Finance September | 2015 Magazine Kontrolle vs. Vertrauen Geldwäsche IFRS 15 Immobilien Skandale wie bei Enron in den USA führten weltweit zu strikteren Regulierungen. Automatische Schlüsselkontrollen bieten eine Lösung. Wir zeigen Ihnen, wie diese im Moment eingesetzt werden. Seit Juni 2015 ist die lange erwartete vierte Geldwäscherichtlinie in Kraft. Thomas Breuss berichtet über ihren Inhalt und welchen Aufwand sie für die Verpflichteten mit sich bringt. Christian Steiner mit einem Update zu IFRS 15, dessen Ziele und zu den Konsequenzen die Änderungen für Ihr Unternehmen mit sich bringen können. Nachhaltigkeit entwickelte sich im Immobilienbereich in den letzten Jahren zum absoluten Must-have für österreichische Betriebe. Welche Änderungen betreffen auch Ihr Unternehmen? 2 EY Finance Magazine März | 2014 Finance Magazine Liebe Leserinnen! Liebe Leser! Die zunehmende Vernetzung der Welt und der Wirtschaftssysteme im Speziellen stellt Gesetzgeber und Kontrollorgane vor eine vollkommen neue Herausforderung: Wie können wirksame Kontrollinstrumente geschaffen werden, die auch der stetig steigenden Komplexität und Schnelligkeit einer digitalisierten Welt gewachsen sind? Eine Frage, die sich auch Unternehmen stellen müssen – immerhin geht der Trend eindeutig in Richtung stärkerer statt lockerer Kontrollen. Wir haben uns im Schwerpunkt dieser Ausgabe auf Spurensuche begeben und neue Anforderungen und Leistungen von Kontrollinstrumenten – sowohl vonseiten des Gesetzgebers als auch innerhalb von Unternehmen – unter die Lupe genommen. Mit der Ende Juni in Kraft getretenen vierten Geldwäscherichtlinie möchte die EU den Missbrauch des Finanzsystems für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindern. Die darin enthaltenen Sorgfaltsvorschriften und Regeln, die für Banken und Finanzinstitute ebenso gelten wie beispielsweise für Anwälte, Immobilienmakler oder Händler mit Bargeschäften ab 10.000 Euro, sind ein „scharfes Schwert“ für Kontrollorgane wie die Finanzmarktaufsicht. Thomas Breuss skizziert die wichtigsten Neuerungen und zeigt, welche drastischen Sanktionen schon kleine Verstöße zukünftig nach sich ziehen können. Gleich zwei Beiträge dieser Ausgabe beschäftigen sich mit den Anforderungen an interne Kontrollsysteme in Unternehmen: Matthias Erker und Marina Christ setzen sich mit neuen Dokumentationsvorschriften nach der Überarbeitung des Fachgutachtens KFS/BA 9 auseinander und zeigen auf, wieso ein funktionsfähiges Kontrollsystem zukünftig sowohl auf Business- als auch auf IT-Ebene überlebenswichtig ist. Susanne Zach, Christa Hasenrath und Sebastian Niederauer beantworten die Frage, ob sich das Investitionsrisiko bei einer Einführung von automatisierten Kontrollen für ein Unternehmen lohnt. Dafür fassen sie die wichtigsten Ergebnisse einer EY-Umfrage unter großen und mittelständischen österreichischen Unternehmen zusammen. Schließlich beleuchten Michael Grubhofer und Alexander Stieglitz die neuen Vorschriften des Strafrechtsänderungsgesetzes, welches Bilanzdelikte neu regelt. Im Namen des gesamten Redaktionsteams wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen. Herzlichst Ihr Gerhard Schwartz EY Finance Magazine September | 2015 3 Foto: ©iStock.com/mediaphotos 06 Vertrauen ist gut, Kontrollen sind besser Ergebnisse unserer Studie zum Thema „Automatisierte Kontrollen“ 24 Neuer Leasingstandard in Sicht Erste Informationen zu den neuen Vorschriften 20 14 Sauber durch vierte Geldwäscherichtlinie Änderungen durch die lange erwartete Novelle Foto: ©iStock.com/mediaphotos IFRS 15 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden — ein Update 27 Von der Nachhaltigkeit zur Werthaltigkeit im Immobilienbestand Tipps für Ihr Immobilienportfolio 4 EY Finance Magazine September | 2015 Inhalt September | 2015 3 Editorial 6 Vertrauen ist gut, Kontrollen sind besser 10 Aufsichtsrechtliche Prüfung neu — IKS und IT-Prozesse im Fokus der Prüfer 14 Sauber durch die vierte Geldwäscherichtlinie 16 Interview: Bilanzstrafrecht 20 IFRS 15: Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden – ein Update 24 Neuer Leasingstandard in Sicht 27 Von der Nachhaltigkeit zur Werthaltigkeit im Immobilienbestand 30 Found out 31 Publikationen, Events und Impressum EY Finance Magazine September | 2015 5 TOP | Automatisierte Kontrollen Vertrauen ist gut, Foto: ©iStock.com/mediaphotos Kontrollen sind besser 6 EY Finance Magazine September | 2015 Immer wieder wird EY von Kunden gefragt, ob sich das Investitionsrisiko bei einer Einführung von automatisierten Kontrollen und deren Umsetzung mit einer GRC-Software (Governance, Risk, Compliance) lohnt. Deshalb haben wir im Jahr 2014 eine Befragung zum Status quo dieser Entwicklung bei großen und mittelständischen österreichischen Unternehmen durchgeführt. Getrieben durch die Finanzskandale der letzten Jahrzehnte, wie beispielsweise den Enron Skandal, der durch außerbilanzielle Transaktionen das größte Konkursverfahren der amerikanischen Geschichte nach sich zog, wurden immer strengere regulatorische Vorgaben getroffen. Der Sarbanes-Oxley Act (SOX) fordert beispielsweise das Vorhandensein eines internen Kontrollsystems (IKS) für börsennotierte Unternehmen. In Österreich finden sich regulatorische Anforderungen unter anderem im Aktiengesetz (§ 82 AktG), im Bankwesengesetz (§ 39 BWG) und im Unternehmensgesetzbuch (§ 243a UGB) wieder. Da mittlerweile die Buchhaltung zumeist mit IT-Systemen durchgeführt wird, müssen neben den gesetzlichen Vorgaben auch die technischen Aspekte der ordnungsgemäßen Buchführung berücksichtigt und eingehalten werden.Durch die zunehmende Digitalisierung von Tätigkeiten in der Buchhaltung ergeben sich immer mehr Möglichkeiten, Schlüsselkontrollen eines internen Kontrollsystems als automatisierte Kontrollen umzusetzen. Die gängigen ERP-Applikationen (Enterprise Ressource Planning) wie zum Beispiel SAP bieten die Möglichkeit, sowohl manuelle Kontrollen innerhalb von Prozessen durchzuführen, als auch automatisierte Kontrollen zu implementieren. Um die Frage zu beantworten, ob sich das Investitionsrisiko bei einer Einführung von automatisierten Kontrollen lohnt, wurde 2014 eine Befragung hinsichtlich des Status quo der Implementierung von automatisierten Kontrollen im Rahmen eines internen Kontrollsystems durchgeführt. Ziel der Befragung war, die Verbreitung von automatisierten Kontrollen zu erheben und den zeitlichen Aufwand für die Kontrollausführung zu verifizieren. Insgesamt nahmen 59 österreichische große und mittelständische Unternehmen verschiedener Branchen teil. Ansprechpartner in den jeweiligen Unternehmen waren CEOs, CFOs sowie Riskmanager. Ergebnisse der Befragung Status quo: manuelle vs. automatisierte Kontrollen in österreichischen Unternehmen • Der Anteil der automatisierten Kontrollen innerhalb eines IKS liegt derzeit bei der Mehrheit der befragten Unternehmen bei deutlich unter 50 Prozent. • Hinsichtlich des exemplarisch gewählten Purchase-toPay-Prozesses gab die Mehrheit der befragten Unternehmen an, dass nur 20 Prozent der derzeit definierten Kontrollen automatisiert seien. • Ein Großteil der Teilnehmer der Umfrage (76 %) plant jedoch eine weitere Transformation von manuellen zu automatisierten Schlüsselkontrollen. Nein; 24% Ja; 76% Ist eine weitere Transformation von manuellen zu automatisierten Schlüsselkontrollen geplant? EY Finance Magazine September | 2015 7 TOP | Automatisierte Kontrollen Herausforderungen und Treiber bei der Umsetzung* 47% 33% Effiziente Kontrolldurchführung Optimierung der Kosten und des Aufwands *Mehrfachantworten möglich Der Umsetzung entgegen stehen den Unternehmen die fehlenden technischen Möglichkeiten in Form einer Softwareunterstützung (56 %) wie auch der notwendige Zeitaufwand (33 %) für die Transformation von manuellen zu automatisierten Schlüsselkontrollen. Zeitaufwand: Testing und Dokumentation – 1 Stunde vs. 3 Stunden pro Kontrolle Im Rahmen der Befragung wurde der zeitliche Aufwand für das Testen und Dokumentieren von automatisierten und manuellen Kontrollen erhoben. Hier gab die Mehrheit der Befragten für etablierte automatisierte Kontrollen einen Test- und Dokumentationsaufwand von einer Stunde an. Im Vergleich dazu benötigte die Mehrheit der Befragten 8 EY Finance Magazine September | 2015 für das Testen und Dokumentieren von manuellen Kontrollen drei Stunden. Dieses Ergebnis belegt, dass die Motivation hinter der Einführung von automatisierten Kontrollen (die Optimierung der Kosten und des Aufwands für die Kontrolldurchführung sowie die effiziente Kontrolldurchführung) durch die Umsetzung erfüllt werden kann. Ausblick Die im Rahmen der Befragung erhobenen Ergebnisse belegen, dass durch die Implementierung von automatisierten Kontrollen eine Zeitersparnis und eine Effizienzsteigerung erreicht werden können. Der derzeit geringe Anteil von automatisierten Kontrollen zeigt, dass Herausforderungen bei der Umsetzung Als die größten Treiber für eine Implementierung automatisierter Kontrollen innerhalb eines internen Kontrollsystems wurden die Optimierung der Kosten und des Aufwands für die Kontrolldurchführung, die effiziente Kontrolldurchführung und das Bedürfnis, einen Mehrwert für das Business zu schaffen, genannt. 