Eine Familie im Bann des Pilatus

Mittwoch, 12. August 2015 / Nr. 184
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Gisin-Fanclub
hat sich aufgelöst
ENGELBERG om. Ihren Rücktritt hat
Dominique Gisin (30, Bild) schon vor
Monaten bekannt
gegeben.
Die
Abfahrts-Olympiasiegerin aus Engelberg hat seither
mehr Zeit für anderes gewonnen,
etwa für die Fliegerei, für ihr Studium oder für ihr
Buchprojekt (Ausgabe vom Sonntag).
Ihren Karriereabschluss hat Gisin nun
offiziell mit einem Volksapéro im
Kurpark gefeiert. Dazu hatte ihr Fanclub geladen, bevor dieser seine Generalversammlung abhielt.
Auch im Sinne von Gisin
Es sollte die letzte GV gewesen sein,
wie Präsidentin Martha Bächler auf
Anfrage bestätigt. Der Fanclub, der
nach den ersten Weltcup-Siegen von
Dominique Gisin Anfang 2009 gegründet worden war, hat einstimmig
die Auflösung beschlossen. «Es standen im Vorfeld Ideen im Raum, das
Ganze am Leben zu erhalten», so
Bächler, «beispielsweise zur Unterstützung der noch aktiven Geschwister von Dominique.» Doch Marc und
Michelle Gisin hätten bereits ihre
eigenen Fans. Zudem sei die Auflösung auch im Sinne von Dominique
gewesen.
Geld geht an zwei Schulen
Und so gab es zum Abschied von
Gisin und dem Club emotionale Momente, allen voran, als der Film der
triumphalen Fahrt an Olympia 2014
in Sotschi nochmals gezeigt wurde.
Als Andenken erhielt die Speedfahrerin unter anderem eine gravierte
Tortenplatte und einen Strauss mit
223 Kamillenblüten – eine Blüte für
jedes Fanclub-Mitglied.
Einstimmig wurde auch beschlossen, den restlichen Betrag in der
Fanclub-Kasse je hälftig der Sportmittelschule und dem heimischen
Skiclub für deren Nachwuchsförderung zukommen zu lassen.
Was passiert mit
vollem Gipfelbuch?
FRAGE
DER
WOCHE
Obwalden/Nidwalden
21
Eine Familie im Bann des Pilatus
ALPNACH Auf der Seerose
begegnet Alois Blättler seiner
verstorbenen Mutter. Eine
Schauspielerin erzählt aus
dem Leben der letzten
Winterwartin auf dem Pilatus.
Spielzeiten für die
beiden Figuren
SANDRO PORTMANN
[email protected]
Die Seerose hat in Alpnachstad angelegt. Hier, am Fusse des Pilatus, wird im
Rahmen des Gästivals die 200-jährige
Gastfreundschaft der Zentralschweiz zelebriert. Eine der Attraktionen sind die
Koffergeschichten: Schauspieler spielen
eine historische Persönlichkeit aus der
Region. In der hintersten Reihe sitzt der
75-jährige Alois Blättler. Vorne erzählt
die freischaffende Schauspielerin Margrit Bischof die Geschichte von Marie
Blättler, der letzten Winterwartin auf dem
Pilatus. Alois sieht die Vorstellung bereits
zum fünften Mal. Nur die wenigsten der
anderen Besucher wissen: Alois Blättler
ist ein Teil dieser Geschichte. Er ist der
älteste Sohn der fünf Kinder der verstorbenen Marie Blättler, die 1916 in
Kägiswil geboren wurde.
Eindrückliche Tagebucheinträge
Die Winterwartin hat sich das Leben
auf dem Pilatus nicht ausgesucht. Im
Gegenteil: Sie war unendlich einsam
hier zwischen dem meterhohen Schnee
und den Bergdohlen. «Meine einzigen
Freunde hier sind die Dohlen», liest die
Schauspielerin aus einem Tagebucheintrag vom 12. Dezember 1942 vor. Hinter
ihr im Koffer sind allerlei Requisiten,
die das damalige Leben widerspiegeln.
Bereits ihr Vater war Winterwart auf dem
Pilatus.
