Unternehmensübergabevererben, verschenken oder verkaufen? Strategien und Stolpersteine bei der Sicherung der Unternehmensfortführung Vortrag im Rahmen des Cash Praxistag Finanzen Fürstenfeldbruck, 10. März 2016 Dr. Rafael Hörmann Rechtsanwalt Florian Keller Rechtsanwalt // Dipl.-Kfm. 1 Ihre Referenten: Rechtsanwalt Dr. Rafael Hörmann • Beratungsfelder: - Errichtung und Gründung gemeinnütziger Vereine, gGmbH´s und Stiftungen - Fragen zur laufenden Besteuerung (insb. Ertrag- und Umsatzsteuer) - Umstrukturierung, Satzungsgestaltung und Kooperationen von gemeinnützigen Organisationen - Grenzüberschreitende Sachverhalte - Fundraising gemeinnütziger Organisationen, insbesondere Sponsoring und Spende • Werdegang: - Zulassung als Rechtsanwalt seit 2009 - Promotion im Gemeinnützigkeitsrecht „ Die Förderung gemeinnütziger Organisationen durch Unternehmen und Ihre steuerliche Bewertung - Spende und Sponsoring“ – an der Friedrich Schiller Universität Jena - Vormals: Rechtsanwalt bei FGS Flick Gocke Schaumburg in Bonn – Herr Professor Dr. Schauhoff und einer mittelständische Kanzlei in München LKC- Herr Röthel - Jetzt: Partner in eigener Kanzlei, Sozietät von Steuerberatern und Rechtsanwälten in München 2 Ihre Referenten: Rechtsanwalt Florian Keller • Beratungsfelder: - Beratung von Gesellschaften und Privatpersonen, insbesondere M&A, Private Equity Venture Capital - Fragen zur Besteuerung (insb. Ertrag- und Umsatzsteuer) - Umstrukturierung, Satzungsgestaltung und Kooperationen von Gesellschaften - Grenzüberschreitende Sachverhalte • Werdegang: - Zulassung als Rechtsanwalt seit 2009 - Diplom-Kaufmann seit 2004 (Univ. Passau) - Vormals: Rechtsanwalt bei McDermott Will & Emery in München (Steuer- und Gesellschaftsrecht) und bei Reed Smith in München (M&A /PE / VC) - Jetzt: Partner in eigener Kanzlei, Sozietät von Steuerberatern und Rechtsanwälten in München 3 Themenüberblick Vererben – Verschenken - Verkaufen A. Einführung B. Steuerrechtliche Behandlung C. Praxisfälle und Stolpersteine 4 A. Einführung 5 Steuerlich relevante Vorgänge Vererben Erwerb von Todes wegen, §§ 1929 ff. BGB Gewillkürte Erbfolge per Testament oder Erbvertrag vs. gesetzliche Erbfolge Steuerlich: Anwendung des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG), es fällt keine Umsatzsteuer an Verschenken Definition zivilrechtlich: Schenkung, § 516 Abs. 1 BGB: „unentgeltliche Zuwendung“ Begriff im Steuerrecht – freiwillige und unentgeltliche Geld- oder Sachaufwendung ohne Erbringung einer Gegenleistung Steuerlich für den Schenker/ Beschenkten: Anwendung des ErbStG; keine Umsatzsteuer 6 Steuerlich relevante Vorgänge Vorweggenommene Erbfolge = Schenkung: Unentgeltliche Übertragung des Unternehmens zu Lebzeiten an eines oder mehrere Kinder (oder/und andere Familienmitglieder). Voraussetzung: notariell beurkundeter Schenkungsvertrag, Empfehlung: Regelung der unternehmerischen Verantwortung Schrittweise Schenkung : Die Geschäftsanteile gehen nach und nach auf einen oder mehrere familieninterne Nachfolger über. Bis zur vollständigen Übergabe behält der Alt-Gesellschafter damit seinen Einfluss auf die Unternehmensführung und die nachrückenden Gesellschafter können in ihre Rolle hineinwachsen. Zu beachten: „10 Jahres-Frist“ 7 Steuerlich relevante Vorgänge Verkauf Übertragung des Betriebsvermögens oder Teile davon gegen Entgelt. Möglichkeiten: Verkauf des ganzen Betriebsvermögens: Alle Wirtschaftsgüter, Forderungen und Schulden gehen auf den neuen Inhaber über (Asset Deal / Share