52% Mehrwert für das Business schaffen das Potenzial für eine Weiterentwicklung vorhanden ist. Insbesondere der steigende Wettbewerbsdruck und die damit verbundene „Jagd“ auf Einsparungsmöglichkeiten könnten in den nächsten Jahren eine Steigerung der automatisierten Kontrollen nach sich ziehen. Besonders die Thematik Governance, Risk, Compliance (GRC), die die drei wichtigsten Handlungsebenen einer erfolgreichen Unternehmensführung beinhaltet und vermehrt durch unterschiedliche Applikationen unterstützt wird, erfreut sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Die immer komplexer werdenden Vorgaben, die zu einer Vielzahl von Kontrollen innerhalb eines IKS führen, können mithilfe von Tools, die eine gesamtheitliche Betrachtung und eine integrierte Kontrolldurchführung erlauben, sowohl Effizienzvorteile als auch einfachere praktische Umsetzungen ermöglichen. Insbesondere die Umsetzung von automatisierten Kontrollen sowie deren Dokumentation können mit GRC-Software effizient realisiert werden. Es ist daher zu erwarten, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Ihre Autoren Mag. Susanne Zach Senior Manager DI (FH) Christa Hasenrath Manager Sebastian Niederauer, MA Senior Consultant T +43 1 211 70 1038 [email protected] T +43 1 211 70 1432 [email protected] T +43 1 211 70 1466 [email protected] • Susanne Zach leitet bei EY Österreich den Bereich Process Risk Management IT. Der Fokus dieses Bereichs liegt in den Themengebieten Controls Transformation, Identity & Access Management, GRC IT Enablement sowie Traditional Internal Control Services (IKS). • Christa Hasenrath ist Managerin bei EY im Bereich Advisory, spezialisiert auf IT-Beratung und Prüfung im SAP-, GRC- und Identity & Access-Management-Umfeld. • Sebastian Niederauer (Senior Consultant) ist bei EY Österreich im Bereich Advisory tätig und auf den Bereich Process Risk Management IT (PRM IT) spezialisiert. EY Finance Magazine September | 2015 9 IKS und IT | Aufsichtsrechtliche Prüfung Aufsichtsrechtliche Prüfung neu – IKS und IT-Prozesse im Fokus der Prüfer Im Herbst 2014 wurden im Zuge der Überarbeitung des Fachgutachtens KFS/BA 9 u. a. die Anforderungen an die Dokumentation des internen Kontrollsystems im aufsichtsrechtlichen Umfeld von Finanzinstituten neu definiert. Spätestens in diesem Geschäftsjahr wird von den Finanzinstituten in bestimmten Bereichen deutlich mehr erwartet. In den letzten Jahren sind aufgrund der finanzwirtschaftlichen Entwicklungen in Europa und der daraus entstandenen neuen europarechtlichen und nationalen gesetzlichen Bestimmungen die regulatorischen Anforderungen für den Bankensektor stetig gestiegen. Im Zusammenhang mit den neuen regulatorischen Bestimmungen und der Änderung des aufsichtsrechtlichen Prüfschemas haben der Fachsenat für Unternehmensrecht und die Kammer der österreichischen Wirtschaftstreuhänder im Herbst 2014 das Fachgutachten KFS/BA 9 überarbeitet und die Prüfungshandlungen für die Erstellung der Anlage gemäß dem überarbeiteten § 63 Abs. 5 und 7 BWG zum Prüfungsbericht (i. d. F. AzP) neu definiert. In der Vergangenheit wurden technologische Aspekte bei der Erfüllung regulatorischer Anforderungen im Bankenumfeld oftmals vernachlässigt, wobei gerade sie den Schlüssel zum Erfolg bei deren Einhaltung darstellen können. Die IT rückt aus diesem Grunde auch bei den Bankprüfern immer stärker in den Prüfungsfokus. Im Mittelpunkt stehen hier vor allem die Themen „Ordnungsgemäße Darstellung der Eigenmittel“ und „Liquidität“ und dementsprechend auch die dahinter liegende IT-Landschaft. Gerade in diesem Bereich ist im Hinblick auf die 10 EY Finance Magazine September | 2015 Erfüllung der regulatorischen Anforderungen ein funktionsfähiges internes Kontrollsystem (IKS) sowohl auf Business- als auch auf IT-Ebene von besonderer Wichtigkeit. Allgemeine Anforderungen Gemäß KFS/BA 9 besteht die Aufgabe des Bankprüfers darin zu beurteilen, ob im Kreditinstitut diesbezüglich ein angemessenes IKS eingerichtet ist. Die Beurteilung umfasst die Gestaltung (Design) und die Umsetzung (Implementation) der wesentlichen Prozesse, Aktivitäten und Kontrollen. Das Ergebnis der Prüfungshandlungen je vorgesehenes Prüfungsfeld stellt eine Zusicherung des Bankprüfers im AzP dar. Die Zusicherung des Bankprüfers soll den Berichtsadressaten einen entsprechenden Grad an Vertrauen in die Existenz und die Angemessenheit des IKS geben. In diesem Zusammenhang bedeutet eine positive Zusicherung, dass die Bank ein in allen Belangen angemessenes IKS in Bezug auf das Prüfgebiet implementiert hat. Ein Auszug der Prüffelder mit positiver Zusicherung: • Konsolidierung und Freistellungsvorschriften • Anforderungen an Zentralinstitute von institutsbezogenen Sicherungssystemen • Eigenmittelanforderung • Großkredite • Liquidität Eine negative Zusicherung wiederum bedeutet, dass keine Sachverhalte bekannt sind, die darauf schließen lassen, dass ein in allen wesentlichen Belangen angemessenes IKS nicht vorhanden ist. Ein Auszug der Prüffelder mit negativer Zusicherung: • Sorgfaltspflichten • Beteiligungen außerhalb des Finanzsektors • Interne Revision • interne Kapitaladäquanz • Handelsbuch Für aufsichtsrechtliche Prüfungen bedeutet dies wiederum, dass die Prüfung in Bereichen, die eine positive Zusicherung erfordern, im Gegensatz zur negativen Zusicherung, deutlich stärker ausfallen wird. IT-spezifische Anforderungen Für die IT-Bereiche ergeben sich abgeleitet aus den allgemeinen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes IKS folgende spezielle Anforderungen, die anhand eines Referenzmodells für relevante Informationssysteme dargestellt werden können: • Als Referenzmodell gelten allgemein anerkannte Grundsätze für ein ordnungsgemäßes IKS. • All jene Informationssysteme sind wesentlich, die für die aufsichtsrechtlichen Anforderungen relevant sind. • Für den IT-Bereich sind anwendungsunabhängige Kontrollen (generelle IT-Kontrollen) sowie auch anwendungsabhängige Kontrollen (Transaktionskontrollen) zu beurteilen. Physische Kontrollen und Funktionstrennung in Geschäftsprozessen sind ebenfalls zu evaluieren. • Adäquate IT-Kontrollen müssen insbesondere sicherstellen, dass die Integrität und Sicherheit der Daten auf Applikations-, Betriebssystem- und Datenbankebene gewährleistet ist. Folgende Themenschwerpunkte ergeben sich aus den IT-spezifischen Anforderungen: • Regelungen zu Verantwortlichkeiten bezüglich Systemen und Datenqualität in den relevanten Prozessen • Umgang mit Änderungen oder Implementierungen relevanter IT-Anwendungen oder -Schnittstellen • Umgang mit Änderungen in Bezug auf bestehende Datenflüsse und Eingriffsmöglichkeiten in diese bzw. von internen Kontrollen zur Sicherstellung einer angemessenen Datenqualität • Umgang mit wesentlichen Problemen infolge von Systemausfällen, sicherheitsrelevanten Vorfällen oder der Datenqualität. Falls im Geschäftsjahr Änderungen oder EY Finance Magazine September | 2015 11 Transaktionskontrollen Anwendungskontrollen Manuelle Kontrolle IT-abhängige manuelle Kontrollen (Rein) manuelle Kontrolle Logischer Zugriffsschutz (User-/Berechtigungsmanagement, System Security etc.) Datensicherung/Back-up, Incident-Management, Operations Datenbank Implementierungen in relevanten IT-Anwendungen oder -Schnittstellen durchgeführt wurden, sollte sichergestellt werden, dass ein Abnahmeprotokoll der involvierten Fachabteilung und der IT-Abteilung vorliegt. Als Überblick über relevante IT-Themen dient obige Grafik. Für die Prüffelder Eigenmittelanforderungen (z. B. Kreditrisiko) und Liquidität ergeben sich außerdem folgende Themenschwerpunkte: • Analyse der Beschreibungen aller wesentlichen automationsunterstützten Arbeitsschritte und Schnittstellen sowie Übersicht über die verwendeten IT-Anwendungen und anwendungsabhängigen IT-Kontrollen (inklusive Berechtigungskonzepte) in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen im Zusammenhang mit der Ermittlung und Meldung der Eigenmittelanforderungen • Analyse, ob die Zulieferung der relevanten Daten an das Meldewesen – inklusive Daten von Gesellschaften, die vom aufsichtsrechtlichen Konsolidierungskreis umfasst sind – manuell oder automatisiert erfolgt, und Analyse einer diesbezüglichen Prozessbeschreibung. 12 (Automatische) Anwendungskontrollen Change- und Release-Management Generelle IT-Kontrollen Unternehmensweite Kontrollen IKS und IT | Aufsichtsrechtliche Prüfung EY Finance Magazine September | 2015 Systeme Infrastruktur Die Folgen Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die überarbeitete Anlage zum Prüfbericht sowohl qualitativ als auch quantitativ mehr von allen Beteiligten fordert. Vor allem die Dokumentation des IKS ist in diesen Bereichen für den Prüfungserfolg entscheidend. Damit ein IKS überprüfbar ist, muss es ausreichend dokumentiert sein. Die Anforderungen an Umfang, Schwerpunkt und Detaillierungsgrad der Dokumentation sind von Größe, Komplexität und Risiken der betroffenen Bank abhängig. Da der erwartete Prüfungs- und Dokumentationsaufwand sowohl auf Banken- als auch auf Prüferseite deutlich höher ausfallen wird als bisher, ist eine umfangreiche Vorbereitung der betroffenen Prozesse und Bereiche seitens der Bank von besonderer Wichtigkeit. Hier gilt es sicherzustellen, dass nachvollziehbare Verfahrensanweisungen und Prozessbeschreibungen der betroffenen Bereiche sowie Kontrolldokumentationen in Bezug auf das implementierte IKS existieren. Unser Beitrag Um dem Vorstand die notwendige Sicherheit über die internen Prozesse zu geben und unangenehme Überraschungen bei aufsichtsrechtlichen Prüfungen und Jahresabschlussprüfungen zu vermeiden, können wir Sie bei der Anhebung des Prozessreifegrades auf ein für die Erfüllung der Anforderungen und an die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen Ihrer Bank angepasstes Niveau im Rahmen eines GAP-Assessments sowohl auf Business- als auch auf IT-Seite unterstützen. In diesem Zusammenhang können etwaige Schwachstellen aufzeigt werden, die dazu führen könnten, dass die bestehenden Anforderungen nicht eingehalten werden. Sollten Sie außerdem Unterstützung bei der