Marie Blättler langweilte sich auf dem
Pilatus. Das Leben war hart. Um dem
Pilatus zu entkommen, schwor sie, den
Erstbesten zu heiraten, der im Frühling
heraufkomme. Das war der schweigsame
Sepp Blättler. Entfliehen kann sie dem
Berg aber nicht. Denn auch Sepp Blättler wird Winterwart auf dem Pilatus.
Marie wird schwanger. Bei der Geburt
von Alois, dem Erstgeborenen, muss die
schwangere Frau ins Tal. Der Schnee
lag meterhoch. Für den Abstieg brauchten sie über fünf Stunden, «normalerweise braucht man dreieinhalb», steht
im Tagebuch. «Wir mussten vorsichtig
ins Tal, um ja keine Lawine auszulösen.»
Nach der Geburt kehrte Marie wieder
Sie stöbern im Tagebuch der Pilatus-Winterwartin
Marie Blättler: Sohn Alois Blättler und die
Schauspielerin Margrit Bischof.
SEEROSE red. Die Geschichten von
Josef Durrer und Marie Blättler-von
Wyl werden an folgenden Daten
und Zeiten wiederholt:
" Marie Blättler: Freitag, 14. 8.:
12.00/14.30/17.00; Samstag,
15. 8.: noch offen; Dienstag,
18. 8.: 14.30/17.00; Mittwoch,
19. 8.: 11.00/14.00/16.30; Sonntag, 23. 8.: 11.00/14.00/16.30
" Josef Durrer: Freitag, 14. 8.:
10.30/13.00/15.30; Samstag,
15. 8.: 11.00/14.00/16.30; Montag,
17. 8.: 12.00/14.00/16.30; Dienstag, 18. 8.: 11.00/14.00/16.30; Do,
20. 8.: 10.30/13.00/15.30; Freitag,
21. 8.: 12.00/14.30/17.00; Samstag, 22. 8.: 11.00/14.00/16.30.
Bild Sandro Portmann
auf den Pilatus, Alois blieb im Spital. durch die Rolle eine andere Beziehung
Sechs Wochen später brachten Vater bekommen. «Wenn ich auf dem Pilatus
und Grossvater den kleinen Alois im bin, sehe ich die arme Frau, die sieben
Rucksack auf den Pilatus. «Ich bin er- Monate im Winter hier verbrachte.»
schrocken, dass man so glücklich sein
Insgesamt 150 Mal spielt Bischof das
kann», steht im Tagebuch. «Es war wohl Stück auf der Seerose – drei Mal täglich
auch eine Maus im Rucksack», sagt Alois (siehe Kasten). Die Seerose sei eine
Blättler nach der Vorstellung. Mit einem Chance für alle. «Es kommen Personen,
Augenzwinkern zeigt er sein Ohrläpp- die sonst nicht ins Theater gehen. Sie
chen, an dem ein Teil fehlt. Ihm hat die bekommen hier eine Geschichte, die sie
Darbietung über seine Mutter gefallen. nicht erwarten.» Die Geschichte stammt
von dem preisge«Sie hat das super gemacht. Ich habe meikrönten Autor Erwin
«Wenn ich auf dem
ne Mutter so erlebt.»
Koch. Er traf die WinTrauriger vielleicht,
terwartin an ihrem
Pilatus bin, sehe ich
75. Geburtstag zu
wie er eingesteht.
die arme Frau, die
einem Interview.
«Meine Mutter war
sieben Monate im
nicht so lustig», sagt
Nebenan spielt
Guido Dillier den oft
er. Sie sei einsam geWinter hier
wesen. Ihr Gemüt
verkannten Nidwaldverbrachte.»
habe sich dann aufner Konstrukteur JoM A R G R I T B I S C H O F,
gehellt, wenn Tourissef Durrer. Der Text
S C H AU S P I E L E R I N
ten auf den Berg kadazu stammt von
men. An diese TourisRomano Cuonz, der
ten erinnert sich der 75-jährige heute auch ein Buch über die beiden schrieb.
noch. «Sie haben alles für uns Kinder Durrer und sein Kompagnon Franzgemacht. Wir wurden von ihnen ver- Josef Bucher gründeten 1863 die Firma
wöhnt, und sie haben Geschenke mit- «Bucher & Durrer», die zum grössten
gebracht. Sie spielten für uns den Oster- Parkettunternehmen Europas wurde.
hasen und den Weihnachtsmann.»