Deal). Möglich ist aber auch ein Verkauf verschiedener Teile des Betriebsvermögens (zum Beispiel Gebäude und Ausrüstung, einzelne Geschäftsbereiche) an unterschiedliche Erwerber. Teilverkauf des Unternehmens oder einer Beteiligung: Der Erwerber kann Anteile in Etappen erwerben und sukzessive die Führung übernehmen; oft bleibt der Unternehmer noch für eine gewisse Zeit als Geschäftsführer oder Berater in der Gesellschaft, um seine speziellen Kenntnisse zu nutzen. Verkauf des Unternehmens oder einer maßgeblichen Beteiligung an die Mitarbeiter oder an Führungskräfte aus dem Unternehmen (Management-Buy-out, MBO) oder von außerhalb (Management-Buy-in, MBI). Hoher Fremdkapitaleinsatz notwendig, weshalb bei einem MBO/MBI häufig auch Finanzinvestoren (Private-Equity-Gesellschaften) einsteigen. 8 B. Steuerrechtliche Einordnung 9 Steuerrechtliche Einordnung Vererben oder Verschenken von Betriebsvermögen? Bei unentgeltlicher Vermögensübertragung und im Erbfall gelten die Vergünstigungsregelungen der §§ 13 a / b ErbStG. Definition des Betriebsvermögens: Land- und Forstwirtschaft Betriebsvermögen (ganzer Betrieb, Teilbetrieb; Mitunternehmeranteil) Anteile an Kapitalgesellschaften > 25% Bisheriges Problem: Verwaltungsvermögen muss <50% sein, sonst sind Vergünstigungen nicht möglich Betriebsvermögen, welches nicht zwingend notwendig ist, um Gewerbebetrieb auszuüben: An Dritte überlassene Grundstücke (Rückausnahme: BAS; SBV bei Vermietung an PersG) Anteile an KapG < 25% Beteiligungen an PersG und KapG, die Verwaltungsvermögenstest nicht bestanden haben Wertpapiere und Forderungen Finanzvermögen (Neureglung wegen Cash-GmbH) Kunstgegenstände Junges Verwaltungsvermögen 10 den Steuerrechtliche Einordnung Grundsatz: Regelverschonung mit 85%, dafür muss das Verwaltungsvermögen <50 % sein Ausnahme: Optionsverschonung 100%, dafür muss das Verwaltungsvermögen <10 % sein Problem: Schädliches Verhalten nach Übertragung / Erbfall: Fristen 5 und 7 Jahre, z.B. bei Lohnsummenregelung Aber: Wegfall nur zeitanteilig, außer bei Überentnahme 11 Steuerrechtliche Einordnung Ab 2016: Neufassung des ErbStG Neues Verschonungssystem von Betriebsvermögen Warum? Missbrauch der bisherigen Regelungen: Sog. Cash GmbH Kaskaden an Unterbeteiligungen für Verwaltungsvermögen Entscheidung des BVerfG am 17.12.2014, dass „altes“ ErbStG aus 2009 wegen „Ungleichbehandlung“ der Erben von Betriebsvermögen durch die „Verschonungsregelungen“ der §§ 13a, 13 b ErbStG verfassungswidrig ist. Neufassung des ErbStG bis 30.06.2016. Inkrafttreten zum 30. Juni 2016 fraglich /sehr ambitioniert 12 Steuerrechtliche Neuerungen Grundprinzipien bleiben erhalten: Betriebsvermögen bleiben weiterhin begünstigt; auch qualifizierte Beteiligungen über 25% Regelverschonung (85%) und Optionsverschonung (100%) bleiben Änderungen des Entwurfs – Vorschlags: Verschärfung der Freistellung von Kleinstbetrieben von der Lohnsummenregelung Neue Abgrenzung des begünstigten vom nichtbegünstigten Vermögen - Ermittlung nicht begünstigten Vermögens durch konsolidierte Betrachtung Einführung einer Verschonungsbedarfsprüfung bei großen Betriebsvermögen Erbschaftssteuererlass / Stundung nur noch bei Gefährdung der Fortführung und im Hinblick auf finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers 13 Steuerrechtliche Neuerungen Neufassung des ErbStG Neudefinition des betrieblichen Vermögens – Begriff des Verwaltungsvermögen entfällt; kein „Kaskadeneffekt“ mehr möglich mit konsolidierte Betrachtungsweise Wie bisher