nachgelagerten Behebung etwaiger Schwachstellen benötigen, helfen wir Ihnen gerne im Rahmen einer unterstützenden Beratung. Aufgrund unserer weitreichenden Prüfungs- und Beratungserfahrung besitzen wir ein umfassendes Wissen über Banken- und IT-Prozesse und können aus diesem Grund eine effiziente und auf die Größe Ihrer Bank optimal abgestimmte Durchführung unserer Dienstleistungen sicher stellen. Ihre Autoren Mag. Matthias Erker Manager Marina Christ Senior Consultant T +43 1 211 70 1408 [email protected] T +43 1 211 70 1414 [email protected] • Mag. Matthias Erker ist Manager bei EY und Spezialist für regulatorische Themen im technologischen Umfeld von Finanzinstituten. • Marina Christ ist Senior Consultant bei EY und Spezialistin für IT-Prüfung und -Beratung im Finanzsektor. EY Finance Magazine September | 2015 13 Geldwäsche | Vierte Richtlinie Sauber durch die vierte Geldwäscherichtlinie Seit Juni 2015 ist die lange erwartete vierte Geldwäscherichtlinie in Kraft. Sie soll die Integrität des Finanzsektors besser schützen und dazu beitragen, dass Straftaten wirksamer bekämpft werden. Die Richtlinie bringt einiges an Mehraufwand und – einmal mehr – scharfe Sanktionen. Ein Überblick über die Neuerungen. Über zweieinhalb Jahre nach dem Entwurf der Europäischen Kommission liegt nun die vierte Geldwäscherichtlinie vor. Mit ihr und der neuen Geldtransferverordnung dreht die EU die Schrauben für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung etwas fester und gleicht die nationalen Regeln stärker an. Für die Verpflichteten bedeutet dies vor allem mehr Aufwand sowie – entsprechend dem Trend im europäischen Banken- und Kapitalmarktaufsichtsrecht – drastisch erhöhte Strafen. Hintergrund der Novelle sind Empfehlungen des OECD-Gremiums Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) aus dem Jahr 2012, sie geht aber darüber hinaus. Am 26. Juni 2015 ist die vierte Geldwäscherichtlinie 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft getreten. Der österreichische Gesetzgeber hat nun zwei Jahre lang Zeit, diese Rechtsnorm in österreichisches Recht umzusetzen. Dieser Beitrag soll die wichtigsten Eckpunkte veranschaulichen. Zielsetzung der Richtlinie Die Geldwäscherichtlinien sollen die Integrität, Stabilität und das Ansehen des Finanzsektors schützen, die durch Ströme illegalen Geldes beschädigt werden können. Gerade die europarechtliche Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs schafft Risiken, denen man auch auf europarechtlicher Ebene begegnen muss. Der Schutz der Gesellschaft vor Kriminalität ist ein weiteres, wenn auch eher nachrangig erscheinendes Ziel. Schließlich findet sich in den Erwägungsgründen der Richtlinie auch das Bekenntnis zu einem regulatorischen Umfeld, das so vernünftig ist, dass es den Unternehmen Wachstum ermöglicht und keine unverhältnismäßig hohen Kosten durch die Einhaltung der Bestimmungen entstehen. 14 EY Finance Magazine September | 2015 Geltungsbereich – Verpflichtete der Richtlinie Als Verpflichtete der vierten Geldwäscherichtlinie gelten Kredit- und Finanzinstitute, Abschlussprüfer, externe Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare, andere Dienstleister für Trusts oder Gesellschaften, Immobilienmakler, Personen, die mit Gütern handeln und dabei mit Beträgen von 10.000 Euro oder mehr in bar zu tun haben, und Anbieter von Glücksspieldiensten. Der Geltungsbereich der Richtlinie wurde insofern erweitert, als die Grenze für Händler von Gütern in der dritten Geldwäscherichtlinie noch 15.000 Euro lag. Darüber hinaus war damals noch nicht der gesamte Glücksspielsektor abgedeckt, sondern nur die Casinos. Risikobasierter Ansatz Die dritte Geldwäscherichtlinie enthielt noch eine Liste vordefinierter Situationen mit einem geringeren und einem erhöhten Risiko. Handelte es sich beim Kunden um ein Kreditinstitut oder eine Behörde, galten automatisch geringere Sorgfaltsanforderungen. Die Tatsache, dass ein Kunde eine Behörde ist, ist nun nur ein Aspekt, der im Rahmen der Bewertung der Risikofaktoren Berücksichtigung findet, eine automatische Kategorisierung gibt es nicht mehr. Die Risikobewertung muss dokumentiert und aktualisiert werden, um der Aufsicht zu ermöglichen, die Entscheidung zu überprüfen und zu verstehen. Das Prinzip des risikobasierten Ansatzes wird aber im Bereich des höheren Risikos durchbrochen: Nach wie vor sind Kundenkontakte zu politisch exponierten Personen, zu Personen in bestimmten Drittländern und Korrespondenzbankbeziehungen (wie bisher) automatisch eine Situation hohen Risikos. Bemerkenswert ist auch, dass es nun auch jedem Mitgliedstaat obliegt, eine nationale Risikobewertung zu errichten und aktuell zu halten. Jeder Mitgliedstaat hat darüber hinaus eine Behörde einzurichten, die diese Risiken bekämpfen und mindern soll. Ressourcen sollen primär in jene Bereiche gelenkt werden, in denen die höchste Gefahr der Geldwäsche und des Terrorismus besteht. Zentrales Register Die EU-Mitgliedstaaten haben zentrale Register einzuführen, um Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten eingetragener Gesellschaften und sonstiger juristischer Personen zu sammeln. Diese Gesellschaften müssen dafür angemessene, präzise und aktuelle Angaben zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern – einschließlich Angaben zum wirtschaftlichen Interesse – einholen und aufbewahren. Diese Angaben sollen für die zuständigen Behörden und Meldestellen, die Verpflichteten der Richtlinie und alle Organisationen oder Personen mit berechtigtem Interesse zugänglich sein. Die zuständigen Behörden und Meldestellen sollen auch in der Lage sein, die Angaben zeitnah den Behörden und Meldestellen anderer Mitgliedstaaten zugänglich zu machen. Dies bringt aber nicht unbedingt eine Erleichterung für die Verpflichteten – diese dürfen sich nicht ausschließlich auf das Register verlassen. Einhaltung der Bestimmungen in Mitgliedstaaten und Drittländern Verpflichtete mit Niederlassungen in Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass diese Niederlassungen den nationalen Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates Folge leisten. Der Verpflichtete hat auch dafür zu sorgen, dass Tochterunternehmen oder Zweigstellen in Drittstaaten mit weniger strengen Bestimmungen die Anforderungen seines Mitgliedstaates anwenden. Fazit Die vierte Geldwäscherichtlinie wird den Aufwand für die Verpflichteten wohl erhöhen. Insbesondere die drakonischen Sanktionen machen es unbedingt notwendig, in Fragen der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsverhinderung sehr sorgfältig und aufsichtsrechtlich „sauber“ zu agieren. BaSAG bekannten Strafen von bis zu zehn Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes oder 5.000.000 Euro für die Gesellschaft und 5.000.000 Euro für natürliche Personen (insbesondere Geschäftsleiter). Ersteres – die Strafe von 10 % des Nettoumsatzes – hat der nationale Gesetzgeber für Banken bereits umgesetzt (§ 98 Abs. 5a Z 3 iVm § 99d BWG). Für natürliche Personen beträgt die Strafe bisher noch sechs Wochen Freiheitsstrafe oder bis zu 150.000 Euro Geldstrafe. Strafbestimmungen Bemerkenswert ist insbesondere auch der neue Strafrahmen bei Verstößen. Für Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden sowie gegen die Pflichten zu Verdachtsmeldungen, zu Aufbewahrung und Aufzeichnungen und zu internen Kontrollen muss der nationale Gesetzgeber folgende Konsequenzen vorsehen, die aber nicht in jedem Fall verhängt werden müssen: • öffentliche Bekanntgabe • behördliche Anordnungen, eine Verhaltensweise einzustellen und nicht zu wiederholen • Entzug oder Aussetzung von Zulassungen • vorübergehendes Verbot von Führungskräften, Leitungsaufgaben wahrzunehmen • Geldbußen in Höhe von mindestens dem Doppelten eines Gewinnes, der durch den Verstoß erzielt worden ist, oder von mindestens 1.000.000 Euro. Ihr Autor MMag. Thomas Breuss Rechtsanwalt EY Law Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH T +43 1 260 95 2113 [email protected] • Thomas Breuss arbeitet bei der EY Law - Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH und ist insbesondere auf Bankenund Kapitalmarktaufsichtsrecht spezialisiert. Für Kreditinstitute oder Finanzinstitute gelten noch höhere Geldstrafen, nämlich die bereits aus dem BWG und EY Finance Magazine September | 2015 15 Interview | Bilanzstrafrecht Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung Interview Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015, das am 7. Juli 2015 vom Nationalrat beschlossen wurde und am 1. Jänner 2016 in Kraft treten wird, wurde auch das Bilanzstrafrecht reformiert. Alexander Stieglitz (EY) und Michael Grubhofer (EY Law) nehmen zu den wesentlichen Änderungen Stellung. Interview Herr Stieglitz, welches Ziel wurde bei der Bilanzstrafrechtsreform verfolgt? Stieglitz: Das sogenannte Bilanzstrafrecht ist derzeit durch zahlreiche Straftatbestände im Gesellschaftsrecht geregelt. Diese Bestimmungen unterschieden sich teilweise ohne nachvollziehbaren Grund in der Strafhöhe. Außerdem waren die bisherigen Regelungen auch unscharf formuliert, was in der Praxis zu Verunsicherung geführt hat. Das Ziel der jetzigen Reform war es, eine einheitliche Regelung mit präzisierten Tatbestandselementen und einheitlicher Strafdrohung im Strafgesetzbuch zu schaffen. Herr Grubhofer, was sind die wesentlichen Änderungen, die sich durch das Strafrechtsänderungsgesetz ergeben haben? Stieglitz: Zudem wurden etliche im neuen Straftatbestand verwendete Begriffe den im Gesellschafts- und Rechnungslegungsrecht verwendeten Begriffen angepasst. Die noch geltenden Bilanzdelikte stellen auf unrichtige Darstellung der „Verhältnisse der Gesellschaft“ bzw. „erhebliche Umstände“ ab. In Zukunft wird auf die unrichtige Darstellung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Verbandes abgestellt, was zu einer Strafbarkeitseinschränkung führen soll. Die tätige Reue, die bisher nur für die im SpaltG, KMG und InvFG geregelten Bilanzdelikte, nicht aber für die restlichen Delikte vorgesehen war, wird nun in einer eigenen Bestimmung geregelt. Das Problem dabei ist allerdings, dass diese Möglichkeit der Strafaufhebung aufgrund des sehr engen Zeitraumes, innerhalb dessen eine tätige Reue zu erfolgen hat, in vielen Fällen ins Leere gehen wird. Wer wird für welches Verhalten bestraft? Grubhofer: Neben der Schaffung eines einheitlichen Straftatbestandes wird jetzt auch zwischen Taten der Gesellschaft angehörenden Personen bzw. Organen und Taten von externen Prüfern — insbesondere Abschlussprüfern — differenziert. Die einzelnen Tatbestandselemente der bisherigen Regelungen waren teilweise sehr weit formuliert. Dadurch hatte die Rechtsprechung einen großen Auslegungsspielraum — besonders bei der Frage von unwesentlichen unrichtigen Darstellungsfehlern. Das erklärte Ziel der Reform ist es, die neue Regelung auf das wirklich Strafwürdige zu beschränken. 