz: Offizielles Kommunikationsorgan des Berufsverbandes Diplomierter Ehe-, Familien- und LebensberaterInnen Österreichs.
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