sollen Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen (Finanzmittel) typisierend zum begünstigten Vermögen gehören, soweit ihr gemeiner Wert (nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden) 20 % des anzusetzenden gemeinen Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft nicht übersteigt Verschonung nur noch für begünstigtes Betriebsvermögen; nicht begünstigte Unternehmensvermögen wird im vollen Umfang der ErbSt unterworfen, neuer Begriff des „betriebsnotwendigen Vermögens“ Alle Teile des begünstigungsfähigen Vermögens eines Betriebs müssen im Zeitpunkt der Steuerentstehung jeweils überwiegend einer land- und forstwirtschaftlichen, einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit als Hauptzweck dienen Lohnsummenregelung verändert: bis 3 AN: keine Lohnsummenprüfung; zwischen 4 und 10 AN: 5 Jahre 250 % bzw. 7 Jahre 500 %; 11 bis 15: AN 300 % bzw. 565 % der Lohnsumme Bei großen Vermögen ab 26 Mio. EUR: Einführung eines reduzierten Verschonungsabschlages oder alternativ einer Verschonungsbedarfsprüfung 14 Steuerrechtliche Neuerungen Hauptzweck des begünstigten Betriebsvermögens muss originär der beruflichen Tätigkeit dienen Beispiel: Die AB GmbH & Co. KG betreibt die Produktion und den Vertrieb von Keramikfliesen. Gesellschafter der GmbH und der KG sind A und B zu jeweils 50 Prozent. Alleinerbe des V ist sein Sohn S. Grundstücke: Auf dem Grundstück 1 befinden sich die Maschinen und Anlagen zur Produktion der Fliesen, ein Lager für Rohmaterial und Zwischenprodukte sowie ein Lager für die Fertigprodukte und ein Verkaufsladen. Das Grundstück 1 dient dem Hauptzweck des Betriebs (unmittelbar begünstigtes Vermögen). Ebenfalls auf dem Grundstück 1 befindet sich ein Mehrfamilienhaus. Die Wohnungen des Mehrfamilienhauses werden ausschließlich an die Beschäftigten der AB GmbH & Co KG vermietet, um den durchgehenden Produktionsprozess nicht zu unterbrechen. 15 Steuerrechtliche Neuerungen Das Grundstück dient dem Hauptzweck des Betriebs. Da es der Unterbringung der Beschäftigten, die für die Produktion und den Vertrieb von Keramikfliesen unabdingbar sind, dient. Das Grundstück 2 ist als Reservefläche für mögliche Erweiterungen vorgesehen; konkrete Pläne bestehen am Stichtag für die Erbschaftsteuer nicht. Es ist an einen Unternehmer verpachtet, der darauf einen gebührenpflichtigen Parkplatz betreibt. Das Grundstück dient nicht dem Hauptzweck des Betriebs (kein unmittelbar begünstigtes Vermögen). Das Grundstück 3 wird nicht betrieblich genutzt (Brachfläche). Das Grundstück dient nicht dem Hauptzweck des Betriebs (kein unmittelbar begünstigtes Vermögen). Das Grundstück 4 ist an die G GmbH & Co. KG verpachtet. Diese betreibt ein Fitnessstudio. Das Grundstück dient nicht dem Hauptzweck des Betriebs (kein unmittelbar begünstigtes Vermögen). 16 Steuerrechtliche Neuerungen Das Grundstück 5 ist an die W-GmbH & Co. KG verpachtet, die dort ein Wohnungsbauunternehmen betreibt. Die Gesellschafter A und B sind jeweils zu 50 Prozent auch Gesellschafter der W-GmbH & Co. KG (mitunternehmerische Betriebsaufspaltung). Das Grundstück dient im Rahmen der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung dem Hauptzweck des Betriebs (unmittelbar begünstigtes Vermögen). Das Grundstück 6 ist an die F-GmbH verpachtet, die dort einen Handel mit Fliesen betreibt. Die AB GmbH & Co. KG hält 26 Prozent der F-GmbH-Anteile. Das Grundstück dient nicht unmittelbar dem Hauptzweck der AB GmbH & Co. KG. Da die Beteiligung an der F-GmbH mehr als 25 