16 EY Finance Magazine September | 2015 Grubhofer: Der Kern der bisherigen Regelung bleibt weiterhin bestehen. Zusammengefasst wird demnach in Zukunft nach § 163a StGB bestraft, wer als Entscheidungsträger, etwa als Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstand einer AG, die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des jeweiligen Unternehmens in einem der vom Gesetz aufgezählten „Medien“, etwa Jahres- oder Konzernabschluss, Vortrag oder Auskunft in der Haupt- oder Generalversammlung, in unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt. Neben dem Entscheid- ungsträger kann nach denselben Kriterien auch ein vom Entscheidungsträger mit der Informationsdarstellung Beauftragter bestraft werden. Zusätzlich erhalten Prüfer, die bisher über den Begriff „Beauftragter“ erfasst wurden, nun eine eigene Regelung in § 163b StGB. Demnach ist der Prüfer zu bestrafen, wenn er in seinem Prüfbericht oder einem Vortrag bzw. einer Auskunft in der Versammlung der Gesellschafter in unvertretbarer Weise wesentliche Informationen falsch oder unvollständig darstellen. Neben der unvollständigen Darstellung wird der Prüfer auch bestraft, wenn er verschweigt, dass der Jahres- oder Konzernabschluss oder der Lage- oder Konzernlagebericht wesentliche Informationen in unvertretbarer Weise falsch oder unvollständig darstellt. Weiters ist der Prüfer für die in unvertretbarer Weise erfolgte Erteilung eines Bestätigungsvermerks zu bestrafen, wenn dieser geeignet ist, einen erheblichen Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder, Gläubiger oder Anleger herbeizuführen. Auch die Nichterstattung eines Berichts über die drohende Bestandsgefährdung des Verbandes führt zu einer Bestrafung des Prüfers. Als Prüfer werden vom Gesetz u. a. ausdrücklich Abschlussprüfer, Gründungsprüfer, Stiftungsprüfer, Sonderprüfer und Verschmelzungsprüfer genannt. In beiden Fällen ist ein tatsächlicher Schadenseintritt irrelevant, doch scheidet eine Bestrafung aus, wenn die unrichtige oder unvollständige Darstellung nicht geeignet ist, einen schwerwiegenden Schaden für den Verband, dessen Gesellschafter, Mitglieder, Gläubiger oder für Anleger herbeizuführen. Führt die Reform zu einer Strafverschärfung? Grubhofer: Die Reform führt sowohl zu einer Strafbarkeitseinschränkung als auch zu einer Strafbarkeitsausdehnung. Wie gesagt, das erklärte Hauptziel der Reform ist die Vereinheitlichung des Bilanzstrafrechts. Das hat insbesondere zu einer einheitlichen Strafdrohung von bis zu zwei Jahren bzw. — im Zusammenhang mit börsennotierten Unternehmen — bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geführt. In den bisherigen Straftatbeständen waren überwiegend nur Strafdrohungen bis zu einem Jahr vorgesehen. Die Erhöhung der Strafdrohung führt gleichzeitig auch zu einer längeren Verjährungsfrist von nun fünf Jahren. Stieglitz: Zusätzlich werden in Zukunft auch Sparkassen, rechnungslegungspflichtige offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften, große Vereine und bestimmte ausländische Rechtsträger mit engem Bezug zum Inland, das heißt Börsenotierung oder eingetragene Zweigniederlassung in Österreich, erfasst. Das neue Gesetz verfolgt auch das Ziel, im Ausland begangene Bilanzfälschungen einer Strafverfolgung im Inland zu unterziehen, sofern die betroffenen Rechtsträger einen Bezug zu Österreich aufweisen. EY Finance Magazine September | 2015 17 Interview | Bilanzstrafrecht Grubhofer: Eine Strafbarkeitseinschränkung erfolgt durch die Verwendung des Begriffs „in unvertretbarer Weise“, in der Voraussetzung der Schadenseignung und durch die Aufnahme einer einheitlichen Regelung der tätigen Reue. Mit der Klarstellung, dass die falsche oder unvollständige Darstellung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage nur dann strafbar ist, wenn sie unvertretbar ist, folgt der Gesetzgeber der bisher vertretenen Bilanzrechtsakzessorietät. Das heißt, dass eine strafbare Handlung nur dann vorliegt, wenn die nach UGB oder IFRS erlaubten Ermessensspielräume und Bewertungsmöglichkeiten überschritten worden sind. Ansätze, die sich innerhalb dieses Ermessensspielraumes befinden, können daher auch dann nicht zu einer Bestrafung führen, wenn im Nachhinein von der Behörde ein anderer Ansatz vertreten wird. Laut den Erläuterungen zur Regierungsvorlage steckt im Begriff „unvertretbar“ aber auch eine Vorsatzkomponente, die der im Begutachtungsverfahren geforderten Vorsatzform der „Wissentlichkeit“ nahekommen dürfte. 18 EY Finance Magazine September | 2015 Gibt es die Möglichkeit einer tätigen Reue? Stieglitz: Bisher war die tätige Reue ohne nachvollziehbare Begründung nur auf vereinzelte Bilanzdelikte, konkret auf das SpaltG, das KMG, das InvFG und das ImmoInvFG, anwendbar. Nach der neuen Regelung soll für bestimmte Begehungsarten der „neuen Bilanzfälschung“ die Möglichkeit der tätigen Reue geschaffen werden. In Zukunft sollen zum Beispiel all jene nicht bestraft werden, die eine in einer Gesellschafterversammlung vorgetragene unrichtige Darstellung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage noch vor dem Ende dieser Versammlung richtigstellen. Wie gesagt, sind die Zeiträume, in denen die tätige Reue vorzunehmen ist, allerdings so eng, dass sie in der Praxis eher selten zur Anwendung kommen wird. Das ist einer der wesentlichen Kritikpunkte an der Neuregelung. Was bedeutet das Bilanzstrafrecht Neu für die Praxis? Stieglitz: Es ist davon auszugehen, dass die Bilanzfälschung stärker als bisher geahndet wird. Das bedeutet ein erhöhtes strafrechtliches Risikopotenzial für Vorstände und Geschäftsführer, aber auch für die betreffenden Wirtschaftsprüfer. Das wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass die verschiedenen Behörden immer enger miteinander vernetzt sind. Hier ist nur an die Melde- bzw Anzeigepflichten der Enforcement-Behörde, auch „Bilanzpolizei“ genannt, zu denken. Bilanz- und Wirtschaftsdelikte werden vielfach auch im Zuge abgabenbehördlicher bzw. finanzstrafrechtlicher Prüfungshandlungen aufgedeckt. Generell dürfen die Querverbindungen zwischen Finanzstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht nicht unterschätzt werden. Worin bestehen die Berührungspunkte zum Steuer- und Finanzstrafrecht? Stieglitz: Nun, Finanzvergehen wirken sich in vielen Fällen auch auf die UGB-Bilanz aus. Hier ist etwa an Verkürzungsdelikte zu denken, die zu einem entsprechend zu niedrigen Gewinnausweis führen. Neben der Strafbarkeit nach dem Finanzstrafgesetz kann dadurch auch das Bilanzdelikt gem. § 163a StGB erfüllt sein, soweit nicht sogar ein strenger bestraftes Delikt — etwa eine Untreue gem- § 153 StGB — hinzutritt. Dieser Umstand darf insbesondere auch bei Selbstanzeigen nicht außer Acht gelassen werden. Selbstanzeigen schützen nämlich nur vor den finanzstrafrechtlichen Folgen. In vielen Fällen wird für eine umfassende strafrechtliche Sanierung zusätzlich eine „tätige Reue“ notwendig sein, so diese im konkreten Fall möglich ist. Das erfordert eine koordinierte Vorgehensweise, insbesondere auch in zeitlicher Hinsicht. Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Anwendungsfälle in diesem Zusammenhang? Stieglitz: Ein klassisches Beispiel ist sicher die verdeckte Gewinnausschüttung, also die Verlagerung von steuerpflichtigen Einkünften hin zu einer anderen, oftmals ausländischen Konzerngesellschaft oder zum Gesellschafter. Mit einer verdeckten Ausschüttung können zahlreiche steuerliche und finanzstrafrechtliche Folgen verbunden sein, etwa die Verkürzung von Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer oder Kapitalertragsteuer. Grubhofer: Jede verdeckte Ausschüttung erfüllt potenziell auch das Delikt der Bilanzfälschung. Daneben wird in aller Regel aus dem Blickwinkel des Gesellschaftsrechts eine verbotene Einlagenrückgewähr vorliegen, woran neben persönlichen Haftungsfolgen für die verantwortlichen Geschäftsführer auch wirtschaftsstrafrechtliche Konsequenzen geknüpft sein können. Weil Finanzstrafdelikte neben Bilanz- und Wirtschaftsdelikten geahndet werden, kann das zu drakonischen Strafdrohungen führen. Umso wichtiger ist es, derartige Sachverhalte umfassend zu behandeln. Die Zusammenarbeit von Wirtschaftsanwälten, Steuerberatern und Strafrechtsexperten ist in diesem Zusammenhang ganz wesentlich. Der interdisziplinäre Ansatz von EY Law und EY hat sich in solchen Fällen schon vielfach bewährt. Ihre Ansprechpartner Mag. Alexander Stieglitz, LL.M. LL.M. Senior Manager Dr. Michael Grubhofer EY Law Pelzmann Gall Rechtsanwälte GmbH T +43 1 211 70 1023 [email protected] T +43 1 260 95 2143 [email protected] • Alexander Stieglitz ist Senior Manager im Steuerbereich bei EY in Wien, FH-Lektor, Fachautor und -vortragender. Einer seiner Tätigkeitsschwerpunkte liegt im Bereich Finanz- und Bilanzstrafrecht sowie im Abgabenverfahrensrecht. • Michael Grubhofer ist Rechtsanwaltsanwärter bei EY Law. Er ist Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien sowie Delegierter zur Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Gesellschafsrecht, Wirtschaftsstrafrecht und in der Vertretung vor Gerichten und Behörden. EY Finance Magazine September | 2015 19 Rechnungslegung | IFRS 15 IFRS 15 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden — ein Update Wie bereits im Finance Magazine vom September 2014 berichtet, wurde am 28. Mai 2014 der IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht. Ziel der neuen Regelungen ist es, Schwachstellen und Inkonsistenzen der bestehenden Regeln zur Umsatzrealisierung zu beseitigen und die Vergleichbarkeit der Bilanzierung von Umsatzerlösen über Branchengrenzen hinweg sowie zwischen verschiedenen Ländern und Kapitalmärkten zu verbessern. Dabei stellt die Erfassung der voraussichtlichen Gegenleistung für die gelieferten Güter bzw. erbrachten Dienstleistungen das Kernprinzip des IFRS 15 dar. Aufgrund von zahlreichen Rückmeldungen vor allem aus der Telekommunikations-, Automobil- und Technologieindustrie wurde am 29. April 2015 ein Exposure Draft zum IFRS 15 veröffentlicht, welcher im Juli verabschiedet wurde. Der neue Standard ist daher ein Jahr später als ursprünglich vorgesehen, ab 1.1.2018, verpflichtend anzuwenden Eine vorzeitige Anwendung ist weiterhin zulässig. Allgemein Der neue Standard regelt die Grundsätze für die Bewertung und Erfassung von Umsatzerlösen und der zugehörigen Cashflows. Als Kernprinzip des IFRS 15 gilt der Grundsatz, dass Umsatzerlöse in Höhe der Gegenleistung erfasst werden, mit der das Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung von Gütern bzw. Dienstleistungen erwartungsgemäß rechnen kann. Hierfür sieht der Standard die folgenden bereits bekannten Schritte (Fünf-Schritte-Modell) vor: 20 EY Finance Magazine September | 2015 1.Identifizierung des Vertrags (bzw. der Verträge) mit einem Kunden 2.Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags (bzw. der Verträge) 3.Bestimmung des Transaktionspreises 4.Allokation des Transaktionspreises auf die vertraglich vereinbarten separaten Leistungsverpflichtungen 5.Ertragsrealisierung bei Erfüllung einzelner Leistungsverpflichtungen In weiterer Folge wird eine Analyse der wesentlichsten Änderungen, die sich aufgrund des neuen Standards bei der Anwendung des „Fünf-Schritte-Modells“ ergeben werden, vorgenommen. Künftige Änderungen im Überblick 1.Identifizierung des Vertrags (bzw. der Verträge) mit einem Kunden Im Zusammenhang mit der Identifizierung von Verträgen wird es im Wesentlichen zu folgenden Änderungen kommen: • Einbringlichkeit: Sowohl die aktuellen IFRS als auch IFRS 15 sehen vor, dass bei Vertragsbeginn eine Beurteilung vorgenommen werden muss, ob der Erhalt der vereinbarten Gegenleistung wahrscheinlich ist. Im Unterschied zu den aktuellen Vorschriften ist künftig jedoch das Konzept des IFRS 15 auf einen Teil des vertraglich vereinbarten Betrags statt auf den Gesamtbetrag anzuwenden. Dies kann somit in der Praxis zu einer früheren Erlösrealisierung führen. • Vertragsmodifikationen: IAS 18 enthält im Gegensatz zu den neuen Regelungen keine konkreten Anwendungsleitlinien für die Bestimmung, ob eine Änderung von Vertragsbedingungen als separater Vertrag oder als Modifikation eines bestehenden Vertrags zu behandeln ist. Daher wird individuell zu prüfen sein, ob sich dadurch Anpassungsbedarf ergibt • Mündliche Verträge: Da die aktuellen IFRS keine konkreten Anwendungsleitlinien vorsehen, kann es möglicherweise zu einer früheren Erfassung der Verträge als bisher kommen. Hard Facts im Überblick • IASB und FASB haben am 28. Mai 2014 ihren gemeinsamen Standard zur Umsatzrealisierung verabschiedet. • Der neue Standard ersetzt die bisherigen Regelungen (IAS 11 Fertigungsaufträge, IAS 18 Umsatzerlöse, IFRIC 13 Kundenbindungsprogramm, IFRIC 15 Verträge über die Errichtung von Immobilien, IFRIC 18 Übertragung von Vermögenswerten durch einen Kunden und SIC 31 Tausch von Werbedienstleistungen) • Der neue Standard ist für Geschäftsjahre, die ab 1. Jänner 2018 beginnen, verpflichtend anzuwenden, wobei eine vorzeitige Anwendung zulässig ist. • Eine frühzeitige Analyse der Auswirkungen des neuen Standards ist von zentraler Bedeutung. • IFRS 15 wird Auswirkungen auf alle Unternehmen in allen Branchen haben. 2.Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrags (bzw. der Verträge) Im Zusammenhang mit der Identifizierung von separaten Leistungsverpflichtungen wird es im Wesentlichen zu folgenden Änderungen kommen: • Identifizierung vertraglich zugesagter Güter und Dienstleistungen: Die derzeit geltenden IFRS enthalten keine spezifischen Regelungen für Mehrkomponentenverträge und befassen sich vorrangig mit der Identifizierung der bilanziellen Einheit. IAS 18 fordert lediglich die Identifizierung von einzelnen abgrenzbaren Bestandteilen eines Geschäftsvorfalls, um dessen wirtschaftlichen Gehalt zutreffend abzubilden. Ob es hier zu Änderungen kommt, hängt vor allem davon ab, ob ein Unternehmen aktuell die vergleichbaren, aber detaillierteren Regelungen zu Multiple-Element Arrangements nach US-GAAP anwendet. • Separate Leistungsverpflichtungen: Sofern ein Unternehmen entschieden hat, ob ein Gut bzw. eine Dienstleistung aufgrund seiner bzw. ihrer individuellen Eigenschaft einzeln abgrenzbar ist, ist künftig weiters zu prüfen, ob das Gut bzw. die Dienstleistung von anderen Zusagen im Vertragskontext abgrenzbar ist. Dieser zweite Schritt stellt somit eine gänzlich neue Anforderung dar, was künftig zu anderen Schlussfolgerungen führen kann. • Principal vs. Agent: Künftig muss als weiteres Beurteilungskriterium evaluiert werden, ob Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienstleistungen besteht. • Optionen des Kunden zum Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungen: IFRS 15 enthält im Gegensatz zu den aktuell anzuwenden IFRS Regelungen zur Bilanzierung von Optionen, sofern diese ein wesentliches Recht einräumen. 3. Bestimmung des Transaktionspreises Im Zusammenhang mit der Bestimmung des Transaktionspreises wird es im Wesentlichen zu folgenden Änderungen kommen: EY Finance Magazine September | 2015 21 Rechnungslegung | IFRS 15 • Variable Gegenleistungen: Künftig sind Rückgaberechte ebenfalls als variable Gegenleistungen einzustufen. Stellt ein Ausfallrisiko einen impliziten Preisnachlass dar, so wird dieser künftig vom geschätzten Transaktionspreises abgezogen und nicht wie bisher als Forderungsausfall erfasst. Weiters werden sich Änderungen bei der Schätzung variabler Gegenleistungen (Erwartungswertmethode oder Methode des wahrscheinlichsten Betrags) ergeben. • Rückgaberechte: Produkte, deren Rückgabe erwartet wird, sind nicht in den Transaktionspreis einzubeziehen. Für die Vermögenswerte, für welche eine Rückgabe erwartet wird, ist künftig ein Vermögenswert anzusetzen. • An einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung: In diesem Bereich sollte es grundsätzlich zu keinen gravierenden Änderungen kommen, es sei denn, dass ein Gut oder eine Dienstleistung einzeln abgrenzbar ist. In diesem Fall kommt es künftig zu keiner Erlösminderung, sondern in der Regel zur Bildung eines Abgrenzungspostens. 4.Allokation des Transaktionspreises auf die vertraglich vereinbarten separaten Leistungsverpflichtungen Im Zusammenhang mit der Allokation des Transaktionspreises auf die vertraglich vereinbarten separaten Leistungsverpflichtungen wird es im Wesentlichen zu folgenden Änderungen kommen: • Schätzung der Einzelveräußerungspreise: In diesem Zusammenhang können sich Änderungen ergeben, 22 EY Finance Magazine September | 2015 sofern Unternehmen bisher nicht nach US-GAAP bilanziert haben. Für jene Unternehmen, die ihre Bilanzierungsmethoden in Anlehnung an die US-GAAP-Vorschriften entwickelt haben, wird der Wegfall der Hierarchie, wonach zunächst der verkäuferspezifische objektive Nachweis heranzuziehen ist, zu Änderungen führen. • Anwendung der Methode des relativen Einzelveräußerungspreises: Die Methodik unterscheidet sich grundsätzlich nur geringfügig von den bestehenden Regelungen. Es kann sich jedoch eine erhebliche Komplexität in der Anwendung ergeben, sofern eine Allokation von variablen Gegenleistungen und/oder die Allokation von Preisnachlässen zu berücksichtigen sind. Insbesondere die künftige Möglichkeit, Preisnachlässe einzelnen Leistungsverpflichtungen zuzuordnen, kann zu erheblichen Anpassungen führen. 