Die beiden bauten Grandhotels und
konstruierten Bergbahnen, etwa den
In die Rolle eingelebt
berühmten Hammetschwand-Lift auf
«Die Rolle passt mir sehr», sagt die den Bürgenstock oder die StanserhornSchauspielerin Margrit Bischof. «Ich habe Bahn. Während Durrer die Pläne zeichmich so in die Frau eingelebt, dass ich nete, war Bucher für das Akquirieren
den Pilatus fast in- und auswendig ken- zuständig. Dabei stellte sich Bucher
ne.» Zum Luzerner Hausberg habe sie gerne ins Rampenlicht und inszenierte
sich. Etwa, als er eine Million Franken
in tausend Tausendernoten in der Zeitung präsentierte. «Es macht Spass, und
ich bin dankbar für die Rolle», sagt
Guido Dillier. Im Vorfeld habe er sich
stark mit der Geschichte auseinandergesetzt und «nicht nur einfach die Rolle auswendig gelernt». Er habe nicht
lange überlegen müssen, als er für die
Rolle angefragt wurde. Sein Fazit nach
etlichen Vorstellungen ist positiv: «Das
Publikum ist interessiert und auch erstaunt über die Geschichte.» Nur einmal
gab es einen Zwischenfall, erinnert sich
Dillier. Weil heftiger Regen aufkam,
mussten die Schauspieler in Luzern
einmal ihre Koffer packen und drinnen
weiterspielen.
Grosses Glück bei Unfall
«Der Pilatus hat mich nie richtig losgelassen», sagt Alois Blättler. Der gelernte Mechaniker hat in der Zeit von
2001 bis 2005 selber bei der Pilatus-Bahn
gearbeitet. «Mein Vater sagte mir zwar,
ich solle nie hier arbeiten. Aber das war
mein grosser Wunsch.» In dieser Zeit
bei der Pilatus-Bahn hatte Alois einen
Schutzengel. Bei Schneeräumungsarbeiten rutschte er auf einer Plastikfolie aus
und stürzte in die Tiefe. «Ich hatte
grosses Glück, dass ich im Schnee landete.» Mehrere Brüche und Prellungen
waren die Folge. Es ist nicht das letzte
Kapitel von Blättler und dem Pilatus. Er
wird wieder nach oben gehen. «Dann
aber mit der Bahn», sagt er und lächelt.
GISWILERSTOCK unp. Seit 1960
können Wanderer ins Gipfelbuch
auf dem Giswilerstock schreiben.
Thomas Schnider, Präsident des
Vereins Stockkreuzfreunde Giswilerstock, verrät, was mit den vollen
Büchern geschieht.
«
Es werden wohl um die 60 bis
70 volle Gipfelbücher sein, die
sich seit 1960, als das Stockkreuz
errichtet wurde, angesammelt haben. Früher bewahrte diese der
Weg- und Kreuzwart bei sich daheim auf. Seit einiger Zeit können
wir die Bücher im Archiv des
heimatkundlichen Vereins in Giswil einlagern. So sind sie vor
Feuer und Wasser geschützt. Es
wäre schade, wenn die Bücher
durch einen solchen Schaden zerstört würden. Nie ist ein Buch aus
dem Kästchen beim Stockkreuz
entwendet oder durch Vandalen
verunstaltet worden. Es sind viele sehr schöne Sprüche, Grüsse
oder Gedichte darin festgehalten.
Früher brauchten wir pro Jahr
vielleicht ein Buch, heute sind es
sicher zwei bis drei Bücher pro
Jahr. In den letzten 15 bis 20
Jahren hat eben auch die Zahl der
Wanderer zugenommen. Gebraucht haben wir Auszüge aus
den Gipfelbüchern schon bei Jubiläen, wie beispielsweise 1996,
als wir zum 25. Geburtstag unseres Vereins ein Buch produzierten,
oder 2010 zum 50-Jahr-Jubiläum
und Neubau des Kreuzes auf dem
Giswilerstock.»
Kinder blicken hinter die «Bienen-Kulissen»
Das Bienenvolk scheint auf die Ferienpass-Teilnehmer
eine regelrechte Anziehungskraft auszuüben, während
Klaus Zumbühl die Kinder in die Geheimnisse der
Imkerei einführt. Der gestrige Besuch im Bienenhaus
in Wolfenschiessen war eines von vielen FerienpassBild Corinne Glanzmann
Angeboten in der Abschlusswoche.