Prozent beträgt, erfolgt auch die Verpachtung des Grundstücks mittelbar im Hauptzweck der AB GmbH & Co. KG. Das Grundstück 7 ist an die G-GmbH verpachtet, die dort einen Buchhandel betreibt. Die AB GmbH & Co. KG hält 20 Prozent der GmbH-Anteile. Das Grundstück dient nicht unmittelbar dem Hauptzweck der AB GmbH & Co. KG. Die Beteiligung an der G-GmbH beträgt nicht mehr als 25 Prozent. Daher erfolgt die Verpachtung des Grundstücks nicht im Hauptzweck der AB GmbH & Co. KG. 17 Steuerrechtliche Neuerungen Das Grundstück 8 ist an den selbstständigen Fliesenleger P verpachtet, der dort in einem eigenen Gebäude auch Produkte der KG verarbeitet und verkauft. Das Grundstück dient nicht dem Hauptzweck des Betriebs, weil P ein selbstständiger Dritter ist. Es genügt nicht, dass er auch Produkte der AB GmbH & Co. KG verwendet. Beteiligungen Die C GmbH & Co. KG betreibt eine Tongrube und einen Handel mit keramischen Rohstoffen. Die AB GmbH & Co. KG ist zu 15 Prozent beteiligt und bezieht einen Teil ihrer Rohstoffe von der KG. Die Beteiligung an der Personengesellschaft dient dem Hauptzweck des Betriebs der AB GmbH & Co. KG. Die C GmbH & Co. KG ist originär gewerblich tätig. Die Beteiligung ist begünstigtes Vermögen. Die D-GmbH betreibt einen Baumarkt. Die AB GmbH & Co. KG ist zu 30 Prozent beteiligt und beliefert den Baumarkt mit ihren Produkten. Die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beträgt mehr als 25 Prozent. Die D-GmbH ist originär gewerblich tätig. Die Beteiligung ist begünstigtes Vermögen. 18 Steuerrechtliche Neuerungen Die E-GmbH betreibt ein Hotel. Die AB GmbH & Co. KG hält 20 Prozent der GmbH-Anteile. Die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beträgt nicht mehr als 25 Prozent. Die Beteiligung ist kein begünstigtes Vermögen; sie dient auch nicht dem Hauptzweck der AB GmbH & Co. KG. Die F-GmbH betreibt ein Labor zur Erforschung abriebfester Fliesen. Die AB GmbH & Co. KG hält 5 Prozent der GmbH-Anteile und nutzt die Forschungsergebnisse in ihrem Betrieb. Die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beträgt nicht mehr als 25 Prozent. Die F-GmbH ist originär gewerblich tätig. Da die AB GmbH & Co. KG die Forschungsergebnisse nutzt, dient die Beteiligung ihrem Hauptzweck und ist begünstigtes Vermögen. Die VV-GmbH besitzt ein Mietwohngrundstück mit sechs vermieteten Wohnungen. Die AB GmbH & Co. KG hält 30 Prozent der GmbH-Anteile. Die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beträgt mehr als 25 Prozent. Da die VV-GmbH nicht originär gewerblich tätig ist, ist die Beteiligung kein begünstigtes Vermögen; sie dient auch nicht dem Hauptzweck der AB GmbH & Co. KG. 19 Steuerrechtliche Neuerungen Lizenzen Die AB GmbH & Co. KG überlässt entgeltlich der Fliesenleger-GbR X eine Lizenz zur Nutzung eines selbstentwickelten Fliesenklebers. Die Lizenz dient ihrem Hauptzweck nach der originär gewerblichen Tätigkeit des Betriebs der AB GmbH & Co. KG. Sie ist begünstigtes Vermögen. Kraftfahrzeug Die AB GmbH & Co. KG überlässt ihrem Geschäftsführer einen Porsche zur Nutzung und nimmt die 1 Prozent-Regelung des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 EStG in Anspruch. Der Porsche dient seinem Hauptzweck nach der originär gewerblichen Tätigkeit des Betriebs der AB GmbH & Co. KG. Er ist begünstigtes Vermögen. 