5.Ertragsrealisierung bei Erfüllung einzelner Leistungsverpflichtungen Im Zusammenhang mit der Ertragsrealisierung wird es im Wesentlichen zu folgender Änderung kommen: Leistungsverpflichtungen, die über einen Zeitraum erfüllt werden: In diesem Zusammenhang sieht IFRS 15.35 vor, dass, wenn ein Unternehmen die Verfügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung über einen bestimmten Zeitraum überträgt, der Umsatz dann über diesen Zeitraum zu erfassen ist, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist: Fazit Wie aus der obigen kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen schnell ersichtlich wird, unterscheidet sich der neue Standard wesentlich von den derzeit geltenden Vorschriften und wird daher Auswirkungen auf alle Unternehmen in allen Branchen haben. Nach IAS 8.30 i. V. m. IAS 8.31 hat ein Unternehmen die erwarteten Auswirkungen des neuen Standards im Anhang zu erläutern. Somit sind eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Regelungen, sowie eine Einschätzung der Auswirkungen auf das Unternehmen, unerlässlich. Für eine genauere Evaluierung der Auswirkungen des neuen Standards steht Ihnen Ihr EY-Berater gerne zur Verfügung. • Dem Kunden fließt der Nutzen aus der Leistung des Unternehmens zu und er nutzt die Leistung, während diese erbracht wird. • Durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögenswert erstellt oder verbessert (z. B. unfertige Leistungen) und der Kunde erlangt die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert, während dieser erstellt oder verbessert wird. • Durch die Leistung des Unternehmens wird ein Vermögenswert erstellt, der keine alternative Nutzungs- möglichkeit für das Unternehmen aufweist, und das Unternehmen hat einen Rechtsanspruch auf Bezahlung der bereits erbrachten Leistung. Künftig werden sich daher unter anderem Änderungen bei der Beurteilung, ob eine zeitpunkt- oder eine zeitraumbezogene Erlösrealisierung vorzunehmen ist, ergeben. Dies wird vor allem im jetzigen Anwendungsbereich des IAS 11 zu erheblichen Änderungen führen. Ihr Autor Mag. Christian Steiner Senior Manager T + 43 1 211 70 1180 M +43 664 6000 31180 [email protected] • Mag. Christian Steiner ist Senior Manager bei EY Wien im Bereich Financial Accounting Advisory Services. Der Experte im Bereich Konsolidierung und IFRS verfügt über langjährige Erfahrung in der Prüfung und Beratung zu Konzernabschlüssen, insbesondere nach IFRS und UGB. EY Finance Magazine September | 2015 23 Leasing | Neue Standards Neuer Leasingstandard in Sicht Das IASB hat seine Beratungen zum neuen Leasingstandard im Frühjahr 2015 abgeschlossen. Derzeit arbeitet der Mitarbeiterstab an der Erstellung des neuen Standards, der nach dem derzeitigen Zeitplan im vierten Quartal 2015 veröffentlicht werden soll. Wenngleich noch kein Erstanwendungsdatum genannt wurde, ist davon auszugehen, dass der neue Standard nicht vor dem 1. Jänner 2018 anzuwenden sein wird. 24 EY Finance Magazine September | 2015 Nach fast zehn Jahren Projektdauer soll der neue Standard des IASB zur Leasingbilanzierung noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. In den Beratungen der letzten Monate beschlossen das IASB nochmals einige Änderungen an den im Standardentwurf vom Mai 2013 vorgeschlagenen Regelungen. Diese betreffen vor allem die komplette Zurücknahme der angedachten Bilanzierungsvorschriften für Leasinggeber sowie die Streichung der Unterscheidung von Typ-A- und Typ-B-Leasingverhältnissen bei der Leasingnehmerbilanzierung. Am zentralen Prinzip, dass von Leasingnehmern zukünftig grundsätzlich sämtliche Leasingverhältnisse bilanziell zu erfassen sind, hat sich jedoch nichts mehr geändert. Im Folgenden werden die wesentlichen Eckpunkte des neuen Leasingstandards auf der Basis der finalen Beratungen des IASB wiedergegeben. Anwendungsbereich Grundsätzlich wird der neue Standard auf alle Leasingverhältnisse anwendbar sein. Ein Leasingverhältnis wird definiert als Vertrag, bei dem das Recht auf Nutzung eines Vermögenswerts für einen vereinbarten Zeitraum gegen Entgelt übertragen wird. Vom Anwendungsbereich explizit ausgenommen sind unter anderem Leases von biologischen Vermögenswerten, Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen, die unter IFRIC 12 fallen, sowie Leases von immateriellen Vermögenswerten beim Leasinggeber. Bei Letzteren besteht für Leasingnehmer ein Wahlrecht, sie nach dem neuen Leasingstandard zu bilanzieren. Für Leasingverhältnisse im Anwendungsbereich, • d ie sich auf geringwertige Vermögenswerte beziehen (im finalen Standard soll eine konkrete quantitative Betragsobergrenze vorgegeben werden, bisher wurde vom IASB ein Schwellenwert von 5.000 USD diskutiert) sind oder • d eren erwartete Laufzeit (unter Berücksichtigung von hinreichend sicher ausgeübten Verlängerungsoptionen) zwölf Monate nicht übersteigt, kann die Bilanzierung auch nach den Bestimmungen des neuen Leasingstandards weiterhin wie bei OperatingLeasing-Verhältnissen des aktuellen IAS 17 erfolgen. Bilanzierung beim Leasingnehmer Im Gegensatz zur derzeitigen Regelung in IAS 17 basiert der neue Leasingstandard auf dem sog. Nutzungsrechtmodell, die Unterscheidung in Finance- und Operating-Leasing für die Bilanzierung fällt hinkünftig weg. Nach dem Nutzungsrechtmodell werden sämtliche Leases im Anwendungsbereich des neuen Standards, für die keine Ausnahmeregelungen gelten, einheitlich wie folgt bilanziert: • B ei der erstmaligen Erfassung wird eine Leasingverbindlichkeit in Höhe des Barwerts der über die Laufzeit des Leasingverhältnisses zu leistenden Leasingzahlungen passiviert, korrespondierend dazu ist ein Nutzungsrecht am Leasinggegenstand in derselben Höhe (ggf. noch erhöht um direkt zurechenbare Nebenkosten sowie bereits vorab geleistete Leasingzahlungen bzw. vermindert um Leasinganreize) zu aktivieren. • I n den Folgeperioden wird die Leasingverbindlichkeit zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert und demnach mit einem zu Beginn der Laufzeit festgelegten Abzinsungssatz aufgezinst. Geleistete Leasingzahlungen verringern den Buchwert der Verbindlichkeit entsprechend. • D as Nutzungsrecht ist grundsätzlich über die Laufzeit des Leasingverhältnisses (oder seine erwartete wirtschaftliche Nutzungsdauer, wenn kürzer) planmäßig linear abzuschreiben, es sei denn, eine andere planmäßige Verteilung entspricht eher dem erwarteten Verbrauch des künftigen wirtschaftlichen Nutzens. In der Bilanz sind Nutzungsrechte entweder getrennt von anderen Vermögenswerten oder zusammen mit anderen Vermögenswerten, aber ergänzt um Anhangangaben (unter Angabe der Bilanzposten, die Nutzungsrechte am Leasinggegenstand enthalten, sowie der entsprechenden Beträge) auszuweisen. Entsprechendes gilt auch für die Leasingverbindlichkeiten, die ebenfalls getrennt von anderen Verbindlichkeiten oder zusammen mit diesen ausgewiesen werden können. In der Gewinn- und Verlustrechnung sind Abschreibungsund Zinsaufwendungen aus Leasingverhältnissen stets getrennt zu erfassen. Der neue Leasingstandard verlangt auch einige neue Anhangangaben. Während für qualitative Angaben keine abschließende Liste vorgesehen ist, sondern lediglich spezifische Angabeziele und erläuternde Beispiele aufgenommen werden sollen, werden die quantitativen Angaben konkret vorgegeben. Nach dem neuen Standard haben Leasingnehmer alle vorgeschriebenen Angaben in einer einzigen Anhangangabe oder in einem gesonderten Abschnitt im Abschluss darzustellen. EY Finance Magazine September | 2015 25 Leasing | Neue Standards Bilanzierung beim Leasinggeber Nach dem neuen Standard haben Leasinggeber Leasingverhältnisse weiterhin im Wesentlichen unter Anwendung des in IAS 17 vorgeschriebenen Ansatzes zu bilanzieren. Sonstige Regelungen Im neuen Leasingstandard werden unter anderem auch noch folgende Themenbereiche berücksichtigt: • I dentifikation und Trennung von Leasing- und Nichtleasingkomponenten und Zuordnung des vertraglich vereinbarten Entgelts • B ilanzierung bei Änderungen von Leasingverhältnissen • Z usammenfassung von Leasingverträgen • P ortfolioansatz • V ariable Leasingzahlungen • U nterleasingverhältnisse • U nternehmenszusammenschlüsse • S ale-and-Leaseback-Transaktionen Inkrafttreten und Übergangsvorschriften Das IASB hat bislang noch nicht über das Datum des Inkrafttretens beraten. Dieses soll zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden. Es ist aber zu erwarten, dass die Erstanwendung nicht vor dem 1. Jänner 2018 liegen wird. Leasinggeber können ihre bisherige Bilanzierungspraxis für ihre Leasingverhältnisse weitgehend beibehalten. Bei den Leasingnehmern bleibt die Bilanzierung von Finanzierungsleasingverhältnissen, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des neuen Standards bestehen, ebenfalls unverändert. Für nach IAS 17 als Operating Leasing eingestufte Leasingverhältnisse können Leasingnehmer bei der erstmaligen Anwendung des neuen Standards zwischen einem vollständigen retrospektiven Ansatz oder einem modifizierten retrospektiven Ansatz wählen. Nach dem modifizierten retrospektiven Ansatz müssen Leasingnehmer für Leasing-Verhältnisse, die zuvor als Operating-Leasing-Verhältnis klassifiziert wurden, Vergleichsinformationen nicht anpassen. Stattdessen haben sie den kumulierten Effekt der erstmaligen Anwendung des neuen Standards als Anpassung des Eröffnungsbilanzwerts der Gewinnrücklagen zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung zu erfassen. Zudem besteht hier die Möglichkeit, Leasingverhältnisse, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung eine Restlaufzeit von weniger als zwölf Monaten haben, weiterhin nach den bestehenden Regelungen des IAS 17 für Operating-Leasing-Verhältnisse zu bilanzieren. Fazit Der neue Leasingstandard bringt für Leasingnehmer weitreichende Änderungen der bisherigen Bilanzierungspraxis mit sich. Bezogen auf den Abschluss führt der neue Standard durch die nunmehr grundsätzlich für sämtliche Leasingverhältnisse verpflichtende bilanzielle Erfassung zu 26 EY Finance Magazine September | 2015 einer Erhöhung der Bilanzsumme bei gleichzeitiger Verringerung der Eigenkapitalquote und Erhöhung des Gearing. In Abhängigkeit vom Umfang der Inanspruchnahme von Leasing kann dies in signifikanten Auswirkungen auf Performance- und Steuerungskennzahlen sowie auf Covenants resultieren. Unternehmen müssen sich frühzeitig damit befassen, wie den Stakeholdern die Auswirkungen kommuniziert werden sollen und in welcher Weise etwaige Covenant-Vereinbarungen und Vergütungsprogramme neu auszuverhandeln sind. Zudem sind auch die IT-Systeme anzupassen und Prozesse zu implementieren, um eine vollständige Erhebung der Vertragsdaten zu sämtlichen bestehenden und zukünftigen Leasingverhältnissen sicherzustellen und die Verträge laufend zu überwachen. Die hier nur kurz umrissenen Auswirkungen, die der neue Leasingstandard mit sich bringt, machen deutlich, dass betroffene Unternehmen sich möglichst frühzeitig mit dem neuen Leasingstandard auseinandersetzen sollten. Dies gilt umso mehr, als mit IFRS 15 zur Erlösrealisierung (ab 1. Jänner 2018) und mit IFRS 9 zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten (ab 1. Jänner 2019) zwei weitere Standards mit teilweise weitreichenden Auswirkungen auf alle Unternehmen und einem entsprechenden Umsetzungsaufwand annähernd zeitgleich ebenfalls erstmals anzuwenden sind. EY hat mit dem Leasing Enabler ein bereits in zahlreichen Umstellungsprojekten bewährtes Tool zur Erfassung und Verwaltung von Leasingverträgen entwickelt, mit dem neben einer Analyse der Auswirkungen des neuen Leasingstandards auf den aktuellen und die zukünftigen Abschlüsse auch die gegenwärtige (IAS 17) und die künftige Leasingbilanzierung auf der Basis der erfassten Verträge in Form von konkreten Buchungssätzen abgeleitet werden können. Für nähere Auskünfte stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Ihr Autor Dr. Dominik Permanschlager Senior Manager T +43 732 790 790 5027 [email protected] • Dominik Permanschlager ist Senior Manager bei EY Linz im Bereich Financial Accounting Advisory Services. Der Experte im Bereich Konsolidierung und IFRS verfügt über langjährige Erfahrung in der Prüfung und Beratung zu Konzernabschlüssen, insbesondere nach IFRS und UGB. Immobilien | Energieaudits Von Nachhaltigkeit zur Werthaltigkeit im Immobilienbestand In den vergangenen Jahren hat sich das Thema Nachhaltigkeit im Immobilienbereich vom Trend zum Must gewandelt – nicht zuletzt aufgrund stetig strikter werdender Gesetzesanforderungen. Das in Österreich im Januar 2015 in Kraft getretene Bundes-Energieeffizienzgesetz trägt einen wichtigen Teil zur Steigerung der Qualität von Gebäuden — insbesondere im Bestand — bei. Die rein energetische Betrachtung macht aber nur einen Teil der gesamten Gebäudeperformance aus. Um die qualitativen und quantitativen Ansprüche unserer Zeit befriedigen zu können, ist eine holistische Betrachtungsweise erforderlich. EY Finance Magazine September | 2015 27 Immobilien | Energieaudits 50% des Energiebedarfs der Europäischen Union werden zurzeit durch Importe gedeckt. Aktuell beträgt der Anteil an Energie der Europäischen Union, die durch Importe gedeckt werden muss, rund 50 Prozent. Schätzungen zufolge, wird diese Zahl bei gleich bleibendem Verbrauch bis 2030 auf 70 Prozent steigen. Die drei Sektoren mit dem höchsten Verbrauch sind Verkehr, Energieerzeugung und Gebäude. Letztere verbrauchen laut Green Paper der Europäischen Kommission1 fast 40 Prozent der Gesamtenergie. Letztendlich verfolgen die Maßnahmen übergeordnete Ziele: einerseits zur Reduktion von Treibhausgasen, andererseits zur langfristigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Laut Europäischer Kommission würden bei Erreichung des Energieeffizienzzieles 2020 Mittel für Investitionen in Höhe von 60 Mrd. Euro jährlich frei werden. Im Anbetracht der oben genannten Verbrauchsstatistiken wird das Effizienzsteigerungspotenzial im Immobilienbereich offensichtlich. Daher hat sich die EU im Rahmen des Klima- und Energiepaketes, festgelegt durch die EU-Energieeffizienzrichtlinie EnEff-RL 2012/27/EU, ein Ziel zur EU-weiten Primärenergieeinsparung von 20 Prozent bis 2020 gesetzt. Diese Richtlinie wird zurzeit auf nationaler Ebene umgesetzt. Konkrete, immobilienrelevante Ziele der EnEff-RL sind einerseits die Festlegung der Sanierungsrate für Gebäude der Zentralregierung von drei Prozent pro Jahr, dies entspricht gemäß einer Analyse von Statistik Austria in Österreich jährlich ca. 2.614 Gebäuden, sowie die Durchführung regelmäßiger Energieaudits in großen Unternehmen. Österreich hat die EnEff-RL im Januar dieses Jahres mit dem Energieeffizienzgesetz (EEffG) in die Legislative übernommen. Primär sind Energielieferanten, bundeseigene Immobilien sowie große Unternehmen von den gesetzlichen Bestimmungen betroffen. Auditpflicht für große Unternehmen Mit Inkrafttreten des Energieeffizienzgesetzes am 1. Jänner 2015 sind große Unternehmen aller Branchen zum Energieaudit verpflichtet. Definitionsgemäß sind das Unternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl von mehr als 1 2 3 28 Green Paper on Energy Efficiency or Doing More With Less, European Commission, 2005 Statistik Austria, 2011 Nachhaltigkeit im Immobilienmanagement, Roland Berger, 2010 EY Finance Magazine September | 2015 249 sowie entweder über 50 Mio. Euro Umsatz oder über 43 Mio. Euro Bilanzsumme. Große Unternehmen haben das erste vollständige Energieaudit bis Ende November 2015 abzuschließen, andernfalls drohen Pönalen. Energieaudits können für Gebäude, Prozesse sowie Transport durchgeführt werden. KMU haben die Möglichkeit, eine Energieberatung in Anspruch zu nehmen. In beiden Fällen werden die Erkenntnisse dokumentiert und der Monitoringstelle, der Austrian Energy Agency, bekannt gegeben. Im Gegensatz zur Energieberatung, die lediglich Informationen über das Energieverbrauchsprofil enthält, ist ein Energieaudit eine technische, systematische Analyse im Normalbetrieb. Nach Ermittlung und Quantifizierung der Möglichkeiten für eine kostenwirksame Energieeinsparung fließen sämtliche Ergebnisse in einen Bericht, der Maßnahmenempfehlungen enthält. Es handelt sich dabei tatsächlich um Empfehlungen, da die gegebene Fassung des EEffG keine Umsetzungsverpflichtung der Maßnahmen enthält. Umdenken in der Immobilienwirtschaft Gesetze und Regelungen wie das EEffG oder das Energieausweisvorlagegesetz (EAVG) sollen ein Umdenken in der Immobilienwirtschaft bewirken. Dieses findet allerdings nur zögerlich statt, handelt es sich doch bei sämtlichen bis dato realisierten Vorschriften um rein energetische Bestimmungen. Gebäude spielen eine zentrale Rolle in unserem Leben. Gebäudeeigenschaften, das Design, technische Standards und das Gefühl, das ein Gebäude vermittelt, beeinflussen unser Wohlbefinden und unsere Produktivität. Weiters beeinflussen Gebäudeeigenschaften den Energieverbrauch durch Heizung, Kühlung und Lüftung, der nötig ist um ein angenehmes Innenraumklima zu kreieren. Beobachtet man das Konsumenten-, also das Investoren-, Käufer- und Mieterverhalten, sind die Qualitätsansprüche, die es zu befriedigen gilt, den gesetzlichen Vorschriften bereits weit voraus. Eine von Roland Berger3 durchgeführte Studie ergab, dass bereits 73 Prozent der Bauherren und Investoren bereit sind für nachhaltige Immobilien höhere Investitionskosten in Kauf zu nehmen. Der gängigen Meinung entsprechend, ergab die Studie, dass nachhaltige Immobilien durchschnittlich um 4,5 Prozent höhere Mieteinnahmen erzielen. Immer öfter fordern sowohl Investoren als auch Endnutzer Gebäudestandards, die nur durch eine holistische Betrachtungsweise erfüllt werden können. Ansprüche an Immobilien befinden sich jedoch oftmals an gegensätzlichen Enden des Spektrums. So möchte man eine langfristige Lebenszyklusbetrachtung bei kurzen Renditezeiten, hohe Qualitäten und geringe Bau- und Instandhaltungskosten, hohen Komfort bei optimaler Gesamtperformance und geringen Betriebskosten. Holistische Betrachtungsweisen Nachhaltigkeit von Immobilien wird stark mit dem Begriff der Zertifizierung in Verbindung gebracht. Tatsächlich bieten sämtliche immobilienwirtschaftlich relevanten Zertifizierungssysteme eine gute Kombination der drei Säulen der Nachhaltigkeit – Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft – und gewährleisten so die holistische Gebäudebetrachtung, optimierte Performance und überdurchschnittlich hohe Qualitätsstandards. Bei den international angesehenen Gebäudezertifizierungssystemen sind das britische BREAAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) und das amerikanische LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) am weitesten verbreitet. ÖGNI (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft) ist das österreichische Schwesterlabel der deutschen DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen); beide genießen in ihren Ursprungsländern und teilweise auch darüber hinaus großes Ansehen. Sämtliche Bewertungen verlaufen im Wesentlichen nach den gleichen Prinzipien. Auf der Basis von Normen, Gesetzen und Richtlinien wird die Qualitätssteigerung des Gebäudes anhand verschiedener Tools gegen die Baseline gemessen. Insofern ist die Gebäudezertifizierung ein Werkzeug zur integralen Planung, Projektmanagement und Qualitätssicherung – sowohl im Neubau als auch im Bestand oder im Immobilienportfolio. Bei aller Vielfalt der Bewertungssysteme ist allen Labels der Anspruch gemeinsam, Aspekte der Nachhaltigkeit vergleichbar abzubilden und Gebäude qualitativ abzugrenzen. Welcher Bewertungsansatz für Bauherren, Immobilienentwickler und Investoren der passende ist, hängt stark vom unternehmerischen Ziel ab. Für Bestandsimmobilien hat sich BREEAM im deutschsprachigen Raum etabliert, zum einen aufgrund des international vergleichbaren Benchmarkings und zum anderen aufgrund der Einsetzbarkeit für Einzelgebäude und Portfolios. Durch regelmäßige Neubewertung kann die Gebäudeperformance über den Lebenszyklus überwacht, kontinuierlich verbessert und leistungsschwache Assets können identifiziert werden. Dies führt zum einen zur Risikominimierung, zum anderen wird Werthaltigkeit durch erhöhte Transparenz und Aufzeigen von Optimierungspotenzialen gesichert. Derzeitige Bemühungen, etwa der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), zeigen einen Trend hin zur Konkretisierung des finanziellen Mehrwerts nachhaltiger Immobilien durch die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten in die Immobilienbewertung. Mehrwert und Synergien Mit steigenden Ansprüchen sowohl aufseiten von Investoren und Bauherren als auch aufseiten der Endnutzer, kann Immobilienwerthaltigkeit oft nur mehr durch Nachhaltigkeitsaspekte erzielt werden. Über das gesamtheitliche Benchmarking kann die Gebäudeperformance klar abgebildet und die resultierenden KPIs in weiteren Managementebenen eingesetzt werden – so etwa im Portfolio- und Gebäudemanagement, Energiemanagement bzw. in Energieaudits, in der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach GRI oder zur Steuerung der Unternehmensumweltpolitik. Ihre Autoren Andreas Gassner Senior Manager BREEAM AP Energieauditor gem. §17 EEffG Bianca-Daniela Ion Senior Consultant T +43 1 211 70 1496 [email protected] T +43 1 211 70 1651 [email protected] • Andreas Gassner leitet den Bereich Transaction Real Estate bei EY Österreich. Er besitzt langjähre Erfahrung in der technischen und wirtschaftlichen Durchführung von Bauprojekten. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in der Projektentwicklung und -steuerung, Lebenszyklusbetrachtung und gesamtheitlicher Gebäudeanalyse sowie in der Immobilienbewertung nach nationalen und internationalen Standards. Andreas Gassner ist BREEAM Accredited Professional und Energieauditor gem. § 17 EEffG. • Bianca-Daniela Ion ist Senior Consultant im Bereich Transaction Real Estate bei EY Österreich. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Nachhaltigkeitsmanagement mit Fokus auf nachhaltigem Bauen. Ihre Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich Gebäude- und Portfoliozertifizierung, Energieaudits sowie der technischen Beratung rund um die Immobilie. EY Finance Magazine September | 2015 29 Found Out Ranking der 100 teuersten Unternehmen der Welt: Ergebnisse der Marktkapitalisierungsstudie von EY Der Technologiekonzern Apple hat zur Jahresmitte seine Position als wertvollstes Unternehmen der Welt verteidigt – und seinen Vorsprung sogar deutlich ausgebaut: Der Börsenwert des Unternehmens betrug zur Jahresmitte knapp 723 Milliarden US-Dollar – das sind 75 Milliarden US-Dollar mehr als Ende vergangenen Jahres. Damit baute Apple seinen Vorsprung vor dem Suchmaschinen-Giganten Google und dem Softwarekonzern Microsoft (361 bzw. 357 Milliarden US-Dollar) deutlich aus. Zum Vergleich: Der aktuelle Börsenwert des iPhone-Herstellers entspricht der jährlichen Wirtschaftsleistung der Länder Portugal, Finnland und Griechenland zusammen. Acht der zehn teuersten Unternehmen kommen derzeit aus den Vereinigten Staaten, zwei Unternehmen sind aus China – europäische Unternehmen sucht man unter den Top 10 vergebens. Wertvollstes europäisches Unternehmen ist der Schweizer Pharmakonzern Novartis auf Platz elf. Unter den Top 20 finden sich nur drei europäische Vertreter, die allesamt aus der Schweiz kommen: Neben Novartis sind das Roche und Nestlé auf den Plätzen 15 bzw. 17. Das teuerste deutsche Unternehmen folgt erst auf Rang 62: Der Pharmakonzern Bayer ist aktuell 116 Milliarden US-Dollar wert. Aus Österreich findet sich kein Vertreter unter den 300 wertvollsten Unternehmen der Welt. Die Mehrheit der in den Top 100 notierten Aktiengesellschaften (58 Prozent) konnte in den vergangenen sechs Monaten den eigenen Marktwert steigern: Der Börsenwert der 100 teuersten Unternehmen der Welt kletterte seit Jahresbeginn um zwei Prozent auf 16,3 Billionen US-Dollar. Die Marktturbulenzen seit der Eskalation der Griechenland-Krise haben allerdings auch in den Top 100 Spuren hinterlassen: Der Gesamtwert der 100 teuersten Unternehmen der Welt sank in den vergangenen zwei Wochen um 300 Milliarden US-Dollar von 16,6 auf 16,3 Billionen US-Dollar. Besonders hart traf es die fünf deutschen Konzerne unter den Top 100: Zusammengezählt betrug der Wertverlust von Bayer, Volkswagen, Daimler, Siemens und SAP 22 Milliarden US-Dollar bzw. vier Prozent. Die aktuelle Schwäche Europas im Ranking – in den Top 100 können sich nur 28 europäische Unternehmen platzieren – könnte darauf zurückzuführen sein, dass die europäische Wirtschaft in den vergangenen Jahren kaum gewachsen und für Investoren daher wenig attraktiv gewesen ist. Zudem führte der Wertverlust des Euro (und des russischen Rubel) zu schlechteren Platzierungen der Unternehmen aus dem Euro-Raum bzw. Russland. 30 EY Finance Magazine September | 2015 Publikationen Das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014 Mit Verabschiedung der EU-Richtlinie 2013/34/EU („Rechnungslegungsrichtlinie“ oder „Bilanzrichtlinie“) und der am 11. Dezember 2014 durch den Nationalrat verabschiedeten nationalen Umsetzung durch das Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 kommt es zu wesentlichen Änderungen im Dritten Buch des UGB. Das Fachbuch erläutert • neue Definitionen und Grundsätze • anhand einer Vielzahl von Praxisbeispielen und • einer Gegenüberstellung der „alten“ und „neuen“ Rechtslage. Autoren: Christian Steiner (EY) und Kristina Webernig (EY) Stadtwerkestudie 2015 Im Frühjahr 2015 haben der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) und EY erneut die jährliche Expertenbefragung bei Stadtwerken und regionalen Energieversorgern durchgeführt. Die Energiewirtschaft benötigt dringender als andere Branchen Innovationen. Die Geschäftsmodelle und -prozesse der Vergangenheit funktionieren vielfach nicht mehr und müssen durch neue Ideen angepasst, häufig sogar ersetzt werden. Mit ihrer dezentralen Ausrichtung haben Stadtwerke eine bekannt gute Ausgangssituation, aus der viele häufig unbekannte Wege in die Zukunft weiterführen. Um diese einzuschlagen, sind Mut und eine professionelle Vorbereitung vonnöten. Beyond borders: EY Biotech Report Die globale Biotechnologie-Industrie verzeichnete 2014 ein Rekordjahr: Bei allen relevanten Finanzkennzahlen wie Umsatz, Profitabilität oder Kapitalbeschaffung wurden neue Höchstwerte erzielt. Infolge dieser positiven Entwicklung, der neuen erfolgreichen Therapien und der gestiegenen Zahl von Zulassungen knackte die globale Biotech-Branche erstmals in der Geschichte die MarktkapitalisierungsGrenze von einer Billion US-Dollar. Diese und viele weitere Ergebnisse finden Sie in unserem Biotech Report, der jährlich von EY durchgeführt wird und die Resultate unserer Befragung von 3.000 europäischen und amerikanischen Unternehmen aus der Branche beinhaltet. Ihre Meinung zählt Wir freuen uns über Ihr Feedback! Bei Rückmeldungen zu einzelnen Artikeln können Sie sich gerne direkt an die Autoren wenden. Die Kontaktdaten finden Sie jeweils bei den Artikeln. Sollten Sie uns ein allgemeines Feedback zum Finance Magazine geben wollen, schreiben Sie bitte an: [email protected] Events EY Scout — International Accounting Business Breakfasts | www.ey.com/at 11. September 2015, Wien 23. September 2015, Klagenfurt 25. September 2015, Linz Betriebsprüfung & Finanzstrafrecht Fachveranstaltung | www.ey.com/at 14. September 2015, Dornbirn Fraud Breakfast/AfterworX Fachveranstaltung | www.ey.com/at 23. September 2015, Dornbirng 23. September 2015, Innsbruck 07. Oktober 2015, Linz 07. Oktober 2015, Salzburg 14. Oktober 2015, Graz 14. Oktober 2015, Klagenfurt Let‘s talk Audit Special: IIA Conference | www.ey.com/at 29. September 2015, Wien Fit für den Jahresabschluss Business Breakfast | www.ey.com/at 12. November 2015, Wien Solvency II Business Breakfast | www.ey.com/at 24. November 2015, Wien Wir senden Ihnen unsere Publikationen selbstverständlich gerne zu. Schicken Sie dazu eine E-Mail mit Namen und Postadresse an [email protected]. Impressum Eigentümer, Herausgeber und Medieninhaber Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. („EY“), Wagramer Straße 19, IZD Tower, 1220 Wien, [email protected] Inhaltliche Gesamtverantwortung Mag. Gerhard Schwartz Redaktion Mag. Dieter Schalko, Mag. Erich Sorli Gestaltung Jessica Müller, Nina Eggenberger Druck Wallig Ennstaler Druckerei und Verlag Ges.m.b.H., Gröbming Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in dieser Publikation auf die geschlechtsspezifische Differenzierung, z. B. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. ISSN 1819-5741 EY Finance Magazine September | 2015 31 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick EY ist einer der globalen Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und in die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dynamischen Teams, einer ausgeprägten Kundenorientierung und individuell zugeschnittenen Dienstleistungen. Unser Ziel ist es, die Funktionsweise wirtschaftlich relevanter Prozesse in unserer Welt zu verbessern – für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unsere Kunden sowie die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Kunden. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Österreich ist EY an vier Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle österreichischen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2015 Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. All Rights Reserved. NE 0915-0000 ED None EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde auf 100 % PEFC-zertifiziertem Papier aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen gedruckt. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. www.ey.com/at
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