20 Steuerrechtliche Neuerungen ErbStG-E: Bis 26 Mio. €: Regelverschonung (85%) oder Optionsverschonung (100%) Über 26 Mio. BV Alternative 1: Reduzierter Verschonungsabschlag ohne Bedürfnisprüfung Übersteigt das erworbene Vermögen 26 Mio. € vermindert sich Verschonungsabschlag um jeweils einen (1) Prozentpunkt je volle 1,5 Mio. €, die der Wert des BV 26 Mio. übersteigt. Ab 116 Mio.: Großvermögen: keine weitere Minderung mehr Dafür ohne Bedürfnisprüfung: je nach Wahl des Verschonungsabschlages gibt es einen sog. Mindestabschlag von 20% bei Regelverschonung und von 35% bei Optionsverschonung 21 Steuerrechtliche Neuerungen Alternative 2: Steuerlass nach Verschonungsprüfung Erwerber muss nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem „verfügbaren Vermögen“ zu begleichen Eigenes Vermögen und 50% des übertragenen Vermögens reichen nicht zur „problemlosen“ Begleichung der Steuerschuld; für Verschonung müssen Lohnsummen und Behaltensregelungen erfüllt werden. Begünstigtes Vermögen gehört in beiden Fällen nicht zum verfügbaren Vermögen Erlass nur „soweit“ nicht durch verfügbares Vermögen zu begleichen ist: Es erfolgt somit immer nur ein Teilerlass. Zusätzlich: Stundung der Erbschaftssteuer über 10 Jahre auf Antrag, § 28 a Abs. 7 ErbStG-E 22 Steuerrechtliche Neuerungen Höhe des begünsti gten Vermög ens Bis 26 Mio. Euro (bzw. 52 Mio. Euro bei Qualifikation) Art der Weitergeltung Verscho- der bisherigen nung Verschonungsregelungen: Regelabschlag: 85 % Option: 100 % Mehr als 26 Mio. Mehr als 116 Mio. Euro Euro (bzw. 52 Mio. (bzw. 142 Mio. Euro bei Euro) bis 116 Mio. Qualifikation) Euro (bzw. 142 Mio. Euro bei Qualifikation) Grundsatz: Keine Verschonung für gesamten Erwerb Antrag: Abschmelzungsmodell oder individuelle Verschonungsregelung 23 Grundsatz: Keine Verschonung für gesamten Erwerb Antrag: Einheitlicher Verschonungsabschlag von 20 % bei Regelverschonung und 35 % bei Option oder auf Antrag individuelle Verschonung C. Gestaltungsmöglichkeiten und Stolpersteine 24 Vorüberlegung : Zivilrechtliche Maßnahmen als Brennpunkte der Vorbereitung der Unternehmensnachfolge Problem: oft gibt es Veränderungen /Entwicklungen und Expansion des Unternehmens, ohne dass dessen Struktur an die Entwicklung und die damit einhergehenden Anforderungen angepasst wurde Die richtige Rechtsform: Personengesellschaft mit persönlicher Haftung vs. Kapitalgesellschaft: Soll das unternehmerische Risiko in der nächsten Generation fortgeführt werden? 25 Vorüberlegung : Zivilrechtliche Maßnahmen als Brennpunkte der Vorbereitung der Unternehmensnachfolge Unterschiedliche Behandlung der Gesellschaftsformen bei Übertragung: Bei Kapitalgesellschaft kann die Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils nicht über die Gesellschaft begrenzt werden Bei Personengesellschaft können mittels gesellschaftsvertraglicher und testamentarischer Gestaltung durch zivilrechtliche Sonderrechtsnachfolge die Gesellschaftsanteile gezielt z.B. auf nur einen Erben übergehen. Dies kann allerdings zu erheblichen Problemen führen, wenn z.B. der steuerliche Zusammenhang zwischen Sonderbetriebsvermögen und Mitunternehmeranteil missachtet wird Bsp: Einsetzung des Nachfolgers als Alleinerben entspricht nicht den Anforderungen der qualifizierten Nachfolgeklause im Gesellschaftsvertrag: veraltete Nachfolgeklausel: „eheliche, leibliche Abkömmlinge“: der uneheliche Sohn des Unternehmers kann nicht in Unternehmen eintreten Auch andere Beschränkungen, z.B. Vinkulierung sind zu analysieren 26 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen Möglichst geringe Steuerbelastung durch vorherige Strukturierung des Übertragungsvorgangs Beteiligungen unter 25%: Überlegungen: Abschluss eines Pool-Vertrages; Einbringung in Beteiligungs-Holding; Formwechsel der Gesellschaft Betriebsvermögen / Beteiligungen in Drittstaaten können durch Einbringung in EU-/ deutsche Kapitalgesellschaft in Verschonungsregelungen miteinbezogen werden Eventuell Ausgliederung / Abspaltung von bestimmten Unternehmensteilen z.B. für Lohnsumme oder wegen neuen Grenzen (26 Mio.) oder wegen Prägung LuF / Gewerbe / freie Berufe Sonderfall Sonderbetriebsvermögen und Betriebsaufspaltung: Vermögen soll bei Übertragung „richtig“ verteilt werden Einbringung SoBV in Gesamthandsvermögen; Verschmelzung Betriebs- und Besitzgesellschaft GmbH & Co KG: Trennung der GmbH und KG-Anteile: keine Übertragung des „vollständigen“ Mitunternehmeranteils. Lösung: sog. Einheits-KG: Übertragung der GmbH-Anteile von Kommanditisten auf die KG selbst; § 6 Abs. 5 EStG und das UmwStG bieten hierzu Möglichkeiten 27 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen „Sonderbetriebsvermögensfalle“: Klassische Betriebsaufspaltung: kann Besitz- und Betriebsgesellschaft nicht unabhängig voneinander behandeln ohne fatale steuerliche Folgen (-> Umwandlung, Umstrukturierung, etc.) Sonderbetriebsvermögen bei Personengesellschaften Von entscheidender Bedeutung ist, ob vorhandenes SBV zusammen mit dem (Teil-) Anteil an der Mitunternehmerschaft quotenentsprechend, überquotal, unterquotal oder gar nicht übertragen wird. 28 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen Fallbeispiele zur „Sonderbetriebsvermögensfalle“: Der Vater V beabsichtigt seine OHG-Anteile unentgeltlich auf seinen (volljährigen) Sohn S zu übertragen. Von Bedeutung ist dabei das an die OHG vermietete Fabrikgrundstück, das bei V funktional wesentliches SBV darstellt. Fall 1: V überträgt sowohl seinen gesamten Gesellschaftsanteil als auch das gesamte Fabrikgrundstück an S. Dieser Grundfall wird von § 6 Abs. 3 S. 1 HS. 1 EStG erfasst. Es kommt zwingend die Buchwertverknüpfung zur Anwendung. Fall 2: V überträgt einen Teil seines Gesellschaftsanteils als auch quotal einen Teil des Fabrikgrundstücks an S. V bleibt also Mitunternehmer. 29 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen Beispiel: V sei zu 1/2 am Kapital der OHG beteiligt und sei Alleineigentümer des Betriebsgrundstücks der OHG. Er überträgt 50 % seines Anteils an der OHG (= 1/4) auf seinen Sohn sowie quotenkongruent 50 % des Betriebsgrundstücks (nicht etwa 1/4). Gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 HS. 2 EStG gilt auch für die Übertragung eines Teils eines MU-Anteils zwingend die Buchwertverknüpfung. Variante 1: Wie oben überträgt V 50 % seines Anteils an der OHG (= 1/4) auf seinen Sohn allerdings weniger als 50 % des Betriebsgrundstücks. § 6 III S. 2 EStG Buchwertfortführung, aber 5 jährige Sperrfrist. Variante 2: mehr als 50 % des Grundstücks. Die überquotale Übertragung des SBV in Verbindung mit der Übertragung eines Anteils am MU-Anteil ist vom Wortlaut des § 6 Abs. 3 EStG nicht gedeckt. Gleichwohl wird die überquotale Übertragung als Anwendungsfall der Buchwertverknüpfung entweder nach § 6 Abs. 3 oder § 6 Abs. 5 angesehen; Unterschied in Sperrfrist von 5 oder 3 Jahren. FinVerw: Aufteilung des Vorgangs: Es gilt einheitlich § 6 III EStG für den Teil der gleichlautenden Quoten; Buchwertfortführung ohne Sperrfrist. Aber für überquotalen Anteil am SoBV greift § 6 V S. 4-6 EStG mit Sperrfristen. Hinweis: Immer gegen Verletzung der Sperrfrist vertraglich absichern 30 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen Fall 3: V überträgt seinen gesamten Gesellschaftsanteil an seinen Sohn S. Das Fabrikgrundstück wird nicht übertragen, aber weiterhin an die OHG vermietet. Das Grundstück wird somit Privatvermögen (PV) des V. Dieser Variante entspricht es, wenn V das Grundstück zurückbehält und es einem weiteren Kind, welches nicht an der Mitunternehmerschaft beteiligt wird, überträgt. Folge: Der Übertragende ist nach der Übertragung nicht mehr Mitunternehmer. Behält er das funktional wesentliche SBV zurück (Überführung des wesentlichen SBV ins Privatvermögen), ist § 6 Abs. 3 S. 2 EStG nicht erfüllt, weil das SBV nicht in derselben Mitunternehmerschaft verbleibt. Die Folge ist die Aufdeckung der stillen Reserven im Gesellschaftsanteil und im SBV des Übertragenden. Dabei handelt es sich um eine steuerbegünstigte Aufgabe eines MU-Anteils, die gemäß §§ 16, 34 EStG begünstigt ist (BFH 31.8.95, BStBl II, 891; BFH 10.3.98, BStBl II, 269). Fall 4: V überträgt einen Teil seines Gesellschaftsanteils an seinen Sohn S, behält das Fabrikgrundstück zurück und vermietet es weiterhin an die OHG. V bleibt Mitunternehmer, das Grundstück bleibt somit SBV des V. 31 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen Strittig: „Ausgliederungsmodell“: Überführung von SoBV in anderes BV, hierbei insbesondere in Gesamthandsvermögen einer Einmann-GmbH & Co KG zum Buchwertansatz nach § 6 Abs. 5 S. 2 u S. 3 Nr. 2 EStG; BFH vom 02.08.2012 hat das Ausgliederungsmodell anerkannt trotz „Gesamtplanrechtsprechung“ (in sich geschlossenes Konzept von Teilschritten; enger zeitlicher Zusammenhang) BFinM hat mit Nichtanwendungserlass vom 12.09.2013 (BStBl. 2013 S. 1164) reagiert; Modell bis Klärung der Rechtslage sehr riskant Problem bei Internationalität: Eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft unterliegt der sog. Wertzuwachsbesteuerung nach § 6 AStG, wenn der Inhaber seine Ansässigkeit ins Ausland verlegt oder die Anteile unentgeltlich auf seinen im Ausland ansässigen Nachfolger überträgt, d.h. der deutsche Fiskus besteuert die stillen Reserven in den Anteilen! Während diese Schlussbesteuerung innerhalb der EU bis zu einem Verkauf der Anteile hinausgeschoben wird, bedeutet das für Drittstaatenfälle eine erhebliche Liquiditätsbelastung der Nachfolge. Besteuerung der stillen Reserven, alte steuerliche Gestaltung durch vorherige Einbringung in gewerblich geprägte GmbH & Co KG nunmehr durch Rechtsprechung des BHF zur „substanzlosen Mitunternehmerschaft“ versperrt (BFH 28. April 2010 und 24. August 2011); 32 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen „Ausgliederungsmodell“: GmbH & Co KG 1 GmbH & Co KG 2 V T 33 Ziel: Sicherung von Steuerbegünstigungen Verkauf der Gesellschaftsanteile und Überführung von SoBV ins Privatvermögen: Gewinn insgesamt nach § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) und § 34 EStG (verminderter Steuersatz) begünstigt Zurückbehaltung einer Mini-Beteiligung: Keine Aufdeckung der stillen Reserven im SoBV, aber auch keine Begünstigung nach § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) und § 34 EStG (verminderter Steuersatz), da nicht „gesamter Mitunternehmeranteil“ übertragen wird Weiterer Nachteil: die nachfolgende Generation muss den Erwerb des Bar-/ Grundvermögens nach dem ErbStG versteuern. Keine Anwendung der Verschonungsregelungen nach §§ 13 a / b ErbStG möglich Alternative zum Verkauf: Verpachtung Wahlrecht, ob Betriebsaufgabe oder weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb 34 Alternativen Vorteile einer Holding Ermöglicht Bündelung und koordinierte Führung der unternehmerischen Aktivitäten; v.a. wichtig bei großem Gesellschafterkreis mit unterschiedlicher Aktivität im Unternehmen Vorteile bei Reorganisation: Verkauf von Teilen möglich, ohne Verschonung zu gefährden, solange nicht ausgeschüttet wird; kann mit Kontrollrechten, Stimmrechten, Sonderrechten für die Übergeber in Gremien arbeiten; Vorteile bei Lohnsummenregelungen und Verwaltungsvermögen bei alter Rechtslage Z.B. Familienholding, in der Immobilien und Kapitalanlagen übertragen werden; Folge: Zeitbedarf für Umsetzung nicht zu unterschätzen; Unternehmensstruktur muss an Nachfolge angepasst werden; Zivil- und Erbrecht müssen präzise ineinander greifen. 35 Alternativen Stiftung als Nachfolgeinstrument Familienstiftung vs. gemeinnützige Stiftung Bei Familienstiftung sind die Familienmitglieder die Begünstigten (Destinatäre) Familienstiftung verhindert Zersplitterung von Unternehmen oder Immobilien dauerhaft Stiftung bzw. deren Organe verwalten Vermögen und kehren Erträge an Destinatäre aus Steuerlich bietet Stiftung keine / kaum Vorteile: Schon erste Vermögensübertragung auf Stiftung unterliegt ErbSt Alle 30 Jahre wird ein „Ersatzerbfall“ fingiert Gemeinnützige Stiftung ist umfassend steuerbegünstigt bei Ausstattung und bezüglich erzielter Erträge Empfehlung: mindestens Grundstock von 1.000.000 €; dafür 10 Jahre Sonderausgabenabzug bis 1,0 Mio. Nachhaltige und gezielte Förderung und / oder Unterstützung eines bestimmten Zwecks, dieser muss gesetzlichen Vorgaben entsprechen, z.B. Kunst / Kultur Weder Stifter noch dessen Familienangehörige dürfen begünstigt werden 36 Neue Entscheidung des FG Münster Nach Rechtsauffassung des 9. Senats des FG Münster (FG Münster vom 04.11.2015 – 9 K 3478/13 F) fallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen unter § 8c KStG. Erfasst seien somit auch Erwerbe im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge. Etwas Gegenteiliges sei auch nicht aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens ersichtlich. Darüber hinaus sei eine Herausnahme der unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge aus dem Anwendungsbereich von § 8c KStG nach dem Normzweck (gegen den Wortlaut der Vorschrift) nicht geboten. Die Anteilsübertragung hat bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung des 9. Senats deshalb den Untergang der nicht genutzten Verluste der Gesellschaft zur Folge. 37 Neue Entscheidung des FG Münster Systematisch ist die Entscheidung richtig. Aber: Aus steuerpolitischer Sicht ist das Ergebnis nicht „richtig“. Der Gesetzgeber, der durch die Konzernklausel des § 8c KStG zahlreiche Umstrukturierungsmaßnahmen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift herausnimmt, sollte aktiv werden und auch „inner-familiäre“ Umstrukturierungen (wie bislang auch die Finanzverwaltung) begünstigen. Lösung: Verbindliche Auskunft Einer zukünftigen Erteilung verbindlicher Auskünfte steht die Entscheidung des FG Münster nicht entgegen, wenn man die Regelung im BMF-Schreiben vom 04.07.2008 als Billigkeitsvorschrift qualifiziert. -> Übertragungen sollten durch Einholung einer verbindlichen Auskunft steuerlich stabilisiert werden 38 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 39 Kontakt Dr. Rafael Hörmann // Florian Keller [email protected] // [email protected] Ridlerstr. 55 // 80339 München Tel. 089 74 91 48 – 0 // Fax. 089 749148 – 99 40
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